27 Aug

Bochum: Vor 11 Jahren bei der Energiewende weiter als heute

Zu den Bereichen Wärmenutzungskonzept, Grubenwasser- und Abwasserwärmenutzung, Bau einer Biogasanlage, Ausbau Wärmenetze hat Bochum bereits vor mehr als 11 Jahren Grundsatzbeschlüsse gefasst und Pilotprojekte umgesetzt, doch dann passierte über 11 Jahre nichts, Verwaltung und Politik waren an einer konsequenten Umsetzung der Beschlüsse desinteressiert. Die Stadt könnte heute viel weiter sein.

2012 stellte die Stadtverwaltung eine Liste mit 32 geplanten bzw. laufenden mehr oder weniger ambitionierter Energie- und Klimaprojekte auf (Energie- und Klima Sammelprojekte). Geht man diese Projekte heute durch, stellt man fest, dass 70% nie wirklich umgesetzt wurden. Manche wurden nie angegangen (u.a. Corporate Carbon Footprint, Erweiterung Energieerzeugung Deponie Kornharpen (Biogasanlage), Solarfond, Flächenmobilisierung für Windkraftanlage), andere sind nie über das Konzeptstadium hinausgekommen (u.a. Wärmenutzungskonzept Ost), wieder andere wurden nur in Ansätzen realisiert (u.a. Umsetzung des Energie- und Klimaschutzkonzeptes 2020, Wärmegewinnung aus Grubenwasser Robert Müser). Realisiert wurden insbesondere Marketingmaßnahmen (u.a. European Energy Award) und Projekte, die nicht die Stadt Bochum umgesetzt hat (u.a. Trianel Windpark Borkum, Wiederherstellung und Renaturierung von Gewässern durch den Ruhrverband, Beratung im Bereich Energieeinsparung, Energieeffizienz durch die Verbraucherzentrale). 23 der 32 Projekte wurden nicht oder allenfalls ansatzweise umgesetzt, also nicht ernsthaft verfolgt.

Nicht anders erging es den Maßnahmen, die mit den Klimaschutzkonzepten 2009 und 2014 beschlossen wurden, auch hiervon wurde nur ein Bruchteil von der Verwaltung realisiert (Klimaschutz, viel Papier, wenig Greifbares).

2019 beschloss die Politik den Klimanotstand und verkündete bis 2035 klimaneutral sein zu wollen, doch bis heute wurde das Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2014 nicht durch ein neues ersetzt. In der Stadt der gepflegten Langsamkeit reichten auch über 4 Jahre nicht um ein neues Konzept zu erstellen. Wie man das gesetzte Zeil ohne Konzept mit konkreten Maßnahmen, deren Umsetzung eine Erreichung erst ermöglicht, erreichen will, bleibt offen.

Konzepte und Projekte zum Klimaschutz sowie zur Verkehrs- und Energiewende wurden in Bochum bisher immer nur alibimäßig verfolgt (Stadtplanung: Ausufernde Konzeptflut sorgt für Zeit- und Geldverschwendung). Viel Papier sollte den Eindruck erwecken, dass was passiert, in der Realität aber geschah kaum Nennenswertes. Tatsächlich war die Stadt vor rund 11 Jahren in Sachen Energiewende in vielen Bereichen bereits weiter als heute:

Biogasanlage – Projekt 14 der genannten Liste, sah die “Erweiterung der Solaranlagen und Errichtung von Biogasanlagen“ auf dem Gelände der Deponie Kornharpen vor. Umgesetzt wurde das Projekt bis heute nicht, Das Projekt scheitert daran, dass Rot-Grün in Bochum sich bis heute gegen eine verpflichtende Einführung von Biotonnen wehrt. Also ist eine Sammlung des für den Betrieb der Anlage benötigten Biomülls nicht möglich. Bis zu 4.800 Haushalte könnte eine Biogasanlage mit Strom und Wärme versorgen (Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte – Bochum braucht eine Biogasanlage), das Biogas könnte im BHKW Kornharpen direkt neben dem Deponiegas zur Erzeugung von Fernwärme verfeuert werden. Doch der politische Wille für eine Umsetzung fehlt, entsprechend wurde auch der erneute Antrag der STADTGESTALTER (Antrag 20232088) zum unverzüglichen Bau einer Biogasanlage in der letzten Ratssitzung von SPD und Grünen abgelehnt.

Grubenwasserwärmenutzung – 2012 schon sollte die Wärmegewinnung aus Grubenwasser, das an der ehemaligen Zeche Robert Müser an die Oberfläche gepumpt wird, auf den ganzen Stadtteil Werne ausgeweitet werden. Bisher werden in einem Pilotprojekt nur zwei Schulen und die Hauptfeuerwache, mit Wärme aus Grubenwasser versorgt.

2018 legte das LANUV eine detaillierte Potenzialstudie zur Nutzung des Grubenwassers der ehrmaligen Zeche Robert Müser für den Stadtteil Werne und der ehemaligen Zeche Friedlicher Nachbar für die Stadtteile Linden und Dahlhausen vor. Eine Umsetzung wurde für den Zeitraum 2020 bis 2035 angestrebt. Passiert ist auch hier seit 2012 nichts. Stadt sowie die regierenden Parteien, SPD und Grüne zeigten sich an einer weiteren Umsetzung nicht interessiert. Folgerichtig lehnten sie auch den Antrag der STADTGESTALTER (Antrag 20232090) ab, die beiden Grubenwasserprojekte nunmehr endlich in Angriff zu nehmen.

Abwasserwärmenutzung – Auch die Nutzung von Wärme aus Abwasser dezentral aus der Kanalisation und zentral an den Klärwerken wäre ein wichtiger Schritt im Rahmen der Bochumer Wärmewende (Wärme aus Abwasser – Baustein der Bochumer Wärmewende)

Bereits im Jahr 2010 ging in Bochum die erste und bisher einzige Abwasserwärmeanlage zur Wärmeversorgung des Hallenbads Hofstede auf Initiative der Emschergenossenschaft in Betrieb (WAZ vom 20.11.2010). Auf das erfolgreiche Pilotprojekt folgten jedoch keine weiteren Projekte. Die neu zu bauenden Hallenbäder in Linden und Höntrop werden nicht über klimaneutrale Energieanlagen verfügen, SPD und Grüne lehnten einen entsprechenden Vorstoß der STADTGESTALTER ab (Neue Bäder in Linden und Höntrop müssen klimaneutral sein). Diese Untätigkeit und Unwilligkeit zeigt erneute den geringen Stellenwert, den Stadt und Politik Energiewende und Klimaschutz beimessen.

Die dezentrale Nutzung von Abwasserwärme kommt wiederum im Klimaschutzkonzept 2030 aus dem Jahr 2014 vor. So sollte u.a. mittels einer Checkliste bei jeder Kanalsanierung und jedem Kanalneubau geprüft werden, ob eine dezentrale Wärmegewinnung aus Abwasser möglich und sinnvoll ist. Auch dieses Vorhaben wurde nicht umgesetzt. Kein einziges Projekt mit Wärmeversorgung aus dezentralem Abwasser wurde in Bochum bisher realisiert. Das hielt Oberbürgermeister Eiskirch jedoch nicht davon ab, die Idee der Abwasserwärmenutzung in der Kanalisation 2023 als brandneue, zukunftsweisende Idee vorzustellen (“Ungehobener Schatz”: Mehr mit Abwasser heizen). Der Antrag der STADTGESTALTER (Antrag 20232087) die Umsetzung solcher Abwasserwärmeprojekte jetzt endlich in Angriff zu nehmen, lehnte die Rot-Grüne-Koalition dann allerdings in der Ratssitzung am 24.08.23 wiederum ab. Dass das Thema in naher Zukunft ernsthaft verfolgt wird, ist also trotz der vollmundigen Ankündigungen des OB nicht zu erwarten.

Wärmenutzung und Wärmeplanung – 2012 legte das Fraunhofer Institut zusammen mit der Stadt ein Integriertes Wärmenutzungskonzept für Langendreer vor. Die im Konzept vorgeschlagene Roadmap (Seite 11 der Kurzfassung) wurde jedoch nie in Angriff genommen.

Wäre Bochum den Vorschlägen des Fraunhofer Instituts gefolgt, wäre Bochum heute Vorreiter auf dem Feld der nun gemäß dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung. Doch außer die Fördermittel für das Konzept abzugreifen und dieses öffentlichkeitswirksam zu vermarkten, waren Stadt und Politik an einer Umsetzung nie ernsthaft interessiert und sind es bis heute nicht. So wurde der Antrag der STADTGESTALTERzu einer schnellen Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung auf Basis der bereits gewonnen Erkenntnisse (Antrag 20232093) von SPD und Grünen ebenfalls abgelehnt.

Anschlusszwang Fernwärme, Pflicht zu Wärmepumpen und PV-Anlagen bei Neubauten – 2009 schon beschloss die Politik eine energiebewusste Planung bei der Ausweisung neuer Baugebiete (Vorlage 20090845), ernsthaft umgesetzt wurde dieser Grundsatzbeschluss jedoch nie. Die meisten Maßnahmen von der Prüfung von dezentralen Nahwärmenetzen, dem Festlegen eines erneuerbaren Energieträgers, von Vorschriften zu verschärften energetischen Dämmstandards bis zur Anschlusspflicht an das Fernwärmenetz wurden nie angewendet.

Der Grundsatzbeschluss war ein reiner Papiertiger, der vortäuschen sollte, man kümmere sich um die Belange von Klimaschutz und Energiewende. Der Versuch der STADGESTALTER den bereits beschlossenen Regeln Wirkung zu verschaffen und diese in entscheidenden Punkten den aktuellen Anforderungen anzupassen, scheiterte jedoch. Der entsprechende Antrag (Antrag 20232091) fand bei SPD und Grünen ebenfalls keine Zustimmung.

SPD und Grüne sahen es als nicht erforderlich an, bei Neubauten eine Anschlussverpflichtung an ein Wärmenetz vorzusehen bzw. alternativ eine Wärmepumpe oder eine andere klimaneutrale Wärmeerzeugungsanlage sowie verpflichtende PV-Anlagen. Erneut zeigt sich, dass was beide Parteien reden, passt nicht zu dem, wie sie handeln.

Schwimmende Photovoltaik, Agro-PV – Natürlich war auch der Ausbau von Photovoltaik (PV) bereits 2012 ein Thema, so sollten die Schuldächer zur solaren Nutzung verpachtet werden, ein Solarfond aufgelegt werden und die PV-Anlage auf der Deponie Kornharpen erweitert werden (Projekte 14, 16 und 20 ). Aber auch von diesen Projekten ist in 11 Jahren keines umgesetzt worden.

Auch prüfen, ob man mittels schwimmender PV insbesondere auf dem Kemnader See, dem Ümminger See und den Klärteichen der Kläranlage Ölbachtal erneuerbaren Strom erzeugen kann (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen könnten bis zu 11% des Strombedarfs der Haushalte in Bochum decken) wollen SPD und Grüne nicht, ebenso wenig wie Argro-PV-Anlagen auf Feldern, die weiterhin eine landwirtschaftlich Nutzung der solar genutzten Flächen erlauben. So wurde der entsprechende Antrag der STADTGESTALTER ebenfalls abgelehnt (Antrag 20232092)

Auch bei diesem Thema erwiesen sich SPD und Grüne als Bremser und bestätigten den Eindruck, dass Klimaschutz und Energiewende für sie nur auf dem Papier und in Wahlkampfzeiten relevante Themen sind.

Bochum war vor 11 Jahren weiter als heute

Die genannten Beispiele zeigen, Bochum war vor 11 Jahren in Sachen Klimaschutz und Energiewende weiter als heute. In den Jahren 2009 bis 2014 wurde viel auf den Weg gebracht und beschlossen. An einer konkreten und konsequenten Realisierung und sukzessiven Ausweitung der Projekte waren Politik und Verwaltung in den Folgejahren allerdings wenig interessiert. Wichtig war nur die publikumswirksame Ankündigung der Projekte und Maßnahmen. Die Stadt hat nach guter Vorarbeit die Chance vertan, sich als Vorreiter beim Klimaschutz und Energiewende zu profilieren. Tausende Arbeitsstunden in der Verwaltung wurden nutzlos für die Erstellung von Konzepten und das Erdenken von Projekten vergeudet, die dann nie durchgeführt wurden. Dabei wurde viel städtisches Geld verschwendet und die Beschäftigten, die sich für die Realisierung der Projekte eingesetzt hatten, wurden frustriert.

Leider hat sich an der Denkweise der Politik auch nach 11 Jahren nichts geändert. Die Ablehnung der diversen Anträge der STADTGESTALTER in der letzten Ratssitzung, mit denen jetzt eine beschleunigte Umsetzung der seit langem überfälligen Projekten vom Rat hätte angestoßen werden können, verweigerte Rot-Grün und demonstrierte damit erneut das mangelnde Interesse an schnellen und konkreten Maßnahmen in Sachen Klimaschutz und Energiewende.

Das Ziel, in Bochum bis 2035 klimaneutral zu werden, ist aufgrund der gepflegten Langsamkeit von Politik und Verwaltung ohnehin nicht mehr zu erreichen (Klimaneutral 2035 Bochum kann das Ziel nicht erreichen). Sofern SPD und Grüne aber nicht bald den Fuß von der Bremse nehmen, wird das auch bis 2045 nichts.

Die STADTGESTALTER

13 Aug

48 Klassen in Containern – Bochumer Schulpolitik an neuem Tiefpunkt

Nach der Fehlentscheidung zahlreiche Grundschulen zu schließen, hat es die Stadt versäumt rechtzeitig neue Klassenräume und Schulen zu bauen. So müssen viele Grundschulkinder jetzt in Containern unterrichtet werden, wobei selbst die an sechs Schulen fehlen. Wieder einmal zeigt sich das Desinteresse von Stadt und Stadtpolitik an Bildung und guten Schulen.

