11 Aug

Sheffieldring – Grünzug, Straßenbahn, Rad- und Gehwege statt Schnellstraße

Durch Opelspange und 6-spurigen Ausbau der A43 verliert der parallele Sheffieldring seine Bedeutung. Die Fläche kann anders genutzt werden. Die STADTGESTALTER schlagen einen Rückbau vor, stattdessen eine Straßenbahnlinie, Rad- und Gehwege, einen Grünzug sowie zusätzliche Wohnbebauung.

Bereits 1961 wurde der Sheffieldring als Teil des Bochumer Rings (NS VII) zwischen dem ehemaligen “Opel-Ring” (heute Tsukuba-Ring) und dem Harpener Hellweg fertiggestellt („NS VII“ ist in Bochum immer noch ein Begriff).

Sheffieldring verliert verkehrliche Bedeutung

Weniger als 10 Jahre später wurde 1.500 Meter weiter östlich die Autobahn A43 – zunächst als EB 51 und A7 bekannt – gebaut (Bundesautobahn 43). Das in diesem Zug gebaute Autobahnkreuz Bochum verhinderte, dass das 30 Meter breite autobahnähnlich ausgebaute Asphaltband direkt an die A40 angeschlossen werden konnte. Die Schnellstraße endet bis heute an einer Ampel der Kreuzung zu Harpener und Castroper-Hellweg.

Sheffieldring – Autobahnring

Seit der Herstellung der Opelspange umschließt der Autobahnring aus A40, A43 und A448 die Stadt. Damit verlagert sich ein wesentlicher Teil des Autoverkehrs auf die A43. Der ursprüngliche “Boohumer-Ring” (NS VII) hat damit seine verkehrliche Bedeutung weitgehend verloren. Durch den 6-spurigen Ausbau der parallel verlaufenden A43 wird eine Verkehrsführung auf zwei direkt nebeneinander liegenden Autobahnabschnitten obsolet.

Rückbau Sheffieldring – Entstehung eines Grünzugs

Der Sheffieldring kann teilweise zurück gebaut und die Fläche besser genutzt werden. Dazu machen die STADTGESTALTER jetzt einen Vorschlag. Dieser sieht die Entstehung eines neuen Grünzugs vom Tsukuba-Ring bis zum Harpener Hellweg vor.

Gesamtplan

Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER soll die Schnellstraße auf dem Abschnitt Harpener Hellweg bis Grüner Weg zu einer 2-spurigen Stadtstraße zurückgebaut werden, ebenso zwischen A448 und Wittener Straße. Der Straßenteil zwischen Wittener Straße und Grüner Weg soll ganz entfallen.

Neue Straßenbahnlinie 311

Stattdessen wird vorgeschlagen eine Straßenbahnlinie (311) von Harpen im Norden über Kornharpen, Hauptfriedhof, Ostpark, Laer/ Mark 51°7, Auf der Heide/ Steinkuhl bis zur U35 zu schaffen. Auf diese Weise werden die Straßenbahntrassen (308/316/318) nach Gerthe und Langendreer (302/306/310) sowie die Stadtbahn-Trasse (U35) miteinander verbunden. Die neue Straßenbahnlinie 311 könnte wahlweise über die Castroper Straße zum Hauptbahnhof oder nach Gerthe weitergeführt werden. Darüber hinaus wäre eine Führung nach Merklinde bzw. Castroper-Rauxel denkbar (Straßenbahnlinie sollte von Gerthe bis Merklinde verlängert werden).

Ausschnitt Liniennetzplan

Der Vorschlag der STADTGESTALTER sieht wichtige Haltestellen am neuen Polizeipräsidium, am Hauptfriedhof und am neuen Wohngebiet Ostpark vor. Die Linie soll über das Innovationsquartier Mark 51°7 hinaus bis zur Stadtbahnlinie U35 führen. Sie endet dann direkt südlich der Unternehmenszentrale des Wohnungsunternehmens Vonovia. Von dort soll eine schnelle fußläufige Verbindung zur U35-Haltestelle Wasserstraße hergestellt werden. Dazu wird vorgeschlagen, diese Haltestelle nach Süden auf Höhe der Polizeiwache Südost zu verlegen.

Anschluss an die U35

Neue Perspektiven für Kornharpen

Der neue Grünzug eröffnet der Stadt viele neue Möglichkeiten. Der bisher von drei Autobahnen und der Bahnlinie im Süden eingekesselte Stadtteil Kornharpen (Bochumer Stadtteil ist trostlos für Junge: „Gibt ja nichts“) wird nach Westen geöffnet. Dort wird in nicht zu ferner Zukunft auf dem Gelände des Stahlwerks ein neues Wohn- und Gwerbequartier entstehen, das über den Grünzug mit Kornharpen verbunden werden kann.

Kornharrpen

Hauptfriedhof

Der bisher durch den Sheffieldring zerschnittene Hauptfriedhof wird zu einer einzigen zusammenhängenden Begräbnisstätte. Der Grünzug verbindet beide Teile. Die Ruhe kehrt zurück. Die Erreichbarkeit des Friedhofs wird durch Straßenbahnhaltestelle sowie Geh- und Radweg wesentlich verbessert.

Hauptfriedhof

Geh- und Radverbindung

Über den Grünzug wird der Emscher Park Radweg auf direkten Weg mit dem zukünftigen Opel-Radweg verbunden. Die Überlegungen der STADTGESTALTER sehen vor, entlang des gesamten Grünzugs von Harpener Hellweg bis Universitätsstraße einen durchgehenden Zwei-Richtungsradwegs neben einem baulich getrennten Gehweg anzulegen. So kommen Radfahrende und zu Fuß Gehende mit nur wenigen Straßenquerungen, weitgehend ungestört vom Autoverkehr, über eine 4 bis 5 km lange Strecke von Harpen nach Wiemelhausen.

Tsukuba-Ring

Mehr Wohnen

Darüber hinaus sieht der Plan der STADTGESTALTER eine überschaubare Osterweiterung des Wohngebiets Ostpark vor. Auf der heutigen Schnellstraße sollen zukünftig Wohngebäude stehen. Zudem entfällt durch den Rückbau der Schnellstraße die Barriere zwischen Ostpark und Havkenscheider Feld. Das Erholungsgebiet ist über den vorgeschlagenen Grünzug direkt fußläufig zu erreichen. Auch der Lärm durch den Autoverkehr verschwindet. Das Wohngebiet gewinnt zusätzliche Attraktivität, die Lebensqualität steigt.

Ostpark

Die von den STADTGESTALTERn angeregten Umgestaltungen erhöhen die Wohnqualität in allen an den neuen Grünzug angrenzenden Stadtteilen. Die Erreichbarkeit mit ÖPNV, zu Fuß und mit dem Rad wird deutlich verbessert, neue Wegeverbindung entstehen. Die Stadtteile werden vom Verkehrslärm entlastet. Grün- und Naturflächen werden ausgedehnt, der städtische Naherholungswert steigt, das bedeutet weitere Aufwertungen. Die gesamte Stadt profitiert und wird lebenswerter.

Aus der Umgestaltung des Sheffieldrings ergeben sich für die Stadt einmalige Chancen, während die sich aus dem Rückbau ergebenden verkehrlichen Auswirkungen, aufgrund des ohnehin nur noch geringen Nutzens für den Autoverkehr, überschaubar sind.

28 Jul

Co-Living – Trendiges Wohnen auf weniger Quadratmetern

Es können in Bochum nicht immer mehr, immer größere Wohnungen entstehen, in denen immer weniger Menschen leben. Der Platz ist begrenzt. Co-Living könnte eine Teil der Lösung sein. Was ist Co-Living? Für wen ist Co-Living eine attraktive Wohnform?

Trotz Neubauten wächst die Zahl der Wohnungen in Bochum nicht (Mieten und Wohnraum: In diesen Städten ist ein Umzug besonders teuer). Dagegen nimmt die Wohnfläche pro Einwohner*in auch in Bochum seit Jahrzehnten kontinuierlich zu.

Die Ursache der Wohnungsknappheit

Obwohl die Zahl der Menschen, die in Bochum leben, seit 1960 um 86.000 Menschen abgenommen hat (Einwohnerverlust seit 1960 kostet Bochum 237 Mio. Euro im Jahr), besteht Wohnungsknappheit, wenn auch bei weitem nicht so heftig wie in fast allen deutschen Großstädten außerhalb des Ruhrgebets. Rund die Hälfte der Haushalte in Bochum sind Einzelhaushalte. Mehr sind es in keiner anderen Stadt des Ruhrgebiets (Bochum mit Spitzenwert bei Einzelhaushalten im Ruhrgebiet). Auf jede Person, die in Deutschland lebt, entfallen mittlerweile 47,7 qm Wohnfläche (2022), 1950 waren es noch 14 qm, 1961 20 qm.

Die Ursache der Wohnungsknappheit ist also in Bochum, anders als in deutschen Großstädten sonst, nicht Zuzug, sondern allein die Zunahme der Wohnfläche pro Person.

Um der Wohnungsknappheit zu begegnen, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Schaffung von mehr Wohnraum oder die bessere Ausnutzung von Wohnraum, durch Wohnformen, bei denen die Wohnfläche pro Quadratmeter niedrig und damit die Flächeneffizienz hoch ist.

Was ist Co-Living?

Zu diesen Wohnformen zählt Co-Living. Dabei leben die Menschen in vollmöblierten privaten Mikroappartements und teilen sich gemeinschaftlich zusätzliche Räume und Orte (Community-Flächen), Das können z.B. Wohnbereich, Küche, Garten, Terrasse, Werkstatt, Fitnessraum, Sauna und Arbeitsräume sein. Die Gemeinschaftsräume stellen ein flexibles, modulares Angebot dar, dass den individuellen Bedürfnissen der in der Community Lebenden gerecht wird. Die Menschen, die in einen Co-Living-Spaces ziehen, leben bewusst in einer Community. Co-Living lebt von der Gemeinschaft.

An wen richten sich Co-Living-Angebote?

Die Nutzenden von Co-Living Spaces sind vielfältig und reichen von digital Nomades, Studierenden über Start-up-Gründerinnen und -Gründern bis zu Berufsanfängerinnen und -anfänger (THINK TOGETHER: Co-Living-Spaces als Wohnraumkonzept der Zukunft?), aber auch Co-Living-Wohnformen für Senioren sind denkbar.

Co-Living entspringt einem sich verändernden Lebensgefühl und Lebensmodell. Menschen, die sich der “Generation global” zugehörig fühlen, verbringen ihr Leben nicht mehr an einem einzigen Ort, den sie nicht verlassen möchten und der wenn möglich ihnen gehören soll. Wichtiger ist das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, Möglichkeiten, von anderen zu lernen und sich weiterzuentwickeln, die Wohnkosten erschwinglich zu halten, flexibel jederzeit den Wohnort wechseln zu können sowie die Sicherheit, eines Rundum-Sorglos-Pakets.

Auf der einen Seite spielt für jüngere Generationen die Suche nach Gemeinschaft eine große Rolle, auf der anderen sieht man sich nicht geographisch gebunden, es ist selbstverständlich “für das Erasmussemester nach Spanien, zum Work-and-Travel-Erlebnis nach Australien, für den ersten Job nach Paris, den zweiten ins Ruhrgebiet und so weiter” zu ziehen (THINK TOGETHER: Co-Living-Spaces als Wohnraumkonzept der Zukunft?).

Weltweit wächst der Co-Living-Markt. Allein in den USA werden über 17 Millionen digital Nomades gezählt, was einem Anstieg von 131 % seit 2019 entspricht (Coliving im Jahr 2024).

Was kann Co-Living bieten? Wo funktioniert es?

Menschen, die Co-Living als Wohnform wählen, sind mehr an gemeinsamen Erlebnissen, flexiblen Lebens- und Arbeitsumgebungen sowie zusätzlichen Annehmlichkeiten direkt am Wohnort interessiert. Entsprechend sind Co-Living-Apartments im Highend Bereich häufig zugleich Serviced Apartments, man kann für die Reinigung der privaten Räumlichkeiten einen Hausservice in Anspruch nehmen, ebenso wie für das Wäsche waschen, ein Leihfahrrad befindet sich im Haus, eine Postabholstation, ebenso wie ein Restaurant und ein Concierge-Service.

