07 Dez.

Ruhrgebietsstädte bei Olympiabewerbung ausgebootet

Nachdem die NRW-Landesregierung erkannt hat, dass die Ruhrgebietsstädte für die Olympiabewerbung wenig vorzeigbar sind, hat man sie kurzerhand durch Köln ersetzt. Wieder steht man im Ruhrgebiet als Verlierer da.

Nachdem die Ruhrgebietsstädte sich schon bei der Ausrichtung der Fußball-EM und den World University Games (World University Games zeigen, Ruhrgebiet kann sich Olympiabewerbung sparen) nicht mit Ruhm bekleckert hatten und die schweren Defizite bei urbaner Infrastruktur, Stadtgestaltung (“Drecksloch Gelsenkirchen”) und Organisationsvermögen mindestens europaweit sichtbar wurden, hat sie die NRW-Landesregierung bei der Olympiabewerbung jetzt kurzerhand ausgebootet.

Ruhrstadt von der “Leading-City” zur “Loosing City”

Mit den Verliererstädten aus dem Ruhrgebiet sah man keine Chance für eine erfolgreiche nord-rheinwestfälische Olympiabewerbung, schnell kamen die Verantwortlichen in Düsseldorf zu der Einschätzung, NRW käme bei der Olympiabewerbung auch gut ohne sie klar. Also ist bei der überarbeiteten Olympiabewerbung nicht mehr das Ruhrgebiet ein Mittelpunkt der Bewerbung, sondern Köln wird “Leading City” (WDR vom 01.12.2025). Damit wird das Olympiastadion und das olympische Dorf nicht in Essen, sondern in Köln errichtet (WAZ 31.05.2025). Außer Schwimmen in der Schalke-Arena und die Ruder- und Kanuwettbewerbe in Wedau, werden die Ruhrgebietsstädte im Wesentlichen mit drittklassigen Olympiabewerben, insbesondere Fußball abgespeist. Dabei ist, nachdem schon bei den World University Games die Schwimmwettbewerbe kurzerhand von Düsseldorf nach Berlin verlegt wurden, weil die Ausrichtung in der Rhein-Ruhr-Region nicht gelang, keinesfalls sicher, dass die olympischen Schwimmwettbewerbe am Ende wirklich in Gelsenkirchen stattfinden werden.

Wieder rächt sich, dass die Städte des Ruhrgebietes nicht als Ruhrstadt auftreten und es nicht schaffen sich als Metropole zu organisieren. Eine funktionierende, metropolengerecht organisierte weltweit bekannte Ruhrstadt mit 3,43 Mio. Einwohnern und Einwohnerinnen hätte sicher Chancen bei einer Olympiabewerbung, eine bunte Ansammlung von schlecht organisierten, dysfunktionalen Ruhrgebietsstädten mit ausgeprägtem Kirchturmdenken und massiven Mängeln in allen Bereichen der Stadtentwicklung und bei der urbanen Infrastruktur leider nicht.

Ruhrgebietsstädte reagieren hilflos

Auch die Reaktion der Ruhrgebietsstädte auf die Degradierung der Ruhrstadt zur „Loosing-City“ zeigt das fehlende Selbstbewusstsein als viertgrößte Metropole in Kerneuropa. Statt Empörung und einer deutlichen Reaktion, nahmen die Städte des Ruhrgebiets die Verweisung vom Tisch, wo die Erwachsenen spielen und entscheiden, klaglos hin. Städte wie Berlin, München, Amsterdam oder Barcelona hätten so sicher nicht mit sich umgehen lassen. Aber so richtig interessiert an der Bewerbung war man im Ruhrgebiet offenbar ohnehin nicht, davon überzeugt, dass man die Spiele gemeinsam schultern und organisieren könnte, auch nicht. Die nötige Bereitschaft sich in die Bewerbung reinzuhängen, war offensichtlich ebenfalls nicht vorhanden.

Seit jeher hat man sich im Ruhrgebiet daran gewöhnt, dass andere für einen entscheiden, andere den Ton angeben und die Dinge in die Hand nehmen und man sich demütig mit einem Platz unter “ferner liefen” zufriedengibt (Kommunen der Ruhrstadt verlieren Anschluss) und sich damit beruhigt, dass “woanders auch scheiße” ist.

Wird über das Ruhrgebiet berichtet, dann zumeist über das ständige Beklagen von fehlenden Finanzmitteln, die Forderungen nach mehr Subventionen für den niemals enden wollenden Strukturwandel, die Ablehnung von nötigen Veränderungen wie Modernisierungen und ausschweifende Erklärungen, warum andere an der misslichen Lage schuld sind, nur man selbst nicht. Dass die Städte des Ruhrgebiets sich zusammentun, konsequent gemeinsam an einem Strang ziehen und sich als moderner Metropole in Europa und der Welt profilieren wollen, nimmt man in Deutschland und Europa dagegen nicht wahr.

Chance mal wieder verpasst

Dazu wäre eine gemeinsame Olympiabewerbung als Ruhrstadt eine große Chance gewesen, aber wieder haben die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung es nicht hinbekommen. Erneut gehen die Städte des Ruhrgebiets gedemütigt als Verlierer vom Platz. Ob die Ruhrgebietsstädte endlich daraus lernen, dass sie im Wettbewerb der Metropolen nur eine Chance haben, wenn man sich als Ruhrstadt versteht und zusammentut, darf bezweifelt werden, zu sehr hat man die Rolle der benachteiligten, vernachlässigten Städte, die selbst an ihrer Lage nichts ändern können, verinnerlicht.

Bürgerentscheid könnte Quittung sein

Am 19.04.2026 sollen auch in Bochum die Bürger und Bürgerinnen in einem Bürgerentscheid über die Olympiabewerbung entscheiden, also darüber, ob Bochum Austragungsort von ein paar unwichtigen Vorrundenspielen des olympischen Fußballturniers sein soll, zu dem die meisten männlichen Fußballstars ohnehin nicht kommen und dem Modernen Fünfkampf, einer Randsportart die eigentlich nur durch Skandale (Reiten wird nach Olympia-Skandal ausgetauscht) und Chaos (Streit im Fünfkampfverband: „Korruption durch und durch“) auffällt und bei der deswegen fraglich ist, ob der Wettbewerb 2040 überhaupt noch zum olympischen Programm gehört (Von FIFA bis Fünfkampf: Akutes Verbandsversagen).

Gut möglich, dass die Bochumer und Bochumerinnen den Entscheid nutzen, der Olympiabewerbung eine endgültige Absage zu erteilen, um Politik und Verantwortlichen zu zeigen, dass man sich so im Ruhrgebiet nicht behandeln lässt, an einer Alibi-Teilnahme kein Interesse besteht und auch sonst das Geld für eine Ausrichtung der Spiele anderswo besser ausgegeben werden könnte.

29 Nov.

Versenkbare Poller statt mobile Straßensperren

Es ist Weihnachtszeit, die mobilen Sperren in der Innenstadt sind kein schöner Anblick. Ist der Weihnachtsmarkt vorbei, nervt der illegale Autoverkehr auf Boulevard, Rathausplatz und Hans-Böckler-Straße. Dann fehlen Sperren. Versenkbare Poller wären die Lösung.

Egal ob Weihnachtsmarkt, Musiksommer oder Bochum kulinarisch, hässliche mobile Zufahrtssperren verunstalten das Stadtbild. Aber nicht nur deren Anblick ist ein Ärgernis, auch das ständige Weg- und Hinschieben, wenn Fahrzeuge zur Anlieferung oder Busse durchgelassen werden müssen, ist weder praktisch noch sieht es professionell aus.

Dazu kommt, dass die engen Durchfahrten für den Radverkehr unangenehm sind und das Umlaufen der Sperren auch von Fußgängern und Fußgängerinnen als hinderlich empfunden wird.

Finden keine Veranstaltungen statt, fehlen Sperren. Besonders Hans-Böckler-Straße, Rathausplatz und Boulevard werden dann durchgehend von Autos befahren, die eigentlich außerhalb der Anlieferzeit dort nichts zu suchen haben. Auch das damit verbundene illegale Parkgeschehen nervt Flanierende wie Geschäftsleute.

Die Lösung: Automatisch versenkbare Poller

Längst hat man in Städten wie Luxemburg oder Malmö bessere Lösungen gefunden. Um bei Veranstaltungen unmerklich Sicherheit herzustellen und illegalen Durchgangsverkehr zu verhindern, werden die Zufahrtsstraßen mit Pollern versperrt. Die können nach Bedarf abgesenkt werden, um berechtigten Fahrzeugen Zufahrt zu gewähren. Die Technik automatisch versenkbarer Poller ist mittlerweile so ausgereift, dass sie in immer mehr Städten zum Einsatz kommt.

Während der Anlieferzeiten bleiben die Poller versenkt, sonst versperren sie die Durchfahrt. In dieser Sperrzeit werden die Poller für eine Busdurchfahrt oder eine Anliegereinfahrt kurzzeitig abgesenkt, wenn der Einfahrende mit einem Funksender oder über ein Mobiltelefon seine Zufahrtsberechtigung nachgewiesen hat.

Temporäre Zugangsberichtigungen können für einen festgelegten Zeitraum über eine App zugewiesen werden. Sie verfallen automatisch, wenn der entsprechende Zeitraum abgelaufen ist. Der Zugangsberechtigte hält sein Mobiltelefon an einen RFID-Leser an einem Zugang zum gesperrten Bereich Innenstadt, wird die Zugangsberechtigung erkannt, wird der Poller versenkt. Auch kann auf diese Weise festgelegt werden, dass Berechtigte nur über bestimmte Zufahrten und Poller Zugang zum gesperrten Innenstadtbereich erhalten.

Um den Fußgängerbereich der Bochumer City wirksam abzusperren, müssten an 12 möglichen Zufahrten automatisch versenkbare Poller eingebaut werden. Um die Zufahrt in eine Straße wirksam zu verhindern, wird jeweils die gesamte Straßenbreite mit einer Reihe Pollern gesperrt, von denen mindestens einer absenkbar ist.

Mögliche Platzierung automatisch versenkbarer Poller im Innenstadtbereich Bochum

Vor- und Nachteile von versenkbaren Pollern

Die Poller haben eine Reihe von Vorteilen. Sie fallen kaum auf, können ansehnlich gestaltet werden und sorgen so elegant für Sicherheit. Sie sind flexibel und funktionieren digital, geben jenen Zufahrt die berechtigt sind und verhindern zuverlässig den aktuell besonders entlang des Boulevards, am Rathausplatz und an der Hans-Böckler-Straße nervenden illegalen Durchgangsverkehr sowie das rechtswidrige Zuparken von Fußgängerbereichen. Sie wirken nicht nur dann, wenn Veranstaltungen die Innenstadt beleben, sondern 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag.

Versenkbare Poller sind allerdings nicht billig, ersparen aber die Miete oder Anschaffung von mobilen Sperren, deren Lagerung und die Beschäftigung von Personal, das diese bedient. Sie verbessern das Stadtbild deutlich, sind Sinnbild für eine moderne, smarte Stadt und machen die Innenstadt attraktiver. So entsteht ein sichtbarer Gewinn für die Menschen, die die Stadt besuchen, die Geschäftsleute und die Stadt selbst. Im Ergebnis lohnen sich die modernen Poller, sie sind zeitgemäß und stellen den Zustand her, den viele Menschen in der Innenstadt erwarten.

Geschäftsleute sollten sich für Poller-Lösung einsetzen 

Auch die Interessengemeinschaft der Geschäftsleute der Innenstadt sollte sich für eine Poller-Lösung stark machen, es reicht nicht, sich immer wieder bei der Stadt über den illegalen Autoverkehr in der Innenstadt zu beschweren und darüber, dass die Stadt dagegen zu wenig tut. Wichtig ist, klar, deutlich und hörbar von der Stadt eine effektive Lösung einzufordern.

22 Nov.

Stillstand bei zentralen Bauprojekten – Bochum unattraktiv für Investoren?

