04 Jun

Bochum Strategie auf Abwegen – Mehr Marketingmaßnahmen als strategische Aktivitäten

Mit großen Ambitionen gestartet, entwickelt sich die Bochum Strategie leider immer mehr zu einem Marketingprojekt. Die neuen Kernaktivitäten sind wenig innovativ und haben kaum strategischen Wert. Mut und Kreativität scheinen die Stadtstrategen verlassen zu haben.

Eigentlich sollten im Rahmen der Bochum Strategie in jedem Jahr 25 Kernaktivitäten auf den Weg gebracht werden, um die Stadt in den fünf Kernkompetenzen der Strategie (Vorreiterin modernen Stadtmanagements, Großstadt mit Lebensgefühl, Hotspot der Live-Kultur, Talentschmiede im Ruhrgebiet, Shootingstar der Wissensarbeit) weiter voranzubringen.

Bochum-Strategie, Grafik

2023 wird es statt 25 jedoch nur 12 neue Kernaktivitäten geben. Als Hauptgrund wird genannt, die Verwaltung soll neben den bereits angestoßenen laufenden Kernaktivitäten nicht mit neuen Projekten überlastet werden. Die Überlegung in 2023 lieber 12 neue qualitativ hochwertige Kernaktivitäten zu starten als 25 beliebige, für deren konsequente Umsetzung das Personal fehlt, ist nachvollziehbar und richtig. Allerdings ist die strategische Qualität der jetzt neu vorgeschlagenen 12 Kernaktivitäten überraschend dürftig (Vorgang 20231337).

Was macht gute Kernaktivitäten aus?

Die Qualität der Kernaktivitäten lässt sich nach fünf Kriterien bewerten:

Potenzial – Ziel jeder Kernaktivität ist, mindestens eine der fünf besonderen Kompetenzen der Stadt nachhaltig zu stärken. Das Projekt, das sich hinter der Aktivität verbirgt, sollte also geeignet sein, die Stadt in dem Bereich, dem diese zugeordnet ist, relevant und sichtbar deutlich voranzubringen. Es reicht nicht aus, wenn der zu erwartende Effekt eher gering bis kaum wahrnehmbar ausfällt.

Vorreiter – Im Idealfall sollte die Stadt mit der Kernaktivität ein Feld besetzen, dass bisher in anderen deutschen Großstädten noch nicht beackert wird. Mit dem Projekt sollte die Stadt eine Vorreiterrolle übernehmen, die auch in den Medien als solche wahr genommen wird.

Neuheit – Mit Kernaktivitäten sollten neue Projekte angestoßen werden, die es bisher in der Stadt noch nicht gibt. Bereits laufende Projekte formal zu Kernaktivitäten zu machen, spart der Verwaltung zwar Arbeit, bedeutet aber letztlich nur eine Vermarktung der Projekte unter dem Label “Bochum-Strategie”. Es spräche nichts dagegen solche Projekte mit dem Label “supported by Bochum-Strategie” auszuzeichnen, den Wert von echten Kernaktivitäten haben sie aber nicht.

Umfang – Eine Aktivität, die im Rahmen der Projekte aufgenommen werden soll, sollte einen relevanten Umfang haben, um das verfolgte strategische Ziel auch zu erreichen. Die Schaffung einer Personalstelle zur Koordinierung von Maßnahmen, die Einrichtung von Gesprächs- und Arbeitskreisen oder der bloße Aufbau einer Internetseite stellt keine echte Kernaktivität dar. Kernaktivitäten sollten zum einen immer eine reale Maßnahme darstellen, nicht nur deren Koordinierung oder Abstimmungsrunden dazu. Es sollte sich auch nicht nur um eine simple Arbeitstätigkeit handeln, die sich binnen weniger Wochen umsetzen lässt.

Substanz – Aktivitäten, die ohnehin aufgrund von geltenden oder zu erwartenden rechtlichen Vorgaben von der Stadt umgesetzt werden müssen oder in anderen Städten oder Unternehmen bereits gängige Praxis sind, sollten keine Kernaktivitäten sein, ihnen fehlt die erforderliche strategische Substanz. Solche Aktivitäten werden nicht aus strategischen Gründen angegangen, sondern weil der Gesetzgeber die Umsetzung verlangt oder sie bereits allgemein üblich sind.

Prüft man die von der Verwaltung vorgeschlagenen 12 neuen Kernaktivitäten (Vorgang 20231337) anhand der beschriebenen fünf Kriterien, ist das Ergebnis leider ernüchternd. Zwar ist das Ziel aller 12 Aktivitäten ohne Ausnahme verfolgenswert und spricht gegen ihre Umsetzung im Prinzip nichts, jedoch erfüllen die meisten die Anforderungen für eine Kernaktivität nicht.

Moderne Arbeitswelten@Stadt Bochum (Steckbrief) – Arbeits- und Büroräume der Stadt Bochum sollen so gestaltet und ausgestattet werden, dass die Beschäftigten dort gerne und kreativ arbeiten können.