Wenn Co-Living mit Co-Working Räumlichkeiten kombiniert wird, ist es die ideale Ausgangsbasis für Start-up-Gründerinnen und -Gründern. Co-Living-Spaces lassen sich besonders gut in zentral gelegenen Wohnhochhäusern einrichten (Hochhäuser gegen Wohnungsknappheit – Eine gute Idee?). Besonders gefragt sind Trendwohnungen in bester urbaner Lage (Coliving: Das Wohnkonzept der Zukunft)

Co-Living in Bochum

Eine Stadt wie Bochum, die sich zumindest auf dem Papier als innovative Stadt für Start-Ups und Vorreiter in Sachen moderner Stadtentwicklung sieht, sollte also die Voraussetzungen für Co-Living-Angebote schaffen. Co-Living stellt besonders für Absolventen der Hochschulen zum Berufseinstieg eine attraktive Wohnform dar. Co-Living kann digital Nomades nach Bochum ziehen, für die es mindestens für eine Zeit interessant wird, in der Stadt zu leben. Co-Living stellt auch ein interessantes Angebot für jene da, die mit Bochumer Hochschulen für eine Zeit zusammenarbeiten oder für sie arbeiten wollen. Würde Bochum zum Hub für die “Generation global” hätte das auch für das Image der Stadt positive Auswirkungen.

Co-Living kann ein Angebot für alle sein

Co-Living ist aber nicht nur für die Generation der Millennials (geboren zwischen 1980 und 2000) eine spannende Wohnform, sondern könnte auch für Senioren, die sich kleiner setzen und nicht allein, sondern in einer Gemeinschaft leben wollen, interessant sein. Auch die Möglichkeit, nach Bedarf Serviceleistungen in Anspruch zu nehmen und zentral zu wohnen, macht diese Form des Wohnens für ältere Menschen attraktiv. Co-Living beugt Vereinsamung vor und fördert Gemeinschaft.

Das GenerationenKult-Haus in Essen zeigt, dass Co-Living genauso gut generationsübergreifend funktioniert (Geku-Haus, Essen). Co-Living kann Menschen in allen Lebenslagen und aller Lebensweisen ansprechen (Das Leben in einer Co-Living-Community: Bewohner erzählen).

Co-Living – GekU-Haus, Essen

Je nach Zielgruppe unterscheidet sich die Ausgestaltung des Co-Living stark, besonders welche Räumlichkeiten gemeinschaftlich genutzt und angeboten werden, was dort stattfindet, was der private Bereich umfassen soll, welche Serviceleistungen angeboten werden und welches Wohnniveau angesprochen wird.

In jedem Fall führt Co-Living zu weniger Einpersonenhaushalten und einem geringeren Wohnflächenbedarf pro Person und hat damit eine höhere Flächeneffizienz zur Folge. Auch wenn nicht tausende Menschen in Bochum durch Co-Living-Angebote angesprochen werden, können entsprechende Wohnmöglichkeiten einen kleinen Beitrag leisten Wohnungsknappheit entgegenzuwirken.

Ein weiterer positiver Aspekt, Co-Living zieht Menschen mit hoher Steuereinnahmekraft nach Bochum bzw. bewirkt, dass diese hierbleiben. Die angesprochene Bevölkerungsschicht ist in Bochum bisher eher wenig vertreten.

Beitragsbild; Co-Living, Starcity

14 Jan

Der letzte, der für die Stadtautobahn (NS 7) seine Wohnung verliert

Die letzten vier Wohnhäuser des Heusnerviertels, das für die Stadtautobahn (heute A448) weichen musste, sollen endlich abgerissen werden. Dem letzten Bewohner wurde von der Stadt jetzt die Zwangsräumung angekündigt. Der Endpunkt einer unrühmlichen Geschichte, von der Vernichtung von Wohnraum zugunsten einer innerstädtischen Autobahn.

Schon vor dem zweiten Weltkrieg gab es in Bochum die Idee einer Umgehungsstraße. Kaum waren die Trümmer aufgeräumt und die Schäden des zweiten Weltkriegs notdürftig beseitigt, verfolgte die Stadt den Plan weiter und beschloss schließlich den Bau einer Stadtautobahn, der heutigen A448 nebst Sheffield-Ring, damals noch NS 7 genannt (Bochumer Ring).

Die Geschichte von Stadtautobahn und Heusnerviertel

Die Idee der neuen Straße war, den Süden der Stadt besser für den Autoverkehr zu erschließen und die anliegenden Industriebetriebe für LKW besser erreichbar zu machen. Entsprechend wurde die Strecke so durch das Stadtgebiet geführt, dass für den Bau nicht etwa Gewerbegebiete weichen sollten, sondern Wohngebiete. Ursprünglich sollte die NS 7 sowohl durch Bärendorf wie das Heusnerviertel führen. Nach Protesten der Anwohner*innen konnte durch den Bau des Tunnels Rombacher Hütte zumindest der Bau der Trasse durch Bärendorf verhindert werden.

Heusnerviertel – bis 1986 vs. heute

Eine Führung der Stadtautobahn unterhalb des Heusnerviertels auf der “Westtangente” vom Tunnel Rombacher Hütte bis zur A40 kamen aufgrund der Topografie und der zusätzlichen Kosten jedoch nicht in Frage. Das Heusnerviertel konnte nicht gerettet werden. 150 Wohnungen in 40 Gebäuden wurden nach erbittertem Widerstand und einer der größten Hausbesetzungen, die Deutschland je erlebt hatte, abgerissen  (Das Heusnerviertel – Okkupation, Räumung und Abrisse im März 1986).

Um die Häuser abreißen zu können, verfolgte die Stadt, die immer gleiche Strategie, die Immobilien aufkaufen, verkommen lassen, hoffen, dass die Mieter*innen von sich aus ausziehen und dann die entmieteten Gebäude dem Erdboden gleich machen.

Als die Wohnungsnot besonders unter Studierenden neue Höhepunkte erreichte, entschloss sich die Stadt Studierende bis zum Abriss in bereits leer gezogenen Wohnungen im Heusnerviertel unterzubringen. Die Studierenden renovierten die Wohnungen und wollten nicht mehr weg, die noch übrig gebliebenen alten Bewohner*innen solidarisierten sich (Tanz auf dem Vulkan (1987)) und zum ersten Mal wurde in Bochum die Frage gestellt, was wichtiger sei, Wohnraum zu erhalten bzw. zu schaffen oder der Bau einer Stadtautobahn.

Die Stadt hielt unbeirrt sowohl an Stadtautobahn wie Trassenführung fest, Vorschläge die Führung der Straßentrasse zu ändern und das Heusnerviertel zu umgehen wurden abgelehnt, das Heusnerviertel wurde im November 1986 geräumt, abgerissen und die Stadtautobahn gebaut. Nur die Thealozzi-Schule als Kulturzentrum und vier Häuser an der Kohlenstraße blieben zunächst erhalten.

Kohlenstraße 135-145 – Die bewusste Schaffung von Schrottimmobilien

An der Kohlenstraße 135-145 verfolgte die Stadt ihr Vorgehen weiter, man ließ die Gebäude weiter verkommen und hoffte, dass auch hier die letzten Mieter*innen ausziehen. Doch die Stadt hatte die Rechnung ohne Klaus Schmitt gemacht, der Zeit seines Lebens in den Häusern wohnt und alle Hebel in Bewegung setzt, nicht ausziehen zu müssen (WAZ vom 01.12.23). Die Stadt will das Problem jetzt mit staatlicher Gewalt lösen und schickte Schmitt den Räumungsbefehl. Die Gebäude, mittlerweile als Schrottimmobilien zu bezeichnen, sollen einem “Gewerbegebet” weichen.

Kohlenstraße 135 -145 – Lage (Foto: Google Maps)

Die Westtangente – eine Fehlplanung

Im Ergebnis stellte sich mindestens die Trassenführung der Westtangente als Fehlplanung heraus. Aufgrund des fehlenden Anschlusses der Stadtautobahn an die Essener Straße erhöhte sich der Verkehr auf der Kohlenstraße erheblich, die Industriebetriebe legten ihren Gleisanschluss still und verlagerten die Anlieferung und Abholung auf die Straße. Wohngebiete an der Stadtautobahn verzeichneten deutliche Wertminderungen. 150 Wohnungen wurden dem Wohnungsmarkt entzogen. Um den fehlenden Anschluss an die Essener Straße zu schaffen und die Kohlenstraße im Süden von Goldhamme in Stahlhausen zu entlasten, soll nun auch noch die angrenzende Kleingartenanlage einer Autobahnzufahrt weichen. Der Kreisverkehr, an dem Kohlen-, Heusner- sowie Erzstraße und Obere Stahlindustrie zusammen kommen, ist ein Unfallschwerpunkt.

Dazu zeigt dieses Beispiel Wohnraum in öffentlicher Hand ist keine Alternative zu der in privater Hand. Denn die Stadt und kein privater Investor war es, die den Wohnraum abriss, die Gebäude verkommen ließ, Schrottimmobilien schuf und die Gebäude entmietete. Die Stadt baute eine Stadtautobahn und damit eine Schneise durch die Stadt, an der Menschen aufgrund Lärm- und Feinstaubbelastung im Abstand von 300 Metern besser nicht wohnen sollten.

Wohngebäude an der Kohlenstraße haben keine Zukunft

Die durch die Stadtautobahn geschaffene Situation wird jetzt auch den verbliebenen Häusern an der Kohlenstraße zum Verhängnis. So nah an der Autobahn, wie die Häuser stehen, sollte niemand wohnen. In einer Zone 40 Meter links und recht von Autobahnen (Anbauverbotszone) ist der Neubau von Wohnhäusern verboten. Bestehende Wohnhäuser in dieser Zone dürfen weder an- noch substanziell umgebaut werden. In einem Abstand bis zu 100 Metern zu einer Autobahn bedarf jede bauliche Veränderung der Zustimmung durch die Straßenbaubehörden. Das Gebäude Kohlenstraße 135 liegt in der direkten Anbauverbotszone, weniger als 40 Meter vom Rand der A448 entfernt, die Gebäude 137 bis 145 nur wenige Meter außerhalb, aber noch in der 100-Meter-Zone.

Die nötige Kernsanierung und Modernisierung der Gebäude ohne substanziellen Um- und Anbau dürfte nur sehr schwer möglich sein. Mit dem Bau der Stadtautobahn hat die Stadt das Wohnen und Wohnhäuser an dieser Stelle in der Stadt eigentlich unmöglich gemacht. Der Wunsch hier Wohnraum zu erhalten bzw. neu zu schaffen ist verständlich, die Rahmenbedingungen aber denkbar schlecht.

Zwangsräumung einstellen

Klaus Schmitt wird voraussichtlich der letzte sein, der durch die unrühmliche Politik von Stadt und der SPD, die den Bau der Westtangente und die damit verbundene Entmietung gegen alle Widerstände unbeirrt vorangetrieben haben, seine Wohnung verliert, in der er seit über 73 Jahren wohnt. Die Stadt mag aus rein juristischer Sicht das Recht haben, Klaus Schmitt zwangs zu räumen, moralisch höchst fragwürdig bleibt das Vorgehen, mit dem die Stadt versucht hat, ihn zum Auszug zu bewegen.

Die Häuser an der Kohlenstraße, werden als Wohngebäude so nah an der Autobahn realistisch leider langfristige keine Zukunft haben. Eine Notwendigkeit den Abriss der vier Häuser an der Kohlenstraße zu forcieren, besteht allerdings auch nicht. Stadt und SPD sollten zu ihren Fehlern stehen, die selbst geschaffene Situation hinnehmen und die Bemühungen zur Zwangsräumung einstellen.

16 Jul

Bochumer Innenstadt: Mehr Wohnen – weniger Einkaufen

Bisher ist die Innenstadt in Bochum besonders ein Einkaufsort. Immer mehr Geschäftsräume stehen jedoch leer und sollten anders genutzt werden, doch wie? Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollte im Gleisdreieck eine große Zahl Ladenlokale zurück gebaut und Wohnraum für 1.000 Menschen geschaffen werden.

