23 Jul

Offener Brief – Was sagen Geschäftsleute und Immobilienbesitzer zum Zustand der Innenstadt?

Immer lauter beklagen sich die Menschen in Bochum über die Entwicklung der Innenstadt. Die STADTGESTALTER fragen bei den Geschäftsleuten und Immobilienbesitzern nach, wie sie die Lage einschätzen und was sie tun wollen, damit die City wieder in die Spur kommt

Liebe Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt,

die Klagen der Menschen über die Entwicklung der Innenstadt werden immer lauter. In der City fehle es an guten Geschäften. Euroshops, Billigketten und Discounter würden die Stadt überschwemmen. Wirklich gute Einkaufsmöglichkeiten gäbe es kaum noch. Das Stadtbild der Innenstadt wird bemängelt. Die Menschen vermissen schöne Plätze, einladende Grünflächen, Sauberkeit und  ansprechende Stadtgestaltung. Auch das Service-Angebot wird bemängelt. So suche man z.B. Spielplätze und Toiletten oft vergeblich.

Die in den letzten Jahren umgesetzten Projekte wie Stadtbadgalerie, Sparkassengalerie, Einkaufszentrum Gerberviertel, Boulevard sowie die Schaffung von massenhaft Parkplätzen in unterirdischen Parkhäusern, heben nicht den Erfolg und nicht die Impulse für die Innenstadt gebracht, die die Stadt dazu in Aussicht gestellt hatte. Die gesetzten Ziele wurden in allen Fällen deutlich verfehlt. Auch das Projekt Husemann Karree, vormals Viktoria Karree, droht zu scheitern. Wie die Reaktionen zeigen, kann nach Ansicht der meisten Bochumer und Bochumerinnen ein weiterer Woolworth, der sich selbst als “Home of Discount” bezeichnet, die Innenstadt nicht positiv beleben, sondern steht vielmehr für einen weiteren Abstieg der Innenstadt.

Über die Jahre wurde die Bochumer Innenstadt einseitig auf Autokunden ausgerichtet, die in die Innenstadt kommen, dort einkaufen und schnell wieder wegfahren, deren Anspruch an Stadtgestaltung gering ist, die möglichst billig shoppen und wenn möglich umsonst parken möchten. Kunden, die mit anderen Verkehrsmitteln die Innenstadt erreichen wollen, einen hohen Anspruch an Stadtbild,, Stadtgestaltung, Verweilqualität und die Qualität der Geschäfte haben, meiden dagegen immer häufiger die Innenstadt,

Dabei zeigen alle Studien, dass die Kunden, die zu Fuß, mit dem ÖPNV oder dem Rad in die Innenstadt kommen, deutlich mehr in den Innenstädten ausgeben als die Kunden, die mit dem Auto kommen. Sollte nach 60 Jahren erfolgloser Fokussierung auf Autokunden, die Innenstadt jetzt nicht den roten Teppich für die Menschen ausrollen, die das meiste Geld in die Innenstädte bringen? Die Innenstadt ist zu Fuß und mit dem Rad schlecht, mit dem ÖPNV nur mäßig gut zu erreichen. Welche Initiativen wollen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer ergreifen, um diesen Zustand möglichst schnell abzustellen? Sollte eine Innenstadt nicht mit allen Verkehrsmittel komfortabel, sicher und schnell erreichbar sein?

Die Innenstadt weist unübersehbare Mängel im Stadtbild auf, das zeigt sich besonders auf den Plätzen. Statt ansehnlich gestalteter Orte, an denen sich Menschen gerne aufhalten und wohl fühlen, bietet die Innenstadt oft nur Ödnis und Trostlosigkeit (u.a. Rathausplatz, Dr.-Ruer-Platz, Propstei-Platz, Zugang Boulevard vom Hauptbahnhof, Buddenbergplatz). Den Husemannplatz bis 2025 umzugestalten ist viel zu wenig. Die Schaffung des 2019 vom Rat beschlossenen Spielplatzes am Kuhhirten wurde von der Stadt zunächst vergessen, die Gestaltungssatzung vor die Wand gefahren und vom Verwaltungsgericht gestoppt.

Punkten erfolgreiche Städte in ganz Europa gerade mit Flair, Ambiente und hoher Verweilqualität, tut sich nach wie vor in Bochum in diesem Bereich kaum Nennenswertes. Was sollte nach Ansicht der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer geschehen, damit sich Stadtbild und Gestaltung der City endlich grundlegend ändern? Welche Initiativen planen Sie? Was ist hinsichtlich Stadtbilds und Stadtgestaltung ihr Anspruch? Wird dieser durch den neuen City-Tower oder das neue Sparkassen-Gebäude am Dr-Ruer-Platz erfüllt? Welche Orte müssen nach Ihrer Meinung dringend neugestaltet werden? Wie viel Zeit bleibt der Innenstadt dafür?

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Attraktionen, die Menschen in die Innenstadt locken. Markthalle und Haus des Wissens werden frühestens 2026 fertig. Doch ein einziges neues Highlight reicht nicht. Erfolgreiche Städte erfinden ständig neue Attraktionen, Rotterdam z.B. schuf den neuen Cool-Single und inszenierte 2022 einen spektakulären Rooftop-Walk. Auch wir hatten einen Dachpark für die Innenstadt vorgeschlagen, die Seilbahn, die Viktoria Promenade oder eine Virtual-Reality-Box. Solche dauerhaften Highlights würden sicher viele Menschen in die Innenstadt locken. Was sind ihre Ideen, Vorschläge und Initiativen zur Schaffung solcher Attraktionen und Kundenmagnete?

2014/15 hat der Ruhr Park über 150 Mio. in Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und moderne Gestaltung gesteckt. Seitdem boomt er wieder. Könnte der Ruhr Park in dieser Hinsicht Vorbild für die Innenstadt sein? Ist der Ruhr Park immer noch Konkurrent der Innenstadt oder wären Innenstadt und Ruhr Park gemeinsam nicht viel stärker und würden sich ideal ergänzen?

Benötigt die Innenstadt nicht auch einen klaren Plan wie sie in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet wird, damit neue Investoren sehen, wie die City in 5 Jahren aussehen wird? Muss die Stadt nicht mit einer überzeugenden Vision für die Innenstadt begeistern, die Geschäftsleute anregt in die Bochumer Innenstadt zu investieren?

Die Umsetzung des ISEK-Innenstadt wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aktuell ist auch nicht nennenswert Geld für die Umsetzung der ISEK-Projekte vorhanden, da die Stadtumbaumittel des Landes für Bochum fast gänzlich in den Umbau des Lorheidestadions fließen. Kann sich die Innenstadt mit der nötigen Umgestaltung noch Jahrzehnte Zeit lassen, wie das die Pläne der Stadt vorsehen? Halten die Geschäfte der Innenstadt noch so lange durch? Oder braucht die Innenstadt schnell einen Masterplan, der dann auch zeitnah und konsequent umgesetzt wird?

Nach unserer Ansicht ist schnelles Handeln ein wesentlicher Faktor, um die bestehenden Strukturen der Innenstadt zu sichern und darauf aufbauen zu können. Jedes Jahr, das ungenutzt verstreicht, verschwinden Geschäfte und Strukturen der Innenstadt, die sich kaum zurück holen lassen

Leerstände prägen das Bild der Innenstadt. Zwar kann durch den Tapetenwechsel das Überangebot an Ladenlokalen gegenüber der Nachfrage kurzfristig gut überspielt werden, doch ändert das an dem eigentlichen Problem nichts. Was soll mit den Ladenlokalen geschehen, die keine Mieter mehr finden? Welche Möglichkeiten der Umnutzung sehen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt? Welche Ziele und Initiativen verfolgen Sie in diesem Bereich?

