16 März

Stadtplanung in Bochum muss mehr auf Frauen ausgerichtet werden

Städte wie Bochum wurden über Jahrzehnte zumeist von Männern geplant und gestaltet. Dabei wurden Bedürfnisse von Frauen oft übersehen. Anlässlich des Weltfrauentags haben die STADTGESTALTER gefragt, was sollte sich aus deren Sicht ändern. Hier die Ergebnisse.

Der diesjährige Weltfrauentag am 08.03.2025 stand in Bochum unter dem Motto “Demokratie braucht SIE”. Demokratie bedeutet auch, dass die Bedürfnisse aller Menschen und gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen in die Stadtplanung eingehen. Das ist in Bochum, wie in eigentlich allen deutschen Städten, im Hinblick auf den weiblichen Teil der Stadtbevölkerung leider nur ungenügend der Fall. Stadtplanung geschieht bisher bevorzugt aus männlicher Perspektive.

Dies nahmen die STADTGESTALTER zum Anlass auf der Veranstaltung auf dem Boulevard interessierte Bochumer Frauen zu befragen, welche Veränderungswünsche sie an die Politik stellen. Welche konkreten Orte gibt es in Bochum, an denen Frauen sich nicht wohl fühlen, die nicht barrierefrei sind, die nicht gut angebunden sind, die zusammen mit Kindern beschwerlich oder unmöglich sind? Was wünschen sich Frau in unserer Stadt? Wie sollte die weibliche Perspektive besser in Planungen und Politik eingebracht werden?

Weibliche Bedürfnisse an die Stadtplanung

Die Befragung der STADTGESTALTER stieß auf großes Interesse, die Ergebnisse sind vielfältig und beziehen sich auf alle Bereiche des Lebens in der Stadt:

STADTGESTALTER-Umfrage: Ergebnisse

Sicherheit

So wird zum Beispiel das Unsicherheitsempfinden von Frauen im öffentlichen Raum und in Bus und Bahn, oft nicht als wichtiges Problem wahrgenommen, trotzdem z.B. eine Studie des Bundeskriminalamts zeigt, dass über die Hälfte der befragten Frauen nachts bestimmte Orte und den ÖPNV meiden (BKA 2020). Die oft schlecht beleuchteten Wege (Beleuchtung der Bochumer Gehwege sollte systematisch verbessert werden) und die vielen verwinkelten, schlecht einsehbaren Ecken, an denen besonders Frauen in Bochum sich nicht sicher fühlen, lassen vermuten, dass dieser Anteil in Bochum kaum anders sein wird.

Bei der Befragung der STADTGESTALTER wurden zu diesem Thema konkret und beispielhaft folgende Problempunkte genannt:
– Gustav-Heinemann-Platz (zwischen BVZ und Rathaus) zu dunkel
– Angstraum: Bereich zwischen Hauptbahnhof und Hermannshöhe
– Unterführung Markstraße: U-Bahn-Station zu dunkel, besser beleuchten
– U35-Endstelle Hustadt: Auf- und Abgang besser beleuchten
– Parkhäuser der RUB: besser beleuchten
– Sicherheitsgefühl in Bahnhöfen erhöhen (Notknöpfe, mehr Beleuchtung und Personal))
– Mehr Beleuchtungen in Tunneln und Unterführungen
– Nahverkehr bis direkt vor die Tür (z.B. Ridesharing), um unangenehme Wege zur oder von der Haltestelle zu vermeiden.
– Allgemein: Gehwege besser ausleuchten.

Verkehr und Mobilität

Die Ausrichtung der Stadtplanung auf die Bedürfnisse von Männern zeigt sich auch bei der städtischen Verkehrs- und Mobilitätsplanung. Der lange Weg zur Arbeit mit dem Auto steht auch in Bochum immer noch im Fokus der Verkehrsplanungen, denn dieser wird zumeist vom männlichen Teil der Bevölkerung zurückgelegt. Frauen haben dagegen oft andere Bedürfnisse, sie legen mehr Strecken zu Fuß, mit dem Rad und dem ÖPNV zurück. Sie leisten mehr Care-Arbeit (unbezahlte Tätigkeiten des Sorgens wie etwa Hausarbeit und Kinderbetreuung), versorgen die Familie, bringen die Kinder zur Schule, zum Kindergarten oder zu sonstigen Aktivitäten, pflegen die Eltern, bringen sie zum Arzt und machen Besorgungen für sie.

Aus Sicht von Frauen sind unter anderem breitere Gehwege, durchgehend abgesenkte Bordsteine und mehr Fußgängerüberwege wichtig, ebenso funktionierende Rolltreppen und Aufzüge, wenn z.B. Wege mit dem Kinderwagen oder mobilitätseingeschränkten Angehörigen zurückgelegt werden müssen. Alles Dinge, denen in der Bochumer Stadt- und Verkehrsplanung bisher zu wenig Gewicht beigemessen wird. In den Stadtteilen sollten aus weiblicher Perspektive zudem alle Anlaufpunkte der sozialen Infrastruktur Kindergarten, Schulen, Supermarkt und Arztpraxen am besten fußläufig zu erreichen sein (Sollte Bochum zur 15-Minuten-Stadt werden?).

Entsprechend fanden sich die genannten Punkte auch bei der Befragung der STADTGESTALTER wieder:
– “Menschen zu Fuß” sollten in den Mittelpunkt der Verkehrsplanung rücken
– Bessere Erreichbarkeit der Freizeitziele mit ÖPNV und Rad, besonders auch für und mit Kindern
– Keine Autos in der Innenstadt, innerhalb des Rings
– Herstellung vollständiger Barrierefreiheit (Borsteinabsenkungen, barrierefreie Haltestellen, funktionierende Aufzüge und Rolltreppen)
– Angebote zur Kinderbetreuung in der Innenstadt, während Erledigungen anstehen
– Aufzüge und Rolltreppen im Hauptbahnhof funktionsfähig halten

Toiletten

Dass weibliche Bedürfnisse in der Bochumer Stadtplanung bisher eher kaum eine Rolle spielten, zeigt sich auch an der Toilettensituation im Stadtgebiet. Das Netz an Toiletten hat erhebliche Lücken (Fehlende Toiletten in Bochum – Lösung: autarke Trockentoiletten). Das Problem fehlender Toiletten betrifft wiederum besondere Frauen, denn es sind Menschen mit kleinen Kindern, Menschen mit Behinderungen oder menstruierende Personen, für die das Fehlen zugänglicher Toiletten von einer Unannehmlichkeit schnell zu einem ernsthaften Problem werden kann. Zudem fehlen auch in Bochum Einrichtungen wie Wickeltische und Stillräume.

Öffentliche Sportanlagen

Bei den städtischen Sportanlagen und Sportangeboten zeigt sich die Ausrichtung insbesondere auf männliche Jugendliche ebenfalls. Fußballplätze, die bevorzugt von männlichen Spielern belegt werden, finden sich überall in der Stadt. Sportanlagen, die speziell auf Mädchen oder Frauen ausgerichtet bzw. für diese zumindest zeitweise reserviert werden können, finden sich dagegen so gut wie gar nicht in der Stadt. Auch hier besteht also Nachholbedarf.

Was muss sich ändern?

Die Ergebnisse der Befragung der STADTGESTALTER bestätigen, die weibliche Perspektive auf das Leben in der Stadt, die Bedürfnisse von Frauen finden auch in der Bochumer Stadtplanung bisher zu wenig Berücksichtigung. Der weibliche Teil der Bevölkerung wird bereits in die Planungsprozesse nicht mit dem nötigen Gewicht einbezogen. Die offensichtlichen Defizite bei der Stadtplanung aus weiblicher Sicht zeigen, die nicht männliche Stadtbevölkerung wurde bei Planungen bisher nur unzureichend angehört, entsprechend wurde auf ihre Bedürfnisse zu wenig Rücksicht genommen.

Nach Meinung der STADTGESTALTER ist es nötig, dass die Stadtplanung den besonderen Bedürfnissen von Frauen zukünftig besonderes Rechnung trägt und Maßnahmen ergriffen werden, die bestehenden Defizite, im Hinblick auf die bereits genannten Bereiche wie Sicherheitsempfinden, Verkehr, Toiletten, öffentlichen Sportanlagen sowie einigen weiteren wie beispielweise Wohnen, Arbeiten und Flächennutzung systematisch erfasst und gezielt beseitigt werden.

Für zukünftige Stadtplanungen muss ein Mechanismus gefunden werden, der sicher stellt, dass der weiblichen Perspektive auf die Dinge immer in gleicher Weise Beachtung geschenkt wird, wie der männlichen und Frauen in ausreichendem Maß an den Planungen beteiligt werden, damit diese ihre Bedürfnisse, Sichtweisen und Anforderungen mit entsprechendem Gewicht einbringen können.

05 Jan.

Bochum vs. Luxemburg – ein beispielhafter Stadtvergleich

Die Städte des Ruhrgebiets weisen in vielen Bereichen erhebliche Verbesserungspotentiale auf. Die Defizite fallen besonders auf, wenn man sich moderne Städte in Deutschland und Europa im Vergleich anschaut.

Warum ist das Image der Städte des Ruhgebiets so schlecht? Warum verlieren sie so viele Einwohner und Einwohnerinnen (Einwohnerverlust seit 1960 kostet Bochum 237 Mio. Euro im Jahr)? Schaut man sich das Erscheinungsbild wirtschaftlich erfolgreicher, fortschrittlich Städte in Deutschland an und vergleicht diese mit den Stadtansichten im Ruhrgebiet, wird sichtbar, dass in den Ruhrgebietsstädten einiges im Argen liegt.

Im Ruhrgebiet steht die Stadtentwicklung still

Während in den Großstädten außerhalb des Ruhrgebiets in den letzten 40 Jahren in Sachen Stadtbild, Stadtgestaltung und Verkehrsorganisation viel passiert ist, sieht es im Ruhrgebiet an vielen Ecken oft immer noch so aus wie in den 80er Jahren.

Konkret wird das an einem bespielhaften Vergleich der typischen Ruhrgebietsstadt Bochum und der Stadt Luxemburg deutlich. Genau so könnte man Duisburg, Essen, Dortmund, Gelsenkirchen oder Oberhausen mit Freiburg, Heidelberg, Münster, Utrecht, Aarhus oder Nantes vergleichen. Im Kern wäre das Ergebnis das gleiche.

Stadtvergleich: Bochum vs. Luxemburg

Bochum und Luxemburg haben eine wichtige Gemeinsamkeit. Die Bevölkerungsdichte unterscheidet sich in beiden Städten kaum (2.515 zu 2.580 Menschen pro Quadratkilometer). Es gibt aber auch deutliche Unterschiede. Bochum hat keine historische Altstadt mehr, keinen Großherzog und auch keine Behörden der EU. In Bochum sind auch nicht 70 % der Menschen, die in der Stadt leben, Ausländerinnen bzw. Ausländer.

Doch diese Unterschiede sind nicht ausschlaggebend für die sehr sichtbaren Unterschiede bei Stadtbild, Stadtgestaltung und Verkehrsorganisation. Diese sind mit wenigen Ausnahmen auch nicht Folge von zu wenig Geld in der Stadtkasse. Die Lösungen, die in Luxemburg gewählt wurden, sind regelmäßig nicht kostspieliger als die in Bochum gewählten. Teilweise ist es sogar genau andersherum.

Vergleich Bochum vs. Luxemburg

Öffentlicher Nahverkehr

So hat zum Beispiel Luxemburg im Bereich des ÖPNV auf teure Tunnelprojekte verzichtet. Seit 2015 wird sehr erfolgreich ein neues Straßenbahnsystem aufgebaut. Eine neue Linie besteht bereits. Diese benutzen, 28,7 Mio. Fahrgäste im Jahr (Die Straßenbahn in Luxemburg konkurriert mit den Zügen), zum Vergleich, in Bochum kommt die BOGESTRA für das 5x größere Verkehrsgebiet, also inkl. Gelsenkirchen und Witten, auf nur 107 Mio. Fahrgäste pro Jahr (Fahrgastzahlen BOGESTRA).

Diese Zahlen zeigen, was eine moderne Straßenbahn bewirken kann. Ein Straßenbahnzug befördert in Luxemburg bis zu 450 Menschen, in Bochum sind es gerade mal 185. Selbst die Züge der U35 schaffen nur 342 Personen. Auch der Takt der Tram ist in Luxemburg doppelt so hoch wie der in Bochum. In der Hauptverkehrszeit kommt eine Bahn alle 3,5 bis 4 Minuten, in Bochum, wenn es gut läuft, alle 7,5 Minuten. Hinzu kommt, der öffentliche Nahverkehr ist in ganz Luxemburg kostenfrei. Im VRR versucht man dagegen durch ein bewusst kompliziertes Ticketsystem Menschen vom Benutzen des ÖPNV abzuhalten (VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel). Die Unterschiede zeigen sich auch im Busverkehr, so ist der Takt der Nachtbusse in Luxemburg doppelt so hoch. Nachtexpressbusse kommen statt aller 60 Minuten, aller 30 Minuten.

Die Defizite beim ÖPNV schlagen sich in Bochum in niedrigen Nutzerzahlen wieder. Nur knapp über 15 % der Wege werden in Bochum mit Bus und Bahn zurückgelegt, in der Stadt Luxemburg liegt der Anteil bei 20 %, also etwa bei dem, wie er in Metropolen üblich ist (RVR: Regionales Mobilitätsentwicklungskonzept für die Metropole Ruhr, Seite 29).

Der Vergleich Luxemburg vs. Bochum macht die schwerwiegenden Defizite im ÖPNV des Ruhrgebiets deutlich sichtbar. Doch während Luxemburg an neuen Straßenbahntrassen gebaut wird und die Stadt einen klaren Plan für den weiteren Ausbau des Tram-Netzes in den nächsten 15 Jahren hat (Erweiterungen des Tramnetzes), gibt es in Bochum keinerlei konkrete Pläne für einen Ausbau. Seit 50 Jahren diskutiert die Politik über mögliche neue Strecken, substanziell heraus kommt dabei nichts. Während moderne und fortschrittliche Städte weiter investieren, bleibt in Bochum alles beim Alten. Der Rückstand zu den erfolgreichen Großstädten wird immer größer.

Fuß- und Radverkehr

Was für den ÖPNV gilt, wird auch beim Fuß- und Radverkehr sichtbar. Im Stadtbild sehr auffällig wird diesem in Luxemburg ein ganz anders Gewicht zugemessen als in Bochum.

