03 Sep

Verhinderte Mitwirkung der Frauenlobschule bei OGS-Vergabe kostet Stadt wohl 0,7 Mio.

Das Oberverwaltungsgericht gibt der Schule Recht, bei der Auswahl des neuen OGS-Trägers hätte die Frauenlobschule beteiligt werden und mitbestimmen müssen. Ohne Zustimmung der Schulkonferenz durfte die Stadt keinen OGS-Träger auswählen. Ohne Unterschrift der Schule unter dem Kooperationsvertrag mit dem neuen OGS-Träger, hat die Stadt kein Anrecht auf 0,7 Mio. Fördermittel.

Bei der Neuausschreibung, welcher soziale Träger ab dem Schuljahr 2023/24 den Betrieb des Offenen Ganztags an der Frauenlob-Grundschule übernehmen sollte, überging. die Stadt wie an über 50 weiteren Bochumer Schulstandorten, Schule und Schulkonferenz (Schulkonferenzen von über 50 Schulen bei OGS-Vergabe übergangen).. Weder wurde der Schulkonferenz, wie in § 65 (3) Nr 3. SchulG-NRW vorgesehen, der auszuschreibende Kooperationsvertrag vor Beginn des Vergabeverfahrens zur Mitgestaltung und Entscheidung vorgelegt, noch wurde sie an dem Bewertungsverfahren bzw. der eigentlichen Bewertung und Auswahl des OGS-Trägers ausreichend beteiligt. Die Bürokraten in der Schulverwaltung maßten sich an, über die Köpfe der Schulgemeinschaft alleine zu entscheiden, welcher Träger zukünftig die OGS der Frauenlobschule betreiben sollte.

Schulkonferenz stimmte Auswahl des OGS-Trägers nicht zu

Folgerichtig stimmte die Schulkonferenz der Frauenlobschule der Auswahlentscheidung der Schulverwaltung nicht zu, besonders da die Entscheidung nicht nachvollziehbar getroffen wurde und in die Entscheidung die Belange und Bedürfnisse der Schule nicht hinreichend eingeflossen sind. Es kam zum Rechtsstreit, in dem die Schulkonferenz ihre Rechte gegenüber der Schulverwaltung geltend machte.

Zwar wollte das Oberverwaltungsgericht Münster im einstweiligen Verfahren aus Sachdienlichkeitsgründen nicht so weit gehen, die Stadt zu verpflichten, die Zusammenarbeit mit dem neuen OGS-Träger sofort zu beenden – darüber soll im Hauptsacheverfahren entschieden werden – doch gab das Gericht der Schulkonferenz inhaltlich umfänglich Recht (Kommentierter Beschluss des OVG).

OVG bestätigt Rechtsauffassung der Schulkonferenz

Die Rechtsaufassung der Schulkonferenz wurde voll bestätigt, In seinem Beschluss führt das Gericht (Kommentierter Beschluss des OVG) u.a. aus,
– dass die Schulkonferenz indirekt ein Mitwirkungsrecht an der Auswahl des OGS-Trägers zusteht,
– dass hinsichtlich der Kooperationsvereinbarung seitens der Schulkonferenz ein Zustimmungsvorbehalt besteht,
– dass die Kooperationsvereinbarung zwischen Schulverwaltung, OGS-Träger und Schule nur mit Unterschrift der Schulleitung rechtswirksam ist,
– dass ein Vergabeverfahren so auszugestalten ist, dass die Mitwirkungsrechte der Schule gemäß Schulgesetz voll gewahrt bleiben,
– 
dass Zuwendungen des Landes an die Stadt gemäß BASS 11-02 Nr.19 nicht zu leisten sind, wenn keine von allen drei Partnern unterschriebene Kooperationsvereinbarung vorliegt, der die Schulkonferenz zugestimmt hat,

So führt das OVG wörtlich aus: “Die Schulkonferenz darf ihre Zustimmung … bei Vorliegen hierfür sprechender sachlicher Gründe auch verweigern, um die Mitwirkung eines bestimmten Trägers oder einer bestimmten Einrichtung … zu verhindern. … Die Ausführungen … sind dahin klarzustellen, dass der Schulkonferenz … ein negatives und indirektes Mitbestimmungsrecht bei der Trägerauswahl zusteht, …” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Das Gericht widerspricht der Rechtsaufassung der Schulverwaltung (Antragsgegnerin), die Kooperationsvereinbarung sei auch ohne Zustimmung der Schule rechtswirksam: “Mit der beschriebenen landesrechtlichen Grundkonzeption der Offenen Ganztagsschule kaum vereinbar ist die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin [Schulverwaltung], es sei “rechtlich nicht möglich oder erforderlich, dass der Schulträger eine Zustimmung [der Schulkonferenz] zu dem Angebot des, von ihm ausgewählten Trägers einhole”, der Begriff der Zustimmung sei “missverständlich formuliert” und nur als das Erreichen einer Abstimmung gemeint, deren Scheitern einen Zuschlag an den ausgewählten Träger auch ohne Einvernehmen der Schule rechtfertige” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Weiterhin stellt das Gericht klar: “Der Gesetzgeber macht diese Auswahlentscheidung [über den OGS-Träger] deshalb von einer dreiseitigen Kooperationsvereinbarung zwischen Schulträger [Stadt Bochum] außerschulischem Träger und der Schule abhängig, die auf der Seite der Schule unter dem Zustimmungsvorbehalt [der Schulkonferenz] steht” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Kein Anrecht auf Zuwendungen, bei nicht unterschriebener Kooperationsvereinbarung

Das OVG: führt zudem aus “Nach derzeitiger Erlasslage kann das Land seine Zuwendungen an die Antragsgegnerin [Stadt Bochum, Schulverwaltung] für die an der Frauenlobschule eingerichtete Offene Ganztagsschule … vom Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin, der Beigeladenen [OGS-Träger] und der Frauenlobschule abhängig machen. Zuwendungsvoraussetzung ist danach u.a. die Vorlage einer Aufstellung von abgeschlossenen und geplanten Kooperationsvereinbarungen” (Kommentierter Beschluss des OVG).

Eine solche rechtswirksame Vereinbarung liegt im Fall der Frauenlobschule nicht vor. Unterschrieben wurde die Kooperationsvereinbarung nur von Schul- und OGS-Träger, nicht aber von der Schule bzw. Schulleitung, da die Schulkonferenz eine Zustimmung aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Belange und Bedürfnisse bei der Ausgestaltung der Vereinbarung wie bei der Auswahl des OGS-Trägers ausdrücklich ablehnte

Gemäß dem vom OVG bereits angeführten Erlass (BASS 11-02 Nr.19, Punk 4c) liegen also die Voraussetzungen für Zuwendungen des Landes im Falle der Frauenlobschule nicht vor. Die Zuwendungen, die die Stadt vom Land voraussichtlich nicht erhält, summieren sich in vier Jahren, also dem Zeitraum, über den die Trägerschaft der OGS neu vereinbart werden sollte, auf fast 0,7 Mio. Euro.

Voraussichtliche Zuwendungen für OGS-Frauenlob

Der Stadt würden bei rechtswirksamer Kooperationsvereinbarung pro in der OGS betreutem Schulkind 1.042 Euro/Jahr zustehen, pro Schulkind mit besonderem Förderbedarf 1.880 Euro/Jahr und pro Gruppe mit 26 Schulkindern der “Verlässlichen Grundschule” 4.000 Euro/Jahr. Ohne Zuwendungen, muss die Stadt für die entsprechenden Kosten selbst aufkommen und dafür Geld aus dem städtischen Haushalt bereitstellen.

Von Seiten des Landes wäre zudem zu klären, ob an weiteren Bochumer Grund- und Förderschulen nicht rechtswirksam geschlossene Kooperationsvereinbarungen vorliegen. Nicht rechtswirksam wären gemäß Beschluss des OVG auch Vereinbarungen, die zwar von der Schulleitung unterschrieben wurden, denen aber die Schulkonferenz nicht ausdrücklich per Beschluss zugestimmt hat. Nach Informationen der STADTGESTALTER fehlen an einer Reihe weiterer Grundschulen bisher derartige Beschlüsse der Schulkonferenzen. Zu erwarten ist, dass bei näherer Beschäftigung mit den geschilderten Sachverhalten ggf weitere Schulkonferenzen aus gleichen Gründen wie bei der Frauenlobschule eine Zustimmung ablehnen, Dann bestünde auch bei diesen Schulen für das Land keine Rechtsgrundlage die entsprechenden Zuwendungen an die Stadt zu zahlen.