Im Bochumer Gleisdreieck, das die Innenstadt umfasst, leben derzeit (2022) 9.303 Menschen auf 1.25 qkm. Der Bevölkerungsanteil der 18 bis 60ig-Jährigen ist vergleichsweise hoch (69.4 %, Bochumer Durchschnitt: 56 %) ebenso der Ausländeranteil (30,3 %, Bochumer Durchschnitt: 16,5 %) (Bochumer Innenstad).

Das Ende der trostlosen “Shopping-City”

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt im Hinblick auf Architektur und Stadtgestaltung im Wesentlichen anspruchslos und einseitig als “Shopping-City” wieder aufgebaut. Im Kernbereich des Gleisdreiecks, der eigentlichen Innenstadt, verfügt fast jedes Gebäude über ein Ladenlokal. Teilweise wurden Treppenhäuser zu oberen Stockwerken abgebrochen, um mehr Geschäftsfläche zu schaffen, so dass die Etagen über den Geschäften unbewohnbar wurden. Die zusätzliche Geschäftsfläche versprach mehr Mieteinnahmen als die Vermietung der oberen Etagen als Wohnraum.

Aufgrund mangelnder Attraktivität, fehlender Aufenthaltsqualität, Flair und Ambiente sowie der einseitigen Ausrichtung auf Autokunden, verliert die Innenstadt seit drei Jahrzehnten Kunden und Geschäfte. Immer mehr Geschäfte stehen leer oder müssen mit Programmen zur Zwischennutzung bespielt werden (Tapetenwechsel). Temporär sind solche zwischenzeitlichen Nutzungen durch Künstler, Initiativen oder StartUps sinnvoll. Sie lösen allerdings nicht das Problem eines Überangebots an Geschäften, bei immer weiter sinkender Nachfrage, in der Bochumer Innenstadt ein Geschäft neu zu eröffnen.

Nicht zu erwarten ist, dass die Attraktivität der Innenstadt in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird, so dass ein Umschwung bewirkt werden kann, dafür läuft der Transformationsprozess der Innenstadt viel zu langsam (Für die Innenstadt läuft die Zeit ab). Dazu mangelt es bei der Stadt an Bereitschaft massiv Geld in die Gestaltung der Innenstadt zu investieren Noch immer fließt das meiste Geld in Parkhäuser (Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung). Auch fehlt eine treibende gesellschaftliche Kraft, die den dringend erforderlichen Umbau der Innenstadt fordert und lautstark vorantreibt. Der Großteil der Geschäftsleute nehmen die negative Entwicklung der Innenstadt weitgehend klaglos hin und haben sich mit der gepflegten Langsamkeit, mit der die Stadt darauf reagiert, abgefunden.

Zu viele Ladenlokale, bei weiter abnehmender Nachfrage

Während die Zahl der Ladenlokale in Bochum bisher nahezu konstant bleibt, wird die Nachfrage danach in Zukunft weiter abnehmen, zumal mangels Nachfrage und sinkender Mietpreise, auch die Bereitschaft abnimmt diese zu sanieren und zeitgemäß zu modernisieren. Es wäre also an der Zeit, die Zahl der Ladenlokale deutlich zu reduzieren, um das Angebot der sinkenden Nachfrage anzupassen. Anderenfalls ergibt sich das Problem, dass sich die genutzten Geschäftslokale über die ganze Innenstadt verteilen, daneben sich in allen Einkaufsstraßen aber immer wieder Leerstände befinden, die sich negativ auf die Attraktivität der Innenstadt auswirken. Für ein positives Stadtbild sollte es weniger Einkaufsstraßen geben, auf denen dann aber alle Ladenlokale vermietet sind.

Also sollte es Ziel der Stadt sein, die Zahl der Straßen, in denen Ladenlokale zu finden sind, deutlich zu reduzieren und die Nutzung von Gebäuden für Geschäfte auf einen Kernbereich der Innenstadt zu konzentrieren (siehe Karte), so dass das Angebot an Ladenlokalen der Nachfrage wieder entspricht.

Zukunft des Einzelhandels in der Bochumer Innenstadt

In Straßen, in denen Einzelhandel absehbar keine Zukunft hat, sollte dieser nicht gefördert werden und sollte die Nutzung der Immobilien als Einzelhandelsstandorte langfristig nicht mehr zugelassen werden. Im Kernbereich der Innenstadt kann man zwischen Haupt- und Nebeneinkaufsstraßen unterscheiden. In den Haupteinkaufsstraßen sollte bevorzugt die Ansiedlung von Geschäften mit hoher – wenn möglich überregionaler – Anziehungskraft vorgesehen werden, in den Nebeneinkaufsstraßen sollte dagegen der Fokus auf inhabergeführten Geschäften liegen, die sich durch eine gewisse Einzigartigkeit auszeichnen und sich positiv auf die Vielfalt der Geschäftsstruktur der Innenstadt auswirken. Städtische Förderungen sollten sich besonders darauf konzentrieren, diese Art Neuansiedlungen zu unterstützen.

Möglichkeiten der Umnutzung von Ladenlokalen

Fällt ein Großteil der Ladenlokale weg, stellt sich die Frage, wie diese Geschäftsflächen zukünftig genutzt werden sollen. In einigen Bereichen kommt eine neue Nutzung durch Gastronomie in Betracht. Im Bereich des Bermudadreiecks ist dieser Wandel bereits seit den 80er Jahren zu beobachten.

Für eine Umnutzung käme zudem eine Neunutzung als Büro- oder Wohnfläche in Betracht. Für eine Nachnutzung als Büroräumlichkeiten sind die Geschäfte jedoch häufig zu klein, auch nimmt die Nachfrage nach Büroflächen mit der Zunahme von Homeoffice eher ab als zu. Entsprechend gestaltet sich der Bau von Büroimmobilien in der Innenstadt, wie z.B. am City-Tor Süd zu sehen ist, zunehmend schwierig. So verbleibt die Nutzung als Wohnraum.

Schaffung von Wohnraum, gerade in der Innenstadt, hätte einen zusätzlichen Vorteil, zusätzliche Bewohner*innen bewirken eine zusätzliche Belebung. Und bedeuten auch mehr Kunden für den verbliebenen Einzelhandel. Ziel der Stadt sollte es daher nach Ansicht der STADTGESTALTER sein, die Zahl der Menschen, die im Gleisdreieck leben, deutlich zu erhöhen.

Maßnahmen zur Schaffung von mehr Wohnraum

Neben der Umwandlung von Ladenlokalen zu Wohnraum, sind zur Schaffung von mehr Wohnraum im Gleisdreieck eine Reihe weiterer Maßnahmen erforderlich:

  • Reaktivierung von Wohnraum, der durch Ausweitung von Geschäftsflächen unzugänglich gemacht wurde. Verbot von entsprechenden Maßnahmen, Gebot zum Rückbau.
  • Ausbau von Dachgeschossen und Umwandlung von Ladenlokalen in Wohnraum.
  • Umwandlung von Parkplatz-, Garagen- und Hofflächen in Flächen für neue Wohnbebauungen.
  • Systematische Erschließung von Entwicklungsflächen (siehe Karte) bevorzugt für den Wohnungsbau.
  • Erhöhung der Geschosszahl bei Neu- und Ersatzbauten.
  • Besondere Förderung der gemischten Nutzung für Wohnen und Arbeiten.
  • Weitgehende Verkehrsberuhigung zur Erhöhung der Wohnqualität, besonders auch des Innenstadtrings (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße)
  • Weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Wohnqualität (Grünflächen, Parks. Spielflächen u.ä., z.B. Propstei-ParkDachpark)
Entwicklungsflächen in der Bochumer Innenstadt

Schaut man sich die Entwicklungsflächen an, die in der Innenstadt verfügbar sind (siehe Karte), so erkennt man, dass eine Vielzahl von Flächen für eine Wohnnutzung ganz oder teilweise geeignet sind. Teilweise böte es sich an die Wohnnutzung mit einer Büronutzung zu kombinieren, z.B. auf verschiedenen Stockwerken des gleichen Gebäudes. Bei einer Reihe von Flächen steht einer Wohnnutzung allerdings hoher Verkehrslärm entgegen. Diesen deutlich zu reduzieren, sollte daher ein zusätzliches Ziel sein, das parallel verfolgt wird.

Für eine effiziente Flächennutzung und um einen Anreiz für günstigen Wohnraum zu schaffen, sollte es  nach Vorstellungen der STADTGESTALTER in der Innenstadt möglich sein, neue Wohnungen ohne Stellplatznachweis zu schaffen, die von Haushalten genutzt werden, die sich verpflichten auf die Anschaffung eines Autos zu verzichten. Die zentrale Lage der Innenstadt macht es vielen möglich, auch ohne Auto auszukommen. Eine große Zahl Haushalte ohne Auto, senkt zudem die Verkehrsbelastung in der Innenstadt.

Zahl der Bewohner*innen des Gleisdreiecks auf 10.300 Menschen erhöhen

Die STADTTGESTALTER schlagen vor, dass die Stadt sich das Ziel setzt die Zahl der Bewohner*nnen des Gleisdreiecks langfristig auf 10.300 Menschen zu erhöhen (+1.000, +10,7 %). Das bedeutet, dass bei jedem Bauprojekt die Schaffung zusätzlichen Wohnraums mitgedacht werden musss. Dies ist bisher, z.B. beim Viktoria Karree, Bebauung Dr.-Ruer-Platz oder dem City-Tor Süd, leider nicht geschehen.

12 Feb

Campus Markstraße – Ein lebendiges Quartier für Querenburg

Vor 8 Jahren bereits wurde die alte Erich Kästner-Schule abgerissen. Seitdem tut sich auf dem Erich Kästner-Areal nichts mehr. Es liegt brach. Eine neue Bebauung gelingt nicht, der Bebauungsplan kommt nicht voran. Das bisher verfolgte Bebauungskonzept weist erhebliche Schwachstellen auf und wird von der Nachbarschaft abgelehnt. Die STADTGESTALTER haben daher einen neuen Bebauungsvorschlag entwickelt.

2007 bereits hatte der Stadtrat die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Neubebauung des Erich Kästner-Areals an Mark- und Stiepeler Straße beschlossen. Nach dem Abriss der Gesamtschule sollte zügig eine neue Nutzung des Geländes erfolgen. Doch daraus wurde nichts. Die Schule wurde 2015 abgerissen, das Bebauungsplanverfahren lag derweil im Tiefschlaf. Erst 2016 gab die Verwaltung zu, dass das beschlossene Bebauungskonzept mit Einfamilien- Doppel- und Reihenhäusern (Beschlussvorlage 20071308) doch keine gute Idee war.

2016 beschloss der Stadtrat eine völlig geänderte Konzeption für den Bebauungsplan (Beschlussvorlage 20161267). Doch auch dieses Konzept überzeugt nicht. Die am Verfahren beteiligten Bewohner*innen der Nachbarschaft befürchteten aufgrund der geplanten dichten Bebauung mit Wohnungen, Büros, Praxen und Gewerberäumen sowie der einseitige Ausrichtung auf den Autoverkehr einen Verkehrskollaps (WAZ vom 19.05.2019). Auch ein Investor, der die geplante Bebauung umsetzen will, hat sich bis heute nicht gefunden. Das Gelände liegt weiterhin brach. Auch für die nächste Zeit ist eine Bebauung nicht zu erwarten. Das Bebauungsplanverfahren befindet sich erneut in der Sackgasse und dauert nun schon unglaubliche 15 Jahre.

Das städtebauliche Konzept der Stadt hat erhebliche Schwachstellen

Doch warum überzeugt das Bebauungskonzept nicht und ist so umstritten (WAZ vom 23.03.21)? 
Das Konzept weist deutliche Schwachstellen auf: Vorgesehen ist eine 3-4 stöckige Blockbebauung mit hohem Versiegelungsgrad, die im Erdgeschoss Büros, Praxen und Gewerbe und darüber 300-400 Wohnungen bieten soll. Der Anteil der Verkehrsfläche ist aufgrund der ausgedehnten Parkplatzflächen und der Straße rund um das gesamte Quartier hoch.