Nachdem die bisherige Ausrichtung der Innenstadt leider wenig erfolgreich war, sollte nach unserer Meinung eine konsequente Orientierung an Städten mit erfolgreichen Innenstädten erfolgen. Welche Innenstädte könnten nach Ihrer Ansicht für Bochum Vorbild sein? Was macht andere Innenstädte erfolgreich und gelingt in Bochum nicht? Inwieweit beschäftigen Sie sich bereits mit möglichen Vorbildern, haben entsprechende Innenstädte aufgesucht und findet ein Austausch mit Akteuren aus entsprechenden Städten statt?

Unsere große Befürchtung ist, dass in Bochum alles zu langsam und zu spät passiert. Die Zeit läuft ab. Teilen Sie diese Ansicht? Was könnten wir tun, um die Dinge deutlich zu beschleunigen? Sind Sie als Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt für einen grundlegenden Wandel bereit und würden diesen aktiv unterstützen? Die Stimme der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt hat großes Gewicht. Bisher hört man Sie jedoch kaum. Soll sich wirklich substanziell etwas verändern, dann sollten Sie sich nach unserer Ansicht lautstark dafür einsetzen. Ihre Vorschläge, Ideen, ihr Anspruch an die Stadtgestaltung und ihr Engagement sind ausschlaggebend für die Zukunft der Innenstadt.

Sie sehen, für uns stellen sich viele Fragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie einige beantworten oder dazu Stellung nehmen. Uns liegt die Innenstadt sehr am Herzen. Wir wollen die Innenstadt gemeinsam mit Ihnen und den Bürgern und Bürgerinnen wieder in die Spur bringen. Und stehen für einen Austausch gerne zur Verfügung.

Viele Grüße
Ihre STADTGESTALTER

PS: Wir veröffentlichen keine Antworten oder Auszüge daraus ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung.

Einige Beiträge und Vorschläge der STADTGESTALTER zur Innenstadt:

14 Mai

Gestaltungssatzung absurd: Wenn die Markise nicht mit der Gestaltung der Tanke harmoniert

Nach Jahrzehnten Desinteresse an der optischen Gestaltung der Innenstadt wollte Bochum mit einer Gestaltungssatzung die bauliche Verunstaltung beenden und auf lange Sicht wirksame einheitliche Gestaltungsstandards einführen. Doch das Projekt scheiterte vor Gericht an übertriebener bürokratischer Regelungswut, genauer an der Markise einer Shisha- und Cocktailbar, die nicht mit der Tanke, dem grauen Schotter auf dem Parkplatz und dem trostlosen Innenstadtring harmonierte.

Über Jahrzehnte zeigten sich Stadt und Politik an einer ansprechenden Gestaltung der Bochumer Innenstadt bewusst desinteressiert. Jedes Bauprojekt wurde durchgewunken, egal in welcher Weise es die Innenstadt verschandelte. Anders lässt sich die Verunstaltungen des Stadtbildes mit Bausünden wie Deutsche Bank, Witteler Passage, Dr.-Ruer-Platz, Einkaufszentrum Gerberviertel einschließlich Bebauung Große Beckstraße, Stadtbadgalerie (jetzt Bochumer Fenster) und “Boulevard”, von Jochen Malmsheimer spöttisch als “längs halbierte Schuttrutsche” bezeichnet, nicht erklären. Lange war allen Beteiligten völlig egal, wie es in der Innenstadt aussah. Mit “Woanders ist auch scheiße” wurde jede Kritik an optischen Missständen in der City vom Tisch gewischt.

Gestaltungssatzung, eigentlich eine gute Initiative

Initiiert von einigen maßgeblichen Geschäftsleuten der Innenstadt, sollte diese Gleichgültigkeit gegenüber einer ansprechenden Gestaltung der Innenstadt durch die Einführung einer Gestaltungssatzung beendet werden. Eine gute und lange überfällige Initiative, die bei Stadt, insbesondere dem Stadtbaurat auf fruchtbaren Boden fiel.

Doch die Stadt schüttete das Kind mit dem Bade aus. Statt sich in der Gestaltungssatzung auf die Festlegung wesentlicher Standards für die zukünftige Gestaltung der Stadt zu beschränken, wollte man jede erdenkliche Kleinigkeit regeln. Die Stadt beauftragte für ein sechsstelliges Honorar zunächst ein Dortmunder Architekturbüro ein Handbuch zu verfassen, dass auf 260 Seiten verbindlich festlegte, wie Fassaden, Schaufenster, Außengastronomie und Werbeträger zukünftig auszusehen hätten (Stadtplanung: Ausufernde Konzeptflut sorgt für Zeit- und Geldverschwendung)..Darauf aufbauend erstellte die Verwaltung die eigentliche Gestaltungssatzung, die besonders durch eine übertriebene bürokratische Regelungswut auffällt.

So wird etwa für die “Fassadenfarbigkeit” festgelegt: “
1. Für Putzfassaden sind helle Farben mit einem Weißanteil von mind. 80 %, einem Schwarzanteil von max. 10 % und einem Buntanteil von max.10 % nach dem Natural

Color System (NCS) zu verwenden. Gliedernde oder plastische Fassadenteile können farblich durch Beimischung von Schwarz- oder Weißanteilen abgesetzt werden.

2. Abweichungen von dem unter Nr. 1 festgesetzten NCS-Farbspektrum sind bei Fassaden aus Naturstein, Betonwerkstein oder Ziegel zulässig, wenn rotoranger, rotbrauner, dunkelroter, hellgelber, hellbeiger oder sandfarbener Ziegel bzw. hellgelber, hellbeiger oder sandfarbener Naturstein/Betonwerkstein verwendet wird.

3. Bei Gebäuden der Nachkriegsmoderne sind bauzeitlich vorhandene farbliche Akzentuierungen durch keramische Bekleidungen (z. B. Brüstungsfelder aus Kleinmosaik) ausnahmsweise zulässig.

Der Bochumer Stadtrat stimmte dem Regelungswerk im Vertrauen darauf zu, dass die Verwaltung deren Rechtmäßigkeit hinreichend geprüft hätte. Zwar bereitete die Detailverliebt der Regelungen insbesondere der Fraktion von STADTGESTALTERn und FDP erhebliche Bauchschmerzen, doch war man froh, dass überhaupt endlich was in Sachen Verbesserung der Gestaltung der Innenstadt auf den Weg gebracht werden sollte. Zudem sicherte der Oberbürgermeister zu, die Verwaltung werde die Regelungen großzügig auslegen.

Satzung ist wegen mehreren inhaltlichen Mängeln unwirksam

Beides bewahrheitete sich jedoch nicht. Das Verwaltungsgericht kam zu der Einschätzung, die Gestaltungssatzung sei aufgrund gleich mehrerer inhaltlicher Mängel unwirksam. Insbesondere bemängelt das Gericht:
1. Die Satzung müsse jedem Adressaten klar zu erkennen geben, was von ihm gefordert werde. Dass sei bei der Bochumer Gestaltungssatzung nicht der Fall.

2. Die Satzung lege für den gesamten Innenstadtbereich (Bebauung entlang des Rings und innerhalb des Rings: Geltungsbereich Gestaltungssatzung) wahllos die gleichen Gestaltungsregeln fest und missachte damit die örtlichen Besonderheiten und die teilweise massive Heterogenität der unterschiedlichen Stadtbereiche (ehemalige Altstadt, Kortländer Kiez,, Einkaufszonen usw.), aus denen sich die Innenstadt zusammen setze.

3. Eine angemessene Abwägung zwischen den privaten Interessen der von der Gestaltungsatzung Betroffenen und dem öffentlichen Interesse, das die Gestaltungssatzungsatzung verfolgt, sei nicht erfolgt.

4. Den Gestaltungsregeln der Gestaltungsatzung fehle ein Anknüpfungspunkt an örtliche Gegebenheiten. Eine Rechtfertigung, warum bestimmte bauliche Anlagen kategorisch an allen Orten im Bereich der Gestaltungssatzung kategorisch unzulässig sein sollen, sei nicht erkennbar..