Schulverwaltung will zukünftig Schulen besser beteiligen

Immerhin hat die Schulverwaltung im Laufe des Gerichtsverfahrens bereits zugesichert, dass bei zukünftigen Verfahren das Prozedere zur Auswahl eines OGS-Trägers grundlegend verändert wird, insbesondere dass zukünftig jede Schulkonferenz bereits vor Beginn des Ausschreibungsverfahren die auszuschreibende schulspezifische Kooperationsvereinbarung zur Mitgestaltung und Zustimmung vorgelegt werden soll. Eine solche Veränderung des Verfahrens wäre für die Zukunft hinsichtlich Mitwirkung der Schulen in Sachen Auswahl OGS-Träger als erster großer Schritt in die richtige Richtung zu werten. Dieser Schritt alleine reicht jedoch noch nicht aus, um den rechtlichen Anforderungen an die Mitwirkung gerecht zu werden, weitere Schritte müssen folgen.

Die STADTGESTALTER, die die Schulkonferenz der Frauenlobschule bei der Durchsetzung ihrer Rechte nach Kräften unterstützt haben, werden in diesem Sinne weiter auf Schulverwaltung und Politik einwirken, damit die Schulverwaltung mindestens für die Zukunft die Mitwirkungsrechte der Schulen achtet und die Belange und Bedürfnisse der Schulen, bei den Auswahlverfahren der OGS-Träger hinreichend berücksichtigt.

Einsatz, Engagement und Courage von Eltern und Lehrerinnen an der Frauenlobschule vorbildlich

Weiterhin ist anzumerken, dass Schulkonferenz und Schulleitung der Frauenlobschule durch ihre Hartnäckigkeit es erst ermöglicht haben, dass die bisherige Verfahrensweise von der Stadt aufgegeben werden muss. Das geschilderte Verfahren zeigt, dass engagierte wie couragierte Eltern und Lehrerinnen, die sich konsequent für die Rechte ihrer Schule einsetzen, viel für die Schulen und die Stadt erreichen können. Die STADTGESTALTER würden sich wünschen, dass sich auch andere Bochumer Schulen daran ein Beispiel nehmen und sich mit mehr Mut und Engagement für die Belange und Bedürfnisse ihrer Schüler*innen einsetzen und sich von Schulverwaltung und Schulaufsicht nicht den Schneid abkaufen lassen.

Neuer OGS-Träger überzeugt bisher nicht

Abschließend zu erwähnen ist, dass die Frauenlobschule feststellen muss, dass der neue OGS-Träger bisher die mit dem Schulträger vereinbarten Anforderungen an die personelle Ausstattung der OGS-Betreuung sowohl in quantitativer wie qualitativer Hinsicht nicht erfüllen kann. Auch in diesem Punkt scheinen sich die Befürchtungen der Schule leider zu Bewahrheiten. Sollte dieser Zustand anhalten, wäre eine Kündigung gegenüber dem OGS-Träger die notwendige Folge.

16 Okt

Städtischer Doppelhaushalt für 2023/24 ist ein Pulverfass

ie werden sich Energiekrise, Ukrainekrieg, Klimakrise, und Fluchtbewegungen in den nächsten beiden Jahren entwickeln? Was hat das für finanzielle Konsequenzen für den Stadthaushalt? Seriös abschätzen kann das heute niemand. Trotzdem stellt die Stadt aktuell einen Doppelhaushalt für 2023 und 2024 auf. Eine fragwürdige Vorgehensweise.

Seit dreißig Jahren war das Morgen nicht mehr so ungewiss wie heute. Ukraine Krise, Inflation und drohende Rezession. Im Bochumer Rathaus gibt es keine Planstellen für Wahrsager. Trotzdem windet sich aktuell ein Doppelhaushaltsentwurf für die kommenden zwei Jahre durch die Gremienmühle. Das bedeutet: Bereits jetzt will die Verwaltung festsetzen, welche Rechnungen sie im Dezember 2024 bezahlen möchte. Aber ist eine langfristige Planung nicht klug? Eine Planung schon, ein vorzeitiges Festlegen nicht. Eine Planung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung führt die Kommune immer durch. Ein einjähriger Haushalt führt also nicht zu Planlosigkeit. Im Gegenteil.

Aktuell einen Haushalt für 2024 aufstellen zu wollen ist nicht seriös

Während der prekären Situation in der Corona-Pandemie machte die Kämmerei noch lieber einen Zwischenschritt und setzte angesichts der ungewissen Entwicklung auf einen einjährigen Haushalt. Das war klug. Die Welt und die Entwicklung sind seitdem aber nicht sicherer geworden. Gerade die Inflation und ihre Konsequenzen wirft Stadt, Land und Familien hin und her. Im Doppelhaushalt der Stadt findet das alles keine hinreichende Berücksichtigung. Brav werden dort die Haushaltsentwürfe mit den heute gar nicht mehr gültigen Bedingungen fortgeschrieben.

Dass die Verwaltung allen Ernstes einen Haushalt vorlegt, der in den kommenden zwei Jahren von weiteren Steigerungen bei den Steuereinnahmen ausgeht, ist mehr als wunderlich. Schließlich geht das Wirtschaftsministerium in seiner Herbstprognose von einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr aus. Da der Doppelhaushalt kurz vor Weihnachten beschlossen werden soll, kann man vielleicht noch von einem frommen Wunsch sprechen. Alle, die nicht mehr an das Christkind glauben, sind sich wahrscheinlich sicher: Der geschnürte Haushalt platzt bald wieder auf.

Zwar kann man nun sagen: „Das war doch schlau! Wenn alles teurer wird, werden auch die Steuereinnahmen steigen.“ Der Gedanke ist nachvollziehbar. Aber dann hätte man diese Steigerung auf der Ausgabenseite auch berücksichtigen müssen. Ist das der Fall? Leider gar nicht. Sollten die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst nur annähernd die Inflation ausgleichen, dann wachsen die Aufwendungen von x auf y. Und die Gewerkschaften geben sich kurz vor Beginn der neuen Lohnverhandlungen bereits breitschultrig, die Forderungen von Verdi für die städtischen Beschäftigten in der laufenden Tarifrunde lautet 10,5% mehr Lohn und Gehalt.

Aktuelle Krisen, finanzielle Risiken und Unwägbarkeiten

Die finanziellen Risiken und Unwägbarkeiten für die Haushalte in den nächsten Jahrenstellen sich im Einzelnen wie folgt dar:

Risiken für den Haushalt der Stadt Bochum

Energiekosten – Wie sich die Kosten für Energie entwickeln werden, ist derzeit kaum absehbar. Die derzeitigen Steigerungen werden erst in den folgenden Jahren richtig durchschlagen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Preise noch deutlich höher steigen werden, als dies im Haushalt angenommen wurde.

Baukosten für städtische Projekte – Schon jetzt muss die Stadt, die geplanten Kosten für Bauprojekte besonders wegen steigender Baupreise beständig nach oben korrigieren (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant) und für die Kostensteigerungen Verpflichtungsermächtigungen zur Umschichtung von Finanzmitteln beantragen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass diese Entwicklung anhält. Das Szenario, dass die Baukonjunktur zusammenbricht, ist zwar nicht unwahrscheinlich, doch wird das den Preisanstieg zunächst nur bremsen, dass die Preise signifikant sinken, ist auch in diesem Fall eher nicht zu erwarten.

Personalkosten für städtische Beschäftigte – Dass die Personalausgaben der Stadt deutlich stärker steigen als in den Haushaltsplanungen angenommen, kann als sehr wahrscheinlich angenommen werden. Schon das Ausmaß der Erhöhung der letzten Tarifrunde 2020 hatte die Stadt unterschätzt. Verdi fordert in der aktuellen Tarifrunde 10,5% mehr Lohn und Gehalt. Entsprechend deutlich wird die Erhöhung nach dem Abschluss der Tarifverhandlungen ausfallen. Die Aufwendungen für das Personal einschließlich der Versorgungsleistungen an Pensionäre und Rentner machten 2021 einen Anteil von 22,7% der Gesamtausgaben aus.

Fachkräftemangel – Offen ist auch wie sich der Mangel an Fachkräften auf den städtischen Haushalt auswirken wird. Können Stellen nicht besetzt werden, sind Leistungen für teures Geld an externe Unternehmen zu vergeben, z.B. Ingenieursbüros. Auch die erhöhen ihre Preise, wenn ihre Leistungen auf dem Markt knapp sind. Um Stellen besetzen zu können sollte man sie finanziell attraktiver machen und müsste sie dazu höher eingruppieren. Auch das kostet zusätzliches Geld.

Transferleistungen für Bedürftige (Sozialleistungen) – Abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Armutszuwanderung, werden die Ausgaben der Stadt für Transferleistungen zunehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Zahl der Transferleistungsempfänger*innen zunehmen wird. Mit steigender Inflation werden auch die Leistungssätze steigen. Die Transferaufwendungen, machten 2021 45% der Gesamtausgaben der Stadt aus.

Aufnahme von Flüchtlingen – Aktuell steigt die Zahl der aufzunehmenden minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge, die die Stadt unterbringen muss, stark an. Die Stadt hat bereits jetzt große Probleme alle Ankommenden adäquat unterzubringen und zu betreuen. Wie sich die Aufnahmezahlen in den nächsten Jahren entwickeln, ist nicht absehbar, ebenso wenig wie viel der Kosten, die der Stadt entstehen, von Land und Bund übernommen werden. Aufgrund der aktuellen politischen Krisenereignisse sowie der Klimakrise ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in den nächsten Jahren zu weiteren massiven Flüchtlingsbewegungen kommen wird.

