28 Jan

Bürgerbeteiligungsbeirat für Bochum

Um die Beteiligung an stadtpolitischen Themen zu verbessern, müssen Bürger und Bürgerinnen mit Politik und Verwaltung an einen Tisch. Nur so können Leitlinien festgelegt werden, wie die Menschen zukünftig bei städtischen (Bau-)Vorhaben mitwirken und mitentscheiden können. Dass die Verwaltung Bürgerbeteiligung so organisiert, wie ihr das am besten passt, ist zu wenig. Die STADTGESTALTER schlagen einen Bürgerbeteiligungsbeirat vor.

Im November und Dezember 2022 forderte die Stadt ihre Bürgerinnen und Bürgern auf, Vorschläge zu Straßen einzureichen, auf denen die Geschwindigkeit reduziert werden sollte. Es gingen 121 Vorschläge ein – 114 wurden abgelehnt (WAZ vom 15.01.2024). So funktioniert Bürgerbeteiligung oft in Bochum. Bürger dürfen Vorschläge machen, die Verwaltung nimmt sie zur Kenntnis, heftet sie ab und macht dann doch, was sie will.

Schlechte Bürgerbeteiligung fördert Bürgerfrust und Politikverdrossenheit

Die Bürger*innen fühlen sich übergangen und fragen sich, warum sie sich überhaupt beteiligt haben. Auf diese Weise durchgeführte Bürgerbeteiligung führt letztlich nur zu Bürgerfrust und Politikverdrossenheit. Populisten nutzen die so entstehende Stimmung aus und haben leichtes Spiel.

Mehr Bürgerbeteiligung wird auf dem Papier zwar von allen politischen Gruppierungen gefordert. In der Realität tut man sich damit in Bochum aber schwer. Das liegt insbesondere am Selbstverständnis der Parteien. So betonen zum Beispiel Oberbürgermeister sowie SPD und Grüne bei jeder Gelegenheit, dass sie diejenigen sind, die gewählt wurden, um in der Stadtpolitik zu entscheiden und die Bürger*innen, daher dort nichts zu entscheiden hätten.

Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass es eigentlich das Ziel von Demokratie ist, dass die Bürger*innen möglichst viel direkt selbst entscheiden und gewählte Vertreter*innen, die für die Bürger*innen entscheiden, insbesondere deswegen erforderlich und sinnvoll sind, weil das organisatorisch am besten praktikabel ist. Da ändert aber nichts an dem demokratischen Ziel, dass da, wo direkte Entscheidungen möglich sind oder Entscheidungen unter Mitwirkungen von möglichst vielen Bürger*innen machbar sind, man dies entsprechend ermöglichen sollte.

Bürgerbeteiligung ist Sache von Politik, Verwaltung und Bürger*innen

Es ist also eigentlich Sache der Politik, sich zu überlegen, wie sie die Bürger*innen sinnvoll in die stadtpolitischen Entscheidungsprozesse einbinden kann und ihnen dort Mitwirkung ermöglicht oder welche Entscheidungen sie gegebenenfalls den Bürger*innen direkt überlässt. Allerdings verstehen sich insbesondere SPD und Grüne im Stadtrat nicht als diejenigen, die die Staatspolitik bestimmen und gestalten, sondern sehen sich als verlängerter Arm der Verwaltung. Die Verwaltung erarbeitet die Vorlagen, die bestimmen, welche Politik die Stadt verfolgt, Rot und Grün sehen ihre Aufgabe darin, diesen Vorschlägen im Stadtrat die zur Umsetzung nötige Mehrheit zu verschaffen.

Entsprechend diesem Selbstverständnis ist es in Bochum auch nicht die Politik, die vorschlägt, wie Bürgerbeteiligung zukünftig organisiert werden soll, sondern die Verwaltung (Verwaltungsvorlage: Eckpunkte der Bürgerbeteiligung der Stadt Bochum) Die Politik war nicht mal an der Erarbeitung der Verwaltungsvorlage beteiligt.

Aus Sicht der Verwaltung nachvollziehbar, will die sich möglichst unverbindliche Regelungen geben, wie sie nach Bedarf Bürgerbeteiligung organisieren kann, die sie in ihren Abläufen und Entscheidungen möglichst wenig stört, aber immer den Hinweis zulässt, man habe die Bürger*innen informiert, sie angehört und mit Ihnen gesprochen, ehe man verwaltungsintern entschieden hat, was für die Stadt das Beste ist.

