18 Jun

Fahrgastschwund – Alarmierende Entwicklung bei der BOGESTRA

Die Fahrgastzahlen im ÖPNV liegen in Deutschland nach Corona mittlerweile wieder bei knapp 90% der Fahrgastzahlen von 2019. Die BOGESTRA konnte 2022 dagegen nur 76% des Vor-Corona-Niveaus erreichen. Bereits seit 2010 kann die BOGESTRA nicht mehr mit der Entwicklung der deutschen OPNV-Unternehmen mithalten.

Schaut man sich die Entwicklung der Fahrgastzahlen deutscher Nahverkehrsunternehmen über die letzten 13 Jahre genauer an, dann stieg die Zahl der Fahrgäste in Deutschland ab 2010 stetig, bis sie 2019 einen Höhepunkt erreichte. Danach brach die Zahl Corona bedingt massiv ein, stieg dann bis 2022 wieder auf fast 90% der Fahrgastzahl der Vor-Corona-Zeit an (VdV Jahresberichte). Bei der BOGESTRA war die Entwicklung eine andere: Von 2010 bis 2015 lag die Fahrgastzahl bei um die 144 Mio., sank dann bis 2019 leicht, um in der Corona-Zeit um 27% auf knapp über 104 Mio. zu fallen und konnte sich im letzten Jahr dann nur leicht auf etwas mehr als 108 Mio. Fahrgäste erholen. Damit liegt die Zahl weiterhin 24% unter Vor-Corona-Niveau, und das trotz 9-Euro-Ticket-Boom 2022.

Fahrgastzahlen BOGESTRA Soll-Ist

BOGESTRA kann bei Fahrgastzahlen mit anderen Verkehrsunternehmen nicht mithalten

Hätte sich die Fahrgastzahl der BOGESTRA seit 2010 so entwickelt, wie das im Durchschnitt der deutschen Nahverkehrsunternehmen der Fall war, müsste die Zahl der Fahrgäste heute bei über 151,3 Mio. Fahrgästen liegen. Tatsächlich sind es nur 108,7 Mio.. Damit liegt die tatsächliche Zahl fast 40% unter der, die sich im normalen deutschen Trend ergeben hätte (siehe Grafik oben).

Hinsichtlich der Fahrgastzahlen bleibt die BOGESTRA also schon seit Jahren deutlich hinter der Entwicklung bei den Verkehrsunternehmen der meisten deutschen Städte zurück. Wie bei bei fast allen Nahverkehrsunternehmen ist der jährliche Unternehmensverlust jedoch förmlich explodiert, bei der BOGESTRA von knapp 60 Mio. Euro pro Jahr bis 2019 auf knapp 90 Mio. Euro 2022  (WAZ vom 05.06.23.). Vergleicht man das Defizit der BOGESTRA mit dem anderer Städte, liegt das Nahverkehrsunternehmen für Bochum, Gelsenkirchen und Witten mit etwas über 95 Euro pro Einwohner*in im Mittelfeld der deutschen Unternehmen. Sieht man allerdings auf die Zahl der Fahrgäste bzw. Fahrten pro bedienten Einwohner*innen, schneidet die BOGESTRA sehr schlecht ab (siehe Grafik unten), von hier betrachteten zehn Verkehrsbetrieben deutlich am schlechtesten. Während die BOGESTRA nur auf 120 Fahrten pro Einwohner*in kommt, sind es in Stuttgart schon 127, in Düsseldorf, Nürnberg, der Rhein-Neckar–Region (Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen) und Karlsruhe zwischen 150 und 200 Fahrten, in allen anderen Städten (Bonn, Dresden, Hannover) mehr als 200, in Freiburg sogar fast 300 Fahrten pro Einwohner*in.

Vergleich Städte, Fahrten und Verluste pro Einwohner*in
Vergleich Städte, Fahrten und Verluste pro Einwohner*in

Warum steht die BOGESTRA so schlecht da?

Die Zahlen machen deutlich, die BOGESTRA wird vergleichsweise wenig genutzt. Sie hat im Verhältnis zu der Zahl der Menschen, die in dem Gebiet wohnen, das das Unternehmen versorgt, wenig Kunden. Woran liegt das?

In vier Punkten unterscheidet sich die BOGESTRA von anderen städtischen Nahverkehrsunternehmen:
1. Das ÖPNV-Netz wurde seit Jahrzehnten nicht nennenswert ausgebaut
2. Das Netz basiert auf wenigen Straßenbahnlinien und vielen langsamen Buslinien
3. Das Tarif- und Ticketsystem ist für Menschen, die nur ab und zu fahren, undurchschaubar
4. Es fehlen Mobilitätsstationen zur bequemen multimodalen Nutzung mehrerer Verkehrsmittel

Alle vier Defizite sind seit Jahren bekannt. Die Politik hält eine Verbesserung aber nicht für erforderlich bzw. blockiert sie. Im Rahmen der Bochum-Strategie gibt es zwar eine Kernaktivität “Vorfahrt ÖPNV – Leitprojekte öffentlicher Nahverkehr” echte Leitprojekte sind darunter jedoch nicht zu finden. Die Kernaktivität stellt nicht mehr als eine Marketingaktivität dar. Ebenfalls hat der Bochumer Oberbürgermeister erst unlängst pressewirksam ein Positionspapier mit der Forderung unterschrieben den ÖPNV-Anteil zu verdoppeln (Positionspapier „Städte, Landkreise und Verkehrsverbünde begrüßen das Ziel der Verdoppelung der Fahrgäste des ÖPNV bis 2030!“), aktuell liegt dieser in Bochum nur bei 15,3%, doch konkret unternehmen, um das geforderte Ziel zu erreichen, tut der Oberbürgermeister nichts. Ernsthafte Aktivitäten gibt es im Bereich ÖPNV und Mobilitätswende nicht, die Bereitschaft etwas zu tun wird allenfalls vorgetäuscht.

Dias Ziel der Verkehrswende wurde von SPD und Grünen, die in der Stadt seit über 20 Jahren die Verkehrspolitik bestimmen, nie verfolgt. Entsprechend gab es In zwei Jahrzehnten keine Projekte das Bochumer Nahverkehrsnetz  substanziell auszubauen. Im Gegenteil verhindert die Bochumer Politik sogar den Bau wichtiger ÖPNV-Linien, indem sie mögliche Trassen unnötig mit Wohngebieten zubaut (Planungsfehler bei Wohnquartier Günnigfeld macht wichtige ÖPNV-Verbindung unmöglich) .

Zu 1.: Netzdefizit – Mehr Kunden gewinnt ein Nahverkehrsunternehmen insbesondere mit einem attraktiven Liniennetz. Im Bochumer Nahverkehrsnetz fehlen wichtige Verbindungen: Unter anderem eine schnelle Anbindung des Ruhr Parks an die City, eine Nord-Süd-Verbindung in Wattenscheid, eine Anbindung des Nordens von Wattescheid zum Bochumer und Essener Zentrum (Regiotram) und eine alternative Verbindung von der Innenstadt zur Ruhr-Universität und Hochschule über Altenbochum und Mark 51°7. Obwohl für alle diese Projekte bereits seit Jahren Vorschläge auf dem Tisch liegen, wird deren Planung und Umsetzung von der rot-grünen Rathauskoalition konsequent verhindert (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz).. So bleibt das Bochumer Nahverkehrsnetz lückenhaft, was wiederum Kunden abschreckt in Bochum Bus- und Bahn zu benutzen..

Zu 2.: Langsamkeitsdefizit – Viele Bereiche der Stadt sind nur mit langsamen Buslinien angebunden, die jede Gießkanne anfahren und bis zum Ziel endlos lange benötigen. Es fehlen kurze schnelle Shuttles zu den Schnellverkehrslinien, so dass die Kunden bei minimalen Umsteigezeiten ohne große Umwege zu Bahnlinien kommen, mit denen sie schnell zum Ziel kommen. Das bedeutet auch, dass die Straßenbahnlinien beschleunigt werden sollten, insbesondere durch eigene Gleiskörper.

Zu 3. Tarif- und Ticketdefizit – bisher betreiben VRR und BOGESTRA bewusst ein kundenunfreundliches Tarif- und Ticketsystem um Menschen, die nur ab und zu Bus oder Bahn nehmen wollen, von der Benutzung des ÖPNV abzuhalten. Es fehlt eine mit Geld aufladbare Smartcard von der die Fahrpreise über Touchterminals bei jeder Fahrt abgebucht werden können (Höchste Zeit für den E-Fahrschein. Das Eazy-Ticket, das ein kilometerbasiertes Bezahlen von Fahrtstrecken mittels Mobiltelefons ermöglich, ist zu umständlich und ggü. den sonstigen Fahrpreisoptionen regelmäßig zu teuer. Hier ist ein Umdenken nötig, denn auch Menschen ohne Monatsfahrkarte sind als Kunden wichtig, ein Verzicht auf diese Kunden kann sich die BOGESTRA nicht leisten.

Zu 4.Multimodaldefizit – Trotzdem bereits 2013 beschlossen wurde, in der Stadt ein Netz von Mobilitätsstationen aufzubauen, um es Menschen möglich, bequem und ohne Zeitverlust mit mehreren Verkehrsmitteln zum Ziel zu kommen, hat die Stadt es bis heute nicht geschafft, die mittlerweile ein Jahrzehnt alten Beschlüsse umzusetzen. (Bochum fehlen Car-Sharing-Stellplätze und Mobilitätsstationen).  Mit dem ÖPNV kommend an einem Bahnhalt komfortabel auf (Leih-)Rad oder Car-Sharing-Auto zu wechseln, ist wegen fehlender Mobilitätsstationen in Bochum regelmäßig nicht möglich. Der Bau der Stationen scheitert an der gepflegten Langsamkeit, mit der die Stadt ihre Aufgaben verschleppt

Keine rosige Zukunft

Die Zukunft der BOGESTRA sieht also alles andere als rosig aus. Dass das Unternehmen die Fahrgastzahlen von vor Corona je wieder erreichen wird, erscheint trotz gerade eingeführtem 49-Euro-Ticket mehr als fraglich. Angesichts fehlender fast 35 Mio. Fahrten bis zum Niveau von 2019, erscheint die Zahl von 20.000 neuen Kunden, die die BOGESTRA über das günstige Deutschlandticket gewinnen konnte, sehr gering (WAZ 08.05.2023).

Aufgrund der Blockadehaltung der Bochumer Politik in Sachen grundlegendem ÖPNV-Ausbau ist zu befürchten, dass die BOGESTRA zukünftig eher weiter Kunden verlieren als hinzugewinnen wird. Auf der anderen Seite wird das Defizit der BOGESTRA eher zu- als abnehmen. Damit wird auch der zukünftige Investitionsspielraum immer kleiner. Diese Entwicklung abzuwenden, dürfte es bereits zu spät sein, denn es dauert mindestens 5-10 Jahre bis Nahverkehrsprojekte geplant und umgesetzt worden sind. Selbst wenn jetzt relevante Projekte angeschoben werden, würde sich ein Effekt auf die Fahrgastzahlen erst im nächsten Jahrzehnt zeigen, bis dahin kann die Stadt die negative Entwicklung nur hilflos beobachten.

Bleibt die Zahl der Fahrgäste dauerhaft deutlich unter den Zahlen von vor 2020 oder sinkt sogar weiter, wird es unumgänglich zu der Forderung kommen, das Angebot der BOGESTRA deutlich zu reduzieren sowie Personal und Kosten einzusparen. Dann wird die kurzsichtige und nicht vorausschauende Verkehrspolitik der Stadt bei der BOGESTRA Menschen den Job kosten.

Beitragsbild Foto: PRobin

29 Jan

Ruhrgebiet: Mieser Nahverkehr schreckt Touristen ab

Das Ruhrgebiet bietet einzigartige Sehenswürdigkeiten. Nur gut hin kommen die Touristen nicht. Für eine Rundtour zu 11 Highlights des Reviers braucht man mit Bus und Bahn 8,5 Stunden, mit dem Auto 3 Stunden und 17 Minuten. Das schreckt Städtereisende ab und kostet das Ruhrgebiet Milliarden. Auch ist der schlechte ÖPNV beim Ruhrtourismus nicht die einzige Baustelle.

