18 Aug

Mit welchem Verkehrsmittel kommt man in Bochum am schnellsten ans Ziel?

Anhand von 100 Strecken zwischen 0,5 und 30 km haben die STADTGESTALTER untersucht mit welchem Verkehrsmittel, Auto, Rad, E-Bike oder ÖPNV man am schnellsten durch Bochum kommt. Das Ergebnis für den ÖPNV ist erschreckend, die Nutzung von Bus und Bahn ist auf den meisten Strecken unzumutbar.

Wie gut kommt man mit Auto, Rad, E-Bike oder ÖPNV in Bochum von A nach B oder von Bochum in eine der Nachbarstädte? Um diese Frage zu beantworten haben die STADTGESTALTER Bochumer und Bochumer*innengefragt, welche Wege sie oft zurücklegen.

Untersuchung von 100 Wegstrecken

So kamen 100 Wege zusammen. Entsprechend des Modal Splits in der Stadt (Mobilitätssteckbrief Bochum), teilen sich diese Wege wie folgt auf: 22 Strecken bis 1 km Länge, 27 Wege von über 1 bis 3 km, 24 Strecken von über 3 bis 5 km, 18 Wege von über 5 bis 10 km und 19 Wege mit einer Länge von über 10 km. Mit Hilfe des Routenplaners von Google Maps wurde anschließend ermittelt, wie lang man für die entsprechenden Wege mit Auto, Rad und ÖPNV benötigt.

Dabei sind für die Verkehrsmittel folgende Besonderheiten zu beachten:

Auto – Der Routenplaner gibt die Zeit für die Autofahrt vom Start zum Zielpunkt wieder, In der angegebenen Fahrtdauer nicht enthalten ist die Zeit des Weges bis zum Parkplatz, um loszufahren, beispielsweise von der Haustür zur Garage und nicht die Zeit vom Parkplatz am Ziel zum eigentlichen Zielort, zum Beispiel vom Parkplatz in der Innenstadt zum Geschäft, das man aufsuchen möchte. Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die Zeit, die für eine eventuelle Parkplatzsuche benötigt wird oder Zeit für mögliche Staus und Verkehrsbehinderungen. Betrachtet man den Weg von Tür zu Tür, würden sich die ermittelten Zeiten somit um 2-10 Minuten erhöhen.

Rad – Hier wurde ebenfalls keine Zeiten außerhalb der reinen Fahrtzeit berücksichtigt, die zum Beispiel erforderlich sein könnten, um das Rad aus dem Keller oder einer Garage zu holen.

E-Bike – Zur Ermittlung der Fahrtzeiten mit einem Fahrrad mit elektrischem Hilfsmotor wurde zugrunde gelegt, dass man mit dem E-Bike nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes im Schnitt etwa 83% der Fahrtzeit benötigt, die mit einem Rad ohne elektrische Unterstützung erforderlich ist (Pedelec und E-Bike fahren ).

ÖPNV – Die ermittelten ÖPNV-Zeiten beziehen sich immer auf den Fahrplan im Zeitraum von 8 bis 18 Uhr an den Wochentagen Montag bis Freitag. Als Fahrzeit wurde jeweils die kürzeste angegebene Fahrdauer übernommen. Es ist also möglich, dass sich zu anderen Zeiten teilweise deutlich längere Fahrzeiten ergeben. Mögliche Verkehrsstörungen und Verspätungen blieben auch beim ÖNV unberücksichtigt. In den Fällen, wo für Strecken vom Routenplaner keine ÖPNV-Verbindung angegeben werden konnte, wurde die Dauer des Fußwegs zugrunde gelegt.

Die Auswertung

Für jede der 100 Wegstrecken ergaben sich so vier Fahrzeiten für Auto, Rad, E-Bike und ÖPNV. Die Auswertung der Fahrtdauern erfolgt nach Wegelängen:

Auswertung Fahrtdauern

Bis 1 km – Bei diesen sehr kurzen Strecken ist erwartungsgemäß das E-Bike das schnellste Verkehrsmitte, gefolgt vom Auto. Aber auch das normale Rad schneidet gut ab. Der ÖPNV erweist sich für sehr kurze Strecken allerdings zumeist als ungeeignet. In der Hälfte der Fälle ist keine ÖPNV-Verbindung verfügbar, der Routenplaner verweist auf den Fußweg. In allen anderen Fällen benötigt man mit dem ÖPNV 5 bis 15 Minuten länger als mit Auto oder Rad, das ist gerade bei so kurzen Strecken kaum zumutbar.