Seit Jahren werden Filetstücke in der City nicht bebaut. Investitionsprojekte scheitern. Offensichtlich fehlt der Stadt Attraktivität. Investoren bauen lieber in anderen Städten.

Stadtturm, City-Tor-Süd, Bermuda-Dreieck (Kreuz-/ Neustraße), Neumarkt (ehemals Gravis und Flasche), das sind vier Beispiele für Bauprojekte im Zentrum von Bochum, die seit Jahren nicht vorankommen. Immer wieder gibt es große Ankündigungen, dann springen die Investoren wieder ab, im Ergebnis tut sich nichts.

Seit Jahren still stehende Bauprojekte: Stadtturm, City-Tor-Süd, Bermuda-Dreieck (Kreuz-/ Neustraße), Neumarkt (ehemals Gravis und Flasche)

Stadtturm – Seit 2013 versucht die Stadt das Grundstück am Hauptbahnhof mit einem Hochhaus zu bebauen. Entstehen sollte ein “City-Tower” mit 21 Etagen, 60 Meter hoch. Schon vier Mal wurden große Pläne gemacht, wie das Grundstück im Herzen der Stadt bebaut werden soll. Die architektonische Qualität der Planungen wurde im  Laufe der Jahre zwar immer schlechter, doch gebaut wurde bis heute nichts (Gebaut wurde bis heute nichts (City-Tower – Vom architektonischen Highlight zum trostlosen Klotz). Die Projektwebseite ist nicht mehr aufrufbar (Bochum-City Tower). Auch der letze Investor verfolgt das Projekt offensichtlich nicht mehr.

City-Tor-Süd – Seit Anfang 2001 versucht die Stadt das fast 20.000 Quadratmeter große Gelände im Süden der Innenstadt zu entwickeln und zu vermarkten. Fast 10 Jahre brauchte die Stadt zur Aufstellung des Bebauungsplans, bis Ende 2010. Zuletzt sollte 2019 ein Hotel im vorderen Bereich des Geländes errichtet werden. Ein Bauschild wurde schon aufgestellt, verschwand aber 2024 wieder (WAZ vom 12.03.2024). Der Investor legte das Projekt wegen einer “zu geringen Vermietungsquote” auf Eis (Radio Bochum vom 26.02.2024).

Bermuda-Dreieck (Kreuz-/ Neustraße) – Die 5.200 qm große Brachfläche im Innenraum zwischen Südring, Kreuz- Brüder- und Neustraße soll ebenfalls schon seit Jahren bebaut werden. 2015 erklärte eine Kanzlei sie wolle dort ein Bürogebäude und Ärztehaus errichten. 2 Jahre später jedoch scheiterte das Projekt (WAZ vom 18.09. 2015). Danach sollte ein Bauunternehmen die Flächen für Unternehmen der Kreativwirtschaft entwickeln und dann mindestens teilweise an diese veräußern (WAZ vom 10.12.2020). Auch für dieses Modell fanden sich nicht genug zahlungskräftige Interessenten.

Vor vier Jahren wurde die Fläche gerodet und die noch vorhandene Altbebauung abgerissen. Dann verkaufte die Stadt die Fläche an zwei bekannte mittlerweile eingesessene Bochumer StartUps, 9 Elements und Salesviewer, die seitdem dort unter anderem ein fünf-geschossigen Geschäftshaus mit Wohngeschoss (Rigel.Digital). Bisher tut sich allerdings auch hier nichts, weiter wird nach den gewünschten “digitalen Mietern” gesucht, die benötigt werden, um den geplanten Bau zu refinanzieren. Zumindest wird jetzt der Altbauriegel an der Kreuzstraße 11/13 saniert.

Neumarkt (ehemals Gravis und Flasche) – Für dieses Gelände, das bis zum 2. Weltkrieg noch am Neumarkt lag, der dann dem Südring weichen musste, versucht die Stadt seit 7 Jahren einen Investor. Gravis zog schon 2018 aus dem vorgelagerten Pavillon aus. Seitdem stand das Gebäude leer, 2025 wurde es abgerissen. Was mit der jetzt leeren Fläche und dem dahinter liegenden Gebäude passieren soll, ist weiter offen. 2023 hatte der letzte Investor mit der Begründung, dass die wirtschaftliche Grundlage für das Projekt fehle, aufgegeben (WAZ vom 13.12.2023). Die Baukosten, hätten sich durch die zu erwartenden Mieten nicht refinanzieren lassen.

Den Investoren fehlt es an Vertrauen in die Stadt

Alle vier Standorte zeigen, der Stadt fehlen Unternehmen, die bereit sind, die erforderlichen Mittel als Mieter oder Investor aufzubringen, um die geplanten Projekte umzusetzen. Potenziellen Investoren sind die Mietpreise und Investitionskosten zu hoch. Der Stadt fehlt die Attraktivität, dass Unternehmen bereit sind, die aufgerufenen Preise und Kosten zu zahlen. Doch die lassen sich kaum senken, denn die Baukosten müssen immer refinanziert werden. Wirtschaftlich erfolgreiche Städte außerhalb des Ruhrgebiets haben diese Probleme so nicht, dort sind Unternehmen bereit für Weniger noch ganz andere Summen auf den Tisch zu legen.

In Bochum funktionieren Bauprojekte in den letzten Jahren sicher nur dann, wenn die Stadt oder städtische Unternehmen sie umsetzen, wie z.B. beim Haus des Wissens, dem Haus der Musik, dem Musikforum, dem neuen Stadtwerke-Hochhaus oder der Sparkassenerweiterung am Dr.-Ruer-Platz. Dann sind aber regelmäßig hohe städtische Subventionen im Spiel.

Private Investitionen wie die Stadtbadgalerie, heute Bochumer-Fenster, waren dagegen oft wenig erfolgreich. Erst verschwanden aus dem Objekt Stadtbad und Galerie dann Modepark Röther und Mongo´s. Für die von Letztgenannten aufgegebenen Flächen finden sich seit Jahren keine neuen Mieter.

Auch das Husemann Karree tut sich schwer. Nachdem sich keine privaten Mieter fanden, musste, um das Projekt zu retten, die Stadtverwaltung den Großteil der Büroflächen anmieten. Bei den Geschäftsflächen ist kurz vor Fertigstellung der Ankermieter (Decathlon) abgesprungen, die Investoren mussten mit einer Billigvermietung an das Discount-Warenhaus Woolworth Vorlieb nehmen.

Immerhin ist nach Jahrzehnten Leerstand und etlichen Fehlschlägen die Sanierung der lange leerstehenden Heiland-Immobilie am Südring gelungen.

Die vielen fehgeschlagenen Projekte und vergeblichen Bebauungsanläufe schrecken Investoren ab. Es fehlt an Vertrauen, in Bochum das investiertes Geld wieder einspielen zu können. Erfolgreiche private Bau- und Investitionsprojekte ziehen weitere Investoren an, ebenfalls in der Stadt zu investieren. An solchen Beispielen fehlt es in Bochum.

Stadtentwicklung geht zu langsam voran

Im Wettbewerb mit erfolgreichen Städten kann Bochum nicht mithalten. Haben Investoren die Wahl, gehen sie lieber in eine andere Großstadt. Hinsichtlich Stadtbild, Stadtgestaltung, Verkehrsorganisation und Attraktionen ist die Stadt nicht konkurrenzfähig. Die Probleme wurden zwar erkannt, aber es tut sich zu wenig und das viel zu langsam (Für die Innenstadt läuft die Zeit ab).

15 Nov.

Besser BiciBus statt Elterntaxi

Schulkinder kommen mit dem BiciBus auf dem eigenen Rad in die Schule gefahren, statt Eltern sie mit dem Auto bis vor die Schultür fahren. Was ist ein BiciBus? Welche Bochumer Grundschule wird die erste sein, zu der die Schulkinder mit dem Fahrradbus radeln?

Früher kamen die Kinder fast alle zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule. Heute werden sie ganz oft mit dem Auto gefahren. Eine Entwicklung, die der Stadt große Sorgen bereiten sollte.

Elterntaxis sind keine Alternative zu guten Schul- und Radwegen

Die Rechtfertigung für Elterntaxis, ist fast immer die gleiche, der Schulweg wäre aufgrund des zunehmenden Autoverkehrs für die Kinder zu gefährlich. Doch gefährdet die zunehmende Menge an Elterntaxis vor den Toren der Schulen wiederum andere Kinder, die zu Fuß oder mit Rad kommen. Es kommt dort vermehrt zu gefährlichen Situationen und Unfällen (Mehr Unfälle auf dem Schulweg).

Darüber hinaus werden Kinder, die ständig mit dem Auto zur Schule gebracht werden, in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. Sie verlieren die Chance, auf dem Schulweg die Umgebung zu erkunden und mit anderen Kindern zu interagieren. Dadurch werden sie weniger selbstständig und weniger sicher in ihrer Umgebung (Research Center at Karlstad University: Children who travel to school independently are more satisfied and perform better in school).

In Städten mit einem Netz guter und sicherer Radwege sind Elterntaxis unüblich. Entsprechend kommen in den Städten des Münsterlands wie den Niederlanden die Kinder nach wie vor überwiegend mit dem Rad oder zu Fuß zur Schule. Städte wie Bochum, in denen seitens Politik und Verwaltung lange auf sichere und gute Schul- und Radwege keinen Wert gelegt wurde und die Bedürfnisse von Kindern auch heute noch oft denen von Autos untergeordnet wurden, haben dagegen große Probleme mit Elterntaxis (WAZ vom 14.03.2025).

Erst wenn die Eltern zu der Einschätzung gelangen, dass ihre Kinder auch allein, zu Fuß oder mit dem Rad sicher zur Schule kommen, besteht kein Grund mehr sie mit dem Auto zur Schule zu fahren. Politik, bei der die Bedürfnisse der Kinder Priorität genießen, treibt also konsequent den Bau sicherer Schul- und Radwege voran und tut alles, um die Eltern davon abzubringen die Kinder mit dem Auto zu Schule zu bringen. Schulstraßen, von den STADTGESTALTERn bereits 2022 vorgeschlagen (Mit Schulstraßen das Verkehrschaos vor den Schulen beenden), und Haltestellen für Elterntaxis, sind dazu geeignete Maßnahmen.

Die BiciBus-Bewegung (Bike Bus Movement)

Um die Kinder sicher auf dem Rad zur Schule zu bringen, ist das Angebot des BiciBus (zu deutsch “Fahrradbus”) eine weitere Möglichkeit. Erfunden wurde der Bicibus in Barcelona, Spanien (Der „Bicibus“ erobert die Straßen).

Sehr erfolgreich ist der Bike Bus auch in Nordamerika (The Bike Bus Movement). Besonders bekannt ist der Bike Bus in Portland, Oregon (Oregon School’s Unique Way Of Getting Students To Class: A ‘Bike Bus’). Die Kinder sind begeistert. Der BiciBus ist ein Event. Die Kinder lieben es mit dem eigenen Rad die Straße zu erobern. Die gute Laune der Schulkinder steckt auch die an, die Fahrradbusse  beobachten.

BiciBusse erobern die westliche Welt. Mittlerweile gibt es BiciBusse auch in über 50 deutschen Städten (BiciBus Deutschland), nur im immer noch einseitig autofixierten Ruhrgebiet leider noch nicht. Zeit, dass sich das ändert.

Wie funktioniert ein BiciBus?

Ist es schwer einen BiciBus zu organisieren? Es gilt zwar einige Dinge zu beachten. die Funktionsweise und Organisation eines BiciBusses ist trotzdem kein Hexenwerk. Die BiciBus-Initiative aus Frankfurt bietet zudem Unterstützung bei der Planung und erstmaligen Organisation einer Fahrradbuslinien an (BiciBus Deutschland). Es wird sogar ein Workshop angeboten. Die Verkehrswacht Bochum und ADFC Bochum wären ebenfalls Institutionen, die unterstützen könnten.