Eine sorgfältige Prüfung der Gestaltungssatzung im Hinblick auf die geltende Rechtsprechung insbesondere der deutschen Oberverwaltungsgerichte, dürfte nicht erfolgt sein (Woran muss der Satzungsgeber am Anfang denken?), anders lässt sich nicht erklären, warum die Satzung gleich in mehrfacher Hinsicht den von den Verwaltungsgerichten aufgestellten Grundsätzen zur Aufstellung von Gestaltungssatzungen nicht entspricht.

Eine Markise, die nicht mit der Tanke harmoniert

Auch zu der vom Oberbürgermeister avisierten großzügigen Umsetzung der Satzung kam es nicht, wie der geradezu groteske Fall zeigt, an dem letztlich die Gestaltungssatzung vor Gericht scheiterte (WAZ vom 13.04.23).

Gestaltungssatzung verbietet Ersatz durch Markise

Ausgerechnet da, wo die Bochumer Innenstadt am schönsten ist, dort wo die Schillerstraße vom Bergbaumuseum kommend nach Unterquerung der Bahnlinie auf den Nordring stößt, setzte die Verwaltung alles daran einer Shisha- und Cocktailbar den Bau einer Markisenanlage zu versagen. Die städtischen Bürokraten ließen nichts unversucht dieses Kleinod Bochumer Stadtplanung, das sich bereits in der famosen Kurvenführung, des mit zartem Begleitgrün wohltariert ausgestalteten vierspurigen Rings zeigt, vor der Verunstaltung durch die Überdachung einer 12 Meter von der Straße entfernten Außenterrasse mit einer Pergola-Markise zu retten. Die geplante 100 qm große Überdachung der Außenterrasse hätte so überhaupt nicht zu dem von zahllosen stadtbaulichen Highlights gesäumten Nordring gepasst, wie etwa dem fein gegliederten Autoabstellplatz eines Autohändlers, der liebevoll geschotterten Brachfläche, die als Parkplatz dient und dem 80er-Jahre-Charme einer besonders beliebigen Tankstellenanlage. Das in seiner Erscheinung einzigartige Ensemble aus grauem Asphalt, grauem Parkplatzschotter, fensterloser Häuserfassade mit greller Großflächenwerbung und  solidem Tankenflair wäre durch den Ersatz der abgesifften Terrassenschirme durch eine neue, schnöde, einfältige Markise nachhaltig negativ beeinträchtigt worden. Der typische trostlos, öde, leicht gammelige Charme der Bochumer Innenstadt hätte massiv gelitten, so dass eine optische Aufwertung dieser Ecke unbedingt zu verhindern war. Erst vor wenigen Jahren hatte die Stadt noch zugelassen, dass ein bekanntes Werbeunternehmen das unvergleichlich symbiotische Ensemble mit dem Aufbau einer überdimensionierten digitalen Werbetafel vervollständigt hatte.

Gestaltungssatzung verbietet Ersatz durch Markise

Vermutlich ohne es selbst zu bemerken, hat die Verwaltung die Gestaltungssatzung genutzt, um Verbesserungen der optischen Gestaltung der Innenstadt zu unterbinden und alles dafür getan, um die selbst maßgeblich vorangetriebene Verunstaltung zu erhalten. Die Gestaltungssatzung wurde damit ad absurdum geführt. Unverständlich, dass Stadtbaurat und Oberbürgermeiste die Bürokraten gewähren ließen und nicht die Reißleine zogen, spätestens als ein Verfahren vor Gericht drohte. So fuhr man die Gestaltungssatzung mit Vollkaracho gegen die Wand. Im Juni 2022 wurde die Anwendung der Satzung vom Rat wegen der eklatanten rechtlichen Mängel aufgehoben.

Die Stadt selbst hat wesentliche Teile der Innenstadt verschandelt

Letztlich zeigt auch das geschilderte Beispiel auf, dass die Verunstaltung der Innenstadt in vielen Fällen nicht von privaten Geschäftsleuten, Gastronomen oder Immobilienbesitzern der Innenstadt betrieben wurde, sondern regelmäßig durch die Stadt selbst. Auch Imbuschplatz, Neumarkt, Schwanenmarkt, Markt- und Propsteiplatz hat die Stadt höchstselbst verschandelt bzw. in trostlose Straßenkreuzungen transformiert.

Eine Gestaltungssatzung hilft sicher das Stadtbild zu verbessern, noch weit wichtiger wäre aber, dass die Stadt selbst sehr viel mehr Wert auf hochwertige Stadtgestaltung legt. Davon zeugen aktuell laufende Bauprojekte wie City-Tower (Vom architektonischen Highlight zum trostlosen Klotz) und Sparkassenneubau am Dr.-Ruer-Platz (Chance verpasst: Gähn-Moment statt Wow-Effekt) allerdings nicht.

Stadtpolitik müsste Leitlinien vorgeben

Hinsichtlich der nun erforderlichen Überarbeitung der rechtswidrigen Gestaltungssatzung wäre die Stadtpolitik aufgefordert gewesen nunmehr der Stadt Leitlinien vorzugeben, die bei der Neufassung von der Verwaltung zu berücksichtigen wären. Diese Chance ließ die Politik ungenutzt. Ein entsprechender Antrag der STADTGESTALTER wurde abgelehnt (Antrag 20231071), man zeigte sich desinteressiert, selbst aktiv auf die Neufassung der Satzung einzuwirken. So sollte man sich nicht wundern, wenn auch der zweite Anlauf schief geht, für die Bochumer Innenstadt eine rechtlich haltbare und im gewünschten Maß wirksame Gestaltungssatzung aufzustellen.

14 Aug

Für die Innenstadt läuft die Zeit ab

Bochum hat die Zeichen der Zeit erkannt, man will die City attraktiver machen, schöne Plätze schaffen, auf denen man sich gerne aufhält, will spannende Dinge bauen, wie Markthalle oder Dachpark, die Menschen in die Stadt locken. Die Umsetzung der Projekte kommt allerdings nur im Schneckentempo voran und wird Jahre länger dauern als geplant. Für viele Geschäfte wird das zu spät sein. Die Stadt muss ihr Arbeitstempo der Dringlichkeit der Probleme anpassen.

5.000 Kunden pro Tag wurden noch 2011 auf der Kortumstraße gezählt. Heute ist die Stadt froh, wenn am verkaufsstärksten Samstag noch 3.000 Menschen gezählt werden. “Bummeln in der City ist in Bochum nicht mehr angesagt” schreibt die WAZ (WAZ vom 22.06.22).

Der Innenstadt fehlt es an Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität sowie Attraktionen, die Menschen dazu animieren sich länger in der Innenstadt aufzuhalten. Hinfahren, das kaufen, was man benötigt und wieder wegfahren, mehr tun viele Kunden in der City nicht. Die Innenstadt ist nicht mehr attraktiv genug, damit die Menschen sie aufsuchen, um sich zu treffen, bummeln zu gehen, Zeit zu verbringen und es sich einfach nur gut gehen zu lassen. Erfolgreiche Innenstädte leben gerade von diesen “Erlebniskunden”, die selbst Teil des Flairs sind, die die Innenstadt beleben und auch spontan das ein oder andere einkaufen.

Eine Strategie zur Belebung der Innenstadt basiert auf drei Punkten

Zwar hat die Stadt erkannt, dass sie etwas tun muss. Doch die Erneuerung der Innenstadt geht viel zu langsam voran und die auf den Weg gebrachten Maßnahmen reichen lange nicht aus, das Blatt zu wenden.

Bei der Strategie zur Attraktivierung der Innenstadt sind drei Punkte entscheidend (Strategie zur Belebung der Bochumer Innenstadt):

1. Die Innenstadt muss auch zu Fuß, mit dem Rad und dem ÖPNV sehr gut erreichbar sein. Bisher ist sie das nur mit dem Auto und eingeschränkt mit Bus und Bahn.