Wege bis 1 km, Modal Split, siehe rechts

Über 1 km bis 3 km – Auch bei diesen Wegelängen ist in der Regel das E-Bike das schnellste Verkehrsmittel, dicht gefolgt vom Auto. Das normale Rad ist nur 1 bis 3 Minuten langsamer. Was kaum ins Gewicht fällt, da mit dem Rad regelmäßig die Fußwege zum und vom Parkplatz entfallen, die beim Auto in den Fahrtzeiten nicht enthalten sind. Die Fahrzeiten beim ÖPNV sind durchweg 5 bis 31 Minuten länger als bei Auto oder E-Bike. In 16 von 24 Fällen beläuft sich die zusätzlich nötige Fahrtzeit auf über 10 Minuten, während die maximal Fahrtzeit bei Auto bzw. E-Bike ohnehin bei nur 5 Minuten liegt. Wieder ist der ÖPNV in keiner Weise konkurrenzfähig.

Wege über 1 bis 3 km, Modal Split, siehe rechts

Über 3 bis 5 km – Bei diesen Streckenlängen ist regelmäßig das Auto das schnellste Verkehrsmittel. Würde man zusätzlich die Wegedauern vom Startort zum Parkplatz und vom Parkplatz zum Zielort berücksichtigen, könnte man in den meisten Fällen das E-Bike mithalten, die reinen Fahrtzeiten sind im Schnitt nur 4 Minuten langsamer, mit normalem Rad sind es 7 Minuten, mit dem ÖPNV allerdings inakzeptable 22 Minuten. Auch in diesem Streckenbereich stellt der ÖPNV keine nutzenswerte Alternative dar.

Wege über 3 bis 5 km, Modal Split, siehe rechts

Über 5 bis 10 km – In diesem Wegebereich ist das Auto nur in einem Fall nicht das schnellste Verkehrsmittel. Das E-Bike ist im Schnitt 7 Minuten langsamer, das Rad ohne E-Unterstützung 12 Minuten. Während man mit dem Auto 10 bis 21 Minuten für die Strecken benötigt, ist mit dem ÖPNV im Schnitt eine Fahrtzeit von über einer halben Stunde (31 Min.) mehr einzukalkulieren. Nimmt man Bus und Bahn ist man im schlechtesten Fall 55 Minuten länger unterwegs als mit dem Auto. Auf den Streckenlängen, wo der ÖPNV eigentlich eine Alternative zum Auto darstellen müsste, ist er somit ebenfalls keine.

Wege über 5 bis 10 km, Modal Split, siehe rechts

Über 10 km – Geht es über die Stadtgrenze hinaus, liegt das Auto weit vorne. Rad und E-Bike sind für Strecken über 10 km keine Alternative, das sollte eigentlich der ÖPNV sein, Doch der ist im Schnitt 35 Minuten langsamer als das Auto und damit sogar noch 9 Minuten langsamer als das E-Bike. Die Fahrtzeit mit dem ÖPNV ist im Schnitt mehr als doppelt so lang wie mit dem Auto (27 zu 62 Minuten). Nur in einem Fall ist der ÖPNV konkurrenzfähig, in allen anderen Fällen sind die Fahrtzeiten unzumutbar bis inakzeptabel.

Wege über 10 km, Modal Split, siehe rechts

Die Ergebnisse

Betrachtet man alle Streckenlängen zusammen, ist im Ergebnis die Leistung des ÖPNV in 54 % der Fälle unzumutbar bis inakzeptabel, das bedeutet die Fahrtzeiten liegen mehr als 15 Minuten über der des schnellsten Verkehrsmittels. E-Bike und Rad haben Vorteile bei den kurzen Strecken. Das E-Bike kann mit dem Auto bis 5 km gut mithalten, ist oft sogar schneller. Also ist das E-Bike auf immerhin 63% der Wege, die in Bochum gefahren werden, eine gute Alternative. Ab 5 km liegt das Auto vorn, nur bis 10 km kommt das E-Bike nur noch bedingt mit.

Auswertung Fahrtdauern

Die Ursachen

Es stellt sich somit die Frage nach den Ursachen für diese Ergebnisse, insbesondere den Gründen für das desaströse Abschneiden des ÖPNV . Diese sind vielfältig:

Auto– Anders als in Großstädten sonst, gibt es in Bochum nach wie vor Schleichwege durch Wohngebiete. Durchgangsverkehr wird in Wohngebieten in Bochum immer noch geduldet. Schnell fließender Autoverkehr hat Priorität gegenüber hoher Wohn- und Lebensqualität,

Zudem wurde das ganze Stadtgebiet mit Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen überzogen, die auch heute noch zu Lasten der Lebensqualität der Bewohner*innen mit Milliardenaufwand weiter ausgebaut werden (u.a. Westkreuz, Opelspange, 6-spuriger Ausbau A43 und A40.).