Das Ruhrgebiet zählt laut „National Geographic“ weltweit zu den 25 Top-Reisezielen (Ruhrgebiet als weltweites Top-25-Reiseziel ausgezeichnet). Das Magazin begründet die Auszeichnung, wie folgt: Dass Ruhrgebiet verfüge über einmalige Halden und „post-apokalyptisch wirkende“ Industriegebäude, die zu Museen, Parks und Open-Air-Kulturräumen umgebaut worden sind. Für Städtereisende aus aller Welt ist die Metropole Ruhr hochattraktiv und ein Must-See.

Ruhrgebiet kann Erwartungen von Städtereisenden nicht erfüllen

Doch der Tourismusboom bleibt bisher aus. Die Tourismusinfrastruktur im Ruhrgebiet ist in vielen Bereichen kaum besser als die eines Entwicklungslandes. Im Revier von einem Ort zum anderen zu fahren dauert endlos und ist dazu außerordentlich unkomfortabel und umständlich. Verständlich, dass da Touristen lieber woanders hin reisen.

Spannende Großstädte und Metropolen sind voll mit Touristen aus aller Welt. Städtetourismus boomt. Die Touristen kommen von überall in die Metropolen, bevorzugt mit der Bahn oder dem Flugzeug, nehmen sich eine zentrale Unterkunft und fahren von da aus mit Bus und Bahn zu den beliebten Sehenswürdigkeiten und den wenig bekannten Hidden Gems. Das funktioniert in allen großen Städten der Welt nach dem gleichen Muster, nur im Ruhrgebiet geht es leider so nicht.

Schon bei der Planung einer Ruhrgebietsreise stoßen erfahrene Städtetouristen an ihre Grenzen und auf ungeahnte Probleme. Die Tourismusseite des Ruhrgebiets (Mein Ruhrgebiet) gibt es nur auf Deutsch, die automatisierte Übersetzung funktioniert nicht vernünftig. So wurde bis zum Erscheinen dieses Beitrags “Komm zur Ruhr” im Englischen mit “Come to the dysentery” übersetzt (Arrival in the Ruhr area). Dysentery steht im Englischen allerdings nicht für den Fluss, sondern für die Durchfallerkrankung “Ruhr”, Das ist peinlich und unprofessionell. Eine eigene Seite auf Englisch, Französisch, Spanisch oder Chinesisch gibt es nicht. Fremdsprachige Touristen scheint das Ruhrgebiet nicht ernsthaft ansprechen zu wollen.

Üblicherweise besorgen sich Touristen in Metropolen einen Städte-Pass. Der gilt für einen, zwei oder noch mehr Tage. Man bezahlt den Pass und kann damit kostenfrei den Nahverkehr benutzen wie die wichtigsten Sehenswürdigkeiten besuchen. Ist in London, Paris, Berlin, Hamburg oder in München möglich, im Ruhrgebiet allerdings nicht. Für die Metropole Ruhr gibt es zwar die WelcomeCard doch damit erhält man nur an mageren 27 Sehenswürdigkeiten freien Eintritt. Deutsches Bergbaumuseum, Villa Hügel, Folkwang Museum, Deutsches Fußballmuseum und viele andere Sehenswürdigkeiten deckt die Karte nicht ab. Das Angebot ist schlecht und wird kaum wahrgenommen. Das erklärt auch die unprofessionelle Internetseite, über die die Karte angeboten wird (WelcomeCard).

Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs im Ruhrgebiet ist Touristen kaum zuzumuten

TopUp-Nahverkehrskarten wie Oyster, GoCard, Octopus oder Suica, deren Nutzung Städtetouristen aus den Metropolen der Welt gewohnt sind, gibt es im Ruhrgebiet ebenfalls nicht (VRR – Höchste Zeit für den E-Fahrschein). Politik und Nahverkehrsbetriebe des Ruhrgebiets setzen stoisch auf ein undurchsichtiges aus der Zeit gefallenes Tarifsystem, mit dem bewusst Kunden vom Fahren mit Bus und Bahn abgeschreckt werden (VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel). Der schon für Bewohner*innen des Ruhrgebiets nicht nachvollziehbare Tarifdschungel, ist für Touristen schon gar nicht zu durchdringen. Folgerichtig spart sich Ruhr-Tourismus auf seiner Internet-Seite jeden Versuch das Nahverkehrssystem des Ruhrgebiets auch nur im Ansatz zu erklären.

Touristen, die trotz aller Widrigkeiten bereit sind das Abenteuer “ÖPNV im Ruhrgebiet” auf sich zu nehmen, stellen schnell fest, dass sie auf ihrer Städtetour durch die Metropole Ruhr endlos Zeit in Bussen und Bahnen verbringen, aber Ihnen kaum Zeit für die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten bleibt.

Rundtour zu 11 Highlights des Ruhrgebiets

Dazu folgendes Beispiel: Auf einer Rundtour verbindet man die Besichtigung von 11 der beliebtesten Sehenswürdigkeiten des Ruhrgebiets (siehe Karte). Bei dieser Tour ist man mit Bus und Bahn, Wartezeiten an Haltestellen und Bahnhöfen nicht eingerechnet, 8,5 bis 10,5 Stunden unterwegs, mit dem Auto dagegen nur 3 Stunden und 17 Minuten. Mit dem ÖPNV beträgt die durchschnittliche Reisezeit 15 km/h, mit dem Auto 42 km/h. Dazu bergen Bus und Bahnen weitere Herausforderungen: Nur im Ausnahmefall bekommt man eine Verbindung, bei der man nicht mindestens einmal umsteigen muss. Häufig bestehen von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten auch wochentags jede Stunde überhaupt nur zwei bis vier Nahverkehrsverbindungen. An Wochenenden, an denen Touristen bevorzugt unterwegs sind, sind es in der Regel noch weniger.

Fahrtzeiten zwischen Sehenswürdigkeiten

Bei Licht betrachtet ist eine Besichtigung der Sehenswürdigkeiten des Ruhrgebietes mit dem ÖPNV aufgrund des blamabel schlechten Nahverkehrsangebots unzumutbar bis unmöglich. Teilstrecken mit dem Rad oder mittels Car-Sharing zurückzulegen, stellt in der Regel keine mögliche Alternative dar, denn in den Städten des Ruhrgebiets gibt es weder flächendeckende Bike- noch Car-Sharing-Netze (In Bochum besteht bei Car- und Bike-Sharing immenser Nachholbedarf). Weil dem Ruhrgebiet darüber hinaus ein durchgehendes Netz sicherer Radwege fehlt, ist vom Radfahren ohnehin abzuraten und ist eine Radnutzung auch in dieser Hinsicht keine Option.

Realistisch ist eine Rundtour zu den Sehenswürdigkeiten des Reviers nur mit einem (Miet-)Auto möglich. Gehört sonst bei Städtereisen, das entspannte Reisen mit den Einheimischen in Bussen und Bahnen zum Stadterlebnis dazu, fehlt das im Ruhrgebiet. Dafür sieht der Tourist viele hässliche Autobahnen, sucht ständig nach Parkplätzen oder steht im Stau und verzweifelt am Ruhrgebietsverkehr.

Schlechter öffentlicher Nahverkehr kostet Ruhrgebiet Milliarden

Eine Städtereise ins Ruhrgebiet ist nur ein Erlebnis für Hartgesottene. Wer komfortabel und bequem Städte bereisen möchte, macht um das Ruhrgebiet einen großen Bogen. Wegen den ausbleibenden Touristen entgehen dem Ruhrgebiet Milliarden. Nach Berlin, Hamburg oder Köln, kommen pro Einwohner*in rund fünfmal mehr Touristen als ins Ruhrgebiet, nach Berlin sogar über achtmal so viele. 2,5 Milliarden Umsatz erwirtschaftete das Ruhrgebiet 2019 mit dem Tourismus (Bedeutung Tourismus im Ruhrgebiet). Es könnte ein Vielfaches sein. Der Tourismus könnte für das Ruhrgebiet längst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor darstellen.

Wirtschaftsfaktor Tourismus im Ruhrgebiet

Bezogen auf Bochum beträgt die durch Tourismus erwirtschaftete Wertschöpfung rechnerisch derzeit rd. 106,9 Mio. Euro, das mit Touristen erzielte Steueraufkommen 20,5 Mio. Euro. Mit funktionierendem Nahverkehr und zeitgemäßem Tourismusangebot könnte es locker das Dreifache sein. Die Unwilligkeit und Unfähigkeit von Politik wie Verkehrsbetrieben im Ruhrgebiet einen metropolengerechten Nahverkehr zu schaffen, kostet die Stadt nur bezogen auf den Tourismus also jedes Jahr rund 40 Mio. Euro.

Das Potential des Tourismus im Ruhrgebiet ist riesig. Leichtfertig verschenken die Städte des Ruhrgebiets jedes Jahr Milliarden. Man ist bisher partout nicht bereit, die Bedingungen zu schaffen, die Städtetouristen aus anderen Großstädten und Metropolen gewohnt sind und somit ganz selbstverständlich auch in der Metropole Ruhr erwarten. Immer wieder schildern Politiker und Politikerinnen des Reviers die Chancen des Tourismus im Ruhrgebiet in den schillerndsten Farben. Um die Chancen zu nutzen, muss man allerdings auch Handeln und Willens sein die eklatanten Defizite zu beseitigen, schöne Reden allein bewirken nichts.

08 Apr

Betrieb Seilbahn vom Ruhr Park zur Bochumer City mit Gewinn möglich

Eine aktuelle Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine Seilbahnlinie zwischen  Ruhr Park und Innenstadt bereits nach 5 bis 12 Jahren refinanziert und mit Gewinn betreiben lässt. Die STADTGESTALTER haben anhand der Nutzen-Kosten-Analyse zu der in Bonn geplanten Seilbahn Fahrgastnachfrage, Fahrpreiserlöse und Kosten auf die Bochumer Strecke hochgerechnet.

Eine Seilbahnverbindung vom Ruhr Park zur Innenstadt wäre ein Gewinn für beide Einkaufszentren (Seilbahnlinie City – Ruhr Park: Die Rettung der Innenstadt ist der Ruhr Park). Neue Attraktionen wie die Seilbahn brächten neue Kunden in die City. Der Besuch von Ruhr Park und City, verbunden mit einer Seilbahnfahrt über die Dächer der Stadt, würde viele Menschen nach Bochum locken.

Jedoch stellt sich die Frage, wie viel kostet eine solche Seilbahnlinie, wie kann diese finanziert werden und kann sie dauerhaft mit wirtschaftlichem Erfolg betrieben werden? Genau diese Frage haben die STADTGESTALTER jetzt näher untersucht und dabei wichtige Daten der Nutzen-Kosten-Analyse für die in Bonn geplante Seilbahn (Seilbahn Bonn – Bericht zur Standardisierten Bewertung) zugrunde gelegt. Die Analyse für die Seilbahnlinie auf den Venusberg wurde im Januar 2022 veröffentlicht.

Welches Seilbahnsystem sollte in Bochum eingesetzt werden?

Grundsätzlich stehen aus technischer Sicht drei verschiedene Seilbahnsystem zur Verfügung, mit denen auch die Strecke Ruhr Park – Innenstadt/Hbf realisiert werden könnte. Die Systeme unterscheiden sich in der Zahl der eingesetzten Seile: Bei Einseilsystemen (1S) hängen die Kabinen an einem einzigen Trag- und Zugseil, das auch die Kabinen von Station zu Station zieht. Bei Zweiseilsystemen (2S) dient ein Tragseil quasi als Gleis auf dem die Kabinen rollen, das zweite Seil ist das Antriebs- und Zugseil. Dreiseilsysteme (3S) bestehen aus zwei Tragseilen, hinzu kommt wiederum das Zugseil.

Dreiseilumlaufbahnen sind schneller, energetisch effizienter und die Kabinen größer. Allerdings sind die Baukosten sind aufgrund der technischen Komplexität höher als bei den anderen Systemen. Einseilumlaufbahnen sind wiederum teurer im Betrieb, dafür bei den Investitionskosten deutlich günstigster, können jedoch nicht so viele Personen befördern wie die beiden anderen Systeme. Mit Einseilsystemen werden in der Regel 10 Personen pro Kabine befördert, mit Dreiseilsystem 35 Personen. Zweiseilumlaufbahnen liegen bei allen Kriterien zwischen den beiden anderen Systemen.