Zinsen für städtische Schulden – Um der Inflation entgegen zu wirken wird die europäische Zentralbank in der nahen Zukunft den Leitzins weiter erhöhen. Mit dieser Entwicklung rechnet auch die Stadt. Das bedeutet, die Zahlung der Stadt für die Zinsen für die fast 1,8 Mrd. städtische Schulden werden erheblich steigen. Wurden 2021 noch 18, Mio. für Zinsen aufgewendet, plant die Stadt für 2024 schon 31,5 Mio. Euro Zinsen ein. Steigen die Zinsen schneller und deutlicher als erwartet, sind auch Zinsaufwendungen jenseits der 40 Mio. für 2024 nicht unrealistisch.

Zunahme städtische Verschuldung – Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Stadt bei anhaltender Krisenlage das Ziel 2023 und 2024 keine weiteren Schulden aufzunehmen, nicht einhalten kann. Wenn die Einnahmen entgegen der Kalkulationen der Stadt weniger hoch ausfahlen und die Ausgaben wider Erwarten höher, ist ein Ausgleich des Haushaltes mittels Verschuldung kaum zu vermeiden. Eine Zunahme der Verschuldung wiederum würde eine Zunahme der Zinsaufwendungen nach sich ziehen.

Altschuldenfond – Seit Jahren hofft die Stadt darauf, dass – wie es diverse Landesregierungen versprochen haben – das Land einen wesentlichen Teil der fast 1,8 Mrd. städtischer Altschulden übernimmt. Doch mit zunehmender Verschlechterung auch der finanziellen Lage des Landes, wird es immer unwahrscheinlicher, dass es zu einem solchen Altschuldenfond kommt.

Steuereinnahmen – Trotz der sich am Horizont ankündigenden Rezession geht die Stadt auch für 2023 und 2024 von weiter zunehmenden Steuereinnahmen aus. Nicht absehbar ist, wie tiefgreifend der wirtschaftliche Abschwung sein und wie lange er anhalten wird. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die geplanten Steuereinnahmen sich nicht wie geplant realisieren lassen bzw. die Zunahme der Einnahmen deutlich geringer ausfallen wird als die Inflation, so dass es real zu einem Rückgang des Wertes der eingenommenen Steuern kommt.

Zuwendungen und Fördermittel von Land und Bund – Anzunehmen ist, dass sich bei einem starken Konjunktureinbruch auch die Einnahmen- und Ausgabenlage bei Land und Bund deutlich verschlechtern wird. Das hätte zur Folge, dass auch Zuwendungen und Fördermittel an die Städte und Gemeinden nicht mehr wachsen, sondern ggf sogar niedriger ausfallen, als dies bisher im Haushalt angenommen wird. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es zu einer erheblichen Verschlechterung, kommen wird, wahrscheinlicher ist, dass die Zuweisungen von Land und Bund stagnieren. Was bei einer sich verschlechternden finanziellen Lage und sich deutliche erhöhenden Ausgaben bei der Stadt, ebenfalls fatale Folgen hätte.

Gewinnabführung von Stadtwerken, Sparkasse & Co – Die Stadtwerke haben bereits angekündigt, dass sie die jährliche Gewinnabführung in Höhe von 57.5 Mio. Euro an die Stadt mittelfristig nicht mehr stemmen können (WAZ 20.06.22). Energiekrise und die wirtschaftlichen Folgen der Fehlinvestitionen bei der STEAG, den Kohlekraftwerken in Hamm und Lünen sowie dem Windparks vor Borkum (Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind), belasten die Ergebnisse der Stadtwerke. Die Weitergabe der steigenden Energiekosten an die Kunden ist nur begrenzt möglich. Wie das Finanzabenteuer STEAG endet ist weiter offen.

Auch bei den anderen städtischen Unternehmen, insbesondere der Sparkasse lässt sich nicht absehen, wie sich der Konjunktureinbruch auf das Jahresergebnis auswirken wird. Werden bei steigenden Zinsen und einbrechender Baukonjunktur weniger Darlehen vergeben und platzen mehr Finanzierungen, wird sich das Ergebnis und die jährliche Gewinnabführung in Höhe von derzeit 16,5 Mio. Euro ebenfalls halten lassen.

Weiterhin ist damit zu rechnen, dass sich die Betriebsergebnisse von BOGESTRA und Wasserwelten deutlich verschlechtern wird. Die Verluste beider Unternehmen werden ebenfalls durch Gewinne der Stadtwerke abgedeckt. Beide Unternehmen hängen stark von Energiepreisen ab. Bei der BOGESTRA spielen dazu Personalkosten eine große Rolle. Steigen hier die Preise schlägt das sofort negativ auf das Jahresergebnis durch. Die BOGESTRA hat dazu einen zunehmenden Kundenschwund zu beklagen, da das Angebot mangels Investitionen in die Erweiterung des Netzes sehr zu wünschen übriglässt.

Klimawandelfolgen – Der Sommer 2022 hat nochmals deutlich gezeigt, dass auf die Stadt in den nächsten Jahren massive Folgen des Klimawandels zukommen. Die Umsetzung der erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen hat die Stadt über die letzten Jahrzehnte immer wieder verschleppt, so dass die auch die finanziellen Anstrengungen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in den verbleibenden Jahren bis 2035 entsprechend höher ausfallen müssen.

Die Ansätze für Maßnahmen zur Energie- wie Mobilitätswende im Haushalt 2023 und 2024 sind deutlich zu niedrig. Mit diesen wenig ambitionierten Anstrengungen kann das Ziel der Stadt Klimaneutralität bis 2035 nicht erreicht werden. Ob die Stadt das Ziel überhaupt noch ernsthaft verfolgt, ist angesichts der zu geringen Haushaltsansätze, der fehlenden Bereitschaft in der Politik, die erforderlichen Maßnahmen auf den Weg zu bringen und des noch immer fehlenden Klimaschutzkonzeptes darüber hinaus mehr als fraglich. Nähme man die Ziele zum Klimaschutz endlich ernst, dann müssten die finanziellen Anstrengungen vervielfacht werden.

Ukrainekrieg – Wie dieser Krieg sich entwickelt, ist ebenfalls völlig offen. Von einer atomaren Eskalation bis zu einer Befriedung ist alles möglich. Aktuell ist wohl am meisten wahrscheinlich, dass sich an der aktuellen Situation mittelfristig wenig ändert. Trotzdem ist auch eine Verschlechterung der Lage möglich und hätte sofort massive Auswirkungen auf die Stadt. Es könnte erneut zu massiven Fluchtbewegungen kommen oder bei einer Ausweitung des Krieges auf neue Gebiete und Länder zu weiteren wirtschaftlich negativen Folgen.

Corona – Einzig bei der Corona-Pandemie scheint es so, als wäre das Schlimmste überwunden. Sofern das Auftreten einer neuen impfresistenten Virusvariante mit hoher Ansteckungsgefahr und schweren Krankheitsfolgen ausbleibt, ist mit einer Verbesserung der Lage zu rechnen. Aktuell scheint eine erneute Verschlechterung der Situation eher unwahrscheinlich.

Insgesamt sind die Risiken und Unwägbarkeiten die die Haushaltspläne für die Jahre 2023 und 2024 bergen, also hoch. Ein Haushalt soll Transparenz für die Öffentlichkeit schaffen. Er soll Steuerungs- und Kontrollinstrument für den Rat sein. Um diese Aufgaben zu erfüllen, muss er nah an der Realität geführt werden. Es wird nicht überraschen, dass an den Doppelhaushalt bald einige Zettel Verpflichtungsermächtigungen zur Bereitstellung überplanmäßiger Mittel getackert werden und diesen zu einem unübersichtlichen Flickenwerk machen.

Doppelt hält in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht besser. Der Haushaltsplan 2024 ist ein Pulverfass, der der Stadt im ungünstigen, aber nicht unwahrscheinlichen Fall, um die Ohren fliegt. Angesichts der beschriebenen Unwägbarkeiten und Risiken ist unverständlich, warum die Stadt einen Doppelhaushalt aufstellt.

Seriös und der aktuellen Lage gerecht wäre, in diesem Jahr nur einen Haushalt für das Jahr 2023 zu beschließen und im nächsten Jahr, wenn über die Entwicklung der aktuellen Krisen ein deutlich besseres Bild herrschen sollte, den Haushalt für 2024 zu beschließen. Das im Rechnungswesen geltende Vorsichtsprinzip, wonach bei der Bilanzierung alle Risiken und Verluste angemessen zu berücksichtigen sind, wird mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes missachtet. Die STADTGESTALTER können schon aus diesem Grund einem Doppelhaushalt in der aktuellen Situation nicht zustimmen.