Im Ergebnis steht für das Auto ein erstklassiges Straßennetz zur Verfügung, das eine sehr schnelle Fortbewegung mit dem Auto ermöglicht.

Rad- und E-Bike – Insbesondere bei den Fahrtdauern auf den Strecken zwischen 3 und 10 km wird sichtbar, dass die Stadt nicht über ein durchgängiges Radverkehrsnetz verfügt. Schnelle durchgängige Radverkehrsverbindungen fehlen ebenso wie eigene Ampelschaltungen für Radfahrende und Grünpfeile. Menschen mit dem Rad auf Gehwege oder schlechte Radwege zu verweisen, wie es in Bochum üblich ist, verhindert hohe Fahrgeschwindigkeiten mit dem Rad.

Um das Rad auch für Wege über 10 km attraktiv zu machen wären geeignete Radschnellwege nötig. Diese sind nicht zu erwarten. Die Fertigstellung des RS1 ist aufgrund der Inkompetenz der Verantwortlichen in den nächsten 10-20 Jahren nicht zu erwarten. Die geplante indirekte Streckenführung steht zudem schnellen Fahrtzeiten entgegen, neue Radschnellwege werden gar nicht erst geplant.

ÖPNV – Ursache für das desaströse Abschneiden von Bus- und Bahn ist das schlechte Nahverkehrsnetz in Bochum sowie der Ruhrstadt. Im wesentlich basiert der Nahverkehr auf langsamen, eher selten verkehrenden Buslinien, die jede Gießkanne abfahren. Das Straßen- und Stadtbahnnetz deckt das Stadtgebiet nur rudimentär ab. Wirklich schnell sind auch die Straßenbahnlinien nicht.

Ein substanzieller Netzausbau wird seit Jahrzehnten von der Politik, in Bochum den Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen, blockiert. Alle Initiativen in diese Richtung werden systematisch abgelehnt (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz).

Die Ruhrstadt-Metropole verfügt über kein metropolengerechtes Nahverkehrsnetz. Es ist bei der Politik keine Bereitschaft zu erkennen, diese zu schaffen.

Auch die BOGESTRA, die Busse und Bahnen in Bochum betreibt, ist offensichtlich nicht an einem Ausbau des Nahverkehrsnetzes und einer Beschleunigung der Linien interessiert. Forderungen in dieser Hinsicht werden an die Politik nicht gestellt. Die offensichtlichen Mängel und Defizite werden nicht benannt. Es werden keine Lösungsvorschläge gemacht.

Der ÖPNV ist in Bochum nicht im Ansatz konkurrenzfähig zu Auto, Rad oder E-Bike. Wer ihn benutzt, wohnt regelmäßig entweder direkt an einer Bahnhaltestelle oder tut dies nicht freiwillig, sondern ist gezwungen Bus und Bahn zu nehmen, in der Regel weil die Nutzung eines Autos oder Rads nicht möglich ist. Für die Menschen in Bochum gibt es sonst eigentlich keinen Grund sich den unzumutbar langsamen ÖPNV anzutun.

Aufgrund der geschilderten Situation ist zu erwarten, dass die Zahl der ÖPNV-Nutzenden zukünftig weiter abnehmen wird. Das desaströse ÖPNV-Angebot stellt einen hohen Anreiz dar, auf Auto oder E-Bike umzusteigen.

Die Untersuchung zeigt, die Verkehrspolitik in Bochum und der Ruhrstadt steht vor einem Scherbenhaufen. Seit Jahrzehnten wird zwar viel von Verkehrswende geredet, tatsächlich sind die Ergebnisse der Verkehrspolitik jedoch ernüchternd. Die mangelnde Bereitschaft die Dinge umzusetzen, die man besonders in Wahlkämpfen immer wieder lautstark ankündigt, rächt sich.

10 Jan

Sollte Bochum zur 15-Minuten-Stadt werden?

Ohne das Auto nutzen zu müssen in einer Viertelstunde zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Arzt oder in die Kita zu gelangen, das ist die Vision der 15-Minuten-Stadt. Immer mehr Städte weltweit verfolgen dieses Ziel und bauen ihre Städte entsprechend um. Wäre die 15-Minuten-Stadt auch ein geeignetes Leitbild für Bochum und das Ruhrgebiet?