Wie viel Wert eine Stadt und die Stadtpolitik Bildung und Schulen beimessen, zeigt sich am Zustand und der Ausstattung der städtischen Schulen. Eine Stadt die Schulkinder in Containern unterbringt, weil sie es fahrlässig versäumt hat, entsprechend der prognostizierten Entwicklung der Schülerzahlen rechtzeitig die benötigten Klassenräume zu bauen, bringt deutlich zum Ausdruck, was von sie von Schulen und Bildung hält, nämlich wenig.

2012 – Der Auslöser des Problems: Schließung der Grundschulen

Das Problem von zu wenig Klassenräumen hat die Stadt selbst geschaffen. 2012 beschloss die Politik die Zahl der Grundschulen von 51 auf 43 zu reduzieren. Vorhersehbar falsche Annahmen über die Entwicklung der Schülerzahlen führten zu dieser folgenschweren Fehlentscheidung, Bei der Berechnung des Raumbedarfs war die Schulverwaltung im damaligen Schulentwicklungsplan von einer Schülerzahl von 28-30 Kindern für jede Klasse ausgegangen, obwohl vom Land längst eine Herabsetzung auf 22-23 Kinder pro Klasse beschlossen worden war (Das Märchen von Schulschließungen aufgrund abnehmender Schülerzahlen).

Obwohl sie es besser hätte wissen müssen, schloss die Bochumer Politik vier Grundschulen ganz, dazu drei Teilstandorte. Vier weitere Grundschulen wurden zu Teilstandorten anderer Schulen degradiert. In Summe fielen 76 Klassenräume für über 1.700 Schüler und Schülerinnen weg.

2018 – Die große Zahl fehlender Klassenräume wird erkannt

Im Verfahren zur Aufstellung des folgenden Schulentwicklungsplans bis zum Jahr 2018 stellt die Stadt wenig überraschend fest, dass die Zahl der benötigten Klassenräume in Folge der geschlossenen Schulen dramatisch zu niedrig lag. Auf einmal stellt man fest, dass in den nächsten 5 Jahren die Zahl der Grundschüler um 1.220 steigen würde und im Schuljahr 2022/23 in den städtischen Schulen insgesamt 12.025 Kinder unterrichtet werden müssten. Bei der angestrebten durchschnittlichen Klassengröße von 22,5 Schülern würden Räume für 534 Klassen benötigt. Übriggeblieben waren aber nur Räumlichkeiten für 447 Klassen (Entwicklungsplan für die Grundschulen ist unbrauchbar)

In der Stadt stellte also bereits 2018 fest, dass ein zusätzlicher Bedarf an Räumlichkeiten für 80 bis 90 Klassen bestehen würde. Wobei nur ein Teil des Bedarfs durch die Reaktivierung von Räumlichkeiten in bestehenden Grundschulen, besonders Teilstandorten befriedigt werden könne, Um die verbleibenden Räumlichkeiten bereitstellen zu können, müssten trotzdem vier bis fünf Grundschulen (= 48 bis 54 zusätzliche Klassenräume) neu gebaut werden oder die bestehenden Grundschulstandorte um entsprechend viele neue Klassenräume erweitert werden (Falsche Grundschulschließungen kosten die Stadt 50 Mio. Euro).

Der Neubau von zusätzlich vier 4-zügigen Grundschulen kostet bei derzeitigen Baukosten mindestens 90 Mio. Euro., denn die Kosten für den Ersatzneubau der Feldsieper Grundschule liegen aktuell bei 23 Mio. Euro (WAZ vom 06.09.21). Werden statt Schulneubau die bestehenden Schulen um neu zu bauende Klassenräume erweitert, wird das aufgrund der zusätzlichen Kosten für das Bauen im Bestand und der höheren Fixkosten aufgrund der höheren Zahl an Baustellen in Summe voraussichtlich nicht viel günstiger. Schon 2018 wurde also erkennbar, die politische Fehlentscheidung von 2012 würde für die Stadt ein sehr teures Nachspiel haben.

Bis 2023 – Die Schulverwaltung sitzt das Problem aus

Obwohl schon der Schulentwicklungsplan 2018 den umgehenden Neubau von mindestens 48 neuen Klassenräumen hätte zur Folge haben müssen, geschah in dieser Hinsicht in den folgenden 5 Jahren nichts. In der Stadt der gepflegten Langsamkeit blieb die Schulverwaltung untätig und hoffte, das Problem würde sich von selbst lösen.

Darüber hinaus weigerte sich die Politik von sich aus die erforderlichen Maßnahmen zu beschließen  und das nötige Geld bereit zu stellen. Entsprechende Anträge von STATGESTALTERn, CDU und FFB um Planung und Bau der benötigten Grundschulen endlich auf den Weg zu bringen, lehnte die Rot-Grüne-Koalition zuletzt 2022 in den Beratungen für den Stadthaushalt 2023/24 ab (Anträge 3a, 3b und 15).

Gleichzeitig musste die Stadtverwaltung aufgrund der Prognosen zu den Schülerzahlen für den neuen Schulentwicklungsplan 2022 erkennen, dass sich das Raumproblem an den Schulen nicht in Luft auflösen würde. Gemäß letzter Prognose soll die Zahl der Schulkinder bis zum Schuljahr 2025/26 auf fast 12.500 steigen und auch 10 Jahre später (2035/36) noch bei 11.200 liegen.

Notlösung Container

Da die Schulverwaltung es jedoch über 5 Jahre verpasst hatte vorausschauend zu handeln und rechtzeitig für eine ausreichende Zahl neuer Klassenräume zu sorgen, blieb nur Zeit für eine eilig zusammengeschusterte Notlösung. Bis zum Schuljahr 2022/23 brachte man 20 Klassen in Containern unter, bis 2023/24 sollten weitere 24 folgen und dann noch zwei weitere bis zum Ende des gleichen Schuljahrs (WAZ vom 25.04.23).

Allerdings gelang auch dieser Plan nicht. Zu Beginn dieses Schuljahrs blieben an sechs Grundschulstandorten die geplanten Containeraufstellplätze auf den Schulhöfen leer. Die Stadt hatte eine rechtzeitige Bestellung versäumt (WDR vom 09.08.23). Mangels Klassenräumen müssen die Schulen jetzt improvisieren.

Schulverwaltung unfähig

Die Schulverwaltung erwies sich erneut als unfähig ihre Aufgaben zu erfüllen. Zuletzt hatte man bei der neuen OGS-Vergabe für die Grundschulen, die Schulkonferenzen übergangen (Schulkonferenzen von über 50 Schulen bei OGS-Vergabe übergangen) und schafft es auch 24 Jahre nach Beauftragung nicht die Bochumer Schulen mit zeigemäßen Radständern auszustatten (Radständer für Bochumer Schulen kaufen und aufstellen überfordert Schulverwaltung).

Nachdem Grüne und SPD das Problem selbst verursacht haben, indem sie zunächst die Grundschulen geschlossen und dann die rechtzeitige Errichtung der erforderlichen Klassenräume verhindert hatten, zeigten sie sich jetzt scheinheilig verärgert darüber, dass die Kinder in Containern untergebracht werden müssen, bzw. gar die Container dafür fehlen. Zudem werden fehlende Sanitäreinrichtungen an den Container bemängelt (WAZ vom 23.05.23).

Nur mit guten Schulen lassen sich Lehrkräfte und Familien für die Stadt gewinnen

Die grundsätzliche Einsicht, dass man nur mit gut ausgestatteten Schulen im besten baulichen Zustand Familien und Lehrkräfte für die Stadt gewinnen kann und nicht mit im Hauruck-Verfahren auf dem Schulhof aufgebauten Containerklassen (Lehrkräftemangel in Bochum hat auch lokalpolitische Gründe), scheint bei den Verantwortlichen indes weiterhin zu fehlen. Auch das gerade für eine gute Integration und geringe Arbeitslosigkeit optimal ausgestattete Schulen die Voraussetzung sind (Alarmierende Zahlen – Höchste Zeit sich ernsthaft um Integration zu bemühen), scheint in der Stadtpolitik bisher nicht angekommen zu sein.

So wird die schlechte Schulpolitik der letzten Jahrzehnte auch in der Bochumer Sozialstatistik bei den Schulempfehlungen sichtbar. Bis zum Schuljahr 2019/20 erreichte in fünf Stadtbezirken (Westenfeld, Hamme, Werne, Kruppwerke, Wattenscheid-Mitte) die Mehrheit der Bochumer Grundschüler und -schülerinnen im Durchschnitt keine uneingeschränkte Empfehlung für die Realschule. Zum Schuljahr 2021/22 hat sich die Zahl um einen weiteren Bezirk (Günnigfeld) erhöht (Interaktive Sozialbericht Bochum). Anstatt sich zu verbessern, verschlechtert sich die Lage an den Grundschulen.

In Bochum ist die Stadtpolitik bisher nur bereit in Schulen zu investieren, wenn die Kosten dafür zu einem wesentlichen Teil von Land oder Bund übernommen werden.

Man gibt große Teile der Investitionen in Schulgebäude zudem für wenige Prestigeprojekte aus, die sich auch aufgrund von schlechtem Projektmanagement unfassbar verteuern. Allein das Schulzentrum Gehrte wird nach derzeitigem Stand um 69 Mio. Euro, teurer als ursprünglich geplant, das Projekt Gesamtschule Mitte/ Feldsieper Schule um 40,5 Mio. Euro (Kosten für Gesamtschule explodieren). Das Geld, das nur diesen beiden Bauprojekte zusätzlich kosten, hätte also locker ausgereicht, um die 48 zusätzlich erforderlichen Klassenräume an den Grundschulen im Zeitraum 2018-2023 zu errichten.

Zusammenfassung: 5 Ursachen für das Container-Desaster

Die Ursachen für das Container-Desaster lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Für Stadt und Stadtpolitik haben die Bedürfnisse von Schulkindern und Schulen keine Priorität.
2. Man ist nicht bereit, die nötigen Gelder für baulich gute und gut ausgestattete Schulen bereit zu stellen.
3. Vorhandene Gelder werden in außer Kostenkontrolle geratenen Bauprojekten verschwendet.
4. Die Stadt gefällt sich in gepflegter Langsamkeit. Man ist nicht bereit und in der Lage drängende Probleme wie die Unterbringung von Kindern in geeigneten Klassenräumen, rechtzeitig und vorausschauend zu organisieren.
5. Es fehlt die Bereitschaft, das Schulverwaltungsamt effizient zu organisieren, und Schulen und Bildung in den Mittelpunkt der Stadtpolitik zu stellen

Somit ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Schulverwaltung durch den nächsten Skandal auffällig wird.

30 Jul

Grüne Schattensegel für die Kortumstraße

Die Bochumer Innenstadt ist nicht die Grünste. Wenn es heiß ist, fehlt es an Schatten. Die STADTGESTALTER schlagen Grüne Schattensegel vor, um die Straßen abzukühlen und um das Stadtbild mit mehr Grün aufzuwerten.

Auf 700 Metern Kortumstraße von Brückstraße bis Kerkwege steht nur ein einziger Baum. Trotzdem die Straße recht schmal ist, erhitzt sie sich in längeren heißen Trockenzeiten stark. Wenn die Sonne um 12 Uhr direkt vom Himmel brennt, ist es wenig schattig. Ohne Pflanzen und Verdunstung, heizen sich bei tagelanger Hitze Straßenpflaster und Fassaden immer weiter auf. In der Folge verschlechtert sich auch die Luftqualität. Es fehlt Vegetation, die Wasser verdunsten und die Luft filtern sowie Sauerstoff spenden kann.

Grüne Schattensegel als Lösung

In Spanien hat man für diesen Fall eine Lösung entwickelt (Beispiel: Calle de Santa María, Valladolid) die auch in Bochum zum Einsatz kommen könnte: Schattensegel, die in 5 bis 7 Metern Höhe zwischen die Gebäudefassaden gespannt werden, und als Wiese bepflanzt werden (Green Shades Dossier).

Bepflanzung und Segel sorgen zudem für eine deutliche Verbesserung des Stadtbilds. Grün bereichert die Stadt auch optisch. Straßen mit Grünen Schattensegel können zu einem besonderen Hingucker werden (Bilder).

Technischer Aufbau

Die Schattensegel sind als Dreiecke konzipiert und werden mittels Seilen zwischen die gegenüberliegenden Hausfassaden gespannt (Aufhängung, Ent- und Bewässerung Schattensegel). Über eine Rinnenkonstruktion, die unterhalb der niedrigsten Ecke der Segel abgehängt wird, werden die Segel entwässert. Diese Rinne kann auch zur Aufhängung der Straßenbeleuchtung genutzt werden. Damit die Bepflanzung der Segel auch lange Hitzeperioden übersteht, ohne zu verdorren, kann eine Bewässerung über die oberen Ecken der Segel erfolgen. Regenwasser wird dazu in Regentanks gespeichert und bei längerer Trockenheit auf die Segel geleitet.

Die Schatten spendenden Segel werden mit einer Schicht inertem Substrat versehen, auf dem Samen aufgebracht werden. So entsteht eine dünne Vegetationsschicht, auf der verschiedenste Gräser wachsen können. Die Oberseite der Segel wird zu einer Wiese, die über den Köpfen der Flanierenden wächst.

Im Falle eines Brandes können die Segel binnen Sekunden von den Fassaden getrennt werden, um mit den Leiterwagen der Feuerwehr problemlos alle Stockwerke der Gebäude zu erreichen.

Kortumstraße – Grüne Schattensegel

Möglichkeiten zur Begrünung vertikalen Nutzung des Raums

Mit Grünen Schattensegeln, lässt sich der öffentliche Raum auch vertikal nutzen. Denkbar wäre ebenfalls, mittels einer entsprechenden Segelkonstruktionen Plätze wie den Dr.-Ruer-Platz teilweise mit einem schattenspenden Gründach zu versehen. So ließe eine trostlose und öde Pflasterwüste in einen attraktiven Aufenthaltsort verwandeln.