Städtebauliches Konzept, Stadt Bochum

    Das Quartier soll autark funktionieren und wird daher nicht in die Nachbarschaft eingebunden. Die fünf Gebäudeblöcke, mit denen das Areal bebaut werden soll, wirken nach außen abgeschottet und erinnern an Wagenburgen. Direkte Wegeverbindungen zum Studentenwohnheim im Süden, die Hochschule für Gesundheit (HSG) und die sportwissenschaftliche Fakultät der RUB sind nicht vorgesehen. Lediglich ein Verbindungsraum zur Erich Kästner-Gesamtschule über ein Multifunktions-Areal und eine direkte Wegebeziehung zu den Sportanlagen soll geschaffen werden.

    Für die Studierenden von HSG und der Fakultät der Sportwissenschaften der RUB hat die Bebauung kaum Nutzen, ebenso wenig für die sonstigen Nutzer*innen der Sportanlagen und die Menschen, die in der Nachbarschaft wohnen.

    Zu befürchten ist, dass die überwiegende Zahl der Patienten wie Besucher*innen der Praxen und Büroräumlichkeiten das Quartier mit dem Auto anfahren und danach auf dem gleichen Weg wieder verlassen wird. Mangels attraktiver Anbindungen an die Hochschulen wie die RUB ist gleiches von den Bewohner*innen des Quartiers zu erwarten, wenn sie zur Arbeit oder zum Einkauf fahren. Wie oft in Bochum, sind eigene Wegebeziehungen für Menschen, die zu Fuß gehen oder das Rad nehmen nicht vorgesehen. Alle sollen die geplanten Straßen benutzen, an denen zusätzlich noch im Übermaß Parkraum geschaffen werden soll.

    Insgesamt bietet das städtebauliche Konzept den Menschen, die um das Areal herum wohnen, die die Sportanlagen nutzen und den Studierenden von HSG und Sportwissenschaftlicher Fakultät keine Vorteile, dafür belastet es aber die Umgebung mit zusätzlichem Verkehr.

    Neue städtebauliche Konzeption der STADTGESTALTER

    Von dem Gedanken ausgehend, dass das Quartier auch für die Menschen aus den umliegenden Einrichtungen und Wohngebieten eine Bereicherung sein sollte, haben die STADTGESTALTER ein neues Bebauungskonzept erarbeitet. Die Idee ist einen offenen Campus für Studierende zu schaffen, der zugleich öffentliche Gemeinschaftsflächen bietet, die allen offenstehen.

    Städtebauliches Konzept, STADTGESTALTER

      Beispielhaft sehen die Planungen der STADTGESTALTER eine innovative Bebauung des Geländes mit Gebäuden aus gestapelten Seecontainern vor. So sticht der Campus aus dem in Bochum sonst anzutreffenden architektonischen Einerlei hervor und nimmt das Thema (Wissens-)Hafen, das auch Grundidee der Architektur der RUB ist, auf. Jeder Seecontainer ist dabei als eigenes Studierendenapartment konzipiert. Je nachdem wie viele Container zu Gebäuden gestapelt werden, können auf dem Areal bis zu 500 Wohnungen entstehen.

      Seecontainer-Apartments, Foto; Naked Urban

        Die Gebäude befinden sich auf einer großzügigen öffentlich von allen Seiten zugänglichen Grünfläche, die ausgestattet mit entsprechenden Gerätschaften und Sitzgelegenheiten gleichzeitig als Spiel- und Sportfläche dient. Hier können sich nicht nur die auf dem Gelände wohnenden Studierenden sportlich betätigen oder sich in die Sonne legen, ebenso ist das den Schüler*innen der Gesamtschule, den Studierenden von HSG und der sportwissenschaftlichen Fakultät der RUB möglich sowie den sonstigen Nutzer*innen der benachbarten Sportanlagen. Darüber hinaus steht am Übergang zur Gesamtschule eine Multifunktionsfläche mit Kleinspielfeld zur Verfügung, die während der Schulzeit insbesondere den Schüler*innen zur Verfügung steht, sonst aber auch von allen anderen genutzt werden kann.

        Besonderes Highlight ist das “Moodboard”, eine zentral gelegene Gastronomie- und Eventfläche, wo sich Sportler*innen, Studierende und Schüler*innen sowie alle, die sich sonst auf dem Areal sportlich betätigen oder einfach nur entspannen möchten, treffen können, um eine gute Zeit zu haben, etwas zu trinken, zu essen oder ein kleines Freiluftevent, z.B. Konzert, zu besuchen. Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER soll das “Moodboard” von Frühjahr bis Herbst zum Lebensmittelpunkt des gesamten Stadtviertels werden.

        Über das Areal führen ausschließlich Geh- und Radwege. Das Gelände ist mit allen angrenzenden Bebauungen verbunden. Auch die U35-Haltestelle Markstraße und die Studierendenwohnheime jenseits der Universitätsstraße könne so schnell erreicht werden. Anlieferverkehre und Übertragungswagen erreichen die Sporthallen und –anlagen von Süden aus über das Gelände der HSG. Sämtliche Autos sollen in einem mehrstöckigen Quartiersparkhaus im Süden an der Stiepeler Straße abgestellt werden. Von hier sind Gesamtschule, Sportanlagen und -hallen auf kurzen Wegen zu Fuß erreichbar. Durch die vorgesehene Verkehrserschließung kann auf die Anlage von Straßen und weiteren Parkflächen auf dem Areal verzichtet werden.

        Vergleich städtebauliche Konzepte

          Vorteile der neuen städtebaulichen Konzeption

          Der Bedarf an Unterkünften für Studierende ist in Bochum nach wie vor groß. Die Apartments auf dem nicht weit entfernt liegenden Seven Stones Gelände sind noch nicht ganz fertig gestellt, aber schon voll vermietet. Wer dort wohnen will, muss sich in Wartelisten eintragen. Mit einem guten Konzept sollte also die Vermietung der hippen Container-Apartments auf dem Campus Markstraße kein Problem sein.

          Gleichzeitig wird der von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Campus zu einem urbanen Fixpunkt, der besonders studentisches Leben in das Viertel bringt. Das fehlt bisher in Querenburg. Die Studierendenwohnheime dienen primär allein dem Wohnen, Öffentliche Orte, an denen sich Studierende in Querenburg treffen und ihre Freizeit verbringen können, gibt es rund um die RUB bisher kaum.

          Der Campus Markstraße soll nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER zu einem lebendigen Ort werden, wo sich Menschen gerne treffen. Die einen treiben auf dem Areal Sport, treffen sich zu einem Spiel, andere kommen nach dem Sport von den Sportplätzen und Sporthallen rüber, um noch im Moodboard etwas zu trinken oder zu essen. Wer etwas freie Zeit im Stundenplan hat oder an der frischen Luft lernen will, chillt auf dem Rasen oder nutzt eine der vielen Sitzgelegenheiten. Der Campus Markstraße soll der Ort im Viertel sein, wo immer was los ist.

          Mit der auf die Uni und die Hochschulen ausgerichteten Konzeption fügt sich die von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Bebauung passgenau in den Rahmenplan Campus Bochum ein. Das unterscheidet das Konzept von der bisherigen Konzeption der Stadt, die im Wesentlichen nur zwei Bezugspunkte zur Hochschule für Gesundheit enthält: Dass Wohnen auf dem Areal soll gesundheitsfördernd und inklusiv ausgestaltet werden und es sollten gesundheitsorientierte Arbeitsplätze entstehen. Denkbar seien Arzt- und Heilpraktiker-Praxen sowie Forschungs- und Dienstleistungseinrichtungen, die mit der HSG kooperieren. Damit wird das städtische Konzept dem Ziel des Rahmenplans, durch die Bebauung des Erich Kästner-Areals einen direkten Bezug zu den institutionellen Clustern des Campus Bochum herzustellen, nicht ausreichend gerecht. Mit der Konzeption der STADTGESTLTER hingegen werden HSG, sportwissenschaftliche Fakultät der RUB einschließlich der Sportanlagen, Erich Kästner-Gesamtschule und die gesamte Umgebung des Areals auf dem Gelände des Campus Markstraße direkt miteinander verknüpft. Der Campus wird zum zentralen urbanen Puzzleteil zwischen allen genannten Einrichtungen des Campus Bochum.

          Das bisherige Bebauungskonzept kann als gescheitert betrachtet werden. Es ist an der Zeit, dass Stadt und Verwaltung dieses aufgeben und nach einer besseren Lösung suchen. Einen möglichen Vorschlag dazu haben die STADTGESTALTER jetzt vorgelegt.

          26 Jun

          Planungsfehler bei Wohnquartier Günnigfeld macht wichtige ÖPNV-Verbindung unmöglich

          Auf dem Papier verfolgt die Stadt Bochum das Ziel der Mobilitätswende und will den ÖPNV ausbauen, um mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. In der Realität sieht das allerdings anders aus: Nach den aktuellen Planungen zum Wohnquartier Günnigfeld soll die Bahntrasse, über die eine Bahnanbindung von Leithe, Günnigfeld, Südfeldmark und dem Lohrheidestadion nach Essen und Bochum erfolgen könnte, zugebaut werden.

          Rund 150 Wohneinheiten im frei finanzierten sowie öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau sollen zwischen Steinhausstraße und Günnigfelder Straße – direkt am geplanten Radschnellweg RS1 – in einem gemischten Wohnquartier entstehen (Neues Wohnquartier in Wattenscheid-Günnigfeld). Diese zusätzlichen Wohnungen benötigt die Stadt dringend, doch sollte die Bebauung keine wichtige Bahnverbindung verhindern.

          Jedoch machen die aktuellen Planungen des Wohnquartiers eine leistungsfähige Bahnanbindung von Leithe, Günnigfeld, Südfeldmark sowie des Lohrheidestadions an das Bahnnetz des Ruhrgebiet-Nahverkehrs unmöglich. Einige Häuser sollen genau dort gebaut werden, wo die erforderliche Bahntrasse lang führen müsste.

          RegioTram von Essen über Leithe, Günnigfeld und Südfeldmark nach Bochum

          Um die nördlichen Stadtteile von Wattenscheid besser an das öffentliche Schnellverkehrsnetz des Ruhrgebiets anzuschließen, sollte die ehemalige Güterbahnstrecke, die früher im Norden des Stadtteils verlief, nicht nur für den Radschnellweg (RS1), sondern ebenso für eine Bahnverbindung zwischen Essen und Bochum genutzt werden. Die Linie könnte vom Essener Campus der Universität Essen-Duisburg über Essen-Kray. Leithe, Lohrheidestadion, Günnigfeld und Südfeldmark, Jahrhunderthalle/Westpark, Bochum West bis zum Bochumer Hauptbahnhof führen.

          Linie RegioTram

          Die STADTGESTALTER haben zum Betrieb der Strecke bereits 2020 den Einsatz einer so genannten RegioTram vorgeschlagen (Bahnanbindung für Leithe und Günnigfeld), eine Straßenbahn, die auch auf Gleisen des DB-Netzes fahren kann. So kann die RegioTram im Bereich Essen-Kray die bestehenden Bahngleise nutzen, auf der auch die S-Bahn-Linie S2 fährt und in Bochum die Gleise, die aktuell die Glückauf-Bahn (RB46) nutzt, während die in den Bereichen des ehemaligen Güterbahnhofs Gelsenkirchen-Wattenscheid und Günnigfeld neu geplanten Wohngebiete als Straßenbahn durchfahren werden können.

          Die vorgeschlagene Regiotram-Trasse würde parallel zum neuen Radschnellweg RS1 verlaufen. In Teilbereichen sollte die Bahn zweigleisig fahren, in anderen Bereichen ist ein eingleisiger Ausbau ausreichend. Bei zweigleisigem Ausbau würde für die RegioTram eine Trassenbreite von mindestens 6,60 Meter benötigt, plus einem Sicherheitstrennstreifen zum RS1. Dieser Platz wird im aktuellen Rahmenplan für das neue Wohnquartier Günnigfeld jedoch nicht für die Bahn freigehalten. Werden die Häuser gebaut, wie im Rahmenplan bisher vorgesehen, verhindert das den Bau der Regiotram-Linie endgültig. Die Chance, Leithe, Günnigfeld, Südfeldmark und das Lohrheidestadion an das Bahnnetz des Ruhrgebiets anzuschließen, würde leichtfertig vertan.