09 Nov

Haushalt 2022: Zu wenig Geld für Schulen, Klimaschutz und Schuldenabbau

Über 280 Mio. erhält Bochum an Steuern und Zuweisungen für das Jahr 2022 mehr als noch 2013, Doch ausreichend in Zukunft sowie Kinder und Enkel investiert wird trotzdem nicht. Verwaltung und Politik fehlt bei Schulen, Klimaschutz und Stadtschulden der Mut wichtige Weichen für diejenigen zu stellen, die zukünftig in der Stadt leben werden. Die Stadtpolitik hat die nachfolgenden Generationen weiterhin nicht ausreichend im Blick.

Unsere Kinder und Enkel erwarten städtische Schulen- und andere Bildungseinrichtungen, in denen ihnen alle Qualifikationen für beste Lebensperspektiven vermittelt werden und die es jedem Kind ermöglichen, sein maximales Potential an Fähigkeiten zu entfalten. Weiterhin wollen die nachfolgenden Generationen in einer Stadt mit einem zeitgemäßen Stadtbild und hoher Lebensqualität leben, in der ihre Lebensgrundlage nicht durch die Folgen eines Klimawandels gefährdet werden. Sie gehen zudem nicht davon aus, dass ihnen von Eltern und Großeltern Milliarden Schulden aufgebürdet werden, die ihrer Generation jeden Spielraum nehmen ihre Zukunft frei zu gestalten.

Das Wohl zukünftiger Generationen sollte in der Stadt mehr Gewicht haben

Nach Ansicht der STATDGESTALTER sollten die Erfüllung der genannten Bedürfnisse nachfolgender Generationen von der Stadt vorrangig verfolgt werden. Das kann nur gelingen, wenn die Stadt im Haushalt die notwenigen Finanzmittel bereitstellt, um die großen Defizite in den Bereichen Schule und Bildung, Klimaschutz sowie Stadtschulden nachhaltig anzugehen, also zusätzliche Gelder vorrangig in die genannten Bereiche investiert.

Über finanzielle Spielräume verfügt der Bochumer Haushalt durchaus. 280 Mio. erhält die Stadt Bochum für das Jahr 2022 mehr an Steuern und Zuweisungen als für 2013. Dazu müssen 27,6 Mio. weniger für Zinsen auf die Stadtschulden ausgegeben werden als noch vor 9 Jahren.

Allerdings gab es 2013 noch im Saldo von Zuschüssen und Überschüssen ein Defizit von 125 Mio., während im Haushalt 2022 ein Überschuss von 3 Mio. ausgewiesen wird. Zieht man von den 307,6 Mio. zusätzlichem Geld aus Steuern und Zuweisungen sowie Zinseinsparungen den Betrag von 128 Mio. ab, stehen im Haushalt von 2022 real immer noch rd. 180 Mio. mehr für Aufwendungen zur Verfügung als noch 2013.

Falsche Prioritäten

Diese zusätzlichen Mittel fließen insbesondere in zwei Bereiche: Mehr Verwaltungspersonal und zusätzliche soziale Hilfen.

Zum einen wächst der Personalaufwand unaufhörlich, weil immer mehr Stellen geschaffen werden. Arbeiteten 2013 noch 6.059 Menschen für die Stadt werden es 2022 in der Gesamtverwaltung 370 Beschäftigte mehr sein (6.429). Das bedeutet der Personalaufwand steigt in nur 9 Jahren um fast 80 Mio., von 280 Mio. 2013 auf 359 Mio. 2022. Das zeigt sich besonders im Bereich Sicherheit und Ordnung, in dem die Ausgaben um 23,2 Mio. anwachsen.

Zum anderen stieg der jährliche Aufwand für soziale Hilfen im Bereich Kinder, Jugend- und Familie und über 60 Mio. Euro.

Um etwas mehr als 10 Mio. werden die jährlichen Aufwendungen in den beiden Bereichen Kultur und Wissenschaft sowie Natur- und Landschaftspflege bis 2022 gestiegen sein.

Für den Bereich Schulträgeraufgaben sollen 2022 dagegen sogar fast 2 Mio. Euro weniger ausgegeben werden als 2013.

Die Fraktion „Die PARTEI & Die STADTGESTALTER“ hatte für die Bereiche Schulen und Bildung, Klimaschutz sowie Schuldenabbau jeweils eine jährliche Erhöhung von jeweils 20 Mio. Euro vorgesehen (Änderungsantrag 20211700).

Schule und Bildung bleibt Stiefkind der Bochumer Politik

Die Stadt folgte dem Vorschlag der Fraktion (Änderungsantrag 20211700) nicht. So sine auch im Haushalt 2022 sind also nicht die erforderlichen Mittel zu finden, die nötig sind, um die Schulpolitik auf neue Füße zu stellen, besonders um sicher zu stellen, dass jedes Kind in Bochum unabhängig von seinem sozialen und finanziellen Hintergrund, einen guten Schulabschluss erreichen kann. Die Stadt will weder mehr Lehrkräfte einstellen, wie von der Fraktion „Die PARTEI & Die STADTGESTALTER“ vorgeschlagen, noch das erforderliche Geld bereitstellen, um die Schulen optimal auszustatten und die Schulgebäude endlich baulich in den erforderlichen Zustand zu bringen. Auch die Investitionen sind nach wie vor viel zu niedrig. Es wird kaum mehr getan als was durch Fördermittel von Land und Bund finanziert wird.

So wird man die wachsende Armut in den abgehängten Stadtteilen nicht stoppen können, ebenso wenig wie die Zunahme sozialer Transferleistungen (u.a. Sozialhilfe, Harz IV, Wohngeld, Jugendhilfe usw.). Der Zusammenhang, das zunehmende Armut letztlich insbesondere aus zu geringer schulischer Bildung folgt, wird weiter von der Stadtpolitik ignoriert. Dass die Langzeitarbeitslosen zum ganz großen Teil über keinen Schulabschluss oder viel zu geringe schulische Qualifikationen verfügen und entsprechend auch die erforderlichen Berufsabschlüsse fehlen, wird nicht wahrgenommen. Auch wird verdrängt, dass fehlende Bildung letztlich die Zahl der Transferleistungsempfänger weiter steigen lassen wird, ebenso wie die damit verbundenen jährlichen städtischen Aufwendungen. Die ungebremste Fortsetzung dieser Entwicklung wird ebenfalls voll zu Lasten zukünftiger Generationen gehen.

Die Klimaschutzziele werden ohne mehr Geld für die Verkehrswende nicht erreicht werden können

Um die Lebensgrundlagen der nachfolgenden Generationen nicht zu gefährden muss Bochum seinen Teil in Sachen Klimaschutz leisten. Ausgegeben hat die Stadt selbst das Ziel bis 2035 klimaneutral zu sein. Wie dieses Ziel insbesondere im Verkehr ohne massive Investitionen in den ÖPNV und den Radverkehr erreicht werden soll bleibt offen. Auch hier hatte die Fraktion „Die PARTEI & Die STADTGESTALTER“ vorgeschlagen jedes Jahr jeweils 20 Mio. zusätzlich für ein „Sonderprogramm Verkehrswende“ bereitzustellen (Änderungsantrag 20211700).

Im Bereich Verkehrsflächen und -anlagen, ÖPNV sind in den letzten 9 Jahren die Ausgaben pro Jahr um lediglich 8 Mio. Euro gestiegen. Das reicht niemals, um das Ziel der Verkehrswende zu erreichen. Die zu diesem Zweck eigentlich unverzichtbaren Finanzmittel werden nach dem Willen der Stadt auch im Haushalt 2022 nicht bereitstehen.

Die Finanzmittel werden niemals reichen, die Kundenzahl bei Bus und Bahn wie geplant bis 2040 zu verdoppeln. Wo sollen die schnellen und direkten Bahnlinien herkommen, die erforderlich sind, um den Einwohner*innen ein attraktives Netz zu bieten, auf das sie umsteigen sollen? Da es bereits an Ideen und Planungen fehlt um ein attraktives ÖPNV-Netz zu schaffen, wird auch im Haushalt 2022 für entsprechende Projekte kein Geld bereitgestellt.

Eine Verkehrs- und Mobilitätswende kann nicht gelingen, wenn es an Bereitschaft und Mut fehlt. die nötigen Mittel dafür aufzuwenden. 39% des CO2 in der Stadt wird durch den Verkehr erzeugt. In diesem Bereich liegt der größte städtische Handlungsbedarf. Doch die fehlenden Gelder zeigen, so groß wie immer von der Stadt verkündet, ist das Interesse an Klimaschutz dann offenbar doch nicht. Zwischen Worten und Taten liegen Welten.

Kindern und Enkeln eine überschuldete Stadt hinterlassen, darf keine Option sein

Auch im Bereich der Tilgung der Altschulden bleibt der Haushalt 2022 hinter den Erwartungen der Fraktion „Die PARTEI & Die STADTGESTALTER“ deutlich zurück. Die Fraktion hatte in ihrem Antrag aus Mai eine jährliche Tilgung von 20 Mio. vorgeschlagen (Änderungsantrag 20211700), um insbesondere die Kassenkredite weiter abzubauen.