Vergleich Seilbahnsysteme Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

Streckenführung vom Ruhr Park über Altenbochum in die Innenstadt

Für die Seilbahnlinie zwischen Innenstadt/Hbf und Ruhr Park schlagen die STADTGESTALTER eine Streckenführung vom Beginn des Bongard-Boulevards am Hauptbahnhof über einen Halt in Altenbochum am Haupteingang des Hauptfriedhofs bis zum Ruhr Park vor. Diese Linienführung hat den großen Vorteil, dass keine Wohngebiete überfahren werden müssen. Bei entsprechender Streckenführung werden lediglich zwei Wohnhäuser überquert.

Systemdaten Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

Nach Vorstellung der STADTGESTALTER sollte die Linie ebenso wie die in Bonn geplante aus zwei technischen Anlagen mit zwei eigenen Antriebsaggregaten bestehen, so dass beide Teile auch getrennt betrieben werden können. Die erste Seilbahnsektion Innenstadt/Hbf bis Altenbochum wäre dann knapp zwei Kilometer lang, die zweite Sektion zum Ruhr Park rund drei Kilometer. Somit würde die Gesamtlänge würde fünf Kilometer betragen. Mit einer Dreiseilumlaufbahn könnten die Fahrgäste die Strecke vom Ruhr-Park in 9 bis 12 Minuten zurücklegen, mit einer Einseilumlaufbahn würde die Fahrt um die 15 Minuten dauern, mit einer Zweiseilumlaufbahn um die 13 Minuten.

Seilbahnfahrt Ruh Park – Innenstadt

Zwischenhalt Altenbochum

Als Zwischenhalt für die Seilbahnlinie bietet sich Altenbochum an. Im Bereich vor dem Haupteingang des Hauptfriedhofs entlang der Immanuel-Kant-Straße gibt es einige Möglichkeiten und ausreichend Fläche die Seilbahnstation so zu platzieren, dass das Bild des Bauensembles am Hauptfriedhofs nicht beeinträchtigt wird.

Der Stadtteil Altenbochum (18.536 Einwohner*innen) verfügt mit 3.865 Menschen pro Quadratkilometer über eine für Bochum vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte. Im Einzugsbereich des Seilbahnhalts würden entsprechend viele Menschen wohnen. Der Halt läge am Hauptfriedhof (64.000 Grabstellen), in direkter Nähe zur Evangelischen Hochschule (rd. 3000 Studierende und Beschäftigte), der Unternehmenszentral der städtischen Wohnungsbaugesellschaft VBW sowie zum neuen Wohnviertel Ostpark, dem bisher eine leistungsfähiger Nahverkehrsanbindung fehlt, obwohl hier in den nächsten Jahren 1.000 neue Wohnungen entstehen sollen ()

Seilbahnhalt Altenbochum

Auch für eine spätere Fortführung der Seilbahn Richtung Mark 51°7 und Ruhr-Universität wäre die Seilbahnstation in Altenbochum optimal gelegen (Seilbahn – Rückgrat der Bochumer Universitäts- und Hochschullandschaft).

Kalkulation der Fahrgastnachfrage

Die Teilung der Linie in zwei technisch eigenständige Seilbahnanlagen macht es möglich, beide Sektionen unabhängig voneinander laufen zu lassen. Da der Ruhr-Park Montag bis Samstag von 10 Uhr bis 20 Uhr geöffnet ist, lohnt es sich nicht, das Einkaufszentrum vor 9 Uhr anzufahren. Für den morgendlichen Pendelverkehr wäre es allerdings sinnvoll zwischen 6 und 9 Uhr die Sektion Innenstadt/Hbf – Altenbochum im Nebenverkehrstakt zu betreiben. In den Nebenverkehrszeiten werktags von 21 bis 0 Uhr und sonntags von 9 bis 24 Uhr sollte dagegen die ganze Seilbahn über beide Sektionen betrieben werden. Zu den Nebenverkehrszeiten wäre in den Stationen die Einfahrt einer Kabine aller 2 Minuten sinnvoll, in den Hauptverkehrszeiten ein Takt von 20 bis 24 Sekunden.

Fahrgastnachfrage und Betriebszeiten

Auf Basis dieser Betriebszeiten ergibt sich für die Seilbahnlinie ein Fahrgastpotential von 16.400 Menschen pro Tag. Dabei kann von folgender Beförderungsnachfrage ausgegangen werden: Konservativ kalkuliert kann angenommen werden, dass 15% der jährlich 12 Millionen Ruhr-Park-Besucher*innen und 20% der rund 2.800 dort Beschäftigten zukünftig die Seilbahn zur Anreise nutzen. Weiterhin ist mit 500.000 Menschen im Jahr zu rechnen, die nach Bochum kommen, um in ihrer Freizeit eine Seilbahnfahrt zu erleben. Schließlich können 1.500 Menschen pro Tag einkalkuliert werden, die die Seilbahn als Teil einer Fahrt mit dem ÖPNV durch das VRR-Gebiet nutzen sowie mit täglich 3.000 Menschen, die von oder ab Altenbochum die Seilbahn nutzen.

Die STADTGESTALTER schlagen vor, dem Ruhr Park ein Fahrkartenkontingent von im Jahr 250.000 bis 375.000 Hin- und Rückfahrtickets zu überlassen. Diese Fahrkarten können die Geschäfte des Ruhr-Parks dann kostenfrei an ihre Kunden weitergeben, unter anderem als Werbegeschenke oder Treuebonus für Einkäufe. Im Gegenzug beteiligt sich der Ruhr Park mit einem pauschalen jährlichen Zuschuss am Betrieb der Seilbahn. Dieser Vorschlag ist mit zwei Vorteilen verbunden, er beteiligt zum einen den Ruhr Park an den Betriebskosten der Seilbahn und trägt zur Kostendeckung bei. Zum anderen regt er die Kunden des Ruhr Parks an, mit der Seilbahn in die Innenstadt zu fahren und diese zu beleben.

Kosten und Fahrpreiserlöse

Legt man die Kostenkalkulation zu den Baukosten der Seilbahn in Bonn zugrunde, lassen sich für die Seilbahnlinie Ruhr Park – Innenstadt/Hbf bei Verwendung einer Einseilumlaufbahn Baukosten von rund 60 Mio. Euro berechnen (Preisbasis 2019). Für die Strecke auf den Venusberg in Bonn werden 66 Mio. Euro veranschlagt (Seilbahn Bonn – Bericht zur Standardisierten Bewertung). Da die in Bonn geplante Seilbahn rund 700 Meter kürzer ist als die in Bochum, sie dafür aber zwei kostenintensive Zwischenstationen mehr aufweist, ergibt sich für die Seilbahn in Bochum ein um 6 Mio. verminderter Kostenansatz.

Für den Bau einer Zwei- bzw. Dreiseilumlaufbahn wäre aufgrund der höheren technischen Komplexität mit Baukosten von rund 80 Mio. bzw.100 Mio. Euro zu rechnen. Auf Basis der aktuell geltenden Förderrichtlinien ist davon auszugehen, dass wie in Bonn auch in Bochum 95% der Infrastrukturkosten für den Fahrweg und 10% der Planungskosten von Bund und Land übernommen werden. Für die Stadt oder ein privates Verkehrsunternehmen, das die Linie baut, ergäbe sich damit ein selbst zu finanzierender Eigenanteil an den Baukosten von 9,75 bis 16,25 Mio., je nachdem welches Seilbahnsystem eingesetzt wird.

Finanzierungsmodell Seilbahn Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

Für Kapitaldienst (Abschreibung und Zinsen), Unterhaltung (Wartung, Reparaturen, Prüfungen, Unterhaltung Fahrweg) sowie den Seilbahnbetrieb (Personal und Energie) ist pro Jahr abhängig vom eingesetzten Seilbahnsystem mit 4,2 bis 5 Mio. Euro Kosten zu rechnen. Diesen Kosten stehen Erlöse aus Fahrkartenverkäufen, dem Zuschuss des Ruhr Parks, sowie Einnahmen aus Werbung und Sonderfahrten von 6 bis 6,4 Mio. Euro gegenüber, so dass mit der Seilbahn ein Einnahmenüberschuss von 1,9 bis 1,4 Mio. Euro im Jahr erwirtschaftet werden kann. Rechnet man diesen Überschuss den für den Seilbahnbau zu investierenden Eigenanteil entgegen, lässt sich der Eigenanteil in 5 bis 12 Jahren refinanzieren.

Anzumerken ist, dass bei der Kalkulation der Fahrtkostenerlöse ein erhöhter Kostensatz von 1,25 Euro pro Fahrt zugrunde gelegt wurde, da anzunehmen ist, dass auf der Seilbahnstrecke überdurchschnittlich häufig Tickets für Gelegenheitsfahrer*innen benutzt werden und erheblich seltener Abo-Tickets, Semester- oder Schokotickets als im VRR-Gebiet sonst. Entsprechend höher werden die durchschnittlichen Erlöse pro Fahrt für das Unternehmen, sein, das die Seilbahn betreibt.

Bei den Betriebskosten ist eine weitere Senkung möglich, sofern ein Großteil des zum Betrieb der Seilbahnanlagen benötigten Stroms mit einer Solaranlage gewonnen wird. Eine direkte Erzeugung des für die Seilbahn benötigten Stroms wäre über ein Solarfeld auf der ehemaligen Müllhalde Kornharpen möglich, die von der Seilbahn überfahren wird und die nur 1.500 Meter von der Zwischenstation Altenbochum entfernt liegt, die voraussichtlich die Antriebsaggregate für beide Seilbahnsektionen aufnehmen würde.

Betriebskosten Seilbahn Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

10 gute Gründe für die Seilbahn zwischen Ruhr Park und Innenstadt

Die Untersuchung der STADTGESTALTER zeigt, die Seilbahn bedeutet nicht nur einen Gewinn für die Innenstadt, den Ruhr Park, den städtischen Nahverkehr und das Image der Stadt und würde einen Beitrag zu weniger Verkehr auf den Straßen sowie für mehr Umwelt- und Klimaschutz leisten, sie könnte darüber hinaus auch mit Gewinn betreiben werden. Nach den vorliegenden Berechnungen ist davon auszugehen, dass sie in jedem Jahr 1,4 bis 1,9 Mio. Euro in die Kassen des Verkehrsunternehmens spült, das die Seilbahn betreibt.

Zu dem dargestellten ökonomischen Erfolg der Seilbahnlinie kommen weitere betriebs- und volkswirtschaftliche Nutzeneffekte, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht berechnet wurden. Dazu zählen insbesondere:

  • Positive Kosteneffekte im ÖPNV-Netz durch Einsparung von redundanten (Bus-)Linien
  • Positive Erlöseffekte bezogen auf das gesamte ÖPNV-Netz
  • Positive Umwelteffekte aufgrund eingesparter Autokilometer
  • Eingesparte Unfallfolgekosten aufgrund eingesparter Autokilometer
  • Positive ökonomische Effekte durch die Verminderung von Reisezeiten

Im Grunde spricht somit alles dafür, das Bochum sich für den Bau einer Seilbahn zwischen Ruhr Park und Innenstadt entscheiden sollte. Eigentlich müsste die BOGESTRA ebenso wie die Stadt, an der Ausweitung des städtischen Nahverkehrsnetzes, zusätzlichen Kunden und Erlösen sowie an einer zusätzlichen Attraktion für die Innenstadt interessiert sein. Sofern das nicht der Fall ist, besteht die Option, dass sich Kaufleute und Gastronomen der Innenstadt, der Ruhr Park und ein Seilbahnhersteller mit dem Ziel zusammentun, ein privates Verkehrsunternehmen zu gründen, das die Seilbahn baut und betreibt. Dann allerdings würde der Gewinn aus dem Seilbahnbetrieb nicht dem städtischen Nahverkehr zu Gute kommen, sondern in die Kassen von privatem Unternehmen fließen. Für BOGESTRA und Stadt wäre das nur die zweitbeste Lösung.

05 Feb

Straßenbahnlinie sollte von Gerthe bis Merklinde verlängert werden

Seit nunmehr 3 Jahrzehnten versucht die Verwaltung die Straßenbahnlinie in Gerthe zweispurig auszubauen und nach Cöppencastrop zu verlängern. Doch die Versuche scheitern immer wieder kläglich. Das Projekt ist zu unambitioniert, hat zu wenig Nutzen und bekommt daher keine Förderung. Die STADTGESTALTER schlagen jetzt eine Verlängerung nach Castrop-Rauxel oder Merklinde vor.