          Querschnitt RegioTram, Radschnellweg (RS1), Gehweg

          Dabei könnte durch eine leicht veränderte Bebauung, der für die Linie erforderliche Platz im geplanten Wohnquartier freigehalten werden, wie zwei alternative Planungsvorschläge der STADTGESTALTER zeigen:

          Planungsvarianten mit RegioTram

          Politik sollte nicht nur von Mobilitätswende reden, sondern auch entsprechend entscheiden

          Trotzdem die STADTGESTALTER in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen haben, dass die Planungen der Wohnquartiere Freiräume für die wichtige Bahntrasse vorsehen sollten, haben Bochumer Bauverwaltung wie Stadtpolitik diese Hinweise bisher konsequent ignoriert. Pikant dabei, dass auch die Gelsenkirchener Grünen sich immer wieder für die vorgeschlagene RegioTram-Linie ausgesprochen haben, während ein solcher Ausbau des ÖPNV-Netzes im Wattenscheider Norden von den Bochumer und Wattenscheider Grünen durchgehend abgelehnt wird. Auch hier zeigt sich, die Mobilitätswende ist bei den Grünen in Bochum kein echtes Thema. Bisher lehnt man es ab Lösungen zu prüfen, wie die Stadt es den Menschen, die im Norden von Wattenscheider wohnen, ermöglichen kann auf den ÖPNV umzusteigen oder wie man es der Mehrzahl der maximal 17.000 Besucher*innen des bald für 48 Mio. Euro umgebauten Lorheidestadions schmackhaft machen kann, zu den geplanten Events mit dem öffentlichen Nahverkehr anzureisen statt mit dem Auto.

          Auch am City-Tor Süd wird eine zukünftig wichtige Gleisverbindung zugebaut

          Wer immer wieder von Mobilitätswende redet, dann aber zulässt, dass Trassen möglicher neuer ÖPNV-Verbindungen zugebaut werden, handelt kurzsichtig und wenig glaubwürdig. Leider ist der dargestellte Fall nicht der erste dieser Art. Auch am City-Tor Süd hat der Bochumer Stadtrat einen Bebauungsplan beschlossen, mit dem eine Reaktivierung der alten Gleisverbindung von der Hauptstrecke Duisburg – Essen – Bochum – Dortmund auf die Trasse der Glückauf-Bahn Richtung Recklinghausen für immer unmöglich wird. Trotzdem bekannt ist, dass die entsprechende Verbindung besonders für den Güterverkehr zukünftig noch wichtig werden wird, lehnte der Stadtrat die von den STADTGESTALTERn beantragte Revision des Bebauungsplans ab (Antrag 20220431). Immer wieder fällt die Rot-Grüne Ratsmehrheit durch Beschlüsse auf, die eine Mobilitätswende nicht fördern, sondern sogar verhindern.

          Noch kann die Politik den Planungsfehler beheben

          Aber noch ist es beim Wohnquartier Günnigfeld nicht zu spät den dargestellten Planungsfehler zu beheben. Die Bebauung so umzuplanen, dass sie die mögliche RegioTram-Linie nicht verhindert, ist nicht schwierig. Ist der entsprechende politische Wille vorhanden, kann die erforderliche Freifläche im Bebauungsplan, der jetzt im nächsten Schritt von der Stadt aufgestellt wird, vorgesehen werden. Man wird sehen, ob die Politik dazu bereit ist. In Günnigfeld wird sich ein weiteres Mal zeigen, wie wichtig der Stadtpolitik die Mobilitätswende wirklich ist.

          31 Okt

          Bochumer Wohnbaupolitik in der Sackgasse

          Die Mieten steigen und steigen, riesiger Ansturm auf Einfamilienhäuser am Ostpark, großer Widerstand gegen Flächenversiegelung durch neue Wohngebiete, 400 neue Wohnungen pro Jahr, trotzdem geht die Einwohner*innenzahl eher zurück als sie steigt. Die städtische Wohnbaupolitik kann die Probleme am Wohnungsmarkt nicht lösen. Eine Neuausrichtung ist dringend erforderlich.

          Im Verhältnis zu anderen Großstädten ist Bochum bei den Mieten immer noch relativ günstig, aber unverkennbar ziehen die Mietpreise deutlich an. Für die Zukunft ist eine Mietpreisexplosion zu befürchten.

          Die Ursachen steigender Mietpreise

          Betrug der Mietpreis pro Quadratmeter 2013 noch 5,61 Euro waren es 2020 7,00 Euro/qm. Das bedeutet einen Anstieg von 24,8% in nur 7 Jahren (Wohnungsmarktbericht 2020). Die Mieterhöhungen haben drei Ursachen:
          1. Es werden verstärkt neue Wohnungen mit hohen Mietpreisen (11 Euro/qm 2020) zugebaut.
          2. Der durchweg relativ alte Wohnungsbestand wird verstärkt saniert und modernisiert.
          3. Die Wohnfläche pro Einwohner*in nimmt kontinuierlich zu und zwar stärker als neue Wohnflächen zugebaut werden, so dass die Wohnraumknappheit zunimmt.

          Besonders die Zunahme der Wohnfläche bereitet Anlass zur Sorge. Lag die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in in Deutschland in den 50er Jahren noch bei 14 qm pro Person sind es heute 47,4 qm (Die Versorgung der Deutschen mit Wohnungen). Damit ist die zukünftige Entwicklung der Wohnfläche in Bochum vorgezeichnet. In der Stadt lag die durchschnittliche Wohnfläche 2020 erst bei 42,5 qm, aber auch in Bochum wird sie sich in den nächsten Jahren weiter erhöhen, Die Stadt wird in den nächsten Jahren im allgemeinen Trend nachziehen.

          Zunehmende Wohnraumknappheit

          Steigt auch in Bochum im nächsten Jahrzehnt die Wohnfläche um weitere fast 5 qm pro Kopf muss die Gesamtfläche an Wohnraum in Bochum um weitere 1,73 Mio. Quadratmeter steigen. Das entspricht zusätzlichen 19.650 Wohnungen. Will die Stadt diesem Bedarf in 10 Jahren gerecht werden, müsste sie pro Jahr 1.965 Wohnungen pro Jahr zusätzlich schaffen. In den letzten Jahren kamen jedoch im Schnitt nur rd. 400 pro Jahr hinzu, trotzdem mit dem Handlungskonzept Wohnen das Ziel von 800 neuen Wohnungen pro Jahr ausgegeben wurde.

          Absehbar wird also der Zubau von Wohnungen nicht den zusätzlichen Bedarf an Wohnungen decken. Die Mietpreise werden weiter massiv steigen. Die Unterdeckung wird von Jahr zu Jahr größer. Der Druck auf die Mietpreise wird entsprechend steigen. Die Schere zwischen Wohnungsangebot und –nachfrage wird immer weiter auseinanderklaffen.

          Diese Entwicklung wird für Bochum erhebliche Auswirkungen haben, nur etwa ein Drittel der Menschen ist von den Mietpreisen abgekoppelt, weil sie eigenes Wohneigentum bewohnen. Zwei Drittel der Bochumer*innen sind Mieter*innen, diese müssen mit einer weiteren Mietpreisteigerung von 25% über die nächsten 7 Jahren rechnen. Aufgrund der Zunahme der Knappheit am Wohnungsmarkt ist eher mit einer deutlichen höheren Zunahme zu rechnen als mit einem geringeren Wachstum der Mieten.

          Mieter zahlen mehr Miete, Wohneigentümer verbuchen hohe Wertgewinne

          Die durchschnittliche Wohnungsgröße in Bochum liegt bei rd. 80 qm (Wohnungsmarktbericht 2020). Bei der dargestellten Entwicklung würde der durchschnittliche Mietpreis von 5,61 Euro 2013 auf mindestens 8,75 Euro 2026 steigen. Betrug die Miete 2013 im Durchschnitt noch 450 Euro pro Monat, wären es 2027 schon 700 Euro pro Monat. In nur 7 Jahren wurden im Schnitt somit 21.100 Euro mehr Miete fällig.

          Einwohner*innen, die 2013 Wohneigentum erworben haben, müssen diese Mehrbelastung nicht tragen. Der Wert ihrer 80 qm Wohnung wird sich dagegen im Zeitraum von 2013 bis 2027 um rd. 60.000 Euro erhöht haben. Es zeigt sich eine fatale Entwicklung. Mieter*innen müssen immer höhere Belastungen tragen, das Vermögen der Wohneigentümer*innen wächst.

          Auch Nebenkosten steigen bei Mieter*innen deutlicher als bei Wohneigentümer*innen

          Zudem werden die steigenden Energiepreise ebenfalls besonders zu Lasten der Mieter*innen gehen, weniger zu Lasten der Wohneigentümer*innen. Werden die Bewohner*innen von selbst genutztem Wohneigentum zukünftig aus eigenem Interesse in eine Strom- und Wärmeerzeugung auf Basis erneuerbarer Energiequellen investieren, um die laufenden Energiekosten bezahlbar zu halten. Ist das Interesse der Vermieter*innen an solchen Investitionen eher gering. Sie müssen diese bezahlen, können sie aber nur unzureichend auf die Mieter*innen umlegen, die aber würden wiederum von den geringeren Energiekosten profitieren. Vermieter*innen haben also ein eher geringes Interesse, Maßnahmen zu ergreifen, um die Energiekosten ihrer Mieter*innen zu senken. Die Nebenkosten der Mieter*innen werden somit tendenziell deutlich höher steigen als die der Bewohner*innen von selbst genutztem Wohneigentum.

          Überdurchschnittliche Knappheit bei Wohneigentum

          Aufgrund der dargestellten Entwicklungen, sollte es Ziel der Stadtpolitik sein, möglichst viele Menschen von den zu erwartenden Erhöhungen bei Mietpreisen und Nebenkosten abzukoppeln und zu Wohneigentum zu verhelfen. Doch dieses Ziel verfolgt die Stadt Bochum bisher nicht. Entsprechend ist die Knappheit bei Wohneigentum besonders hoch. So kamen 2020 auf 12 am Ostpark angebotene Grundstücke für Einfamilienhäuser 550 Bewerber (WAZ vom 26.09.21) und der durchschnittliche Preis für Eigentumswohnungen stieg allein von 2019 auf 2020 um 5,9%, während sich der durchschnittliche Mietpreis im gleichen Zeitraum nur um 2.8% erhöhte.

          Weitere Probleme der aktuellen Wohnpolitik

          Neben dem Problem der zu erwartenden rasant steigenden Mietpreise kämpft die Bochumer Wohnpolitik jedoch mit zwei weiteren Problemen:
          1. Ein weiterer Zubau von Frei- und Grünflächen widerspricht den Klimaschutzzielen der Stadt (Klimaschutz muss Grundlage eines neuen Handlungskonzept Wohnen 2.0 werden)
          2. Der Neubau auf Wohnungen führt dazu, dass die Menschen die es sich leisten können aus benachteiligten Stadtvierteln der Stadt wegziehen und sich dort die soziale Schieflage verschärft (Armut in abgehängten Stadtteilen nimmt bedenklich zu).

          Bisher verfolgt die Wohnpolitik im Wesentlichen nur ein Ziel, massiv mehr Mietwohnraum schaffen, besonders durch Neubau. Dieses Vorgehen hat in eine Sackgasse geführt und die dargestellten Fehlentwicklungen bei Mietpreisen wie beim Verbrauch von Frei- und Grünflächen verursacht.

          Neuausrichtung der Wohnungsbaupolitik ist dringend erforderlich

          Die Wohnpolitik muss dringend neu ausgerichtet werden. Neben das Ziel der Schaffung von mehr Wohnraum, sollte das Ziel Erhöhung der Wohneigentumsquote unter der Bedingung, dass der Anteil an Frei- und Grünflächen an der Gesamtfläche von Bochum unverändert bleibt, treten. Zudem sollte die Wohnpolitik das dritte Zeil verfolgen, der sozialen Schieflage in benachteiligten Wohnvierteln entgegen zu wirken.