Ein BiciBus, fährt wie ein herkömmlicher Bus an bestimmten Tagen zu festgelegten Uhrzeiten eine bekannte Strecke bzw. Linie ab (Was ist ein Bicibus?). Oft gib es Haltestellen. Idealerweise verkehrt der BisciBus von Wohngebieten, wo die Schulkinder zu Hause sind, zu den Schulen, in denen sie lernen. Idealerweise ist der Stundenplan der Schule auf die Taktung des BiciBus abgestimmt.

Der Bus selbst, sind die Schulkinder auf dem Rad, die von Eltern, an den Schulen Beschäftigten und anderen Freiwilligen begleitet und vom Autoverkehr abgeschirmt werden. Die Fahrradgruppe, der BiciBus, fährt als “geschlossener Verband” und kann daher die Sonderregelungen des § 27 StVO in Anspruch nehmen. In manchen Städten wie Barcelona wird er auch von der Polizei begleitet.

Morgens wissen die Schulkinder, der BiciBus kommt bei uns in der Nähe um eine gewisse Uhrzeit vorbei, dort warten sie auf ihn und schließen sich dann dem Fahrradbus an. Gemeinsam mit den Mitschülern und Mitschülerinnen zur Schule zu radeln, ist für die Kinder ein besonderes Erlebnis. Mit großer Freude und voll motiviert fahren sie in die Schule. Kommen sie dort an, sind sie bestens auf den Unterricht vorbereitet.

Wissenschaftliche Studien belegen, Schüler und Schülerinnen können ihre Konzentrationsfähigkeit durch körperliche Bewegung auf dem Weg zur Schule deutlich steigern. So konnten Kinder, die sich vor dem Unterricht bewegt haben, sich bis zu 4 Stunden länger konzentrieren („The Mass Experiment 2012“,Universitäten der Städte Aarhus und Kopenhagen: Radfahrende Schüler lernen leichter).

Für kleinere Kinder und auch für Fahrten zum Kindergarten werden in den Niederlanden und Frankreich auch Multitandem als “Bicycle Bus” eingesetzt. Bei diesen besonderen Fahrzeugen (Bicco Bike) sitzen die Kinder alle in einem Fahrzeug und treten mit, während ein Erwachsener das Gefährt steuert.

Wann fährt der BiciBus in Bochum?

Damit der erste BiciBus durch Bochum fährt, wird also mindestens eine interessierte Grundschule mit engagierten Eltern und Lehrern wie Lehrerinnen benötigt, die bereit sind, ggf. mit Unterstützung von Stadt, Polizei, Verkehrswacht, ADFC und BiciBus Deutschland den ersten Bochumer Fahrradbus zu organisieren. Auch die STADTGESTALTER sind bereit ein solches Projekt zu unterstützen. Gibt es also eine Elterninitiative oder Schule, die interessiert ist, Bochums ersten BiciBus auf die Beine zu stellen? Dann bitte gerne bei den STADTGESTALTERn melden (mail@die-stadtgestalter.de).

Beitragsbild: Bike Bus, Abernethy, Portland, Oregon, Foto: Bike Portland

08 Nov.

Schlechtes Stadtbild – Was sind Merkmale, Ursachen und Folgen?

Ursache für ein negatives Stadtbild sind nicht Menschen mit Migrationshintergrund. Ihr Zuziehen ist die Folge. Warum die Schaffung eines zeitgemäßen und ansehnlichen Stadtbilds für Bochum und das Ruhrgebiet unbedingte Priorität haben sollte.

Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte Mitte Oktober, dass es in deutschen Städten ein Problem mit dem Stadtbild gäbe, dass sich durch weniger Migration lösen ließe. Bochum zeigt zwar, dass die Stadt große Probleme mit dem Stadtbild hat, allerdings sind nicht Menschen, die eine migrantische Familiengeschichte haben, die Ursache.

Durch welche Merkmale zeichnet sich ein negatives Stadtbild aus?

Die Probleme im Stadtbild sind andere. Doch welche Kriterien sind maßgeblich dafür, dass ein Stadtbild als negativ wahrgenommen wird? Sieht man sich die Stadtteile und die Innenstadt von Bochum genauer an, werden die Defizite, die für ein negatives Stadtbild sorgen, deutlich sichtbar.

Defizite in der Stadtgestaltung – Vierspurige Straßen durch Stadtteilzentren, zentrale Stadtteilplätze, die wie in Riemke, Gerthe oder Hamme eigentlich Parkplätze sind oder Plätze die Kreuzungen oder Straßen sind, wie der August-Bebel-Platz, der Schwanenmarkt, oder der Kurt-Schumacher-Platz sowie Straßenzüge ohne jeden Baum, gesichtslose Gebäude mit trostlos gestalteten Fassaden sind sichtbare Zeichen für ein negatives Stadtbild.

Dazu kommt eine Stadtgestaltung, die aus der Zeit gefallen ist. Galt etwa die Gestaltung des August-Bebel-Platzes bei Entstehung des Platzes noch als modern, wird sie heute als nicht mehr zeitgemäß und überholt angesehen. Dass die Gestaltung solcher Orte sich nicht mit der Stadtentwicklung verändert hat, lässt das Stadtbild dort heute rückständig erscheinen.

Mangelhafte Instandhaltung – Herunter gekommene bis verwahrloste Häuserzeilen, Straßen mit einer Vielzahl von Gebäuden, die schwer sanierungsbedürftig sind, wie z.B. an der Hochstraße und anderen Bochumer Hauptverkehrsstraßen, sind ebenfalls typisch für ein negatives Stadtbild. Ebenso wie kaputte Gehwege oder Straßen.

Fehlende Ordnung und Sauberkeit – Verdreckte Bahnhöfe, Straßen und Gehwege, überquellende Abfallbehälter in städtischen Grünanlagen, illegale Müllabladeplätze, weit verbreitete Graffiti-Schmierereien, zugeparkte Gehwege und Kreuzungen, sind weitere deutliche Merkmale für ein negatives Stadtbild.

Fehlende moderne Infrastruktur – Vermissen Menschen im Stadtbild neuzeitliche Architektur, eine für moderne Städte typische Radinfrastruktur oder Straßenbahnen, fehlen hippe Geschäfte oder Cafés und prägen stattdessen Leerstände und Billigketten das Bild, erscheint das Stadtbild altmodisch und überholt.

Ursachen und Folgen eines negativen Stadtbilds

Stellt man ein negativ geprägtes Stadtbild fest, stellt sich im zweiten Schritt die Frage, wie es dazu kommen konnte. Dazu sind mehrere Gründe zu nennen. Ein wichtiger Punkt ist ein Desinteresse an zeitgemäßer Stadtgestaltung. Oft werden Veränderungen wie bei der Diskussion zur Umgestaltung des August-Bebel-Platzes abgelehnt, in der falschen Annahme, dass eine Gestaltung, die in früheren Zeiten mal als modern und zeitgemäß galt, auch die Anforderung von heute erfüllen müsste. Auch war gerade den Städten im Ruhrgebiet lange generell nicht wichtig, wie es in der Stadt aussieht. Die Prioritäten lagen woanders. Wichtiger war z.B. ausreichend Parkraum und Platz für Autos zu schaffen. Die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Stadtbild wurden ignoriert.

Ein wenig ansehnliches Stadtbild wiederum führt dazu, dass Geschäfte und Unternehmen wegbleiben, ebenso wie Menschen, die hohe Ansprüche an ein vorzeigbares Stadtbild stellen. Es fehlt an zahlungskräftiger Kundschaft. Leerstände, Billigketten und Gebäude mit sichtbarem Sanierungsstau sind die weitere Folge. Es bleiben und kommen jene, die sich hohe Ansprüche an das Stadtbild nicht leisten können, für die ausschlaggebend für die Wahl des Wohnortes ist, dass dieser günstig ist. Dieses Kriterium trifft wiederum in besonderem Maß auf Menschen zu, die aus anderen Ländern geflüchtet bzw. zugewandert sind.

Vierteln mit negativem Stadtbild sieht man an, dass nicht mehr in ausreichendem Maß investiert wird. Das liegt zum einen an der wirtschaftlich schwierigen Situation der Bewohnerinnen und Bewohnerinnen sowie der mangelnden Bereitschaft der Politik in ein positives Stadtbild zu investieren. Siehe Wattenscheid, wo man lieber ein überdimensioniertes Stadion saniert bzw. neu gebaut hat, statt die Innenstadt grundlegend neu und zeitgemäß zu gestalten.

Migration und Stadtbild

In der Folge sind es oft ausschließlich Menschen mit migrantischen Wurzeln, die investieren und neue Geschäfte und Gastronomiebetriebe aufmachen, besonders da ihre Chancen auf eine attraktive angestellte Beschäftigung deutlich geringer sind und sie bereit sind höhere wirtschaftliche Risiken einzugehen.

Ein negatives Stadtbild führt also nicht nur dazu, dass mehr Migranten zuziehen, weil das Wohnen in sichtbar unterentwickelten Stadtvierteln vergleichsweise günstig ist, sondern auch dazu, dass sie im Stadtbild präsenter werden, nicht nur, weil sie dort leben, sondern auch, weil sie dort eigene Strukturen schaffen.

Diese Entwicklung wiederum wird von den Menschen, die seit Jahrzehnten in den betroffenen Stadtteilen leben, als Überfremdung wahrgenommen. Besonders dann, wenn beide Seiten nicht miteinander, sondern nebeneinander in voneinander getrennten gesellschaftlichen Welten leben. Man kennt einander kaum, der Austausch ist gering, die Vorurteile und Vorbehalte entsprechend groß. Im schlimmsten Fall kommt es zu Sicherheitsbedenken und Angst.

In durch ein negatives Stadtbild geprägten Stadtteilen wie beispielsweise Wattenscheid-Mitte kommt es zu einer Abwärtsspirale, die die soziale Schieflage immer weiter verschärft (Wattenscheid-Mitte – Ist der Niedergang noch zu stoppen?).

Ein negatives Stadtbild ist also die wesentliche Ursache für viele arme Menschen und damit auch viele Menschen mit Migrationshintergrund im Stadtbild, diese sind aber nicht die Ursache für das negative Stadtbild, wie Merz es falsch behauptet hat. Der Bundeskanzler hat Ursache mit Wirkung verwechselt.

Zwei Aufgaben, die von der Politik mit Priorität anzugehen sind

Jedoch fällt durch die Debatte zu der unsäglichen Äußerung des Kanzlers ein Schlaglicht auf zwei Probleme, die besonders Bochum wie allen anderen Städten des Ruhrgebiets zu schaffen machen. Das negative Stadtbild und die bisherige Gleichgültigkeit der Politik in dieser Hinsicht, wirken sich massiv negativ auf die Stadtentwicklung aus. Es wird also Zeit, dass die Schaffung eines vorzeigbaren Stadtbilds von der Politik als Aufgabe anerkannt wird, der Priorität einzuräumen ist. Zweitens muss die Politik viel mehr Anstrengungen unternehmen, dass migrantische Bevölkerung und Alteingesessene besser zueinander finden, sich besser verstehen, austauschen, Vorurteile abgebaut werden, alle an einem Strang ziehen, sich gegenseitig helfen, sich als gleichberechtigte Teile der gemeinsamen Stadtgesellschaft sehen, und sich letztlich vertrauen.

11 Okt.

Die Überwindung des traditionellen Verständnisses von Zusammenhalt und Füreinander

Immer wieder schreibt sich die Politik in Bochum und dem Ruhrgebiet auf die Fahne, es müsse wieder mehr für Zusammenhalt und Füreinander getan werden. Doch das greift zu kurz, denn im Grund geht es um etwas anderes: Die Stärkung des Gemeinwesens und des Gemeinsinns in den Stadtvierteln, sowie mehr Engagement der Menschen für ihre Stadtteile, in denen sie wohnen.

Viele wünschen sich die alte Zeit zurück, in der es noch Zusammenhalt und Füreinander gab. Doch die Zeiten sind heute völlig andere. Die Schicksalsgemeinschaften von früher kommen nicht zurück und eigentlich wünscht sich auch niemand eine Rückkehr.