Diesem Verständnis folgend hat sich die Stadtverwaltung vor der Erarbeitung der jetzt vorgelegten Eckpunkte zwar mit Bürger*innen, die sich für mehr Bürgerbeteiligung engagieren (u.a. mit Vertreter*innen des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung), in mehreren Gesprächen ausgetauscht, an der Erarbeitung der Eckpunkte beteiligt hat sie die Bürger*innen allerdings nicht. 

Zwischen 2019 und 2022 hat es einen Diskussionsprozess von diversen Gruppen und der Verwaltung um die Einführung einer erweiterten Bürgerbeteiligung gegeben. Dann aber zog sich die Stadtverwaltung aus dem Prozess zurück, um zunächst intern über das Thema zu beraten. Die jetzt vorgelegten Eckpunkte wurden dann ohne Beteiligung von Bürger*innen und Politik hinter den verschlossen Türen der Verwaltung erarbeitet. Einen weiteren Dialog mit den an dem vorherigen Diskussionsprozess Beteiligten gab es nicht („Bürgerbeteiligung“ soll plötzlich ganz schnell gehen). Nach dem Willen der Stadtverwaltung sollen die Eckpunkte in der Sitzung des Stadtrats am 01.02.2024, wie bei Beschlussvorlagen der Verwaltung in Bochum üblich, von der Rot-Grünen-Mehrheitskoalition ohne jede politische Beteiligung an der Erarbeitung durchgewunken werden.

Die STADTGESTALTER halten die Eckpunkte für zu schwammig und vage. Dass mit den Eckpunkten eine echte Verbesserung der Bürgerbeteiligung bewirkt werden kann, halten die STADTGESTALTER nicht für möglich. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Verwaltung, Politik und Bürger*innen gemeinsam konkrete Leitlinien erarbeiten, die verbindlich vorgeben, wie Bürgerbeteiligung in Bochum zukünftig zu organisieren ist.

STADTGESTALTER-Vorschlag: Bürgerbeteiligungsbeirat

Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, dass der Stadtrat einen Bürgerbeteiligungsbeirat mit Vertreter*innen der Ratsfraktionen und -gruppen, der Verwaltung und ausgelosten Bürger*innen bildet, im dem gemeinsam Leitlinien für die zukünftige Bürgerbeteiligung erarbeitet werden. Ein solcher Beirat soll dann zukünftig die Leitlinien evaluieren und weiterentwickeln, erster Ansprechpartner für Bürger*innen in Sachen Bürgerbeteiligung sein und über die Organisation von Beteiligungsprozessen bei komplexen Vorhaben beraten. Was ein solcher Beirat tut und wie er funktioniert, kann man sich in Bonn anschauen, wo das Gremium bereits seit 2016 besteht (Beirat Bürger*innenbeteiligung).

Die jetzt von der Verwaltung vorgelegten Eckpunkte zur Bürgerbeteiligung können Diskussionsgrundlage bei der Erarbeitung der Leitlinien sein, mehr aber nicht. Leitlinien zur Bürgerbeteiligung müssen von Politik, Verwaltung und Bürger*innen gemeinsam erarbeitet werden. Das ist nicht ohne ein gemeinsames Gremium möglich.

Grundsätzlich sehen die STADTGESTALTER Bürgerbeteiligung als einen Prozess an. Damit Bürger*innen sich optimal und wirksam beteiligen können, muss ihr Interesse an Stadtpolitik geweckt werden und müssen sie spüren, dass ihre Beteiligung ernst genommen wird und etwas bewirkt.

Ziel sollte es sein, immer mehr Menschen zu gewinnen, die sich für die Stadt engagieren und bei stadtpolitischen Themen mitreden wollen. Stadtpolitische Themen sind allerdings teilweise sehr komplex. In solchen Fällen erfordert Mitwirkung Erfahrung und spezielles Wissen. Auch bei der Bürgerbeteiligung gibt es einen Lernprozess. Es lohnt sich also mit Beteiligungsthemen zu beginnen, die bei den Bürger*innen vor der Haustür liegen, zum Beispiel die Anwohner*innen intensiv an Neu- und Umgestaltungsprojekten von Wohnstraße und -umfeld zu beteiligen, um dann den Bürger*innen sukzessive auch bei komplexeren Entscheidungen eine Mitwirkung zu ermöglichen. Diesen Prozess sollte der Bürgerbeteiligungsbeirat aktiv unterstützen und begleiten.

