06 Feb

Wie lässt sich das Stadtbild in Bochum und dem Ruhrgebiet verbessern?

Wilde Müllkippen, hässliche Graffiti, abgesifftes Pflaster, kaputte, zugeparkte Gehwege und abgegammelte, verbaute Gebäude. Bochum und das Ruhrgebiet sind an vielen Stellen schäbig. Es gibt viele Mängel beim städtischen Erscheinungsbild. Was ist zu tun, um das zu ändern?

Dem Ruhrgebiet sagt man keinen besonderen Sinn für Ordnung und Sauberkeit nach. Die Städte, wie Bochum, sehen an vielen Orten entsprechend aus. Zunehmend nervt das die Einwohner*innen und stößt auch Besucher*innen negativ auf. Der Anspruch auf Sauberkeit steigt

Immer mehr wird ein ansehnliches Stadtbild zu einem Markenzeichen moderner Großstädte. Auch im Wettbewerb um Arbeitskräfte ist das Erscheinungsbild der Städte ein wichtiger Faktor. Die Lebensqualität in ordentlichen, gepflegten, sauberen Städten wird höher bewertet als die in jenen, in denen man, wie im Ruhrgebiet, auf diese Dinge sichtbar bisher nur wenig Wert legt.

Wandel des Erscheinungsbildes langwierig und schwierig

Doch ein Wandel ist im Ruhrgebiet schwierig, denn es reicht nicht, dass mehr darauf geachtet wird, dass hässliche Graffiti umgehend übermalt werden und achtlos weggeworfener Müll schnell wieder aufgesammelt wird. Der Anblick vieler verbauter Ecken im Ruhrgebiet verbessert sich nur unwesentlich, wenn Schmierereien und Abfall fehlen, man denke an Friedrich-Ebert-Straße, August-Bebel-Platz oder Buddenbergplatz (Sauber, ordentlich, gut gepflegt und ansehnlich: Vier Faktoren für ein attraktives Stadtbild).

Stadtgestaltung und –planung – Es muss grundlegender angesetzt werden. Schon bei der Stadtplanung muss auf eine hohe Qualität von Stadtgestaltung und Stadtbild geachtet werden. Menschen sind viel eher bereit schick und schön gestaltete Straßenzüge, Plätze und öffentliche Gebäude sauber zu halten als baulich verunstaltete, abgeranzte bis verwahrloste städtische Orte. Die Stadt setzt städtebaulich die Rahmenbedingungen für ein gelungenes, sauberes Stadtbild.

Städtische Instandhaltung, Pflege, Reinigung und Ordnung – Auch für Pflege, Instandhaltung und Stadtreinigung sowie die Ordnung im städtischen Raum ist die Stadt zuständig. In diesem Bereich hapert es ganz grundlegend in den Ruhrgebietsstädten. Über Jahrzehnte wurde die Instandhaltung von Straßen, Gehwegen und städtischen Gebäuden unübersehbar schwer vernachlässigt.

Auch mit der Reinigung und Pflege von Parks, öffentlichen Plätzen und Grünflächen tut man sich schwer. Wege wachsen zu, weggeschwemmte Wegebeläge werden nicht ersetzt, die Mülltüten werden lieblos über die öffentlichen Abfallbehälter gestülpt, quillen teilweise über, achtlos weggeworfener Müll wird mancherorts nur sporadisch eingesammelt.

Häufig werden zudem bauliche Mängel nicht grundsätzlich beseitigt, man behilft sich stattdessen mit Provisorien. So werden kaputte Straßenbeläge nicht sachgerecht repariert oder erneuert, die sondern die Schlaglöcher jedes Jahr aufs Neue mehr schlecht als recht notdürftig mit Asphalt verfüllt.

Auch beim überbordenden Parkchaos zeigen sich die Städte hilflos. Statt Parkplätze und Quartiersparkhäuser zu bauen, wird flächendeckend das rechtswidrige Parken auf Gehwegen geduldet.

Hinsichtlich der Standards bei Sauberkeit, Ordnung und Pflege besteht noch deutlich Luft nach oben. Im Wesentlichen wird getan, was nötig ist, mehr nicht. Besonderer Wert wird auf das Erscheinungsbild der Stadt offensichtlich nicht gelegt. Das Bestehen eines funktionierenden Instandhaltungskonzeptes ist weder bei städtischen Gebäuden noch bei Brücken, Straßen und Plätzen festzustellen. Im Bereich des ruhenden Verkehrs ist in vielen Straßen keine Organisation oder Ordnung zu erkennen, es wird gleichgültig und ohne jede Beachtung der Verkehrsregeln überall da geparkt, wo Platz ist, die Städte scheinen jede Kontrolle verloren zu haben.