Schicksalsgemeinschaften als Ursache von Zusammenhalt und Füreinander

Bis in die 60er Jahre gab es in Bochum und dem Ruhrgebiet ganz andere soziale Strukturen als heute. Große Industrieunternehmen bestimmten die Stadtentwicklung und das Leben in der Stadt. Wohnviertel waren geprägt von Menschen, die nicht nur im gleichen Viertel wohnten, sondern im gleichen Werk oder der gleichen Zeche arbeiteten und deren Wohnungen oft sogar vom Arbeitgeber bereitgestellt wurden. Man sah sich jeden Tag, nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Schicht, auf dem Sportplatz, im Kleingarten oder in der Kneipe. Die Arbeit war hart, teilweise gefährlich, die soziale Absicherung rudimentär, die Versorgung in Krisenzeiten schwierig, der Zusammenhalt und das Füreinander überlebenswichtig.

In den Schicksalsgemeinschaften entstand ein besonderes “Wir-Gefühl”, man stand füreinander ein, half sich gegenseitig, teilte Schmerz wie Freude, stand Seite an Seite und ging gemeinsam durch dick und dünn.

Doch die Zeiten wandelten sich. Die Zechen und großen Industrieunternehmen machten zu, die Werkswohnungen wurden an Vermietergesellschaften verkauft, die soziale Absicherung organsierte der Staat, mit dem Wirtschaftswunder, musste sich über die Versorgung niemand mehr Gedanken machen. Durch die Automobilisierung der Gesellschaft erweiterte sich der Aktionsradius der Menschen drastisch. Man musste nicht mehr um die Ecke Einkaufen, Arbeiten oder in die lokale Kneipe gehen und tat das alles zunehmend weiter weg.

In dem Maße wie die Basis der Schicksalsgemeinschaften entfiel und die Mobilität wuchs, verschwand der besondere Zusammenhalt und das Füreinander. Notlagen, Defizite in den Sozialstrukturen sowie mangelnde Mobilität als wesentliche Ursachen gab es nicht mehr.

Anders als es die Politik teilweise suggeriert, lässt sich der Zusammenhalt und das Füreinander von damals jedoch nicht mehr zurückholen. Die Grundlage der Schicksalsgemeinschaften fehlt und die Zustände, die diese notwendig machten, wünscht sich niemand zurück.

Auch ist das Gegenteil von Zusammenhalt und Füreinander nicht, wie manche in der Politik meinen, eine Gesellschaft mit spitzen Ellenbogen. Vielmehr ist es Desinteresse und Teilnahmslosigkeit am Wohnumfeld, am Leben im Stadtteil, dessen Entwicklung und den Menschen, die um einen herum wohnen. Es ist das Zurückziehen aus der Gemeinschaft und Gesellschaft, eine zunehmende Vereinzelung bis hin zur Vereinsamung.

Zusammenhang von funktionierenden Stadtteilen und lebendigen Gemeinschaften wurde nicht verstanden

Stadtgesellschaft funktioniert heute grundlegend anders als noch vor 50 Jahren, statt auf Schicksalsgemeinschaften basiert diese auf funktionierenden, lebenswerten Stadtvierteln, mit denen sich die Menschen identifizieren, für die sie sich engagieren und die sie mitgestalten wollen. Doch anders als in bürgerlichen Großstädten, gibt es in Bochum und dem Ruhrgebiet dieses Verständnis für Stadtteile und deren Entwicklung nicht.

Die Menschen wie Stadtpolitik waren es lange nicht gewohnt, sich um die Entwicklung ihrer Stadtteile selbst zu kümmern. Dafür waren immer andere zuständig. Der Arbeitsplatz hat den Wohnort bestimmt, der Arbeitgeber hat die Wohnungen gebaut, die Gewerkschaft die Versorgung mit der Konsumgenossenschaft gesichert, die Stadt hat das Gemeindehaus betrieben, die Unternehmen haben die Infrastruktur geprägt, und bestimmt wie die Menschen zur Arbeit kamen und was nötig war, um die Werke zu beliefern und die gefertigten Waren abzutransportieren. Das gesamte Leben wie die Stadtentwicklung war fremd bestimmt, die Einwohner und Einwohnerinnen der Stadt lebten in völliger Abhängigkeit insbesondere zum Arbeitgeber und Vermieter. Sich in die Entwicklung des Stadtteils einzumischen bestand weder die Möglichkeit, nicht die Zeit, noch stand vielen der Sinn danach.

So nahmen es die Menschen klaglos hin, wenn der Wochenmarkt verschwand, der Marktplatz zum Parkplatz wurde, ein neuer seelenloser Wohnblock errichtet wurde und das Stadtteilzentrum an der Hauptstraße im Verkehr erstickte. In der Folge verödeten die Zentren vieler Stadtviertel. Der Supermarkt gab auf und nach und nach verschwanden fast alle Orte, die für das Zusammenleben, das Zusammensein, das Gemeinschaftsgefühl und den Gemeinsinn in einem Stadtteil grundlegend sind. Unter der zunehmenden Verödung litt wiederum das Stadtbild, was negativ auf die Identifikation mit dem Stadtteil wirkte. Das wiederum bewirkte soziale Schieflagen. Wer sich nicht mehr mit seinem Stadtteil verbunden fühlte, zog auf kurz oder lang weg.

Die Politik erkannte das sich anbahnende Problem lange nicht, sah der Entwicklung tatenlos zu oder verschärfte die Situation durch den massiven Bau überdimensionierte Straßen noch. Damit forderte man die Menschen indirekt auf, beim Discounter oder dem Einkaufszentren auf der grünen Wiese oder in Gewerbegebieten einzukaufen und entzog so den zumeist inhabergeführten Geschäften in den Stadtteilen die Kunden wie die wirtschaftliche Grundlage. Dass funktionierende, lebenswerte Stadtteile die Grundlage für lebendige Gemeinschaften und Gemeinsinn waren, hatte die Politik nicht verstanden.

Funktionierende Stadtteile, in denen Menschen gerne leben, zeichnen sich dadurch aus, dass man sich dort mit Freude aufhält, viele Orte findet, die man gerne aufsucht, zum Beispiel um dort Nachbarn, Freunde und Bekannte zu treffen und wo die Identifikation so hoch ist, dass man sich für die Fortentwicklung des Stadtteils, interessiert, engagiert und einsetzt. Dazu kommt es nur, wenn alle Daseinsgrundfunktionen vor Ort gut erfüllt werden. Das geht von ausreichend und vielfältigen Wohnmöglichkeiten über zahlreiche Geschäfte und Einkaufsmöglichkeiten sowie wohnortnahe Schulen, Kindergärten bis zu vielfältigen Angeboten zur Erholung und kulturellen Betätigung (Parks, Kulturzentren, Sportanlagen usw.). Zudem spielen Stadtbild, Stadtgestaltung, Sauberkeit und Ordnung eine entscheidende Rolle, wie wohl sich die Menschen in ihrem Stadtteil fühlen und wie sehr sie sich mit diesem identifizieren.

Das alles bestimmt die Bereitschaft sich für sein Stadtviertel zu engagieren. Entsprechendes Engagement setzt wiederum voraus, dass die Stadt dieses ermöglicht. Das geht von, die Menschen bei geplanten Änderungen zu befragen und zu beteiligen, bis zur Überlassung der Pflege von Beeten und Baumscheiben und der Gestaltung von Fassadenbegrünung (Selbst machen: Fassadengärten auf Gehwegen anlegen). Gemeinschaft, Gemeinsinn und Identifikation leben vom gemeinsam machen und dann stolz darauf sein, was man geschaffen und mit bewegt hat.

Überwindung des traditionellen Verständnisses von Zusammenhalt und Füreinander

Es geht heute also nicht mehr um Zusammenhalt und Füreinander basierend auf Schicksalsgemeinschaften, wie man das bis in die 60er Jahre gelebt und verstanden hat, sondern um eine Stärkung der Gemeinschaft in den Stadtteilen, starke Identifikation, eine Förderung des Gemeinwesens und mehr Engagement für die Stadt und die Stadtteile.

Für Zusammenhalt und Füreinander kann die Politik nicht mit ihren Beschlüssen sorgen, schon gar nicht im traditionellen Sinn. Die Politik kann allerdings für lebendige und lebenswerte Stadtteile sorgen, in denen die Menschen gerne leben und die ihnen viele Orte und Möglichkeiten bieten, gemeinsam Dinge zu tun, ihren Gemeinsinn auszuleben und sich für die lokale Gemeinschaft einzusetzen, mit der sie sich identifizieren. Das gelingt aber nur, wenn die Politik vielfältige Möglichkeiten schafft, wie die Menschen sich bei der Fortentwicklung ihrer Stadtteile einbringen und diese konkret mitgestalten können.

07 Sep.

Wirtschaftslage in Bochum und dem Ruhrgebiet verschlechtert sich. Was ist zu tun?

Die Unternehmen schätzen die Wirtschaftslage zunehmend schlechter ein, die Arbeitslosigkeit steigt. Was kann die Stadt tun, um der Entwicklung entgegenzuwirken?

Die Wirtschaftsnachrichten der letzten Tage sind keine guten. Schlaraffia schließt den Standort in Wattenscheid, 171 Schlaraffia-Beschäftigte verlieren ihren Job (WAZ vom 03.09.2025). Die Firma Molex schließt ihre Produktion in Bochum, in Riemke entfallen 160 Stellen (WAZ vom 03.09.2025).

Stimmungstief bei den Unternehmen

Von 2018 ist der IHK-Konjunkturklimaindex für das Ruhrgebiet von 129, bis Frühjahr 2025 stetig auf knapp 93 Punkte gesunken (Ruhrlagebericht Frühjahr 2025). Laut IHK befinde man sich in einem anhaltenden Stimmungstief (Pressemitteilung zum Ruhrlagebericht). In der Folge ist seit 2019 die Arbeitslosigkeit in Bochum, von 8,5 % auf 9,3 % im August 2025 gestiegen. Ohnehin liegt die Quote 1,5-mal höher als die für ganz Deutschland.

Wo sieht die Wirtschaft Handlungsbedarf?

Die Unternehmen sehen beim allgemein Bürokratieabbau, bei der Senkung der Steuerlast und bei der Digitalisierung der Verwaltung deutlichen Verbesserungsbedarf. Weitere wichtige Themen sind Sicherheit und Sauberkeit, Gewerbeflächenmangel, Verkehrsinfrastruktur sowie die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. (Kommunalwahl 2025: Was jetzt in den Städten passieren muss!).

In Bochum wird die Entwicklung der ehemaligen Opelfläche Mark 51°7 gelobt, die allerdings das Ergebnis einer außergewöhnlichen und exorbitanten Wirtschaftsförderung des Landes und Bundes von weit über 100 Mio. Euro ist.

Auch dass die Stadt seit Jahren eine kontinuierliche Zukunftsstrategie verfolgt, wird positiv gesehen. Leider hat sich deren Schwung zuletzt abgeschwächt (Bochum Strategie auf Abwegen).

Vier Themen beschäftigen die Wirtschaft in Bochum besonders:

Stadtverwaltung – Die Verwaltung soll schlanker, schneller und digitaler werden. Beispielhaft werden Verbesserungen beim Baustellenmanagement gefordert.

Diese Ziele werden sich nur mit einer grundlegenden Verwaltungsreform erreichen lassen, wie sie auch die STADTGESTALTER fordern. Mit Hilfe von Benchmarking, also dem Vergleich mit anderen Städten und Gemeinden sollte die Verwaltung zukünftig den Anspruch verfolgen, in allen Bereichen immer zu den schnellsten und effizientesten Verwaltungen in Deutschland zu zählen. (Benchmarking – Wie die Bochumer Verwaltung zum Vorbild für ganz Deutschland werden kann).