Eine weitere Aufgabe des Bürgerbeteiligungsbeirats ist nach Ansicht der STADTGESTALTER, dafür Sorge zu tragen, dass für die Durchführung von Beteiligungsverfahren bevorzugt externe Büros beauftragt werden. Verwaltung und Bürger*innen verfolgen nicht selten gegensätzliche Interessen. Führt die Verwaltung die Bürgerbeteiligung durch, neigt sie dazu, das Verfahren so zu organisieren und zu steuern, dass ihre Interessen gegenüber denen der Bürger*innen durchgesetzt werden. Dem kann vorgebeugt werden, wenn ein unabhängiges Büro das Verfahren durchführt und den Anliegen und Interessen der Bürger*innen angemessen Raum und Gewicht verschafft.

Vorhabenliste und digitale Bürgerbeteiligungsplattform (bochum-mitgestalten.de)

Grundlage der Beteiligungsverfahren sollte die Vorhabenliste der Stadt sein, die Bochum auf Vorschlag von STADTGESTALTERn und FDP mittlerweile eingeführt hat (Interaktive Vorhabenliste zu Bochumer Bauprojekten kommt). Aufgabe des Bürgerbeteiligungsbeirates müsste es sein, diese Liste weiterzuentwickeln und auf sämtliche in der Stadt laufenden relevanten Vorhaben auszudehnen.

Eine deutliche Ausweitung ist auch im Hinblick auf die Nutzung der digitalen Bürgerbeteiligungsplattform bochum-mitgestalten.de nötig. Diese basiert, wie von den STADTGESTALTERn 2020 vorgeschlagen, auf dem Softwaresystem Consul (Die Bürgerbeteiligung in Bochum auf ein neues Niveau heben).

Dass allerdings auch fast ein Jahr nach dem Start der Plattform nur zwei Randthemen zur aktuellen Beteiligung angeboten werden, ist enttäuschend. Zumal bei beiden Themen (Älterwerden und Bochum App) die Beteiligung über eine Umfrage und die Möglichkeit der Abgabe von Anregungen nicht hinausgeht. Wie wenig die Verwaltung die Plattform nutzt, belegt, dass ihr Interesse an ernsthafter Bürgerbeteiligung eher gering ist. Aufgabe des Bürgerbeteiligungsbeirates sollte es somit ebenfalls sein, die Consul-Plattform zu betreuen und dafür zu sorgen, dass die Verwaltung diese zukünftig intensiv nutzt.

Die Aufgaben eines neu zu schaffenden Bürgerbeteiligungsgremiums sind also vielfältig. Eine Bürgerbeteiligung zu schaffen, die den Namen verdient und Menschen animiert sich an Stadtpolitik zu beteiligen, erscheint ohne die Schaffung des vorgeschlagenen Beirats oder eines vergleichbaren Gremiums nicht möglich. Entsprechend werden die STADTGESTALTEER zur Ratssitzung am 01.02.2024 die Einrichtung eines Bürgerbeteiligungsbeirats beantragen.

Foto Beitragsbild; Foto: Heinrich-Böll-Stiftung

03 Sep

Verhinderte Mitwirkung der Frauenlobschule bei OGS-Vergabe kostet Stadt wohl 0,7 Mio.

Das Oberverwaltungsgericht gibt der Schule Recht, bei der Auswahl des neuen OGS-Trägers hätte die Frauenlobschule beteiligt werden und mitbestimmen müssen. Ohne Zustimmung der Schulkonferenz durfte die Stadt keinen OGS-Träger auswählen. Ohne Unterschrift der Schule unter dem Kooperationsvertrag mit dem neuen OGS-Träger, hat die Stadt kein Anrecht auf 0,7 Mio. Fördermittel.

Bei der Neuausschreibung, welcher soziale Träger ab dem Schuljahr 2023/24 den Betrieb des Offenen Ganztags an der Frauenlob-Grundschule übernehmen sollte, überging. die Stadt wie an über 50 weiteren Bochumer Schulstandorten, Schule und Schulkonferenz (Schulkonferenzen von über 50 Schulen bei OGS-Vergabe übergangen).. Weder wurde der Schulkonferenz, wie in § 65 (3) Nr 3. SchulG-NRW vorgesehen, der auszuschreibende Kooperationsvertrag vor Beginn des Vergabeverfahrens zur Mitgestaltung und Entscheidung vorgelegt, noch wurde sie an dem Bewertungsverfahren bzw. der eigentlichen Bewertung und Auswahl des OGS-Trägers ausreichend beteiligt. Die Bürokraten in der Schulverwaltung maßten sich an, über die Köpfe der Schulgemeinschaft alleine zu entscheiden, welcher Träger zukünftig die OGS der Frauenlobschule betreiben sollte.