2. Die Innenstadt muss mehr Aufenthaltsqualität, Flair und Ambiente bieten. Das bedeutet insbesondere schöne Plätze, auf denen sich Menschen gerne aufhalten, aber auch Spielflächen, nette Freisitze und andere attraktive Aufenthaltsorte.

3. Die City sollte sich mit unverwechselbaren Highlights von Innenstädten anderer Städte abheben. Solche besonderen Attraktionen sind z.B. die geplante Markthalle, ein Dachpark oder eine Seilbahn.

Zumindest zu den Punkten 2 und 3 hat die Stadt, wenn auch spät, die Zeichen der Zeit erkannt und einige wichtige Projekte auf den Weg gebracht, doch deren Umsetzung geht nur schleppend voran.

Bestehende & mögliche City-Attraktionen

Laufende Projekte

Viktoria Karee – Das neue Gebäude am Husemannplatz wird aufgrund von Problemen mit der Baugenehmigung, die allerdings nicht von der Stadt zu verantworten sind, sondern durch eine Gesetzesänderung des Landes NRW zum Brandschutz  mindestens ein halbes Jahr später, im zweiten Quartal 2023 fertig (WAZ vom 06.08.22).

Neugestaltung Husemannplatz – Die sollte bereits Ende 2022 beendet sein. Jetzt soll sie erst in diesem Jahr beginnen. Die vorgesehene Umgestaltung wird wegweisend für Bochum sein, doch wird sie 2 Jahre zu spät fertig und wird 4 Mio. Euro teurer als geplant (Husemannplatz – zwei Jahre zu spät fertig und 4 Mio. teurer als geplant)

Haus des Wissens mit Markthalle und Dachpark – Hier beträgt der Zeitverzug aktuell 3 Jahre. Statt 2023 soll das Projekt jetzt 2026 fertig werden. Auch dieses neue Highlight für die Innenstadt kann seine Wirkung nicht in absehbarer Zeit entfalten

Spielplatz für die Innenstadt – Ein attraktives Spielareal für die Innenstadt ist seit Jahren im Gespräch, seit 2016 verspricht der Oberbürgermeister die Realisierung. 2016 und 2018 hatten die STADTGESTALTER gemeinsam mit der FDP Anträge dazu gestellt, 2019 wurde endlich beschlossen den Kuhhirtenplatz zum Spielplatz zu machen (Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz im Stadtrat beschlossen). Doch nichts tut sich. Ob die Verwaltung unfähig oder unwillig ist, die Beschlüsse des Rates umzusetzen, ist nicht bekannt.

Musikforum und Haus der Musik – Als einziges neues Highlight für die Innenstadt ist das Musikforum in den letzten Jahren entstanden. Eine wirkliche Attraktion für die Innenstadt ist es allerdings nicht geworden. Belebt wird es nur zu Konzerten der Bochumer Symphoniker (BoSy). Das Konzept “Musikzentrum” ist gescheitert. Entgegen des ursprünglichen Konzeptes hat das Musikforum nicht jeden Tag auf und bietet keine täglichen Veranstaltungen. Die Konzerte der BoSy finden während der Spielzeiten nur an zwei bis vier Abenden die Woche statt.

Das dem Musikforum benachbarte Haus der Musik, in das die Musikschule umziehen soll, wurde gerade beschlossen. Wegen einer Kostenexplosion bei der Planung wurde das Projekt vor der Beschlussfassung abgespeckt (WAZ vom 28.02.22). Nach derzeitigen Planungen soll es 2027 bezogen werden. Auch bei diesem Projekt wird eine Wirkung also auf sich warten lassen.

Dringende Projekte, die bisher nicht angegangen wurden

Andere Projekte, die schon seit Jahren diskutiert werden und für die Attraktivität der Innenstadt von zentraler Bedeutung sind, wurden bis heute nicht angegangen:

Neugestaltung (Dr.)Otto-Ruer-Platz – Der trostloseste Platz der Innenstadt müsste dringend ein grundlegend neues Gesicht bekommen. Bisher ist aber nur vorgesehen die Platzoberfläche zu erneuern, um das darunter liegende Parkhaus statisch zu entlasten.

Umgestaltung Rathausplatz – In den meisten Städten ist der Rathausplatz das Schmuckkästchen der Innenstadt, in Bochum kaum mehr als eine unfallträchtige Kreuzung. Auch hier sind sich alle einig, eine Umgestaltung sollte möglichst schnell erfolgen. Doch bisher sieht der Zeitplan der Stadt vor, erst nach Fertigstellung des Haus des Wissens soll was geschehen, das wäre frühestens 2026.

Propstei-Platz und Park – Die Herstellung dieses Platzes (Ein neuer Platz für Bochum) sollte eigentlich im Anschluss an die Neuanlage des Kuhhirtenplatzes erfolgen. Bis heute ist man in der Stadt aber nicht über das Diskussionsstadium hinweggekommen. So wird seit Jahren die Chance vertan mit vergleichsweise geringen Mitteln, einen neuen Anziehungspunkt in der Innenstadt zu schaffen.

Viktoria-Promenade – Entlang der Ostseite der Viktoriastraße vom KAP bis zum Südring eine breite Fußgängerpromenade mit großzügigen Freisitzen für Gastronomie zu schaffen, ist ebenfalls seit Jahren im Gespräch (Verkehrs- und Umgestaltungskonzept Bermuda3Eck). Doch zu einer Umsetzung kann sich die Stadt nicht durchringen, weil dazu mindestens eine Autofahrspur wegfallen müsste.

Statt endlich Pläne für eine grundlegende Umgestaltung vorzulegen, verschwendet die Verwaltung an der Viktoriastraße ihre Zeit darauf immer neue Provisorien einzurichten, die in der Umsetzung mehr schlecht als recht funktionieren und dann wieder neue Wurschtelplanungen nach sich ziehen.

Seilbahn City – Ruhr Park – Viele Gastronomen und Geschäftsleute würden diese Attraktion begrüßen und fragen sich, warum die Stadt nicht mindestens mal die Machbarkeit prüft (Betrieb Seilbahn vom Ruhr Park zur Bochumer City mit Gewinn möglich). Eigentlich wäre es naheliegend die Schaffung einer Attraktion, die zu 80 bis 90% von Land und Bund finanziert und dazu noch das ÖPNV-Netz der Stadt deutlich aufwerten würde, mit Prioritär voran zu treiben. Bisher wird in der Stadt zwar viel davon geredet Vorreiter seien zu wollen und Landmarken zu schaffen, doch wird es konkret, fehlt zu oft der Mut, solche Projekte anzugehen.

Betrachtet man die laufenden und notwendigen Projekte, wird klar, vor 2026 wird in der Innenstadt nicht viel passieren, was dem aktuellen Negativtrend entgegenwirken kann. Viele angedachten Projekte befinden sich noch nicht mal in der Planungsphase.

Da die Stadt erst Jahre zu spät auf die negative Entwicklung der Innenstadt reagiert hat, müsste jetzt alles darangesetzt werden, das Versäumte aufzuholen und die Planungen und Realisierungen zu beschleunigen. Doch in der Verwaltung geht alles seinen gewohnten Gang. Die gemächliche Geschwindigkeit, mit der die Projekte realisiert werden, wird der Dringlichkeit, mit der sich die Probleme stellen, nicht mehr gerecht. Für die Innenstadt ist es fünf vor Zwölf, die Stadt aber verhält sich so, als habe man noch alle Zeit der Welt.

Es reicht nicht zu erkennen, was zu tun ist, Es muss auch rechtzeitig getan werden. Selbst wenn die Stadt das richtige zu spät tut, hilft das der Innenstadt nicht mehr.