Auch die Forcierung der Digitalisierung ermöglicht die Verwaltungsabläufe effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten. In der Folge lassen sich zudem erhebliche Personalkosten einsparen. Digitalisierung und der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), sollten daher auch wesentlicher Baustein eines Konzeptes zur Sanierung des Stadthaushaltes sein. So haben es die STADTGESTALTER im Rahmen der städtischen Haushaltsberatungen Ende 2024 vorschlagen (Konzept zur Sanierung des Bochumer Stadthaushalts).

Beim Baustellenmanagement wird deutlich, dass es hinsichtlich der Arbeitseinstellung bei der Verwaltung in einigen Bereichen einer grundsätzlichen Neuorientierung bedarf. Zukünftig müssen die Bedürfnisse und Belange der Menschen und Unternehmen, die in Bochum ansässig sind, mit Priorität behandelt werden. Bisher liegt der Fokus der Verwaltung immer noch viel zu oft zuallererst darauf, selbst möglichst wenig Arbeit zu haben. (Baustellenorganisation: Stadt verhält sich provokant wie respektlos).

Gewerbesteuer – Diese zählt in Bochum zu den höchsten in ganz Deutschland. Die Forderung nach einer Senkung ist also durchaus berechtigt. Die populistischen Versprechungen mancher Parteien, hier zu liefern, ohne einen Gegenfinanzierungsvorschlag zu machen, sind allerdings weder seriös noch glaubhaft.

Werden Steuern gesenkt, fehlen der Stadt Einnahmen, diese müssen anderswo durch weniger Ausgaben oder eine Zunahme von Einnahmen kompensiert werden. Eine Senkung der Gewerbesteuer wird, solange die Ausgaben der Stadt weit über den Einnahmen liegen, nicht möglich sein. Im Haushalt 2025/26 liegt das Defizit der Stadt Bochum bei sagenhaften 200 Mio. Euro.

Ohne eine Sanierung des Stadthaushalts wie sie die STADTGESTALTER vorschlagen, bleiben Steuersenkungen eine Utopie (Konzept zur Sanierung des Bochumer Stadthaushalts).

Eine Sanierung des Haushaltes geht mit einer Verschlankung der Verwaltung und einer mittelfristigen Senkung der Gewerbesteuer einher, die die Stadt attraktiver für Unternehmen macht und wiederum Steuermehreinnahmen zur Folge hat.

Die Idee der Wirtschaft, die “Steuerlast für Neugründer senken, um die Möglichkeit der Gründung ohne Fremdkapital zu ermöglichen,” ist charmant, aber leider für die Stadt aus rechtlichen Gründen (§ 16 (4) GewStG) nicht umsetzbar.

Innenstadtentwicklung – Die „Aufenthaltsqualität in der Stadt ist relevanter Faktor für Arbeitskräftegewinnung“, sagen die Bochumer Unternehmer und Unternehmerinnen. Leider haben sie dafür lange Jahrzehnte selbst viel zu wenig getan.

Das Geld floss entsprechend auch der Forderung der Geschäftsleute in Parkhäuser statt in attraktive Stadtgestaltung, ein vorzeigbares Stadtbild und hohe Aufenthaltsqualität (Innenstadt: Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung).

Um die Innenstadt wiederzubeleben, sind drei Punkte entscheidend (Strategie zur Bochumer Innenstadt):

1. Die Innenstadt muss auch zu Fuß, mit dem Rad und dem ÖPNV sehr gut erreichbar sein. Bisher ist sie das nur mit dem Auto und eingeschränkt mit Bus und Bahn.

2. Die Innenstadt muss mehr Aufenthaltsqualität, Flair und Ambiente bieten. Das bedeutet insbesondere schöne Plätze, auf denen sich Menschen gerne aufhalten, aber auch Spielflächen, nette Freisitze und andere attraktive Aufenthaltsorte.

3. Die City sollte sich mit unverwechselbaren Highlights von Innenstädten anderer Städte abheben. Solche besonderen Attraktionen sind z.B. die geplante Markthalle, ein Dachpark oder eine Seilbahn.

In der Folge muss in der Innenstadt, wie von der Wirtschaft gefordert, auch mehr für die Sicherheit und Sauberkeit getan werden.

Auch das vorgeschlagene Verkehrskonzept für die City kann ein wichtiger Baustein sein. Dabei muss allerdings auch die Frage gestellt werden, ob ein 4-spuriger Innenstadtring ohne Radwege und ohne gute Fußwegquerungen modernen Verkehrsstandards noch gerecht wird. Teil eines solchen Verkehrskonzeptes sollte auch eine Machbarkeitsstudie sein, ob und wie der Verkehr auf dem Ring besser organisiert werden kann, z.B. wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen mit einer Einbahnstraßenlösung (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße). Stur und ideologisch verblendet an vier Spuren festhalten zu wollen, ist nicht mehr zeitgemäß.

Handwerk, Start-ups und Gründungen – Als weiteres Ergebnis der IHK-Umfrage zur Kommunalwahl sollte die Stadt Bochum künftig vor allem die Bereiche Handwerk, Start-ups und Gründungen sowie produzierendes Gewerbe gezielt fördern (Kommunalwahl 2025: Was jetzt in den Städten passieren muss!).

So beklagen die Handwerker z.B., dass sie bei innerstädtischen Baustellen wegen des übermäßigen Autoverkehrs in der Stadt immer weniger Stellplätze für ihre Fahrzeuge finden. Das zeigt, der Autoverkehr in Bochum muss auf ein stadtverträgliches Maß reduziert werden (In welchem Ausmaß ist Autoverkehr stadtverträglich?), eine Lösung sind aber auch die von den STADTGESTLATERn vorgeschlagenen Handwerkerparkplätze (STADTGESTALTER wollen Handwerker-Parkplätze).

Zur Förderung des Handwerks legten die STADTGESTALTER bereits 2022 ein Konzept für einen Startup-Campus für das Handwerk auf dem Gelände der Zeche Holland vor (Zeche Holland: Idealer Ort für grünen Startup-Campus für das Handwerk). Für Gründer und Start-ups schlugen die STADTGESTALTER schon 2017 einen innenstadtnahmen Campus auf dem Gelände des City-Tors-Süd („Starterboxen“ für Start-ups und Gründer) vor. Die Idee ist immer noch aktuell, das Gelände steht auch acht Jahre später noch leer.

Dringender Handlungsbedarf in zwei weiteren Bereichen

Die STADTGESTALTER sehen außer bei den von den Unternehmen und Unternehmerinnen genannten Feldern noch in zwei anderen Bereichen vordringlichen Handlungsbedarf.

Fachkräfte – Die Stadt und das Ruhrgebiet müssen deutlich attraktiver werden für Fachkräfte (Warum wollen viele Hochqualifizierte nicht im Ruhrgebiet leben und arbeiten?). Zwar hat sich in Sachen Hochschullandschaft und Wirtschaftsförderung zur Ansiedlung von Zukunftsunternehmen viel Positives getan, jedoch fehlt es Im Ruhrgebiet weiterhin an Lebensqualität, um insbesondere hochqualifizierte Fachkräfte für zukunftsträchtige Branchen anzuziehen. Immer noch ziehen Menschen nach ihrem Abschluss in Bochum aus dem Ruhrgebiet weg, weil sie Arbeitsstellen in anderen Großstädten vorziehen.

Die Großstädte des Ruhrgebiets stehen bei der Anwerbung von Fachkräften im Wettbewerb mit Städten mindestens europaweit. Der Anspruch muss also sein, in Sachen Stadtentwicklung zu den Vorreitern in Europa zu gehören. Damit erst ändert sich das Image der Stadt. Mut zur Innovation und der Wille zur Veränderung müssen der aktuell immer noch zu beobachtenden Zögerlichkeit bei der Stadtentwicklung weichen. Nicht erst die Dinge bei uns in der Stadt umsetzen, wenn alle anderen Städte sie schon haben, sondern innovative Lösungen schon dann in der Stadt realisieren, wenn noch kaum eine andere Stadt sie hat, sollte der Anspruch sein. Soll in der Stadt etwas neu gebaut oder umgestaltet werden, dann sollte nach der Lösung gesucht werden, die noch einen Grad innovativer ist als die Lösungen, die man in anderen Städten vorfindet. Eine Stadt, die die bestqualifiziertesten Menschen des Landes gewinnen will und die innovativsten Unternehmen, sollte selbstbewusst an sich den Anspruch stellen, das Ziel zu verfolgen mittelfristig zur Avantgarde der europäischen Städte gezählt zu werden.

Ruhrstadt – Vorrangiges Ziel auch der Wirtschaft sollt es sein, aus den 15 Stadtgemeinden des Ruhrgebiets die Metropole Ruhrstadt zu schmieden (Was wäre, wenn? – Gäbe es die Ruhrstadt schon). Die Stadtmetropolen der Welt bestimmen heutzutage die Wirtschaftsentwicklung auf dem Planeten. Nur als Ruhrstadt können die Großstädte des Ruhrgebiets in diesem Wettbewerb erfolgreich mithalten.

Die Ruhrstadt würde sich durch eine zentrale Wirtschaftsförderung und Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft auszeichnen. Es gäbe für Unternehmen statt 15 teilweise miteinander konkurrierenden städtischen Entwicklungsgesellschaften plus die des Regionalverbands Ruhr (RVR) nur eine, mit Zweigestellen in allen 15 Stadtgemeinden. Ein Unternehmen, das in der Ruhrstadt investieren will, müsste nur einmal anfragen und würde schnell und zielgerichtet bedient, es müsste sich nicht erst bei dutzenden Gesellschaften und Einrichtungen der verschiedenen Städte durchfragen, um einen optimalen Standort zu finden. Das würde jede Unternehmensansiedlung entscheidend erleichtern. Die Ruhrstadt würde auch solche Unternehmen gewinnen, die es ablehnen, sich die unnötig verkomplizierte Bürokratie von 15 konkurrierender Stadtgemeinden zuzüglich RVR anzutun.

Als viertgrößte Stadtmetropole Europas würde die Ruhrstadt zudem ganz anders wahrgenommen. Gerade für große Unternehmen kommt oft nur eine Ansiedlung in Metropolen, mit vielen Menschen und entsprechenden Potentialen an Beschäftigten und Kunden in Frage. 30 Jahre nach ihrer Gründung könnte die Ruhrstadt heute in der Liga der europäischen Metropolen mit Berlin, Paris, Madrid oder London eine entscheidende Rolle mitspielen, würde sich gegenüber den deutlich kleineren Großstädten jedenfalls deutlich abheben.

Viel Entwicklungspotential

In Sachen Wirtschaft gibt es in Bochum also noch erhebliches Entwicklungspotential. Wichtig ist allerdings, dass die Politik nicht nur kurzfristig handelt, sondern langfristige Konzepte entwickelt und diese konsequent umsetzt. Dabei sind die Stadtfinanzen im Blick zu halten. Kollabiert der Stadthaushalt, weil die städtischen Ausgaben die Einnahmen massiv und dauerhaft überschreiten, führt das zwangsläufig zu einem erheblichen Anstieg der kommunalen Abgaben und Steuern, einem Einbruch bei den Investitionen in die städtische Infrastruktur und einem Rückgang von Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung.

Auch bei den Unternehmern und Unternehmerinnen ist in einigen Bereichen ein Umdenken erforderlich. Dies gilt besonders hinsichtlich der Entwicklung der Innenstadt und beim Verkehr.

Um langfristig den Wirtschaftsstandort zu stärken und voran zu bringen, ist zudem eine Verlagerung des Fokus erforderlich. Das mit Abstand größte Potential für eine dauerhaft positive Wirtschaftsentwicklung im Ruhrgebiet hat die Schaffung der Wirtschaftsmetropole Ruhrstadt. Hier müssen die IHKs des Ruhrgebiets klare Forderungen an die Politik stellen und unerbittlich die Überwindung des Kirchturmdenkens einfordern.