Überall gibt es Zebrastreifen, die den Fußgängern und Fußgängerinnen Vorrang gegenüber dem Autoverkehr gewähren. An jeder Kreuzung sind die Bordsteine für ältere und behinderte Menschen abgesenkt. Ein verkehrswidriges und für Menschen, die zu Fuß gehen oder das Rad nehmen oft gefährliches Beparken von Gehwegen oder Kreuzungen ist unüblich und wird von den Ordnungsbehörden konsequent verfolgt. Autos parken so gut wie ausnahmslos auf ausgewiesenen Parkflächen am Straßenrand.

Das städtische Fahrradverleihsystem (Bike-Sharing) verfügt in ganz Luxemburg flächendeckend über Ausleihstationen. Überall sieht man sie in der Stadt. In Bochum hat man das in 15 Jahren nicht geschafft. Immer noch gibt es in weiten Teilen der Stadt keine Stationen des Bike-Sharing-Anbieters metropolradruhr (In Bochum besteht bei Car- und Bike-Sharing immenser Nachholbedarf).

Im Ergebnis gehen in Luxemburg mehr Menschen zu Fuß oder nehmen das Rad als in Bochum. Die sichtbaren Defizite beim Fuß- und Radverkehr in Bochum haben Folgen. So werden in Bochum 31 % der Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt, in Luxemburg 35 %.

Luxemburg: geordnetes Parken und Zebrastreifen, Innenstadtring als Einbahnstraße, moderne Straßenbahn, versenkbare Poller zur Zufahrtskontrolle der Innenstadt (von links oben nach rechts unten)

Innenstadt

Auch in der Innenstadt sind die Unterschiede auffällig. Während in der Luxemburger Innenstadt der Marktplatz zum Wochenmarkt mit 40 Ständen gefüllt ist, verlieren sich in Bochum gerade mal 16 Stände auf dem Dr.-Ruer-Platz. Und das, obwohl Bochum über deutlich mehr Einwohner verfügt.

Auch der Weihnachtsmarkt erfreut in Luxemburg die Menschen deutlich länger. Machen in Bochum die Stände schon am 23.12. zu, laufen in Luxemburg die Märkte noch 9 Tage länger, bis zum 01.01..

Die Luxemburger Innenstadt (Haute Ville, Oberstadt) ist bis auf wenige Ausnahmen autofrei. In Bochum quält sich der Autoverkehr zum Nachteil der anliegenden Geschäfte noch immer durch Straßen wie Brückstraße, Untere Marktstraße, Große Beckstraße oder Bleichstraße.

Versenkbare Poller versperren in Luxemburg überall die Zufahrten zur Innenstadt. Nur noch der Anliefer- und Anwohnerverkehr kommt durch. Betonsperren, Absperrbaken und Indutainer verschandeln zu Zeiten von Großveranstaltungen nicht mehr das Stadtbild. Immerhin, in Bochum soll die Verwaltung den Einsatz solch intelligenter Zufahrtsysteme prüfen. Die bisherigen Lösungen sehen provisorisch aus und wirken einem positiven Gesamtbild entgegen.

Um die Innenstadt von Autoverkehr zu entlasten, setzt die Stadt Luxemburg auf ein ausgefeiltes Park- und Ridesystem (Parkplätze und P+R). Während in der Innenstadt nur 2.832 Parkplätze vorhanden sind, gibt es im Umland 5.331 in der Regel kostenfreie P+R-Plätze, die hervorragend an den ebenfalls kostenfreien ÖPNV angeschlossen sind. Vier Stunden Parken im Innenstadtparkhaus kostet dagegen 8,40 Euro, in Bochum ist es zwei Euro günstiger. In Luxemburg lohnt sich somit P+R, in Bochum dagegen nicht, weshalb zeitgemäße P+R-Angebote gänzlich fehlen. Der gesamte lärmende Autoverkehr ergießt sich zur Parkplatzsuche in die Innenstadt.

Auf dem Innenstadtring wird der Autoverkehr in Luxemburg gegen den Uhrzeigersinn um die Innenstadt gelenkt. Nur im Süden ist der Ring keine Einbahnstraße. Das schafft Platz für die Trasse der Straßenbahn, Busspuren und Radwege. Auch das Queren des Rings für Fußgängerinnen und Fußgänger ist in Luxemburg viel schneller und einfacher möglich. Auch hier geht Luxemburg mit der Zeit. Einbahnstraßenlösungen setzen sich durch. In Luxemburg kann man erleben warum.

Trotzdem die STADTGESTALTER in Bochum bereits 2017 vorgeschlagen haben, den Ring zur Einbahnstraße zu machen (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße – Detaillierter Vorschlag), weigert sich die Politik bisher, die Machbarkeit des Vorschlags überhaupt zu prüfen. Es scheint, als fürchte die Politik sich vor dem Ergebnis einer solchen Verkehrsuntersuchung.

In der Luxemburger Innenstadt wird sichtbar, dass die Stadt das Ziel verfolgt, durch moderne, zeitgemäße Konzepte die Attraktivität der Innenstadt beständig weiter zu erhöhen. In Bochum haben Besucher*innen an vielen Stellen den Eindruck, die Stadtentwicklung sei in den 80er Jahren stehen geblieben.

Stadtbild, Stadtgestaltung und Ordnung

Das zeigt sich auch am Stadtbild und der Stadtgestaltung in der gesamten Stadt. Die Gestaltungsqualität des öffentlichen Raums in Bochum ist oft dürftig. Das sieht man besonders bei den Plätzen (u.a. Buddenbergplatz, Dr. Ruer-Platz). Die Gestaltung ist in der Regel ideen- bis trostlos und die Aufenthaltsqualität mäßig bis gar nicht vorhanden. Nicht ein einziger Bochumer Platz verfügt über eine gute oder sehr gute Platzqualität (Ranking der Stadtplätze).

Auch das ist in Luxemburg sichtbar anders. Der Anspruch an Stadtbild und Stadtgestaltung ist erkennbar höher. Sukzessive wurden die Stadtplätze neugestaltet, um sie attraktiver, grüner und lebenswerter zu machen (u.a. Place de Paris, Place Guillaume II, Place de la Constitution). Bochum tut sich dagegen schon schwer, überhaupt einen Platz, den Husemannplatz, zeitgemäß zu gestalten.

Auch die Herangehensweise bei der Stadtgestaltung ist in Luxemburg eine andere. “Placemaking” wird das Konzept genannt (Gestaltung des öffentlichen Raums durch Bürgerbeteiligungen – Placemaking). Während die Bürgerbeteiligung in Bochum weiter hin eher alibimäßigen Charakter hat, ist sie in Luxemburg fester Bestandteil aller gewichtigen Planungen des öffentlichen Raums.

Bereits vor dem Beginn der Planungen findet eine einleitende Besprechung statt, bei der die Vorgehensweise erklärt wird und die Bedürfnisse und Erwartungen der Bürger und Bürgerinnen erhoben werden. Auf dieser Grundlage werden in einem ersten Workshop mit den Bürgern und Bürgerinnen erste Ideen und Konzepte entwickelt. Die darauf basierenden Planungen werden dann in einem zweiten gemeinsamen Workshop diskutiert. Erst danach wird ein Gesamtkonzept erarbeitet und vorgestellt. Wenn das auf Zustimmung stößt, wird es umgesetzt.

Erkennbar wird in Luxemburg zudem viel mehr Wert auf ein gepflegtes Stadtbild gelegt. Der bauliche Zustand von Gehwegen und Straßen ist durchweg erheblich besser. Auch Sauberkeit und Grünpflege befinden sich auf einem anderen Level.

Wie bereits erwähnt wird das Parken auf Gehwegen und in Kreuzungen in Luxemburg nicht geduldet, es ist nur in ausgewiesenen Parkzonen am Straßenrand möglich. Während die Stadt in Bochum, wie man überall in den Straßen sehen kann, beim Parken jede Kontrolle verloren hat, ist das Parken im öffentlichen Raum in Luxemburg sichtbar perfekt organisiert (Parken in Luxemburg).

Parken ist in Luxemburg regelmäßig gebührenpflichtig. Flächendeckend ist mit einer Parkvignette Anwohnerparken in einer zugewiesenen Parkzone möglich, die kostet pro Jahr zwischen 0 Euro (erstes Fahrzeug) und 120 Euro (drittes Fahrzeug).

Selbstverständlich wird in Luxemburg auch der Biomüll stadtweit mittels Biotonne gesammelt und kompostiert (Bioabfälle Luxemburg) und nicht wie in Bochum weiterhin – wie schon seit jeher- unzeitgemäß verbrannt.

Ergebnis

Luxemburg zeigt beispielhaft, was möglich ist, wenn eine Stadt Stadtgestaltung und –planung konsequent an erfolgreichen Vorbildern orientiert und den Anspruch verfolgt, bei Umbauten und Umgestaltungen immer möglichst moderne und fortschrittliche Lösungen zu realisieren. Im Ruhrgebiet und Bochum kann man sehen und erleben, wie Städte aussehen und funktionieren, wenn die Politik nicht bereit ist von erfolgreichen Städten zu lernen und auf Stadtgestaltung, Stadtbild sowie auf eine geordnete Verkehrsorganisation kaum Wert gelegt wird.

Wer viel in deutschen und europäischen Großstädten unterwegs ist, sieht die gravierenden Unterschiede zu den Städten des Ruhrgebiets. Die Folgen der Defizite in fast allen Bereichen der Stadtentwicklung zeigen sich dann auch besonders bei der Einwohnerzahlentwicklung, während Luxemburg zwischen 2011 und 2022 36.000 Menschen gewinnen konnte, verlor Bochum 8.000.

Die Politik muss bei der Stadtentwicklung grundlegend umdenken, sich erfolgreiche Großstädte zum Vorbild nehmen und sich an zeitgemäßen Lösungen orientieren, sonst wird der Abstand zu modernen und fortschrittlichen Städten jedes Jahr größer.

08 Dez.

Ein Plan für die Neugestaltung des Riemker Markts

Der massenhafte Durchgangsverkehr nach Neubau der Herner Straße hat das Stadtteilzentrum von Riemke nachhaltig zerstört. Ein rigoroser Neuanfang ist nötig. Die STADTGESTALTER machen dazu einige Vorschläge.

Das Stadtteilzentrum von Riemke ist fast tot. Angebote für den täglichen Bedarf gibt es kaum noch. Der Supermarkt ist lange weg. Die Straße ist laut und trostlos, Leerstände prägen das Bild. Den meisten Gebäuden ist ein erheblicher Sanierungsstau anzusehen. Der Marktplatz ist ein öder Parkplatz. Es gibt eigentlich kaum mehr etwas, weshalb man herkommen möchte.

Riemke heute

Übermäßiger Verkehr zerstört das Stadteilzentrum

Wie konnte es so weit kommen? Eine 18 Meter breite Asphaltschneise mitten durch das Herz des Stadtteils, die 2018 von 14,7 Mio. Fahrzeugen pro Jahr befahren wurde, unter diesen Bedingungen hatte das Riemker Stadtteilzentrum keine Chance.

Riemke heute

Das Schicksal von Riemke Mitte war besiegelt, nachdem die Stadt 2012 die Herner Straße erneuerte und dabei vier volle Fahrspuren ohne Straßenbahngleis schaffte, um die Straße für den Abkürzungsverkehr zwischen A43 und A40 attraktiv zu machen (Anwohner der Herner Straße dürfen nicht für Fehlplanungen der Stadt zahlen müssen). Die Kritiker*innen dieses maßlosen Neubaus hatten gewarnt, dass durch den autofreundlichen Ausbau, der Verkehr das Stadtteilzentrum zerstören wurde. Die Politik war an den zu erwartenden Folgen für den Stadtteil desinteressiert oder ignorierte sie. Die politische Fehlentscheidung ist nicht entschuldbar, 2012 war bekannt und zeigten alle Erfahrungen mit ähnlichen Projekten, dass eine 4-spurige Stadtstraße mitten durch ein Stadtteilzentrum dessen Zerstörung bewirken würde.

Bezeichnend, dass die Politik auch dann nicht handelte, als der Niedergang von Riemke immer sichtbarer wurde. Erst eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zwang die Stadt Ende 2018 zum Handeln. Aufgrund der dauerhaften Überschreitungen der Stickstoffdioxidgrenzwerte drohte ein Dieselfahrverbot (Vorschlag um Dieselfahrverbot auf der Herner Straße zur verhindern). Um die Straße für den Durchgangsverkehr von A40 zur A43 unattraktiv zu machen, führte die Stadt Tempo 30 ein. Erst jetzt nahm die Verkehrsbelastung am Riemke Markt so weit ab, dass seitdem zumindest die Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden können.

Die verhältnismäßig geringe Reduzierung des Verkehrs ohne bauliche Veränderungen am Straßenquerschnitt hatte jedoch keinen spürbaren Einfluss auf den Niedergang des Stadtteilzentrums. Dieser setzte sich fort. Wesentliche Strukturen für ein funktionierendes Stadtteilzentrums waren in Riemke allerdings schon 2018 unwiederbringlich verloren gegangen.

Ausgangssituation heute

Heute sind die im Laufe der Jahrzehnte durch falsche Stadtplanung angerichteten Schäden schon zu groß, um in Riemke ein pulsierendes Stadtteilzentrum, wie es bis in die 80er Jahre bestanden hat, wiederherzustellen.

Trotzdem ließe sich nach Ansicht der STADTGESTALTER wenigstens ein Teil des ehemaligen Zentrums zwischen Lutherhaus und Wilbergstraße reaktivieren. Insbesondere die Gegend um den Riemker Markt bietet dazu einige Chancen.
 
Seit Jahren besteht der Plan an der Ecke Herner Straße/ Tippelsberger Straße in einem gesichtslosen Neubau einen REWE-Markt anzusiedeln (WAZ vom 06.11.2024). Das Projekt musste mehrfach verkleinert werden. Die übermäßige Verkehrsbelastung auf der Herner Straße erfordert teure Lärmschutzmaßnahmen, die Wohnlage ist unattraktiv, sie weist schwere Defizite auf.

Der neue Supermarkt könnte trotzdem für eine gewisse Belebung des Stadtteilzentrums sorgen. Er liegt allerdings nicht direkt im Zentrum von Riemke am so genannten “Riemker Markt”, sondern jenseits der Tippelsberger Straße, 150 Meter südlich davon. Daher ist zu befürchten, dass der Markt bevorzugt mit dem Auto angefahren wird und sich die Impulse für das eigentlich Stadtteilzentrum in Grenzen halten werden.

Zur Belebung des Stadtteilzentrums Riemke, wird die Ansiedlung des Supermarktes also bei weitem nicht ausreichen. Daher haben die STADTGESTALTER weitere Vorschläge entwickelt.