Schulkonferenz stimmte Auswahl des OGS-Trägers nicht zu

Folgerichtig stimmte die Schulkonferenz der Frauenlobschule der Auswahlentscheidung der Schulverwaltung nicht zu, besonders da die Entscheidung nicht nachvollziehbar getroffen wurde und in die Entscheidung die Belange und Bedürfnisse der Schule nicht hinreichend eingeflossen sind. Es kam zum Rechtsstreit, in dem die Schulkonferenz ihre Rechte gegenüber der Schulverwaltung geltend machte.

Zwar wollte das Oberverwaltungsgericht Münster im einstweiligen Verfahren aus Sachdienlichkeitsgründen nicht so weit gehen, die Stadt zu verpflichten, die Zusammenarbeit mit dem neuen OGS-Träger sofort zu beenden – darüber soll im Hauptsacheverfahren entschieden werden – doch gab das Gericht der Schulkonferenz inhaltlich umfänglich Recht (Kommentierter Beschluss des OVG).

OVG bestätigt Rechtsauffassung der Schulkonferenz

Die Rechtsaufassung der Schulkonferenz wurde voll bestätigt, In seinem Beschluss führt das Gericht (Kommentierter Beschluss des OVG) u.a. aus,
– dass die Schulkonferenz indirekt ein Mitwirkungsrecht an der Auswahl des OGS-Trägers zusteht,
– dass hinsichtlich der Kooperationsvereinbarung seitens der Schulkonferenz ein Zustimmungsvorbehalt besteht,
– dass die Kooperationsvereinbarung zwischen Schulverwaltung, OGS-Träger und Schule nur mit Unterschrift der Schulleitung rechtswirksam ist,
– dass ein Vergabeverfahren so auszugestalten ist, dass die Mitwirkungsrechte der Schule gemäß Schulgesetz voll gewahrt bleiben,
– 
dass Zuwendungen des Landes an die Stadt gemäß BASS 11-02 Nr.19 nicht zu leisten sind, wenn keine von allen drei Partnern unterschriebene Kooperationsvereinbarung vorliegt, der die Schulkonferenz zugestimmt hat,

So führt das OVG wörtlich aus: “Die Schulkonferenz darf ihre Zustimmung … bei Vorliegen hierfür sprechender sachlicher Gründe auch verweigern, um die Mitwirkung eines bestimmten Trägers oder einer bestimmten Einrichtung … zu verhindern. … Die Ausführungen … sind dahin klarzustellen, dass der Schulkonferenz … ein negatives und indirektes Mitbestimmungsrecht bei der Trägerauswahl zusteht, …” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Das Gericht widerspricht der Rechtsaufassung der Schulverwaltung (Antragsgegnerin), die Kooperationsvereinbarung sei auch ohne Zustimmung der Schule rechtswirksam: “Mit der beschriebenen landesrechtlichen Grundkonzeption der Offenen Ganztagsschule kaum vereinbar ist die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin [Schulverwaltung], es sei “rechtlich nicht möglich oder erforderlich, dass der Schulträger eine Zustimmung [der Schulkonferenz] zu dem Angebot des, von ihm ausgewählten Trägers einhole”, der Begriff der Zustimmung sei “missverständlich formuliert” und nur als das Erreichen einer Abstimmung gemeint, deren Scheitern einen Zuschlag an den ausgewählten Träger auch ohne Einvernehmen der Schule rechtfertige” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Weiterhin stellt das Gericht klar: “Der Gesetzgeber macht diese Auswahlentscheidung [über den OGS-Träger] deshalb von einer dreiseitigen Kooperationsvereinbarung zwischen Schulträger [Stadt Bochum] außerschulischem Träger und der Schule abhängig, die auf der Seite der Schule unter dem Zustimmungsvorbehalt [der Schulkonferenz] steht” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Kein Anrecht auf Zuwendungen, bei nicht unterschriebener Kooperationsvereinbarung