Zum einen ist diese Aktivität der Stadt nicht neu, sondern wird bereits seit ein paar Jahren verfolgt, zum anderen ist sie in Unternehmen bereits seit langem üblich. Dass andere Städte in diesem Bereich bisher nur selten modern aufgestellt sind, kann Bochum in diesem Bereich nicht zum Vorreiter machen. Qualität von Arbeitsumfeld und –bedingungen sind am in Deutschland von Arbeitgebern üblicher Weise angebotenen Standard zu messen, nicht selektiv an den bei öffentlichen Arbeitgebern vorzufindenden Zuständen.

Das Projekt erfüllt die Bedingungen an Kernaktivitäten bei den Kriterien Neuheit und Vorreiter somit nicht. Auch fehlt die Substanz. Es wird ohnehin nur das gemacht, was eigentlich schon üblich ist.

Das Projekt, könnte als “supported by Bochum-Strategie” gekennzeichnet werden, als echte Kernaktivität taugt es eigentlich nicht.

Potenzial: +
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

mission solar – Unsere Gebäude haben mehr drauf! (Steckbrief) Wo es möglich und sinnvoll ist, sollen städtische Freiflächen und Gebäudedächer mit Solaranlagen bestückt werden.

Auch diese Aktivität läuft bereits und die Umsetzung dieser Maßnahmen hätte gemäß Klimaschutzkonzept schon seit Jahren voran getrieben werden müssen. Auch ein Solarkataster und eine Studie zum Solarpotenzial (Energieatlas NRW) gibt es schon. Ebenso werden entsprechende Aktivitäten in allen deutschen Städten und Gemeinden gleichermaßen verfolgt.

Die Aktivität macht Bochum also weder zum Vorreiter in Sachen Photovoltaik, noch ist sie neu oder hat die für eine Kernaktivität nötige Substanz. Hier wird getan, was der Gesetzgeber in Kürze ohnehin vorschreiben wird.

Drei der fünf Kriterien erfüllt das Projekt also nicht, es wäre aber geeignet als “supported by Bochum-Strategie” ausgezeichnet zu werden.

Potenzial: +
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

Smart City Bochum: CONSUL – Bochumer Beteiligungsplattform (Steckbrief) – Die bereits eingeführte (bochum-mitgestalten.de) und von den STADTGESTALTERn 2020 (Die Bürgerbeteiligung in Bochum auf ein neues Niveau heben) vorgeschlagene digitale Bürgerbeteiligungsplattform CONSUL soll ebenfalls als Kernaktivität –ausgewiesen werden.

Bochum zählt zu den ersten deutschen Städte die CONSUL als digitale Bürgerbeteiligungsplattform etabliert. Um die Bürgerbeteiligung auf ein neues Niveau zu heben, ist aber mehr erforderlich als diese Software einzuführen. So fehlt der Stadt z.B. ein zeitgemäßer Beteiligungsprozess bei städtischen Bauvorhaben. Auch die Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen sowie behinderten Menschen ist ausbaufähig.

Würde die Kernaktivität generell eine bessere Beteiligung der Bürger*innen zum Ziel haben, hätte sie das Potenzial für eine echte Kernaktivität, nur die Einführung von CONSUL erfüllt die Kriterien Neuheit und Substanz jedoch nicht.

Potenzial: +
Vorreiter: +
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

Bochumer Wärmewende (Steckbrief) – Bei diesem Projekt sollen Vertreter*innen von Stadt Bochum, Stadtwerken und der Bochumer Wohnungswirtschaft in einem Arbeitskreis sich zur Wärmewende austauschen und gemeinsame Pilotprojekte planen.

Auch hier besteht die Aktivität bereits, die Beteiligten haben sich im März 2023 zu einem Bündnis zusammengeschlossen (Wärmewende: Breites Bündnis zur Senkung der Emissionen).

Bei der Wärmewende liegt die Stadt wie fast alle deutschen Städte und Gemeinden weit hinter den in Sachen Klimaschutz erforderlichen Stand zurück. Eine erforderlich Kernaktivität wäre die konkrete Planung und der Bau eines Nahwärmenetzes mit Erschließung geothermischer Wärmequellen. Die bloße Gründung eines Bündnisses bzw. eines Arbeitskreises zur Planung von ersten Pilotprojekten bleibt weit hinter den Anforderungen an Kernaktivitäten zurück. Eine Vorreiterrolle nimmt Bochum mit der Aktivität ebenfalls nicht ein. Es wird eine vom Umfang her kleiner Teilaspekt der Wärmewende angegangen, entsprechend gering ist auch das Potenzial der Aktivität.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Verwenden statt verschwenden – Nac–hhaltige Lebensmittelnutzung (Steckbrief) – Mit dieser Aktivität soll eine Strategie entwickelt werden, wie Lebensmittelverschwendung verhindert wird bzw. nicht genutzte Lebensmittel einer sinnvollen Nutzung (Zweitverwertung) zugeführt werden können, z.B. für bedürftige Menschen.

Möglichkeiten Lebensmittelverschwendung einzudämmen und nicht genutzte Lebensmittel einer Zweitverwertung zuzuführen liegt zu einem wesentlichen Teil nicht in der Hand der Stadt. Akteure sind im Bereich Verkauf und Herstellung von Lebensmitteln andere. Der Handlungsspielraum der Stadt ist auf Apelle, Information und Vernetzung der Akteure begrenzt. Das Potenzial mit städtischen Aktivitäten in diesem Bereich etwas zu bewirken ist somit relativ gering und hat kaum mehr als symbolischen bis informativen Charakter.