Knapp 1,8 Mrd. Schulden hat die Stadt bis heute angehäuft. Da die Zinsen die dafür gezahlt werden aktuell bei nahe Null liegen, bemerkt die Stadt diese riesige Last bislang kaum, doch irgendwann werden die Zinsen steigen und die dann fälligen Zinszahlungen werden der Stadt alle finanziellen Spielräume nehmen (Die tickende Zeitbombe im Rathauskeller).

Die angehäuften Schulden, weil Bochum über Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt hat, werden nachfolgende Generationen zurückzahlen müssen. Das wir die Handlungsspielräume, ihre Zukunft frei zu gestalten, erheblich einschränken, um so einschneidender, je höher die Zinsen in Zukunft sein werden.

Die unkontrollierte Zunahme der Personalaufwendungen muss gestoppt werden

Zwar sieht der Haushalt 2022 keine neuen Schulden vor, allerdings legt er die Grundlage für neue, denn Verwaltung und Bürokratie sollen weiter ungebremst wachsen Der Stellenzuwachs von fast 315 Stellen allein 2022 wird die Personalaufwendungen in den nächsten Jahren explodieren lassen. Die jährlichen Ausgaben für das städtische Personal werden Höhen erreichen, die schon in wenigen Jahren ohne zusätzliche Schulden kaum mehr auszugleichen sein werden. Bereits von 2021 auf 2022 werden die Personalausgaben für die Verwaltung um 37 Mio. wachsen.

Die Fraktion „Die PARTEI & Die STADTGESTALTER“ will die Personalaufwendung wieder auf das Niveau von 2018 zurückführen. In Haushalt des entsprechenden Jahres lagen die Aufwendungen für Personal inklusive Zuführung Pensionsrückstellungen noch unter 300 Mio. Euro. Die Fraktion sieht im Personalbereich statt der geplanten Erhöhung um 37 Mio. mittelfristig ein Einsparpotential von 35 Mio. pro Jahr auf Basis von 2021.

Weitere Einsparpotentiale bei Projekt- und Fördermittelmanagement sowie der Steigerung der Effizienz in allen Produktbereichen

Die Fraktion „Die PARTEI & Die STADTGESTALTER“ sieht weitere Potentiale zur Einsparung von mindestens 25 Mio. pro Jahr durch eine Verbesserung von Projekt- und Fördermittelmanagement sowie gezielte Bemühungen zur Steigerung der Effizienz in allen Produktbereichen.

Leider fehlen Politik und Verwaltung sowohl Wille wie Mut, bereits heute die Verwaltung effizienter zu organisieren um für die Zukunft, die Ausgaben zu senken, statt zu erhöhen und so finanzielle Spielräume zu schaffen, um die Altschulden abzubauen und in die genannten Zukunftsprojekte zu investieren.

Bedürfnissen zukünftiger Generationen wird zu wenig Beachtung geschenkt

Statt das Geld vorrangig in die genannten Bereiche zu stecken, wird die Verwaltung weiter aufgebläht. Dazu wird dem Verlangen nach einer besseren finanziellen Ausstattung in anderen Bereichen nachgegeben. Es fehlt eine Priorisierung der Bereiche, die für das Leben zukünftiger Generationen vorrangig sind.

Die von der Fraktion „Die PARTEI und STADTGESTALTER“ bereits im Mai eingeforderte Kehrtwende in der Zielsetzung bei den städtischen Ausgaben findet sich im Haushalt 2022 nicht wieder. Der Politik fehlt die Bereitschaft in den Bereichen Schulen und Bildung, Klimaschutz sowie Schuldenabbau radikal umzusteuern. Der Haushalt 2022 gibt den Bedürfnissen der jungen Menschen und zukünftiger Generationen kaum Gewicht. Der Haushalt setzt leider den bisherigen Zustand fort, bei dem heutige Generationen auch weiterhin auf Kosten der zukünftigen leben,

Einem Haushalt, der nicht generationengerecht ist, da er den Bedürfnissen unserer Kinder und Enkel nicht ansatzweise gerecht wird, können und werden die STADTGESTALTER im Rat nicht zustimmen.

Bild: Tim Reckmann

24 Okt

Plädoyer für attraktive Schwimmbäder

Das Wort ist der Schatten der Tat. Wenn man die Bochumerinnen und Bochumer fragt, wie wichtig der Erhalt der Bäderstandorte in Bochum ist, ergießt sich ein Strom von Superlativen. Grundsätzlich, ganz speziell und überhaupt – wie wichtig doch die Bäder fürs Soziale, für die Kinder, für die Erinnerungen und für den Weltfrieden sind. Fragt man dann, wann denn zuletzt ein Bäderbesuch der eigenen Familie anstand, verebbt das Gespräch. Die Bochumer Bäder, allen „Virtue Signalling“ zum Trotze, locken seit Jahrzehnten niemanden mehr hinter dem Ofen vor. Zeit, dass die Bochumerinnen und Bochumer für ihre Millionen Euros auch ein zentrales modernes Bad bekommen und sich die Politik aus dem Stockholm-Syndrom befreit.

Das Absinken der Besucherzahlen lässt sich nicht mit der schlimmsten aller Jugendgenerationen (also immer die jeweils Aktuellste und nie die Eigene), die sich mit chipsverklebten Händen nur noch an Konsolen klammert, erklären. Das Besucheraufkommen sinkt nicht erst seit Kurzem, sondern kontinuierlich seit den frühen 1990ern. Die letzten drei Jugendgenerationen hielten und halten es bei unseren Bädern mit Christian Drosten: „Ich habe Besseres zu tun.“

Wenn die Jugend sich lieber ihre Knochen auf dem Skateboard bricht, dann sollte doch gerade der chlorvermengte Fliesentisch-Charme die Polaroid-Erinnerungen an Kaugummiautomaten, Schoko-Zigaretten und „Braunen Bären“ zum Leben erwecken – Die Masse der verträumten und gut situierten Vergangenheitsromantiker also wie ein Magnet anziehen? Nein. Auch wenn Klamotten und Musik regelmäßig ihr Retro-Comeback feiern, gilt das für die Bochumer Bäder nicht. Dabei ist das Feeling original Vintage, denn die Bäder wurden nie wirklich erneuert. Die Zeitmaschinen in die 70er Jahre werden aber kaum genutzt.

Weder die älteren noch die jüngeren Generationen besuchen die Bochumer Bäder. Dann wird Corona sicher ein Grund sein? Das können wir schnell abhandeln: Der Besucherrückgang fand nach den großen Pockenimpfungen und vor der Corona-Prävention statt.

Aber klar, alles wird teurer. So ein Bäderbesuch kostete in der Erinnerung 50 Pfennig und dann war immer noch eine kleine gemischte Tüte drin. Heute wird man da sicher 30 Euro los. Jaein. Der ganze Tag im Frei- oder Hallenbad kostet ohne Ermäßigung zwischen 3 EUR und 4,50 EUR pro Person, Kinder unter 6 sind kostenfrei und Familien bekommen zusätzlichen Rabatt. Die wahren Kosten liegen allerdings schon in der Sphäre der 30 EUR. Das klaffende Loch wird seit Jahren fleißig mit öffentlichen Geld zugeschüttet. Sieht ja niemand. 2019 waren es 9 Millionen EUR, die die Bochumer WasserWelten drauf zahlen mussten, für 2030 prognostiziert die Kämmerin 13 Mio. EUR.

Würde man für einen Besuch die rund 30 Euro aufrufen, dann würden die Menschen zu recht darauf pochen, dass man dafür woanders ja ein super Spaß-, Sport-, Freizeit- und Familienbad mit Rutschen, Sauna und Cocktailbar bekommen könnte. Ja. Ganz genau so ist es. „Dafür zahl ich nicht“, wäre die Konsequenz. Aber die Wahrheit ist: Dafür zahlen wir alle. Die Allgemeinheit zahlt nicht nur für ein schlechtes Angebot, sondern sogar für ein Angebot, dass sie gar nicht wahrnimmt.

Aber auch die Parteien sind vom Stockholm-Syndrom betroffen. Im letzten Landtagswahlkampf wurde das Höntroper Bad vom heutigen SPD-Fraktionsvorsitzenden der Ratsfraktion und dem wahlkämpfenden Landtagsabgeordneten aus Wattenscheid in einer großen Pressekonferenz direkt am Kassenhäuschen gerettet. Hurra. Geöffnet wurde das Höntroper Bad aber bis heute nicht. Im Gegenteil. Das Hallenbad wurde abgerissen der Freibatteil gammelt weiter vor sich hin und die Rathauskoalition aus Grünen (Die einen anderen Standort wollen) und SPD (Die das Bad ja eigentlich schon mal gerettet hat und nun noch mal retten will – aber diesmal wirklich, versprochen!) ist sich öffentlich uneins.