Grüne Schattensegel verbessern das Mikroklima in der Stadt. Die Außentemperatur lässt sich um 2 °C reduzieren (Generate shadows without trees. Die Segel stellen ein wirksames Mittel gegen Hitzeinseln dar. Ihre Kapazität als CO2-Speicher ist dagegen geringfügig. Grüne Schattensegel sind keine vollwertige Alternativen zu Bäumen. Dort aber, wo die Pflanzung von Bäumen insbesondere aufgrund Platzmangels nicht möglich ist, können die Segel fehlende Bäume ersetzen. Wie Bäume können die bepflanzten Segel zur Verdunstung von Regenwasser genutzt werden. Sie verfügen zum einen über begrenzte Möglichkeiten Wasser zu speichern, darüber hinaus kann aufgefangenes Regenwasser über die Pflanzen gleitet und verdunstet werden. Ein besseres Mikroklima verbessert das Wohlbefinden der Menschen, die die Stadt besuchen und fördert die Geschäftstätigkeit.

Grün bepflanzte Segel würden zudem die Gestaltung der Kortunstraße deutlich aufwerten. Eine Verbesserung des Stadtbildes sorgt für ein attraktiveres Geschäftsumfeld und steigert die Wohnqualität sowie die Immobilienwerte.

Die Grünen Schattensegel würden auch eine ideale Ergänzung zu einem innerstädtischen Dachpark (Aufbruch in die 3. Stattdimension) darstellen. Auf diese Weise könnte die Stadt ein echtes Alleinstellungsmerkmal schaffen, das viele Menschen nach Bochum lockt.

Aber auch für Stadtteilzentren oder die Wattenscheider Innenstadt könnten Grüne Schattensegel eine Bereicherung sein. Ebenfalls bietet sich eine Kombination mit Fassadenbegrünung an. Grüne Schattensegel sollten auch Teil der von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen gezielten Begrünungsstrategie für Bochum sein. (Mehr Grün für die Stadt).

In einem Pilotversuch könnte die Stadt in einem ersten Schritt entsprechende Segel erproben. Auf diese Weise ließen sich Erfahrungen sammeln, unter welcher Bedingung die Segel gut funktionieren, welche Bepflanzungen sich in unseren Breiten eignen und welche Bochum-spezifischen Herausforderungen sonst bestehen. Im Erfolgsfall sollten Grüne Segel dann stadtweit über geeigneten Straßen und Plätzen installiert werden.

23 Jul

Offener Brief – Was sagen Geschäftsleute und Immobilienbesitzer zum Zustand der Innenstadt?

Immer lauter beklagen sich die Menschen in Bochum über die Entwicklung der Innenstadt. Die STADTGESTALTER fragen bei den Geschäftsleuten und Immobilienbesitzern nach, wie sie die Lage einschätzen und was sie tun wollen, damit die City wieder in die Spur kommt

Liebe Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt,

die Klagen der Menschen über die Entwicklung der Innenstadt werden immer lauter. In der City fehle es an guten Geschäften. Euroshops, Billigketten und Discounter würden die Stadt überschwemmen. Wirklich gute Einkaufsmöglichkeiten gäbe es kaum noch. Das Stadtbild der Innenstadt wird bemängelt. Die Menschen vermissen schöne Plätze, einladende Grünflächen, Sauberkeit und  ansprechende Stadtgestaltung. Auch das Service-Angebot wird bemängelt. So suche man z.B. Spielplätze und Toiletten oft vergeblich.

Die in den letzten Jahren umgesetzten Projekte wie Stadtbadgalerie, Sparkassengalerie, Einkaufszentrum Gerberviertel, Boulevard sowie die Schaffung von massenhaft Parkplätzen in unterirdischen Parkhäusern, heben nicht den Erfolg und nicht die Impulse für die Innenstadt gebracht, die die Stadt dazu in Aussicht gestellt hatte. Die gesetzten Ziele wurden in allen Fällen deutlich verfehlt. Auch das Projekt Husemann Karree, vormals Viktoria Karree, droht zu scheitern. Wie die Reaktionen zeigen, kann nach Ansicht der meisten Bochumer und Bochumerinnen ein weiterer Woolworth, der sich selbst als “Home of Discount” bezeichnet, die Innenstadt nicht positiv beleben, sondern steht vielmehr für einen weiteren Abstieg der Innenstadt.

Über die Jahre wurde die Bochumer Innenstadt einseitig auf Autokunden ausgerichtet, die in die Innenstadt kommen, dort einkaufen und schnell wieder wegfahren, deren Anspruch an Stadtgestaltung gering ist, die möglichst billig shoppen und wenn möglich umsonst parken möchten. Kunden, die mit anderen Verkehrsmitteln die Innenstadt erreichen wollen, einen hohen Anspruch an Stadtbild,, Stadtgestaltung, Verweilqualität und die Qualität der Geschäfte haben, meiden dagegen immer häufiger die Innenstadt,

Dabei zeigen alle Studien, dass die Kunden, die zu Fuß, mit dem ÖPNV oder dem Rad in die Innenstadt kommen, deutlich mehr in den Innenstädten ausgeben als die Kunden, die mit dem Auto kommen. Sollte nach 60 Jahren erfolgloser Fokussierung auf Autokunden, die Innenstadt jetzt nicht den roten Teppich für die Menschen ausrollen, die das meiste Geld in die Innenstädte bringen? Die Innenstadt ist zu Fuß und mit dem Rad schlecht, mit dem ÖPNV nur mäßig gut zu erreichen. Welche Initiativen wollen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer ergreifen, um diesen Zustand möglichst schnell abzustellen? Sollte eine Innenstadt nicht mit allen Verkehrsmittel komfortabel, sicher und schnell erreichbar sein?

Die Innenstadt weist unübersehbare Mängel im Stadtbild auf, das zeigt sich besonders auf den Plätzen. Statt ansehnlich gestalteter Orte, an denen sich Menschen gerne aufhalten und wohl fühlen, bietet die Innenstadt oft nur Ödnis und Trostlosigkeit (u.a. Rathausplatz, Dr.-Ruer-Platz, Propstei-Platz, Zugang Boulevard vom Hauptbahnhof, Buddenbergplatz). Den Husemannplatz bis 2025 umzugestalten ist viel zu wenig. Die Schaffung des 2019 vom Rat beschlossenen Spielplatzes am Kuhhirten wurde von der Stadt zunächst vergessen, die Gestaltungssatzung vor die Wand gefahren und vom Verwaltungsgericht gestoppt.

Punkten erfolgreiche Städte in ganz Europa gerade mit Flair, Ambiente und hoher Verweilqualität, tut sich nach wie vor in Bochum in diesem Bereich kaum Nennenswertes. Was sollte nach Ansicht der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer geschehen, damit sich Stadtbild und Gestaltung der City endlich grundlegend ändern? Welche Initiativen planen Sie? Was ist hinsichtlich Stadtbilds und Stadtgestaltung ihr Anspruch? Wird dieser durch den neuen City-Tower oder das neue Sparkassen-Gebäude am Dr-Ruer-Platz erfüllt? Welche Orte müssen nach Ihrer Meinung dringend neugestaltet werden? Wie viel Zeit bleibt der Innenstadt dafür?

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Attraktionen, die Menschen in die Innenstadt locken. Markthalle und Haus des Wissens werden frühestens 2026 fertig. Doch ein einziges neues Highlight reicht nicht. Erfolgreiche Städte erfinden ständig neue Attraktionen, Rotterdam z.B. schuf den neuen Cool-Single und inszenierte 2022 einen spektakulären Rooftop-Walk. Auch wir hatten einen Dachpark für die Innenstadt vorgeschlagen, die Seilbahn, die Viktoria Promenade oder eine Virtual-Reality-Box. Solche dauerhaften Highlights würden sicher viele Menschen in die Innenstadt locken. Was sind ihre Ideen, Vorschläge und Initiativen zur Schaffung solcher Attraktionen und Kundenmagnete?

2014/15 hat der Ruhr Park über 150 Mio. in Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und moderne Gestaltung gesteckt. Seitdem boomt er wieder. Könnte der Ruhr Park in dieser Hinsicht Vorbild für die Innenstadt sein? Ist der Ruhr Park immer noch Konkurrent der Innenstadt oder wären Innenstadt und Ruhr Park gemeinsam nicht viel stärker und würden sich ideal ergänzen?

Benötigt die Innenstadt nicht auch einen klaren Plan wie sie in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet wird, damit neue Investoren sehen, wie die City in 5 Jahren aussehen wird? Muss die Stadt nicht mit einer überzeugenden Vision für die Innenstadt begeistern, die Geschäftsleute anregt in die Bochumer Innenstadt zu investieren?

Die Umsetzung des ISEK-Innenstadt wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aktuell ist auch nicht nennenswert Geld für die Umsetzung der ISEK-Projekte vorhanden, da die Stadtumbaumittel des Landes für Bochum fast gänzlich in den Umbau des Lorheidestadions fließen. Kann sich die Innenstadt mit der nötigen Umgestaltung noch Jahrzehnte Zeit lassen, wie das die Pläne der Stadt vorsehen? Halten die Geschäfte der Innenstadt noch so lange durch? Oder braucht die Innenstadt schnell einen Masterplan, der dann auch zeitnah und konsequent umgesetzt wird?

Nach unserer Ansicht ist schnelles Handeln ein wesentlicher Faktor, um die bestehenden Strukturen der Innenstadt zu sichern und darauf aufbauen zu können. Jedes Jahr, das ungenutzt verstreicht, verschwinden Geschäfte und Strukturen der Innenstadt, die sich kaum zurück holen lassen

Leerstände prägen das Bild der Innenstadt. Zwar kann durch den Tapetenwechsel das Überangebot an Ladenlokalen gegenüber der Nachfrage kurzfristig gut überspielt werden, doch ändert das an dem eigentlichen Problem nichts. Was soll mit den Ladenlokalen geschehen, die keine Mieter mehr finden? Welche Möglichkeiten der Umnutzung sehen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt? Welche Ziele und Initiativen verfolgen Sie in diesem Bereich?

Nachdem die bisherige Ausrichtung der Innenstadt leider wenig erfolgreich war, sollte nach unserer Meinung eine konsequente Orientierung an Städten mit erfolgreichen Innenstädten erfolgen. Welche Innenstädte könnten nach Ihrer Ansicht für Bochum Vorbild sein? Was macht andere Innenstädte erfolgreich und gelingt in Bochum nicht? Inwieweit beschäftigen Sie sich bereits mit möglichen Vorbildern, haben entsprechende Innenstädte aufgesucht und findet ein Austausch mit Akteuren aus entsprechenden Städten statt?

Unsere große Befürchtung ist, dass in Bochum alles zu langsam und zu spät passiert. Die Zeit läuft ab. Teilen Sie diese Ansicht? Was könnten wir tun, um die Dinge deutlich zu beschleunigen? Sind Sie als Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt für einen grundlegenden Wandel bereit und würden diesen aktiv unterstützen? Die Stimme der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt hat großes Gewicht. Bisher hört man Sie jedoch kaum. Soll sich wirklich substanziell etwas verändern, dann sollten Sie sich nach unserer Ansicht lautstark dafür einsetzen. Ihre Vorschläge, Ideen, ihr Anspruch an die Stadtgestaltung und ihr Engagement sind ausschlaggebend für die Zukunft der Innenstadt.

Sie sehen, für uns stellen sich viele Fragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie einige beantworten oder dazu Stellung nehmen. Uns liegt die Innenstadt sehr am Herzen. Wir wollen die Innenstadt gemeinsam mit Ihnen und den Bürgern und Bürgerinnen wieder in die Spur bringen. Und stehen für einen Austausch gerne zur Verfügung.

Viele Grüße
Ihre STADTGESTALTER

PS: Wir veröffentlichen keine Antworten oder Auszüge daraus ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung.

Einige Beiträge und Vorschläge der STADTGESTALTER zur Innenstadt:

16 Jul

Bochumer Innenstadt: Mehr Wohnen – weniger Einkaufen

Bisher ist die Innenstadt in Bochum besonders ein Einkaufsort. Immer mehr Geschäftsräume stehen jedoch leer und sollten anders genutzt werden, doch wie? Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollte im Gleisdreieck eine große Zahl Ladenlokale zurück gebaut und Wohnraum für 1.000 Menschen geschaffen werden.

Im Bochumer Gleisdreieck, das die Innenstadt umfasst, leben derzeit (2022) 9.303 Menschen auf 1.25 qkm. Der Bevölkerungsanteil der 18 bis 60ig-Jährigen ist vergleichsweise hoch (69.4 %, Bochumer Durchschnitt: 56 %) ebenso der Ausländeranteil (30,3 %, Bochumer Durchschnitt: 16,5 %) (Bochumer Innenstad).

Das Ende der trostlosen “Shopping-City”

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt im Hinblick auf Architektur und Stadtgestaltung im Wesentlichen anspruchslos und einseitig als “Shopping-City” wieder aufgebaut. Im Kernbereich des Gleisdreiecks, der eigentlichen Innenstadt, verfügt fast jedes Gebäude über ein Ladenlokal. Teilweise wurden Treppenhäuser zu oberen Stockwerken abgebrochen, um mehr Geschäftsfläche zu schaffen, so dass die Etagen über den Geschäften unbewohnbar wurden. Die zusätzliche Geschäftsfläche versprach mehr Mieteinnahmen als die Vermietung der oberen Etagen als Wohnraum.

Aufgrund mangelnder Attraktivität, fehlender Aufenthaltsqualität, Flair und Ambiente sowie der einseitigen Ausrichtung auf Autokunden, verliert die Innenstadt seit drei Jahrzehnten Kunden und Geschäfte. Immer mehr Geschäfte stehen leer oder müssen mit Programmen zur Zwischennutzung bespielt werden (Tapetenwechsel). Temporär sind solche zwischenzeitlichen Nutzungen durch Künstler, Initiativen oder StartUps sinnvoll. Sie lösen allerdings nicht das Problem eines Überangebots an Geschäften, bei immer weiter sinkender Nachfrage, in der Bochumer Innenstadt ein Geschäft neu zu eröffnen.

Nicht zu erwarten ist, dass die Attraktivität der Innenstadt in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird, so dass ein Umschwung bewirkt werden kann, dafür läuft der Transformationsprozess der Innenstadt viel zu langsam (Für die Innenstadt läuft die Zeit ab). Dazu mangelt es bei der Stadt an Bereitschaft massiv Geld in die Gestaltung der Innenstadt zu investieren Noch immer fließt das meiste Geld in Parkhäuser (Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung). Auch fehlt eine treibende gesellschaftliche Kraft, die den dringend erforderlichen Umbau der Innenstadt fordert und lautstark vorantreibt. Der Großteil der Geschäftsleute nehmen die negative Entwicklung der Innenstadt weitgehend klaglos hin und haben sich mit der gepflegten Langsamkeit, mit der die Stadt darauf reagiert, abgefunden.