In einer sogenannten 15 Minuten-Stadt sind alle wichtigen Anlaufstellen für die Stadtbewohner*innen innerhalb von rund 15 Minuten erreichbar, ohne dass sie das Auto nutzen müssen. Wäre das möglich, nähme der Autoverkehr auf den Straßen drastisch ab. Die Straßen könnten stattdessen bevorzugt für Fußgänger und Fahrradfahrer Platz bieten und die Innenstadt könnte weit möglichst autofrei werden. In der Stadt nähme der Verkehrslärm deutlich ab, die Luftverschmutzung würde erheblich reduziert und die Lebensqualität der dort wohnenden Menschen würde immens steigen.

Leitbild 15-Minuten-Stadt

Trend in der Verkehrs- und Stadtplanung hin zur 15-Minuten-Stadt

Städte wie Bocholt, Nantes, Paris, Oslo, und Madrid befinden sich schon auf dem Weg zu 15-Minuten-Städten. Die 15-Minuten-Stadt trägt dem Bedürfnis der Menschen Rechnung einen Großteil ihrer Zeit nicht mehr im Verkehr und Stau, auf dem Weg irgendwohin, verbringen zu wollen, sondern lieber dort, wo sie in der Stadt wohnen. Dazu haben immer mehr Menschen den Eindruck, dass die Emissionen im Straßenverkehr die Lebensqualität in den Städten sinken lassen, für gesundheitliche Probleme verantwortlich sind und daher dringend verringert werden sollten (Der Standard vom 26.10.2020).

Anforderungen an die 15-Minuten-Stadt

Um das Konzept der 15-Minuten-Stadt umzusetzen, müssen Stadt- und Verkehrsplanung zusammen gedacht werden, denn in einer 15-Minuten-Stadt sollen für jeden Lebensmittelgeschäfte und Ärzte, Erholungsräume und Fitnessstudio, Arbeitsplatz und Schulen in einem Radius von 3 bis 4 km mit dem Rad oder 1 bis 1,5 km zu Fuß um seinen Wohnort liegen. Aktuell ist das für die meisten Menschen, die im Ruhrgebiet leben, eine Illusion. Besonders der Arbeitsort ist für viele Menschen nicht in 15 Minuten zu erreichen.

Die 15-Minuten-Stadt erfordert zum einen, dass die Wegenetze für den Rad- und Öffentlichen Nahverkehr erheblich verbessert und ausgebaut werden, so dass man auch ohne Auto schneller zum Ziel kommt. Mindestens ebenso wichtig ist, dass sich die täglichen Anlaufpunkte der Menschen in direktem Umfeld der Menschen befinden und sie zur Erreichung der Geschäfte, des Arztes oder des Arbeitsplatzes nicht ins Auto steigen müssen. Insbesondere Büros und Wohnorte müssen also enger miteinander verknüpft werden, es muss eine nutzungsdurchmischte, kompakte Stadtstruktur entstehen, in der Wohnen und Arbeiten wieder zusammenrücken und alle Versorgungselemente in der unmittelbaren Umgebung der Stadtbewohner*innen verfügbar sind (Handelsblatt vom 26.10.20).

Die Entwicklung zur 15-Minten-Stadt wird zwar aktuell begünstigt durch den aufgrund der Corona-Pandemie verstärkten Trend zum Homeoffice und der Entwicklung zu einem immer größer werdenden Anteil von Robotik in den Produktionsprozessen sowie dem Wegfall vieler Industriearbeitsplätze, trotzdem wird es noch lange dauern, ehe fast jeder seinen Arbeitsplatz in die Nähe seines Wohnortes oder sogar direkt an seinen Wohnort verlegen kann. Um das zu ermöglichen ist ein tiefgreifender Stadtumbau und ein grundlegender Wandel bei der Stadtplanung erforderlich. Die bisher verfolgte Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten würde zukünftig vermehrt zu Gunsten von durchmischten Stadtgebieten aufgeben. Neue Gebäude müssen für gewerbliche Nutzung und gleichzeitig als Wohnraum geeignet sein. Zukünftig würden Stadteile multifunktional sein, also gleichzeitig Wohn-, Büro- und Industrieviertel. Nur gewerbliche und industrielle Nutzung die nicht mit Wohnnutzungen vereinbar sind, würden weiterhin in separate Gewerbe- und Industriegebiete ausgelagert.