          Das bedeutet, Wohnraum muss besonders im Bestand geschaffen werden. Vorrangig sollte die Stadt mittels einer stadteigenen Gesellschaft, Gebäude und unbebaute Flächen bevorzugt in benachteiligten Wohnvierteln aufkaufen, um diese neu zu bebauen, zu sanieren und zu modernisieren. Im zweiten Schritt sollten die Wohnungen dann zur Selbstnutzung vermietet oder verkauft werden. Letzteres sollte, wie von den STADTGESTALTERn bereits vorgeschlagen, insbesondere auch über den Weg des Mietkaufs geschehen (Mietkauf 2.0 – Wohneigentum für Menschen mit kleinen Einkommen).

          Ein zweites Modell ist der Aufkauf von Gebäuden mit Sanierungsstau durch die zukünftigen Eigentümer*innen selbst, der durch die städtische Sparkasse ggf. unter zu Hilfenahme einer städtischen Bürgschaft vorfinanziert wird. Bei diesem Modell würde eine städtische Agentur entsprechende Immobilien an zukünftige Eigentümergemeinschaften vermitteln.

          Wichtig, dass städtische Ankäufe nur zu marktüblichen Preisen getätigt werden. Es darf nicht dazu kommen, dass Eigentümer*innen von schwer sanierungsbedürftigen Immobilien diese verkommen lassen, damit diese von der Stadt zu überhöhten Preisen aufgekauft werden. Die Ermittlung der Preise zu denen Immobilien angekauft werden, muss einer festgelegten Kalkulation folgen, von der nicht grundlegend abgewichen werden darf.

          Auch sollte der steigenden Wohnfläche pro Einwohner*in entgegengewirkt werden. So gibt es eine wachsende Zahl Menschen, die sich mit weniger Wohnfläche zufriedengeben. Die Tiny-House-Bewegung spiegelt diesen Trend wider. Menschen die Tiny Häuser beziehen, verlassen Wohnungen oder Häuser mit mehr Quadratmetern Wohnraum und setzen sich kleiner. Tendenziell wird mit jedem Tiny Haus eine größere Wohnfläche frei (Tiny-House-Quartier Goldhamme findet großen Anklang). Dazu können Tiny Häuser auf Grün- oder Freiflächen gebaut werden, ohne dass es zu einer nennenswerten Versiegelung kommt. Auf diese Weise lassen sich Flächen nutzen, die sonst nicht für die Schaffung von Wohnraum geeignet wären.

          Weitere Wohnbauflächen lassen sich durch den gezielten Rückbau von Parkplatzflächen und Garagenhöfen und eine anschließende Neubebauung durch Wohngebäude schaffen. Ein solches Vorgehen setzt voraus, dass die Stadt in den Wohnvierteln zentrale Quartiersparkhäuser schafft, in denen die Fahrzeuge für ganze Wohnquartiere platzsparend geparkt werden können. Ebenfalls sollte der Ausbau von Dachgeschossen gefördert werden.

          Wohnungsbaupolitik wird deutlich komplexer und aufwendiger

          Die zukünftige Wohnbaupolitik wird für die Stadt also weitaus komplizierter ausfallen, als die bisherige Politik, die im Wesentlichen daraus besteht, neue Flächen für Neubaugebiete auszuweisen. Um die genannten Ziele zu erreichen, muss ein ganzes Bündel verschiedenster, deutlich aufwendigerer Maßnahmen verfolgt werden. Neben den genannten Maßnahmen, sind weitere erforderlich. Erst viele kleine Maßnahmen ergeben ein Ganzes. Nicht nur die Ausrichtung der Wohnbaupolitik wird sich grundlegend ändern müssen, sondern auch die Organisation.

          Abschließend sei angemerkt, dass auch eine Neuausrichtung der Wohnbaupolitik die Erhöhung der Miet- und Wohnbaupreise mittelfristig nicht wird stoppen können, sondern allenfalls spürbar abmildern kann. Leider wird die Neuausrichtung zu spät kommen und erst in einigen Jahren Wirkung zeigen.

          03 Okt

          Ein neuer Platz über der Wittener Straße, der Laer und Mark 51°7 verbindet

          Im Rahmen der Stadterneuerung Laer wird viel für den Stadtteil getan. Doch dem Stadtteil fehlt ein lebendiger, zentraler Platz. Gleichzeitig entsteht auf der anderen Seite der Wittener Straße, auf dem ehemaligen Opelgelände, das neue Innovationsquartier der RUB. In den vorliegenden Plänen fehlt bisher eine Idee wie Laer und Innovationsquartier zu einem Stadtteil verbunden werden können. Dazu legen die STADTGESTALTER jetzt einen Vorschlag vor.

          Der Stadtteil Laer hat seit den 60er Jahren kein wirkliches Stadtteilzentrum mehr. Der eigentlich dafür geschaffene Lahariplatz konnte diese Funktion nie erfüllen. Städtebaulich trostlos gestaltet, können die wenigen, am Platz noch vorhandenen Geschäfte nicht im Ansatz die Anforderungen erfüllen, die ein Stadtteilzentrums erfüllen sollte. Um den täglichen Bedarf zu decken, müssen die Menschen aus Laer häufig in andere Teile der Stadt fahren.

          Warum hat Laer kein Stadtteilzentrum mehr?

          In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg wurde das alte Zentrum des Stadtteils Laer endgültig zerstört. Im Rahmen der Flächensanierung wurde auch das abgeräumt, was im Krieg nicht zerstört wurde. Der Kern von Laer wurde abgerissen, stattdessen eine gewaltige Schneise für die neue Wittener Straße quer durch das alte Zentrum geschlagen. Die evangelische Kirchengemeinde samt beiden Pfarrhäusern fiel dem Autobahnzubringer zum Opfer (Rettet die Stadtteile! – Die Vernichtung des Stadtteilzentrums von Laer). Christoph Zöpel (Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr in NRW von 1980-90, SPD) geißelt die Flächensanierung als Fortsetzung der Flächenbombardierung durch die Alliierten mit anderen Mitteln (Redeskript vom 08.11.13).

          Innovationsquartier auf dem ehemaligen Opelgelände (Mark51°7)

          Mit dem Stadterneuerungsprogramm für Laer versucht die Stadt jetzt, die städtebaulichen Fehler der Vergangenheit zu beheben. Gleichzeitig entsteht gegenüber von Laer, auf der anderen Seite der Wittener Straße, dem ehemaligen Opelgelände (Mark 51°7), das neue Innovationsquartier bzw. der Technologie-Campus der RUB. Auf dem Gelände siedeln sich derzeit neben Zeiss- und Max-Planck-Institut unter anderem Bosch escrypt, VW-Infotainment, SCYSIS und diverse weitere Zukunftsunternehmen und Forschungseinrichtungen an (Vision Mark 51°7). 10.000 Arbeitsplätze werden hier entstehen. Der dazu vorgelegte Entwicklungsplan ist in jeder Hinsicht beispielgebend und zukunftsweisend (skt umbaukultur).

          Das fehlende Puzzelteil

          Leider fehlt in den Plänen zur Entwicklung des Innovationsquartiers und zur Stadtteilerneuerung des Stadtteils Laer, bisher das Verbindungsglied zwischen beiden. Der Stadtteil Laer und der neue Technologie-Campus werden durch die Wittener Straße getrennt. Die 4-spurige Schnellstraße stellt eine 40 bis 50 Meter breite, bisher kaum zu überwindende Barriere dar. Zur Querung der Straße gab es zu Zeiten von Opel im Bereich des Lahariplatzes eine nicht barrierefreie Fußgängerbrücke, die mittlerweile nur noch von Laer zur Straßenbahnhaltestelle führt und bereits teilweise abgerissen wurde.

          Damit das Wohnquartier Laer und das Innovationsquartier sich zu einem homogenen Stadtteil entwickeln und die beabsichtigte Integration beider Quartiere gelingt, müssen diese mindestens an einer Stelle städtebaulich so verbunden werden, dass Menschen ohne Hindernisse vom Innovationsquartier nach Laer und umgekehrt wechseln können.

          Ein neuer zentraler Platz, der Laer und das Innovationsquartier barrierefrei verbinden

          Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, zwischen Laer und Mark 51°7, auf der heutigen Wittener Straße, direkt westlich des Lahariplatz und nördlich der Straßenbahnhaltestelle Laer, einen neuen, zentralen Platz zu schaffen und die Straße mittels einer Unterführung unter dem Platz her zu führen. Straßenbahn und Radfahrende sollen dagegen weiterhin über den Platz fahren.

          Das neue Stadtteilzentrum Laer

          Für den Autoverkehr soll für jede Fahrtrichtung eine eigene Unterführung gebaut werden, so dass die zwischen den Fahrspuren befindliche Straßenbahntrasse auf der heutigen Trasse erhalten bleiben kann. Dabei soll der Verkehr zukünftig mit einer Fahrspur je Richtung auskommen. Dies ist möglich, da mit Fertigstellung der neuen Opelspange eine deutliche Reduzierung der Verkehrsbelastung zu erwarten ist.

          Unterführung Wittener Stra0e

          Aufgrund der Unterführung entstünde auf dem Geländeniveau der heutigen Wittener Straße eine rund 6.000 qm große Fläche, über die Laer mit dem Innovationsquartier barrierefrei verbunden werden kann.

          Im Norden der Fläche sieht der Plan der STADTGESTALTER ein neues Gebäude vor, das in einer Höhe von zwei Etagen westlich an das bestehende Gebäude am Lahariplatz angebaut werden soll, in dem sich heute der SMAK-Markt befindet. Richtung Mark 51°7 soll sich ein weiterer Gebäudeteil mit vier Stockwerken anschließen, der sich sowohl hinsichtlich Höhe wie Gestaltung den Gebäuden des Innovationsquartiers anpasst

          Querschnitt Mark 51°7 bis Lahariplatz

          Südlich des neuen Gebäudes schließt sich der neue Stadtteilplatz an, der gleichzeitig eine durchgehende Straßen- und Sichtachse vom Innovationsquartier bis zur Fronleichnamskirche ermöglicht. Im Süden endet der Platz mit der Straßenbahnhaltestelle Laer-Mitte, die sich bereits heute dort befindet und dann über den neuen Platz barrierefrei erreichbar ist.

          Nach den Überlegungen der STADTGESTALTER würde die Straßenbahn der bestehenden Trasse folgend im Erdgeschoss durch das neue Gebäude fahren. Eine weitere Gebäudedurchfahrt haben die STADTGESTALTER für einen Radweg vorgesehen. Der Radverkehr soll bereits an der Kreuzung Wittener Straße und Werner Hellweg als Zwei-Richtungs-Radweg auf die Ostseite der Wittener Straße geleitet werden. Die Planungen sehen vor, dass der Radweg das neue Gebäude durchquert und die Radfahrenden anschließend über den neuen Platz auf die Alte Wittener Straße Richtung Langendreer geleitet werden.

          Das neue Gebäude im Norden des Platzes, ermöglicht eine Verdoppelung der Verkaufsfläche des Supermarktes am heutigen Lahariplatz. Für das dauerhafte Überleben des Marktes ist eine zeitgemäße Größe Voraussetzung. Bisher mussten immer wieder Märkte mangels Kunden aufgeben und es konnten wegen der geringen Verkaufsfläche nur schwer Nachmieter gefunden werden. Im Erdgeschoss des zweistöckigen Gebäudeteils könnten neben dem Supermarkt zudem weitere Geschäfte, auch ein Café und andere Gastronomiebetriebe mit Freisitzen untergebracht werden.