Plan mit Vorschlägen der STADTGESTALTER

Der Plan der STADTGESTALTER

Der Plan der STADTGESTALTER verfolgt insbesondere folgende Ziele: Der Verkehr im Stadtteilzentrum soll auf ein stadtverträgliches Maß reduziert werden, die trostlose 4-spurige Aspahltwüste zur Aufwertung des Stadtbildes zurückgebaut werden. Die leichte Zu-Fuß-Erreichbarkeit der Geschäfte und Orte im Stadtteilzentrum soll wieder hergestellt werden. Aktuell sind die Gehwege an vielen Stellen kaum 2 Meter breit. Die Querung von Herner wie Tippelsberger Straße ist für Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, eine Zumutung. Am Riemker Markt fehlt zudem ein Frequenzbringer, ein attraktiver Supermarkt, der Kunden in das Stadtteilzentrum bringt, die andere Geschäfte besuchen würden.

Auf dieser Grundlage machen die STADTGESTALTER folgende Vorschläge:

Ansiedlung Supermarkt und Bäckerei mit Café im Norden des Marktes – Nach Vorstellung der STADTGESTALTER sollen die Geschäftshäuser im Norden des Marktes, wo sich derzeit auch die Sparkasse befindet, einen fast 20 Meter breiten Vorbau mit einer attraktiven Fassade erhalten. Auf diese Weise können rund 1.200 qm zusätzliche Ladenfläche gewonnen werden, die für einen Supermarkt, eine Bäckerei mit Café und ein öffentliches WC genutzt werden können. Dabei kann das Café platzseitig einen attraktiven Freisitz erhalten.

Parkähnlicher Platz mit Spielplatz und Quartiersgarage statt Parkplatz – Der Plan der STADTGESTALTER sieht weiterhin vor, den Parkplatz auf dem Riemker Markt zurück zu bauen und stattdessen als Mittelpunkt von Riemke einen quadratischen, parkähnlichen Platz samt großzügigem Spielplatz zu schaffen.

Die Autos der Kunden wie Anwohner*innen sollen in einer Quartiersgarage unter dem neuen Vorbau und Teilen des Platzes verschwinden.

Rückbau Herner Straße – Die Herner Straße soll zwischen Lutherhaus und Wilbergstraße auf eine Fahrspur je Fahrtrichtung zurück gebaut und das Tempo im Bereich des Stadtteilzentrums auf 20 km/h reduziert werden. Dies ermöglicht 3,5 Meter breite Gehwege auf beiden Seiten der Straße. Dazu sehen die Planungen der STADTGESTALTER am Markt insgesamt vier Zebrastreifen vor, die eine leichte Querung der Fahrspuren ermöglichen. Dadurch entfällt die massive Barrierewirkung der Herner Straße, die das Stadtteilzentrum heute in zwei Teile zerschneidet.

Neuer Straßenquerschnitt Herner Straße

Neuer Platz für den Wochenmarkt – Zwischen dem neuen parkähnlichen Platz und der zurück gebauten Herner Straße soll das heutige Toilettenhaus abgerissen werden. Unter den Bäumen westlich des heutigen Parkplatzes entstünde eine große gepflasterte Fläche, die zukünftig für den Wochenmarkt Marktplatz genutzt werden kann. Im Norden des neuen Marktplatzes kann eine großzügige Fahrradabstellanlage sowie eine Recyclingstation des USB eingerichtet werden.

Gehwegverbindungen zum neuen REWE an der Tippelsberger Straße – Damit man zu Fuß vom neuen Marktplatz leicht zum zukünftigen REWE gelangen kann, schlagen die STADTGSTALTER neben dem bequemen und breiten Gehweg entlang der zurück gebauten Herner Straße vor, die Tippelsberger Straße auf eine Straßenbreite von 6 bis 7 Metern zurück zu bauen, um auch hier eine leichtere Querung zu ermöglichen.

Dazu wird die Schaffung eines neuen Gehwegs vom Riemker Markt, östlich der Kirche bis zum neuen REWE-Markt angeregt. Damit diese Wegeverbindung Wirklichkeit werden kann, müsste die Stadt Kontakt mit der Kirche aufnehmen, da diese Eigentümer der Grundstücke ist, über die der Weg führen würde.

Verlegung des Bahnhof Riemke – Weiterhin regen die STADTGESTALTER an, den Bahnhof Riemke an der Glück-auf-Bahn auf Höhe der Riemker Straße und Auf dem Dahlacker zu verlegen oder dort einen zusätzlichen Halt einzurichten. Ein solcher Halt würde den Fußweg vom Riemker Stadtteilzentrum zur Bahn um ein Drittel auf 10 Minuten verkürzen.

Mit Hilfe der von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen Maßnahmen ließe sich die Aufenthalts-, Wohn- und Lebensqualität rund um den Riemker Markt beachtlich erhöhen. Eine attraktivere Stadtgestaltung, mehr Grün und Bäume, zwei zentrale Supermärkte sowie weniger Autoverkehr und Verkehrslärm, würden den ganzen Stadtteil deutlich aufwerten. Dies sollte eine Zunahme privater Investitionen in die bestehende Gebäudesubstanz nach sich ziehen sowie die Wiederbelebung einiger der bestehenden Ladenlokale mit neuen Geschäften und Gastronomiebetrieben bewirken.

Mit dem Konzept der STADTGESTALTER würde die Erreichbarkeit der Orte und Geschäfte im Riemker Stadtteilzentrum erheblich verbessert. Die Fußwege würden beträchtlich kürzer, alles im Stadtteil würde fußläufig näher zusammenrücken. Für die Stadtteilbewohner*innen würde es sich wieder lohnen, ihr Stadtteilzentrum mit dem Rad oder zu Fuß aufzusuchen, statt mit dem Auto zum Discounter im Gewerbegebiet zu fahren. Das Zentrum von Riemke kann mit seiner ausgezeichneten Stadtbahnanbindung wieder zu einem beliebten Wohnort werden.

18 Aug.

Mit welchem Verkehrsmittel kommt man in Bochum am schnellsten ans Ziel?

Anhand von 100 Strecken zwischen 0,5 und 30 km haben die STADTGESTALTER untersucht mit welchem Verkehrsmittel, Auto, Rad, E-Bike oder ÖPNV man am schnellsten durch Bochum kommt. Das Ergebnis für den ÖPNV ist erschreckend, die Nutzung von Bus und Bahn ist auf den meisten Strecken unzumutbar.

Wie gut kommt man mit Auto, Rad, E-Bike oder ÖPNV in Bochum von A nach B oder von Bochum in eine der Nachbarstädte? Um diese Frage zu beantworten haben die STADTGESTALTER Bochumer und Bochumer*innengefragt, welche Wege sie oft zurücklegen.

Untersuchung von 100 Wegstrecken

So kamen 100 Wege zusammen. Entsprechend des Modal Splits in der Stadt (Mobilitätssteckbrief Bochum), teilen sich diese Wege wie folgt auf: 22 Strecken bis 1 km Länge, 27 Wege von über 1 bis 3 km, 24 Strecken von über 3 bis 5 km, 18 Wege von über 5 bis 10 km und 19 Wege mit einer Länge von über 10 km. Mit Hilfe des Routenplaners von Google Maps wurde anschließend ermittelt, wie lang man für die entsprechenden Wege mit Auto, Rad und ÖPNV benötigt.

Dabei sind für die Verkehrsmittel folgende Besonderheiten zu beachten:

Auto – Der Routenplaner gibt die Zeit für die Autofahrt vom Start zum Zielpunkt wieder, In der angegebenen Fahrtdauer nicht enthalten ist die Zeit des Weges bis zum Parkplatz, um loszufahren, beispielsweise von der Haustür zur Garage und nicht die Zeit vom Parkplatz am Ziel zum eigentlichen Zielort, zum Beispiel vom Parkplatz in der Innenstadt zum Geschäft, das man aufsuchen möchte. Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die Zeit, die für eine eventuelle Parkplatzsuche benötigt wird oder Zeit für mögliche Staus und Verkehrsbehinderungen. Betrachtet man den Weg von Tür zu Tür, würden sich die ermittelten Zeiten somit um 2-10 Minuten erhöhen.

Rad – Hier wurde ebenfalls keine Zeiten außerhalb der reinen Fahrtzeit berücksichtigt, die zum Beispiel erforderlich sein könnten, um das Rad aus dem Keller oder einer Garage zu holen.

E-Bike – Zur Ermittlung der Fahrtzeiten mit einem Fahrrad mit elektrischem Hilfsmotor wurde zugrunde gelegt, dass man mit dem E-Bike nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes im Schnitt etwa 83% der Fahrtzeit benötigt, die mit einem Rad ohne elektrische Unterstützung erforderlich ist (Pedelec und E-Bike fahren ).

ÖPNV – Die ermittelten ÖPNV-Zeiten beziehen sich immer auf den Fahrplan im Zeitraum von 8 bis 18 Uhr an den Wochentagen Montag bis Freitag. Als Fahrzeit wurde jeweils die kürzeste angegebene Fahrdauer übernommen. Es ist also möglich, dass sich zu anderen Zeiten teilweise deutlich längere Fahrzeiten ergeben. Mögliche Verkehrsstörungen und Verspätungen blieben auch beim ÖNV unberücksichtigt. In den Fällen, wo für Strecken vom Routenplaner keine ÖPNV-Verbindung angegeben werden konnte, wurde die Dauer des Fußwegs zugrunde gelegt.

Die Auswertung

Für jede der 100 Wegstrecken ergaben sich so vier Fahrzeiten für Auto, Rad, E-Bike und ÖPNV. Die Auswertung der Fahrtdauern erfolgt nach Wegelängen:

Auswertung Fahrtdauern

Bis 1 km – Bei diesen sehr kurzen Strecken ist erwartungsgemäß das E-Bike das schnellste Verkehrsmitte, gefolgt vom Auto. Aber auch das normale Rad schneidet gut ab. Der ÖPNV erweist sich für sehr kurze Strecken allerdings zumeist als ungeeignet. In der Hälfte der Fälle ist keine ÖPNV-Verbindung verfügbar, der Routenplaner verweist auf den Fußweg. In allen anderen Fällen benötigt man mit dem ÖPNV 5 bis 15 Minuten länger als mit Auto oder Rad, das ist gerade bei so kurzen Strecken kaum zumutbar.

Wege bis 1 km, Modal Split, siehe rechts

Über 1 km bis 3 km – Auch bei diesen Wegelängen ist in der Regel das E-Bike das schnellste Verkehrsmittel, dicht gefolgt vom Auto. Das normale Rad ist nur 1 bis 3 Minuten langsamer. Was kaum ins Gewicht fällt, da mit dem Rad regelmäßig die Fußwege zum und vom Parkplatz entfallen, die beim Auto in den Fahrtzeiten nicht enthalten sind. Die Fahrzeiten beim ÖPNV sind durchweg 5 bis 31 Minuten länger als bei Auto oder E-Bike. In 16 von 24 Fällen beläuft sich die zusätzlich nötige Fahrtzeit auf über 10 Minuten, während die maximal Fahrtzeit bei Auto bzw. E-Bike ohnehin bei nur 5 Minuten liegt. Wieder ist der ÖPNV in keiner Weise konkurrenzfähig.

Wege über 1 bis 3 km, Modal Split, siehe rechts

Über 3 bis 5 km – Bei diesen Streckenlängen ist regelmäßig das Auto das schnellste Verkehrsmittel. Würde man zusätzlich die Wegedauern vom Startort zum Parkplatz und vom Parkplatz zum Zielort berücksichtigen, könnte man in den meisten Fällen das E-Bike mithalten, die reinen Fahrtzeiten sind im Schnitt nur 4 Minuten langsamer, mit normalem Rad sind es 7 Minuten, mit dem ÖPNV allerdings inakzeptable 22 Minuten. Auch in diesem Streckenbereich stellt der ÖPNV keine nutzenswerte Alternative dar.

Wege über 3 bis 5 km, Modal Split, siehe rechts

Über 5 bis 10 km – In diesem Wegebereich ist das Auto nur in einem Fall nicht das schnellste Verkehrsmittel. Das E-Bike ist im Schnitt 7 Minuten langsamer, das Rad ohne E-Unterstützung 12 Minuten. Während man mit dem Auto 10 bis 21 Minuten für die Strecken benötigt, ist mit dem ÖPNV im Schnitt eine Fahrtzeit von über einer halben Stunde (31 Min.) mehr einzukalkulieren. Nimmt man Bus und Bahn ist man im schlechtesten Fall 55 Minuten länger unterwegs als mit dem Auto. Auf den Streckenlängen, wo der ÖPNV eigentlich eine Alternative zum Auto darstellen müsste, ist er somit ebenfalls keine.

Wege über 5 bis 10 km, Modal Split, siehe rechts

Über 10 km – Geht es über die Stadtgrenze hinaus, liegt das Auto weit vorne. Rad und E-Bike sind für Strecken über 10 km keine Alternative, das sollte eigentlich der ÖPNV sein, Doch der ist im Schnitt 35 Minuten langsamer als das Auto und damit sogar noch 9 Minuten langsamer als das E-Bike. Die Fahrtzeit mit dem ÖPNV ist im Schnitt mehr als doppelt so lang wie mit dem Auto (27 zu 62 Minuten). Nur in einem Fall ist der ÖPNV konkurrenzfähig, in allen anderen Fällen sind die Fahrtzeiten unzumutbar bis inakzeptabel.

Wege über 10 km, Modal Split, siehe rechts

Die Ergebnisse

Betrachtet man alle Streckenlängen zusammen, ist im Ergebnis die Leistung des ÖPNV in 54 % der Fälle unzumutbar bis inakzeptabel, das bedeutet die Fahrtzeiten liegen mehr als 15 Minuten über der des schnellsten Verkehrsmittels. E-Bike und Rad haben Vorteile bei den kurzen Strecken. Das E-Bike kann mit dem Auto bis 5 km gut mithalten, ist oft sogar schneller. Also ist das E-Bike auf immerhin 63% der Wege, die in Bochum gefahren werden, eine gute Alternative. Ab 5 km liegt das Auto vorn, nur bis 10 km kommt das E-Bike nur noch bedingt mit.

Auswertung Fahrtdauern

Die Ursachen

Es stellt sich somit die Frage nach den Ursachen für diese Ergebnisse, insbesondere den Gründen für das desaströse Abschneiden des ÖPNV . Diese sind vielfältig:

Auto– Anders als in Großstädten sonst, gibt es in Bochum nach wie vor Schleichwege durch Wohngebiete. Durchgangsverkehr wird in Wohngebieten in Bochum immer noch geduldet. Schnell fließender Autoverkehr hat Priorität gegenüber hoher Wohn- und Lebensqualität,

Zudem wurde das ganze Stadtgebiet mit Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen überzogen, die auch heute noch zu Lasten der Lebensqualität der Bewohner*innen mit Milliardenaufwand weiter ausgebaut werden (u.a. Westkreuz, Opelspange, 6-spuriger Ausbau A43 und A40.).