Verhalten der Stadtbewohner*innen – Vor diesem Hintergrund fehlt vielen Menschen der Antrieb selbst auf die Sauberkeit ihrer Stadt zu achten. Von einigen wird Abfall illegal in die Natur gekippt oder ohne Nachdenken neben die Müllcontainer des USB gestellt. Andere schnippen ihre Kippen achtlos in die Landschaft, lassen ihren Grillabfall auf den Wiesen im Park zurück oder lassen lästigen Verpackungsmüll einfach da fallen, wo sie gerade langlaufen. Dass fremder Abfall von Menschen vom Pflaster aufgehoben und mal eben in den benachbarten Müllbehälter entsorgt wird, ist nur selten zu beobachten. Das überlässt man den dafür zuständigen städtischen Betrieben und Unternehmen. Es fehlt eine durchgehende Bereitschaft und Haltung, dass man selbst alles dafür tut, die Stadt gepflegt, sauber und ordentlich zu halten. Einige sehen den Wert solchen Verhaltens angesichts des ohnehin an vielen Stellen vernachlässigten Stadtbildes nicht, andere haben entsprechendes Verhalten nie gelernt. Einen besonderen Schwerpunkt insbesondere in den Schulen setzt die Stadt dazu bisher nicht.

Um die Menschen in der Stadt mehr auf das Thema aufmerksam zu machen, findet seit wenigen Jahren allerdings der sogenannte Stadtputz statt, bei dem engagierte Einwohner*innen Teile der Stadt mit Mülltüte und Sammelgerät Teile der Stadt vom Müll befreien. Am 25.03.23 findet die nächste Putzaktion statt (Stadtputz 2023). Eine Maßnahme, die von vielen Menschen dankbar aufgenommen wird, über die die Presse ausführlich und oft berichtet und die so einiges an Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt. Doch ausreichen, um das Erscheinungsbild von Bochum und den anderen Städten des Ruhrgebiets dauerhaft aufzuwerten, werden solche Aktionen lange nicht.

Ein neues Leitbild ist nötig

Dafür ist ein Umdenken auf allen Ebenen erforderlich, beginnend bei der Stadtgestaltung, über die Instandhaltung und Pflege von Gebäuden, Straßen, Plätzen und Stadtgrün sowie bei der Ordnung des Stadtraums bis hin zum Verhalten der Stadtbewohner und –bewohnerinnen.

Zur Einleitung dieses Umdenkens bedarf es zunächst einer Änderung des Anspruchs daran, welches Erscheinungsbild im Ruhrgebiet in Zukunft angestrebt wird. Der Anspruch ist bisher eher von Gleichgültigkeit und wenig Veränderungsbereitschaft hinsichtlich des Ist-Zustandes geprägt. “Woanders ist auch scheiße”, sagt man im Ruhrgebiet und findet sich damit ab, wie es ist, auch mit dem an vielen Stellen wenig schmeichelhaften Stadtbild. Der Anspruch sollte also deutlich steigen. Ein neues Leitbild zum gewünschten Erscheinungsbild von Bochum und dem Ruhrgebiet wäre nötig. Es könnte folgende Selbstverpflichtung sein: “Wir im Ruhrgebiet, legen zukünftig besonderen Wert auf das Erscheinungsbild unserer Städte. Bei Stadtgestaltung, Instandhaltung, Pflege, Ordnung wie Sauberkeit.”

Um ein solches Leitbild zu verinnerlichen, müsste es in den Städten des Ruhrgebietes immer wieder thematisiert, überall präsent und öffentlich sichtbar gemacht werden. In den für Stadtgestaltung, Instandhaltung, Pflege, Ordnung und Sauberkeit zuständigen Ämtern, Betrieben und Unternehmen der Städte müsste das Leitbild in den Zielsetzungen verankert werden. Diese wären aufgefordert Strategien und Konzepte zu entwickeln, so dass ihre Arbeit dem neuen Leitbild gerecht wird und die gesetzten Ziele Schritt für Schritt erreicht werden. Dazu müssen sie entsprechend organisiert und ausgestattet werden.

Auch bei Kindern und Heranwachsenden sollte das Thema fest verankert werden. Wird das Leitbild beständig und intensiv in den Schulen behandelt, wachsen zukünftige Generationen heran, für die das Thema eine viel höhere Bedeutung hat. Das so vermittelte Bewusstsein bestimmt wiederum das Verhalten.

Im Bereich Ordnung sollten nach einer Vorlauf- und Hinweiszeit, die entsprechenden Regeln konsequent durchgesetzt werden. Dazu wären auch empfindliche Bußgelder hilfreich, um deutlich zu machen, wie wichtig es den Städten ist, dass die Regeln eingehalten werden.

Der Wandel des Erscheinungsbilds wird einige Zeit dauern

Ein Wandel im Erscheinungsbild wird nicht von heute auf Morgen möglich sein. Wie dargestellt bedarf es vieler unterschiedlichster Maßnahmen auf den verschiedensten Ebenen. Ohne entsprechende Überzeugung und den Willen der Politik, dass genannte Leitbild konsequent zu verfolgen, kann der Wandel nicht gelingen. Die Politik muss den Menschen erklären, warum es dauern wird, bis Erfolge sichtbar werden.

Im ersten Schritt aber muss die Politik in Bochum wie dem Ruhrgebiet erkennen, wie wichtig den Bewohner*innen das Erscheinungsbild ihrer Stadt ist und welch große Bedeutung das Thema im Wettbewerb der Städte um Menschen und Arbeitskräfte hat, um den nötigen grundlegenden Wandel zielgerichtet wie entschlossen anzugehen.