Bis 1967 fuhr die Straßenbahn noch vom Bochum Hauptbahnhof bis Castrop-Rauxel Münsterplatz. Dann entschied die Politik, die Bahn würde den Autoverkehr stören und legte die Linie still. Eine Fehlentscheidung wie sie in Bochum in den 60er Jahren für viele Straßenbahnlinien getroffen wurde. Aufgrund fehlender Weitsicht schrumpfte die Stadt das Straßenbahnnetz auf nur noch 4 Linien ein. (Über 65 Jahre Rückbau und Stillstand beim Nahverkehrsnetz).

Projekte zum Ausbau des Straßen- und Stadtbahnnetzes überfordern Bogestra und Verwaltung

In den 90er Jahren erkannte die Stadt ihre falsche Politik und erklärte das Straßenbahnnetz nunmehr wieder ausbauen zu wollen. Doch außer diesem Lippenbekenntnis brachten die Verantwortlichen in den folgenden drei Jahrzehnten keine nennenswerten Straßen- bzw. Stadtbahnprojekte zum Ausbau des Netzes auf den Weg. Immer wieder blieb es bei Planungen, die dann scheiterten. So gibt es bis heute keine Bahnlinie zum Ruhr Park, ebenso wie die Linie 310 immer noch in Höntrop endet und die Linie 308/318 in Dahlhausen bzw. Gerthe. Zuletzt scheiterte die Verlängerung der U35 an einem kapitalen Rechenfehler bei der Kosten-Nutzen-Analyse (U35-Verlängerung vor dem Aus). Verkehrsplanung und Bogestra erwiesen sich über Jahrzehnte als unfähig auch nur eines der genannten Projekte zu realisieren. Alle Planungen erwiesen sich als undurchführbar, nicht bezahlbar oder nicht förderfähig.

Land will Projekt in Gerthe nicht fördern

Das gleiche Spiel wiederholte sich jetzt beim beabsichtigten zweispurigen Ausbau der Linie 308/318 von Gerthe-Mitte bis Haltestelle Schürbankstraße und der daran anschließenden 300 Meter langen Verlängerung bis Cöppencastrop. Das Land verweigerte mangels ausreichendem Nutzen die Förderung. Wobei der zweigleisige Ausbau der Straßenbahnlinie bis Schürbankstraße durchaus sinnvoll wäre, um statt des aktuellen 15-Minuten-Taktes nach Gerthe einen 7,5-Minuten-Takt zu ermöglichen. Eine Verlängerung ins Nichts nach Cöppencastrop wäre dagegen mit verhältnismäßig hohen Kosten verbunden, würde aber zu kaum neuen Fahrgästen führen. Ob der Nutzen des Projekts insgesamt die Kosten überwiegt, ist also fragwürdig. Entsprechend vergab das Land die Fördermittel an andere Städte, für ÖPNV-Projekte, denen das Verkehrsministerium ein besseres Nutzen-Kosten-Verhältnis zumaß.

Erst auf Nachfrage der Bezirksfraktion Nord der Grünen kam das erneute Scheitern des Projekts ans Licht. Bereits im Juli 2021 fragten die Grünen bei der Verwaltung den Sachstand des Projektes nach (Anfrage: 20212208). Die Verwaltung brauchte aufgrund der ihr eigenen Gemächlichkeit sechs Monate um auf einer halben DIN A4-Seite im Januar 2021 einzugestehen (Mitteilung 20213545), dass der Förderantrag bereits im April 2021 abgelehnt wurde (Informationen zum Planungsvorrat zur Beschleunigung von Stadtbahn- und Eisenbahnprojekten).

Projekt in Gerthe ist zu wenig ambitioniert

Letztlich scheiterte das Projekt daran, dass die Verlängerung der Linie bis nach Cöppencastrop wenig ambitioniert ist und keinen nennenswerten Beitrag zur Mobilitätswende leisten kann. Eigentlich handelt es sich um ein Alibi-Projekt, dass davon ablenken soll, dass Rot-Grün im Bochumer Stadtrat an einem nennenswerten Ausbau des Bochumer Nahverkehrsnetzes nur auf dem Papier interessiert ist, sonst aber alle Bemühungen das städtische Schienennetz auszubauen, kommentarlos ablehnt, wie zuletzt am 16.12.2021 den Vorstoß der Fraktion ”Die PARTEI und STADTGESTALTER” eine systematische Vorplanung zur Ausweitung des Bahnnetzes im städtischen Nahverkehr aufzunehmen (Antrag 20213912).

Wirklich sinnvoll ist nur eine Verlängerung nach Castrop-Rauxel oder Merklinde Bahnhof

Ein wirklich nennenswerter Zuwachs an Fahrgästen wäre nur zu erwarten, wenn die Straßenbahnlinien nicht nur bis Cöppencastrop sondern wieder nach Castrop-Rauxel bis zum Münsterplatz verlängert würde oder mindestens bis zum Bahnhof Merklinde. Von diesem Bahnhof könnten die Fahrgäste dann mit der RB43 nach Castrop-Rauxel, Herne, Wanne-Eickel, Gelsenkirchen-Buer und –Zoo sowie nach Gladbeck, Dorsten und Dortmund kommen.

Die Verlängerung der Straßenbahnlinie bis zum Münsterplatz wäre allerdings technisch anspruchsvoll und entsprechend aufwendig, langwierig und kostenintensiv. Die Verlängerung zum Bahnhof Merklinde, wie bereits 2021 von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz) wäre hingegen vergleichsweise einfach zu realisieren. Die Straßenbahn müsste nur um rund 3 km verlängert werden, damit die Fahrgäste zukünftig den Bahnhof Merklinde von Gerthe-Mitte aus in etwa 6 Minuten erreichen könnten.

ängerung Straßenbahnlinie 308/318 bis CAS-Merklinde

In Merklinde fährt aktuell aller 60 Minuten die RB43 (Emschertal-Bahn) Richtung Dorsten über Castrop-Rauxel, Herne und Gelsenkirchen und in die andere Richtung nach Dortmund. Ein Gutachten aus dem Jahr 2011 hat bereits festgestellt, dass sich die Zahl der Fahrgäste verdoppeln ließe, würde auf der Strecke ein 30-Minuten-Takt realisiert (Emschertalbahn RB43 Analysen und Perspektiven). VRR sowie die Bürgermeister von Castrop-Rauxel und Herne machen sich seit 2020 dafür stark, nicht nur den Takt zu verdichten, sondern die Linie erheblich zu beschleunigen und sogar nach Holland (Winterswijk) zu verlängern (Mit der Wasserstoff-Bahn von Castrop-Rauxel alle 30 Minuten nach Holland). Dieser Initiative sollte sich die Stadt Bochum anschließen.

Eine Verlängerung der Linie 308/318 sollte mit einer Modernisierung der RB43 kombiniert werden

Ein 15-Minuten-Takt abgestimmt auf die Ankunftszeiten der Linie 308/318 am Bahnhof Merklinde wäre ideal. Die Straßenbahn könnte aller 7,5 Minuten bis Gerthe–Mitte fahren, Jede zweite Fahrt, aller 15 Minuten könnte bis Merklinde fortgesetzt werden. Dort am Bahnhof kann dann nach Castrop-Rauxel, Herne, Gelsenkirchen-Buer und Dortmund umgestiegen werden. Dadurch könnte nach Beschleunigung der RB43 im Idealfall die Fahrtzeit von Gerthe-Mitte nach Castrop auf 15 Minuten, zum Bahnhof Herne auf 20 Minuten und nach Buer sowie Dortmund auf 25 Minuten verkürzt werden.

In Verbindung mit einer Modernisierung der RB43 könnte also eine Verlängerung der Linie 308/318 zum Bahnhof Merklinde zu erheblichen Fahrgastzuwächsen führen und viele Menschen bewegen, statt dem Auto die Bahn zu nehmen. Ein solches Projekt wäre damit auch ein echter Beitrag zur von der Stadt Bochum angestrebten Mobilitätswende. Aufgrund dieser Perspektiven, sähe auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis deutlich positiver aus als bei der bisher angestrebten Verlängerung nach Cöppencastrop. Vergleichsweise geringen Baukosten stünde eine erhebliche Erhöhung der Fahrgastzahlen gegenüber. Unter diesen Bedingungen wäre es dann auch erheblich einfacher die gewünschten Fördergelder vom Land zu erhalten.

Die Verlängerung der Straßenbahnlinie 308/318 sollte also mit der Modernisierung der RB 43 gemeinsam gedacht werden. Entsprechend sollte sich die Stadt Bochum gemeinsam mit Dortmund, Herne, Castrop-Rauxel und dem VRR im ersten Schritt für eine Modernisierung der RB43 stark machen, die dann mit dem Verlängerungsprojekt der Straßenbahnlinie von Gerthe nach Merklinde verknüpft wird. Denn umgekehrt bedeutet die Verlängerung der Straßenbahn auch mehr Fahrgäste für die RB43.

Leitprojekte öffentlicher Nahverkehr müssen zukünftig auch echte Leitprojekte sein

Insgesamt wird es Zeit, dass die Stadt Bochum sich endlich dazu durchringt ambitionierte ÖPNV-Projekt zu verfolgen, statt mit der Realisierung von Alibi-Projekten immer wieder zu scheitern. Eine Kernaktivität der Bochum-Strategie trägt die vielversprechende Bezeichnung “Vorfahrt ÖPNV-Leitprojekte öffentlicher Nahverkehr”, diesem Anspruch müssen die ÖPNV-Projekte, die die Stadt verfolgt, auch gerecht werden.

12 Dez

Wird der 5-Minuten-Takt zwischen Duisburg und Dortmund je Wirklichkeit?

Bus- und Bahnverkehr im Ruhrgebiet erfüllen nicht im Ansatz die Anforderungen, die eine Metropole an den Nahverkehr stellt. Das Netz ist lückenhaft, die Infrastruktur häufig marode, auf die Pünktlichkeit von Bussen und Bahnen kann man sich nicht verlassen. Bochum ist leider keine Ausnahme. Was muss sich ändern?

Das Nahverkehrsangebot in Bochum wird auch in der neusten Studie der Agora Verkehrswende als ungenügend bewertet (ÖV-Atlas Deutschland). Auch in der Stadt im Herzen des Reviers sind die Lücken im Nahverkehrsnetz groß, halbwegs dichte Taktungen gibt es nur auf den wenigen Hauptverkehrslinien.

Ohne dicht getaktete Hautschlagader kein metropolengerechter Nahverkehr

Doch was würde ein flächendeckendes, dicht getaktetes städtisches Nahverkehrsnetz in Bochum bringen, wenn es schon an einer dicht getakteten Hauptverkehrslinie Duisburg – Mülheim – Essen – Bochum – Dortmund fehlt und sie auch für die Zukunft weder geplant schon nicht in Sicht ist. Bisher gibt es nicht mehr als eine „Vision“. Die besteht bisher darin, irgendwann, vielleicht bis 2030, mit dem RRX einen 15 Minuten-Taxt zwischen Köln und Dortmund zu realisieren. Denn selbst das gibt es heute nicht. ÖPNV-Kunden auf der Ruhrlinie zwischen Duisburg und Dortmund sind schon froh, wenn sie mal nicht 30 Minuten auf die nächste Bahn warten müssen.

Die Vision „15-Minuten-Takt“ ist unambitioniert, unzeitgemäß und zementiert die Rückständigkeit des Ruhrgebiets in Sachen Nahverkehr. Dabei will das Ruhrgebiet doch eigentlich so gerne Metropole sein, ist aber weder willens noch in der Lage die grundsätzlichen Anforderungen für ein metroplengerechtes Nahverkehrsnetz zu erfüllen. Erfolgreiche Millionen-Metropole, in denen die Hauptschlagadern des ÖPNV nicht mindestens im 5-Minuten-Takt fahren, gibt es sonst in Europa und der Welt nicht. Wie sollen die Nahverkehrsnetze der Städte an der Hauptlinie funktionieren und mit Kunden versorgt werden, wenn man zwischen den Zentren der Metropole mehr schlecht als Recht hin und her kommt?