Im Ergebnis steht für das Auto ein erstklassiges Straßennetz zur Verfügung, das eine sehr schnelle Fortbewegung mit dem Auto ermöglicht.

Rad- und E-Bike – Insbesondere bei den Fahrtdauern auf den Strecken zwischen 3 und 10 km wird sichtbar, dass die Stadt nicht über ein durchgängiges Radverkehrsnetz verfügt. Schnelle durchgängige Radverkehrsverbindungen fehlen ebenso wie eigene Ampelschaltungen für Radfahrende und Grünpfeile. Menschen mit dem Rad auf Gehwege oder schlechte Radwege zu verweisen, wie es in Bochum üblich ist, verhindert hohe Fahrgeschwindigkeiten mit dem Rad.

Um das Rad auch für Wege über 10 km attraktiv zu machen wären geeignete Radschnellwege nötig. Diese sind nicht zu erwarten. Die Fertigstellung des RS1 ist aufgrund der Inkompetenz der Verantwortlichen in den nächsten 10-20 Jahren nicht zu erwarten. Die geplante indirekte Streckenführung steht zudem schnellen Fahrtzeiten entgegen, neue Radschnellwege werden gar nicht erst geplant.

ÖPNV – Ursache für das desaströse Abschneiden von Bus- und Bahn ist das schlechte Nahverkehrsnetz in Bochum sowie der Ruhrstadt. Im wesentlich basiert der Nahverkehr auf langsamen, eher selten verkehrenden Buslinien, die jede Gießkanne abfahren. Das Straßen- und Stadtbahnnetz deckt das Stadtgebiet nur rudimentär ab. Wirklich schnell sind auch die Straßenbahnlinien nicht.

Ein substanzieller Netzausbau wird seit Jahrzehnten von der Politik, in Bochum den Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen, blockiert. Alle Initiativen in diese Richtung werden systematisch abgelehnt (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz).

Die Ruhrstadt-Metropole verfügt über kein metropolengerechtes Nahverkehrsnetz. Es ist bei der Politik keine Bereitschaft zu erkennen, diese zu schaffen.

Auch die BOGESTRA, die Busse und Bahnen in Bochum betreibt, ist offensichtlich nicht an einem Ausbau des Nahverkehrsnetzes und einer Beschleunigung der Linien interessiert. Forderungen in dieser Hinsicht werden an die Politik nicht gestellt. Die offensichtlichen Mängel und Defizite werden nicht benannt. Es werden keine Lösungsvorschläge gemacht.

Der ÖPNV ist in Bochum nicht im Ansatz konkurrenzfähig zu Auto, Rad oder E-Bike. Wer ihn benutzt, wohnt regelmäßig entweder direkt an einer Bahnhaltestelle oder tut dies nicht freiwillig, sondern ist gezwungen Bus und Bahn zu nehmen, in der Regel weil die Nutzung eines Autos oder Rads nicht möglich ist. Für die Menschen in Bochum gibt es sonst eigentlich keinen Grund sich den unzumutbar langsamen ÖPNV anzutun.

Aufgrund der geschilderten Situation ist zu erwarten, dass die Zahl der ÖPNV-Nutzenden zukünftig weiter abnehmen wird. Das desaströse ÖPNV-Angebot stellt einen hohen Anreiz dar, auf Auto oder E-Bike umzusteigen.

Die Untersuchung zeigt, die Verkehrspolitik in Bochum und der Ruhrstadt steht vor einem Scherbenhaufen. Seit Jahrzehnten wird zwar viel von Verkehrswende geredet, tatsächlich sind die Ergebnisse der Verkehrspolitik jedoch ernüchternd. Die mangelnde Bereitschaft die Dinge umzusetzen, die man besonders in Wahlkämpfen immer wieder lautstark ankündigt, rächt sich.

10 März

In welchem Ausmaß ist Autoverkehr stadtverträglich?

Viele fühlen sich von Verkehrslärm, Stau oder zugeparkten Geh- und Radwegen genervt. Zu viel Autoverkehr in der Stadt macht diese unattraktiv. Auf der anderen Seite ist Autoverkehr nützlich und unverzichtbar. Das Problem ist der übermäßige Verkehr. Doch bis zu welchem Maß ist Autoverkehr stadtverträglich?

Eine Stadt ist zum Wohnen und Leben da, Verkehr in der Stadt ist aber notwendig, um sich in der Stadt zu bewegen, sollte jedoch nicht zur Belastung der Einwohner*innen werden. Zu viel Autoverkehr schadet der Stadt.

Folgen von übermäßigem Verkehr

Die Folgen von übermäßigem Autoverkehr sind vielfältig und beeinträchtigen die Lebens- und Wohnqualität in einer Stadt in vielerlei Hinsicht. Anwohnerinnen von Hauptverkehrsstraßen sind Lärm und Luftverschmutzung ausgesetzt. Zu viel Verkehr verhindert direkte und schnelle Straßenquerungen. Der Verkehr führt zu Trading-Down-Effekten an Hauptverkehrsstraßen. Immobilien lassen sich schwer vermieten, die Mieteinnahmen reichen nicht aus, um die Gebäude Instand zu halten und zu sanieren. Es kommt zu sichtbarem Sanierungsstau bis Verfall. Für Vermieterinnen hat der Verkehr gravierende Mietpreisverluste zur Folge.

Aber auch Menschen, die andere Verkehrsmittel benutzen werden schwer beeinträchtigt. Geh- und Radwege werden zugeparkt, auch Kreuzungen, Grünflächen und anders mehr. Es fehlen Radwege, weil der Autoverkehr den nötigen Raum dafür beansprucht. Der ÖPNV wird behindert, Bus und Bahn stehen im Autostau oder werden durch Falschparkende an der Weiterfahrt gehindert. Auch behindert der Autoverkehr sich selbst. Notwendiger Verkehr zur Arbeit, zu Anlieferung oder Handwerkerverkehr bleibt im übermäßigen Verkehr stecken, weil manche auch für den Weg zum Fitnessstudio oder dem Kleingartenverein noch unbedingt das Auto nehmen müssen.

Zudem bedeutet übermäßiger Autoverkehr für die Stadt überhöhte finanzielle Belastungen. Denn die Autofahrenden zahlen nur 40-60% der Kosten, die das Autofahren tatsächlich verursacht (Studie: Straßenverkehr deckt Kostenbedarf nur zu 36 Prozent). Wissenschaftliche Studien zeigen, die Subventionen liegen in Städten im Schnitt beim Dreifachen von dem, mit dem Bus und Bahn bezuschusst werden (Der Autoverkehr kostet die Kommunen das Dreifache des ÖPNV).

Der Verlust der BOGESTRA, des Nahverkehrsunternehmens von Gelsenkirchen und Bochum, liegt bei rund 90 Mio. Euro im Jahr. Die Subventionen des Autoverkehrs lägen rein rechnerisch also für beide Städte zusammen bei schätzungsweise 270 Mio., Umgerechnet auf Bochum, dass fast 73% der Anteile des Nahverkehrsunternehmens hält, ergeben sich somit 197 Mio. Euro pro Jahr. So kostet allein das kostenfreie Anwohnerparken die Stadt über 20 Mio. Im Jahr. Dazu kommt die Subvention der städtischen Parkhäuser (Parkhäuser verkaufen und Geld in die Innenstadt investieren). Ebenso steht den Kosten, die die Stadt für den Bau und die Erhaltung der Straßen sowie für Maßnahmen zur Lärmminderung und die Beseitigung von Umweltschäden ausgibt, kein ausreichender Finanzierungsbeitrag der Autofahrenden gegenüber.

Autoverkehr belastet also nicht nur die Bewohner*innen der Stadt, sondern auch massiv die Stadtkasse. Auf der anderen Seite ist Autoverkehr in der Stadt nötig, um die Menschen zu versorgen und sie von A nach B zu bringen, hat also auch einen erheblichen Nutzen.

Nutzen von Autoverkehr

Allerdings hat nicht jede Fahrt mit dem Auto den gleichen Nutzen. Viele Fahrten haben nur für den Fahrenden einen privaten Nutzen, für sonst aber niemanden. Handels- und Handwerks- wie öffentlicher Verkehr haben wiederum einen Nutzen für die Allgemeinheit und die Gesellschaft. Dazu gibt es Fahrten, für die könnten auch andere Verkehrsmittel verwendet werden, deren Benutzung fast ohne Belastungen für die Stadtbewohner*innen und mit kaum oder deutlich geringeren Kosten für die Stadtkasse verbunden wären, z.B. die Nutzung von Fahrrädern, den Füßen oder von Bus und Bahn.

Es gibt also einen Anteil Autoverkehr, der ist notwendig, nicht mit anderen Verkehrsmitteln sinnvoll durchführbar und nutzt der Allgemeinheit und einen anderen. der nutzt nur privat dem Fahrenden, bedeutet aber für die Stadt massive Belastungen sowohl hinsichtlich Lebensqualität wie für die Stadtfinanzen und wäre vermeidbar, weil andere Verkehrsmittel genutzt werden könnten.

Ziel einer Stadt sollte also sein, den Autoverkehr auf das notwendige stadtverträgliche Maß zu reduzieren. Aktuell werden 54% der Wege in Bochum mit dem Auto zurückgelegt. In
wirtschaftlich erfolgreichen Städten sind es heute schon ein Drittel bis die Hälfte weniger. Es ist also auch in Bochum möglich den Autoverkehr deutlich zu reduzieren.

Vergleich Modal Split

Eine Stadt sollte nicht mehr Autoverkehr zulassen, als sie verträgt. Der Platz für Straßen und Parkplätze in der Stadt ist begrenzt, er kann nicht beliebig erweitert werden. Andere Nutzungen, die mehr Menschen nutzen als z.B. ein Parkplatz, müssen Vorrang haben vor einer verkehrlichen Nutzung des öffentlichen Raums. Der öffentliche Raum gehört allen Stadtbewohner*innen und muss daher auch zum Vorteil von möglichst vielen nutzbar sein.

Doch bis zu welchem Maß ist Autoverkehr stadtverträglich und ab wann wird es zu viel? Um diese Grenze zu definieren, muss man die einzelnen Bereiche des Verkehrs betrachten:

Parken – Zahl der zugelassenen Autos
In einer Stadt können nur so viele Autos zugelassen werden, wie auch Platz vorhanden ist, wo sie abgestellt werden können. Stellplätze im öffentlichen Raum sind nur da anzulegen, wo sie andere nicht behindern und die Fläche nicht besser und zum Nutzen von mehr Menschen genutzt werden kann. Auf Gehwegen sind also keine Abstellplätze auszuweisen, das Parken ist dort auch nicht zu dulden. Flächen für Wohnungen, gut gestaltete autofreie Stadtplätze oder Radwege zu nutzen ist einer Nutzung als Parkplatzfläche vorzuziehen.

Es ist also darauf zu achten, dass in einer Stadt nur so viele Autos zugelassen werden, wie Abstellplätze dafür vorhanden sind. Entsprechend muss man in asiatischen Großstädten und Metropolen die Voraussetzung, um ein Auto anschaffen und zulassen zu können, der Nachweis eines Stellplatzes. Um die Zahl der Stellplätze zu erhöhen, kann die Stadt Quartiersgaragen bauen (Quartiersparkhaus plus+ – viel mehr Nutzungen außer Parken).

Werden im mehr Autos angeschafft, ohne, dass in der Stadt die erforderlichen Abstellplätze dafür vorhanden sind, ist dies nicht stadtverträglich.

Autogröße
Um so kleiner das Fahrzeug um so stadtverträglicher ist es. Die verbrauchte Fläche ist geringer. Der Verkehr fließt besser. Das Überholen von Fahrrädern mit ausreichendem Abstand ist. Z.B. einfacher. 1,4 Menschen fahren im Durchschnitt in deutschen Autos. In vielen sitzt also nur eine Person. In den meisten Fällen ist die Nutzung eines großen Autos also gar nicht nötig. Die verstärkte Nutzung übergroßer Autos hat für die Allgemeinheit keinen Nutzen und ist nicht stadtverträglich sie schafft nur Probleme. So nimmt auch die Schwere von Unfallverletzungen mit Zunahme der Autogröße zu.

Die Stadt sollte also die Anschaffung von Kleinstfahrzeugen fördern und die Anschaffung von unnötig großen Fahrzeugen sanktionieren.

Kosten des Autoverkehrs
Die Nutzung des Autoverkehrs ist nicht stadtverträglich, wenn dadurch die Stadtkasse unnötig belastet wird. Es ist zudem nicht gerecht, wenn diejenigen, die kein oder kaum Auto fahren die Kosten des Autofahrens, die andere verursachen, durch ihre Steuern mittragen.

Die Stadt muss also dafür sorgen, dass die Nutzung des Autos so viel kostet, wie das Fahren an Kosten verursacht. Mögliche Instrumente dafür wären eine Zulassungs- und Parksteuer oder eine Citymaut. In jedem Fall sind die Kosten, die Parkplätze im öffentlichen Raum bei der Stadt verursachen, zu 100% allein von denen zu tragen, die sie nutzen.

Behinderung von Rad- und Fußverkehr
Aus der Nutzung des Autos darf keine Behinderung des Rad- und Fußverkehrs folgen. Wird dieser durch übermäßigen Autoverkehr behindert, ist dieser nicht mehr stadtverträglich. aus dem Demokratieprinzip folgt, Menschen müssen mit allen Verkehrsmittel gut und sicher durch die Stadt kommen. Dass zu viele Menschen das Auto nutzen, darf nicht zu Lasten der Menschen gehen, die zu Fuß Gehen oder das Rad nutzen möchten.

Das bedeutet es muss ein flächendeckendes und komfortables Netz an Rad- und Gehwegen geben. Der dafür nötige Platz ist unabhängig vom Autoverkehr bereit zu stellen. Die von Autos auf Hauptverkehrsstraßen zu beanspruchende Fläche kann nur so bereit sein, wie nach Abzug von den nötigen Flächen von Rad- und Fußverkehr übrigbleibt. Gegebenenfalls können keine Abstellflächen ausgewiesen werden oder ist nur das Angebot einer Fahrspur möglich. Auch muss überall eine gute Querung von Straßen möglich sein, es darf nicht zu einer sich negativ auf die Wohn- und Lebensqualität auswirkende Barrierewirkung von Straßen kommen.

Den Komfort von Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen zu Gunsten des Autoverkehrs einzuschränken, widerspricht dem Grundsatz einer stadtverträglichen Autonutzung.