Zu viele Chancen werden vertan

Hinzu kommt, bei der baulichen Gestaltung der Innenstadt liegt einiges im Argen. Es gelingt der Stadt aber nicht, hier qualitative Verbesserungen zu erreichen:

Gestaltungssatzung – Das von den Geschäftsleuten sehr forcierte Projekt ist zunächst gescheitert. Die Gestaltungssatzung musste der Stadtrat in seiner Juni-Sitzung wegen erheblicher rechtlicher Mängel aufheben.

Das Problem, die Innenstadt ist total verbaut, über Jahrzehnte wurde nicht auf eine einheitliche, qualitativ hochwertige Bebauung geachtet. Das Gericht fragte sich zu Recht, welche Art von Gestaltung soll in der Innenstadt mit der kleinteiligen Gestaltungssatzung eigentlich bewahrt werden. Jetzt fallen Politik und Verwaltung die Versäumnisse der Vergangenheit auf die Füße. In Bochum wurde nie eine Gestaltung nach einem einheitlichen Konzept verfolgt auf ein einheitliches Stadtbild wurde nicht geachtet. Man hat alles genehmigt, egal was gebaut werden sollte, Also ist es jetzt kaum möglich, Eigentümer*innen zu verpflichten, die Fassade so zu gestalten wie dies sonst in der Innenstadt üblich ist. Eine bestimmte Art der Bebauung ist in der Innenstadt gerade nicht üblich, fast jeder Bau sieht anders aus.

Das Ziel, die Innenstadt mit hochwertig gestalteten und als Blickfang geeigneten Gebäuden aufzuwerten verfolgt die Stadt bisher leider nur auf dem Papier:

Stadtturm am Hauptbahnhof – Bei diesem Projekt ist nach vier Umplanungen ein uninspiriert gestalteter Klotz übriggeblieben, der von den Bochumern und Bochumerinnen schon als “Käsereibe” verspottet wird und dessen Gestaltung in den Architekturforen zerrissen wird (City-Tower – Vom architektonischen Highlight zum trostlosen Klotz). Obwohl die aktuellen Planungen fast keine der im Bebauungsplanverfahren vollmundig angegebenen Gestaltungsanforderungen mehr erfüllen kann, wird die Realisierung des 08/15-Turms von der Stadt jetzt durchgeboxt.

Sparkassenneubau am Dr.-Ruer-Platz – auch hier wird die Chance vertan, ein architektonisches Highlight zu schaffen. Der belanglose Bau passt sich an den trostlosen Platz, an dem er entsteht, an (Chance verpasst: Gähn-Moment statt Wow-Effekt – Neubau der Sparkasse am Dr.-Ruer-Platz).

Will man etwas positiv für die Innenstadt bewirken, darf man solche einmaligen Chancen Gebäude mit Strahlkraft zu schaffen nicht liegen lassen. Aber leider werden nicht nur bei der baulichen Gestaltung Chancen für die Innenstadt verspielt, sondern auch bei der verkehrlichen Erschließung der City.

Radschnellweg durch die Innenstadt – So verpasst die Stadt die einmalige Gelegenheit den Radschnellweg direkt durch die City zu führen um so die zukünftigen Nutzer*innen der Radverbindung als Kunden für die Innenstadt zu gewinnen. Stattdessen will man mit Millionenaufwand den Radverkehr im großen Bogen um die City herumführen (Akteneinsicht: Verwaltung “lenkt” große RS1-Trassensuchshow zum gewünschten Ergebnis).

Dabei kann es sich die Innenstadt nicht leisten weiterhin auf die Kunden zu verzichten, die gerne mit dem Rad oder zu Fuß in die Innenstadt kommen würden. Die Innenstadt muss mit allen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar sein. Sich allein auf Autokunden zu fokussieren, hat sich als Irrweg herausgestellt, in der Folge hat die Kundenfrequenz in der Innenstadt ab- und nicht zugenommen. Wenn in ein paar Jahren die Radfahrenden zu einem großen Teil an der City vorbei fahren, anstatt mitten durch, wird man sich fragen, wie man auf die Idee kommen konnte, diese riesige Chance für die Innenstadt leichtfertig zu vertun.

Fehlplanungen, die mit viel Geld korrigiert werden müssen

So wie man sich bei anderen Bauprojekten heute fragt, wie es dazu kommen konnte:

Hans-Böckler-Straße zwischen Brückstraße und Rathausplatz – Statt einer Aufwertung der Straßensituation zwischen Innenstadt und Rathausgebäuden schuf die Verwaltung einen Unfallschwerpunkt. Die Radwege wurden bei den Planungen vergessen, die Schienenquerung für Radfahrende in Richtung City auf Höhe des Technischen Rathauses ebenso wie die Übergangssituation von der City-Passage Richtung BVZ und die Integration der Straßenbahnhaltestelle sind Fehlplanungen. Für 230.000 Euro wird jetzt versucht zumindest die Unfallschwerpunkte zu entschärfen. Eine vollständige Überplanung und Neugestaltung wäre zu teuer.

Brüderstraße – Die Vorbehalte der Kritiker zu dieser Umgestaltung erwiesen sich als richtig. Zu den damaligen Planungen wurde eingewendet, den Autoverkehr in der Straße zu belassen, würde zu einer B-Lage im 3Eck führen und damit zu negativen Entwicklungen. Die Stadt war jedoch der Ansicht der (Poser-)Verkehr durch das 3Eck sei ein wichtiges Merkmal für das Szeneviertel und dürfe nicht unterbunden werden. Sie wurde eines Besseren belehrt. Jetzt versucht man mit Shishabar-Verbot und einer abendlichen Verkehrsberuhigung der negativen Entwicklung entgegen zu wirken. Auf Dauer wird nur eine weitere kostenintensive Umgestaltung helfen, die aber erst nach Ablauf des Förderzeitraums für die letzte Umgestaltung möglich ist.

Zugang Bongard-Boulevard vom Ostring – Auch mindestens der obere Teil des “Bongard-Boulevard” ist eine teure Fehlplanung. Um eine großzügig breite Tiefgarageneinfahrt herstellen zu können, quetschte man die zu Fuß Gehenden auf einen schmalen unattraktiven Fußweg und machte die Ein- und Ausfahrt für Radfahrende zum Sicherheitsrisiko. Entsprechend blieben auf der Pflasterwüste hinter der Tiefgarageneinfahrt die Kunden aus. Will man den oberen Teil des “Boulevards” beleben, wird die Stadt auch hier nicht um eine kostenintensive Umgestaltung der Tiefgaragenzufahrt samt der umgebenden Wegesituation herumkommen (Umgestaltung des Zugangs zum Bongard-Boulevard).

Fazit

Betrachtet man zusammenfassend die Projekte, die die Stadt in den letzten Jahren in der Innenstadt umgesetzt hat, so waren diese zu einem nicht unwesentlichen Teil leider nicht erfolgreich und einige müssen jetzt mit immensem Kostenaufwand korrigiert werden.

Seit 2015 wurden wenige, aber vielversprechende Projekte angestoßen, deren Umsetzung aufgrund der gemächlichen Geschwindigkeit bei den Abläufen in der Verwaltung allerdings viel zu lange dauert und der Innenstadt vor 2026 kaum helfen werden. Zu befürchten ist, dass bis dahin die Strukturen der Innenstadt weiter nachhaltigen Schaden nehmen werden und Strukturen verloren gehen, die sich nicht mehr ohne weiteres zurück holen lassen werden.

Weiterhin wurden wichtige Projekte bisher noch gar nicht angegangen, so dass mit einer Realisierung selbst in 10 Jahren kaum zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass man bei einigen laufenden Bauprojekten leichtfertig Chancen vergeben hat, die man unbedingt hätte nutzen müssen.

Für die Innenstadt läuft die Zeit ab. In Anbetracht der Dringlichkeit der Problemlage tut die Stadt zu wenig und was sie tut, dauert viel zu lange. Die Stadt wird sich überlegen müssen wie sie die laufenden Projekte und die Aufnahme neuer Projekte erheblich beschleunigen kann, sonst werden die Projekte, wenn sie endlich umgesetzt worden sind, der Innenstadt nicht mehr helfen können.