Zu viele Ladenlokale, bei weiter abnehmender Nachfrage

Während die Zahl der Ladenlokale in Bochum bisher nahezu konstant bleibt, wird die Nachfrage danach in Zukunft weiter abnehmen, zumal mangels Nachfrage und sinkender Mietpreise, auch die Bereitschaft abnimmt diese zu sanieren und zeitgemäß zu modernisieren. Es wäre also an der Zeit, die Zahl der Ladenlokale deutlich zu reduzieren, um das Angebot der sinkenden Nachfrage anzupassen. Anderenfalls ergibt sich das Problem, dass sich die genutzten Geschäftslokale über die ganze Innenstadt verteilen, daneben sich in allen Einkaufsstraßen aber immer wieder Leerstände befinden, die sich negativ auf die Attraktivität der Innenstadt auswirken. Für ein positives Stadtbild sollte es weniger Einkaufsstraßen geben, auf denen dann aber alle Ladenlokale vermietet sind.

Also sollte es Ziel der Stadt sein, die Zahl der Straßen, in denen Ladenlokale zu finden sind, deutlich zu reduzieren und die Nutzung von Gebäuden für Geschäfte auf einen Kernbereich der Innenstadt zu konzentrieren (siehe Karte), so dass das Angebot an Ladenlokalen der Nachfrage wieder entspricht.

Zukunft des Einzelhandels in der Bochumer Innenstadt

In Straßen, in denen Einzelhandel absehbar keine Zukunft hat, sollte dieser nicht gefördert werden und sollte die Nutzung der Immobilien als Einzelhandelsstandorte langfristig nicht mehr zugelassen werden. Im Kernbereich der Innenstadt kann man zwischen Haupt- und Nebeneinkaufsstraßen unterscheiden. In den Haupteinkaufsstraßen sollte bevorzugt die Ansiedlung von Geschäften mit hoher – wenn möglich überregionaler – Anziehungskraft vorgesehen werden, in den Nebeneinkaufsstraßen sollte dagegen der Fokus auf inhabergeführten Geschäften liegen, die sich durch eine gewisse Einzigartigkeit auszeichnen und sich positiv auf die Vielfalt der Geschäftsstruktur der Innenstadt auswirken. Städtische Förderungen sollten sich besonders darauf konzentrieren, diese Art Neuansiedlungen zu unterstützen.

Möglichkeiten der Umnutzung von Ladenlokalen

Fällt ein Großteil der Ladenlokale weg, stellt sich die Frage, wie diese Geschäftsflächen zukünftig genutzt werden sollen. In einigen Bereichen kommt eine neue Nutzung durch Gastronomie in Betracht. Im Bereich des Bermudadreiecks ist dieser Wandel bereits seit den 80er Jahren zu beobachten.

Für eine Umnutzung käme zudem eine Neunutzung als Büro- oder Wohnfläche in Betracht. Für eine Nachnutzung als Büroräumlichkeiten sind die Geschäfte jedoch häufig zu klein, auch nimmt die Nachfrage nach Büroflächen mit der Zunahme von Homeoffice eher ab als zu. Entsprechend gestaltet sich der Bau von Büroimmobilien in der Innenstadt, wie z.B. am City-Tor Süd zu sehen ist, zunehmend schwierig. So verbleibt die Nutzung als Wohnraum.

Schaffung von Wohnraum, gerade in der Innenstadt, hätte einen zusätzlichen Vorteil, zusätzliche Bewohner*innen bewirken eine zusätzliche Belebung. Und bedeuten auch mehr Kunden für den verbliebenen Einzelhandel. Ziel der Stadt sollte es daher nach Ansicht der STADTGESTALTER sein, die Zahl der Menschen, die im Gleisdreieck leben, deutlich zu erhöhen.

Maßnahmen zur Schaffung von mehr Wohnraum

Neben der Umwandlung von Ladenlokalen zu Wohnraum, sind zur Schaffung von mehr Wohnraum im Gleisdreieck eine Reihe weiterer Maßnahmen erforderlich:

  • Reaktivierung von Wohnraum, der durch Ausweitung von Geschäftsflächen unzugänglich gemacht wurde. Verbot von entsprechenden Maßnahmen, Gebot zum Rückbau.
  • Ausbau von Dachgeschossen und Umwandlung von Ladenlokalen in Wohnraum.
  • Umwandlung von Parkplatz-, Garagen- und Hofflächen in Flächen für neue Wohnbebauungen.
  • Systematische Erschließung von Entwicklungsflächen (siehe Karte) bevorzugt für den Wohnungsbau.
  • Erhöhung der Geschosszahl bei Neu- und Ersatzbauten.
  • Besondere Förderung der gemischten Nutzung für Wohnen und Arbeiten.
  • Weitgehende Verkehrsberuhigung zur Erhöhung der Wohnqualität, besonders auch des Innenstadtrings (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße)
  • Weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Wohnqualität (Grünflächen, Parks. Spielflächen u.ä., z.B. Propstei-ParkDachpark)
Entwicklungsflächen in der Bochumer Innenstadt

Schaut man sich die Entwicklungsflächen an, die in der Innenstadt verfügbar sind (siehe Karte), so erkennt man, dass eine Vielzahl von Flächen für eine Wohnnutzung ganz oder teilweise geeignet sind. Teilweise böte es sich an die Wohnnutzung mit einer Büronutzung zu kombinieren, z.B. auf verschiedenen Stockwerken des gleichen Gebäudes. Bei einer Reihe von Flächen steht einer Wohnnutzung allerdings hoher Verkehrslärm entgegen. Diesen deutlich zu reduzieren, sollte daher ein zusätzliches Ziel sein, das parallel verfolgt wird.

Für eine effiziente Flächennutzung und um einen Anreiz für günstigen Wohnraum zu schaffen, sollte es  nach Vorstellungen der STADTGESTALTER in der Innenstadt möglich sein, neue Wohnungen ohne Stellplatznachweis zu schaffen, die von Haushalten genutzt werden, die sich verpflichten auf die Anschaffung eines Autos zu verzichten. Die zentrale Lage der Innenstadt macht es vielen möglich, auch ohne Auto auszukommen. Eine große Zahl Haushalte ohne Auto, senkt zudem die Verkehrsbelastung in der Innenstadt.

Zahl der Bewohner*innen des Gleisdreiecks auf 10.300 Menschen erhöhen

Die STADTTGESTALTER schlagen vor, dass die Stadt sich das Ziel setzt die Zahl der Bewohner*nnen des Gleisdreiecks langfristig auf 10.300 Menschen zu erhöhen (+1.000, +10,7 %). Das bedeutet, dass bei jedem Bauprojekt die Schaffung zusätzlichen Wohnraums mitgedacht werden musss. Dies ist bisher, z.B. beim Viktoria Karree, Bebauung Dr.-Ruer-Platz oder dem City-Tor Süd, leider nicht geschehen.

09 Jul

Bochum benötigt Stromspeicher für günstigen Sonnenstrom und Netzstabilität

Im Bochumer Stadtbild sieht man immer mehr Photovoltaik-Anlagen. Wenn die Sonne scheint, gibt es Strom im Überfluss, der nachts und bei schlechtem Wetter fehlt. Mit gezielter Stromspeicherung ließe sich in der Stadt viel Geld sparen. Die STADTGESTALTER stellen dar, wie es gehen könnte.

Die Energiewende in Bochum ist in vollem Gange. Immer mehr Sonnenstrom wird besonders von Bochumer Dächern in das städtische Stromnetz eingespeist. Bei Sonnenschein steht Strom billig im Überfluss zur Verfügung, in der Nacht oder bei schlechtem Wetter ist dagegen der Strom im Tagesverlauf teuer.

Strompreis im Tagesverlauf, Foto: Solarautomomie GmbH

Hier kommt die Stadt ins Spiel, denn sie könnte ebenfalls Stromspeicher bereitstellen, die die Einwohner*innen nutzen können und die dazu einen wesentlichen Beitrag zur Netzstabilität leisten könnten.

Anwendungsbereiche von Stromspeichern

In dreifacher Hinsicht sind Stromspeicher für eine Stadt wie Bochum nützlich:

Netzstabilität – Das Stromnetz wird zukünftig anders ausgelastet, als es bisher ohne Einspeisung großer Mengen erneuerbarer Energie der Fall war. Zum einen führen Wind- und Sonnenstrom zu Lastspitzen, die abgefedert müssen, zum anderen führen besonders Wärmepumpen und das Laden von E-Autos zu Verbrauchsspitzen, die ebenfalls abgedeckt werden müssen. Das Netz muss insgesamt für höhere Stromlasten ausgelegt werden. Es muss die erhöhte Einspeisung von Sonnenstrom in einer Nebenstraße genauso leisten können wie das gleichzeitige Laden von zig E-Autos oder die parallele Stromabnahme von zahlreichen Wärmepumpen.

Dieses Problem kann durch einen Ausbau des Stromnetzes gelöst werden, insbesondere indem die Kapazitäten der Leitungen und Umspannwerke erhöht werden. Ein anderer Weg ist eine vermehrte Stromspeicherung, mit der Verbrauch und Erzeugung in Einklang gebracht und so Netzüberlastungen vermieden werden.

Aus den genannten Gründen wollen die Stadtwerke in den nächsten Jahren die gewaltige Summe von 500 Mio. Euro in den Ausbau des städtischen Stromnetzes investieren (WAZ vom 21.06.23).

Alternativ könnte auch ein großer Teil dieses Geldes in Stromspeicher investiert werden. Denn mit den Speichern kann ein lokales Lastmanagement betreiben und können Angebot- und Nachfrageschwankungen auffangen werden. so dass der kostspielige und langwierige Ausbau des Netzes reduziert, beziehungsweise in Teilbereichen sogar ganz drauf verzichtet werden könnte (Netzintegration von Speichern: Eckstein für Erneuerbare Energien ).

Kosteneffizienter Stromeinkauf – In wirtschaftlicher Hinsicht können die Stadtwerke Speicher zur Kostenoptimierung nutzen. Wenn im Tagesverlauf günstig Strom angeboten wird, könnte dieser bezogen und gespeichert werden und dann zu Zeiten an die Verbraucher abgegeben werden, wenn der Strom vergleichsweise teuer ist. Auf den Bezug von Strom, könnte verzichtet werden, wenn dieser besonders kostspielig ist. Auf diese Weise ließen sich die Strompreise für die Verbraucher*innen senken und die Erlöse für die Stadtwerke erhöhen. So könnte in einem günstigen Fall, statt für 70 Euro pro MWh Strom einzukaufen, Strom aus dem Speicher entnommen werden, der bei Ladung der Batterie für nur 20 Euro/ MWh bezogen wurde.

Quartiersspeicher – Großbatterien können auch zur Speicherung von Strom dienen, den die Einwohner*innen eines Stadtquartier z.B. auf ihren Dächern erzeugen und den sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnehmen und verbrauchen. Zu diesem Zweck mieten die Quartiersbewohner*innen einen Teil des Quartiersspeichers für ihren Strombedarf (Funktionsweise Quartiersspeicher). Strom, der nicht selbst verbraucht wird, wird über den Quartiersspeicher anderen Bewohner*innen zum Verbrauch zur Verfügung gestellt.

Die Anmietung von Stromspeicher wäre nach heutigen Kostenmaßstäben nur halb so teuer wie die Anschaffung einer eigenen privaten Batterie (Technisch-ökonomische Bewertung von Quartierspeichern).

Das Konzept von Quartiersspeichern dient der Optimierung des Strommanagements in Stadtquartieren, die jeweils über einen eignen Stromspeicher verfügen und über diesen einen Ausgleich von Stromerzeugung und –verbrauch des Quartiers steuern. Dabei hilft den Quartiersbewohner*innen eine App. Erweiternd könnten in das System auch E-Autos als Speicher wie Verbraucher eingebunden werden (Funktionsweise Quartiersspeicher).

Dezentrale Quartiersspeicher oder zentrale Großspeicheranlagen

Stromspeicher lassen sich also dezentral als Quartiersspeicher oder zentral in einer größeren Menge an Einheiten z.B. an ehemaligen Kraftwerksstandorten aufstellen. Üblicherweise ist eine Speichereinheit ähnlich groß wie ein Seecontainer. So ist ein Tesla Megapack 9,20 m lang, 1,65 m breit und 2,80 m hoch. In einem Megapack können 3,9 MWh maximal gespeichert werden. Die Kosten pro Pack liegen aktuell bei 1,75 Mio. Euro. Für eine zentrale Stromspeicherung können mehrere Einheiten miteinanderverbunden werden. Auf diese Weise werden beispielsweise  in Belgien, beim größten Speicherprojekt Kontinentaleuropas 40 Megapacks aufgebaut und zusammengeschaltet (Tesla-Megapack in Belgien ist das größte in Europa).

Megapack, Tesla Foto: Tesla

Der Aufbau einer solchen Großspeicheranlage wäre in Bochum zum Beispiel an der ehemaligen Zentraldeponie in Kornharpen möglich. An den Hängen der Deponie ist bereits seit 2009 eine PV-Anlage in Betrieb, die 125 MWh Strom pro Jahr erzeugt (Sonnenkraft hilft USB Energie zu sparen). Mit einem Ausbau könnte der Ertrag dieser Anlage mindestens verdreifacht werden.

Energiezentrale Kornharpen

Auf dem Deponiegelände wird in einem Blockheizkraftwerk derzeit bereits Wärme und Strom aus Deponiegas erzeugt. Die STADTGESTALTER regen an, diese Anlage, um eine Biogasanlage zu ergänzen (Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte). Darüber hinaus könnten die Äcker rund um die Deponie für die Gewinnung von Wärme mittels Agrothermie genutzt werden (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft), mit Hilfe des Wassers aus den Erdwärmekollektoren unter den Ackerböden könnte mit einer Großwärmepumpe Fern- oder Nahwärme erzeugt werden. Für die günstige Bereitstellung des zum Betrieb der Wärmepumpe erforderlichen Stroms, könnte wiederum ein Batteriegroßspeicher auf dem Gelände dienen.