No offense, Grüne und Genossen – Auch die anderen Parteien machen keine gute Figur in diesem Wasserballett. Zuletzt überschlugen sich Linke, CDU und UWG, wer nun nach der SPD das Höntroper Bad als Nächster retten darf. Der Linken wird vielleicht der nüchtern angegammelte sozialistische Charme das Herz erwärmen und CDU sowie UWG wollen eh, dass Alles wieder so wird, wie es früher schon nicht war.

Realistischer trat da unter Anderem die FDP auf. Der Vorschlag, einige Bäder in die Hand von Bürgervereinen zu geben, ist interessant. Die Standorte, für die sich ausreichend Interesse in der Bürgerschaft findet, könnten in Form einer Publicity-Private-Partnership erhalten bleiben Stichwort Genossenschaft. Dies lässt sich auch mit dem innovativen Vorschlag der STADTGESTALTER, die ein Zentralbad mit einem breiten Spaß-, Familien- und Sportangebot neu bauen wollen (Spaßbad am Westkreuz, Schulschwimmbad am Kortumpark), produktiv verschränken. So erreicht man einen echten Reset in der Bäderpolitik und kann ein neues Angebot angepasst an die tatsächlichen Besucher*innenbedürfnisse in einer Zwei-Säulen-Struktur aus Zentralbad der WasserWelten und den Standorten der Bürgerbäder aufziehen.

Am Ende geht es nicht darum, Bäder kaputt zu sparen – das wurde die letzten Jahrzehnte über schon gemacht – sondern die hohen finanziellen Mitteln für ein neues Angebot einzusetzen, das von den Bürgerinnen und Bürgern auch wirklich wieder angenommen wird. Die Idee der STADTGESTALTER orientiert sich dabei an zentralen und verkehrlich gut angebundenen Konzepten, die mit Rutschen und Beach-Flair locken und zu denen die Massen beständig pilgern. Bochum ist es wert, dass es für die Millionen Euro auch ein entsprechendes Produkt geliefert bekommt.

Eins ist aber klar: Der Standort-Fetisch der Mehrheit in der Kommunalpolitik führt irgendwann dazu, dass wir in Bochum weiter alle Standorte geöffnet halten – ganz egal ob da auch nur noch ein Besucher oder eine Besucherin drin schwimmt oder nicht. Hauptsache, das Höntroper Bad wurde passend zur nächsten Wahl wieder mal gerettet.

DH

15 Aug

Bochum die Zombiestadt? Die tickende Zeitbombe im Rathauskeller

Während Politik und Verwaltung in den oberen Etagen rödeln und die Bochumerinnen und Bochumer ihrem Tagewerk nachgehen, tickt in den Tiefen des Rathauskellers eine stattlich aufgetürmte Zeitbombe. Kaum jemand redet noch über Bochums milliardenhohen Schuldenberg, auf dem die ganze Stadt entspannt sitzt und ruhig zu schlafen scheint. Klickt ein Kugelschreiber in Frankfurt, detoniert in Bochum der Sprengsatz. Zurückzahlen wird die Stadt diese Summen niemals. Sollte der Leitzins steigen, so sackt die Finanzierung des Haushaltes mit kurzer Latenz in sich zusammen. Allein ein Altschuldendfonds wäre ein Ausweg.

Die Schulden der Stadt setzen sich aus zwei Kreditarten zusammen, die auch Privatpersonen so oder so ähnlich kennen. Es gibt die regulären Kredite, die zur dauerhaften Finanzierung abgeschlossen werden. Privatpersonen kennen dies als Privatkredit, Autokredit oder auch als Baufinanzierung. Dazu kommt der Dispokredit, bei dem man als Privatmann (oder -Frau) sein Konto kurzfristig zur Deckung von vorübergehenden Engpässen überziehen kann. Bei der Stadt heißt der Dispokredit etwas anders, nämlich Kassenkredit.

1, 8 Milliarden Schulden hat die Stadt Bochum

Die gesamten kommunalen Schulden Bochums belaufen also auf rund 1,8 Milliarden Euro, 710 Millionen davon sind Kassenkredite. Man müsste die 86 Einkommensmillionäre, die es in Bochum gibt (Stand 2017, IT NRW), also überzeugen, ihre gesamten Einkünfte für die nächsten 21 Jahre vollständig an die Kämmerin zu spenden, um auf Plus-Minus-Null zu kommen. Wäre die Stadt ein überschuldeter Privathaushalt, dem die Kredite gekündigt würden, so hätten die Bürger*innen als Bürgen noch heute pro Kopf 4.867 EUR (Stand 31.03.2021) an die Gläubiger zu überweisen.

Zwar wird auch in diesem Jahr wieder eine frohe Botschaft verkündet werden, nämlich ein Jahresüberschuss von 48,6 Mio. EUR (Jahresabschluss 2020), aber gemessen an den Gesamtschulden ist dies nicht nur a) der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, b) tatsächlich durch die Coronakosten von 50,4 Mio. EUR, die über das nächste halbe Jahrhundert abgestottert werden müssen, aufgefressen und c) nicht durch eine strukturelle Leistung der städtischen Finanzplanung erzielt worden.

Die Folgen von Zinserhöhungen wären fatal für die Stadt

Die dickste Pauke in dem Jahresabschluss-Orchester der klingenden Sektgläser steuert nämlich der kryptische Posten „Allgemeine Finanzwirtschaft“ bei. Als die längerfristige Finanzplanung der Kämmerei aufgestellt wurde, da waren die geringen Zinsen noch nicht absehbar. Wenn man milliardenschwere in der Kreide steht, dann macht jedes Prozent „den Kohl fett“. Es kommt daher sehr gelegen, dass die EZB seit Jahren auf Zinsen verzichtet. Geld bei der Zentralbank kostet den Geschäftsbanken also Null, Nichts, Nada. “Der Zins ist abgeschafft”, kommentierte dies Anfang 2021 der Präsident des hessischen Sparkassen- und Giroverbands.

Nun ist dies kein Gefallen des damaligen EZB-Chefs Drahgi an den heutigen Bochum-Chef Eiskirch. Ziel war und ist vielmehr, dass die Geschäftsbanken den Unternehmen günstigere Kredite offerieren können und so mehr investiert und konsumiert werden kann. Dies ist eine geldpolitische Maßnahme, um einen Kollaps der Wirtschaft im Zuge der Finanzmarkt- und Eurokrise zu verhindern. Dieses günstige Angebot nehmen aber auch die Kommunen gerne mit.

Doch wie lange dauert der Ausflug ins Schlaraffenland? Die Niedrigzinspolitik der EZB wird irgendwann ein Ende haben müssen. Der Immobilienmarkt gilt jetzt schon als überhitzt, weil Anleger in Betongold flüchten. Die Altersvorsorge der Kleinsparer wird weiter aufgefressen. Die Inflation in Deutschland hat aktuell mit 3,8% den höchsten Wert seit 1993 erreicht. Im Vorbericht des Bochumer Haushaltes 2020/2021 war bereits von Seiten der Kämmerei die Rede davon, dass sich „die Zeichen für eine Zinswende mehren“.

Sollte die EZB in Frankfurt eine Wende vollziehen, dann hat dies massive Auswirkungen. Unternehmen und Banken, die allein aufgrund der expansiven Geldpolitik noch Puls haben, gelten als Zombies. Steigt der Zins, dann geraten diese alpengroßen Risiken ins Wanken. Auch Bochum könnte man zu der Gattung der Zombies zählen – Aber zu den besonders langsamen Zombies. Die Kämmerei versucht mit ihrem Schuldenmanagement die niedrigen Zinsen so weit es geht zu sichern. Im Vergleich zu Zinssicherungen, die man von seinem Baukredit kennt, bei denen Linien gut und gerne mehr als 15 Jahre laufen, gelten langfristige Zinssicherungen bei Kommunen schon ab 5 Jahre. So sind 95% der Kommunalkredite über 5 Jahre gesichert. Wie lange diese genau gesichert sind, darüber schweigt sich der Bericht zum Schuldenmanagement aus. Bei den teuren Kassenkredite sind mehr als die Hälfte unter 5 Jahre Zinsbindung laufend. Ein Durchschlagen der Zinsen wird damit aber nur aufgeschoben, solange die Gefahrenquelle selbst, die hohen Schulden, nicht abgetragen wird. Im Zweifel dürfen die Folgen dann die künftigen Generationen schultern, denen auch schon die Klima-Kosten vererbt werden.

Lösung Altschuldenfond

Wird die Stadt diese Schulden zurückzahlen? Nein. Auch wenn OB Eiskirch sagte, „die Stadt kommt nun mit dem Geld, das sie einnimmt, wieder aus“, wird davon nicht ein Heller oder Pfenning der Schulden getilgt. Allein ein Altschuldenfonds, bei dem sich höhere politische Ebenen an der Rückzahlung der kommunalen Schulden beteiligen, ist ein realistisches Szenario.