Verlässlich- und Pünktlichkeit sind im Ruhrgebiet ungenügend

Zu allem Überfluss ist nicht nur die ÖPNV-Taktung zwischen den Städten des Ruhrgebietes schlecht, es fehlt zudem an Verlässlichkeit und Pünktlichkeit. Ständige Störungen führen ständig zu Verspätungen, Zugausfällen und entnervten Kunden. Die Verantwortlichen haben die Kontrolle über den Bahnverkehr verloren. Das Ruhrgebiet ist nicht mehr in der Lage einen verlässlichen Schienenpersonennahverkehr anzubieten.

Die Netzinfrastruktur ist marode und überaltert, die Strecken sind überbelegt und die Zuständigen mit dem Betrieb überfordert. Ständig wiederkehrende Stellwerkschäden, eine verschlafene Digitalisierung bei der Steuerungstechnik, sowie übermäßig verknüpfte Fahrpläne ohne Reserven, bei denen selbst kleinste Störungen bereits das ganze Netz im Nah- und Fernverkehr in wesentlichen Teilen zum Absturz bringen, belegen immer wieder die gravierenden Unzulänglichkeiten des Bahnsystems im Ruhrgebiet.

Bei den meisten Linien wird im Schienennahverkehr des Ruhrgebiets mit Mühe und Not nur ein Pünktlichkeitsquote von 70 bis 80% erreicht. Gute Nahverkehrsnetze streben Quoten von 95% und mehr bei deutlich dichterer Taktung an. Die Verantwortlichen bekommen die Probleme seit Jahren nicht in den Griff. in letzter Zeit wird es eher schlechter. Der aktuelle Zustand ist unerträglich, auch ist keine nennenswerte Besserung in Sicht. Das aktuelle Betriebskonzept ist weder erfolgreich noch funktioniert es, die Zuständigen sind den Aufgaben nicht gewachsen.

Eine grundlegende Neuorientierung ist erforderlich

Diese Erkenntnis ist bitter, aber es wird Zeit, dass sich die Verantwortlichen, insbesondere jene aus der Politik eingestehen, dass das Konzept, wie Nah- bzw. Bahnverkehr heute im Ruhrgebiet betrieben wird, krachend gescheitert ist. Ein grundlegender Neuanfang ist erforderlich, die bisherige Strategie ist offensichtlich ungeeignet, die bestehenden Problem in den Griff zu bekommen.

Für einen Neuanfang gilt es ein Grundproblem aufzulösen. Ein Verkehr- von Fern und Nahverkehrszügen auf den gleichen Streckenabschnitten ist im dicht besiedelten Ruhrgebiet zu störanfällig, die Komplexität der Verknüpfungen und gegenseitigen Abhängigkeiten nicht beherrschbar. Fern- und Nahverkehr müssen getrennt werden, beide benötigen von Köln bis Dortmund eigene voneinander getrennte Gleiskörper. Diese zu schaffen, bedeutet Milliardeninvestitionen. Doch es gibt keine Alternative, die Lösung, beide Verkehre über gemeinsame Gleise zu leiten, ist.

Separate eigene Gleiskörper für Nah- und Fernverkehr bedeutet aber auch, dass über die Ruhrschiene zwischen Duisburg und Dortmund so gut wie kein Fernverkehr mehr fließen sollte. Der Fernverkehr aus Frankfurt, Brüssel oder Amsterdam sollte in Duisburg oder Düsseldorf enden, der aus Hamburg oder Berlin in Dortmund. Fernverkehrszüge sollten das Ruhrgebiet zukünftig umfahren oder ohne Halt zwischen Duisburg und Dortmund durchfahren. Dafür aber müssen Nahverkehrszüge auf der Ruhrlinie Duisburg – Mülheim – Essen – Bochum – Dortmund pünktlich im 3 bis 5 Minuten-Takt verkehren.

Mögliches Rückgrat des Ruhrgebietsnahverkehrs eine Ring- und Achtlinie

Einen Vorschlag wie das angedachte Konzept funktionieren könnte, haben die STADTGESTALTER bereits Anfang 2020 gemacht (Eine Ring- und Achtlinie für das Ruhrgebiet). Die Idee, das Rückgrat des ÖPNV des Ruhrgebiets bildet eine Nahverkehrstrasse in Form einer Acht. Im Norden über Oberhausen Gelsenkirchen und Herne, im Süden über Hagen, Wuppertal und Düsseldorf, und in der Mitte über die Ruhrlinie. Mit diesem Konzept würden die Fernzüge zwar nicht mehr direkt in Mülheim, Essen und Bochum halten, dafür aber sind die Bahn- und Nahverkehrskunden aufgrund der dichten Taktung erheblich schneller in Duisburg oder Dortmund. Für die allermeisten Fahrgäste würden sich die Fahrzeiten verkürzen im Nahverkehr würde eine ganz neue Qualität erreicht.

Dicht getaktete Ruckgratlinien sind die Voraussetzung für erheblich mehr Kunden im Nahverkehr

Über eine sehr dicht getaktete Linie, die alle Großstädte des Ruhrgebiets miteinander verbindet, würden Massen von Fahrgästen in die lokalen Nahverkehrsnetze der Städte gepumpt. Diese Kunden würden es wiederum für die Städte attraktiv machen die Kapazität ihrer Nahverkehrslinien zu erhöhen, die Takte zu verdichten und zusätzliche Linien im Netz anzubieten. Letztlich ist der 3 bis 5-Minuten-Takt auf der Ruhrlinie der Schlüssel dafür, die Kundenzahlen im ÖPNV des Ruhrgebiets zu verdoppeln. Diese Maßnahme ist unabdingbar, sie ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Nahverkehr im Ruhrgebiet. So lange Politik und Städte des Ruhrgebiets das nicht erkennen und diese Maßnahme nicht auf Platz eins der Liste der dringend umsetzbaren ÖPNV-Projekte stellen, bleiben alle Absichtserklärungen, den Bus- und Bahnverkehr im Revier endlich nach vorne bringen zu wollen, nur inhaltslose Phrasen.

Für eine Wende im ÖPNV des Ruhgebiets ist also erforderlich, dass sich die Politik das Scheitern der bisherigen Verkehrspolitik im Bahnverkehr des Ruhrgebiets eingesteht und den Weg für einen Kurswechsel frei macht. Zukünftig sollte also die strikte Trennung der Gleiswege von Fern- und Nahverkehr das Ziel sein sowie ein 3 bis 5 Minuten-Takt auf den Schienentrassen, die die Großstädte des Ruhrgebiets verbinden. Ohne diesen radikalen Kurswechsel, wird der ÖPNV im Ruhrgebiet nie die Anforderungen eines metroplengerechten Nahverkehrs erfüllen können,

26 Sep

Kein Mut, kein Konzept – das Scheitern des Ruhrgebiets als Metropole

Die Metropolen und Metropolregionen sind auch in Europa die Boomregionen des 21. Jahrhunderts. Nur eine Metropole hinkt hinterher, das Ruhrgebiet. Ohne Mut und Konzept verharrt die Region im gewohntem Kirchturmdenken und verspielt so jede Chance auf eine herausragende wirtschaftliche Entwicklung als Metropole. Vier Beispiele machen das besonders deutlich.

In den Metropolen Europas nehmen die Einwohnerzahlen seit Jahrzehnten deutlich zu, ebenso wie die Zahl der angesiedelten Unternehmen und die Steuereinnahmen. Im Ruhrgebiet ist all das trotz wirtschaftlichem Boom in Deutschland rückläufig oder stark unterdurchschnittlich. Das Ruhrgebiet verliert immer mehr den Anschluss an die Boomregionen Europas.

Das Problem des Ruhrgebiets zeigt sich besonders beim ÖPNV, der Flächenentwicklung, dem Tourismus und auch bei Zukunftsprojekten wie dem Radschnellweg.

Öffentlicher Nahverkehr – 2,2 Mio. der 5,1 Mio. Einwohner*innen des Ruhrgebiets wohnen in fünf Städten, Duisburg, Mühlheim, Essen, Bochum und Dortmund. Diese Städte liegen alle an der gleichen Bahntrasse. Trotzdem verbindet die Städte bis heute, 2021 nur zweimal die Stunde ein Nahverkehrszug. In echten Metropolen würden Züge die Städte im 3 bis 5 Minutentakt bedienen. Für einen solchen Takt gibt es im Ruhrgebiet nicht mal Pläne. Die Politik ist schon begeistert, wenn irgendwann in 5 bis 8 Jahren der RRX aller 15 Minuten die Städte verbinden soll.

Gleichzeitig will die Politik die Zahl der Kunden im ÖPNV bis 2040 verdoppeln. Einen Ausbauplan für das ÖPNV-Netz des Ruhrgebiets gibt es allerdings nicht. Typisch für die Konzeptlosigkeit im Revier. Im Ruhrgebiet werden auch beim ÖPNV viele große Reden geschwungen, aber keine konkreten Konzepte erarbeitet. Es fehlt der Anspruch, es fehlt der Mut, es fehlt die Kompetenz, um die Zukunft zu planen und zu gestalten.

Die Erstellung des ÖPNV-Bedarfsplans, der als Grundlage für zukünftige Ausbaupläne aufgestellt werden sollte, ist krachend gescheitert. Der aktuell gültige und seit Jahren überholte Plan stammt aus dem Jahr 2006, ist also stolze 15 Jahre alt. Das Verfahren zur Erstellung eines neuen läuft seit 2015. wann es beendet sein soll, ist offen. Es dient allein der Beschäftigung der Ruhr-Bürokratie. Dass die Städte und Gemeinden des Ruhrgebiets ernsthaft gewillt sind ihren Bewohner*innen einen metroplengerechten ÖPNV anzubieten, ist nicht erkennbar, anders ist ihre demonstrative Passivität in Sachen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes nicht zu erklären.

Die Politik ergeht sich in endlosen Bekenntnissen, den ÖPNV auch im Revier wie in Metropolen üblich ausbauen zu wollen. Konkrete Initiativen und Konzepte das umzusetzen gibt es aber leider nicht. Man gefällt sich darin zu reden, statt zu handeln. Glaubwürdigkeit ist in der Ruhrgebietspolitik keine Währung.

Frage: Wie aber will das Ruhrgebiet jemals zu einem metropolengerechten Nahverkehr kommen, wenn Politik und Verwaltung weder in der Lage noch willens sind, einen entsprechenden Plan aufzustellen, wie dieses Ziel in den nächsten zwei Jahrzehnten erreicht werden soll?

Regionalplan Ruhr – Der Regionalplan soll die Rahmenbedingungen der Raumentwicklung festlegen, also konkret für welche Zwecke, welche Flächen im Ruhrgebiet zukünftig genutzt werden können und dürfen. Der Plan ist insbesondere die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung des Ruhrgebiets, denn er legt auch fest, welche Flächen für Gewerbe und Industrie in den nächsten 25 Jahren bereitstehen.

Auch bei der Erarbeitung dieses Plans hat das Ruhrgebiet versagt. Seit 2009 ist die Ruhr-Bürokratie für die Regionalplanung im Ruhrgebiet zuständig, 2011 wurde mit der Erarbeitung des Regionalplans begonnen. Ein rechtsgültiger Regionalplan liegt bis heute nicht vor. Auch wann er vorliegen und verabschiedet wird, ist offen. Eigentlich sollte der Plan schon 2020 vorliegen, aber die Städte und Gemeinden des Ruhrgebiets konnten sich auf den vorliegenden Planungsentwurf nicht einigen. Trotz 8 Jahren Vorbereitungszeit, haben es Politik und Ruhr-Bürokratie nicht hinbekommen, den für die weitere Entwicklung des Ruhrgebiets dringend erforderlichen Plan zu erstellen und zu beschließen.

Auch dieses Beispiel zeigt, es fehlt der Wille die Region voranzubringen. Eine riesige Bürokratie wird beschäftigt, gleichzeitig  verhält sich die Politik mutlos bis destruktiv. Am Ende zeigt das Verhalten aller Beteiligten, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen sind und das Ruhrgebiet unfähig ist. einen Plan aufzustellen, um seine wirtschaftliche Entwicklung selbst zu organisieren.

Frage: Wie soll das Ruhrgebiet eine prosperierende Wirtschaftsregion werden, wenn Bürokratie und Politik es in mittlerweile 10 Jahren nicht schaffen sich auf einen Regionalentwicklungsplan zu einigen?