Das OVG: führt zudem aus “Nach derzeitiger Erlasslage kann das Land seine Zuwendungen an die Antragsgegnerin [Stadt Bochum, Schulverwaltung] für die an der Frauenlobschule eingerichtete Offene Ganztagsschule … vom Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin, der Beigeladenen [OGS-Träger] und der Frauenlobschule abhängig machen. Zuwendungsvoraussetzung ist danach u.a. die Vorlage einer Aufstellung von abgeschlossenen und geplanten Kooperationsvereinbarungen” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Eine solche rechtswirksame Vereinbarung liegt im Fall der Frauenlobschule nicht vor. Unterschrieben wurde die Kooperationsvereinbarung nur von Schul- und OGS-Träger, nicht aber von der Schule bzw. Schulleitung, da die Schulkonferenz eine Zustimmung aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Belange und Bedürfnisse bei der Ausgestaltung der Vereinbarung wie bei der Auswahl des OGS-Trägers ausdrücklich ablehnte

Gemäß dem vom OVG bereits angeführten Erlass (BASS 11-02 Nr.19, Punk 4c) liegen also die Voraussetzungen für Zuwendungen des Landes im Falle der Frauenlobschule nicht vor. Die Zuwendungen, die die Stadt vom Land voraussichtlich nicht erhält, summieren sich in vier Jahren, also dem Zeitraum, über den die Trägerschaft der OGS neu vereinbart werden sollte, auf fast 0,7 Mio. Euro.

Voraussichtliche Zuwendungen für OGS-Frauenlob

Der Stadt würden bei rechtswirksamer Kooperationsvereinbarung pro in der OGS betreutem Schulkind 1.042 Euro/Jahr zustehen, pro Schulkind mit besonderem Förderbedarf 1.880 Euro/Jahr und pro Gruppe mit 26 Schulkindern der “Verlässlichen Grundschule” 4.000 Euro/Jahr. Ohne Zuwendungen, muss die Stadt für die entsprechenden Kosten selbst aufkommen und dafür Geld aus dem städtischen Haushalt bereitstellen.

Von Seiten des Landes wäre zudem zu klären, ob an weiteren Bochumer Grund- und Förderschulen nicht rechtswirksam geschlossene Kooperationsvereinbarungen vorliegen. Nicht rechtswirksam wären gemäß Beschluss des OVG auch Vereinbarungen, die zwar von der Schulleitung unterschrieben wurden, denen aber die Schulkonferenz nicht ausdrücklich per Beschluss zugestimmt hat. Nach Informationen der STADTGESTALTER fehlen an einer Reihe weiterer Grundschulen bisher derartige Beschlüsse der Schulkonferenzen. Zu erwarten ist, dass bei näherer Beschäftigung mit den geschilderten Sachverhalten ggf weitere Schulkonferenzen aus gleichen Gründen wie bei der Frauenlobschule eine Zustimmung ablehnen, Dann bestünde auch bei diesen Schulen für das Land keine Rechtsgrundlage die entsprechenden Zuwendungen an die Stadt zu zahlen.

Schulverwaltung will zukünftig Schulen besser beteiligen

Immerhin hat die Schulverwaltung im Laufe des Gerichtsverfahrens bereits zugesichert, dass bei zukünftigen Verfahren das Prozedere zur Auswahl eines OGS-Trägers grundlegend verändert wird, insbesondere dass zukünftig jede Schulkonferenz bereits vor Beginn des Ausschreibungsverfahren die auszuschreibende schulspezifische Kooperationsvereinbarung zur Mitgestaltung und Zustimmung vorgelegt werden soll. Eine solche Veränderung des Verfahrens wäre für die Zukunft hinsichtlich Mitwirkung der Schulen in Sachen Auswahl OGS-Träger als erster großer Schritt in die richtige Richtung zu werten. Dieser Schritt alleine reicht jedoch noch nicht aus, um den rechtlichen Anforderungen an die Mitwirkung gerecht zu werden, weitere Schritte müssen folgen.

Die STADTGESTALTER, die die Schulkonferenz der Frauenlobschule bei der Durchsetzung ihrer Rechte nach Kräften unterstützt haben, werden in diesem Sinne weiter auf Schulverwaltung und Politik einwirken, damit die Schulverwaltung mindestens für die Zukunft die Mitwirkungsrechte der Schulen achtet und die Belange und Bedürfnisse der Schulen, bei den Auswahlverfahren der OGS-Träger hinreichend berücksichtigt.