23 Jan

Gutachten bestätigt: Autofreier August-Bebel-Platz ist die beste Lösung

Seit Jahren können sich Stadt und Politik nicht entscheiden wie der hässlichste Platz der Stadt umgestaltet werden soll. Jetzt schafft ein Gutachten Klarheit, ein Platz ohne Autos hat für die Innenstadt Wattenscheid das mit Abstand größte Potential. Die von den STADTGESTALTERn bereits 2015 vorgeschlagene Herausnahme des Verkehrs soll nun Wirklichkeit werden.

Eigentlich sollte der August-Bebel-Platz schon vor Jahren umgestaltet werden. Doch wie so häufig, dauert in Bochum und Wattenscheid vieles etwas länger als in anderen Städten. 2013 hatte die Stadt drei Planungsbüros beauftragt. Vorschläge für eine Umgestaltung zu machen. Obwohl in städtebaulicher Hinsicht fortschrittlichen Städten schon lange üblich, traute sich die Verwaltung unter dem damaligen Stadtbaurat jedoch nicht den Planungsbüros vorzugeben den Platz autofrei zu gestalten. 75.000 Euro zahlte die Stadt für drei mäßige Planungsentwürfe, denen es nicht gelang, bei gleichzeitigem Verkehr den Platz spürbar aufzuwerten. Die Politik war wenig begeistert. Ein vierter Konsensentwurf der Verwaltung mit Elementen aus allen drei Entwürfe konnte die Politik ebenfalls nicht überzeugen.

August-Bebel-Platz mit Autoverkehr nicht förderfähig

Auch die Bezirksregierung, die die einen Großteil der Fördermittel zur Neugestaltung de Platzes bereitstellen soll, war nicht überzeugt von den Bochumer Konzepten, man ließ durchblicken, dass es für einen Platz, über den weiter Verkehr fließen sollte, es keine Fördermittel geben werde (August-Bebel-Platz autofrei?!). Also überzeugte die SPD die Wattenscheider Grünen, den Platz doch autofrei zu gestalten. Die CDU und UWG liefen Sturm und drohten mit einem Bürgerbegehren. SPD und Grüne knickten ein. Man einigte sich darauf ein unabhängiges Verkehrsgutachten erstellen zu lassen, das vier Planungsvarianten mit unterschiedlichen Verkehrsführungen prüfen und vergleichen sollte. Darauf basierend sollte dann ein neuer Planungswettbewerb zur Gestaltung des Platzes ausgeschrieben werden.

Verkehrsgutachten sieht mit Abstand größtes Potenzial für die Wattenscheider Innenstadt bei autofreiem Platz

Das Verkehrsgutachten (Verkehrliche Auswirkungen möglicher Umbauvarianten) inklusive einer schalltechnischen Untersuchung (Untersuchung Schall) liegt jetzt vor. Aufgrund der eindeutigen Ergebnisse schlägt die Verwaltung vor, den Platz nunmehr doch autofrei zu gestalten. Die autofreie Gestaltungsvariante bietet laut Gutachten das größte Potential für eine neue Platzgestaltung und wie alle Varianten keine nennenswerten negativen Auswirkungen bezogen auf den Verkehr. Nur 5.000 Fahrzeuge (ohne ÖPNV) queren den Platz pro Tag. Das bedeutet am Tag fahren aller 5 Minuten rd. 30 Autos über den Platz. Die Verkehrsbelastung kann somit nur als gering bezeichnet werden.

Im Gutachten wurden vier Varianten untersucht:
Variante 1: Autos und ÖPNV queren auf einem gemeinsamen Fahrstreifen je Fahrtrichtung den Platz. Es gilt ein Tempolimit von 20 km/h.
Variante 2: Autos queren den Platz nur noch im Einbahnstraßenverkehr von Süd nach Nord.
Variante 3: Der Verkehr wird mit einem Auto- wie einem davon separierten ÖPNV-Fahrstreifen je Fahrtrichtung über den Platz geführt.
Variante 4: Der August-Bebel-Platz wird autofrei.

Im Rahmen des Gutachtens wurden die Auswirkungen der Verkehrsführungen auf die Umgebung geprüft. Insbesondere wurden negative Auswirkungen von eventuellem Ausweichverkehr auf Straßen in der Nachbarschaft des Platzes betrachtet. Zudem wurde bewertet, welche Umgestaltungspotentiale die Varianten für die Innenstadt bieten.

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass alle vier Varianten die Qualität im umliegenden Straßennetz nicht negativ beeinflussen. Die Varianten 2 und 3 lassen kaum Raum für eine positive Umgestaltung des August-Bebel-Platzes. Dieser ist bei Variante 4 mit Abstand am größten. Die Verkehrssicherheit für Menschen die zu Fuß gehen oder das Rad nehmen, weißt zudem bei den Varianten 2 und 3 immer noch deutliche Defizite auf. Variante 4 besitzt darüber hinaus das größte Potenzial für die Stärkung der Nahmobilität, die für die Entwicklung der Wattenscheider Innenstadt von entscheidender Bedeutung ist.

Bewertungsmatrix, ISG Ingenieure-Gesellschaft Stolz mbH

Insgesamt wurden die vier Varianten nach acht Kriterien bewertet. Die autofreie Variante schafft es dabei auf 12 Punkte, die anderen drei Varianten 1, 2 und 3 nur auf 7, 5 bzw. 4 Punkte. Die Umgestaltungsvariante ohne Autoverkehr auf dem August-Bebel-Platz setzt sich somit deutlich gegenüber den anderen Varianten durch. Ein erwartbares Ergebnis, dass die Analyse der STADTGESTALTER bestätigt, die sich als erste politische Kraft bereits vor 7 Jahren, im Januar 2015, für einen autofreien August-Bebel-Platz ausgesprochen haben (Neue Ideen für Wattenscheid).

Nunmehr verfolgt auch die Verwaltung diese Lösung. Im Auslobungstext für den Gestaltungswettbewerb für den Platz (Entwurf Auslobungstext) soll es jetzt heißen: „Vorgabe für den Planungswettbewerb ist eine MIV-freie Verkehrsführung für den August-Bebel-Platz. Die Querung der Platzfläche wird somit für den Kfz-Verkehr gesperrt. Lediglich der Busverkehr sowie die Straßenbahn passieren den Platz.“ (MIV = Motorisierter Individualverkehr = Auto).

Erkenntnis, dass der Platz autofrei sein sollte, kommt spät, hoffentlich nicht zu spät

Wären Politik und Verwaltung den Erkenntnissen gefolgt, die in erfolgreichen Großstädten zu Platzumgestaltungen schon seit Jahrzehnten vorliegen, hätte es für die Entscheidung, den August-Bebel-Platz zukünftig für den motorisierten Individualverkehr zu sperren, keines Gutachtens bedurft. Der Platz hätte schon in den letzten Jahren grundlegend umgestaltet werden können, ja müssen, denn er lädt die Menschen nicht nach Wattenscheid ein, seine derzeitige Gestaltung schreckt sie ab. So kommt die Erkenntnis, dass der Verkehr auf dem Platz der Innenstadt schadet und nicht nützt, zwar spät, aber hoffentlich nicht zu spät. Besser jedenfalls als hätte man den Platz schon umgebaut und müsste nun feststellen, die teuren Umgestaltungen würden nichts für die Wattenscheider Innenstadt bewirken, da der Autoverkehr immer noch über den Platz fährt.