Damit jeder Einwohner von seinem Wohnort aus alle wichtigen Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten, Schulen, Behörden, Ärzte, Parkanlagen, Kultur- und Sportangebote in 15 Minuten erreichen kann, muss jedes Stadtviertel wie eine eigene, kleine Stadt funktionieren. Das Leitbild der 15-Minuten-Stadt ist aus Sicht der Stadtplanung also mit dem Ziel verbunden, die Stadtteile wieder zu Versorgungszentren zu entwickeln, wo alle Bedürfnisse der Einwohner in einem Umkreis von 3-4 km gedeckt werden können.

Aus Verkehrs- wird Lebensraum – Die Folgen der 15-Minuten-Stadt

Mit Verwirklichung der 15-Minuten-Stadt werden die Straßen der multifunktionalen Stadtviertel nicht mehr bevorzugt den Autos gehören, sondern primär zu Orten der Begegnung und Erholung. Das Auto würde in der Stadt seine Bedeutung als Fortbewegungsmittel verlieren. Die Anschaffung würde sich für die meisten Menschen nicht mehr lohnen. Großteils würde eine Nutzung der Straßen und Parkflächen für Autos entfallen, die Flächen könnten anderen Nutzungen zugeführt werden, die die Lebensqualität der Stadtbewohner*innen erhöhen.

Für viele Stadtbewohner*innen ergäbe sich ein zweiter, finanzieller Effekt, die Kosten für die Anschaffung und Unterhaltung eines Autos entfielen. Es würden hohe Beträge frei, die für andere Ausgaben wie die Anschaffung von selbst genutztem Wohneigentum, Mieten oder zusätzlichem Konsum nutzbar würden.

Dazu wären mit der 15-Minuten-Stadt erhebliche Effekte hinsichtlich Umwelt und Klima verbunden. Insbesondere Verkehrslärm und Luftverschmutzung würden auf einen Bruchteil vermindert. Der CO2-Ausstoß, der in der Stadt im Wesentlichen vom Stadtverkehr verursacht wird (in Bochum 39%), würde massiv sinken. Die 15-Minuten-Stadt würde zudem ein großer Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt bedeuten. Auch können überflüssig gewordene Verkehrsflächen begrünt werden, was sich wiederum positiv auf das Stadtklima auswirkt.

Mit dem Leitbild der 15-Minuten-Stadt stellt die Stadt den Menschen und seine Lebensqualität in den Vordergrund. Vorrangiges Ziel ist es neuen Wohn- und Lebensraum zu schaffen, die Stadt muss nicht mehr autogerecht sein, eine Autonutzung ist nur noch in wenigen Fällen erforderlich.

Leitbild der 15-Minuten-Stadt für Bochum und das Ruhrgebiet

Seit dem Jahr 2019 verfolgt die Stadt Bochum ein Leitbild Mobilität. Die darin festgelegten Ziele beziehen sich im Wesentlichen auf den städtischen Verkehr, jedoch nicht auf die Stadtplanung. Das Leitbild greift damit zu kurz, ohne die Einbeziehung der Stadtplanung wird es nicht möglich sein die anvisierten Ziele auf den Feldern, Lebensqualität und Umweltschutz zu erreichen. Erforderlich ist ein grundlegender stadtplanerischer Ansatz, der nicht nur Verkehrsmittel und Verkehrsplanung betrachtet, sondern ein umfassenderes Leitbild für die gesamte Stadtplanung verfolgt, das auf die Vermeidung von Verkehr und die drastische Verkürzung von Wegen ausgerichtet ist. Ein solches  Leitbild stellt das Idealbild der 15-Minuten-Stadt dar. Somit erscheint es sinnvoll, das Leitbild Mobilität der Stadt Bochum um das Leitbild der 15-Minuten-Stadt zu erweitern.

Zusätzlich ist zu bedenken, dass die Stadt Bochum nur ein Teil der Stadtagglomeration Ruhrgebiet ist. Das Leitbild der 15-Minuten-Stadt allein für das Gebiet der Stadt Bochum zu verfolgen, wird daher nicht ausreichend sein. Für Stadtbewohner*innen, die am Rand der Stadt wohnen, liegt der Umkreis von 3 bis 4 km, in dem fast alle täglichen Anlaufpunkte liegen sollten, nicht nur im Stadtgebiet von Bochum, sondern auch in benachbarten Ruhrgebietsstädten. Demnach sollte das ganze Ruhrgebiet flächendeckend zu einer 15-Minuten-Metropole weiterentwickelt werden, denn unabhängig von jedweder Stadtgrenze sollte jeder Bewohner des Ruhrgebiets von seinem Wohnort aus, ohne das Auto nutzen zu müssen, alle wichtigen Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten, Schulen, Behörden, Ärzte, Parkanlagen, Kultur- und Sportangebote in 15 Minuten erreichen können.