Auch für die Zwischenspeicherung von Strom aus den schon von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen PV-Anlagen auf Bochumer Seen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen) und Parkplätzen von Einkaufszentren (Ruhr Park und Hannibal Center könnten viel Sonnenstrom erzeugen), könnte eine Großbatterieanlage genutzt werden. Ein solcher Speicher ermöglicht auch hier, den in Sonnenstunden erzeugten und gespeicherten Strom, zu einem späteren Zeitpunkt, nachts oder bei Regenwetter zu verbrauchen.

Speicher für bis zu 555 MWh Strom

Geht man davon aus, dass durch die Speicherung von Strom die Hälfte die Kosten für den Stadtwerken bisher geplanten Netzausbaus gespart würden, könnten diese 250 Mio. Euro in Speicher investiert werden. Legt man die aktuellen Speicherkosten zugrunde ließen sich von diesem Geld 142 Tesla Megapacks anschaffen, um 555 MWh Strom zu speichern.

Arten von Batteriespeichern

Doch Tesla Megapacks sind nicht die einzige Möglichkeit Strom in großen Mengen zu speichern. Absehbar kommen immer mehr alternative Batteriesysteme auf den Markt. Vielversprechend erscheint z.B. aktuell Strom zukünftig in so genannten “Organic-Solid-Flow-Batterien” zu speichern. Diese Batterietechnik hätte einige Vorteile. Für den Bau dieser Batterien werden keine seltenen Erden benötigt, ihre Energiedichte ist ähnlich zu der von Lithium-Ionen Akkus und sie erlauben mehr Ladezyklen. Dazu ist das Brandrisiko geringer. Ein erster Großstromspeicher mit Solid-Flow-Batterien wird gerade in Hessen aufgebaut (Uniper und CMBlu testen Großstromspeicher am Standort Staudinger).

Bürokratische Hindernisse

Lange stellte auch übermäßige Bürokratie ein großes Hemmnis dar, Großstromspeicher aufzubauen und wirtschaftlich zu betreiben (Batteriespeicher in Netzen). Seit kurzer Zeit werden aber die Hürden (Hindernisse und Herausforderungen für Energiespeicher unter den derzeitigen politischen, marktregulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) geschliffen, die auf Drängen der fossilen Stromwirtschaft mit freundlicher Mithilfe einer selbstverliebten und fortschrittsunwilligen Bürokratie aufgebaut wurden, um die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu boykottieren.

Ausbau von Photovoltaik, Stromnetz und -speichern muss zusammen gedacht werden

Für eine erfolgreiche Energiewende im Strombereich ist ein Gleichschritt zwischen Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, Anpassung der Netzinfrastruktur und Stromspeicherung erforderlich (Stromspeicher – Stiefkinder der Energiewende). Das gilt gleichermaßen für den Stromsektors in Bochum.

Bochum benötigt also dringend eine Stromspeicherstrategie. Zu entscheiden ist, wo im Stadtgebiet soll Strom gespeichert werden, setzt man auf wenige zentrale Großspeicher oder dezentral über das Stadtgebiet verheilte Quartiersspeicher und wie viel Stromspeicherkapazität, wird überhaupt  benötigt? Zwar kann der Aufbau und Anschluss von Containerspeichern in wenigen Monaten bewerkstelligt werden, jedoch sind aktuell überlange Planungs- und Lieferzeiten limitierende Faktoren. Hinzu kommt in Bochum ein Personalproblem. Die Stabsstelle Klimaschutz, die von städtischer Seite neben den Stadtwerken entsprechende Planungen vorantreiben müsste, ist hoffnungslos unterbesetzt, aktuell sind nur drei von fünf Stellen besetzt. Die Rot-Grüne Rathaus-Koalition lehnt bisher allerdings die dringend erforderliche Personalaufstockung ab und boykottiert damit eine zügige Energiewende (Antrag 20231406, Mehr Personal für den Klimaschutz).

25 Jun

Wärme aus Abwasser – Baustein der Bochumer Wärmewende

Um bis 2035 sämtliche Wärme klimaneutral zu erzeugen, sollte in Bochum jede Wärmequelle genutzt werden. Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, das städtische Abwasser und das Flusswasser der Ruhr als Wärmequelle zu nutzen.

Nachdem die STADTGESTALTER bereits einige Vorschläge zur Wärmegewinnung mit Geothermie (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft) und aus Abfall (Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte – Bochum braucht eine Biogasanlage) gemacht haben, folgt nun ein weiterer, Wärme aus Abwasser und Flusswasser zu gewinnen.

Besonders Abwasser eignet sich als Wärmequelle, da es selbst im Winter eine Temperatur von 12° – 15°C aufweist. Aber auch dem Ruhrwasser kann man mittels Großwärmepumpen Wärme entziehen. Nur an wenigen Tagen im Jahr liegt die Wassertemperatur der Ruhr unter 5°C (Jahresganglinie Wassertemperatur Ruhr). Zur Nutzung des Rheinwassers werden derzeit in Mannheim und Köln entsprechende Großwärmepumpenanlagen errichtet.

Möglichkeiten Abwasser zur Wärmeerzeugung zu nutzen

Bei der Wärmeerzeugung mittels Abwassers bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

Wärmetauscher in der Kanalisation – Lokal kann die Wärme im Schmutzwasserkanal dem Abwasser mittels eines Wärmetauschers entzogen werden und mit der Wärme dann die Gebäude der Umgebung beheizt werden. Nach diesem Prinzip wird zum Beispiel das Helling-Quartier in Hamburg mit Wärme versorgt (Helling-Quartier Wärme aus Abwasser).

Die STADTGESTALTER schlagen vor, dass zukünftig bei jedem Kanal, der saniert wird, geprüft wird, ob der Einbau von Wärmetauschern sinnvoll ist, um auf diese Weise Wärme für die Gebäude der Umgebung zu gewinnen. Andersherum sollte insbesondere bei Neubauten, grundlegenden Gebäudesanierungen und Neubaugebieten geprüft werden, ob für diese die benötigte Wärme nicht zumindesten teilweise aus den Abwasserkanälen bereitgestellt werden kann.

Großwärmepumpen an Klärwerken – An Orten, wo große Mengen Schmutzwasser zusammen, kommen, besonders an Kläranlagen, kann dem Abwasser zentral die Wärme mit Hilfe von Wärmepumpen entzogen werden. Nach diesem Prinzip wird zum Beispiel bereits in Schaffhausen Wärme erzeugt (Saubere Energie dank Abwasserreinigungsanlage)

Diesbezüglich kommen für Bochum besonders zwei Orte in Frage, die Kläranlage am Ölbachtal, in der die Abwässer von 320.000 Menschen gereinigt werden und die Anlage in Essen-Burgaltendorf, die für das Abwasser von 44.000 Menschen ausgelegt ist und in der unter anderem das Abwasser von Dahlhausen gereinigt wird.

Die Kläranlage am Ölbachtal reinigt 810 Liter Abwasser pro Sekunde (Trockenwetterzulauf). Das Potential für die Wärmeerzeugung ist also sehr hoch. Bei einer Wärmepumpenleistung von 150 Lizer pro kWh ließe sich bei dieser Abwassermenge theoretisch Wärme für 16.700 Bochumer Haushalte erzeugen (bei 250 l/kWh für knapp 10.000 Haushalte).

Wärme aus Abwasser – Kalkulation

Mit der Abwasserwärme vom Klärwerk Ölbachtal ließen sich über ein Nahwärme- oder Fernwärmenetz Teile von Langendreer und Witten (Kaltehardt, Papenholz, Heven) versorgen. Ebenfalls sollte eine Wärmeversorgung des Technologiequartiers an der Hochschule Bochum in Betracht gezogen werden, zu dem es umfangreiche Erweiterungspläne gibt. Zu überlegen wäre zudem, inwieweit das Freizeitbad Heveney mit umweltfreundlicher Abwasserwärme versorgt werden kann.

Wärmeversorgung Ölbachtal

Eine Wärmepumpenanlage an der Kläranlage Burgaltendorf hat aufgrund des geringeren Trockenwetterzulaufs (105 l/s) die Kapazität zur Wärmeversorgung von 1.300 bis 2.160 Haushalten. Neben dem Abwasser könnte in Burgaltendorf allerdings auch das Flusswasser als Wärmequelle genutzt werden, da sich die Kläranlage in direkter Nähe der Ruhr befindet.

Wärmeversorgung Linden und Dahlhausen

Mit der Wärmeerzeugungsanlage könnten Teile von Dahlhausen auf der gegenüber liegenden Ruhrseite mit Wärme versorgt werden. Es gibt bereits umfangreiche Überlegungen Linden und Dahlhausen über eine Wärmenetz mit der Abwärme des Grubenwassers, das von der RAG auf dem Gelände der ehemaligen Zechen Friedlicher Nachbar an die Oberfläche gepumpt wird, mit Wärme zu versorgen (Potenzialstudie warmes Grubenwasser, S. 86). Eine Anlage in Burgaltendorf könnte als zweite Wärmequelle für dieses Wärmenetz dienen. Die vorliegende Potenzialstudie errechnet für das Grubenwasser ein Potenzial von 94.600 MWh Wärmeenergie. Durch die Nutzung des Abwassers als Wärmequelle könnten 13.250 – 22.000 MWh dazukommen. Zusätzliche Energiemengen können  durch Nutzung des Ruhrwassers als Wärmequelle erzeugt werden.

Auch das Hallenfreibad Linden sollte über das Wärmenetz mitversorgt werden (Neue Bäder in Linden und Höntrop müssen klimaneutral sein).

Die Entnahme von Wärme aus dem Abwasser ist aus Umweltsicht unproblematisch. Das Klärwasser wird tendenziell etwas kälter als heute in die Ruhr eingeleitet. Dieser Effekt wäre sogar positiv, denn die künstliche Erwärmung des Ruhrwassers, durch warmes Klärwasser würde reduziert. Der Entzug von Wärme aus dem Flusswasser fällt nicht ins Gewicht, da nur sehr geringen Anteil des Wassers Wärme entzogen würde, so dass insgesamt kein signifikanter Effekt auf die Gesamttemperatur der Ruhr zu erwarten ist.

Gemeinschaftsaufgabe mehrerer Städte und des Ruhrverbands

Sowohl am Ölbachtal wie in Burgaltendorf wäre die Abwassernutzung zur Wärmeerzeugung nicht nur eine Aufgabe der Stadt Bochum. Der Ruhrverband betreibt beide Kläranlagen, eine Anlage liegt in Essen-Burgaltendorf, mit beiden Anlagen könnten nicht nur Gebiete in Bochum, sondern auch Stadtteile in Witten, Essen und Hattingen mit Wärme versorgt werden. Die Nutzung von Abwasser als Wärmequelle mittels Großwärmepumpen ist also eine Gemeinschaftsaufgabe der genannten Ruhrgebietsstädte.

Ein Projekt zur Nutzung von Abwasserwärme gibt es in Bochum bereits. Seit 2010 wird auf Initiative der Emschergenossenschaft gemeinsam mit den Bochumer Stadtwerken im Norden der Stadt ein Abwasserkanal als Wärmequelle für das Hallenfreibad Hofstede genutzt (WAZ vom 20.11.2010). Über 70% des Wärmebedarfs des Bades kann so gedeckt werden.

Schnelles Umdenken bei Politik und Stadt nötig

Seit 2010 hat sich in Sachen erneuerbar erzeugte Wärme in Bochum leider wenig getan. Die Wärmewende wurde, wie in vielen Kommunen, auch in Bochum verschlafen. SPD, Grüne und Stadtwerke haben konsequent auf die Erzeugung von Wärme mit fossilen Brennstoffen, insbesondere Gas, gesetzt. So wird das Fernwärmenetz der Stadt überwiegend durch die Gaskraftwerke in Hiltrop und an der RUB gespeist. Statt in erneuerbare Energie zu investieren hat Rot-Grün in den letzten zwei Jahrzehnten einen dreistelligen Millionenbetrag in Energieerzeugung mit Gas- und Kohlekraftwerken investiert (STEAG, Trianel, KW Hamm-Uentrop, TKW, Lünen).

Jetzt ist schnelles Umdenken erforderlich. 2035 will die Stadt klimaneutral sein. Dazu muss jede verfügbare erneuerbare Wärmequelle genutzt werden. Die STADTGESTALTER dringen daher darauf, dass Stadt und Stadtwerke umgehend Anstrengungen unternehmen, konsequent auch das Wärmepotenzial der Ruhr und des städtischen Abwassers zu nutzen.

18 Jun

Fahrgastschwund – Alarmierende Entwicklung bei der BOGESTRA

Die Fahrgastzahlen im ÖPNV liegen in Deutschland nach Corona mittlerweile wieder bei knapp 90% der Fahrgastzahlen von 2019. Die BOGESTRA konnte 2022 dagegen nur 76% des Vor-Corona-Niveaus erreichen. Bereits seit 2010 kann die BOGESTRA nicht mehr mit der Entwicklung der deutschen OPNV-Unternehmen mithalten.

Schaut man sich die Entwicklung der Fahrgastzahlen deutscher Nahverkehrsunternehmen über die letzten 13 Jahre genauer an, dann stieg die Zahl der Fahrgäste in Deutschland ab 2010 stetig, bis sie 2019 einen Höhepunkt erreichte. Danach brach die Zahl Corona bedingt massiv ein, stieg dann bis 2022 wieder auf fast 90% der Fahrgastzahl der Vor-Corona-Zeit an (VdV Jahresberichte). Bei der BOGESTRA war die Entwicklung eine andere: Von 2010 bis 2015 lag die Fahrgastzahl bei um die 144 Mio., sank dann bis 2019 leicht, um in der Corona-Zeit um 27% auf knapp über 104 Mio. zu fallen und konnte sich im letzten Jahr dann nur leicht auf etwas mehr als 108 Mio. Fahrgäste erholen. Damit liegt die Zahl weiterhin 24% unter Vor-Corona-Niveau, und das trotz 9-Euro-Ticket-Boom 2022.