          Ein idealer Platz für das Science-Center

          In dem vier Stockwerke hohen Gebäudeteil könnte ein Science-Center entstehen. Ein Science-Center bietet eine permanente multimediale technische und naturwissenschaftliche Ausstellung, die das Ziel verfolgt, den Besuchern*innen durch eigenständiges und spielerisches Experimentieren technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge und Phänomene aus den Bereichen der Naturwissenschaften und/oder Technik nahe zu bringen. Darüber hinaus kann anschaulich gezeigt werden, für welche technische und industriellen Verfahren wie Produkte Bochum und das Ruhrgebiet bekannt sind. Den Vorschlag, ein auf dem ehemaligen Opelgelände ein Science-Center zu schaffen, haben die STADTGESTALTER bereits 2012 veröffentlicht (Ein Science-Center auf den Opelflächen). Auch von Seiten der Ruhr-Universität gibt es ähnliche Ideen.

          Auf dem Platz vor dem Science-Center könnten industrielle Ausstellungsobjekte wie etwa eine Autokarosserie oder beeindruckende Maschinen zur Stahlbearbeitung aufgestellt werden, ebenso auf der Dachfläche des zweistöckigen Gebäudeteils.

          Um für einen lebendigen Platz zu sorgen, sollte dieser ansprechend gestaltet und mit den verschiedensten Sitzmöblierungen von Bänken bis zu Sitzdecks ausgestattet werden. Ziel sollte es sein, dass sowohl die Beschäftigten des Innovationsquartiers gerne ihre Pausen auf dem Platz verbringen wie die Menschen des Stadtteils, die im Stadtteilzentrum den täglichen Besorgungen nachgehen. Menschen sollten auf dem Platz gerne verweilen wollen, bei einem Kaffee, mit Freunden oder Bekannten oder einfach nur um das Treiben zu beobachten. Der Platz sollte ein Ort werden, auf dem man sich gerne mit anderen trifft, auf die Straßenbahn wartet oder einen Besuch des Science-Centers ausklingen lässt.

          Das Gebäude des Science-Centers könnte ebenfalls eine Station der Seilbahn aufnehmen, welche die STADTGESTALTER als Verbindung von Laer zu Ruhr-Universität und Hochschule sowie Richtung Altenbochum, Innenstadt und zum Kemnader See wie dem Ruhr-Park vorgeschlagen haben (Seilbahn – Rückgrat der Bochumer Universitäts- und Hochschullandschaft). Ein Umsteigen zwischen  der Seilbahn und den Straßenbahnen wäre über den neuen Platz schnell und barrierefrei möglich.

          Im Nordosten des neuen Gebäudes sehen die Pläne der STADTGESTALTER ein Quartiersparkhaus vor, in dem Menschen, die rund um den Lahariplatz wohnen, einen Stellplatz anmieten könnten, ebenso wie es Besucher*innen des Science-Centers oder Menschen, die zum Einkaufen in das Stadtteilzentrum kommen, dazu dienen würde, dort ihr Auto abzustellen.

          Zu guter Letzt schlagen die  STADTGESTALTER vor, den neuen Platz nach Manfred Eigen zu benennen, dem Nobelpreisträger für Chemie, der in Bochum geboren und aufgewachsen ist (Nobelpreisträger Manfred Eigen).

          Die Frage, wie Laer und Mark 51°7 verbunden werden sollen, ist noch offen

          Am Ende steht und fällt der Stadtteilumbau Laer mit dem Gelingen der Verknüpfung von Innovationsquartier und dem Wohnquartier Laer. Entsteht kein neues, zentrales Stadtteilzentrum, das beide Teile verbindet und die Integration zu einem homogenen Stadtteil bewirkt, hätten die Stadtplaner das wichtigste Ziel der Stadtteilerneuerung verfehlt, Laer wieder zu einem aufstrebenden, lebenswerten Stadtteil mit einem lebendigen Stadtteilzentrum zu machen.

          Die beschriebene Aufgabe wurde im Rahmen der Planungen zur Stadtteilerneuerung bisher nicht angegangen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen eine Lösung zu finden. Die STADTGESTALTER haben einen ersten Vorschlag gemacht, der zu Diskussionen anregen soll, zu überlegen wie das Bindeglied zwischen Laer und Mark 51°7 letztlich gestaltet werden soll.

          20 Jun

          Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30

          In Bochum gilt bisher in Wohngebieten Tempo 30, sonst auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes 50 km/h. Mit einer neuen Kategorisierung der innerstädtischen Straßen könnte der Verkehrsfluss erhöht, der Verkehrslärm gemindert und könnten mehr Fußgängerüberwege eingerichtet werden. Im Ergebnis ließe sich die Zahl der Unfälle reduzieren und die Wohnqualität deutlich erhöhen.

          Bisher sind nur die Wohngebiete der Stadt als Tempo-30-Zonen ausgeschildert und auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes darf 50 km/h gefahren werden, außer in Bereichen von Schulen, Kindergärten, Senioreneinrichtungen u.ä., an Gefahrenstellen wie zum Schutz von Anwohnern vor Lärm oder Luftverschmutzung.

          Die bisherige Einordnung der Straßen hat sich nicht bewährt

          Das führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Auf Straßen, die eigentlich Wohnstraßen sind, wie der Friederikastraße darf zum Leidwesen der Anwohner teilweise 50 km/h gefahren werden, weil diese zum Vorbehaltsstraßennetz gezählt wird. Auf dem Dahlacker bzw. An der Riemkerstraße wechseln aufgrund von verschiedenen sozialen Einrichtungen ständig kurze Abschnitte mit Tempo 30 mit solchen mit einer Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h ab. Die Straße kann jedoch nicht durchgängig mit Tempo 30 ausgeschildert werden, da auch sie zum Vorbehaltsnetz zählt.

          Um solche Ungereimtheiten im Vorbehaltsnetz auszuräumen, soll dieses schon seit Jahren überarbeitet werden. Die letzte grundlegende Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes datiert aus 2011 (Straßen in Bochum). Im Zuge der Überarbeitung stellt sich die Frage, ob eine Unterteilung aller Straßen in nur zwei Kategorien (Wohnstraßen und Vorbehaltsstraßen) noch zeitgemäß ist.

          Eine gute Wohnsituation sollte Vorrang vor den Bedürfnissen des Verkehrs haben

          In den Niederlanden hat sich eine Unterteilung der Stadtstraßen in drei Kategorien bewährt. Diese differenziertere Einteilung wird den Anforderungen, die an Straßen gestellt werden, deutlich gerechter. Ausgangspunkt für die Kategorisierung ist im Nachbarland zudem nicht allein die Verkehrsfunktion, sondern primär die Bedeutung der Straße für die Anwohner (The Ugly, Dangerous, and Inefficient Stroads found all over the US & Canada).

          Auch in Bochum zeigt sich an vielen Hauptverkehrsstraßen, wie sich die negativen Folgen des übermäßigen Verkehrs sehr negativ auf die angrenzende Wohnbebauung auswirken. Schwer sanierungsbedürftige bis verwahrloste Gebäude sind besonders an Straßen mit hoher Verkehrsbelastung, viel Lärm, Luftverschmutzung und einem trostlosen Straßenbild zu beobachten. An diesen Straßen nimmt die Zahl solcher Missstände zudem in der Regel seit Jahren zu (Trading-Down-Effekt). Die niedrigen Mieten, die aufgrund der schlechten Wohnbedingungen an diesen Straßen erzielt werden, reichen regelmäßig nicht mehr aus, um die Gebäude ordnungsgemäß Instand zu halten und Modernisierungen zu finanzieren, um den üblichen Wohn- und Energiestandard zu halten.

          Insbesondere bei diesen Straßen sollte der Wohnsituation gegenüber den Bedürfnissen des Verkehrs Vorrang eingeräumt werden, um den beschriebenen Trading-Down-Effekt zu stoppen und umzukehren.

          Drei Kategorien von innerstädtischen Straßen

          Es bietet sich daher für die Zukunft eine Kategorisierung der innerstädtischen Straßen in drei statt zwei Kategorien an:

          Man unterscheidet in Schnellstraßen, mit denen man in kurzer Zeit von einem Ort zum anderen kommen soll. An diesen Straßen wohnt niemand, es gibt keine Zu- und Abfahrten zu Wohnhäusern und Gewerbebetrieben. Ebenso darf an den Straßen nicht geparkt werden. Sie dienen allen dem schnellen Fahren von einem Ort zum anderen. Schnellstraßen können auch mehrspurig ausgebaut sein und bedürfen immer baulich abgetrennter Radwege (Protected Bikelanes). Entsprechend können sie mit Tempo 50 oder sogar höher ausgeschildert werden.

          Stadtstraßen sind Durchgangstraßen, die für den innerstädtischen Verkehr erforderlich sind, der von einem Stadtteil zum anderen fließt. Diese Straßen werden von Wohngebäuden gesäumt, am Straßenrand wird auf Parkstreifen geparkt, von den Straßen gehen zahlreiche Grundstücksein- und -ausfahrten ab.

          Auch an diesen Straßen sollte ein komfortables Wohnen möglich sein. Durch negative Folgen des Verkehrs verursachte Trading-Down-Prozesse sollten vermieden werden. Gleichzeitig müssen diese Straßen ihre Verkehrsfunktion als Verbindungsstraßen zwischen den Stadtteilen weiterhin erfüllen und Staus vermieden werden. Entsprechend ist es erforderlich, Stadtstraßen so zu gestalten, dass der Verkehrsfluss hoch, Verkehrslärm und Luftverschmutzung möglichst niedrig und eine Querung der Straßen für zu Fuß Gehende leicht und an vielen Stellen problemlos möglich ist.

          Um eine hohe Wohnqualität zu gewährleisten, ist es sinnvoll, dass solche Straßen über nicht mehr als zwei Fahrspuren für den motorisierten privaten Verkehr verfügen und konsequent mit Tempo 30 beschildert werden. Diese Bauweise ermöglicht in kurzen Abständen die Einrichtung von Zebrastreifen für die bessere Querung durch den Fußverkehr.

          Zur Erhöhung des Verkehrsflusses sollten an diesen Straßen Kreuzungen bevorzugt als Kreisverkehre und nicht als Ampelkreuzungen gebaut werden. Von diesen Straßen abgehende Wohnstraßen in Wohngebiete sollten über durchgehende Gehwege geführt, auf denen nicht das Auto, sondern die zu Fuß Gehenden Vorrang haben (The Dutch Solution for Safer Sidewalks – Continuous Sidewalks).

          Radwege sind an solchen Tempo-30-Straßen nur bei hohen Verkehrsbelastungen erforderlich, wenn der Radverkehr sonst den Fluss des motorisierten Verkehrs erheblich behindern würde.

          Wohnstraßen sind Straßen, die nicht dem Durchgangsverkehr, sondern ausschließlich der Erschließung von Wohngebieten dienen. Es ist also jeder private Durchgangsverkehr durch eine entsprechende Verkehrsführung zu vermeiden, nur Anwohner und Anlieger sollen Wohnstraßen zum Erreichen der Wohngebiete nutzen.

          In Wohnstraßen ist die Anlage eigener Radwege nicht erforderlich, die von den Anwohner*innen nutzbaren Stellplätze sollten ausnahmslos vormarkiert sein. Außerhalb abmarkierter Stellplätze ist Parken nicht gestattet. Ein Parken auf dem Gehweg sollte nicht erlaubt und konsequent unterbunden werden.

          Die Geschwindigkeit sollte auf maximal 30 km/h begrenzt werden. Wohnstraßen können sowohl als Tempo-20/30-Zonen, aber auch als Fahrradstraßen oder Spielstraßen ausgeführt werden. Um die Wohn- und Lebensqualität in den Wohnstraßen zu erhöhen, sollten diese sukzessive überplant werden und eine Gestaltung mit viel Grün erhalten, bei der eine Nutzung der Straßenflächen durch Menschen gegenüber der durch Autos favorisiert wird (Alle Wohnstraßen bis 2040 überplanen).

          Wer übernimmt Sanierungs- und Modernisierungskosten von Stadtstraßen?

          Die dargestellte Kategorisierung hat zur Folge, dass alle Straßen, die als Wohn- oder Stadtstraßen einkategorisiert werden, aus dem städtischen Vorbehaltsnetz genommen werden müssten, weil die Wohnqualität an diesen Straßen letztlich höher zu bewerten ist, als ihre Verkehrsfunktion.