Ruhr-Tourismus – Eigentlich ist das Ruhrgebiet eine der spannendsten Regionen Europas und könnte auch im Bereich des Städtetourismus boomen. Doch wie das Ruhgebiet im Bereich Tourismus aufgestellt ist, kann allenfalls als amateurhaft bezeichnet werden.

Alles was angeboten wird, ist unzusammenhängendes Stückwerk. Eine klare Linie ist nicht erkennbar. Es gibt eine App, die RUHR.TOPCARD, eine WelcomeCard, die Industriekultur.Ruhr und diverse unzusammenhängende RVR-Internet-Seiten und Angebote zum Thema Tourismus (u.a. Ruhr-Tourismusruhrkultur.jetztRUHR.TOPCARDIndustriekultur.ruhrRuhrbühnenWelcomeCard Ruhr). Eine prominente und professionelle Seite “visitruhrgebiet” mit allen Tourismus- und Kulturangeboten des Ruhrgebiets, wie sie jede fortschrittliche Tourismusdestination anbietet, sucht man dagegen vergebens.

Die ruhrkultur.jetzt-App (ruhrkultur.jetzt) ist ein Reinfall. Im Oktober 2010 gestartet, listet die App für Essen gerade mal 26, für Bochum wie Dortmund jeweils 25, und für Moers 12 Einträge auf. Das sind deutlich unter 1% der Angebote an Sehenswürdigkeiten, Veranstaltungsorte, Gastronomien, Unterkünften und Aktivitäten, die diese Städte tatsächlich anbieten. Auch gibt es die App nur als PWA, im Google Playstore oder bei Apple sucht man sie vergeblich.

Das Angebot an Informationen auf der Seite ruhr-tourismus.de ist vergleichsweise dünn und kommt mit viel zu viel Text altbacken sowie unvollständig daher. Es fehlen direkte Buchungsmöglichkeiten, für die Stadt Bochum zum Beispiel werden gerade mal 18 Aktivitäten angegeben.

Die WelcomeCard Ruhr ist der wenig gelungene Versuch einen Touristenpass, zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Touristen, anzubieten. Das entsprechende Angebot wird nicht beworben und ist kaum zu finden. Die Gestaltung der Internet-Seite wirkt provisorisch, eine App fehlt, die Webseitenersteller*innen haben es nicht mal geschafft alle Attraktionen korrekt auf der Landkarte zu verlinken. Immerhin ist die WelcomeCard auch online buchbar. Das Angebot ist mit rund 60 Aktivitäten allerdings sehr begrenzt und damit unattraktiv, auch gibt es nur Pässe für 24, 48 oder 72 Stunden.

Die Angebote von RUHR.TOPCARD und RuhrKultur.Card mit 90 bzw. 48 Aktivitäten sind angesichts der Größe des Ruhrgebiets ebenfalls überschaubar. Zudem sind beides Jahreskarten und richten sich eigentlich nicht an Touristen, sondern vornehmlich an die Bewohner*innen des Ruhrgebiets.

Auf das Angebot einer App, die sämtliche touristischen Angebote des Ruhrgebiets beinhaltet und eine direkte Buchung und Bezahlung von Eintrittskarten sowie die Reservierung von Tischen und Unterkünften zulässt, wird man im Ruhrtourismus wohl noch Lichtjahre warten müssen.

Der potentielle Ruhrgebiets-Tourist bekommt den Eindruck, der Tourismus im Ruhrgebiet stecke noch in den Kinderschuhen. Dem tatsächlichen touristischen und kulturellen Angebot wird die Präsentation nicht im Ansatz gerecht. Auch in diesem Bereich präsentiert sich das Ruhrgebiet rückständig.

Frage: Wie will das Ruhgebiet Menschen ins Revier locken und sein Image verbessern, wenn man nicht in der Lage ist, alle touristischen Angebote des Ruhrgebiets auf einer Internet-Seite und App darzustellen und attraktive Touristenpässe anzubieten?

Radschnellweg (RS1) – Angepriesen als das Zukunftsprojekt des Ruhrgebiets, ist der RS1, der das ganze Ruhrgebiet irgendwann mal von West nach Ost durchziehen soll, heute das Paradebeispiel für die Unfähigkeit und Inkompetenz der Ruhr-Bürokratie und -Politik.

Eigentlich sollte der RS1 schon 2020 eingeweiht werden. Bisher wurde jedoch nur ein Bruchteil des Radwegs fertig gestellt. Bis heute ist für viele Teilabschnitte nicht mal klar, wo der Schnellweg genau entlangführen soll. Wann der Radschnellweg durchgehend befahrbar sein wird, steht in den Sternen. Mit einer Eröffnung wird erst irgendwann in den 2030ern gerechnet. Was der BER für Berlin ist, ist der RS1 für das Ruhrgebiet.

Die mangelnde Bereitschaft der Politik, die Ruhr-Bürokratie effizient zu organisieren, hat dazu geführt, dass das Ruhrgebiet sich mit diesem Projekt in ganz Europa zum Gespött macht. In den Niederlanden und Dänemark baut man ganze Netze von Radschnellwegen in unter 10 Jahren, das Ruhrgebiet bekommt nicht mal ein einziges Vorzeigeprojekt in der doppelten Zeit fertig.

Der Politik fehlt der Mut, auf den Tisch zu hauen, klare Ansagen zu machen und für eine Beschleunigung des Projektes zu sorgen. Wie immer lässt man die Ruhr-Bürokratie machen und sich durchwurschteln. Mehr als das Desaster schön zu reden, fällt der Politik nicht ein.

Frage: Wie will sich das Ruhrgebiet glaubwürdig als fortschrittliche und moderne Metropolregion präsentieren, wenn sie bereits am Bau eines 101 km langen Radweges durch das Revier scheitert?

RVR wie Ruhrparlament sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems

Die vier Beispiele zeigen, RVR und Ruhrparlament sind nicht Teil der Lösung, diese beiden Institutionen sind wesentlich verantwortlich dafür, dass es das Ruhrgebiet nicht schafft eine echte Metropolregion zu werden. Es wurde eine Ruhr-Bürokratie geschaffen, die sich auf wichtigen Feldern als unfähig erweist, mit den gestellten Aufgaben überfordert ist und mitverantwortlich ist für den Ruf des Ruhrgebiets, dass man hier nicht viel auf die Reihe bekommt. Hinzu kommt eine Politiker*innenriege, der Mut und Willen fehlen, die Ruhr-Bürokratie wirksam zu kontrollieren und zu steuern sowie die grundlegenden Entscheidungen zu treffen, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, die für die Entwicklung einer Metropole erforderlich sind.

Der Weg, das Ruhrgebiet über RVR und Ruhrparlament zu einer wirklichen Metropole zu machen, kann als gescheitert angesehen werden. Weitere Blamagen und Demonstrationen von Unfähigkeit, kann sich das Ruhrgebiet nicht leisten. Der Ruf des Reviers ist schon heute nicht der beste und er leidet weiter, je länger sich RVR und Ruhrparlament weiter durchwurschteln. Es ist Zeit beides hinter sich zu lassen und über neue Wege nachzudenken, wie aus den Städten und Kreisen des Ruhrgebiets eine schlagkräftige und wirtschaftlich erfolgreiche Ruhrmetropole werden kann.

Die Metropole Ruhr kann nur auf anderem Weg entstehen

Die STADTGESTALTER haben 2019 vorgeschlagen, dass sich zunächst nur die Städte des Ruhrgebiets, verbinden, die tatsächlich willens sind, sich zu einer Ruhrmetropole zusammen zu schließen und die die Bildung dieser Metropole selbst in die Hand nehmen wollen. (Vom Ruhrgebiet zur Ruhrstadt – eine neuer Lösungsvorschlag) Im ersten Schritt könnten wenige, aber wichtige Städte des Ruhrgebiets eine enge Kooperation mit dem Fernziel “Ruhrstadt” vereinbaren, z.B. Bochum, Dortmund und Essen. Später könnte man diese Kooperation vertiefen und weitere Städte und Kreise hinzunehmen, nach dem Muster wie auch die EU entstanden ist.

Mögliche Entwicklung zur Ruhrstadt

Dies ist aber nur ein möglicher Weg. Unbedingte Voraussetzung dafür, dass das Ruhrgebiet zu eine international Dies ist aber nur ein möglicher Weg. Unbedingte Voraussetzung dafür, dass das Ruhrgebiet zu eine international erfolgreichen Boomregion werden kann, ist, dass sich das Revier zu einer echten Metropole entwickelt. Dieser Schritt schafft Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze wie kein anderer. Die Politik muss endlich den Mut aufbringen, sich von den alten überkommenen Strukturen zu verabschieden und effiziente neue schaffen. Das wird nicht allein mit immer neuen Bekenntnissen zum Ruhrgebiet zu erreichen sein, ernst gemeinte, durchgreifende politische Initiativen sind gefragt, die endlich den Weg zur Ruhrstadt ebnen.

29 Aug

Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz

Der öffentliche Nahverkehr in Bochum hat bei vielen Einwohner*innen den Ruf langsam, unpünktlich und wenig komfortabel zu sein. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, will die Stadt einen großen Teil des Stadtverkehrs auf Bus und Bahn verlagern. Das kann aber nur mit attraktiven, schnellen und dicht getakteten Nahverkehrslinien gelingen. Die STADTGESTALTER legen jetzt einen Plan vor, der 10 Linien vorschlägt, mit denen das bestehende Netz ergänzt werden könnte.

39% beträgt der Anteil des Bochumer Stadtverkehrs am insgesamt in der Stadt von Menschen erzeugten Treibhausgases (CO2). Die Stadt hat sich das Ziel gesetzt bis 2035/40 klimaneutral sein. Jedoch werden derzeit noch 54% aller Wege in Bochum mit dem Auto zurückgelegt, das ist etwa doppelt so viel wie in modernen Großstädten sonst üblich. Der Anteil des ÖPNV liegt aktuell nur bei 15,3%. Ziel ist es diesen zu verdoppeln (PositionspapierStädte, Landkreise und Verkehrsverbünde begrüßen das Ziel der Verdoppelung der Fahrgäste des ÖPNV bis 2030!“).

Für die Bochum Strategie werden Leitprojekte des öffentlichen Nahverkehrs gesucht

Auch eine Kernaktivität der Bochum-Strategie nennt sich “Vorfahrt ÖPNV – Leitprojekte öffentlicher Nahverkehr”. Bisher findet sich unter dieser Kernaktivität jedoch kein echtes Leitprojekt. Bei dem bei den Einwohnern*innen umstrittenen Projekt “Netz 2020” handelt es sich um eine überfällige Reform des Liniennetzes, mit der jedoch kein echter Ausbau des Nahverkehrsnetzes verbunden ist.

Das aktuelle Schnellverkehrsnetz ist unattraktiv

Damit mehr Menschen vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen, muss die Stadt ein attraktives öffentliches Nahverkehrsnetz anbieten. Menschen nehmen den ÖPNV, wenn sie mit Bus und Bahn ähnlich schnell und komfortabel von A nach B kommen wie mit dem Auto. Das ist in Bochum nur auf wenigen Wegen möglich. Es fehlt ein flächendeckendes Netz an Straßen-, Stadtbahnen, S- und Regionalbahnen. Große Teile und wichtige Punkte der Stadt (z.B. RUB, Hochschule Bochum Ruhr-Park, Wattescheid Bf) sind nicht oder nur unzureichend an das Schnellverkehrsnetz angebunden.

Ein Schnellverkehrsnetz, das im Wesentlichen aus nur drei Straßenbahntrassen, einer Stadtbahnlinie, einer Regionalbahnlinie nach Norden und einer Bahntrasse von Ost nach West besteht, kann die Anforderungen, die eine Großstadt mit 370.000 Einwohnern an den ÖPNV stellt, nicht erfüllen. Wichtige Verbindungen fehlen, alle Linien führen sternförmig zum Hauptbahnhof, so dass die ÖPNV-Benutzer*innen immer erst zum Bahnhof fahren muss und dann weder davon weg. Das bedeutet häufig lange Umwege. Große Teile des Stadtgebietes, werden bisher nur durch langsame, unkomfortable und schlecht getaktete Buslinien erschlossen.