Die Kernaktivität ist schon aufgrund der sehr begrenzten städtischen Handlungsmöglichkeiten nicht geeignet, dass sich die Stadt damit als Vorreiter profiliert. Entsprechend gering ist das Potenzial, mit der Aktivität die Kernkompetenz “Großstadt mit Lebensgefühl” relevant zu stärken.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Bermuda3Eck 4.0 (Steckbrief) – Mit der Interessengemeinschaft Bermuda3Eck (ISG) soll eine neue Entwicklungsvereinbarung zur Zukunftssicherung des 3Ecks geschlossen werden und für das 3Eck die Stelle eines/r Quartiersmanager*in geschaffen werden.

Die Schließung einer neuen Entwicklungsvereinbarung stellt eigentlich Tagesgeschäft der Stadt bzw. der städtischen Wirtschaftsentwicklung dar. Mit der bloßen Einstellung eines/r Quartiersmanager*in wird noch keine positive Entwicklung bewirkt.

Dagegen wäre eine echte Kernaktivität z.B. die Schaffung der Victoria-Promenade (Neues City-Highlight: Viktoria-Promenade vom Rathaus zum Schauspielhaus). Eine solche Aktivität könnte insbesondere hinsichtlich Umfangs, Potenzial und Substanz die Anforderungen an eine Kernaktivität erfüllen, die bloße Einstellung eines/r Quartiersmanager*in und der Abschluss einer Entwicklungsvereinbarung ist hingegen dazu nicht geeignet. Die Überschrift der Aktivität als “Bermuda3Eck 4.0” ist irreführend.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Erinnern statt vergessen – Erinnerun–gskultur und Stadtgeschichte (Steckbrief) – Stadtgeschichte soll im öffentlichen Raum durch Forschungs- und Vermittlungsprojekte durch Erinnerungsorte sichtbarer werden, Dazu soll beim Stadtarchiv eine zusätzliche Stelle geschaffen werden.

Auch eine solche Aktivität ist nicht neu, in der Stadt entstehen seit Jahren neue Erinnerungsorte, derzeit am ehemaligen Zwangsarbeiterlager Bergener Straße, auf Friedhöfen und durch den „Stelenweg“, der die Geschichte des jüdischen Lebens in Bochum dokumentiert. Auch in diesem Fall soll also eine schon seit Jahren laufende Aktivität zu einer Maßnahme der Bochum-Strategie deklariert werden.

Die vorhandenen Aktivitäten sind durchaus geeignet als “supported by Bochum-Strategie” gekennzeichnet und ausgebaut zu werden. Um eine echte Kernaktivität handelt es sich aber nicht. Mit dieser Aktivität wird die Stadt nicht zum Vorreiter in Sachen Erinnerungskultur, zudem fehlt es sowohl an Umfang, Substanz und Neuheit. Anders sähe es aus, wenn sich die Stadt Bochum entschließen würde, ein zentrales innovatives ggf. immersives Museum für städtische Geschichte z.B. im Schlegelturm zu schaffen.

Potenzial: +
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Digitale Musikschule im Haus der Musik (Steckbrief)- Die Musikschule, die in ein neues Gebäude umzieht, soll in jeglicher Hinsicht digital werden.

Die Digitalisierung aller Bereiche der Stadt sollte für die Verwaltung schon lange eine Selbstverständlichkeit sein. Zieht die Musikschule in ein neues Gebäude um, dann ist es erst recht selbstverständlich, dass hier alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Schule digital und zeitgemäß aufzustellen. Einer eignen Kernaktivität bedarf es zur Umsetzung dieser Selbstverständlichkeit nicht.

Mit Digitalisierung kann die Stadt keine Vorreiterrolle einnehmen. Eine digitalisierte Verwaltung ist mittlerweile Standard. Die Bürger*innen erwarten digitalisierte Angebote. Diese nicht zur Verfügung zu stellen, stößt auf Unverständnis und wird als rückständig empfunden.

Der Kernaktivität fehlt es an Potenzial und Substanz, sie ist nicht neu und mit ihr kann sich die Stadt auch nicht als Vorreiter profilieren.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: +
Umfang: +
Substanz: –

Gute Erziehung – Nachwuchskräfte gewinnen, Profis halten (Steckbrief). Mit der Aktivität sollen Fachkräfte an den Bochumer Kitas gewonnen bzw. In der Stadt gehalten werden, um dort die Betreuungssituation zu verbessern. Dazu soll mehr informiert, genetworkt und die Aus- und Fortbildungsangebote ausgebaut werden. Das ist weder neu noch innovativ. Ob mit diesen Maßnahmen das Ziel erreicht werden kann, ist zudem zu bezweifeln.

Die Arbeitslosigkeit betrug in Bochum 2022 im Schnitt 8,6 %. Das sind 3,1%P mehr als in Deutschland insgesamt. Das Potenzial, um neue Arbeitskräfte zu gewinnen ist in Bochum also vorhanden. Um mehr Menschen zu ermöglichen, mit einem geeigneten Schulabschluss einen Beruf wie der eine/s Erzieher*in zu ergreifen, müsste allerdings insbesondere die Schulbildung in der Stadt verbessert werden. Hier liegt das eigentliche Problem. An diesem geht die Kernaktivität jedoch vorbei.