Immerhin ist es in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen, dass Kommunen bankrott gehen. Amerikanische Horrornachrichten über zahlungsunfähige Kommen, wie im Falle New Yorks im Jahre 1975, und einen Government Shutdown wird man hierzulande nicht lesen müssen. Zwar kann man so noch beruhigt die Türe aufmachen, wenn es klingelt, weil man nicht mit Moskau Inkasso rechnen muss – Wer aber denkt, dass die Schulden so keine Auswirkungen auf sein Leben hätten, der schneidet sich Zentimeter tief ins eigene Fleisch. Viele Ausgaben, die noch in die Bereiche Straßenerhaltung, Radwegeausbau, Schulausstattungen, Schwimmbäder und KiTa-Ausbau sowie in den sozialen Bereich fließen, werden dann in die Kassen der Banken flattern.

DH

01 Aug

Bochum braucht für benachteiligte Stadtteile echte finanzielle Hilfe statt Symbolpolitik

Knapp 7 Mio. Euro erhält Bochum vom Land NRW um den Niedergang von fünf Stadtteilen zu stoppen. Ein lächerlich geringer Betrag, mit dem nichts Durchgreifendes bewirkt werden kann. Die Freude Bochumer Politiker*innen über diesen “Geldsegen” erscheint unangebracht.

So funktioniert Symbolpolitik, das Land lobt Jahr für Jahr eine auf den ersten Blick hohen Millionenbetrag an Mitteln für Städtebauförderung aus (Städtebauförderung 2021: 368 Mio.), der dann auf Projekte der 214 Städte und Gemeinden des Landes verteilt werden. Das ermöglicht im ersten Schritt eine medienwirksame Ankündigung des scheinbaren Geldsegens und dann im zweiten eine symbolische Übergabe der Millionen-Zuwendungsbescheide vor Ort, bei der sich Ministerin wie Lokalpolitiker*innen auch bildlich gegenüber den Wähler*innen als Segensbringer*innen in Szene setzen können. Dabei haben die Kommunen eigentlich nur Anträge gestellt, die dann erwartungsgemäß fast alle von der Bezirksregierung im zuvor avisierten Umfang bewilligt wurden (Bochum und der Förderirrsinn).

Städtebauförderung in homöopathischen Dosen

Dass der bewilligte Betrag eigentlich zu gering ist um damit Nennenswertes zu erreichen, wird im Rahmen der politischen Inszenierung gekonnt überspielt, Sieht man nur die reine Zahl, geht es um “Millionen”. 7 Millionen hört sich viel an, ist aber tatsächlich lächerlich wenig. Über 1.500 Mio. umfasst der Haushalt der Stadt Bochum, da sind 7 Mio. nicht mal ein halbes Prozent. Dazu müssen die 7 Mio. auf fünf Stadtteile aufgeteilt werden (Wattenscheid, Laer, Hamme, Werne/LA_Alter Bahnhof und Innenstadt). In allen fünf Stadtteilen besteht dringender Handlungsbedarf, um die negative Entwicklung der letzten Jahre zu stoppen.

Schaut man sich an, welche Summen wirklich erforderlich wären, um den Niedergang der fünf Stadtteile zu stoppen, dann stellt der Betrag nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein dar, der schon verdunstet ist, ehe er überhaupt auf dem Stein auftrifft. Das wird auch an den konkreten Maßnahmen deutlich, die mit dem Geld gefördert werden sollen (Städtebauförderprogramm 2021)). Zwar sind diese Projekte für sich gesehen allesamt wichtig und richtig, sie sind aber nicht im Ansatz geeignet, die negative Entwicklung der Stadtteile aufzuhalten. 62% der 7 Mio. Fördermittel entfallen auf nur zwei Projekte: In Wattenscheid fließen 2,5 Mio. in das Haus für Musik, Kunst und Kultur der Musikschule, in Laer 1,85 Mio. in die Aufwertung des Spiel- und Bolzplatzes an der Grundschule.

Städtebauförderung Bochum 2021

Diese Projekte sollen den Niedergang ganzer Stadtteile stoppen? Wohl kaum, dafür sind andere Maßnahmen in ganz anderen Dimensionen erforderlich. Um die Stadtteile wieder vorzeigbar zu machen, damit Menschen wieder gerne hinziehen, muss die Stadt grundlegende Sanierungs- Modernisierungsmaßnahmen auf den Weg bringen. In Wattenscheid müsste die Innenstadt, in Laer der Bereich um den Lahiri-Platz grundlegend neugestaltet werden. Das beides zusammen würde nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 100 Mio. Euro kosten. Angesichts dieser Aufgabe und Herausforderung, wirken die beiden geförderten Projekte wie zwei Sandkörner in der Wüste.

Von den insgesamt 7 Mio. entfallen auf die Stadtteile Hamme und Innenstadt jeweils rund 520 und 560 TEuro, das ISEK-Gebiet Werne/LA-Alter Bahnhof bekommt sogar nur 330 TEuro. Das ist kaum mehr als Städtebauförderung in homöopathischen Dosen.

Geförderte Maßnahmen sind fragwürdig

Zudem ist die Mittelverwendung fragwürdig. In Wattenscheid, Hamme und Innenstadt fließt ein wesentlicher Teil der Mittel in so genannte “Hof- und Fassadenprogramme”, in Fachkreisen auch Potemkinsche-Dörfer-Programme 2.0 genannt. Mit einem Teil dieser Gelder streichen jene Immobilienbesitzer*innen ihre Fassaden, die das sonst auch ohne staatliche Förderung getan hätten, ein anderer Teil macht die Fassade und den Hof schön, substanziell aber ändert sich an den Gebäuden sonst nichts, eine bisher nicht geplante grundsätzliche Sanierung und Modernisierung wird durch solche Programme eher selten angestoßen. So wird das Stadtbild zwar punktuell für ein paar Jahre aufgehübscht, eine nachhaltige und dauerhafte Wirkung ist jedoch nicht zu erwarten.

Die Städtebauförderung NRW ist letztlich nicht mehr als ein typisches Instrument aus dem Werkzeugkasten der Symbolpolitik, mit dem sich die Politik gegenüber den Wähler*innen mit Aktionismus profilieren möchte. Wollte man in NRW wirklich die negative Entwicklung in bestimmten Teilen des Ruhrgebietes von Marxloh, Altenessen, Dortmunder Nordstadt bis Wattenscheid-Mitte aufhalten, dann wäre ein auf diese Stadtteile fokussierter Mitteleinsatz in einer ganz anderen Dimension erforderlich.

Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“

Das ist der Stadt Bochum durchaus bewusst, weshalb sie sich am Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ beteiligt, das unter dem Motto “Not der Städte in NRW endlich beenden: Für Zukunftspakt & gleichwertige Lebensverhältnisse” eine Finanzausstattung der Kommunen mit eigenem Geld fordert, die es unter anderem ermöglicht, dass die Kommunen die negativen Entwicklungen in den benachteiligten Stadtteilen mit eigenen Haushaltsmitteln beenden können und den Städten die Bettelei um Brotkrumen wie bei der Städtebauförderung erspart bleibt.

Angesichts des Engagements der Stadt im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ ist jedoch erstaunlich, dass der Oberbürgermeister die Zuweisungsbescheide für die in jeder Hinsicht unzureichenden Fördermittel ohne ein Wort der Kritik aus den Händen der Ministerin entgegennahm und sich die Stadt in einer Pressemitteilung nicht kritisch, sondern überschwänglich erfreut über die Mittelzuweisung zeigte (Pressemitteilung Stadt Bochum 29.07.21).

Mut für klare Worte gegenüber der Ministerin fehlte

Der Übergabetermin wäre ein Anlass für klare Worte gegenüber der Ministerin gewesen. Die Stadt hätte deutlich auf die Lage der sich in Not befindlichen Stadtteilen hinweisen können. Angesichts der ungenügenden Zuwendungen wäre es nötig gewesen nachdrücklich auf die Forderung der Stadt nach einer angemessene Finanzausstattung hinzuweisen, um Bochum wieder in die Lage versetzen aus eigener Kraft gleichwertige Lebensverhältnisse in der ganzen Stadt herzustellen. Leider fehlte für ein deutliches Statement der Mut. Stattdessen ließen sich Politiker*innen der Stadt für die Symbolpolitik des Landes einspannen und stellten sich lächelnd für ein Foto mit der Ministerin auf.

Gegen deutliche Worte gegenüber der Ministerin kann eingewendet werden, dass zu befürchten ist, dass die Stadt Gefahr liefe, bei der nächsten Vergabe von Städtebaufördermitteln dafür mit ein paar Millionen weniger abgestraft zu werden. Dieses Risiko besteht. Das Ziel aber sollte sein auf Dauer eine angemessene Finanzausstattung zu erreichen. Das wird nur gelingen, wenn alle betroffenen Städte klare Kante zeigen und sich nicht bereits wegen ein paar Millionen mehr oder weniger für die Symbolpolitik des Landes vereinnahmen zu lassen.