Fahrgastzahlen BOGESTRA Soll-Ist

BOGESTRA kann bei Fahrgastzahlen mit anderen Verkehrsunternehmen nicht mithalten

Hätte sich die Fahrgastzahl der BOGESTRA seit 2010 so entwickelt, wie das im Durchschnitt der deutschen Nahverkehrsunternehmen der Fall war, müsste die Zahl der Fahrgäste heute bei über 151,3 Mio. Fahrgästen liegen. Tatsächlich sind es nur 108,7 Mio.. Damit liegt die tatsächliche Zahl fast 40% unter der, die sich im normalen deutschen Trend ergeben hätte (siehe Grafik oben).

Hinsichtlich der Fahrgastzahlen bleibt die BOGESTRA also schon seit Jahren deutlich hinter der Entwicklung bei den Verkehrsunternehmen der meisten deutschen Städte zurück. Wie bei bei fast allen Nahverkehrsunternehmen ist der jährliche Unternehmensverlust jedoch förmlich explodiert, bei der BOGESTRA von knapp 60 Mio. Euro pro Jahr bis 2019 auf knapp 90 Mio. Euro 2022  (WAZ vom 05.06.23.). Vergleicht man das Defizit der BOGESTRA mit dem anderer Städte, liegt das Nahverkehrsunternehmen für Bochum, Gelsenkirchen und Witten mit etwas über 95 Euro pro Einwohner*in im Mittelfeld der deutschen Unternehmen. Sieht man allerdings auf die Zahl der Fahrgäste bzw. Fahrten pro bedienten Einwohner*innen, schneidet die BOGESTRA sehr schlecht ab (siehe Grafik unten), von hier betrachteten zehn Verkehrsbetrieben deutlich am schlechtesten. Während die BOGESTRA nur auf 120 Fahrten pro Einwohner*in kommt, sind es in Stuttgart schon 127, in Düsseldorf, Nürnberg, der Rhein-Neckar–Region (Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen) und Karlsruhe zwischen 150 und 200 Fahrten, in allen anderen Städten (Bonn, Dresden, Hannover) mehr als 200, in Freiburg sogar fast 300 Fahrten pro Einwohner*in.

Vergleich Städte, Fahrten und Verluste pro Einwohner*in
Vergleich Städte, Fahrten und Verluste pro Einwohner*in

Warum steht die BOGESTRA so schlecht da?

Die Zahlen machen deutlich, die BOGESTRA wird vergleichsweise wenig genutzt. Sie hat im Verhältnis zu der Zahl der Menschen, die in dem Gebiet wohnen, das das Unternehmen versorgt, wenig Kunden. Woran liegt das?

In vier Punkten unterscheidet sich die BOGESTRA von anderen städtischen Nahverkehrsunternehmen:
1. Das ÖPNV-Netz wurde seit Jahrzehnten nicht nennenswert ausgebaut
2. Das Netz basiert auf wenigen Straßenbahnlinien und vielen langsamen Buslinien
3. Das Tarif- und Ticketsystem ist für Menschen, die nur ab und zu fahren, undurchschaubar
4. Es fehlen Mobilitätsstationen zur bequemen multimodalen Nutzung mehrerer Verkehrsmittel

Alle vier Defizite sind seit Jahren bekannt. Die Politik hält eine Verbesserung aber nicht für erforderlich bzw. blockiert sie. Im Rahmen der Bochum-Strategie gibt es zwar eine Kernaktivität “Vorfahrt ÖPNV – Leitprojekte öffentlicher Nahverkehr” echte Leitprojekte sind darunter jedoch nicht zu finden. Die Kernaktivität stellt nicht mehr als eine Marketingaktivität dar. Ebenfalls hat der Bochumer Oberbürgermeister erst unlängst pressewirksam ein Positionspapier mit der Forderung unterschrieben den ÖPNV-Anteil zu verdoppeln (Positionspapier „Städte, Landkreise und Verkehrsverbünde begrüßen das Ziel der Verdoppelung der Fahrgäste des ÖPNV bis 2030!“), aktuell liegt dieser in Bochum nur bei 15,3%, doch konkret unternehmen, um das geforderte Ziel zu erreichen, tut der Oberbürgermeister nichts. Ernsthafte Aktivitäten gibt es im Bereich ÖPNV und Mobilitätswende nicht, die Bereitschaft etwas zu tun wird allenfalls vorgetäuscht.

Dias Ziel der Verkehrswende wurde von SPD und Grünen, die in der Stadt seit über 20 Jahren die Verkehrspolitik bestimmen, nie verfolgt. Entsprechend gab es In zwei Jahrzehnten keine Projekte das Bochumer Nahverkehrsnetz  substanziell auszubauen. Im Gegenteil verhindert die Bochumer Politik sogar den Bau wichtiger ÖPNV-Linien, indem sie mögliche Trassen unnötig mit Wohngebieten zubaut (Planungsfehler bei Wohnquartier Günnigfeld macht wichtige ÖPNV-Verbindung unmöglich) .

Zu 1.: Netzdefizit – Mehr Kunden gewinnt ein Nahverkehrsunternehmen insbesondere mit einem attraktiven Liniennetz. Im Bochumer Nahverkehrsnetz fehlen wichtige Verbindungen: Unter anderem eine schnelle Anbindung des Ruhr Parks an die City, eine Nord-Süd-Verbindung in Wattenscheid, eine Anbindung des Nordens von Wattescheid zum Bochumer und Essener Zentrum (Regiotram) und eine alternative Verbindung von der Innenstadt zur Ruhr-Universität und Hochschule über Altenbochum und Mark 51°7. Obwohl für alle diese Projekte bereits seit Jahren Vorschläge auf dem Tisch liegen, wird deren Planung und Umsetzung von der rot-grünen Rathauskoalition konsequent verhindert (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz).. So bleibt das Bochumer Nahverkehrsnetz lückenhaft, was wiederum Kunden abschreckt in Bochum Bus- und Bahn zu benutzen..

Zu 2.: Langsamkeitsdefizit – Viele Bereiche der Stadt sind nur mit langsamen Buslinien angebunden, die jede Gießkanne anfahren und bis zum Ziel endlos lange benötigen. Es fehlen kurze schnelle Shuttles zu den Schnellverkehrslinien, so dass die Kunden bei minimalen Umsteigezeiten ohne große Umwege zu Bahnlinien kommen, mit denen sie schnell zum Ziel kommen. Das bedeutet auch, dass die Straßenbahnlinien beschleunigt werden sollten, insbesondere durch eigene Gleiskörper.

Zu 3. Tarif- und Ticketdefizit – bisher betreiben VRR und BOGESTRA bewusst ein kundenunfreundliches Tarif- und Ticketsystem um Menschen, die nur ab und zu Bus oder Bahn nehmen wollen, von der Benutzung des ÖPNV abzuhalten. Es fehlt eine mit Geld aufladbare Smartcard von der die Fahrpreise über Touchterminals bei jeder Fahrt abgebucht werden können (Höchste Zeit für den E-Fahrschein. Das Eazy-Ticket, das ein kilometerbasiertes Bezahlen von Fahrtstrecken mittels Mobiltelefons ermöglich, ist zu umständlich und ggü. den sonstigen Fahrpreisoptionen regelmäßig zu teuer. Hier ist ein Umdenken nötig, denn auch Menschen ohne Monatsfahrkarte sind als Kunden wichtig, ein Verzicht auf diese Kunden kann sich die BOGESTRA nicht leisten.

Zu 4.Multimodaldefizit – Trotzdem bereits 2013 beschlossen wurde, in der Stadt ein Netz von Mobilitätsstationen aufzubauen, um es Menschen möglich, bequem und ohne Zeitverlust mit mehreren Verkehrsmitteln zum Ziel zu kommen, hat die Stadt es bis heute nicht geschafft, die mittlerweile ein Jahrzehnt alten Beschlüsse umzusetzen. (Bochum fehlen Car-Sharing-Stellplätze und Mobilitätsstationen).  Mit dem ÖPNV kommend an einem Bahnhalt komfortabel auf (Leih-)Rad oder Car-Sharing-Auto zu wechseln, ist wegen fehlender Mobilitätsstationen in Bochum regelmäßig nicht möglich. Der Bau der Stationen scheitert an der gepflegten Langsamkeit, mit der die Stadt ihre Aufgaben verschleppt

Keine rosige Zukunft

Die Zukunft der BOGESTRA sieht also alles andere als rosig aus. Dass das Unternehmen die Fahrgastzahlen von vor Corona je wieder erreichen wird, erscheint trotz gerade eingeführtem 49-Euro-Ticket mehr als fraglich. Angesichts fehlender fast 35 Mio. Fahrten bis zum Niveau von 2019, erscheint die Zahl von 20.000 neuen Kunden, die die BOGESTRA über das günstige Deutschlandticket gewinnen konnte, sehr gering (WAZ 08.05.2023).

Aufgrund der Blockadehaltung der Bochumer Politik in Sachen grundlegendem ÖPNV-Ausbau ist zu befürchten, dass die BOGESTRA zukünftig eher weiter Kunden verlieren als hinzugewinnen wird. Auf der anderen Seite wird das Defizit der BOGESTRA eher zu- als abnehmen. Damit wird auch der zukünftige Investitionsspielraum immer kleiner. Diese Entwicklung abzuwenden, dürfte es bereits zu spät sein, denn es dauert mindestens 5-10 Jahre bis Nahverkehrsprojekte geplant und umgesetzt worden sind. Selbst wenn jetzt relevante Projekte angeschoben werden, würde sich ein Effekt auf die Fahrgastzahlen erst im nächsten Jahrzehnt zeigen, bis dahin kann die Stadt die negative Entwicklung nur hilflos beobachten.

Bleibt die Zahl der Fahrgäste dauerhaft deutlich unter den Zahlen von vor 2020 oder sinkt sogar weiter, wird es unumgänglich zu der Forderung kommen, das Angebot der BOGESTRA deutlich zu reduzieren sowie Personal und Kosten einzusparen. Dann wird die kurzsichtige und nicht vorausschauende Verkehrspolitik der Stadt bei der BOGESTRA Menschen den Job kosten.

Beitragsbild Foto: PRobin

11 Jun

Neue Bäder in Linden und Höntrop müssen klimaneutral sein

Die Bochumer Bäder werden neu gebaut bzw. grundlegend saniert und modernisiert. Geschieht dies nach bisher üblichem Standard, würden die Hallen-, Freibäder und Lehrschwimmbecken fast 40 Gigawattsunden Energie pro Jahr verbrauchen, das entspricht dem Energiebedarf von 3.130 Bochumer Haushalten

Angesichts dem 2019 vom Stadtrat ausgerufenen Klimanotstands und im Hinblick auf das Ziel der Stadt, bis 2035 klimaneutral zu sein, ist unumgänglich, dass die neuen Bäder in Linden und Höntrop klimaneutral gebaut und betrieben werden und alle weiteren Bäder und Lehrschwimmbecken bis 2035 so saniert und umgerüstet werden, dass mit ihrem Betrieb kein Ausstoß von Treibhausgasen mehr verbunden ist. Bei herkömmlicher Bauweise würden sonst allein durch die städtischen Bäder fast 14.000 t CO2 pro Jahr freigesetzt.

Städtische Bäder: 39.351 MWh Energiebedarf für Wärme und Strom

Nach dem Bäderkonzept der Bochumer WasserWelten soll die Wasserfläche in den Hallenbädern auf 3.434 qm ansteigen, 7.344 qm Wasserfläche in Freibädern soll erhalten bleiben. Dazu kommen 1.04.047 qm Wasserfläche für Lehrschwimmbecken. Bei Wassertemperaturen von 28°C und einer Raumlufttemperatur von 32°C ergibt sich für Hallenbäder ein Wärmebedarf von 6 kWh pro qm Wasserfläche, bei Freibädern von 0,7 kWh/qm sowie ein Strombedarf von 1,5 kWh/qm bzw. 0,175 kWh/qm (Wirtschaftliche Energieversorgung von Hallenbädern). Legt man diese Zahlen zugrunde, ergibt sich bei herkömmlicher Bauweise für alle Bochumer Hallen- und Freibäder bzw. Leerschwimmbecken insgesamt ein Energiebedarf für Wärme und Strom von 39.351 MWh.

Strom- und Wärmebedarf Bochumer Bäder

Lösung Teil1: Passivenergiehausstandard

Moderne Schwimmbäder können im Passivhaustandard gebaut werden. Dadurch kann der Wärmebedarf um 67% der Strombedarf 43% gesenkt werden (Hallenbad in Lünen zählt zu den energetisch sparsamsten in Europa). Übertragen auf Bochum verbliebe ein Gesamtenergiebedarf von 14.875 MWh (Wärme: 10.389 MWh, Strom: 4.486 MWh). Um alle Bäder klimaneutral zu betreiben, müsste diese verbleibende Energie zu 100% klimaneutral erzeugt werden.

“H2-ready”-Gasheizsysteme sind keine Lösung

Das sieht der Plan der Stadtwerke allerdings nicht vor, die WasserWelten schreiben zum Neubau des Schwimmbades Linden: “Teil der Modernisierung ist zudem ein innovatives Energiekonzept. Nach der Dämmung der Gebäudehülle sorgen künftig Wärmepumpen, die über eine PV-Anlage auf dem Dach des Hallenbades betrieben werden, sowie ein H2-ready Blockheizkraftwerk (BHKW) und eine Solarabsorber-Anlage für eine effiziente und klimafreundliche Energieversorgung.” (WasserWelten Bochum bauen nachhaltiges Hallen- und Naturfreibad in Linden). Im Wesentlichen basiert das Energiekonzept der Wasserwelten somit weiterhin auf der Verbrennung von Gas.