Einsatz, Engagement und Courage von Eltern und Lehrerinnen an der Frauenlobschule vorbildlich

Weiterhin ist anzumerken, dass Schulkonferenz und Schulleitung der Frauenlobschule durch ihre Hartnäckigkeit es erst ermöglicht haben, dass die bisherige Verfahrensweise von der Stadt aufgegeben werden muss. Das geschilderte Verfahren zeigt, dass engagierte wie couragierte Eltern und Lehrerinnen, die sich konsequent für die Rechte ihrer Schule einsetzen, viel für die Schulen und die Stadt erreichen können. Die STADTGESTALTER würden sich wünschen, dass sich auch andere Bochumer Schulen daran ein Beispiel nehmen und sich mit mehr Mut und Engagement für die Belange und Bedürfnisse ihrer Schüler*innen einsetzen und sich von Schulverwaltung und Schulaufsicht nicht den Schneid abkaufen lassen.

Neuer OGS-Träger überzeugt bisher nicht

Abschließend zu erwähnen ist, dass die Frauenlobschule feststellen muss, dass der neue OGS-Träger bisher die mit dem Schulträger vereinbarten Anforderungen an die personelle Ausstattung der OGS-Betreuung sowohl in quantitativer wie qualitativer Hinsicht nicht erfüllen kann. Auch in diesem Punkt scheinen sich die Befürchtungen der Schule leider zu Bewahrheiten. Sollte dieser Zustand anhalten, wäre eine Kündigung gegenüber dem OGS-Träger die notwendige Folge.

26 Jul

Die Bürgerbeteiligung in Bochum auf ein neues Niveau heben

Bürgerbeteiligung gibt es in Bochum bei vielen Projekten, doch bisher geht es meist allein darum, dass die Bürger Meinungen und Vorschläge vorbringen, die dann viel zu häufig nur abgeheftet werden. Dass die Bürger wirklich mitbestimmen, ist bisher nicht möglich.

In Sachen Bürgerbeteiligung hat sich in Bochum einiges getan

Einiges hat sich in Bochum an der Bürgerbeteiligung verbessert. Eine digitale Beteiligung ist möglich, es gibt für größere Projekte, wie jetzt den Radschnellweg RS1 (Bürgerbeteiligung RS1)  mmer Internetseiten, auf denen die Bürger Meinungen und Ideen absetzen können. Ob und inwieweit die Berücksichtigung finden, ist allerdings wenig nachvollziehbar.

Auch konnten in letzter Zeit zum ersten Mal bei Projekten (Gerthe-West und Neues Bahnhofsquartier Wattenscheid) Bürgervertreter von Bürgerintiintiativen in die Empfehlungsgremien entsandt werden, die die Entwicklung dieser städtischen Bebauungsprojekte begleiten sollen. Eine feste, institutionalisierte Regelung, die zu jedem größeren Projekt ein Bürgerbegleitgremium vorsieht, gibt es bisher aber nicht. Das genau fordert das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung und befindet sich zu diesem Thema auch in Diskussionen mit der Verwaltung und dem Stadtbaurat. Die STADTGESTALTER unterstützen das Anliegen und haben bereits einen Vorschlag gemacht wie ein solches Gremium aus Bürgern aussehen könnte, das solche Vorhaben begleitet (Grafik Organisation Bürgerbegleitgremium).

Auch wird es bald auf der Internetseite der Stadt eine Liste der Vorhaben geben, die die Stadt beabsichtigt umzusetzen, bzw. derzeit realisiert, SO wie dies von der Fraktion “FDP & Die STADTGESTALTER” 2019 beantragt wurde (Antrag 20190151). Dann finden die Bürger alle Informationen, Pläne, den zuständigen Ansprechpartner, den politischen Entscheidungsverlauf, den aktuellen Sachstand und die vorgesehene Bürgerbeteiligung auf einen Blick zu jedem Vorhaben im Internet. Auf den Internetseiten der Stadt Freiburg kann man sich ansehen, wie das aussehen wird: Interaktive Vorhabenliste Freiburg.

Wie andere Städte zeigen, geht in Sachen Bürgerbeteiligung aber noch viel mehr. Nicht nur sollte die Bürgerbeteiligung noch digitaler werden, damit mehr Bürger erreicht werden und rechtzeitig auf Vorhaben, die sie betreffen, aufmerksam werden, sondern es müssen auch mehr richtige Mitbestimmungsmöglichkeiten geschaffen werden, sowie bessere Möglichkeiten, dass Bürger eigene Vorschläge zur Abstimmung stellen können und verbindliche Möglichkeiten haben bei Entscheidungen Veränderungen zu bewirken.