Belastung für Anwohnerinnen von Straßen
Wohn- und Lebensqualität sind höher zu bewerten als der Wunsch überall durch die Stadt schnell mit dem Auto fahren zu können. Insofern die Folgen des Autoverkehr Wohn- und Lebensqualität von Menschen beeinträchtigt, die an Straßen wohnen, sind diese Belastungen so gering wie möglich zu halten. Somit bedeutet stadtverträglicher Autoverkehr auch, Wohngebiete konsequent von Durchgangsverkehr freizuhalten und Tempo 30 stadtweit dort einzuführen, wo Menschen wohnen. Auch sind in Wohngebieten, Straßen zum Nutzen und Leben der der Bewohnerinnen zu gestalten, das Bedürfnis einzelner auf der Straße direkt vor der Haustür parken zu können ist nachrangig zu behandeln.

Auch darf übermäßiger Verkehr nicht dazu führen, dass Immobilien sich nicht mehr kostendeckend vermieten lassen und Gebäude an Hauptverkehrsstraßen deswegen nicht mehr saniert und modernisiert werden können.

Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen
Die Bedürfnisse gesellschaftlicher Gruppen, die aufgrund Alters oder einer Behinderung nicht mit dem Auto unterwegs sein können, bedürfen besonderer Beachtung. So muss es für Kinder ab 11 Jahren möglich sein sicher und selbständig durch die Stadt und zur Schule zu Fuß oder mit dem Rad zu fahren. Für mobilitätseingeschränkte und ältere Menschen müssen die Wege, die sie laufen müssen, um Straßen queren zu können möglichst kurz sein und die Querungszeiten an Ampeln ausreichend lang. Auch ist Menschen, die zu Fuße gehen, bei der Überquerung von Straßen grundsätzlich durch Zebrastreifen Vorrang zu gewähren. Solange übermäßiger Autoverkehr all diese Dinge nicht zulässt, ist er nicht stadtverträglich

Umgekehrt ist für Menschen mit nachgewiesenen Mobilitätseinschränkungen, die auf ein Auto angewiesen sind, zu ermöglichen, dass sie überall gut mit dem Auto hinkommen.

Behinderung von notwendigem Autoverkehr durch unnötigen Autoverkehr
Letztlich ist es auch nicht stadtverträglich, wenn überflüssiger Autoverkehr, für den auch andere Verkehrsmittel genutzt werden könnten, den Verkehr, für den ein Auto notwendig ist, behindert und zum Beispiel Staus erzeugt, oder erforderliche Abstellflächen belegt. Will man größere Dinge transportieren oder fehlt es an einer alternativen bzw. zumutbaren ÖPNV-Verbindung, ist die Nutzung des Autos sinnvoll und muss stadtverträglich möglich sein.

Die Stadt muss also versuchen, den notwenigen Verkehr zu bevorzugen, z.B. durch Bereitstellung von Ladezonen und den übermäßigen und stadtunverträglichen Autoverkehr unattraktiv machen. Dazu ist zum einen der Ausbau von Alternativen erforderlich, insbesondere des ÖPNV- und Radwegenetzes, zum anderen ist unnötigem Verkehr entgegenzuwirken, zum Beispiel Straßen vor Schulen zu sperren, damit Eltern ihre Kinder nicht mit dem Auto zur Schule bringen.

Autoverkehr auf ein stadtverträgliches Maß reduzieren

Bisher verfolgt die Stadt Bochum nicht das Ziel, den Autoverkehr in der Stadt auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. So lässt sie es weiterhin zu, dass immer neue Autos angeschafft werden, auch wenn im Stadtgebiet dafür gar keine legalen Abstellplätze mehr vorhanden sind. Die Stadt hat die Kontrolle über den Autoverkehr verloren. Sie ergreift nicht aktiv Maßnahmen, um den übermäßigen Autoverkehr zu reduzieren, sie reagiert nur in dem sie z.B. zusätzliche Parkplätze auf Gehwegen ausweist oder das Parken auf Gehwegen duldet und damit anderen Verkehren Platz wegnimmt.. Ebenso werden mit übermäßigem Autoverkehr immer wieder Zustände gerechtfertigt, die zum Nachteil anderer Verkehrsträger gehen. So wird die Einrichtung von Radwegen oder die Anlage von Zebrastreifen gerne mit der Begründung abgelehnt, der Autoverkehr sei zu hoch.

Eine attraktive Stadt lässt nur so viel Autoverkehr zu wie nötig und stadtverträglich möglich ist. Zu viel Verkehr macht Städte unattraktiv, besonders für Manschen die aus anderen Städten die negativen Folgen übermäßigen Autoverkehrs nicht kennen. Den Autoverkehr auf ein stadtverträgliches Maß zu senken ist also nicht nur ein Gewinn für die Wohn- und Lebensqualität in der Stadt, sondern ist auch ein entscheidender Faktor bei der Ansiedlung von Menschen und Unternehmen sowie für den Eindruck ,den Menschen von der Stadt haben, die sie besuchen, z.B. als Touristen.

Foto Beitragsbild: Wolfram Däumel

18 Dez.

Warum ist die Verkehrsorganisation im Ruhrgebiet so schlecht?

ÖPNV, Fuß- und Radverkehr sind in kaum einer Metropolregion hoch entwickelter Länder schlechter organisiert als im Ruhrgebiet. Was sind die Ursachen, und wie ginge es besser? Ein Vergleich mit Japan.

Menschen, die aus Ländern mit hohem Lebensstandard kommen, um das Ruhrgebiet zu besuchen, sind überrascht, wie schlecht der Verkehr in einer der größten Metropolregionen in Europa organisiert ist. Ein metropolengerechtes, flächendeckendes Nahverkehrsnetz gibt es nicht. Das ÖPNV-Netz hat große Lücken, die Takte sind weit entfernt von dem, was in Metropolen heutzutage üblich ist. Ein Radverkehrsnetz gibt es nur in Ansätzen. Das Ruhrgebiet erstickt in Staus. Verkehrslärm und Luftverschmutzung sind nach wie vor hoch, Hauptverkehrsstraßen, an denen wegen des überbordenden Verkehrs niemand wohnen will, sind oft heruntergekommen. Gehwege, Kreuzungen und Radwege werden durchweg rücksichtlos zugeparkt. Bürgersteige sind in schlechtem Zustand und für älter und behinderte Menschen nicht selten kaum nutzbar. Zebrastreifen scheinen kaum bekannt. Alles ordnet sich dem Autoverkehr unter. Nur mit dem Auto kommt man gut und sicher überall hin.

Stadtentwicklung im Verkehr ist im Ruhrgebiet in den 80ern stecken geblieben

In Sachen Verkehr scheint die Stadtentwicklung im Ruhrgebiet in den 80er-Jahren stehen geblieben zu sein. Die Rückständigkeit ist überall sichtbar und augenfällig. Die Entwicklung,, die andere Metropolregionen in den letzten vier Jahrzehnten erlebt haben, hat das Ruhrgebiet fast vollständig verschlafen.

Dern Goldstandard in Sachen Verkehrsorganisation kann man in japanischen Metropolen wie Tokio oder Osaka erleben. In den 80er-Jahren erkannte man im Land der aufgehenden Sonne, dass zunehmender motorisierter Verkehr für die Städte kaum verträglich sein würde und Flächen für eine weitere Expansion des Autoverkehrs nicht vorhanden waren, also tat man ab da alles, um diesen Verkehr auf ein stadtverträgliches Maß zu begrenzen.

Sicher sind nicht alle Maßnahmen, die in japanischen Metropolen erfolgreich waren, 1:1 auf das Ruhrgebiet übertragbar, doch lohnt sich ein Blick nach Fernost, um zu erkennen, wie der Verkehr auf einem ganz anderen Niveau organisiert werden kann.

Öffentlicher Nahverkehr

ÖPNV-Netz –  Das Rückgrat des Öffentlichen Nahverkehrs in japanischen Metropolen bildet ein dichtes Schienennetz. Flächendeckend überspannt ein Schnell- und U-Bahnnetz die Metropolregionen. Busverkehr ist unüblich, Busse werden nur für absolute Nebenlinien eingesetzt. Die Takte der wichtigen Linien liegen unter 5 Minuten. Von einem Schienenring (Tokio: Yanamote Line, Osaka: Loop Line) ausgehend (Eine Ring- und Achtlinie für das Ruhrgebiet), fahren die verschiedenen Linien sternförmig in die Außenbezirke. Eingesetzt werden auf diesen Linien Rapid, Semi-Rapid und Local Züge. Local-Bahnen halten überall, Rapid nur an den wichtigsten Stationen, Semi-Rapid auf einem Teil der Strecke an allen Stationen, sonst nur an den wichtigsten.

Fern- und Nahverkehrsnetz sind strikt getrennt. Der Shinkansen hält in Tokio nur an zwei Stationen. Seit den 80er-Jahren hat man das Streckennetz so ausgebaut, dass die Linien ganz überwiegend auf eigener Gleistrasse unterwegs sind. Das garantiert extrem hohe Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit.

Nahverkehrsunternehmen und Leitbild – Die japanischen Bahnen sind privatisiert und fahren auf der japanischen Hauptinsel Honshū mit Gewinn. Eine Sperrung des Bahnverkehrs wie sie im Ruhrgebiet im Januar für sieben Wochen vorgesehen ist, wäre in Japan undenkbar. Die Zufriedenheit der Kunden, hat einen ganz anderen Stellenwert. „In Deutschland wird Effizienz von der Seite des Kapitals her definiert. Es geht darum, Renditen zu maximieren sowie Investitionen und Kosten zu senken. … [In Japan wird] Effizienz … vom Kunden her definiert. Die Aufgabe eines Unternehmens ist, die Zumutung für Kunden zu minimieren, auch wenn dafür – zum Beispiel durch mehr Personal – etwas Eigenkapitalrendite geopfert werden muss. Denn im japanischen Verständnis entspringt der Gewinn der Zufriedenheit der Kunden.“ (Handelsblatt vom 12.07.22)

Verspätungen und Zug- wie Busausfälle, wie sie die im Ruhgebiet im Nahverkehr tätigen Unternehmen den Kunden regelmäßig zumuten, würden in Japan als Missachtung und Ignoranz gegenüber den Kunden angesehen. Der Rücktritt der Verantwortlichen nach einer öffentlichen Entschuldigung mit tiefst möglicher Verbeugung ggü. den betroffenen Kunden, wäre der einzige mögliche Ausweg.

Fahrscheinsystem – Die Bezahlung des Nahverkehrs erfolgt, wie in fast allen Metropolen der Welt mittlerweile üblich über so genannte IC-Karten, die auch digital aufs Handy geladen werden können (VRR – Höchste Zeit für den E-Fahrschein). Bei Antritt der Fahrt hält man Handy oder Karte im Vorbeigehen kurz auf einen Kartenleser, das gleiche an der Zielstation. Niemand muss Zeit für einen Ticketkauf aufwenden oder für die Bedienung einer absonderlich umständlich bedienbaren Eezy-App.

Eine in einer Stadt erworbene IC-Karte kann selbstverständlich in allen japanischen Großstädten verwendet werden. Ebenso dient sie zum Entsperren von Fahrrädern an Fahrradverleih-Stationen und man kann mit den Karten in vielen Geschäften, Restaurants und an Automaten bezahlen.

Fuß- und Radverkehr

Fußverkehr – Fußwege befinden sich durchweg in einem sehr guten Zustand, Fußgängerüberwege und Zebrastreifen in kurzer Folge sind selbstverständlich. An großen Kreuzungen gibt es Anzeigen an denen ablesbar ist, wie lange Grün oder Rot ist. Grünphasen sind regelmäßig lang bemessen und auch für ältere und behinderte Menschen gut zu schaffen. Parken auf Gehwegen ist undenkbar.

Teilweise wird eine ganze Kreuzung für die zu Fuß Gehenden auf Grün geschaltet, Fahrzeuge aus allen Richtungen haben rot und die Menschen können auch diagonal die Kreuzung queren. So funktioniert das auch bei der berühmtesten und meistfrequentierten Fußgängerkreuzung der Welt der so genannten Scramble Crossing in Tokioter Stadtteil Shibuya.

Mit Bordstein erhöhte Bürgersteige gibt es nur an Hauptverkehrsstraßen. In Wohngebieten sind Straßen in der Regel so schmal, dass man rechts und links mit einer weißen Linie Bereiche für Fußgänger*innen abtrennt, wo diese laufen können. Aufgrund des geringen Autoverkehrs in Wohnvierteln und des ausnahmslosen Verbots von Straßenparken, sind in Wohnstraßen weder Bürgersteige wie wir sie kennen noch Radwege erforderlich.

Radverkehr – Zwar wird in japanischen Metropolen regelmäßig mehr Rad als Auto gefahren, doch Radwege gibt es kaum und wenn nur an Hauptverkehrsstraßen. In Osaka werden 25% der Wege mit dem Rad zurück gelegt, in Tokio 14% (Bike share deployment and strategies in Japan).

Radfahrende dürfen die Gehwege benutzen, wenn ihnen das Fahren auf Hauptstraßen zu gefährlich ist. Diese Regel wird durchweg genutzt. Das Miteinander auf den Gehwegen funktioniert erstaunlich gut. Japanische Radfahrende sitzen deutlich tiefer im Sattel, die Laufräder sind im Durchmesser häufig kleiner. Das macht Fahrräder wendiger und die Radfahrenden haben schnell beide Beine am Boden. Die zu Fuß Gehenden sind die gemischte Nutzung der Gehwege gewohnt und zeigen Verständnis für die Radfahrenden, obwohl aufgrund des dichten Fußverkehrs auf Gehwegen deutlich dichter überholt wird als das bei uns der Fall ist. Halten sich Radfahrende aufgrund unzureichender Infrastruktur nicht an Verkehrsregeln, wird das auch von der Polizei toleriert. Es besteht zwar in der japanischen Straßenverkehrsordnung die unbedingte Empfehlung, das Radfahrende einen Helm tragen sollen, doch Radfahrende mit Helm sieht man nur selten.

Sofern es möglich ist, und das ist es oft, meiden Radfahrende Hauptstraßen und nutzen die wenig mit verkehrsbelasteten Wohnstraßen.

Japanische Metropolen verfügen über dichte Netze von Radverleihsystemen. Bis zu drei Unternehmen betreiben in einer Stadt parallel derartige Netze. Verliehen werden durchweg E-Bikes, teilweise zusammen mit E- Scootern, die aber eher wenig verbreitet sind. Verleihstationen sind manchmal schwer zu finden, da sie in der Regel nicht auf öffentlichem, sondern auf privatem Raum zu finden sind.