31 Aug.

Die Hälfte der Jugendlichen sieht die Zukunft des Ruhrgebiets eher düster

Nur 63% der Jugendlichen halten es für wahrscheinlich, dass sie langfristig im Ruhrgebiet bleiben, 50 % der Jugendlichen bewertet die Zukunftsperspektiven des Ruhrgebiets negativ. Die Jugendlichen sehen sich von der Politik übergangen. Politik wird überwiegend für alte Menschen gemacht, ihre Zukunft habe die Politik nicht im Blick.

Zu den Kommunalwahlen in NRW hat Civey im Auftrag des Jungen Initiativkreis Ruhr und der Initiative Ruhrpott eine repräsentative Umfrage unter jungen Menschen zwischen 16 und 24 Jahren durchgeführt (Ergebnisse Civey-Umfrage).

Schlechtes Zeugnis für die Kommunalpolitik

Im Ergebnis zeigt sich, dass sich die Jugend im Ruhrgebiet abgehängt und von der Politik nicht ernst genommen fühlt. Die Umfrage zeigt, die politische Aufklärung bei den Jugendlichen ist mangelhaft, vielen jungen Menschen im Ruhrgebiet sind Politik Kommunalwahlen fremd (WAZ vom 28.08.2025). Nur 36 % bewerten die aktuelle Kommunalpolitik positiv, 48 % als negativ, 15 % der Befragten konnten die Frage nicht beantworten. Die jungen Menschen beschreiben ihre aktuelle Gefühlslage im Hinblick auf Politik überwiegend negativ, Angst (45 %), Misstrauen (43 %) und Frustration (39 %) bestimmen das Bild. Nur 15 % fühlten sich bei politischen Entscheidungen berücksichtigt.

Die Ursachen für die negativen Einschätzungen liegen zum einen darin, wie die jungen Menschen die Städte des Ruhrgebiets erleben, zum anderen wie sie sich verstanden und wahrgenommen fühlen.

Bochum ist nicht kinder- und jugendfreundlich

Schaut man sich Bochum im Einzelnen an, wie das die STADTGESTALTER bereits 2022 getan haben, ist festzustellen, dass Bochum keine kinder- und jugendfreundliche Stadt ist (Wie kinder- und jugendfreundlich ist Bochum?).

Schulen – Dass sieht man besonders am Zustand der Schulen und Bildungseinrichtungen. Diese wurden über Jahrzehnte vernachlässigt, Klassen in Containern sind die Regel, ebenso wie bauliche Missstände und schlechte Ausstattung. Geben Städte in NRW im Schnitt sind es in Bochum nur 4.240 Euro, liegen die Pro-Kopf-Ausgaben im Jahr 2022 in NRW bei durchschnittlich 8.600 Euro, wie eine Anfrage der STADTGESTALTER ergab (WAZ vom 26.09.2024). Für die jungen Menschen in Bochum gehören marode Schulen zu Alltag, wie die Schulen aussehen und ausgestattet sind bestimmt welche Wertschätzung ihnen beigemessen wird. Kein Wunder also, dass sich laut Civey-Umfrage 41 % der Jugendlichen schlecht auf das Berufsleben vorbereitet sehen.

Mobilität – Ähnlich sieht es beim Verkehr aus. Jugendliche bewegen sich mangels Führerscheins überwiegend mit dem Rad, zu Fuß oder dem ÖPNV durch die Stadt. Die Infrastruktur für diese Verkehrsmittel zeigt sich in Bochum wie dem Ruhrgebiet deutlich unterentwickelt.

Wer ein Auto fährt, hat im Ruhrgebiet und Bochum die volle Aufmerksamkeit. Ohne Auto ist man aus Sicht der Politik Mensch zweiter Klasse, so also auch die jungen Menschen. Jugendlichen wird von klein auf erklärt, dass der Verkehr für sie zu gefährlich ist, sie sich daher nicht allein und selbständig durch die Stadt bewegen können. Autoverkehr sei wichtiger, die jungen Menschen hätten sich dem unterzuordnen.

Die Bedürfnisse der Jugendlichen sich frei in der Stadt bewegen zu können, haben für die Bochumer Politik keinen erkennbaren Wert. Auch stellen die Jugendlichen fest, dass die Stadt zwar im großen Stil das Parken subventioniert, auf der anderen Seite aber erklärt, dass für bessere Schulen, das Geld fehle.

Stadtteile – Insgesamt hat sich bei den Menschen zwischen 16 und 24 Jahren eine generelle der Frustration über die Entwicklung vieler Stadtteile eingestellt (WAZ vom 28.08.2025). Viele stellen fest, dass sich die Stadtteile, in denen sie seit Kindesbeinen leben, seit Jahren negativ entwickeln. Die Nahversorgung in den Stadtteilzentren funktioniert nicht mehr, das Stadtbild hat sich verschlechtert, die Stadtteilzentren veröden. Der Kiez, den sie noch als lebenswerten Mittelpunkt ihrer Kindheit in Erinnerung haben, gibt es oft nicht mehr.

Jugendliche und Kinder werden unsichtbar

Jugendliche und Kinder sind in der Stadt auch immer seltener zu sehen. Die 55.000 Bochumer Kinder und Jugendlichen (15,1 % der Stadtbevölkerung) sind im Stadtbild von Bochum eher selten zu sehen, während sie in den Städten der Niederlande aber auch Skandinaviens viel mehr das Stadtbild prägen. Kinder und Jugendliche auf öffentlichen Plätzen sieht man in Bochum eher wenig.

Sie werden auf speziell für sie geschaffene Orten, wie Spiel-, Sport- und Bolzplätzen oder Grünanlagen mit Einrichtungen für Kinder sowie Jugendhäuser und Ähnlichem verwiesen. Die Flächen, wo sich Kinder und Jugendliche frei bewegen dürfen, liegen wie Inseln über das Stadtgebiet verteilt und sind nicht durch Wege, die sie gefahrlos und eigenständig benutzen können, verbunden. Nicht Mal die Wege zur Schule sind durchgehend sicher. Oft fahren die Eltern ihre Kinder mit dem Auto an die Orte, die für Kinder und Jugendliche bestimmt sind. Im Auto bleiben sie unsichtbar.  Dabei haben auch Jugendliche das Bedürfnis als fester Teil der Stadtgesellschaft präsent und sichtbar zu sein.

Stadtpolitik orientiert sich an den Älteren

Zudem nehmen die jungen Menschen ein Desinteresse der Politik an Zukunftsthemen war. Die Politik orientiert sich an den Interessen der älteren Generationen. Denn die sind in der Mehrheit. Auf fast 200 Menschen im Alter von 60 Jahren und älter kommen in Bochum hundert junge Menschen unter 18 Jahren (197: Alt-Jung Koeffizient 2023). Es gibt in der Stadt also fast doppelt so viele alte wie junge Menschen.

Streben ältere Menschen eher keine Veränderungen an, wollen das alles so bleibt, wie es war, und messen z.B. Themen wie Klimakrise, Entwicklungen von Zukunftstechnologien, moderner Stadtentwicklung oft nur eine geringe Bedeutung zu, machen sich die jungen Menschen intensive Gedanken über ihre Zukunft und die Zukunft der Stadt, in der sie leben. Eine Veränderung der Lebensbedingung aufgrund des Klimawandels, eine Wirtschaft, die im Wettbewerb um Zukunftstechnologien nicht konkurrenzfähig aufgestellt ist, oder eine Stadt, die bei der Stadtentwicklung nicht Schritt halten kann, macht ihnen Angst. Sie sehen, eine rückwärtsgewandte Politik, die Veränderungen ablehnt, wirkt sich zum Nachteil auf die Zukunftsperspektiven der jungen Generationen aus. Entsprechend düster sieht die Hälfte der jungen Menschen die Zukunft des Ruhrgebiets.

Städtische Finanzen – Auch die bedenkliche Schieflage der Stadtfinanzen der Stadt zeigt, dass die Politik in Bochum die Interessen der jungen Menschen nicht im Blick hat, ja sogar missachtet. Wer zwei Mrd. städtische Schulden aufhäuft, die nachfolgende Generationen bezahlen sollen, bürdet den jungen Generationen kaum tragbare Lasten auf, schränkt deren Handlungsfähigkeit in der Zukunft wissentlich ein und beeinträchtigt damit erheblich deren Lebensperspektiven in der Stadt.

Wenn Parteien oder Wählergruppen bei der Kommunalwahl propagieren, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für Fahrräder und E-Scooter zurückzufahren oder gar zu stoppen und die E-Roller am liebsten verbieten möchten, erklären, den Klimanotstand nicht weiter ernst nehmen zu wollen, keine ernsthaften Anstrengungen unternehmen wollen, die Investitionen in Schulen und Bildung massiv zu erhöhen, sich gegen Projekte wenden, wie das Haus des Wissens oder Konzepte und Investitionen ablehnen, die Stadtteilzentren wieder aufzuwerten, erkennen die jungen Menschen, dass ihre Interessen nicht vertreten und ihre Bedürfnisse nicht gesehen und beachtet werden.

Beteiligung – Das zeigt sich auch in der ablehnenden Haltung der politischen Gruppierungen, den jungen Menschen mehr Mitsprache bei den Themen zu ermöglichen, die sie besonders betreffen.

Anders als in anderen Städten, gibt es in Bochum weder ein Jugendparlament oder einen Jugendstadtrat noch eine Jugendkonferenz oder einen Jugendcheck, wie das z.B. die STADTGSTALTER seit Jahren fordern (Wie kinder- und jugendfreundlich ist Bochum). Die Mehrheit der Parteien in Bochum lehnt solche Institutionen und Projekte ab.

Jugend in Bochum ohne Lobby

Die Jugend hat in der Stadt keine Lobby. Die Politik ist nicht auf die Gestaltung der Zukunft ausgerichtet, so kommt der Strukturwandel kaum voran und dauert schon 65 Jahre. Große Teile der Politik sind immer noch im Denken gefangen, dass am besten alles so bleiben soll, wie es früher nie war.

Der Mut zu elementaren Veränderungen fehlt. Mit dieser Grundhaltung wird man junge Menschen nicht für die Stadt und das Ruhrgebiet gewinnen können. Wie von der Hälfte der Jugendlichen angenommen, sind die Zukunftsaussichten des Ruhrgebiets und der Ruhrstadt wohl daher eher düster einzuschätzen.

Immerhin gibt es in Bochum den Kinder- und Jugendring, der immer wieder die jungen Menschen zu ihren Anliegen und politischen Themen befragt und ihre Meinung einholt und der zur Kommunalwahl einen Wahlomaten speziell für Jugendthemen geschaffen hat: Kommunal-O-Mat 

24 Aug.

Am 14.09.2025 wird Rot-Grün in Bochum Geschichte sein

Ausgehend vom Trend der letzten Wahlen werden SPD und Grüne bei der Kommunalwahl im September so viele Stimmen verlieren, dass es für Rot-Grün im neuen Stadtrat aller Voraussicht nach nicht mehr reichen wird. Welche Koalitionen sind in der neuen Wahlperiode realistisch? Wo positionieren sich Die STADTGESTALTER?

Seit 25 Jahren regieren SPD und Grüne die Stadt. Die Finanzlage der Stadt kippt (180 Mio. Defizit – Haushaltsnotlage 2.0 – Die Ursachen), bei Stadtentwicklung und Strukturwandel hinkt die Stadt weit hinterher (Die acht großen Herausforderungen, denen sich Bochum stellen muss), der progressive Oberbürgermeister geht (OB Eiskirch geht).

Rot-Grüne-Koalition wird voraussichtlich 2025 enden

Schon bei Europa- und Bundestagswahl verloren SPD und Grüne deutlich, die CDU gewinnt, AfD und Linke legen stark zu. Zu erwarten ist, dass sich dieses Ergebnis auch bei der Kommunalwahl fortsetzt.