Potenzial und Substanz der Kernaktivität sind gering, sie ist weder neu, noch wird die Stadt mit ihrer Realisierung in irgendeiner Weise zum Vorreiter.

Es fehlt dagegen eine Kernaktivität “Kindern mehr Chancen und Teilhabe durch bessere Schulbildung ermöglichen”.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Vital. Digital. Bochumer Senior*innenportal (Steckbrief). Mit dieser Kernaktivität sollen die Angebote für Senior*innen, die bisher nur analog auf Papier verfügbar sind, digital auf einer eigenen Internet-Seite verfügbar gemacht werden.

Ein solches Projekt setzen versierte IT-Spezialisten in wenigen Wochen um. Schon der Umfang der Aktivität rechtfertigt nicht, eine eigene Kernaktivität dafür ins Leben zu rufen. Ebenfalls sollte es heute üblich sein, dass alle Angebote für Senior*innen auf einer zentralen Seite über das Internet auffindbar sind. Als Vorreiter kann sich die Stadt mit so einem Projekt nicht präsentieren. Einen nennenswerten Effekt auf das Lebensgefühl in der Stadt ist von dem Portal ebenso wenig zu erwarten.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: +
Umfang:  –
Substanz: –

Inkubator Grüne Chemie (Steckbrief) – Die Ruhr-Universität Bochum baut derzeit einen F&E-Inkubator aus dem Bereich Chemie auf (“start4chem”), um wissenschaftliche Forschungsergebnisse aus der Grünen Chemie in Gründungsvorhaben umzusetzen. An diesem Projekt will sich die Stadt unterstützend beteiligen.

Bei diesem Projekt handelt es sich somit um eine klassische Aktivität, die geeignet ist als “supported by Bochum-Strategie” gekennzeichnet und unterstützt zu werden. Die Anforderungen an eine echte Kernaktivität erfüllt das Projekt hingegen nicht. Es handelt sich weder um eine neue Aktivität, die im Rahmen der Bochum-Strategie initiiert wurde, noch verfügt sie über die erforderliche Substanz. Das entsprechende Gründungen von der Wirtschaftsentwicklung gefördert und begleitet werden, sollte selbstverständlich sein, auch dass die Wirtschaftsentwicklung dabei Fachbereich spezifische Schwerpunkte bildet.

Potenzial: +
Vorreiter: +
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

Gekommen um zu bleiben – Neue Einwohner*innen für Bochum (Steckbrief) – Mit dieser Aktivität soll die Anzahl von Zugezogenen in den Bochumer Arbeitsmarkt, derer, die in Bochum eine Ausbildung machen oder hier studieren sowie derer, die dauerhaft in Bochum bleiben, gesteigert werden.

Für die Umsetzung dieser Kernaktivität fehlt die grundlegende Voraussetzung. Die Bochumer Verwaltung müsste so aufgestellt sein, dass sie die Grundlagen schafft, dass Menschen aus anderen Ländern und Städten nach Bochum kommen und hier bleiben wollen. Das ist bisher nicht der Fall. Die Bearbeitungszeiten im Ausländerbüro sind unzumutbar lang. Eine respektvolle Behandlung ist nicht festzustellen. Der Wille, die Zustände verbessern zu wollen, ist nicht erkennbar. Die Verwaltung ist bereits mit der Bewältigung der aktuellen Aufgaben hoffnungslos überfordert (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar).

Im Ergebnis werden in Bochum entgegen dem Landestrend nicht mehr, sondern immer weniger Menschen eingebürgert (WAZ vom 21.03.23). Die Bearbeitungszeit der Anträge dauert derzeit 18 Monate. Wer eingebürgert wurde, will häufig nur noch aus Bochum weg. Die schlechte Behandlung durch die Behörden schreckt die Menschen ab, in der Stadt zu bleiben. Die Art und Weise wie die Stadt die Probleme im Ausländerbüro behandelt, lässt nur den Schluss zu, dass sie am Zuzug von Menschen nach Bochum nicht ernsthaft interessiert ist.

Ohne dass in der Stadtverwaltung die Bereitschaft erkennbar ist, dass sie das mit der Aktivität verfolgte Ziel ernsthaft mittragen, ergibt es wenig Sinn eine entsprechende Kernaktivität auf den Weg zu bringen.

Potenzial: keine Bewertung
Vorreiter: keine Bewertung
Neuheit: keine Bewertung
Umfang: keine Bewertung
Substanz: keine Bewertung

Stadtstrategen mutlos und wenig kreativ

Insgesamt erfüllen also alle 12 vorgeschlagenen Projekte nicht die Anforderungen, die an Kernaktivitäten gestellt werden sollten. Die meisten Kernaktivitäten sind nichts mehr als bereits laufende Maßnahmen, die mit dem Label “Bochum Strategie” versehen werden sollen. Dazu werden Aktivitäten, die die Stadt ohnehin verfolgen muss, als strategisch ausgewiesen (PV-Mission, Wärmewende, Digitalisierung) und kleine Maßnahmen werden zu Kernaktivitäten aufgeblasen (Bermuda3Eck 4.0, Senior*innenportal).