Insgesamt ist das Netz unattraktiv. Die Nutzung von Bus und Bahn stellt nur selten eine konkurrenzfähige Alternative zur Autonutzung dar. Regelmäßig ist man im Stadtgebiet mit dem Auto deutlich schneller und komfortabler von A nach B unterwegs.

Ausbau des Schnellverkehrsnetzes – Vorschlag STADTGESTALTER

Um mehr Kunden für den Nahverkehr zu gewinnen, ist es also erforderlich, dass bestehende Nahverkehrsnetz um wichtige schnelle Linien zu ergänzen.

Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, das Bochumer Nahverkehrsnetz um zehn zusätzliche Linien zu ergänzen, zwei Straßenbahnlinie, sechs Seilbahnlinien, eine Regiotram- und eine neue Regionalbahnlinie:

Schnellverkehrsplan 2050, Vorschlag STADTGESTALTER

Straßenbahnlinien
308 – Verlängerung der Straßenbahnlinie 308 bis zum Regionalbahnhof Castrop-Rauxel Merklinde
304 – Neue Straßenbahnlinie 304 vom Hauptbahnhof über die bestehenden Straßenbahngleise bis Weitmar Kirche und dann neu über Weitmar Mark bis Stiepel.

Regiotram
RT1 – Verbindung vom Hauptbahnhof über Jahrhunderthallte, Günnigfeld, Lorheide Stadion, Leithe, Essen-Kray bis Essen Universität bzw. Essen Hauptbahnhof (Bahnanbindung für Leithe und Günnigfeld).

Regionalbahn
RB46X – Ergänzung der bestehenden Linie RB46 durch eine neue Linien RB46X, die vom Hautbahnhof nach Recklinghausen und Münster fährt (Ohne Umsteigen von Bochum nach Recklinghausen und Münster). Die Idee ist, die bisherige Linie des RB46 vom Bochumer Hauptbahnhof bis Riemke mit einem Zug zu befahren der aus zwei eigenständigen Zugteilen besteht (Doppeltraktion). Am Bahnhof Riemke sollen dann beide Zugteile getrennt werden. Ein Zug fährt weiter – wie bisher – nach Gelsenkirchen, der andere nach Recklinghausen

Seilbahnlinien
SX1 – Eine leistungsfähige Verbindung vom Hauptbahnhof über den Hauptfriedhof zum Ruhr Park (Seilbahnlinie City-Ruhr Park), mit einer möglichen Verlängerung nach Harpen.
SX2– Eine direkte, schnelle Verbindung von RUB und Hochschule zur S-Bahnstation Langendreer West, später verlängerbar bis Werne Amt (Seilbahn – Rückgrat der Bochumer Universitäts- und Hochschullandschaft).
SX3 – Verbindung RUB und Hochschule mit Laer/ Mark 51°7. In einem zweiten Schritt könnte die Linie zum Kemnader See und über Witten-Heven zum Bahnhof Witten verlängert werden (Seilbahn – Rückgrat der Bochumer Universitäts- und Hochschullandschaft).
SX4 – August-Bebel-Platz – Wattenscheid Bahnhof – Höntrop Kirche und Höntrop Bahnhof (Zentrale (Seilbahn-)Verkehrsachse für Wattenscheid). Diese Linie kann zu einem späteren Zeitpunkt über den Südpark bis zum Eisenbahnmuseum und dem Bahnhof Dahlhausen verlängert werden,
SX5 – Eine weitere Verlängerung ist über Eppendorf, von Sundern zur RUB und ein weitere nach Hattingen möglich.
SX6 – Vom August-Bebel-Platz über Günnigfeld, Hordel und Riemke bis nach Gerthe kann mit einer weiteren Linie der Norden der Stadt erschlossen werden.

Somit schlagen die STADTGESTALTER insbesondere Seilbahnverbindungen vor, diese haben u.a. folgende Vorteile: Sie sind schneller realisierbar als Straßen- oder Stadtbahnlinien, da keine Trassen über bestehende Straßen gebaut werden müssen. Seilbahnen benötigen keine Verkehrsflächen auf Straßen. Mit Seilbahnen kommen die ÖPNV-Benutzer tendenziell schneller von A nach B, da an den Stationen keine Wartezeiten entstehen. Es steht immer eine abfahrbereite Kabine zum Einstieg bereit.

Netzabdeckung, Haltestellen des Schnellverkehrs, 600m Umkreis, rot bestehend, grün: zusätzlich

Die Stadt braucht einen Masterplan “Ausbau des Schnellverkehrsnetzes”

Bei allen vorgeschlagenen Linien handelt es sich um potentielle “Leitprojekte des öffentlichen Nahverkehrs”, die der entsprechenden Kernaktivität der Bochum-Strategie zugeordnet werden können. Mit der Verwirklichung aller zehn Linien würde hinsichtlich des Bochumer Nahverkehrsnetzes ein Optimalzustand erreicht, der geeignet ist, eine Fahrgaststeigerung zu bewirken, mit der sich der ÖPNV-Anteil im Modal Split ziemlich sicher auf 25-30% erhöhen ließe.

Die Realisierung der Linien ist jedoch bereits aus finanziellen Gründen nur Schritt für Schritt über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten möglich. Zwar werden bei Bahnprojekten bis zu 90% der Kosten vom Land NRW übernommen, doch finanziert das Land nicht nur Bochumer Projekte, so dass eine Förderung neuer Linien nur hintereinander mit zeitlichem Abstand möglich ist.

Im Rahmen der Bochum Strategie benötigt die Stadt also einen Masterplan, der festlegt, wie, in welcher Reihenfolge und wann die Leitprojekte des öffentlichen Nahverkehrs finanziert und umgesetzt werden können und sollen.

Zu diesem Zweck haben die STADTGESTALTER die dargestellt Linien in vier Prioritätskategorien einsortiert. Dabei wurden die vordringlich erforderlichen Linien der Priorität 1 zugeordnet. Linien mit hoher Priorität der Kategorie 2, Linien mit weniger oder nachrangiger Priorität in die Kategorien drei und vier:

Priorität 1
August-Bebel-Platz – Wattenscheid Bf. – Höntrop Bf (SX4)
BO-Hbf – Günnigfeld – Leithe – Essen (RT1)
BO-Hbf – Ruhr Park (SX1)
BO-Hbf – Recklinghausen (RB46X)
RUB/Hochschule – Langendreer (West) (SX2)

Priorität 2
BO-Hbf – Weitmar Mark – Stiepel (304)
RUB/Hochschule – Laer/ Mark 51°7 (SX3)
RUB/ Hochschule – Kemnader See – Witten Bf (SX3)
Gerthe – DO-Merklinde (308)

Priorität 3
Höntrop Bf – Südpark – Eisenbahnmuseum – Dahlhausen (SX4)
Höntrop Bf – Eppendorf – Sundern – Stiepel Nord – RUB (SX5)
August-Bebel-Platz – Günnigfeld – Hordel – Hofstede – Riemke – Handwerksweg (Gerthe) (SX6)

Priorität 4
Sundern – Hattingen Mitte (SX5)
Ruhr Park – Harpen (SX1)
Langendreer (West) – Werne Amt (SX2)

Sämtliche Linienprojekte müssen zunächst auf ihre technische und finanzielle Umsetzbarkeit geprüft werden. Auch sollte untersucht werden, ob es weitere Linien gibt, die das Netz sinnvoll ergänzen könnten. In jedem Fall muss bei der Prüfung der Machbarkeit das Nahverkehrsnetz als Ganzes betrachtet werden, denn nur ein neues flächendeckendes Netz an Schnellverkehrsverbindungen kann so attraktiv sein, dass sich insgesamt die Fahrgastzahlen deutlich erhöhen. Einzelne Linien alleine, für sich betrachtet, sind dazu nicht in der Lage.

Masterplan “Schnellverkehrsnetz Bochum 2050”

Das von den STADTGESTALTERn entwickelte Schnellverkehrsnetz soll zeigen, wie in Bochum das Nahverkehrsnetz 2050 aussehen könnte und welche wichtigen Linien derzeit fehlen. Der Vorschlag ist als Ausgangspunkt für die Entwicklungen eines Masterplans und Ideensammlung zur Entwicklung eines attraktiven Schnellverkehrsnetz zu verstehen.

Der Prozess, einen solchen Masterplan “Schnellverkehrsnetz Bochum 2050” zu entwickeln, sollte umgehend beginnen. Die Planung und Umsetzung von Nahverkehrsprojekten dauert in der Regel 5 Jahre und länger. Will Bochum 2035/40 klimaneutral sein, bleibt keine Zeit noch länger mit dem Ausbau des Nahverkehrsnetzes zu warten.

07 Aug

VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel

Um Gelegenheitsfahrer vom Bus- und Bahnfahren abzuschrecken hat der VRR einen einzigartigen Tarifdschungel geschaffen. Jetzt gibt es weitere Ideen das Tarifdickicht noch undurchdringlicher zu machen. Offen ist weiterhin, wann Fahrgäste für den Fahrscheinkauf eine Schulung nachweisen müssen, mit der sie die Fähigkeit erworben haben im VRR-Tarifdschungel den richtigen Fahrschein zu lösen. Eine Glosse.

80 Seiten dick ist der so genannte “Überblick” des VRR über das Tarifsystem (Der Tarif im Überblick). Das komplette Tarifsystem wird in allen Einzelheiten in einem dreibändigen Kompendium erklärt, das vom Lehrstuhl für die wissenschaftliche Erforschung des VRR-Tarif- und Fahrscheinsystems der Hochschule Gelsenkirchen herausgebracht wird. Der Lehrstuhl erforscht die Untiefen des VRR-Tarifdschungels und bietet einen 6-semestrigen Studiengang an, der mit dem Bachelor of “VRR-Tarif und Ticket-Art” abgeschlossen werden kann. Nur mit diesem Abschluss dürfen Tarifexpert*innen sich neue Preisstufen, Ticketvarianten und Tarife für den VRR ausdenken. Der Abschluss ist ebenfalls Voraussetzung für die Leitung eines VRR-Kundencenters.

Kunden verzweifeln am Tarifsystem des VRR

Für die Kunden will der VRR jetzt dreiwöchige Tarif-Schulungen anbieten, denn in umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass nur sehr wenige Menschen in der Lage sind, im VRR-Tarifdschungel die richtige Fahrkarte zu lösen. Von 100 Kunden schaffen es nur drei in 9 von 10 Fällen innerhalb von 30 Minuten den für sie günstigsten Fahrpreis im VRR zu finden. Von 100 Testpersonen mussten zehn nach ausgiebigen Tests psychologisch betreut werden, da sie an dem System des VRR verzweifelten und vor den Fahrkartenautomaten mit Weinkrämpfen zusammenbrachen.

Immer neue Tarife und Preisstufen

Der VRR und seine Nahverkehrsunternehmen aber sind offenbar stolz darauf, ihren Kunden das komplizierteste Der VRR und seine Nahverkehrsunternehmen aber sind offenbar stolz darauf, ihren Kunden das komplizierteste Tarifsystem der Menschheitsgeschichte anzubieten. Tarifexpert*innen haben jetzt eine Reihe weiterer Vorschläge vorgelegt um den Tarifdschungel noch undurchdringlicher zu machen. So soll das Bärenticket in drei weitere Fahrscheine differenziert werden. Für besonders reiselustige Frührentner*innen zwischen 55 und 60 Jahren soll das Pandaticket angeboten werden. Menschen mit schlohweißen Haaren ab 65 sollen zukünftig das Eisbärenticket erwerben können. Für Menschen ab 60, die beim Schwarzfahren erwischt werden, ist sollen zum Nachlösen eines Schwarzbärenticket gezwungen werden, bei dem der reguläre Fahrpreis mit ihrem Lebensalter multipliziert wird. Hochbetagten sollen ab einem Alter von 99 alle Fahrten erstattet werden, wenn sie das 100 Lebensjahr vollendet haben (Century-Ticket).

Auch bei den Jüngsten solle es das Schokoticket demnächst in weiteren Geschmacksrichtungen geben. Angedacht sind unter anderem Traube-Nuss, Müsli-Muffin und Keks-Karamel. So finden auch Schokoticket-Nutzer mit Nuss-Allergie oder vegan lebende Schüler*innen demnächst das für sie passende Ticket.