Die Bürgerbeteiligung auf ein neues Niveau heben

Die Stadt sollte nach Ansicht der STADTGESTALTER in den nächsten 5 Jahren die Bürgerbeteiligung auf ein neues Niveau heben, so wie es auch der Verein “Mehr Demokratie” formuliert (Consul – Bürgerbeteiligung im digitalen Zeitalter). Dazu gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Welche man davon nutzen will und welche nicht, das muss nach einer ausführlichen Diskussion zwischen Politik und Bürgern entschieden werden.

Die Ausweitung von Bürgerbeteiligung sollten in einer Stadt Schritt für Schritt erfolgen. Denn wie man Bürgerbeteiligung und mehr Mitbestimmung gestaltet und wie man sie als Bürger wahrnimmt, müssen sowohl Politik und Verwaltung wie die Bürger erst lernen.

Eine Bürgerbeteiligung ist um so erfolgreicher desto mehr Bürger sich an den Beteiligungsformaten beteiligen. Das passiert nicht von heute auf morgen. Dazu ist auch ein neues Denken in der Politik und Verwaltung wie bei den Einwohnern der Stadt nötig, Bei den Einwohnern der Stadt muss die Bereitschaft steigen, sich mit Stadtpolitik intensiver zu beschäftigen, und sich vermehrt aktiv einzumischen wie zu beteiligen und das nicht nur da, wo es einen selbst unmittelbar betrifft. Politik und Verwaltung wiederum müssen bereit sein, mehr Beteiligung und Mitbestimmung zuzulassen und Entscheidungskompetenzen abzugeben.

Eine Software und Plattform für Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung

Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wie kann die Stadt, insbesondere technisch, eine vermehrte Beteiligung und Mitbestimmung der Bürger organisieren. Dazu schlägt der Verein Mehr-Demokratie die Nutzung einer spezielle Software vor, die besonders in Spanien und Lateinamerika weit verbreitet ist, aber auch schon in Paris und New York genutzt wird (Consul).

Die modular aufgebaute und kostenfreie Software hat 5 Säulen (Dossier Consul):

1. Vorschläge – Bürger können Ideen für neue Regelungen oder Aktionspläne, die in die Zuständigkeit der Stadtverwaltung fallen, einbringen und unterstützen. Erreichen sie ein gewisses Quorum, wird darüber abgestimmt.

2. Abstimmungen – Es kann sowohl über Vorschläge von Bürgern als auch von Institutionen abgestimmt werden. Außerdem ist es möglich, das gesamte Stadtgebiet oder nur bestimmte Bezirke einzuschließen.

3. Bürgerhaushalte – können Ausgabenvorschläge für Teile des städtischen Budgets machen, um Projekte in der Stadt umzusetzen. Die Vorschläge, die die meisten Stimmen erhalten, werden umgesetzt. In Madrid etwa bestimmten die Bürgerinnen und Bürger über 100 Millionen Euro.

4. Debatten – Die Software bietet eine Diskussionsplattform, die nicht zu einer direkten Entscheidungsfindung führt, sondern der Stadt Zugang zur öffentlichen Meinung verschafft und den Bürgern die Möglichkeit gibt sich untereinander auszutauschen und ihre Erfahrungen einzubringen.

5. Kollaborative Gesetzgebung – Aktive Beteiligung der Bürger an der Ausarbeitung von Regelungen und Aktionsplänen. Regelungstexte können kommentiert und diskutiert werden.

Was muss die Stadt tun, damit mehr Beteiligung und Mitbestimmung möglich ist?

Um eine derartige Software zu nutzen und darüber Beteiligung und Mitbestimmung zu organisieren, muss die Politik ganz viele Entscheidungen treffen: Auf welchen Politkfeldern sollen die Bürger in welcher Form mitbestimmen bzw. beteiligt werde? In welchen Bereichen können Vorschläge, welcher Art eingebracht werden? Welche Quoren sind vorzusehen? Werden die Ergebnisse von Bürgerabstimmungen als verbindlich oder nur als Empfehlung angesehen, über welchen Teil des Bürgerhaushaltes sollen Bürger entscheiden? Was für eine Software und Plattform soll genutzt werden? In welcher Weise sollen die Beteiligungsprozesse in der Hauptsatzung der Stadt verankert werden? Und das sind nur einige wichtige Fragen, von ganz vielen mehr, auf die die Politik eine Antwort finden muss, wenn sie die Bürgerbeteiligung auf ein höheres Niveau in Richtung mehr Mitbestimmung heben will.