Ausgehend von einer Ratsgröße wie in der Wahlperiode 2020 bis 2025 könnte die SPD 6-8 Sitze verlieren, die Grünen 5-7. Angesichts der abnehmenden Zustimmungswerte für die Bundes-CDU und der Bochumer Querelen bei der Oberbürgermeisteraufstellung (WAZ vom 02.06.2025) wird die CDU voraussichtlich eher wenige Sitze (0-2) gewinnen, die Linke dagegen 3-5, die AfD sogar 5-7. Die kleinen Parteien und Wählergemeinschaften (UWG, FDP, STADTGESTALTER, Volt, BSW u.ggf.a.) kämen in Summe auf 11-13 Sitze.

Die AfD wird größter Wahlgewinner

Die AfD wäre der größte Wahlgewinner, Ursache ist neben einigen anderen Faktoren insbesondere die wenig erfolgreiche Politik der letzten Jahrzehnte (Zunehmender Populismus – Rechtsruck auch in Bochum zu erwarten).

Auch die ausnehmend schlechte, unambitionierte wie zu vielen wichtigen Stadtthemen unzulängliche Wahl- und Politikberichterstattung von WAZ und Radio Bochum sind als Ursache dieser Entwicklung zu nennen (Wahlkampfberichterstattung in Bochum – Brauchen wir noch Redakteure oder kann das auch ChatGPT).

Welche Koalitionen sind theoretisch möglich?

Geht man von den genannten Wahlergebnissen und einer Größe des Stadtrates wie derzeit (87 Sitzen = 86 + OB)* aus, würden SPD und Grünen 6-10 Sitze zu einer Mehrheit von 44 Sitzen im Stadtrat fehlen. CDU und Grüne hätten 10-14 Sitze zu wenig. Nur für eine Mehrheit von SPD und CDU könnte es knapp reichen, eher aber werden auch hier 1-5 Sitze fehlen, zumal ein Rot-Grüner Oberbürgermeister bei dieser Koalition nicht 100 % der SPD zuzurechnen wäre.

Ausgangslage für mögliche Koalitionen nach der Kommunalwahl 2025

Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wird also ein dritter Koalitionspartner für eine Mehrheitskoalition benötigt. Eine Schwarz-Grüne-Koalition wird es vermutlich nicht geben. Sie wäre nur mit drei weiteren kleinen Gruppierungen oder Linken und einer weiteren kleinen Gruppierung möglich. Dass sich eine solche Koalition findet, ist unrealistisch.

Bei der Kombination Rot-Grün könnte eine weitere Fraktion zur Mehrheit im Stadtrat reichen. Das könnte dann rein rechnerisch, die CDU, die Linken oder bei entsprechender Sitzzahl STADTGESTALTER/Volt sein.

Reicht es für CDU und SPD nicht zur Mehrheit, wären aufgrund ihrer politischen Ausrichtung Grüne, UWG oder FDP die naheliegenden Koalitionäre, theoretisch kämen auch STADTGESTALTER/Volt oder Linke in Frage.

Welche Koalition ist wahrscheinlich?

Damit sind folgende Koalitionen am wahrscheinlichsten:
1. SPD, CDU und Grüne
2. SPD, CDU und eine kleine politische Gruppierung
3. SPD, CDU
4. SPD, Grüne und Linke
5. SPD, Grüne und eine kleine politische Gruppierung

Wer nicht möchte, dass eine ganz große Koalition von SPD, CDU und Grünen die Stadt regiert, müsste also seine Stimme einer kleineren politischen Gruppierung geben.

Ein Stadtrat ohne feste Koalition

Auch möglich wäre, dass im neuen Stadtrat gar keine Koalition gebildet wird und sich wechselnde Mehrheiten im Rat jeweils entscheidungs- und themenbezogen zusammenschließen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sich eine Koalition nur für den Stadthaushalt bildet (Haushaltskoalition), für alle anderen Themen die Mehrheiten im Stadtrat zukünftig wechselnd und sachbezogen zu Stande kommen.

Damit käme Leben in den Stadtrat, zu jeder Entscheidung müsste sich eine Mehrheit neu zusammenfinden und einen gemeinsamen Beschluss aushandeln. Das täte der Stadtpolitik und dem Politikstil sicher gut. Stadtpolitik würde transparenter und sachbezogener. Diese beiden Möglichkeiten würden Die STADTGESTALTER daher präferieren. Sie wäre allerdings nur realistisch, wenn alle kleineren Parteien und Wählergemeinschaften eine Koalition mit den Großen ablehnen.

STADTGESTALTER bei Erfüllung von vier Bedingungen für eine Koalition bereit

Gleichwohl haben Die STADTGESTALTER festgelegt, dass Sie nur bei Erfüllung von vier Bedingungen bereit wären über eine (Haushalts-)Koalition zu verhandeln oder bei der Stichwahl einen OB-Kandidaten zu unterstützen:

1. Veränderung Politikstil: Die Politik vereinbart, sich zukünftig mit allen Vorschlägen von demokratischen Wählergruppen und Parteien, die in die politische Diskussion eingebracht werden, ernsthaft und unvoreingenommen zu beschäftigen. Wer Ideen einbringt, spielt dabei in Zukunft keine Rolle mehr.

2. Eine Koalition unter Beteiligung der STADTGESTALTER entwickelt, erarbeitet und vereinbart ein Konzept zur zukünftigen Struktur-, Stadt- und Wirtschaftsentwicklung. Dieses legt Ziele fest und einen Katalog von wichtigen Maßnahmen, die anschließen konsequent umgesetzt werden.

3. Eine Koalition unter Beteiligung der STADTGESTALTER erarbeitet und vereinbart ein Konzept, wie ein Haushaltsausgleich erreicht und die Verschuldung bis 2040 auf annähernd Null zurückgeführt werden kann.

4. Eine Koalition unter Beteiligung der STADTGESTALTER erarbeitet und vereinbart ein Konzept zur Eröffnung und Einführung neuer, substanziell relevanter Möglichkeiten zu einer verstärkten Bürgerbeteiligung.

Machtverhältnisse im neuen Stadtrat noch völlig offen

Ziemlich sicher ist derzeit nur, dass die Ära der Rot-Grünen-Koalition nach 25 Jahren enden wird. Alles andere wäre eine dicke Überraschung. Sonst aber sind die Machtverhältnisse im neuen Stadtrat noch völlig offen, sowohl dahin gehend wer rechnerisch überhaupt für Koalitionen in Frage kommt, noch, ob die möglichen Partner überhaupt Koalitionen bilden wollen und wenn ja mit welchen anderen Parteien oder Wählergemeinschaften.

Die STADTGESTALTER

* Die Größe des Bochumer Stadtrats kann zwischen 67 (66 + OB) und über 100 Sitzen schwanken, je nachdem wie hoch die Zahl der Ausgleichsmandate ist.

17 Aug.

Wahlkampfberichterstattung in Bochum – Brauchen wir noch Redakteure oder kann das auch ChatGPT?

Nur noch vier Wochen sind es bis zur Kommunalwahl. Seit einer Woche kann man im Rathaus seine Stimme abgeben. Gut über die Wahl informiert sind die Menschen in Bochum nicht. Die Lokalpresse wird ihrer Aufgabe nicht gerecht.

Wie sollte eine qualitativ hochwertige Berichterstattung im Vorfeld einer Kommunalwahl aussehen? Ziel der Lokalpresse sollte sein, den Lesern und Leserinnen bzw. den Hörern und Hörerinnen eine gute und umfassende Informationsgrundlage zu geben, auf der sie eine fundierte Wahlentscheidung treffen können.

Alle Stimmberechtigten sollten frühest- und bestmöglich darüber informiert werden, welche Parteien und Wählergemeinschaften zur Wahl stehen. Es sollte berichtet werden, was die politischen Gruppierungen für die Stadt tun möchten. Welche Positionen vertreten sie in wichtigen Stadtthemen und welche Konzepte und Pläne haben sie für die Stadt entwickelt? Wo sind die Unterschiede? Sind die Ideen der Parteien und Wählergemeinschaften real umsetzbar, in anderen Städten erfolgreich und geeignet die Probleme in Bochum anzugehen? Basieren die Positionen auf Fakten oder sind sie populistischerer Natur?

Analysen zur letzten Wahlperiode, wo steht die Stadt heute?

Logischer Ausgangspunkt für eine solche Berichterstattung wäre eine Analyse darüber, was in der vergangenen Wahlperiode geleistet wurde. Was ist gut gelaufen, was schlecht. Wer ist für welche politische Entscheidung verantwortlich gewesen? Wie stand die Stadt im Vergleich zu anderen Großstädten 2020 dar, wie ist es heute, fünf Jahre später. Ebenfalls wäre zu analysieren, wo die Menschen in der Stadt Probleme sehen, welche Wünsche sie an die Politik haben und wie die Stadt von außen gesehen wird.

Guten Journalismus zeichnet eine Einordnung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage der Stadt aus. Wo steht die Stadt bei Stadtentwicklung und Strukturwandel? Wo gibt es Defizite, Nachholbedarf, wo hinkt man den Entwicklungen in Deutschland und Europa hinterher, wo ist die Stadt Vorreiter.

Journalistische Aufarbeitung und Einordnung der Positionen und Pläne

Dazu kommt kritisches Nachfragen zu Zielen und Positionen, die die politischen Gruppierungen im Wahlkampf verkünden. Konkret: Wird zum Beispiel Klimaneutralität bis 2035 versprochen, wäre zu fragen, ob das überhaupt noch realistisch erreicht werden kann. Und warum die entsprechende Partei nicht in den letzten 5 Jahre die Weichen dafür gestellt hat, dass das Ziel erreicht werden kann.

Auch sind Kontroversen wichtig. Kandidaten verschiedener politischer Farben, die zur Wahl antreten, sollten in Diskussionen gegeneinander antreten, damit Lesern und Leserinnen deutlich wird, was die vertretenen Positionen und Konzepte unterscheidet und wie schlüssig diese sind. Nur durch eine journalistische Aufarbeitung ist eine Bewertung der politischen Positionen Vorschläge und Konzepte der unterschiedlichen politischen Gruppierungen möglich.

Berichterstattung zur Wahl 2025 in Bochum

Schaut man sich an, wie in Bochum über die Wahl berichtet wird, findet weder eine Wahlberichterstattung statt, die journalistischen Ansprüche genügt, noch sind die stark lückenhaften und selektiven Informationen, die die Bürger und Bürgerinnen über die Lokalmedien erhalten, geeignet, ihnen eine fundierte Wahlentscheidung zu ermöglichen.

Radio Bochum berichtet so gut wie gar nicht, die WAZ beschränkt sich darauf, bei ausgewählten politischen Parteien zu bestimmten Themen deren Position nachzufragen und veröffentlicht diese dann kommentarlos. Immerhin wurden Leser und Leserinnen zunächst in einem Stadtcheck zur Kommunalwahl befragt, in welchen Bereichen sie welchen Handlungsbedarf sehen. Auch die Stadt durfte ausführen, was sie dazu plant.

Wie die Stadt aktuell im Vergleich zu anderen Großstädten dasteht, wie die letzte Wahlperiode zu bewerten ist und wie die Stadt von außen gesehen wird, alles das war und ist dagegen nicht Gegenstand der lokalen Berichterstattung.

Nur bestimmte Parteien dürfen ihre Positionen und Pläne darstellen

Auch gibt die WAZ nur bestimmten politischen Gruppierungen, nämlich jenen mit Fraktionsstatus im alten Stadtrat, die Chance ihre Position zu den Themen, die sich aus dem Stadtcheck ergeben (Wie läuft die Integration in Bochum? Das sagen Politiker, „Kein Bereich zu dunkel“: Das sagt die Politik zur Beleuchtung Stadtbeleuchtung„Innenstadt sollte grüner sein“: Was die Politik fordert), darzustellen. Das führt zu der skurrilen Situation, dass zur Wahl auch zwei Gruppierungen um eine Stellungnahme gebeten werden, die weder 2020 zur Wahl angetreten sind, noch 2025 zur Wahl antreten (Bündnis Deutschland und FASG)*, dagegen andere im Rat vertretene Gruppierungen (Linke, STADTGESTALTER und Die PARTEI), die 2020 bereits zur Wahl standen und auch 2025 erneut antreten, ihre Konzepte, Ideen und Positionen nicht darstellen dürfen, selbst dann nicht, wenn sie – wie die STADTGESTALTER – zu allen Themen ausführliche Konzepte entwickelt und veröffentlicht haben (Beleuchtung der Bochumer Gehwege sollte systematisch verbessert werdenAlarmierende Zahlen – Höchste Zeit sich ernsthaft um Integration zu bemühenGrünkonzept Innenstadt – Einige Ideen der STADTGESTALTER übernommen).