          Das wäre allerdings mit einem Kostennachteil für die Anwohner*innen verbunden. Denn bei Straßen des Vorbehaltsnetzes beteiligt sich das Land an den Sanierungs- und Modernisierungskosten der Straßen, bei Wohn- und Stadtstraßen hingegen nicht.

          Also müsste im Falle von Stadtstraßen die Stadt einspringen, denn diese Straßen erfüllen eine wichtige Verkehrsfunktion für alle Einwohner*innen. Damit für die Anwohner*innen keine Kostennachteile entstehen, wäre es konsequent, dass die Stadt einen Teil der entsprechenden Kosten übernimmt, wie es bisher das Land tut.

          Für die Stadt ergibt sich durch die neue Kategorisierung im Gegenzug auch ein finanzieller Gewinn. Trading-Down-Effekte an Stadtstraßen könnten gestoppt werden, das Leben an Stadtstraßen würde wieder attraktiver, teure städtische Maßnahmenpakete, um den heute an Stadtstraßen zu beobachtenden Sanierungsstau an vielen Gebäuden mit finanziellen Anreizen aus der Stadtkasse beheben, wären nicht mehr erforderlich.

          Ziele der neuen Straßenkategorisierung

          Hauptziel der neuen Straßenkategorisierung ist die Lebens- und Wohnqualität in der Stadt zu erhöhen. Dazu werden insbesondere folgende Unterziele verfolgt:

          Der Durchgangsverkehr durch Wohngebiete wird beendet. Die Straßen der Wohngebiete sollen nur noch von Anwohner- oder Anliegern befahren und vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Nur Straßen, über die Durchgangsverkehr durch Wohngebiete fließen muss, da Alternativen fehlen, werden als solche einkategorisiert.

          Die Geschwindigkeit im Stadtverkehr wird gesenkt und der Verkehrsfluss erhöht. Durch die Angleichung der Geschwindigkeiten von Auto-, Rad und Fußverkehr kommt es zu weniger Konflikten zwischen den Verkehrsmitteln und damit zu niedrigeren Unfallzahlen. Das Ziel sollte die Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten pro Jahr auf null sein (Vision Zero).

          Je nach Kategorie, der eine Straße zugeordnet ist, gibt es klare bauliche Vorgaben. Je nach Kategorie, der eine Straße zugewiesen wird, bestimmt sich, wie Radwege, Fußgängerüberwege und Kreuzungen anzulegen sind. Bereits durch die bauliche Gestaltung ist wiederum für die Verkehrsteilnehmer*innen erkennbar, welche Geschwindigkeitsbegrenzung auf der jeweiligen Straße gilt.

          Dem Fußverkehr wird mehr Raum zugestanden. Durchgangsstraßen erhalten mehr Querungen und werden durch Zebrastreifen und durchgehende Gehwege an Straßen zu Wohngebieten bevorrechtigt. Parken auf Gehwegen wird konsequent unterbunden.

          Ziel ist ein nachvollziehbares und geordnetes Straßen- und Stadtbild. Die negativen Auswirkungen von unkontrolliertem fließendem wie ruhender Verkehr werden beseitigt. Die zu beachtenden Verkehrsregeln auf den Straßen der entsprechenden Kategorie sind überall gleich, schnell verständlich und leicht einzuhalten.

          Im Ergebnis steht eine deutliche Erhöhung der Wohn- und Lebensqualität teilweise geringfügig längeren Fahrtzeiten von Autofahrenden im innerstädtischen Stadtverkehr entgegen. Die neue Kategorisierung erfüllt die Forderung der WHO, da wo Menschen an Straßen wohnen, die Geschwindigkeiten auf maximal 30 km/h zu senken (Menschenleben retten: WHO verlangt Tempo 30 in Städten).

          Zudem wird der Stadtverkehr durch die veränderten Regelungen und Gestaltungen aufgrund der neuen Kategorisierung insgesamt stressfreier abgewickelt und hat weniger Unfälle zur Folge. Unterm Strich gewinnt die Stadt an Attraktivität. Somit erscheint es sinnvoll der von der Stadt Bochum angedachten Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes eine neue Kategorisierung der Stadtstraßen zugrunde zu legen.

          Wie könnten die Straßen zukünftig einkategorisiert werden?

          Folgende Abbildung zeigt, wie die Straßen der Stadt zukünftig nach der beschriebenen Systematik einkategorisiert werden könnten (rot: Schnellstraßen, gelb: Stadtstraßen und Wohnstraßen).

          Beispiel für Vorbehaltsnetz, aufgrund neuer Kategorisierung der innerstädtischen Straßen

          Welcher Straße welche Kategorie zugewiesen wird, entscheidet am Ende nach einer ausführlichen politischen Diskussion der Stadtrat. Zunächst wichtig, dass die grundlegende Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes zügig angegangen wird.

          09 Mai

          Mietkauf 2.0 – Wohneigentum für Menschen mit kleinen Einkommen

          In Bochum können sich viele Menschen mangels ausreichendem Einkommen bisher nicht den Kauf einer eigenen Wohnung leisten. Die Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn macht jetzt mit ihrem Mietkauf-Modell einen Vorschlag wie sich das ändern ließe.

          Die Miete einer Wohnung bedeutet, dass die Mieter*innen einen wesentlichen Teil ihres Einkommens an den Vermieter abführen ohne je selbst Eigentum an der Wohnung zu erwerben oder das Geld für andere Dinge ausgeben zu können.

          In 50 Jahren 360.000 Euro Miete

          Ein Haushalt, der über 50 Jahre im Schnitt 600 Euro Miete zahlt, überweist an den Vermieter in 5 Jahrzehnten insgesamt 360.000 Euro. Diese Summe entspricht in der Regel dem 1,5- bis zweifachen Wert der Wohnung. Mieter werden zwar nie Eigentümer ihrer Wohnung, zahlen aber den Vermietern ein bis zwei Wohnungen ab. Aus ökonomischer Sicht ist Mieten also keine gute Idee. Das gleiche gilt aus gesellschaftlicher Sicht, denn im Ergebnis werden die Vermieter immer reicher und vermögender, während die Mieter kein Vermögen aufbauen und auch keines an Kinder und Enkel vererben können.

          Während in den meisten Ländern Europas 70-98% der Menschen mietfrei in der eigenen Wohnung leben (Wohneigentumsquoten in Europa), sind es im Ruhrgebiet kam mehr als ein Drittel. Das hat drei Probleme zur Folge: Zum einen sind die Mieter*innen steigenden Mieten schutzlos ausgeliefert. Zweitens müssen Mieter*innen auch im Alter Miete zahlen, Das verfügbare Einkommen im Rentenalter wird durch die Miete stark geschmälert. Drittens muss in wirtschaftlichen schlechten Zeiten ein wesentlicher Teil des sich verringernden Einkommens für die Miete aufgewendet werden. Während Menschen mit Wohneigentum, insbesondere wenn das bereits abgezahlt wurde, auch mit kleinen Einkommen noch über die Runden kommen, wird das verfügbare Einkommen nach Abzug der Miete bei Menschen, die in Mietwohnungen leben, schnell knapp, Verarmung ist die Folge.

          Auch Haushalten mit kleinen Einkommen Wohneigentum ermöglichen

          Ziel der Stadt sollte es also sein, möglichst vielen Menschen den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum zu ermöglichen. Doch vielen ist bereits aus wirtschaftlichen Gründen trotz historisch niedriger Zinsen der Kauf von selbst genutztem Eigentum bisher nicht möglich. Häufig fehlt Eigenkapital und ein ausreichend hohes Einkommen, um eine Finanzierung für den Kauf von Wohneigentum zu bekommen. Diese Hürde wollen die PARTEI und STADTGESTALTER jetzt beseitigen, indem sie vorschlagen, dass die VBW als drittes Geschäftsfeld Haushalten mit geringem Einkommen Wohnungen zum Mietkauf anbietet (Mietkauf Antrag 20211462 zur Ratssitzung vom 27.05.21).

          Konkret sieht der Antrag der Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn vor, dass die städtische Wohnungsgesellschaft VBW Mietkauf-Wohnungen anbietet, deren Bewohner*innen mit ihrer Miete gleichzeitig den Kaufpreis der Wohnungen abzahlen können. Dabei sollen die Mietzahlungen auf den Kaufpreis voll angerechnet werden, nur die Verwaltungs- und die nicht auf den Mieter umlegbaren Nebenkosten sollen davon ausgenommen sein. Alle 10 Jahre soll den Mieter*innen die Möglichkeit eingeräumt werden, die selbst genutzte Wohnung zum im Mietkaufvertrag festgelegten Preis unter Abzug der monatlich eingezahlten Beiträge und der über Sonderzahlungen aufgelaufenen Summe zu kaufen. Zusätzlich soll die städtische Sparkasse den Mieter*innen eine Finanzierung anbieten.

          Erwerb von Wohneigentum ohne Schulden und Zinszahlungen

          Mit diesem Modell sparen die Mieter*innen bei Erwerb des Wohneigentums jede Zinszahlung, sie müssen keine Schulden aufnehmen und gehen damit kein Risiko ein, im Falle eines Einkommensverlustes, z.B. in Folge von Arbeitslosigkeit ihre Wohnung verkaufen zu müssen und danach auf einem Schuldenberg sitzen zu bleiben. Auch macht die VBW bei dem Mietkauf-Modell keinen Gewinn, den die Mietkäufer*innen sonst zusätzlich finanzieren müssten. Das ist bei Mietkäufen über private Wohnungsbauunternehmen anders, weshalb Verbraucherzentralen teilweise vor solchen Mietkäufen aufgrund überzogenen Abzahlungskosten abraten,

          Mietkauf als dritter Geschäftsbereich der VBW

          Mietkauf würde nach den Vorstellungen von PARTEI und STADTGESTALTERn neben der Vermietung und dem Bau und direkten Verkauf von Wohnungen zum dritten Standbein der VBW. Das städtische Wohnungsbauunternehmen sollte für den Mietkauf gezielt Immobilien in der Stadt ankaufen, diese sanieren und modernisieren und dann zum Mietkauf anbieten. Im Idealfall schafft die VBW im Rahmen derartiger Projekte noch zusätzlichen Wohnraum, z.B. durch den Ausbau von Dachgeschossen.

          Mit dem Mietkauf Stadtviertel aufwerten

          Mit dem Mietkauf kann zudem gezielt die Sozialstruktur in Quartieren gestärkt werden, die von sozialer Schieflage bedroht sind. Von der VBW sollten daher sanierungs- und modernisierungsbedürftige Immobilien bevorzugt in Stadtteilen mit Entwicklungsdefiziten aufgekauft werden, die dann auf Vordermann gebracht und zum Mietkauf angeboten werden. Auf diese Weise werden die nach dem Mietkauf-Modell sanierten und modernisierten Gebäude zu sichtbaren Zeichen für eine positive Entwicklung der Quartiere. Sie zeigen, dass wieder in Zukunft investiert wird. 

          In Wohnquartieren, die bisher durch Menschen geprägt werden, die dort nur kurzfristig eine Bleibe finden, um dann, wenn sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert haben, wieder weg ziehen, lassen sich über den Mietkauf Menschen ansiedeln, die aufgrund des Wohneigentums Wurzeln schlagen und sich wegen der festen Bindung zu ihrer Wohnung für eine positive Entwicklung des Stadtviertels ganz anders interessieren und engagieren, als diejenigen, die kommen, aber eigentlich möglichst schnell woanders hin ziehen wollen.

          Mietkauf hilft Armut verhindern und beeinflusst die Stadtteilentwicklung positiv

          Der Mietkauf erweist sich somit nicht nur als ein wirksames Instrument das Armut entgegenwirkt (Huurkoop tegen Armoede), sondern auch als wirksames Mittel um Stadtquartiere aufzuwerten und für alle sozialen Schichten attraktiv zu halten.

          So wird in den Niederlanden der Huurkoop schon seit 2017 gezielt als Instrument zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum und zur positiven Entwicklung von Stadtquartieren genutzt. Zu diesem Zweck wurden in das Bürgerliche Gesetzbuch des Landes für den Mietkauf von Immobilien, einschließlich Wohnimmobilien, sogar eigene Regeln eingefügt (Mietkauf Niederlande).