Besonders innovativ soll das Halbwegticket sein. Alle, die weil ihnen schlecht wird, sie was vergessen haben oder aus sonst einem Grund eine beabsichtigte Fahrt unplanmäßig auf halber Strecke frühzeitig beenden müssen, soll das Ticket eine Fahrpreisreduktion von 21,23% ermöglichen.

Neu würde auch der Schwarzfahrjoker sein, den es in allen Tarifstufen ab 10 Euro geben soll. Bei Vorlage des Jokers, kommt der ertappte Kunde beim Schwarzfahren einmal straffrei davon.

Auch die Preisstufe A soll reformiert werden. Bisher gibt es im VRR-System die Preisstufe A3, die alle “Großstädte mit sehr dichtem und qualitativ besonders hochwertigem Nahverkehrsangebot” umfasst. Da das Angebot des VRR jedoch in keiner Stadt sehr dicht und qualitativ besonders hochwertig ist, kann in diese Stufe eigentlich keine Stadt des VRR-Gebiets eingeordnet werden. In der neuen Preisstufe A sollen die Kommunen daher neu eingeteilt werden, in A1: Es gibt nur Busse und die kommen selten und nur hin und wieder pünktlich, A1½: es gibt dazu auch einen Bahnanschluss, A2: Busse und Bahnen kommen auch schon mal häufiger, A3: Es wird etwa 50% von dem angeboten, was sonst in europäischen, amerikanischen und asiatischen Großstädten und Metropolen Standard ist.

Nur kein einfaches Tarifsystem

Der Einführung eines Smartcard-Tickets, wie es das in fast allen fortschrittlichen Metropolen der Welt gibt, verweigert sich der VRR auch weiterhin. Eine Karte als E-Fahrschein, auf die man Geld laden kann und deren Guthaben die Kunden dann Fahrt für Fahrt abfahren, indem man sie bei Fahrtbeginn und -ende an einen Kartenleser hält, lehnen die Tarifexpert*innen des VRR weiterhin ab. Aus VRR-Kreisen ist zu hören, ein solches System sei für die Kunden des VRR aufgrund seiner Einfachheit unverständlich, da diese auf das absurd komplizierte VRR-Tarifsystem konditioniert seien. Zudem würde ein einfaches System viel zu viele Kunden veranlassen auf Bus und Bahn umzusteigen. Volle Busse und Bahnen wolle man den Fahrgästen des VRR jedoch nicht zumuten.

Die Nachteile der Smartkarten hätten sich zudem in der Corona-Krise gezeigt. Mit einem Smartcard basierten Fahrscheinsystem hätten die Nahverkehrsunternehmen des VRR deutlich weniger coronabedingte Einnahmeverluste eingefahren und hätten so auf Millionen staatlicher Hilfen zum Ausgleich dieser Verluste verzichten müssen. Denn während im VRR-Gebiet der Fahrkartenkauf im Bus oder den Kundencentern über Monate nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war und daher viele Kunden ohne zu zahlen oder gar nicht mit Bus und Bahn unterwegs waren, hätten in Nahverkehrssystemen mit Smartkarte viele Gelegenheitsfahrer*innen ihre E-Fahrscheine (Smartkarten) auch während der Krise weiter an den Automaten und online aufgeladen und so den ÖPNV weiter benutzt.

Doch jetzt gibt es revolutionäre Überlegungen zukünftig gleich ganz auf das Tarif- und Fahrscheinsystem zu verzichten. Aufgrund der coronabedingten Erfahrungen mit einem Betrieb von Bussen und Bahnen fast ohne Fahrgäste, werden erste Stimmen laut, ob man den Nahverkehr im VRR-Gebiet vielleicht zukünftig ganz ohne Fahrgäste betreiben sollte, denn dann könnten Fahrscheine und Tarife gleich ganz entfallen.

Eine einfaches Tarifsystem im VRR, die Hoffnung ist tot

Bus- und Bahnkunden dürfen gespannt sein, was die nächsten Jahre bringen. Hoffnung, dass sich wirklich was ändert, gibt es allerdings nicht. Die Pressemeldung, in der die Führung des VRR jedes Jahr verkündet, dass das Fahrschein- und Tarifsystem bald wesentlich vereinfacht würde, wird zukünftig jeweils am ersten April veröffentlicht.

Der VRR und seine Nahverkehrsunternehmer sind Dinosaurier, die sich in ihrem eigenen Tarifdschungel verirrt haben. Die Erfahrung zeigt, der nächste Evolutionsschritt ist erst möglich, wenn die Dinosaurier ausgestorben sind.

18 Jul

Ohne Umsteigen von Bochum nach Recklinghausen und Münster

In 21 Minuten mit dem Zug ohne Umsteigen von Bochum nach Recklinghausen und in etwas mehr als einer Stunde nach Münster. PARTEI und STADTGESTALTER legen jetzt einen Vorschlag vor, wie das auch ohne einen Millionen Euro teuren Streckenausbau gehen könnte.

Politik und RVR haben dem VRR bereits 2016 den Auftrag gegeben, zu prüfen wie eine direkte Zugverbindung von Bochum nach Recklinghausen realisiert werden kann. Doch eine solche Verbindung zu schaffen ist schwer, da die Bahntrasse von Bochum nach Recklinghausen in wesentlichen Teilen aktuell nur eingleisig ausgebaut ist und über diese Schienentrasse bereits die Regionalbahn RB46 zweimal die Stunde nach Gelsenkirchen fährt.

Vom VRR geprüfte Möglichkeiten erfordern teure Umbaumaßnahmen an der Bahntrasse

Der VRR hat bisher drei Varianten für eine Direktverbindung geprüft und kommt zu dem Ergebnis, dass selbst ein Direktzug, der zwischen beiden Städten nur einmal in der Stunde verkehrt, sich nur mit erheblichen Investitionen in die bestehende Trasse realisieren ließe (Fahrplantechnische Untersuchung Direktverbindung Bochum – Recklinghausen). Hinzu kommt, die erforderlichen Investitionen sind nicht nur teuer, ihre Umsetzung braucht auch mehrere Jahre Zeit.

Der Vorschlag der Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER”

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” legt nunmehr einen Vorschlag für eine Direktverbindung von Bochum nach Recklinghausen und sogar bis Münster über Marl, Haltern und Dülmen vor, der sich ohne Umbau der bestehenden Bahntrasse realisieren ließe.

Die Idee ist, die bisherige Linie des RB46 vom Bochumer Hauptbahnhof bis Riemke mit einem Zug zu befahren der aus zwei eigenständigen Zugteilen besteht (Doppeltraktion). Am Bahnhof Riemke sollen dann beide Zugteile getrennt werden. Ein Zug fährt weiter – wie bisher – nach Gelsenkirchen, der andere nach Recklinghausen und wird dort an den RE42 gekoppelt, mit dem er dann über Marl, Haltern und Dülmen bis nach Münster fährt.

Möglicher Fahrplan Bochum – Recklinghausen – Münster

Wie RB46 und RE42 aktuell würde die neue Linie zweimal die Stunde verkehren. Von Bochum nach Recklinghausen würde die Fahrt 21 bis 22 Minuten dauern, nach Münster 1 Stunde und 7 Minuten. Die Fahrtzeit nach Recklinghausen würde sich von derzeit 30 bis 34 Minuten also deutlich verkürzen, nach Münster um nur wenige Munster verlängern, im Gegenzug entfiele das Umsteigen in Wanne-Eickel.

Sollte es bei einem Zugteil zu einer Verspätung kommen, so dass eine fahrplanmäßige Kopplung in Riemke nicht mehr möglich ist, kann der verspätete Zugteil bis Hamme Bf. fahren, dort bereits die Fahrtrichtung wechseln, um dann im folgenden Umlauf wieder mit dem anderen Zugteil in Riemke verbunden zu werden.

Zusätzlicher Halt in Hofstede

Zwar erreicht die Lösung von PARTEI und STADTGESTALTERn nicht die vom VRR anvisierte Reisezeit zwischen Bochum und Gelsenkirchen von 19 Minute, dafür werden aber auch alle Halte zwischen Bochum und Recklinghausen bedient, was bei den Lösungen des VRR nicht möglich wäre. Der Vorschlag von PARTEI und STADTGESTALTERn sieht darüber hinaus einen zusätzlichen Halt in Hofstede vor, den die STADTGESTALTER bereits 2017 vorgeschlagen haben (Eine neue Haltestelle für Hofstede).

Zweigleisiger Ausbau der Trasse Bochum – Recklinghausen sollte langfristig trotzdem erfolgen

Die jetzt von PARTEI und STADTGESTALTERn vorgeschlagene Lösung bedeutet aber nicht, dass die Bahntrasse Bochum – Recklinghausen nicht trotzdem in Zukunft auf durchgängig zwei Gleise ausgebaut werden sollte. Damit die Linien zwischen Bochum, Gelsenkirchen, Recklinghausen und Münster noch deutlich attraktiver werden, sollte das Ziel verfolgt werden, die Fahrtzeiten erheblich zu verkürzen und die Taktung der Züge auf mindestens viermal die Stunde zu erhöhen. Das ist aber nur nach einem zweigleisigen Ausbau der Strecke möglich.

Eine Beschleunigung  des Bahnverkehrs und die daraus folgende Verkürzung der Fahrtzeiten hätte zudem zur Folge, dass die Bahnen mehr Pufferzeiten für die Fahrtrichtungswechsel am Linienende und das Koppeln der Zugteile zur Verfügungen hätten, um Verspätungen wieder auszugleichen.

Die von PARTEI und STADTGESTALTERn vorgeschlagene Lösungsvariante wird von der Fraktion im nächsten Schritt beim VRR eingereicht und den zuständigen politischen Gremien vorgelegt, so dass der VRR eine detaillierte Prüfung vornehmen und ein Realisierungskonzept erstellen kann. Wenn die Machbarkeitsprüfung erfolgreich ist, könnte im günstigsten Fall eine Umsetzung, schon sehr kurzfristig, gegebenenfalls sogar schon im Jahr 2022, erfolgen, da für die Realisierung des Vorschlags kein Umbau von Gleisanlagen erforderlich ist.

12 Jan

Bahnanbindung für Leithe und Günnigfeld

Nur 15,1% der Wege in Bochum und Wattenscheid werden mit Bus und Bahn zurückgelegt, Tendenz abnehmend. In deutschen Großstädten sonst sind es üblicherweise 20-30%. Das Nahverkehrsnetz in Bochum und dem Ruhrgebiet ist unzureichend und hat viele Lücken.

Leithe und Günnigfeld fehlt bisher eine attraktive ÖPNV-Anbindung

Stadtteile wie Leithe und Günnigfeld sind bisher nicht mit leistungsfähigen Nahverkehrslinien an das Netz des Ruhrgebiet-Nahverkehrs angeschlossen. Daher meiden die meisten Menschen, die dort wohnen, öffentliche Verkehrsmittel und bevorzugen in den meisten Fällen das viel schnellere Auto. Dabei gibt es eine ehemalige Güterbahntrasse, die beide Stadtteile mit dem bestehenden Bahnnetz verbindet.

Bahnlinie von der Uni Essen über Leithe und Günnigfeld zum Bochumer Hauptbahnhof

Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, diese Güterbahnstrecke, die auch für den Radschnellweg RS1 genutzt werden soll, zusätzlich für eine Bahnverbindung zwischen Essen und Bochum, die im Norden von Wattenscheid auch Leithe und Günnigfeld anbindet, zu nutzen. Die Linie soll vom Essener Campus der Universität Essen-Duisburg über Essen-Kray. Leithe, Lohrheide-Stadion, Günnigfeld und Feldmark, Jahrhunderthalle/Westpark, Bochum West bis zum Bochumer Hbf. führen (Plan Streckenverlauf). Vorgeschlagen werden für die 17 km lange Strecke elf permanente Haltestellen und zwei, Lohrheide-Stadion und Jahrhunderthalle, die nur bei Veranstaltungen angefahren werden. Von Leithe und Günnigfeld würde die Fahrtzeit nach Essen und Bochum nur noch rd. 15 Minuten betragen. Heute braucht man mit Bus und Bahn im seltenen, günstigen Fall 25 Minuten, in der Regel 30 Minuten und deutlich länger. Nach Vorstellung der STADTGESTALTER soll die Bahn in einem 15-Minuten-Takt fahren. Weiterlesen