Parteien, die zum ersten Mal zur Kommunalwahl antreten, wie Volt oder BSW wird ebenfalls keine Möglichkeit geben, ihre Ansichten zu den entsprechenden Themen darzustellen.

Auf die politischen Gruppierungen, die von der WAZ-Bochum ausgeschlossen werden, wird am Wahltag voraussichtlich rund ein Drittel der Stimmen entfallen. Auch die Überschriften der entsprechenden WAZ-Beiträge, die jeweils die Floskel “die Politik sagt” oder “ die Politik fordert”, enthalten, sind somit irreführend. In den Berichten wird nicht wiedergegeben, was “die Politik” sagt. Es kommen nur zwei Drittel der Bochumer Politik zu Wort.

Warum die WAZ ihren Lesern und Leserinnen zur Kommunalwahl die Positionen einiger politischer Gruppierungen bewusst vorenthält, aber solchen die Gelegenheit gibt sich zu positionieren, die gar nicht zur Wahl antreten, konnte bzw. wollte die WAZ-Redaktion auch auf wiederholte Nachfrage nicht erklären. Zumindest online fehlt auch kein Platz, die Positionen aller politischer Gruppierungen darzustellen, die zur Wahl stadtweit antreten. Im Print wäre eine gekürzte Darstellung mit Link zu den kompletten Ausführungen auf der Internetseite möglich.

Naheliegend ist, man wollte der AfD in der Zeitung zur Wahl kein Forum bieten und hat daher eine verfehlte Regel konstruiert, die die AfD ausschließt, aber u.a. auch Linke und STADTGESTALTER. Diese wurden bei diesem Vorgehen zum Kollateralschaden. Die Redaktion wollte offenbar auf eine Regel verweisen, um keine Diskussionen führen zu müssen, warum sie die AfD von der Berichterstattung ausschließt. Es fehlte der Mut zu einer solchen Entscheidung zu stehen und diese zu rechtfertigen.

Dieses Ansinnen rechtfertigt jedoch nicht, eine sachfremde, unausgewogene und unfaire Regel einzuführen, die auch politischen Gruppierungen die Darstellung ihrer Positionen verweigert, die aktiv die Politik mindestens der letzten elf Jahre mitgeprägt haben und sich nachweisbar mit allen Themen intensiv und konstruktiv beschäftigt haben.

Selektive Berichterstattung vermittelt Lesern und Leserinnen ein falsches Bild von der Wahl

So kommt es zu einer bewussten falschen Darstellung, wer “die Politik“ ist und wer zur Wahl antritt. Zudem wird der Eindruck erweckt, politische Gruppierungen, die nicht in den Beiträgen Stellung nehmen, hätten keine Position zu den Themen bzw. wollten sich zu diesen nicht äußern. Daran ändert sich nichts, dass die WAZ angekündigt hat, kurz vor der Wahl, wenn schon ein Drittel bis die Hälfte der Menschen, die zur Wahl gehen, ihre Stimmen per Brief oder im BVZ abgegeben haben, in einem Beitrag auch über die Positionen und Konzepte der Gruppierungen berichten zu wollen, die sie bis dahin ignoriert hat.

Die beschriebene selektive Berichterstattung ist unausgewogen und verzerrt den politischen Wettbewerb, sie entspricht nicht den publizistischen Grundsätzen (Pressecodex), denen sich deutsche Journalisten verpflichtet haben. Diese sehen eine ausgewogene Wahlberichterstattung vor, die allen politischen Gruppierungen gleichermaßen publizistisches Gehör verschafft und die eine Voraussetzung für eine vielfältige Meinungsbildung ist (siehe auch: Wahlkampf im Lokaljournalismus, Dr. Claudia Riesmeyer, Universität Göttingen). Entsprechend haben die STADTGESTALTER eine Beschwerde an den Presserat gerichtet.

Berichte über Randthemen statt Darstellung politischer Inhalte

Weiterhin beschränkt sich die WAZ bei der Wahlberichterstattung ganz auf die bloße Wiedergabe der Positionen, die die Gruppierungen bei der WAZ eingereicht haben. Eine journalistische Aufarbeitung, kritische Würdigung, Diskussion oder Einordnung findet nicht statt. Die Beiträge hätte statt einer Redakteurin oder eines Redakteurs auch ChatGPT schreiben können, dabei haben Redakteure wie Andreas Rorowski und Carolin Muhlberg vor dem Wahlkampf in der Vergangenheit in etlichen Beiträgen immer wieder gezeigt, dass es an journalistischer Kompetenz bei der WAZ-Bochum nicht fehlt.

Während eine umfassende, vollständige journalistische Darstellung der politischen Inhalte bei der Kommunalwahl-Berichterstattung der WAZ offenbar nicht das Ziel ist, wird ausführlich darüber berichtet, dass diejenigen, die bei der Wahl helfen, 20 Euro Erfrischungsgeld weniger bekommen als bei der Kommunalwahl 2020 (Wahlhelfer in Bochum bekommen weniger Geld – warum?).

Auch über das Anzünden von Wahlplakaten wird umfassend berichtet („Komisches Gefühl“: Plakate von SPD-Kandidatin abgefackelt). Obwohl fünf Plakate angezündet wurden, zwei von der SPD und zwei von den Linken sowie ein weiteres, bei dem nicht erkennbar war, zu welcher Partei es gehörte, erhält nur die SPD im WAZ-Beitrag die Gelegenheit sich als Opfer eines gezielten “Brandanschlags” zu inszenieren, obwohl die Polizei gar keine Anhaltspunkte besitzt, dass das Anzünden der Plakate durch Hass auf bestimmte Parteien oder Kandidaten begründet war.

In einem weiteren Beitrag erhält die SPD als einzige Partei die Gelegenheit ihre Kandidaten für die Bezirksfraktion Wattenscheid samt Bild darzustellen und davon zu berichten, wie gut man doch für die Wahl aufgestellt sei („Sehr schmerzhaft“: Bochumer SPD-Frau von Wahl ausgeschlossen). Anlass ist der Ausschluss einer Kandidatin auf Platz 4 der SPD-Liste für die Bezirksvertretung Wattenscheid, weil diese keinen Hauptwohnsitz in Bochum hat. Ein Ereignis, das an sich eigentlich keinen Nachrichtenwert besitzt und das zum Zeitpunkt des Beitrags auch schon vier Wochen her war. Dafür kann die SPD den WAZ-Bericht bei Weglassen von zwei Absätzen und der Umformulierung von zwei Sätzen problemlos für einen Wahlkampfflyer benutzen.

Während man also bei der WAZ an inhaltlicher und einer allen politischen Kräften gerecht werdenden Berichterstattung spart und auf eine journalistische Aufarbeitung ganz verzichtet, hat man Zeit und Platz für ausführliche Berichte zu Randthemen, die Parteien als Werbeplattform benutzen. Für eine möglichst fundierte Wahlentscheidung der WAZ-Leser und Leserinnen haben diese jedoch keinen Wert.

WAZ-Redaktion gefährdet ihre eigenen Jobs

Eine journalistisch hochwertige Wahlberichterstattung ist aufgrund der knappen personellen Ressourcen in den Lokalredaktionen sicher schwierig. Es sollte aber zumindest möglich sein über alle zur Wahl antretenden Gruppierungen gleichermaßen zu berichten und Berichtsformate zu wählen, die den Lesern und Leserinnen eine Diskussion und differenzierte Würdigung der politischen Positionen ermöglichen. Zum Beispiel sind bei Interviews kritische Nachfragen und Einordnungen durch die Redakteure möglich. Auch Diskussionsformate mit Kandidaten unterschiedlicher Gruppierungen ermöglichen eine Bewertung von Positionen und legen offen, wie valide diese sind.

Für eine bloße Wiedergabe von Statements der politischen Gruppierungen in ansprechend formulierten Beiträgen werden eigentlich keine Redakteure benötigt, das kann mittlerweile auch ChatGPT. Mit dieser Art unjournalistischer Berichterstattung gefährdet die Redaktion ihre eigenen Jobs. Gut möglich, dass in der Essener Zentrale der Funke Mediengruppe schon über eine KI-Software nachgedacht wird, in der bei der Kommunalwahl 2030 alle Parteien und Wählergemeinschaften zu unterschiedlichen Themen ihre Positionen eingeben und die dann auf Knopfdruck zu jedem Thema einen fertigen Beitrag ausspuckt. Die Vorteile, die Software ist billig, schnell und neutral. Auch können problemlos alle politischen Gruppierungen, die zur Wahl antreten, teilnehmen und nicht nur solche, die nach nicht nachvollziehbaren Kriterien ausgewählt wurden. Mit Journalismus hat das Ganze allerdings dann ebenfalls nichts zu tun.

Die Redaktion der WAZ-Bochum sollte sich überlegen, nehmen wir journalistische Berichterstattung ernst, dann sähe ein Konzept zur Wahlberichterstattung völlig anders aus oder bleiben wir bei der bloßen Abfragerei von Positionen, die man dann wiederkäut. Im zweiten Fall wird schon bald ChatGPT diese Arbeit übernehmen.

Unzureichende und unjournalistische Berichterstattung befördert Populismus und Extremismus

Beim WAZ-Stadtcheck bekam die Politik nur die Note 3,9. Schlechter war die Bewertung der Bürger und Bürgerinnen in keiner Kategorie. Das liegt auch daran, dass die lokale Berichterstattung über die kommunale Politik – wie dargestellt – ungenügend und selektiv ist. Hintergründe und Zusammenhänge werden nicht erklärt, die Menschen werden nur unzureichend darüber informiert, welche Ideen und Konzepte die politischen Gruppierungen entwickelt haben. Viele politische Entscheidungen werden kritiklos hingenommen, die Presse gibt regelmäßig ohne jede Einordnung und Nachfrage nur das wieder, was Politik und Verwaltung verlautbaren.

Würden z.B. Probleme wie 200 Mio. Ausgabendefizit im Stadthaushalt 2025/26 adäquat und in angemessener Breite kritisch in der Lokalpresse thematisiert, sähe sich die Politik gegebenenfalls gezwungen die Ursachen mit der notwendigen Dringlichkeit anzugehen. So geht sie davon aus, das Problem würde ohnehin niemanden interessieren, man könne es daher aussitzen. Die Qualität der Politik wird wesentlich durch die mediale Kontrolle bestimmt und durch die Transparenz, die die Presse durch ihre journalistische Arbeit bei politischen Vorgängen schafft. Dieser Aufgabe wird die Lokalpresse in Bochum leider nicht gerecht.

Letztlich ist zu bedenken, dass in Zeiten von Rechtspopulismus und Lügenpresse journalistische Berichterstattung ein wichtiger intervenierender Faktor in der Meinungsbildung ist (Kritischer Journalismus als Korrektiv im gesellschaftlichen Diskurs?). Fällt dieser Faktor wie in Bochum aus und diskreditieren Redaktionen dazu noch ihre Glaubwürdigkeit durch eine selektive Berichterstattung, die eine vielfältige Meinungsbildung verhindert, spielt das den extremen und populistischen politischen Kräften in die Hände und stärkt sie

* Die Fraktion von Bündnis Deutschland ist durch Übertritt aller fünf AfD-Ratsmitglieder zu Bündnis Deutschland entstanden. Die Fraktion FASG („Frieden, Arbeit, soziale Gerechtigkeit“) wurde von drei Ratsmitgliedern der Linken gegründet, die bei den Linken ausgetreten sind.