Noch besser: Park statt Platz

Die STADTGESTALTER hatten 2015 jedoch nicht nur einen autofreien August-Bebel-Platz vorgeschlagen, sie schlugen vor, aus dem Platz einen Park zu machen. (Aus dem August-Bebel-Platz einen Park machen). Dabei könnte Park Im südlichen Teil auch als Platz gestaltet werden. Dieser Vorschlag ist auch angesichts der Klimakrise 2022 noch genau so aktuell wie schon 2015. So stellt das bereits dargestellte Gutachten ebenfalls fest, dass der August-Bebel-Platz aufgrund seiner fast vollständigen Pflasterung und Asphaltierung derzeit eine Hitze-Insel darstellt. Eine Beschattung durch Vegetation, mehr Begrünung und Wasserflächen sollte der Überhitzung des Platzes entgegen wirken. Genau da setzt die Parkidee der STADTGESTALTER an.

August-Bebel-Platz, Plan STADTGESTALTER

Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER soll der neue Park zu einem attraktiven und belebten Ort am Eingang der Wattenscheider Innenstadt gemacht werden. Der Autoverkehr bis auf Straßenbahnen und Busse soll umgeleitet werden. Für die wegfallenden Parkplätze kann an der Nordseite des Platzes ein offenes Parkhaus errichtet werden.

in dem neuen Park sollen viele verschiedene Aktivitäten für alle Altersgruppen möglich sein (Plan des neuen Parks). Es soll ein Spielareal geben, viele Sitzgelegenheiten, neben dem bestehenden Brunnen ein weiteres Wasserspiel und ein Spielfeld, das den Park besonders für Kinder und Jugendliche attraktiv macht. Vorbild könnte der Vasaparken in Stockholm sein (Vasaparken Wikipedia).

Um den gesamten heutigen August-Bebel-Platz in einen neuen autofreien Platz umzuwandeln, ist die Fläche mit 12.700 Quadratmetern eigentlich viel zu groß (August-Bebel-Platz vs. August-Bebel-Park). Für einen Innenstadtpark mit integrierter Platzfläche am Eingang zur Oststraße könnte die Fläche viel besser und vielfältiger genutzt werden.

Am 09.03.2022 wird der Stadtrat die Ausschreibung für die Gestaltung eines neuen, autofreien August-Bebel-Platzes auf den Weg bringen. Im Rahmen der Ausschreibung sollen maximal 15 Planungsbüros bzw. Bürogemeinschaften im Rahmen eines Wettbewerbs qualitativ hochwertige Umgestaltungsvorschläge einreichen. Fünf Büros davon werden von der
Stadt Bochum gesetzt (Beschlussvorlage 20222823). Die Wattenscheider dürfen gespannt sein, welche Umgestaltungsideen die Städtebauer 2023 präsentieren werden.

Zu hoffen ist, dass die Arbeiten zur Umgestaltung dann 2024 beginnen und vielleicht schon 1 bis 2 Jahre später der neue Platz der Öffentlichkeit übergeben werden kann. Denn es wird höchste Zeit, dass sich in der Wattenscheider Innenstadt grundlegend was tut, um den sich ungebremst fortsetzenden Niedergang endlich zu stoppen.

26 Dez

Chance verpasst: Gähn-Moment statt Wow-Effekt – Neubau der Sparkasse am Dr.-Ruer-Platz

Im April 2022 wird das Gebäude der Bochumer Tradionsgastronomie Uhle am Dr.-Ruer-Platz abgerissen. Die Sparkasse baut stattdessen ein neues Gebäude. Doch statt einen echten Hingucker zu errichten, soll ein belangloser 08/15-Bau entstehen. Die Chance, ein visionäreres Bauwerk zu schaffen, zum Beispiel mit im Frühjahr blühender Grünfassade und einem kleinen Stadtwald auf dem Dach, das Menschen hätte in die Innenstadt locken können, wird vertan.

Die Bochumer City ist nicht gerade reich an architektonisch spannenden und bedeutenden Gebäuden. Es sieht so eintönig aus wie in vielen deutschen Innenstädten. Die Architektur der Gebäude ist großenteils beliebig, belanglos und austauschbar. Besonders gestaltete Bauwerke, die die City einmalig machen und aus der Masse der Innenstädte herausheben, fehlen. Einzig das Rathaus, das Kortumhaus und das historische Sparkassengebäude, sowie das alte Modehaus Baltz heben sich von der Masse ab. Dem gegenüber stehen Bausünden, wie das Möbel-Heiland-Gebäude am Südring, die neue Stadtbadgalerie (jetzt Bochumer Fenster) am “Boulevard”, das Einkaufszentrum Drehscheibe an der Kreuzung Kortumstraße/ “Boulevard” sowie das BVZ hinter dem Rathaus.

Geplanter Neubau der Sparkasse wird Innenstadt nicht helfen

Auch das Gebäude der ehemaligen Traditionsgastronomie Uhle, das es in fünf Monaten nicht mehr geben wird, stellt alles andere als eine Schönheit dar. Das nach dem Krieg notdürftig und nur teilweise wieder aufgebaute Gebäude hat eher zum Ruf Bochums beigetragen total verbaut zu sein. Der Abriss stellt städtebaulich keinen Verlust dar.

Ansicht vom Dr,-Ruer-Platz, Erweiterungsbau Sparkasse Dr.-Ruer-Platz,, Foto: Ortner & Ortner Baukunst

Der geplante Neubau passt sich besser in die bestehende Bebauung am Dr.-Ruer-Platz ein, korrigiert die Bausünde des Nachkriegsneubaus der Sparkasse zwischen historischem Sparkassengebäude und heutiger Uhle und wird daher den Platz aufwerten. Er ist allerdings kaum weniger langweilig wie die bestehende Bebauung an dem ohnehin beispiellos trostlos gestalteten zentralen Bochumer Innenstadtplatz. Die leicht gefaltete Fassade vermag den neuen Bau ein wenig von dem belanglosen Durchschnitt der bestehenden Fassaden abheben, mehr aber nicht.

Ansicht von Huestraße – Erweiterungsbau Sparkasse Dr.-Ruer-Platz, Foto: Ortner & Ortner Baukunst,

Eine einmalige Chance wird verpasst

Nicht oft hat eine Stadt die Chance in so zentraler City-Lage ein besonderes Bauwerk zu schaffen um der Innenstadt mehr Charakter zu verleihen und sie mit einem besonders sehenswerten Gebäude aufzuwerten. Am Dr.-Ruer-Platz hat Bochum jetzt diese einmalige Möglichkeit, wird sie aber leider nicht nutzen. Dabei hat die Stadt es über die städtische Sparkasse, die Bauherr ist, sogar selbst in der Hand zu bestimmen, was an Stelle der Uhle, am zentralsten Platz der Innenstadt neu entstehen soll.

Heute stellt sich beim Anblick der vor fast 20 Jahren erbauten Stadtbadgalerie die Frage wie dieses architektonisch misslungene bis belanglose Gebäude 2002 dort entstehen konnte und warum damals nicht die Chance genutzt wurde, dort ein architektonisch visionäres und einzigartiges Gebäudes zu schaffen. Zu befürchten ist, dass man sich in 20 Jahre am Dr.-Ruer-Platz zu dem neuen Sparkassengebäude die gleiche Frage stellen wird.

Attraktionen und Sehenswürdigkeiten locken Menschen und Kunden in die Innenstadt

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Sehenswürdigkeiten. Um die Innenstadt neu zu beleben und von anderen Innenstädten des Ruhrgebiets positiv abzuheben, sollte es Ziel sein jede Gelegenheit zu nutzen besondere Attraktionen zu schaffen (Die STADTGESTALTERStrategie zur Belebung der Bochumer Innenstadt). In diesem Sinne hätte bei der Neubebauung am Dr.-Ruer-Platz das Ziel verfolgt werden sollen, an diesem zentralen Ort ein einzigartiges, visionäres Gebäude zu erbauen, dessen Gestaltung darüber hinaus geeignet ist, die Trostlosigkeit des Platzes aufzubrechen.