24 Jun

Wo steht Bochum nach dem Ende des Lockdown?

Geht man in diesen Tagen durch die Bochumer Innenstadt, dann schaut es fast so aus, als sei alles so wie vor der Krise, nur die vielen Menschen mit Masken weisen darauf hin, dass die Normalität doch noch nicht zurückgekehrt ist. Was sind die Folgen der Corona-Krise für Bochum? Was kommt noch auf die Stadt zu?

Halten Einzelhandel, Gastronomie und Veranstalter durch?

Mit Maske Bummeln und Shoppen gehen? Da halten sich doch viele zurück. Nicht wenige, die bisher mit Online-Shopping wenig am Hut hatten, haben in der Krise das Einkaufen im Internet zu schätzen gelernt. Diese Effekte werden sich nur begrenzt zurückdrehen lassen. Die negative Entwicklung im Einzelhandel vor Ort in Bochum wird sich beschleunigen. Es wird zu weiteren Geschäftsaufgaben kommen. Zwar tut sich vieles in der Bochumer Innenstadt, das positive Effekte haben wird, wie die Erneuerung der Plätze, wie Husemannplatz und hoffentlich auf Rathausplatz, Markthalle, Haus des Wissens und die Anbindung der City an den Radschnellweg. Doch bis diese Projekte umgesetzt sind und Früchte tragen, dauert es noch bis mindestens 2023.

Es wird sich rächen, dass die Politik in Bochum in Sachen Innenstadtaufwertung viel zu spät den Schalter von autogerechter zu lebenswerter Innenstadt umgelegt hat. Die positiven Effekte der lauenden Innenstadtprojekte wird für einige, hoffentlich nicht für viele, Einzelhändler zu spät kommen.

Die Folgen für Gastronomen und Veranstalter werden noch deutlich dramatischer ausfallen. Ein Drittel des Umsatzes in der Innenstadt wird schon heute von der Gastronomie erwirtschaftet. Die weiter bestehenden Maßnahmen, beschränken die Zahl der Kunden und halten sie vom Besuch von Kneipe und Restaurants ab. Es fehlen die Veranstaltungen, nicht nur im Bermudadreieck, die sonst Innenstadtbesucher auch in die Gastronomie locken. Zu erwarten ist, dass auch hier eine Reihe von Betrieben aufgeben wird. Noch nicht absehbar ist, ob sich langfristig neue Betriebe mit gleicher Anziehungskraft finden werden, wenn sich die Lage wieder vollständig normalisiert hat. Auch ist offen, ob Strukturen, wie sie das Bermuda3Eck aufweist, durch den wirtschaftlichen Einbruch nachhaltig geschädigt werden. Können entstehende Leerstände wieder in gleicher Qualität besetzt werden, werden sich Lücken auftun oder werden diese vermehrt durch Betriebe ersetzt, die der Anziehungskraft des 3Ecks nicht zuträglich sind, Stichwort Shisha Bars?

Wird es bald wieder Veranstaltungen wie Bochum Total geben, die den Ruf von Bochum in der Vergangenheit sehr positiv geprägt haben 2021 wieder geben oder fehlt den Veranstaltern in Zukunft die wirtschaftliche Kraft diese zu stemmen?

02 Jun

Freibäder zu Bürgerbädern

Man stelle sich Folgendes vor: Die Freibäder in Bochum und Wattenscheid öffnen am 23. April und schließen erst wieder am 10. September. Jeden Tag der Woche sind die Bäder von 9.30 bis 19.30 Uhr geöffnet – zuverlässig und unabhängig vom Wetter. Frühschwimmer sind montags bis freitags zwischen 5.30 Uhr und 8.15 Uhr willkommen. Und im Juni, Juli und August sind die Bäder dazu an jedem Freitag bis 21 Uhr geöffnet.

Selbstverständlich kann man in den Bädern auch Fußball, Beachvolleyball (Je 2 Plätze) und Boule spielen. Es gibt einen großen, modernen Spielplatz und jeden Freitag ein Open-Air-Kino.

Leider nur ein Traum. In anderen Städten ist das dargestellte Szenario hingegen Wirklichkeit, in Bochum und Wattenscheid leider nicht. Die beschriebenen Verhältnisse genießen die Bürger von Schwerte im Elsebad (Elsebad Schwerte). Auch wird es nicht von städtischen Bürokraten geführt, sondern von engagierten Bürgern selbst betrieben.

Trotzdem die Bäder in Bochum marode sind, schlechter ausgestattet und immer wieder für längere Zeit wegen Reparaturen geschlossen sind, sind sie dazu sogar noch verhältnismäßig teuer. Bei uns kostet die Tageskarte 4,50 Euro, im Elsebad 3,50 Euro.

Stadt ist mit dem Betrieb der Bäder überfordert

Das Bädermanagement der Stadt ist eine Katastrophe. Trotz 33°, hatte am 29.05. in Bochum und Wattenscheid kein einziges Bad mit Freibereich geöffnet. Zwei sind wegen Schäden geschlossen (Linden, Höntrop), zwei machen Ruhetag (Hofestede, Langendreer) und die Freibäder öffenen erst am 01.06 (Südfeldmark) bzw. am 01.07. (Werne, Höntrop). Die Einwohner schwitzten und hätten in Scharen die Freibäder aufgesucht, die Stadt bleib untätig. Weiterlesen

29 Apr

Bezirksregierung entlarvt städtische Sparmaßnahmen als Luftnummern

Die Genehmigung des Haushaltes 2017 wird der Stadt nur unter Auflagen erteilt. Die Genehmigungsverfügung legt offen, dass die Bezirksregierung erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der städtischen Konsolidierungsbemühungen hat.

So heißt es in der Genehmigung, die Maßnahmen des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK 2017) können von der Bezirksregierung nur „unter Zurückstellung größter Bedenken“ akzeptiert werden, Weiter stellt die Bezirksregierung fest, dass sich das Haushaltssicherungskonzept 2017 teils „deutlich negativ verändert“ hat.

Im Haushaltssicherungskonzept, listet die Stadt die Maßnahmen auf, mit denen sie die städtischen Ausgaben senken oder die Einnahmen steigern will, damit spätestens 2020 keine Neuverschuldung mehr erforderlich wird.

Viele Konsolidierungsmaßnahmen sind nur heiße Luft

Bei den folgenden Maßnahmen hat die Bezirksregierung deutliche Zweifel, wie die Stadt die angegebenen Konsolidierungsbeträge realisieren will (Genehmigungsverfügung):

Geschäftsprozessoptimierung – Dadurch will die Stadt in den nächsten Jahren 1,428 Mio. pro Jahr sparen. Bisher gibt es in der Stadt aber gar kein Programm, mit dem Verwaltungsprozesse umstrukturiert werden sollen, damit noch in diesem Jahr der genannte Betrag eingespart werden kann. Weiterlesen

17 Dez

Die Zinsbombe tickt

Immer weiter schraubt der Grüne Kämmerer Busch die Kassenkredite in schwindelerregende Höhen. Waren es 2011 immerhin schon 650 Mio. wurden sie bis 2017 auf 1.200 Mio. erhöht. „Die Kassenkredite sind das Übel“, stellte der Kämmerer bereits 2013 selbst fest (WAZ vom 26.12.13). Jetzt, wo Finanzexperten die Zinswende ankündigen, werden die Kassenkredite zu einer tickende Zeitbombe.

Kassenkredite sind der Dispo der Städte. Sie werden jedoch seit Jahren missbraucht, um Haushaltslücken zu schließen. Eigentlich sollen die Kredite nur die Liquidität der Städte sichern, damit die städtischen Gehälter pünktlich ausgezahlt werden können und für die Stadt tätige Unternehmen und Handwerker fristgerecht ihr Geld erhalten. Für diesen Zweck sind bei einer Stadt wie Bochum eigentlich nur rd. 250 Mio. Liquiditätsreserve erforderlich (ein Sechstel der im Haushalt veranschlagten Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit). Der Rest der Kassenkredite besteht aus langfristigen Schulden, die statt durch langfristige Darlehnsverträge durch sich ständig ablösende Kurzfristkredite refinanziert werden.

Bei niedrigem Zinsniveau sind kurzfristige Kredite attraktiv. Entsprechend zahlt die Stadt heute ggü. 2012, trotz um fast 500 Mio. gestiegener Verschuldung, statt 93,5 Mio. nur noch 37,2 Mio. Zinsen. Die durchschnittliche effektive Verzinsung über alle städtischen Kredite ist so in nur 5 Jahren von 5,95% (2012) auf 1,79% (2017) abgesunken. Die glückliche Zinsentwicklung erspart der Stadt hohe zweistellige Millionenbeträge für Zinszahlungen, die sonst an anderer Stelle. insbesondere auch bei städtischen Leistungen für die Bürger, hätten eingespart werden müssen. Weiterlesen