Gerne werden in Japan auch schmale, wendige Lastenräder verwendet, bevorzugt, um Kinder oder Einkäufe zu transportieren. Jede Bahnstation verfügt über für unsere Verhältnisse riesige meist unterirdische Radparkhäuser. Das Abstellen von Fahrrädern ist fast immer nur an Abstellanlagen möglich, da sonst verboten.

Autoverkehr

Parken – Ein Auto kann man in japanischen Metropolen nur dann zulassen, wenn man einen privaten Stellplatz dafür nachweist. Parken m öffentlichen Raum und an Straßen ist in Japan unbekannt. Parken ist nur auf privatem Grund möglich und teuer. 24 Euro pro Stunde werden in Zentraltokio fällig in den großen Stadtteilen sind immer noch 9 Euro/Stunde die Regel Es gilt der Grundsatz, Platz ist in der Stadt rar und soll bevorzugt für wichtigere Dinge als Parken verwendet werden.

PKW und LKW – Autofahrende haben die Kosten zu tragen, die sie mit dem Auto verursachen, Entsprechend machen neben dem Parken, verschiedene Fahrzeugsteuern und Mautgebühren das Autofahren teuer. Weder PKW- noch LKW-Verkehr werden subventioniert.*

°Diese Gegebenheiten führen dazu, dass 54,4 % der in Japan zugelassenen Autos Kleinstfahrzeuge, so genannte Kei-Cars., sind. Die dürfen nicht breiter sein als 1,48 m, länger als 3,4 m und mehr als 64 PS haben (Kei Car). Auch große 40t-LKW sieht man in Städten nicht. Fast der gesamte LKW-Verkehr wird mit Kleinst-LKW abgewickelt, auch 3,5- bis 7,5t-LKW sieht man häufiger, größere LKW sind nicht gut stadtverträglich und daher unüblich.

Auf den Straßen japanischer Metropolen fahren überwiegend Taxen, gewerbliche PKW und LKW, kaum Busse und vergleichsweise wenige Privat-PKW. Staus kommen nur selten vor. Trotzdem lohnt sich das Autofahren nicht. Es ist zu teuer und dauert zu lange. Fast alle Kreuzungen sind beampelt, Grüne Wellen eher die Ausnahme. Von Tokio nach Osaka braucht man mit dem Auto 6,5 Std, mit der Bahn 2,5 Std. Das Auto wird nur dann genutzt, wenn es keine bessere Alternative dazu gibt.

Japanische Metropolregionen vs. Metropolregion Ruhrgebiet

Stellt der Verkehr im Ruhrgebiet eine permanente Belästigung und Belastung dar, nervt die Menschen und ist man, wenn es um Zeit geht, häufig auf das Auto angewiesen, läuft das Leben in japanischen Metropolen entspannt. Der ÖPNV läuft reibungslos, alles ist perfekt organisiert, alle Verkehrsarten sind bestens aufeinander abgestimmt. Man kommt immer, auch ohne Auto, schnell, sicher und pünktlich zum Ziel. Die Verkehrsorganisation hat ein anders zivilisatorisches Level erreicht. Einzig beim Radverkehrsnetz an Hauptverkehrsstraßen haben auch japanische Metropolen noch Nachholbedarf.

Sonst haben Metropolen wie Osaka und Tokio in fast allen Bereichen der Verkehrsorganisation weltweit neue Maßstäbe gesetzt. während die Verkehrsorganisation im Ruhrgebiet eigentlich nur als Negativbeispiel wie man Verkehr auch schlecht organisieren kann, wertvoll sein kann.

Warum ist das Ruhgebiet in Sachen Verkehrsorganisation so rückständig?

Das führt zu der Frage, wie in japanischen Metropolen eine derart hochentwickelte Verkehrsorganisation  entstehen konnte, im Ruhrgebiet aber in dieser Richtung in den letzten vier Jahrzehnten fast nichts passiert ist.

Dafür gibt es sicher viele Gründe, drei besonders wichtige seien hier explizit genannt:

– Gibt es in Japan ein Problem, werden Pläne zur Lösung entwickelt und diese konsequent umgesetzt. Man handelt so lange bis die gesetzten Ziele erreicht und das Problem gelöst ist. Im Ruhrgebiet wird das Problem erkannt, viel erzählt und diskutiert, festgestellt, das andere Schuld sind, wenn es hoch kommt halbherzig Konzepte zur Lösung beauftragt, umgesetzt wird am Ende wenig bis nichts. Sollte etwas realisiert werden, dann im Schneckentempo, siehe Radschnellweg oder RRX. Politik und Verwaltung sind häufig keine Macher nur Schaumschläger*innen., die kaum mehr als heiße Luft verbreiten.

– Die Planung und Organisation des Verkehrs Ruhrgebiets erfolgt nicht aus einer Hand. Jede Stadt plant für sich selbst. Niemand ist bereit die entsprechenden Kompetenzen an eine höhere Instanz abzugeben, Obwohl alle Verantwortlichen in Städten und Politik wissen, eine gute Verkehrsorganisation der Metropole Ruhr ist nur mit einer zentralen Planung möglich, hält man borniert daran fest, dass jeder für seine Stadt rumwurschtelt. Der Erhalt der eignen Kompetenzen und Strukturen zählt mehr als die Realisierung einer guten Verkehrsorganisation.

– In Japan stehen immer die Kundeninteressen im Mittelpunkt der Unternehmensziele, im Ruhrgebiet sind diese irrelevant und werden ignoriert. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit, dichte Netze und Takte im ÖPNV, sind alles Ziele, die im Ruhrgebiet nur auf dem Papier vorkommen, aber nicht ernsthaft verfolgt werden. Entsprechend sind in allen Punkten in den letzten Jahrzehnten keine signifikanten Verbesserungen zu beobachten.

Zu guter Letzt sei angemerkt, dass es nicht zielführend sein kann, die Verhältnisse japanischer Metropolen unreflektiert auf das Ruhrgebiet zu übertragen. Aber Japan zeigt, was möglich ist, wenn man es denn will und konsequent daraufhin arbeitet. Das Ruhrgebiet muss an manche Stellen sicher andere Lösungen und Lösungswege finden. Der erste Schritt aber wäre, dass man nicht nur von Verkehrswende und besseren Verkehrsorganisation redet, sondern auch ernsthaft Schritte unternimmt, die genannten Ziele zu erreichen. Dabei kann Japan für das Ruhrgebiet in vielerlei Hinsicht Vorbild sein.

* Aktuell (2023) wird wegen der Inflation das Benzin subventioniert. Trotzdem erreichte der Benzinpreis im August ein Rekordhoch.

23 Juli

Offener Brief – Was sagen Geschäftsleute und Immobilienbesitzer zum Zustand der Innenstadt?

Immer lauter beklagen sich die Menschen in Bochum über die Entwicklung der Innenstadt. Die STADTGESTALTER fragen bei den Geschäftsleuten und Immobilienbesitzern nach, wie sie die Lage einschätzen und was sie tun wollen, damit die City wieder in die Spur kommt

Liebe Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt,

die Klagen der Menschen über die Entwicklung der Innenstadt werden immer lauter. In der City fehle es an guten Geschäften. Euroshops, Billigketten und Discounter würden die Stadt überschwemmen. Wirklich gute Einkaufsmöglichkeiten gäbe es kaum noch. Das Stadtbild der Innenstadt wird bemängelt. Die Menschen vermissen schöne Plätze, einladende Grünflächen, Sauberkeit und  ansprechende Stadtgestaltung. Auch das Service-Angebot wird bemängelt. So suche man z.B. Spielplätze und Toiletten oft vergeblich.

Die in den letzten Jahren umgesetzten Projekte wie Stadtbadgalerie, Sparkassengalerie, Einkaufszentrum Gerberviertel, Boulevard sowie die Schaffung von massenhaft Parkplätzen in unterirdischen Parkhäusern, heben nicht den Erfolg und nicht die Impulse für die Innenstadt gebracht, die die Stadt dazu in Aussicht gestellt hatte. Die gesetzten Ziele wurden in allen Fällen deutlich verfehlt. Auch das Projekt Husemann Karree, vormals Viktoria Karree, droht zu scheitern. Wie die Reaktionen zeigen, kann nach Ansicht der meisten Bochumer und Bochumerinnen ein weiterer Woolworth, der sich selbst als “Home of Discount” bezeichnet, die Innenstadt nicht positiv beleben, sondern steht vielmehr für einen weiteren Abstieg der Innenstadt.

Über die Jahre wurde die Bochumer Innenstadt einseitig auf Autokunden ausgerichtet, die in die Innenstadt kommen, dort einkaufen und schnell wieder wegfahren, deren Anspruch an Stadtgestaltung gering ist, die möglichst billig shoppen und wenn möglich umsonst parken möchten. Kunden, die mit anderen Verkehrsmitteln die Innenstadt erreichen wollen, einen hohen Anspruch an Stadtbild,, Stadtgestaltung, Verweilqualität und die Qualität der Geschäfte haben, meiden dagegen immer häufiger die Innenstadt,

Dabei zeigen alle Studien, dass die Kunden, die zu Fuß, mit dem ÖPNV oder dem Rad in die Innenstadt kommen, deutlich mehr in den Innenstädten ausgeben als die Kunden, die mit dem Auto kommen. Sollte nach 60 Jahren erfolgloser Fokussierung auf Autokunden, die Innenstadt jetzt nicht den roten Teppich für die Menschen ausrollen, die das meiste Geld in die Innenstädte bringen? Die Innenstadt ist zu Fuß und mit dem Rad schlecht, mit dem ÖPNV nur mäßig gut zu erreichen. Welche Initiativen wollen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer ergreifen, um diesen Zustand möglichst schnell abzustellen? Sollte eine Innenstadt nicht mit allen Verkehrsmittel komfortabel, sicher und schnell erreichbar sein?

Die Innenstadt weist unübersehbare Mängel im Stadtbild auf, das zeigt sich besonders auf den Plätzen. Statt ansehnlich gestalteter Orte, an denen sich Menschen gerne aufhalten und wohl fühlen, bietet die Innenstadt oft nur Ödnis und Trostlosigkeit (u.a. Rathausplatz, Dr.-Ruer-Platz, Propstei-Platz, Zugang Boulevard vom Hauptbahnhof, Buddenbergplatz). Den Husemannplatz bis 2025 umzugestalten ist viel zu wenig. Die Schaffung des 2019 vom Rat beschlossenen Spielplatzes am Kuhhirten wurde von der Stadt zunächst vergessen, die Gestaltungssatzung vor die Wand gefahren und vom Verwaltungsgericht gestoppt.

Punkten erfolgreiche Städte in ganz Europa gerade mit Flair, Ambiente und hoher Verweilqualität, tut sich nach wie vor in Bochum in diesem Bereich kaum Nennenswertes. Was sollte nach Ansicht der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer geschehen, damit sich Stadtbild und Gestaltung der City endlich grundlegend ändern? Welche Initiativen planen Sie? Was ist hinsichtlich Stadtbilds und Stadtgestaltung ihr Anspruch? Wird dieser durch den neuen City-Tower oder das neue Sparkassen-Gebäude am Dr-Ruer-Platz erfüllt? Welche Orte müssen nach Ihrer Meinung dringend neugestaltet werden? Wie viel Zeit bleibt der Innenstadt dafür?

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Attraktionen, die Menschen in die Innenstadt locken. Markthalle und Haus des Wissens werden frühestens 2026 fertig. Doch ein einziges neues Highlight reicht nicht. Erfolgreiche Städte erfinden ständig neue Attraktionen, Rotterdam z.B. schuf den neuen Cool-Single und inszenierte 2022 einen spektakulären Rooftop-Walk. Auch wir hatten einen Dachpark für die Innenstadt vorgeschlagen, die Seilbahn, die Viktoria Promenade oder eine Virtual-Reality-Box. Solche dauerhaften Highlights würden sicher viele Menschen in die Innenstadt locken. Was sind ihre Ideen, Vorschläge und Initiativen zur Schaffung solcher Attraktionen und Kundenmagnete?

2014/15 hat der Ruhr Park über 150 Mio. in Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und moderne Gestaltung gesteckt. Seitdem boomt er wieder. Könnte der Ruhr Park in dieser Hinsicht Vorbild für die Innenstadt sein? Ist der Ruhr Park immer noch Konkurrent der Innenstadt oder wären Innenstadt und Ruhr Park gemeinsam nicht viel stärker und würden sich ideal ergänzen?

Benötigt die Innenstadt nicht auch einen klaren Plan wie sie in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet wird, damit neue Investoren sehen, wie die City in 5 Jahren aussehen wird? Muss die Stadt nicht mit einer überzeugenden Vision für die Innenstadt begeistern, die Geschäftsleute anregt in die Bochumer Innenstadt zu investieren?

Die Umsetzung des ISEK-Innenstadt wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aktuell ist auch nicht nennenswert Geld für die Umsetzung der ISEK-Projekte vorhanden, da die Stadtumbaumittel des Landes für Bochum fast gänzlich in den Umbau des Lorheidestadions fließen. Kann sich die Innenstadt mit der nötigen Umgestaltung noch Jahrzehnte Zeit lassen, wie das die Pläne der Stadt vorsehen? Halten die Geschäfte der Innenstadt noch so lange durch? Oder braucht die Innenstadt schnell einen Masterplan, der dann auch zeitnah und konsequent umgesetzt wird?

Nach unserer Ansicht ist schnelles Handeln ein wesentlicher Faktor, um die bestehenden Strukturen der Innenstadt zu sichern und darauf aufbauen zu können. Jedes Jahr, das ungenutzt verstreicht, verschwinden Geschäfte und Strukturen der Innenstadt, die sich kaum zurück holen lassen

Leerstände prägen das Bild der Innenstadt. Zwar kann durch den Tapetenwechsel das Überangebot an Ladenlokalen gegenüber der Nachfrage kurzfristig gut überspielt werden, doch ändert das an dem eigentlichen Problem nichts. Was soll mit den Ladenlokalen geschehen, die keine Mieter mehr finden? Welche Möglichkeiten der Umnutzung sehen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt? Welche Ziele und Initiativen verfolgen Sie in diesem Bereich?

Nachdem die bisherige Ausrichtung der Innenstadt leider wenig erfolgreich war, sollte nach unserer Meinung eine konsequente Orientierung an Städten mit erfolgreichen Innenstädten erfolgen. Welche Innenstädte könnten nach Ihrer Ansicht für Bochum Vorbild sein? Was macht andere Innenstädte erfolgreich und gelingt in Bochum nicht? Inwieweit beschäftigen Sie sich bereits mit möglichen Vorbildern, haben entsprechende Innenstädte aufgesucht und findet ein Austausch mit Akteuren aus entsprechenden Städten statt?