Das ist, anders als die Wasserwelten schreiben, aber weder innovativ noch nachhaltig. “H2-ready”-Gasheizsysteme sind bisher nichts weiter als ein Werbegag. Verbraucherschützer warnen vor solchen Angaben und entlarven sie als Verbrauchertäuschung (Spiegel vom 15.04.23): De facto könnten viele der “H2-ready”-Gasheizsysteme noch nicht einmal ausschließlich mit Wasserstoff befeuert werden, sondern lediglich mit einer Beimischung von maximal 20 bis 30 Prozent. Die Wissenschaft ist sich einig, “dass Wasserstoff für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors aufgrund der marginalen Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff auch in 2030, gegebenenfalls sogar auch noch in 2045 kaum eine Bedeutung haben wird”.

Auch die Versorgung der Bäder mit Wasserstoff wäre eine Herausforderung. Ein Wasserstoffnetz, wie das bestehende Gasnetz wird es auch in absehbarer Zukunft nicht geben. Der Wasserstoff müsste also mit Tankwagen angeliefert und in Tanks bei 300 bis 700 bar Druck gelagert werden. Diese Versorgungseinrichtungen müssten später an den einzelnen Badstandorten mit entsprechendem Kostenaufwand nachgerüstet werden.

Und wenn Wasserstoff statt Gas zur Wärmegewinnung eingesetzt wird, dann wird es richtig teuer. Denn benötigt man bei der Wärmeerzeugung mit einer Wärmepumpe eine Kilowattstunde Strom um drei Kilowattstunden Wärme zu erzeugen., braucht man, um ein Kilogramm Wasserstoff zu erzeugen, 53 kWh Strom und entstehen bei der Verbrennung eines Kilogramms Wasserstoff 33 kWh Wärme. In der Gesamtbilanz ist der Strombedarf für die Erzeugung einer Kilowattstunde Wärme mittels Wasserstoffes (53 kWh Strom für 33 kWh Wärme) also fast fünfmal höher als bei der Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen (11 kWh Strom für 33 kWh Wärme).

Szenarien Kosten Energie 2035

Übertragen auf die zukünftige Bochumer Bäderlandschaft ist die Erzeugung der Wärme mittels Wasserstoffes und Gas 2,6- bis 2,8-mal teurer als die mit Wärmepumpen und Geothermie. Pro Jahr entspricht das höheren Energiekosten von 1,1 bis 1,3 Mio. Euro im Jahr. In 30 Jahren, der Lebensdauer eines Heizsystems, kommt für die Stadt auf diese Weise eine Mehrbelastung von 33 bis 39 Mio. Euro zusammen.

Eine Wärmeerzeugung mittels “H2-ready”-Gasheizsystemen ist also nicht nur im Hinblick auf die von der Stadt verfolgten Klimaneutralität, sondern auch in ökonomischer Hinsicht  keine sinnvolle Lösung für die Bochumer Bäder.

Lösung Teil 2: Geothermie

Die bessere Alternative ist auch für die Bochumer Bäder Geothermie (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft).

Aber welche Potenziale bestehen an den Badstandorten hinsichtlich der Erzeugung von Wärme mittels Geothermie? Zu betrachten wären dabei zunächst die beiden Schwimmbäder in Linden und Höntrop, die in den nächsten Jahren neu gebaut werden sollen sowie das Hallenbad in Langendreer, das parallel grundlegend saniert werden soll:

Hallenfreibad Linden – Nur 1.200 Meter vom Schwimmbad in Linden, betreibt die RAG auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Friedlicher Nachbar eine von sechs Grubenwasserentnahmen im Ruhrgebiet. 6,6 Mio. Kubikmeter 20-22°C warmes Wasser wird dort pro Jahr aus der Tiefe gepumpt. Dieses Wasser könnte mit relativem geringem Energieaufwand mit einer Wärmepumpenanlage auf die im Bad erforderlichen Temperaturen erhitzt werden. Mit Grubenwasser, das auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Robert Müser an die Oberfläche gepumpt wird, wird neben anderen Gebäuden bereits die Hauptfeuerwache in Werne geheizt.

Hallenbad Höntrop – In direkter Nähe zu diesem Bad bestehen gleich mehrere aufgegebene Bergwerkstandorte. Im Bereich des Bades vorhandene oberflächennahe Schächte könnten genutzt werden, um in diese mittels Solarthermie im Sommer aufgeheiztes Wasser zu pumpen, das im Winter genutzt werden kann den Wärmebedarf zu decken. Eine weitere Möglichkeit besteht darin. in der Tiefe bereits vorhandenes warmes Grubenwasser zur geothermischen Nutzung an die Oberfläche zu pumpen, so wie das auf Mark 51.°7 derzeit umgesetzt wird. Eine dritte Möglichkeit wäre die Nutzung von Agrothermie. Dabei wird Wasser über Erdwärmekollektoren unter den umliegenden Felder vorgewärmt.

Hallenbad Langendreer – Am Rande des Geländes enden die Schächte der ehemaligen Zeche Urbanus. Auch hier käme also eine geothermische Nutzung in Betracht.

In allen Fällen könnte mit Hilfe von Erdwärmesonden oder Erdwärmekollektoren vorgewärmtes Wasser genutzt werden, dass dann mittels Wärmepumpen weiter erhitzt wird.

Die klimaneutrale energetische Versorgung der Freibäder ist deutlich einfacher, da diese nur wenige Monate im Sommer geöffnet sind, in denen sich relativ leicht Energie mit Hilfe der Sonne erzeugen lässt (Beispiel Warmfreibad Körperich).

Klimaneutrale Bäder sind ein wichtiger Schritt zur Klimaneutralität der Stadt bis 2035

Insgesamt ergibt sich damit: Die neu zu bauenden Bäder in Linden und Höntrop sollten nach Passivenergiehausstandard geplant und errichtet werden. Der verbleibende deutlich geringere Strom- und Wärmebedarf sollte ausschließlich aus erneuerbaren Quellen (Solartherme, Geothermie, 100% Biogas, Photovoltaik) gedeckt werden. Bei allen weiteren Bädern wäre im Zuge der fortlaufenden energetischer Modernisierung bis 2035 Klimaneutralität herzustellen.

Angesichts des vom Stadtrat 2019 ausgerufenen Klimanotstands und um das Ziel der Stadt, bis 2035 klimaneutral zu sein, zu erreichen, erscheint keine andere Vorgehensweise möglich.

Damit wäre Bochum 2035 die erste deutsche Großstadt, in der alle städtischen Bäder klimaneutral betrieben würden. “Die Schaffung der ersten klimaneutralen städtischen Bäderlandschaft Deutschlands”, könnte daher Kernaktivität der Bochum-Strategie werden.

04 Jun

Bochum Strategie auf Abwegen – Mehr Marketingmaßnahmen als strategische Aktivitäten

Mit großen Ambitionen gestartet, entwickelt sich die Bochum Strategie leider immer mehr zu einem Marketingprojekt. Die neuen Kernaktivitäten sind wenig innovativ und haben kaum strategischen Wert. Mut und Kreativität scheinen die Stadtstrategen verlassen zu haben.

Eigentlich sollten im Rahmen der Bochum Strategie in jedem Jahr 25 Kernaktivitäten auf den Weg gebracht werden, um die Stadt in den fünf Kernkompetenzen der Strategie (Vorreiterin modernen Stadtmanagements, Großstadt mit Lebensgefühl, Hotspot der Live-Kultur, Talentschmiede im Ruhrgebiet, Shootingstar der Wissensarbeit) weiter voranzubringen.

Bochum-Strategie, Grafik

2023 wird es statt 25 jedoch nur 12 neue Kernaktivitäten geben. Als Hauptgrund wird genannt, die Verwaltung soll neben den bereits angestoßenen laufenden Kernaktivitäten nicht mit neuen Projekten überlastet werden. Die Überlegung in 2023 lieber 12 neue qualitativ hochwertige Kernaktivitäten zu starten als 25 beliebige, für deren konsequente Umsetzung das Personal fehlt, ist nachvollziehbar und richtig. Allerdings ist die strategische Qualität der jetzt neu vorgeschlagenen 12 Kernaktivitäten überraschend dürftig (Vorgang 20231337).

Was macht gute Kernaktivitäten aus?

Die Qualität der Kernaktivitäten lässt sich nach fünf Kriterien bewerten:

Potenzial – Ziel jeder Kernaktivität ist, mindestens eine der fünf besonderen Kompetenzen der Stadt nachhaltig zu stärken. Das Projekt, das sich hinter der Aktivität verbirgt, sollte also geeignet sein, die Stadt in dem Bereich, dem diese zugeordnet ist, relevant und sichtbar deutlich voranzubringen. Es reicht nicht aus, wenn der zu erwartende Effekt eher gering bis kaum wahrnehmbar ausfällt.

Vorreiter – Im Idealfall sollte die Stadt mit der Kernaktivität ein Feld besetzen, dass bisher in anderen deutschen Großstädten noch nicht beackert wird. Mit dem Projekt sollte die Stadt eine Vorreiterrolle übernehmen, die auch in den Medien als solche wahr genommen wird.

Neuheit – Mit Kernaktivitäten sollten neue Projekte angestoßen werden, die es bisher in der Stadt noch nicht gibt. Bereits laufende Projekte formal zu Kernaktivitäten zu machen, spart der Verwaltung zwar Arbeit, bedeutet aber letztlich nur eine Vermarktung der Projekte unter dem Label “Bochum-Strategie”. Es spräche nichts dagegen solche Projekte mit dem Label “supported by Bochum-Strategie” auszuzeichnen, den Wert von echten Kernaktivitäten haben sie aber nicht.

Umfang – Eine Aktivität, die im Rahmen der Projekte aufgenommen werden soll, sollte einen relevanten Umfang haben, um das verfolgte strategische Ziel auch zu erreichen. Die Schaffung einer Personalstelle zur Koordinierung von Maßnahmen, die Einrichtung von Gesprächs- und Arbeitskreisen oder der bloße Aufbau einer Internetseite stellt keine echte Kernaktivität dar. Kernaktivitäten sollten zum einen immer eine reale Maßnahme darstellen, nicht nur deren Koordinierung oder Abstimmungsrunden dazu. Es sollte sich auch nicht nur um eine simple Arbeitstätigkeit handeln, die sich binnen weniger Wochen umsetzen lässt.

Substanz – Aktivitäten, die ohnehin aufgrund von geltenden oder zu erwartenden rechtlichen Vorgaben von der Stadt umgesetzt werden müssen oder in anderen Städten oder Unternehmen bereits gängige Praxis sind, sollten keine Kernaktivitäten sein, ihnen fehlt die erforderliche strategische Substanz. Solche Aktivitäten werden nicht aus strategischen Gründen angegangen, sondern weil der Gesetzgeber die Umsetzung verlangt oder sie bereits allgemein üblich sind.

Prüft man die von der Verwaltung vorgeschlagenen 12 neuen Kernaktivitäten (Vorgang 20231337) anhand der beschriebenen fünf Kriterien, ist das Ergebnis leider ernüchternd. Zwar ist das Ziel aller 12 Aktivitäten ohne Ausnahme verfolgenswert und spricht gegen ihre Umsetzung im Prinzip nichts, jedoch erfüllen die meisten die Anforderungen für eine Kernaktivität nicht.

Moderne Arbeitswelten@Stadt Bochum (Steckbrief) – Arbeits- und Büroräume der Stadt Bochum sollen so gestaltet und ausgestattet werden, dass die Beschäftigten dort gerne und kreativ arbeiten können.

Zum einen ist diese Aktivität der Stadt nicht neu, sondern wird bereits seit ein paar Jahren verfolgt, zum anderen ist sie in Unternehmen bereits seit langem üblich. Dass andere Städte in diesem Bereich bisher nur selten modern aufgestellt sind, kann Bochum in diesem Bereich nicht zum Vorreiter machen. Qualität von Arbeitsumfeld und –bedingungen sind am in Deutschland von Arbeitgebern üblicher Weise angebotenen Standard zu messen, nicht selektiv an den bei öffentlichen Arbeitgebern vorzufindenden Zuständen.

Das Projekt erfüllt die Bedingungen an Kernaktivitäten bei den Kriterien Neuheit und Vorreiter somit nicht. Auch fehlt die Substanz. Es wird ohnehin nur das gemacht, was eigentlich schon üblich ist.

Das Projekt, könnte als “supported by Bochum-Strategie” gekennzeichnet werden, als echte Kernaktivität taugt es eigentlich nicht.

Potenzial: +
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

mission solar – Unsere Gebäude haben mehr drauf! (Steckbrief) Wo es möglich und sinnvoll ist, sollen städtische Freiflächen und Gebäudedächer mit Solaranlagen bestückt werden.

Auch diese Aktivität läuft bereits und die Umsetzung dieser Maßnahmen hätte gemäß Klimaschutzkonzept schon seit Jahren voran getrieben werden müssen. Auch ein Solarkataster und eine Studie zum Solarpotenzial (Energieatlas NRW) gibt es schon. Ebenso werden entsprechende Aktivitäten in allen deutschen Städten und Gemeinden gleichermaßen verfolgt.

Die Aktivität macht Bochum also weder zum Vorreiter in Sachen Photovoltaik, noch ist sie neu oder hat die für eine Kernaktivität nötige Substanz. Hier wird getan, was der Gesetzgeber in Kürze ohnehin vorschreiben wird.

Drei der fünf Kriterien erfüllt das Projekt also nicht, es wäre aber geeignet als “supported by Bochum-Strategie” ausgezeichnet zu werden.

Potenzial: +
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

Smart City Bochum: CONSUL – Bochumer Beteiligungsplattform (Steckbrief) – Die bereits eingeführte (bochum-mitgestalten.de) und von den STADTGESTALTERn 2020 (Die Bürgerbeteiligung in Bochum auf ein neues Niveau heben) vorgeschlagene digitale Bürgerbeteiligungsplattform CONSUL soll ebenfalls als Kernaktivität –ausgewiesen werden.

Bochum zählt zu den ersten deutschen Städte die CONSUL als digitale Bürgerbeteiligungsplattform etabliert. Um die Bürgerbeteiligung auf ein neues Niveau zu heben, ist aber mehr erforderlich als diese Software einzuführen. So fehlt der Stadt z.B. ein zeitgemäßer Beteiligungsprozess bei städtischen Bauvorhaben. Auch die Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen sowie behinderten Menschen ist ausbaufähig.