Offenbar sind Stadt, Politik und Oberbürgermeister Mut und Innovationskraft abhanden gekommen, Kernaktivitäten auf den Weg zu bringen, die wirklich die Stadt voranbringen und mit denen sich die Stadt als echter Vorreiter profilieren könnte. Kernaktivitäten vom Kaliber “Haus des Wissens” sucht man unter den 12 vorgeschlagenen Aktivitäten vergeblich. Dabei gibt es in Bochum durchaus innovative Ideen mit Alleinstellungsmerkmal, die das Potential für durchschlagende Kernaktivitäten hätten, zum Beispiel:

– Seilbahn City – Ruhrpark – RUB
– Dachpark Innenstadt
– Virtual-Reality-Box
– Men’s Sheds

Es ist Zeit die Bochum-Strategie wieder auf Kurs zu bringen. Das Ziel sollte nicht sein, bereits laufende, wenig ambitionierte Maßnahmen unter dem Namen “Bochum Strategie” zu vermarkten. Vielmehr sollten im Rahmen der Bochum-Strategie einzigartige, ehrgeizige und innovative Kernaktivitäten initiiert und hochgesteckte Ziele verfolgt werden. Die Bochum-Strategie sollte zeigen, 08/15 kann jeder, Bochum kann mehr.

Die STADTGESTALTER

12 Feb

Men`s Sheds – Werkstätten für ältere Menschen gegen Einsamkeit

Immer mehr ältere Menschen vereinsamen, nachdem sie in Rente gegangen sind. Ihnen fehlt eine Aufgabe, soziale Kontakte zu Mitmenschen, sie wissen oft nichts mit ihrer Zeit anzufangen. In englischsprachigen Ländern hat man ein Gegenrezept gefunden: Men`s Sheds, Werkstätten, in denen ältere Menschen, nicht nur Männer, sich treffen, um miteinander zu werkeln, handwerkliche Dinge herzustellen, Sachen zu reparieren oder ihre Fertigkeiten an andere, häufig Jüngere, weiter zu geben.

Gerade die Menschen im Ruhrgebiet sind es gewohnt, dass handwerkliche Arbeit ihr Leben bestimmt. Auch sind es viele Menschen auf der Arbeit wie privat gewohnt, dass sie nicht selbst ihr Leben gestalten. Ihr Arbeitsleben lang hat der Arbeitgeber bestimmt, wann, wo welche Arbeiten zu erledigen sind, teilweise hat der Arbeitgeber sogar die Wohnung besorgt und die Eltern haben vorbestimmt, dass eine Lehre in dem Betrieb, wo schon der Vater gearbeitet hat, die richtige Wahl ist.

Einsamkeit im Alter

Wenn dann mit 65 Jahren, das Rentenalter beginnt, fällt dann auf einen Schlag nur die gewohnte Beschäftigung weg, sondern auch die täglichen Kontakte zu den Arbeitskolleg*innen. Von einem Tag auf den anderen wird der Tagesablauf nicht mehr durch die Arbeit bestimmt. Viele ältere Menschen sind es nicht gewohnt sich selbst zu beschäftigen und ihren Tag eigenständig zu gestalten, sich selbst Aufgaben zu suchen oder mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen. Es kommt zu Vereinsamung, im schlimmsten Fall zu Depressionen und anderen psychischen Krankheiten.

Das Konzept Men’s Sheds

Um solchen Entwicklungen vorzubeugen, hat sich zunächst in Australien, dann in vielen weiteren englischsprachigen Ländern, wie Groß-Britannien, Irland und Kanada die Men’s.Shed-Bewegung entwickelt. Überall in diesen Ländern werden Werkstätten eingerichtet, in denen sich insbesondere ältere Männer, aber auch Frauen treffen und handwerklich arbeiten und ihre handwerklichen Fertigkeiten austauschen.

About Men`s Sheds – 9 Minute Video

Die Werkstätten sind Treffpunkte, in denen man Gleichgesinnte trifft, in denen sich die Senioren und Seniorinnen über alles Mögliche, nicht nur über ihre handwerklichen Interessen austauschen und Bekanntschaften wie Freundschaften schließen und so neue soziale Kontakte aufbauen. Dazu finden die Menschen neue Aufgaben und Wertschätzung für ihre Arbeit und Leistungen. Psychische Gesundheit basiert darauf, dass Menschen sich gebraucht fühlen, stolz sind auf ihre Fähigkeiten, was sie schaffen und in einer Gemeinschaft mit anderen verankert fühlen. Alles das können sie in den Men`s Sheds finden.

Die Vorteile für Gesundheit und Wohlbefinden der in Men’s Sheds aktiven Männer wurde in vielen Studien nachgewiesen (Men’s sheds as an alternative healthcare route? A qualitative study of the impact of Men’s sheds on user’s health improvement behaviours). Entsprechend sind es besonders die Krankenkassen und staatlichen Gesundheitssysteme, die die Men`s Shed-Bewegung in UK, Irland, Australien und Kanada unterstützen sowie finanziell fördern.