Aber ehe sich all diese Fragen ergeben, muss die Stadtpolitik zunächst die Grundsatzentscheidung treffen, ob und inwieweit sie Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung in Bochum auf ein neues Niveau heben will. Die STADTGESTALTER schlagen vor, dass der neue Stadtrat 2020 beschließt, eine Bürgerbeteiligungsplattform einzurichten, mit der genau dieses Ziel erreicht werden kann.

15 Sep

Bürgerbeteiligung muss besser werden

Die Stadt Bochum will die Bürger besser bei Bau- und Planungsvorhaben einbinden, ihre Meinung einholen, sie mitentscheiden lassen. Doch die Bürger fühlen sich nicht mitgenommen, bei manchen Vorhaben wird weiterhin beklagt, dass Informationsveranstaltungen fehlen oder erst viel zu spät stattfinden. Dazu empfinden viele die Beteiligungsformate bisher nur als Alibiveranstaltungen.

Vier schlechte Beispiele für Bürgerbeiteiligungen

August-Bebel-Platz – Die Stadt hatte drei Planungsbüros beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten, wie der Platz umgestaltet werden kann. Diese wurden in einer Bürgerveranstaltung vorgestellt. Dort fielen alle drei Entwürfe durch, keiner konnte die Bürger überzeugen. Daraufhin beschloss die Verwaltung aus allen drei Entwürfen einen vierten Konsensvorschlag zu entwickeln, das aber ohne die Bürger. Offiziell wurden die Vorschläge nicht mal der Politik vorgestellt. Den weiteren Entscheidungsablauf zur Entwicklung des Konsensentwurfs verlegte die Verwaltung in die Hinterzimmer, nur ausgewählte Politiker sollten beteiligten werden. Am Ende will die Verwaltung der Politik offenbar nur einen Neugestaltungsvorschlag vorlegen, den die dann abnicken soll. Die Bürger bleiben außen vor. Weiterlesen

15 Dez

Drei Ansätze für mehr Bürgerbeteiligung

Zur Aldi-Neueröffnung kommen hunderte, weil es die Bananen 5 Cent billiger als üblich gibt, wenn es um eine Veranstaltung geht, bei denen Bürger die Zukunft ihres Stadtteils mitgestalten können, kommen selten mehr als hundert und die Hälfte der Anwesenden gehören zur Verwaltung oder zu politischen Gruppierungen.

Die Verwaltung bemüht sich mit allen möglichen Formaten die Menschen zur Beteiligung anzuregen, doch wirklich durchschlagenden Erfolg hat sie nicht.

Warum beteiligen sich nur so wenig Bürger?

Das hat zum einen historische Gründe. Es gibt im Ruhrgebiet keine gewachsenen Beteiligungsstrukturen. In Städten, die über Jahrhunderte gewachsen sind, waren die dort lebenden Menschen und Familien über Jahrhunderte an der Entwicklung der Stadt beteiligt, haben diese befördert, darüber mitbestimmt und sich immer eingemischt. Veränderungen in einer Innenstadt waren z.B. in gewachsenen Städten wie Aachen oder Münster nie ohne die Kaufleute möglich, viele Entwicklungen haben die Kaufleute selbst angestoßen.

Im Ruhrgebiet war das anders. Industriebetriebe haben lange bestimmt, wo was gebaut wird, wo gearbeitet wird, wo gewohnt und wo die Verkehrslinien lang führen. Die Menschen, die zum Arbeiten herkamen, waren nie an den Entscheidungen beteiligt. Sie sind es gewöhnt, dass immer jemand anders entscheidet, was auf der Arbeit getan wird, am Wohnort oder im Stadtviertel. Daraus wiederum folgt die Haltung, dass der Arbeitgeber, der Vermieter oder die Politik, dafür zu sorgen haben, dass die Dinge laufen, die Bürger sehen sich daran nicht beteiligt, auch nicht in der Pflicht sich selbst einzubringen oder einzumischen.

Auf der anderen Seite hat auch die Politik sich bis vor kurzem nie in einer gestaltenden Rolle gesehen. Die haben die Unternehmen übernommen oder die Verwaltung. Die Politik hat über Jahrzehnte kaum mehr getan, als das abgenickt, was ihr vorgelegt wurde. Dabei war die Qualität der Stadtplanung häufig unterirdisch, wie man an vielen Orten der Stadt sehen kann. Beispielhaft seien August-Bebel-Platz, Buddenbergplatz oder das in jeder Hinsicht unzureichende ÖPNV-Netz genannt. Weiterlesen