Würde die Kernaktivität generell eine bessere Beteiligung der Bürger*innen zum Ziel haben, hätte sie das Potenzial für eine echte Kernaktivität, nur die Einführung von CONSUL erfüllt die Kriterien Neuheit und Substanz jedoch nicht.

Potenzial: +
Vorreiter: +
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

Bochumer Wärmewende (Steckbrief) – Bei diesem Projekt sollen Vertreter*innen von Stadt Bochum, Stadtwerken und der Bochumer Wohnungswirtschaft in einem Arbeitskreis sich zur Wärmewende austauschen und gemeinsame Pilotprojekte planen.

Auch hier besteht die Aktivität bereits, die Beteiligten haben sich im März 2023 zu einem Bündnis zusammengeschlossen (Wärmewende: Breites Bündnis zur Senkung der Emissionen).

Bei der Wärmewende liegt die Stadt wie fast alle deutschen Städte und Gemeinden weit hinter den in Sachen Klimaschutz erforderlichen Stand zurück. Eine erforderlich Kernaktivität wäre die konkrete Planung und der Bau eines Nahwärmenetzes mit Erschließung geothermischer Wärmequellen. Die bloße Gründung eines Bündnisses bzw. eines Arbeitskreises zur Planung von ersten Pilotprojekten bleibt weit hinter den Anforderungen an Kernaktivitäten zurück. Eine Vorreiterrolle nimmt Bochum mit der Aktivität ebenfalls nicht ein. Es wird eine vom Umfang her kleiner Teilaspekt der Wärmewende angegangen, entsprechend gering ist auch das Potenzial der Aktivität.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Verwenden statt verschwenden – Nac–hhaltige Lebensmittelnutzung (Steckbrief) – Mit dieser Aktivität soll eine Strategie entwickelt werden, wie Lebensmittelverschwendung verhindert wird bzw. nicht genutzte Lebensmittel einer sinnvollen Nutzung (Zweitverwertung) zugeführt werden können, z.B. für bedürftige Menschen.

Möglichkeiten Lebensmittelverschwendung einzudämmen und nicht genutzte Lebensmittel einer Zweitverwertung zuzuführen liegt zu einem wesentlichen Teil nicht in der Hand der Stadt. Akteure sind im Bereich Verkauf und Herstellung von Lebensmitteln andere. Der Handlungsspielraum der Stadt ist auf Apelle, Information und Vernetzung der Akteure begrenzt. Das Potenzial mit städtischen Aktivitäten in diesem Bereich etwas zu bewirken ist somit relativ gering und hat kaum mehr als symbolischen bis informativen Charakter.

Die Kernaktivität ist schon aufgrund der sehr begrenzten städtischen Handlungsmöglichkeiten nicht geeignet, dass sich die Stadt damit als Vorreiter profiliert. Entsprechend gering ist das Potenzial, mit der Aktivität die Kernkompetenz “Großstadt mit Lebensgefühl” relevant zu stärken.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Bermuda3Eck 4.0 (Steckbrief) – Mit der Interessengemeinschaft Bermuda3Eck (ISG) soll eine neue Entwicklungsvereinbarung zur Zukunftssicherung des 3Ecks geschlossen werden und für das 3Eck die Stelle eines/r Quartiersmanager*in geschaffen werden.

Die Schließung einer neuen Entwicklungsvereinbarung stellt eigentlich Tagesgeschäft der Stadt bzw. der städtischen Wirtschaftsentwicklung dar. Mit der bloßen Einstellung eines/r Quartiersmanager*in wird noch keine positive Entwicklung bewirkt.

Dagegen wäre eine echte Kernaktivität z.B. die Schaffung der Victoria-Promenade (Neues City-Highlight: Viktoria-Promenade vom Rathaus zum Schauspielhaus). Eine solche Aktivität könnte insbesondere hinsichtlich Umfangs, Potenzial und Substanz die Anforderungen an eine Kernaktivität erfüllen, die bloße Einstellung eines/r Quartiersmanager*in und der Abschluss einer Entwicklungsvereinbarung ist hingegen dazu nicht geeignet. Die Überschrift der Aktivität als “Bermuda3Eck 4.0” ist irreführend.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Erinnern statt vergessen – Erinnerun–gskultur und Stadtgeschichte (Steckbrief) – Stadtgeschichte soll im öffentlichen Raum durch Forschungs- und Vermittlungsprojekte durch Erinnerungsorte sichtbarer werden, Dazu soll beim Stadtarchiv eine zusätzliche Stelle geschaffen werden.

Auch eine solche Aktivität ist nicht neu, in der Stadt entstehen seit Jahren neue Erinnerungsorte, derzeit am ehemaligen Zwangsarbeiterlager Bergener Straße, auf Friedhöfen und durch den „Stelenweg“, der die Geschichte des jüdischen Lebens in Bochum dokumentiert. Auch in diesem Fall soll also eine schon seit Jahren laufende Aktivität zu einer Maßnahme der Bochum-Strategie deklariert werden.

Die vorhandenen Aktivitäten sind durchaus geeignet als “supported by Bochum-Strategie” gekennzeichnet und ausgebaut zu werden. Um eine echte Kernaktivität handelt es sich aber nicht. Mit dieser Aktivität wird die Stadt nicht zum Vorreiter in Sachen Erinnerungskultur, zudem fehlt es sowohl an Umfang, Substanz und Neuheit. Anders sähe es aus, wenn sich die Stadt Bochum entschließen würde, ein zentrales innovatives ggf. immersives Museum für städtische Geschichte z.B. im Schlegelturm zu schaffen.

Potenzial: +
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Digitale Musikschule im Haus der Musik (Steckbrief)- Die Musikschule, die in ein neues Gebäude umzieht, soll in jeglicher Hinsicht digital werden.

Die Digitalisierung aller Bereiche der Stadt sollte für die Verwaltung schon lange eine Selbstverständlichkeit sein. Zieht die Musikschule in ein neues Gebäude um, dann ist es erst recht selbstverständlich, dass hier alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Schule digital und zeitgemäß aufzustellen. Einer eignen Kernaktivität bedarf es zur Umsetzung dieser Selbstverständlichkeit nicht.

Mit Digitalisierung kann die Stadt keine Vorreiterrolle einnehmen. Eine digitalisierte Verwaltung ist mittlerweile Standard. Die Bürger*innen erwarten digitalisierte Angebote. Diese nicht zur Verfügung zu stellen, stößt auf Unverständnis und wird als rückständig empfunden.

Der Kernaktivität fehlt es an Potenzial und Substanz, sie ist nicht neu und mit ihr kann sich die Stadt auch nicht als Vorreiter profilieren.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: +
Umfang: +
Substanz: –

Gute Erziehung – Nachwuchskräfte gewinnen, Profis halten (Steckbrief). Mit der Aktivität sollen Fachkräfte an den Bochumer Kitas gewonnen bzw. In der Stadt gehalten werden, um dort die Betreuungssituation zu verbessern. Dazu soll mehr informiert, genetworkt und die Aus- und Fortbildungsangebote ausgebaut werden. Das ist weder neu noch innovativ. Ob mit diesen Maßnahmen das Ziel erreicht werden kann, ist zudem zu bezweifeln.

Die Arbeitslosigkeit betrug in Bochum 2022 im Schnitt 8,6 %. Das sind 3,1%P mehr als in Deutschland insgesamt. Das Potenzial, um neue Arbeitskräfte zu gewinnen ist in Bochum also vorhanden. Um mehr Menschen zu ermöglichen, mit einem geeigneten Schulabschluss einen Beruf wie der eine/s Erzieher*in zu ergreifen, müsste allerdings insbesondere die Schulbildung in der Stadt verbessert werden. Hier liegt das eigentliche Problem. An diesem geht die Kernaktivität jedoch vorbei.

Potenzial und Substanz der Kernaktivität sind gering, sie ist weder neu, noch wird die Stadt mit ihrer Realisierung in irgendeiner Weise zum Vorreiter.

Es fehlt dagegen eine Kernaktivität “Kindern mehr Chancen und Teilhabe durch bessere Schulbildung ermöglichen”.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: –
Umfang: –
Substanz: –

Vital. Digital. Bochumer Senior*innenportal (Steckbrief). Mit dieser Kernaktivität sollen die Angebote für Senior*innen, die bisher nur analog auf Papier verfügbar sind, digital auf einer eigenen Internet-Seite verfügbar gemacht werden.

Ein solches Projekt setzen versierte IT-Spezialisten in wenigen Wochen um. Schon der Umfang der Aktivität rechtfertigt nicht, eine eigene Kernaktivität dafür ins Leben zu rufen. Ebenfalls sollte es heute üblich sein, dass alle Angebote für Senior*innen auf einer zentralen Seite über das Internet auffindbar sind. Als Vorreiter kann sich die Stadt mit so einem Projekt nicht präsentieren. Einen nennenswerten Effekt auf das Lebensgefühl in der Stadt ist von dem Portal ebenso wenig zu erwarten.

Potenzial: –
Vorreiter: –
Neuheit: +
Umfang:  –
Substanz: –

Inkubator Grüne Chemie (Steckbrief) – Die Ruhr-Universität Bochum baut derzeit einen F&E-Inkubator aus dem Bereich Chemie auf (“start4chem”), um wissenschaftliche Forschungsergebnisse aus der Grünen Chemie in Gründungsvorhaben umzusetzen. An diesem Projekt will sich die Stadt unterstützend beteiligen.

Bei diesem Projekt handelt es sich somit um eine klassische Aktivität, die geeignet ist als “supported by Bochum-Strategie” gekennzeichnet und unterstützt zu werden. Die Anforderungen an eine echte Kernaktivität erfüllt das Projekt hingegen nicht. Es handelt sich weder um eine neue Aktivität, die im Rahmen der Bochum-Strategie initiiert wurde, noch verfügt sie über die erforderliche Substanz. Das entsprechende Gründungen von der Wirtschaftsentwicklung gefördert und begleitet werden, sollte selbstverständlich sein, auch dass die Wirtschaftsentwicklung dabei Fachbereich spezifische Schwerpunkte bildet.

Potenzial: +
Vorreiter: +
Neuheit: –
Umfang: +
Substanz: –

Gekommen um zu bleiben – Neue Einwohner*innen für Bochum (Steckbrief) – Mit dieser Aktivität soll die Anzahl von Zugezogenen in den Bochumer Arbeitsmarkt, derer, die in Bochum eine Ausbildung machen oder hier studieren sowie derer, die dauerhaft in Bochum bleiben, gesteigert werden.

Für die Umsetzung dieser Kernaktivität fehlt die grundlegende Voraussetzung. Die Bochumer Verwaltung müsste so aufgestellt sein, dass sie die Grundlagen schafft, dass Menschen aus anderen Ländern und Städten nach Bochum kommen und hier bleiben wollen. Das ist bisher nicht der Fall. Die Bearbeitungszeiten im Ausländerbüro sind unzumutbar lang. Eine respektvolle Behandlung ist nicht festzustellen. Der Wille, die Zustände verbessern zu wollen, ist nicht erkennbar. Die Verwaltung ist bereits mit der Bewältigung der aktuellen Aufgaben hoffnungslos überfordert (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar).

Im Ergebnis werden in Bochum entgegen dem Landestrend nicht mehr, sondern immer weniger Menschen eingebürgert (WAZ vom 21.03.23). Die Bearbeitungszeit der Anträge dauert derzeit 18 Monate. Wer eingebürgert wurde, will häufig nur noch aus Bochum weg. Die schlechte Behandlung durch die Behörden schreckt die Menschen ab, in der Stadt zu bleiben. Die Art und Weise wie die Stadt die Probleme im Ausländerbüro behandelt, lässt nur den Schluss zu, dass sie am Zuzug von Menschen nach Bochum nicht ernsthaft interessiert ist.

Ohne dass in der Stadtverwaltung die Bereitschaft erkennbar ist, dass sie das mit der Aktivität verfolgte Ziel ernsthaft mittragen, ergibt es wenig Sinn eine entsprechende Kernaktivität auf den Weg zu bringen.

Potenzial: keine Bewertung
Vorreiter: keine Bewertung
Neuheit: keine Bewertung
Umfang: keine Bewertung
Substanz: keine Bewertung

Stadtstrategen mutlos und wenig kreativ

Insgesamt erfüllen also alle 12 vorgeschlagenen Projekte nicht die Anforderungen, die an Kernaktivitäten gestellt werden sollten. Die meisten Kernaktivitäten sind nichts mehr als bereits laufende Maßnahmen, die mit dem Label “Bochum Strategie” versehen werden sollen. Dazu werden Aktivitäten, die die Stadt ohnehin verfolgen muss, als strategisch ausgewiesen (PV-Mission, Wärmewende, Digitalisierung) und kleine Maßnahmen werden zu Kernaktivitäten aufgeblasen (Bermuda3Eck 4.0, Senior*innenportal).

Offenbar sind Stadt, Politik und Oberbürgermeister Mut und Innovationskraft abhanden gekommen, Kernaktivitäten auf den Weg zu bringen, die wirklich die Stadt voranbringen und mit denen sich die Stadt als echter Vorreiter profilieren könnte. Kernaktivitäten vom Kaliber “Haus des Wissens” sucht man unter den 12 vorgeschlagenen Aktivitäten vergeblich. Dabei gibt es in Bochum durchaus innovative Ideen mit Alleinstellungsmerkmal, die das Potential für durchschlagende Kernaktivitäten hätten, zum Beispiel:

– Seilbahn City – Ruhrpark – RUB
– Dachpark Innenstadt
– Virtual-Reality-Box
– Men’s Sheds

Es ist Zeit die Bochum-Strategie wieder auf Kurs zu bringen. Das Ziel sollte nicht sein, bereits laufende, wenig ambitionierte Maßnahmen unter dem Namen “Bochum Strategie” zu vermarkten. Vielmehr sollten im Rahmen der Bochum-Strategie einzigartige, ehrgeizige und innovative Kernaktivitäten initiiert und hochgesteckte Ziele verfolgt werden. Die Bochum-Strategie sollte zeigen, 08/15 kann jeder, Bochum kann mehr.

Die STADTGESTALTER