Unsere große Befürchtung ist, dass in Bochum alles zu langsam und zu spät passiert. Die Zeit läuft ab. Teilen Sie diese Ansicht? Was könnten wir tun, um die Dinge deutlich zu beschleunigen? Sind Sie als Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt für einen grundlegenden Wandel bereit und würden diesen aktiv unterstützen? Die Stimme der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt hat großes Gewicht. Bisher hört man Sie jedoch kaum. Soll sich wirklich substanziell etwas verändern, dann sollten Sie sich nach unserer Ansicht lautstark dafür einsetzen. Ihre Vorschläge, Ideen, ihr Anspruch an die Stadtgestaltung und ihr Engagement sind ausschlaggebend für die Zukunft der Innenstadt.

Sie sehen, für uns stellen sich viele Fragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie einige beantworten oder dazu Stellung nehmen. Uns liegt die Innenstadt sehr am Herzen. Wir wollen die Innenstadt gemeinsam mit Ihnen und den Bürgern und Bürgerinnen wieder in die Spur bringen. Und stehen für einen Austausch gerne zur Verfügung.

Viele Grüße
Ihre STADTGESTALTER

PS: Wir veröffentlichen keine Antworten oder Auszüge daraus ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung.

Einige Beiträge und Vorschläge der STADTGESTALTER zur Innenstadt:

09 Apr.

Geplanter Ausbau A40: Teuer und schädlich für Stadt und Bewohner*innen

Ab Westkreuz soll die A40 über 8,5 km Richtung Dortmund auf 6 Fahrspuren ausgebaut werden. Aktuell werden die Kosten auf 360 Mio. Euro geschätzt. Ein Nutzen für die Stadt ist nicht erkennbar, die zusätzlichen Belastungen für Anwohner*innen und Stadt dagegen wären hoch. Fast 20% des Stadtgebietes sind zum Wohnen aufgrund der Autobahnen ungeeignet.

Von Duisburg aus ist die A40 bereits bis zum Westkreuz auf 6 Fahrspuren ausgebaut. Jetzt will der Bundesverkehrsminister die A40 bis zum Kreuz Bochum um weitere 8,5 km ausbauen. Ist das sinnvoll? Was bedeutet der Ausbau für die Stadt, besonders für die Menschen, die in der Nähe der A40 wohnen?

Ausbau hat keinen Nutzen

Sobald die A448 vom Westkreuz bis zu A43 fertig gestellt ist, kann man vom Westkreuz südlich um das Zentrum zur A43 und weiter zur A45 fahren wie auch nördlich über die A40. Der Verkehr wird sich also  auf A40 und A448 aufteilen. Insgesamt stehen dann ab Westkreuz acht Spuren zur Verfügung. Welchen Nutzen zwei weitere Fahrspuren haben sollen, ist nicht erkennbar.

Allerdings führt jeder Ausbau einer Autobahn zu mehr Autoverkehr und damit mehr Verkehrsbelastungen. Verkehr funktioniert nachfrageinduziert (Das Prinzip induzierter Nachfrage). Ein Ausbau von Straßen führt dazu, dass mehr Menschen längere Strecken zur Arbeit pendeln, vermehrt weiter entfernt einkaufen und Unternehmen Dinge in größerer Zahl von weiter entfernten Orten beziehen. Der Verkehr nimmt zu, so lange bis die Straßen wieder überlastet sind, und der Verkehr durch zunehmend auftretende Staus erneut zum Erliegen kommt. Das Anfügen weiterer Fahrspuren lässt Staus nur für eine kurze Zeit verschwinden, nur so lange bis auf mehr Fahrspuren der Verkehr soweit zugenommen hat, dass die Kapazitätsgrenze der Straße wiederum überschritten wird und der Verkehr wieder im Stau stecken bleibt. Selbst ein Ausbau auf 40 Fahrspuren wie sie etwa in Houston, Texas vorzufinden sind, lösen das Stauproblem nicht. In keiner Stadt wurden jemals Stauprobleme durch den Zubau von Fahrspuren gelöst. Immer nur nahm der Verkehr zu und damit die Verkehrsbelastungen.

Große Belastungen durch Autobahnen

In Bochum und dem Ruhrgebiet führen die Autobahnen direkt durch dicht besiedelte Stadtgebiete. In unmittelbarer Nähe zu den Autobahnen wohnen tausende Menschen, deren Lebensqualität auf vielfältige Weise massiv durch den Autobahnverkehr beeinträchtigt wird.

Lärm – An Autobahnen liegt der Lärmpegel ohne Lärmschutzmaßnahmen regelmäßig bei über 80 dB(A). In Wohngebieten liegen die Lärmgrenzwerte in Deutschland tagsüber bei 59 db(A) und nachts bei 49 dB(A). Die WHO empfiehlt Grenzwerte von 53 db(A) tags und 45 dB(A) nachts, da oberhalb dieser Grenzen, der Lärm für die Menschen gesundheitsschädlich sei (Fast die Hälfte der Menschen in Bochum ist gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt).

Selbst um die in Deutschland zu hoch angesetzten Lärmgrenzwerte einzuhalten bedarf es an Autobahnen hoher Lärmschutzwände, Lärmschutzfenster usw.. Zig Meter hohe Lärmschutzwände und die Unmöglichkeit die Fenster öffnen zu können, wirken sich jedoch negativ auf die Lebensqualität der betroffenen Hausbewohner*innen aus.

Anbauverbot – In 40 Meter breiten, so genannten Anbauverbotszonen auf beiden Seiten von Autobahnen, soll grundsätzlich niemand wohnen. Dort ist der Neubau von Wohnhäusern verboten. Bestehende Wohnhäuser in dieser Zone dürfen weder an- noch substanziell umgebaut werden. In einem Abstand bis zu 100 Metern zu einer Autobahn bedarf jede bauliche Veränderung der Zustimmung durch die Straßenbaubehörden. Der Wert von Immobilien in diesem Abstand zu Autobahnen wird daher deutlich gemindert. Wird eine Autobahn um 2 Fahrspuren erweitert, dehnt sich die Anbauverbotszone auf jeder Seite um weitere 3 bis 5 Meter aus. Immobilien die neu in die Zone fallen, werden auf einen Schlag entschädigungslos entwertet. Für die Betroffenen ist das wirtschaftlich ein schwerer Schlag.

Andere Anwohner*innen an Autobahnen werden im Zuge des Ausbaus enteignet, müssen Teile ihrer Grundstücke abgeben oder sich mit einer zig Meter hohen, das Grundstück verunstaltenden, das Haus verschattenden und die Sicht behindernden Lärmschutzwänden in ihrem Garten arrangieren.

Wertminderung – Erhebliche Wertminderungen treffen nicht nur diejenigen, die direkt in der Anbauverbotszone Immobilien besitzen, sondern alle die von Autobahnlärm, Verschattung und Sichtbehinderungen von Lärmschutzwänden und anderen Umweltbeeinträchtigungen betroffen sind.

Luftverschmutzung – Autobahnen beeinträchtigen insbesondere die Luftqualität in der direkten Nähe. insbesondere durch NOx- und Feinstaub-Emissionen. Nach Angaben des Asthma-Fonds sollten zwischen einer Schule und einer Autobahn mindestens 300 Meter liegen. Der gleiche Abstand gilt für Wohngebiete. Menschen, die weniger als 300 Meter von einer Autobahn entfernt wohnen, sind sonst ungeschützt gegen Feinstaub in Autobahnnähe (Lungenärzte im Netz). Für Bochum bedeutet das, Schulen wie an der Feldsieper Straße oder die Heinrich-Böll-Gesamtschule liegen schon heute viel zu nah an der A40.

Barrierewirkung – Autobahnen stellen sich auch mit nur 4 Spuren als an nur wenigen Stellen zu querende Barrieren im Stadtgebiet dar. Wohnquartiere an Autobahnen sind in der Regel von Quartieren auf der anderen Autobahnseite abgeschnitten. Viertel wie Kornharpen liegen isoliert im Stadtgebiet, sie sind aufgrund der umgebenden Autobahnen nur über wenige Straßen zu erreichen. Der soziale Austausch zwischen Nachbarschaften und Vierteln kommt zum Erliegen. Menschen, die das Rad nehmen oder zu Fuß gehen, müssen teilweise große Umwege in Kauf nehmen, weil der direkte Weg durch eine Autobahn versperrt ist. Umso breiter eine Autobahn wird, desto mehr verstärkt sich die Barrierewirkung.

Trading-Down – Aufgrund der schlechten Wohn- und Lebensqualität entwickeln sich Stadtviertel in direkter Nähe zu Autobahnen regelmäßig negativ. Besonders in Wattenscheid und Hamme sind die Trading-Down-Effekte in Autobahnnähe bereits heute unübersehbar.

Mikroklima – Werden A40 und A43 sechsspurig ausgebaut und verbleiben A448 und das Reststück der NS7 („Sheffieldring“) vierspurig, bedeutet das ohne Berücksichtigung von Auf- und Abfahrten die Asphaltierung einer Fläche von 1,5 Quadratkilometern. Jede asphaltierte Fläche heizt sich im Sommer auf und wird zur Hitzeinsel, die das Mikroklima in der Stadt negativ beeinflusst. Autobahnen stellen nicht nur eine physische, sondern auch eine thermische Zerschneidung dar. Sie erhöhen die auftretenden Maximaltemperaturen sowie die Wasserverdunstung und bedingen zusätzlichen Hitze- und Trocknisstress für die im Stadtraum wachsenden Bäume (Thermische Wirkungen von Autobahnen unter den Bedingungen des Klimawandels).

Flächenverbrauch Autobahnen

Gesamtbetrachtung

Betrachtet man die Belastungen, die von Autobahnen auf das Stadtgebiet und die Stadtbewohner*innen ausgehen, im Gesamten, sollte 300 Meter rechts und links jeder Autobahn niemand wohnen, zur Schule gehen, kleinen Kleingarten haben oder dauerhaft im Freien Sport treiben. Die in Bochum betroffene Fläche ist entsprechend groß: Die Stadt wird von rund 45 Kilometern Autobahn durchquert (inkl. NS7). Das bedeutet aufgrund der Autobahnen sind über 28 Quadratkilometer der Stadtfläche nicht für Wohnzwecke nutzbar, das entspricht fast 20% des gesamten Stadtgebietes. Die Belastungen der Stadt und der Lebensqualität der Einwohner*innen durch die Autobahnen ist also riesig.

Gebiete an Autobahnen, die zum Wohnen ungeeignet sind

Ein weiterer Ausbau der A40, der keinen nennenswerten Nutzen bietet, wird aufgrund der damit verbundenen erheblichen zusätzlichen Belastungen für die Bochumer Stadtbewohner*innen von den STADTGESTALTERn abgelehnt.

Geld besser in den Nahverkehr investieren

Hinzu kommen die enormen Kosten, von aktuell geschätzten 360 Mio. Euro für nur 8,5 km Ausbau. Kommt es zur Realisierung der Ausbaupläne, ist vermutlich mit Kosten von über 500 Mio. zu rechnen. Dieses Geld fehlt insbesondere beim Ausbau des ÖPNV im Ruhrgebiet. In diesem Bereich wäre es viel besser angelegt. Ein massiver Ausbau des ÖPNV im Ruhrgebiet würde dazu führen, dass mehr Menschen Bus und Bahn benutzen statt dem Auto. Dadurch würden die Autobahnen entlastet. Mit einer entsprechenden Investition in den öffentlichen Nahverkehr könnte die Zahl der  Staus auf der A40 wirksam vermindert werden, mit einem durchgehenden Ausbau auf 6 Spuren jedoch nicht.

26 März

Radständer für Bochumer Schulen kaufen und aufstellen überfordert Schulverwaltung

Selbst an einfachsten Aufgaben, wie der Anschaffung von Radabstellanlagen für die Bochumer Schulen, scheitert die Bochumer Verwaltung. Selbstverliebt beschäftigt sie sich seit Jahren mit sich selbst, statt endlich die benötigten Fahrradständer zu kaufen und auf den Schulhöfen aufzustellen.

Bildung und Verkehrswende sind zwei wichtige Bausteine für eine erfolgreiche und lebenswerte Stadt. Nicht nur darum werden diese beiden Punkte in vielen Verlautbarungen und Reden von Oberbürgermeister, Politik und Stadt als Schmuck ins eigene Schaufenster gestellt. Dass Bochum aber gerade in diesen Schnittpunkten recht blank dasteht, kann nicht mit Nachsicht betrachtet werden.

Sichere Radwege und Abstellanlagen kennen viele Schüler*innen in Bochum gar nicht

Für Schüler*innen stellt das Fahrrad das einzige individuelle Verkehrsmittel dar. Es verschafft Menschen die erste Freiheit, sich selbstbestimmt in ihrem Umfeld zu bewegen. Doch die Stadt beschneidet diese Möglichkeiten fahrlässig und lässt die individuelle Mobilität der Jüngsten, Jüngeren und Kleinen brach liegen. Weder finden sich ausreichend Radwege, um sicher zur Schule zu kommen, noch gibt es an den Schulen selbst sichere Radabstellanlagen. Der Schulweg endet bereits an der Bordsteinkante im Nirvana.

Das abgewetzte und oftmals fragwürdige Sprichwort von dem vielbemühten Hänschen, dem Hans und dem Lernen passt in diesem Falle leider wie die Faust aufs Auge. Und hat die gleichen schmerzhaften Auswirkungen. Lernen Kinder nicht frühzeitig, sich verantwortungsvoll und sicher im Straßenverkehr zu bewegen, dann fällt es ihnen später deutlich schwerer. Es geht also nicht nur um Komfort und Bewegungsfreiheit, sondern auch um Gefahrenprävention.

Gefährlich sind aber nicht nur die pädagogischen Konsequenzen, sondern auch die einfache Tatsache, dass irgendwie der Weg vom Kinder- ins Klassenzimmer physisch überwunden werden muss. Gibt es keine sicheren Radwege und keine Radabstellanlagen, dann fährt häufig das Elterntaxi vor. Nicht nur, dass dieser Chauffeurdienst zusätzlich Gift auf den zarten Keimling der Selbstständigkeit schüttet – Die Staffeln an Elterntaxen, die anfahren, halten, abbiegen, einparken, rausziehen und manchmal hupen und fluchen, stellen zwei Tonnen an kinetische Gefahr für die Kleinen dar, die zwischen Blech und Alu zu Fuß oder doch mit dem Rad zur Schule wuseln müssen.