Für gemeinnützige Einrichtungen in der Stadt sind Men’s Sheds wertvolle Partner. Ist zum Beispiel die Rutsche im Kindergarten zu reparieren, dann wendet man sich an den Men`s Sheds und dort findet sich jemand, der die Rutsche wieder flott bekommt. Wenn der Tennisverein ein neues Gartentor benötigt, dann können das die Aktiven im Men’s Shed für ihn passgenau herstellen. Solche Projekte bedeuten für die in den Sheds Beschäftigten eine besondere Wertschätzung ihrer Arbeit und Fertigkeiten.

Wie baut man einen Men`s Shed auf?

Landesweit tätige Men`s-Sheds-Verbände (z.B. UK Men`s-Sheds-Association), die den Aufbau von Men`s-Sheds unterstützen und organisieren, bestehen in Deutschland bisher nicht. Für Interessierte ist es daher schwierig aus eigener Kraft einen Men`s Shed aufzubauen. Aber die STADTGESTALTER könnten sich vorstellen, dass die Stadt, in Bochum insbesondere die Seniorenbüros, die Gründung von Men`s Sheds unterstützen.

Benötigt werden Räumlichkeiten für eine Werkstatt verbunden mit einem Raum, in dem sich die Aktiven neben der Arbeit austauschen, treffen und auch mal feiern oder eine Runde Karten spielen können. Darüber hinaus müssen die nötigen Maschinen und Werkzeuge besorgt werden. Dabei kämen auch Spenden von örtlichen Handwerks- und Industrieunternehmen gelegen und müssten organisiert werden. Im Idealfall bildet sich Gruppen Senior*innen, die einen Men`s Shed aufbauen wollen und die Seniorenbüros stehen als Ansprechpartner bereit, um bei der Suche geeigneter Räume wie dem Aufbau und der Einrichtung zu helfen.

In Abhängigkeit von den handwerklichen Fertigkeiten der Aktivitäten kann die Einrichtung der Werkstätten ganz unterschiedlich ausfallen. Will man sich eher der Holz- oder der Metallverarbeitung widmen? Gibt es Aktive die z.B. Schneidern und Nähen wollen oder solche, die Interesse haben Sachen zu reparieren, z.B. Fahrrädern oder Elektrogeräte? Je nachdem, wie die Interessenlage ist, muss der jeweilige Men`s Shed anders ausgestattet und eingerichtet sein. Auch erstrebenswert, die in den Men`s Sheds erstellten kunsthandwerklichen Produkte sollten in entsprechenden Läden angeboten werden. Dort könnten dann auch Dinge, die repariert werden sollen, abgegeben werden. Eine ideale Ergänzung zu Men`s Sheds wäre also ein Ladenlokal in der Innenstadt, das dort einen der nicht wenigen Leerstände belegen könnte. Langfristig wäre anzustreben, in jedem Stadtbezirk der Stadt Bochum mindestens einen Men`s Shed aufzubauen, so dass die Aktiven keine weiten Wegen zu ihrem Shed zurücklegen müssen.

Auch ließen sich Men’s Sheds mit der Einrichtung von MakerHubs verbinden, wie sie die STADTGESTALTER erstmals 2020 vorgeschlagen haben (Ideenschmiede und Jobmaschine – Ein MakerHub für Bochum). So könnten die Räumlichkeiten von MakerHubs auch von Men’s Shed-Initiativen genutzt werden.

Einsamkeit wird immer mehr zu einem gesellschaftlichen Thema

Die Bochumer Bevölkerung wird immer älter. Bereits heute sind in der Stadt mehr als ein Fünftel der Menschen 65 Jahre und älter (21,8%). Die Vereinsamung von älteren Menschen wird zu einem immer größeren Thema. Einsamkeit macht krank. Die Ruhr-Universität gehört zu den führenden Wissenschaftsinstitutionen, die das Thema erforschen (Einsamkeit – Erkennen, evaluieren und entschlossen Entgegentreten, Prof. Dr. Maike Luhmann, Ruhr-Universität Bochum). Das Bundesfamilienministerium plant eine Strategie gegen Einsamkeit.

Es wäre also eine Chance für die Stadt, sich des Themas “Einsamkeit im Alter” als Vorreiter besonders anzunehmen. Der Aufbau und die Einrichtung von Men`s Sheds ist zwar letztlich kein Allheilmittel gegen Einsamkeit, aufgrund der spezifischen Bevölkerungsstruktur im Ruhrgebiet hinsichtlich Alter und handwerklichen Fertigkeiten, sind entsprechende Werkstätten aber gerade in Bochum ein gutes Instrument viele ältere Menschen zu erreichen, die nach neuen Aufgaben, sozialen Kontakten und Wertschätzung suchen, um ihr Leben im Alter nicht alleine in ihrer Wohnung vor dem Fernseher sitzend zu verbringen. Men`s Sheds wären somit ein ideales Thema für die Bochum-Strategie.

28 Mrz

Stadtrat lehnt Beiräte für Jugend, Menschen mit Behinderung und Senioren ab.

Zur Kommunalwahl versprachen eigentlich alle Parteien und Gruppierungen mehr Bürgerbeteiligung, bei der Ratssitzung am Donnerstag zeigte sich, richtig ernst nehmen SPD, Grüne und CDU diese Zusage allerdings offenbar nicht.

Politik für Bürger*Innen heißt Politik mit Bürger*Innen. Insbesondere die von politischen Entscheidungen betroffenen Menschen müssen möglichst gut über die laufenden politischen Vorhaben informiert werden. Darüber hinaus müssen sie viel mehr Gelegenheiten bekommen sich mit diesen zu beschäftigen, ihre Einschätzungen dazu abzugeben sowie Anregungen dazu einzubringen. In letzter Konsequenz müssen auch mehr Möglichkeiten geschaffen werden, dass die Betroffenen, wo es möglich und sinnvoll ist, mitentscheiden können. Das alles zusammen macht echte politische Teilhabe und Bürgerbeteiligung aus.

Echte Interessenvertretungen von Jugendlichen, Senioren und behinderten Menschen

Für eine bessere Beteiligung von Menschen mit speziellen Bedürfnissen sieht die Gemeindeordnung NRW eine besondere Möglichkeit vor (§ 27a GO-NRW) vor, die Einrichtung von Beiräten für besondere gesellschaftliche Interessengruppen.

Die Idee solcher Interessenvertretungen ist, dass gesellschaftliche Gruppen wie Senioren, Jugendliche oder Menschen mit Behinderung, aus Ihrer Mitte eigene Vertreter*innen in einen Beirat der Stadt wählen können, der sich dann mit den Vorlagen des Stadtrates beschäftigt, die die entsprechenden Gruppen besonders betreffen. Zum Beispiel würde sich der Beirat für behinderte Menschen besonders mit dem Ausbau von Straßen befassen und darauf hinwirken, dass dieser auch wirklich barrierefrei erfolgt. Jugendliche würden in ihrem Beirat darauf achten, dass der Ausbau von Plätzen und Angebote für Jugendliche auch in ihrem Sinne erfolgen. Senioren hätten ein besonderes Augenmerk darauf wie die Pflegeplanung der Stadt erfolgt und dass es in diesem Bereich ein attraktives Angebot gibt, das auch der Nachfrage gerecht wird.

Derartige Beiräte hätten gleichzeitig das Recht eigene Anregungen und Vorschläge zu entwickeln und diese dem Rat direkt zur Entscheidung vorzulegen. Auch sind solche Beiräte der Ort, wo alle Vorlagen der Verwaltung mit Ratsmitgliedern diskutiert werden können. Denn einem funktionierenden Beirat sollten neben den Interessenvertreter*innen der entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen auch Ratsmitglieder aller Fraktionen angehören.

In Bochum fehlt Jugendlichen, Senioren und Menschen mit Behinderung eine echte politische Interessenvertretung

Derartige Beiräte gibt es in Bochum bisher leider nicht. Die “Beiräte” genannten Gremien des Rates sind rechtlich keine Interessenvertretungen gesellschaftlicher Gruppen, sondern Ausschüsse mit lediglich beratender Funktion, deren Mitglieder von den Fraktionen regelmäßig mit Parteifreunden besetzt werden. Die Beiratsmitglieder werden also nicht von den betroffenen gesellschaftlichen Gruppen gewählt oder bestimmt.

Auch gibt es solche unechten “Beiräte” nur für Senioren (“Leben im Alter”) und für Frauen (“Frauen, Geschlechtergerechtigkeit und Emanzipation”). Jugendliche verfügen über gar keine Interessenvertretung in der Politik, Menschen mit Behinderung ebenso wenig. Immerhin gibt es aber die von engagierten Menschen mit Behinderung organisierte Arbeitsgemeinschaft für Behinderte, die von der Verwaltung über viele Planungen informiert und um eine Einschätzung gebeten wird. Eine offizielle und echte Interessenvertretung für Menschen mit Behinderung, die mit den entsprechenden Rechten eines Beirats ausgestattet ist, stellt die Arbeitsgemeinschaft jedoch nicht dar, auch wenn die AG immer wieder durch ihre gewissenhafte Arbeit und nachdrückliche Interessenvertretung auffällt.

PARTEI und STADTGESTALTER haben die Schaffung echter Beiräte vorgeschlagen

Aufgrund der dargestellten Defizite bei der Bürgerbeteiligung der genannten gesellschaftlichen Gruppen im Stadtrat hatte die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” in der letzten Ratssitzung beantragt entsprechende echte Interessenvertretungen für Senioren, Jugendliche und Menschen mit Behinderungen mit vollen Mitwirkungsrechten von Beiräten gemäß § 27a GO-NRW zu schaffen:

Jugendbeirat – “Jugendparlament”: Dieses Gremium sollte die jungen Menschen unter 16 repräsentieren, die bei der Kommunalwahl keine Stimme haben. In den Schulen sollten die Vertreter*innen für dieses Gremium gewählt werden.

Seniorenbeirat: Die Interessenverteter*innen dieses Beirats sollten sich bereits im Rentenalter befinden. Diese könnten von den Senioren im Rahmen der Kommunal- oder einer anderen stadtweiten stattfindenden Wahl mit gewählt werden.

Beirat für Menschen mit Behinderungen: Die Mitglieder dieses Beirats sollten von den Interessengruppen der behinderten Menschen benannt werden. Wobei darauf zu achten ist, dass die unterschiedlichsten Behinderungen im Beirat durch entsprechende Vertreter repräsentiert werden, also u.a. Blinde und Sehbehinderte, Gehörlose, Sprachbehinderte, Körperbehinderte.