Zur Karikatur wird dieser Zustand spätestens dann, wenn der Polizist zur Verkehrserziehung in die Klassen kommt und niemand weiß, wo man sein Rad an der Schule überhaupt hinstellen soll oder das Fahrrad des Sprösslings gleich aus dem Kofferraum des SUV gewuchtet wird. Es könnte auch ein Astronaut den Schülern von seiner Reise ins All berichten – die Inhalte wären kaum weniger lebensnah und realistisch für die Kinder.

Verwaltung scheitert bereits daran an den Schulen ausreichend Radabstellplätze zu schaffen

Dabei geht es gar nicht um Raketenphysik. Die Verwaltung wird viel mehr durch eine ganz bodenständige Allerweltsaufgabe an den Rand ihrer Belastungsgrenze gebracht. Radabstellanlagen baut diese schließlich zwar seltener als notwendig, aber dennoch immerhin mit gewisser Regelmäßigkeit seit Jahren im öffentlichen Straßenraum ein. Das Prinzip eines im Boden installierten Bügels, an den man sein Fahrrad mit einem Schloss anbinden kann oder einer Abstellanlage für gleich mehrere Räder funktioniert überall in Bochum und sogar in anderen Städten gleich. Auch auf unseren Schulhöfen.

Es bedarf nur weniger Anrufe, um die auf dem Markt verfügbaren Abstellanlagen zu bestellen. Ausgefuchste Planungen und Prioritätenlisten, die teure Arbeitszeit von teuren Bediensteten binden, kann man sich sparen, weil der Status aller Schulen beinahe gleich schlecht ist. Die traurige Realität, welche die Verwaltung auf Anfrage der STADTGESTALTER offenbaren musste: Bereits im Juni 2020 stellte die Verwaltung mittels einer Abfrage an den Schulen fest (Anlage zu Vorlage 20212223), an ausnahmslos allen(!) Bochumer Schulen fehlen brauchbare Ständer für Fahrräder. Ja, an allen. An keinem(!) Standort sind auch nur annähernd(!) ausreichend Radabstellanlagen vorhanden. Und wo doch ein paar Abstellanlagen eingesprenkelt sind, dann sind es überwiegend felgenfressende Vorderradhalter, die jedem Fahrraddieb die Freudentränen in die Augen schießen lassen. Auf 41.757 Schüler*innen kommen in Bochum sage und schreibe 153 Anlehnbügel, das sind 306 Radabstellplätze, die den Namen verdienen. Beschämend, nur 0,73% der Schüler und Schülerinnen können ihr Rad sicher an ihrer Schule abstellen oder anders herum, für 99,27% der Schüler*innen gibt es auf den Schulhöfen keine brauchbaren Fahrradständer.

Ein Vorschlag zur Rettung: In einem Sofortprogramm kann man an jeder Schule Abstellanlagen aufstellen. An jeder Grundschule Anlagen für die sichere Abstellung von 60 Fahrrädern, bei weiterführenden Schulen für 200 Räder. Einen Fehler kann man gar nicht machen. An keinem Standort wären nach dem Sofortprogramm zu viele Radständer vorhanden.

Was macht die Stadt? Die verweist auf das bereits jahrelang verschleppte Radverkehrskonzept. In diesem sollen dann in jedem Stadtbezirk zunächst eine(!) weiterführende Schule von einem externen Büro u.a. auf Radabstellanlagen untersucht werden (Vorlage 20212223). In dem Tempo brauchen die ältesten Kinder, denen heute Radabstellanlagen fehlen, wohl schon Rollatorabstellplätze.

Die Verwaltung beschäftigt sich mit sich selbst, statt die eklatanten Missstände zu beseitigen

Der vorliegende Fall zeigt exemplarisch wie ineffizient und lustlos teilweise in der Verwaltung gearbeitet wird. Statt die Beseitigung von Missständen zeitnah und zielorientiert anzugehen, werden Mitarbeiter*innen über Jahre mit der Erstellung von sinnfreien Abfragen und Konzepten beschäftigt (Stadtplanung: Ausufernde Konzeptflut sorgt für Zeit- und Geldverschwendung). Oft geht es in der Verwaltung nicht darum für die Menschen in der Stadt sinnvolle Verbesserungen zu schaffen, vielmehr geht es um die Selbstbeschäftigung der Mitarbeiter*innen, also allein darum mit sinnfreier Arbeit deren Anstellung und Bezahlung zu rechtfertigen.

Seit Jahrzehnten wissen alle, dass an keiner einzigen Bochumer Schule auch nur ansatzweise so viele Radständer vorhanden sind, wie gebraucht werden. Für diese Erkenntnis war keine aufwendige Abfrage erforderlich. Die Schulen benötigen keine Gutachten und Konzepte, in denen Verfahren und Prioritätenlisten entwickelt werden, welche Schulen als erstes die begehrten Abstellanlagen erhalten sollen. Das ist nichts weiter als Zeit- und Geldverschwendung. Alle Schulen benötigen dringend nur eins:  Fahrradständer, jetzt und sofort.

Auch helfen den Schulen keine Pilotprojekte, in denen untersucht wird, welche Radabstellanlagen, am besten geeigneten sind. In tausenden Schulen in Deutschland werden jeden Tag hunderte Räder abgestellt. Welche Ständer taugen und welche nicht, ist bekannt, das kann die Verwaltung in einer Fahrradstadt auf dem kurzen Dienstweg erfragen.

Für die rund 100 Bochumer Schulen könnte die Stadt auf einen Schlag pauschal Abstellanlagen für 14.000 Räder anschaffen und diese auf alle Schulen verteilen. Sind die aufgestellt, sieht man nach kurzer Zeit, an welchen Schulen noch Abstellplätze fehlen. In einer zweiten Runde können die dann nachbestellt und ergänzt werden. Das Vorgehen ist denkbar einfach und mit dem nötigen Willen ohne Probleme binnen eines Jahres umsetzbar.

Doch in Bochum sind seit Zählung der Abstellanlagen durch die Verwaltung im  Jahr 2020 schon wieder fast 3 Jahre vergangen, in denen an den Schulen immer noch nichts passiert ist. Die mangelhafte Arbeitsleistung der Verwaltung ist unerträglich, es fehlt offensichtlich an der Kompetenz selbst einfachste Aufgaben schnell und effizient zu erledigen. Den Willen, Missstände zeitnah und ergebnisorientiert zu beseitigen, sucht man ohnehin vergeblich.

19 März

Tagesmütter schlagen Alarm – Verkehr im Griesenbruch gefährdet Kinder

Besonders auf der Rottstraße wird viel zu schnell gefahren. Parkende Autos verstellen den Blick auf die Kinder. Immer wieder kommt es zu Beinaheunfällen. Die STADTGESTALTER machen einen Vorschlag wie der Griesenbruch sukzessive verkehrsberuhigt werden könnte.

Sechs Kindertagespflegeinrichtungen und Kindergärten gibt es im Rottmax Kiez wie der Griesenbruch auch genannt wird. Dazu kommt eine Grundschule, die Arnodschule. Kaum ein Quartier in Bochum ist so mit Kindern belebt wie der Griesenbruch. Doch gleichzeitig hat der Verkehr im Viertel Überhand genommen. Jede Straßenquerung wird für Kinder zur Mutprobe. Parkende Auto versperren die Sicht. Es wird viel zu schnell gefahren.

Jede Straßenquerung bringt die Kinder in Gefahr

Die Tagesmütter der Kindertagespflegeinrichtungen erleben das jeden Tag, wenn sie mit Bollerwagen und den kleinen Kindern den Kiez durchstreifen. Die STADTGESTALTER haben die Tagesmütter auf ihren Wegen durch den Kiez begleitet und sich die Gefahrenstellen angesehen. Auch bei der Begehung kam es beim Überqueren der Straßen immer wieder zu gefährlichen Situationen. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Der Verkehr im Griesenbruch muss deutlich beruhigt werden. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit bis zu einem schweren Unfall kommt wie am 24. Januar in Wuppertal, als fünf Kleinkinder verletzt wurden (Unfall mit Bollerwagen – Fünf Kleinkinder verletzt).

Gefahrenstellen im Rottmax-Kiez

    Die größten Gefahren lauern an folgenden Straßenquerungen:
    – Kreisverkehr Rottstraße
    – Diekampstraße am “Diekamp-Dschungel”
    – Querung Rottstraße Höhe Kriemhildstraße
    – Querung Maximilian-Kolbe-Straße Höhe Kriemhildstraße
    – Querung Rottstraße Höhe Schmidtstraße
    – Querung Maximilian-Kolbe-Straße Höhe Schmidtstraße

    Besonders gefährlich ist der Durchgangsverkehr im Kiez (gelbe Straßen), dieser ist überflüssig. Um diesen zu unterbinden, wären mögliche Lösung Einbahnstraßen, Straßensperrungen und Schleusen. Das zweite Problem, die gefahrenen Geschwindigkeiten sind zu hoch. Diese könnten mit Straßenumgestaltung, Einbauten, Tempo 30, und echten Spielstraßen vermindert werden. Dazu fehlen Querungsmöglichkeiten. Querungen sind nicht sicher möglich, schlecht einsehbar, der Querungsweg ist für Kinder oft zu lang. Hier könnten Zebrastreifen und kürzere markierte Überwege Abhilfe schaffen. Die Probleme werden dadurch verschärft, dass die Kreuzungen zugeparkt werden und damit schlecht einsehbar sind. Das Falschparken könnte durch Anwohnerparken nur auf markierten Stellflächen eigedämmt werden. Generell dienen die Straßen im Rottmax Kiez bisher ausschließlich dem Autofahren und Parken, gleichzeitig fallen in den Straßen fehlende Aufenthalts-, Grün- und Spielflächen auf. Das Parken könnte auf Dauer in Quartierparkhäuser verlagert werden, so dass sie Straßenflächen sinnvoller genutzt werden können.

    Das Konzept der STADTGESTALTER

    Aufgrund der Begehung mit Kindern und Tagesmütter sowie der Analyse der Gefahrenstellen schlagen die STADTGESTALTER einen Plan zur Verkehrsberuhigung des Griesenbruch vor. Kernstück ist die Verkehrsberuhigung drei weiterer Straßenteile. Ein beruhigtes Straßenstück besteht bereits auf der Henriettenstraße auf Höhe der Arnoldschule. Zusätzlich soll die Rottstraße von Alleestraße bis Annastraße für den Autoverkehr gesperrt werden. Hier könnte auf Dauer ein Park entstehen. Zudem sollen die Straßenabschnitte sowohl von Rott- wie auch Maximilian-Kolbe-Straße zwischen Kriemhild und Schmidtstraße verkehrsberuhigt werden.

    Verkehrsberuhigte Straßenabschnitte

      Diese Straßenteile sollen kurzfristig für den Verkehr gesperrt werden. Nur noch Anwohner*innen können diese Teile dann noch mit dem Auto für Wege zu Ihrem Haus nutzen können. Die STADTGESTALTER schlagen vor, in einem ersten Schritt die Oberfläche der Straßenstücke auszubessern bzw. neu zu asphaltieren und diese dann mit Unterstützung der Anwohner*innen zu Aufenthalts- und Spielflächen umzugestalten.

      Visualisierung Rottstraße, Tactical Urbanism

        DIeses Konzept des “Tactical Urbanism” wurde unter anderem sehr erfolgreich in Städten wie New York, Barcelona oder Mailand umgesetzt, Mit Hilfe der Anwohner*innen werden die Straßenflächen bunt angestrichen, dann werden mobile Sitzmöbel, Hochbeete, Bäume, Spiel- und Sportgeräte wie Tischtennisplatten oder Baketballkörbe auf der Fläche platziert. So entstehen im Kiez neue belebte Orte, wo sich Nachbarn treffen, Kinder spielen, Menschen Sport treiben oder einfach nur das Leben im Kiez genießen.

        Open Streets Mailand

        Um die gesperrten Straßenabschnitte herum soll der Verkehr mit einem Einbahnstraßensystem kanalisiert werden, das Durchgangsverkehr unmöglich macht. Ebenfalls schlagen die STADTGESTALTER vor, im gesamten Quartier Anwohnerparken einzuführen und auf den Straßen Stellplätze einzuzeichnen, so dass nur diese zum Parken genutzt werden.

        Die Pläne der STADTGESTALTER sehen vor die Rottstraße aus dem Vorbehaltsstraßennetz zu nehmen. Das ganze Quartier soll als Tempo 30-Zone ausgewiesen werden. Die bestehenden Spielstraßen bleiben bestehen.

        Das Konzept der STADTGESTALTER sieht vor, die Umgestaltung des Rottmax Kiez in drei Phasen zu realisieren. Mit den bereits beschriebenen Maßnahmen soll in Phase 1 umgehend begonnen werden. Es folgt die Baustellenphase auf der Alleestraße in der unter Umständen zeitweise noch Umleitungsverkehr durch den Griesenbruch fließen wird. Die in der ersten Phase vorgenommenen Umgestaltungen blieben so lange bestehen bis 2026 der Umbau der Alleestraße abgeschlossen ist. Damit beginnt die dritte Phase, In dieser soll die endgültige und dauerhafte Umgestaltung des Griesenbruchs erfolgen. In dieser Phase sollen die parkenden Autos weg von den Straßen in Quartiersparkhäuser verlagert werden. Die mobilen Sitzmöglichkeiten, Hochbeete, Bäume und Spiel- und Sportgeräte sollen durch dauerhafte ersetzt werden. Für die Rottstraße hatten die STADTGESTALTER bereits 2019 die Umwandlung in einen Streetpark vorgeschlagen (Rottstraße könnte Streetpark werden).

        Zeitablauf Realisierung

          Sofortiges Handeln nötig

          Die aktuelle Situation im Griesenbruch ist nicht weiter tolerierbar. Die Stadt darf nicht abwarten, bis es zu einem ersten ernsten Unfall kommt. Wie die STADTGESTALTER zeigen ist eine schnelle Änderung mittels Maßnahmen des Tactical Urbanism möglich. Beim Tactical Urbanism dreht sich alles um Action. Die Anwohner*innen setzen in ihrer Nachbarschaft gemeinsam mit Hilfe von Stadt und gemeinnützigen Einrichtungen kurzfristige, kostengünstige und skalierbare Umgestaltungsmaßnahmen um. Ziel ist es damit langfristige Veränderungen anzuregen (Tactical Urbanist`s Guide).

          Bereits die Umgestaltung der entsprechenden Straßenabschnitte ist ein Gemeinschaftsprojekt. Das fördert die Identifikation mit dem Kiez, regt Gemeinsinn an und macht die Menschen stolz auf den Raum, den sie selbst für sich und die Menschen aus ihrer Nachbarschaft geschaffen haben.

          Schnelles Handeln ist also möglich, wichtig ist, dass die Stadt es auch tut.