Neben den Interessenvertreter*innen der gesellschaftlichen Gruppen sollten den Beiräten nach dem Vorschlag von PARTEI und STADTGESTALTERn Vertreter*innen aller Fraktionen des Rates angehören, jedoch ohne Antrags- und Stimmrecht. Jeweils ein/e Vertreter*in der Beiräte sollte zudem berechtigt sein, an allen Ausschusssitzungen des Rates, mit beratender Stimme teilzunehmen.

SPD, Grüne und CDU lehnen die Beteiligung von echten Interessenvertretungen ab

Leider waren insbesondere SPD, Grüne und CDU nicht bereit den entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen mit ihren besonderen Bedürfnissen mehr politische Teilhabe einzuräumen. So erklärte der Fraktionsvorsitzende der SPD, es reiche aus, dass die Bedürfnisse der Jugendlichen in Bochum im Rahmen der Jugendforen abgefragt würden, eine weitergehende Beteiligung, insbesondere sich bei den aktuellen politischen Entscheidungen, die Jugendliche betreffen, direkt einzubringen, lehnten sowohl er wie seine Fraktion ab. Grüne und CDU stimmten ebenfalls gegen den Antrag von PARTEI und STADTGESTALTERn. Auch sie sahen keinen Anlass den Menschen mehr Beteiligung zu ermöglichen.

Dabei waren die Anregungen und Impulse aus den beiden bestehenden Beiräten für Frauen und Senioren in der Vergangenheit doch eher spärlich gesät. Als echte Interessenvertretungen der entsprechenden Gruppen fielen die “Beiräte” nur sehr vereinzelt auf. Hier besteht also weiter Handlungsbedarf. Das Ziel aller Fraktionen sollte es sein Jugendliche, Senioren und Menschen mit Behinderung aktiv an den politischen Entscheidungen zu beteiligen. Dafür muss die Politik aber auch bereit sein den Beiräten die erforderlichen Rechte und Beteiligungsmöglichkeiten einzuräumen. Beiräte sollten nicht als Alibi eingerichtet werden. Ziel sollte es nicht sein, die Beiräte mit Parteifreunden zu besetzen, damit diese möglichst wenig den politischen Alltag des Stadtrates stören.

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” wird weiter an der Forderung festhalten, dass die Stadt Bochum echte Interessenvertretungen für Jugendliche, Senioren und Menschen mit Behinderungen schafft. Die Fraktion ist zuversichtlich, dass auch SPD, Grüne und CDU in nicht allzu ferner Zukunft ihren Widerstand gegen echte Interessenvertretungen der entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen aufgeben werden.

22 Jul

Ein Wegenetz für Elektromobile für ältere und gehbehinderte Menschen

In den Niederlanden sieht man sie überall. Ältere Menschen, die sich mit Elektromobilen oder Elektroscootern durch die Stadt bewegen. In Bochum ist das bisher oft nicht möglich. Es fehlt ein Radwegenetz und Bordsteinabsenkungen, auch sind viele Kreuzungsbereiche so zugeparkt, dass die E-Mobile nicht durch kommen.

Senioren-Elektromobile und Krankenfahrstühle ersetzen die Beine immer dann, wenn die Füße nicht mehr wollen. Sie werden nicht nur von Senioren genutzt, sondern auch von Menschen mit Gehbehinderungen. Mit einem 6 km/h Scooter, der teilweise auch von der Krankenkasse finanziert wird, darf nur auf Rad- und Gehwegen gefahren werden, mit Elektromobilen ab 10 km/h dürfen – neben Fußwegen und Radwegen (bei entsprechender Freigabe) – auch Straßen befahren werden. Elektromobile (einsitzig) bis max. 15 km/h haben eine Einstufung als Krankenfahrstuhl und sind immer führerscheinfrei.

Für Senioren bedeutet ein E-Mobil ohne Hilfe jeden Ort der Stadt zu erreichen

Für Senioren und andere Menschen, deren Beine keine längeren Wege zu Fuß zu lassen, ist ein E-Mobil also eine wichtige Hilfe, die eine eigenständige Mobilität erlaubt. Doch in Bochum sieht man diese Mobile nur sehr selten. In den Städten der Niederlanden fahren insbesondere Senioren überall damit durch die Stadt. Das Problem in Bochum, in der Stadt lassen sich die E-Mobile auf viel zu wenigen Wegen nutzen. An ganz vielen Stellen sind die Gehwege zu schmal oder in einem so schlechten Zustand, dass sie sich nicht von E-Mobilen befahren werden können. Baumwurzeln, angehobene Gehwegplatten und andere Hindernisse versperren die Wege. Auch fehlen an vielen Kreuzungen Bordsteinabsenkungen, ohne die die Mobile nicht auf oder vom Gehweg runter fahren können. Gibt es die Absenkungen, parken nicht selten Autos davor. Kreuzungsbereiche werden in Bochum an vielen Stellen regelmäßig zugeparkt, geahndet wird das bisher in Bochum nichts. Es fehlt die Erkenntnis, dass dieses Verhalten nicht nur für Fahrer von E-Mobilen, sondern auch für andere mobilitätseingeschränkte Menschen und diejenigen, die mit Kinderwagen unterwegs sind, große, teilweise unüberwindbare Hindernisse bedeutet.