Da der Dr.-Ruer-Platz besonders negativ durch die vollständige Abwesenheit von Grün auffällt, wäre eine Möglichkeit gewesen, ein klimagerechtes Gebäude mit einer besonderen Fassaden- und Dachbegrünung zu schaffen. Ein Gebäude mit einer spektakulären gegebenenfalls im Frühjahr sogar blühenden Grünfassade und einem kleinen Stadtwald auf dem Dach, wäre ein besonderes Highlight für die gesamte Innenstadt gewesen (Beispielhafte Fassaden- und Dachbegrünung, Calwer Passage). Dazu hätte die Stadt mit einer solchen Architektur ein Zeichen gesetzt für die angestrebte Vorreiterrolle in Sachen Klima- und Umweltschutz.

Beispiel für Begrünung, Calwer Passage, Foto: Ferdinand Piëch Holding GmbH

Auch mit der von den STADTGESTALTERn für diesen Ort vorgeschlagenen riesigen Virtual-Reality-Box hätte eine einzigartige Attraktion für die Innenstadt geschaffen werden können, die viele Menschen und potentielle Kunden nach Bochum gelockt hätte (Riesige Virtual-Reality-Box auf dem Dr.-Ruer-Platz).

Virtual-Reality-Box

Stadt und Politik fehlen Mut du Weitsicht für visionäre Gebäude

Die nunmehr geplante Bebauung belegt die Einschätzung, Stadt, Oberbürgermeister und Politik fehlt es zu oft an Mut und Weitsicht, wirklich visionäre Dinge zu schaffen, die es so in anderen Städten noch nicht gibt. Es bedarf weniger Aufwand und Mühe Gebäude nach bewährtem Muster in belangloser 08-15-Architektur zu bauen, wie man sie in den Businessdistrikten europäischer Großstädte zu hunderten findet, wegen der aber so gut wie niemand in die Innenstadt kommen wird. Hier passen Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammen. Auf der einen Seite will die Stadt sich als Vorreiterstadt profilieren, präsentiert sich dann aber an so prominenter Stelle in der Innenstadt nur mit langweiliger Durchschnittsarchitektur.

Verwunderlich, dass die Kaufleute der Innenstadt, die mit ihren erfolgreichen Bemühungen zur Einführung einer Gestaltungssatzung deutlich gemacht haben, dass sie die Gestaltung der Innenstadt als zentralen Punkt hinsichtlich Attraktivität der City sehen, sich bisher nicht zu dieser verpassten Chance positioniert haben, obwohl ihr Geschäftserfolg ganz entscheidend von einzigartigen Sehenswürdigkeiten in der Stadt abhängt.

Bochum wird es in wenigen Jahren bereuen, eine einmalige Gelegenheit verpasst zu haben

Der geplante Neubau wird das Stadtbild der Innenstadt nicht verschlechtern, er wird es sogar tendenziell verbessern. Den Ruf der Bochumer City, dass sie so belanglos aussieht wie jede durchschnittliche Innenstadt, wird die geplante banale Bebauung jedoch nicht aufpolieren können, sie wird ihn sogar eher festigen. Das Gebäude hat nicht das Potential zu einer unverwechselbaren Attraktion der City zu werden. Es wird keine Menschen und Kunden aus dem Ruhrgebiet nach Bochum locken können. Mit dem Bau wird kein Zeichen gesetzt, mit dem sich die Bochumer City von den Innenstädten der umliegenden Städte positiv abheben kann. Eine einmalige Chance, die sich in der Innenstadt voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten nicht ein zweites Mal ergeben wird, hat die Stadt leichtfertig vergeben. In wenigen Jahren wird sich die Stadt ärgern, diese Gelegenheit 2021 verpasst zu haben.

16 Mrz

Bürgerbegehren WATwurm startet

Jetzt können die Wattenscheider für den Bau des WATwurms in der Innenstadt unterschreiben (Unterschriftenliste). Das Bürgerbegehren WATwurm hat begonnen.

Seit über 40 Jahren fühlen sich die Wattenscheider von Bochum vernachlässigt und bevormundet. Jetzt können sie zumindest bei einem kleinen Projekt, das die Innenstadt aufwerten soll, mitbestimmen, mitplanen und mitbauen.

Von Bochumer Seite hört man immer wieder, die Wattenscheider meckern viel, beschweren sich ständig, wenn sie dann aber was bekommen und selbst gestalten sollen, dann wollen sie es nicht und verhindern es. Jetzt haben die Wattenscheider die Gelegenheit dieses Vorurteil zu widerlegen.

650.000 Euro stehen für Spielstationen in der Innenstadt bereit, nur ein kleiner Teil davon wird für den WATwurm benötigt

650.000 Euro hat die Stadt Bochum unter dem Titel “Bespielbare Innenstadt” für Spielstationen in der Wattenscheider Innenstadt bereitgestellt. Davon sollen nach Meinung der Initiative WATwurm und der STADTGESTALTER 118.720,70 bis 173.115,16 Euro für den Bau des WATwurms ausgegeben werden. Die Kosten des Projektes sind abhängig von den tatsächlich entstehenden Materialkosten und der Intensität der Bürgerbeteiligung.

Mit dem WATwurm soll in der Innenstadt ein bunter Anziehungspunkt geschaffen werden. Über eine Länge von 150 m soll sich entlang der Fußgängerzone an der Westenfelder Straße ein bunter Mosaikwurm schlängeln, der die Besucher der Innenstadt zum Spielen, Schauen und Verweilen anregt. Der WATwurm ist ein Bürgerbeteiligungsprojekt: Gebaut werden soll der Wurm unter der Anleitung des Künstlers Heinz Krautwurst von Wattenscheider Einwohnern aller Altersgruppen und Bevölkerungsschichten. Jeder Wattenscheider der Lust und Zeit hat, kann mitwirken. Weiterlesen

15 Dez

Drei Ansätze für mehr Bürgerbeteiligung

Zur Aldi-Neueröffnung kommen hunderte, weil es die Bananen 5 Cent billiger als üblich gibt, wenn es um eine Veranstaltung geht, bei denen Bürger die Zukunft ihres Stadtteils mitgestalten können, kommen selten mehr als hundert und die Hälfte der Anwesenden gehören zur Verwaltung oder zu politischen Gruppierungen.

Die Verwaltung bemüht sich mit allen möglichen Formaten die Menschen zur Beteiligung anzuregen, doch wirklich durchschlagenden Erfolg hat sie nicht.

Warum beteiligen sich nur so wenig Bürger?

Das hat zum einen historische Gründe. Es gibt im Ruhrgebiet keine gewachsenen Beteiligungsstrukturen. In Städten, die über Jahrhunderte gewachsen sind, waren die dort lebenden Menschen und Familien über Jahrhunderte an der Entwicklung der Stadt beteiligt, haben diese befördert, darüber mitbestimmt und sich immer eingemischt. Veränderungen in einer Innenstadt waren z.B. in gewachsenen Städten wie Aachen oder Münster nie ohne die Kaufleute möglich, viele Entwicklungen haben die Kaufleute selbst angestoßen.

Im Ruhrgebiet war das anders. Industriebetriebe haben lange bestimmt, wo was gebaut wird, wo gearbeitet wird, wo gewohnt und wo die Verkehrslinien lang führen. Die Menschen, die zum Arbeiten herkamen, waren nie an den Entscheidungen beteiligt. Sie sind es gewöhnt, dass immer jemand anders entscheidet, was auf der Arbeit getan wird, am Wohnort oder im Stadtviertel. Daraus wiederum folgt die Haltung, dass der Arbeitgeber, der Vermieter oder die Politik, dafür zu sorgen haben, dass die Dinge laufen, die Bürger sehen sich daran nicht beteiligt, auch nicht in der Pflicht sich selbst einzubringen oder einzumischen.

Auf der anderen Seite hat auch die Politik sich bis vor kurzem nie in einer gestaltenden Rolle gesehen. Die haben die Unternehmen übernommen oder die Verwaltung. Die Politik hat über Jahrzehnte kaum mehr getan, als das abgenickt, was ihr vorgelegt wurde. Dabei war die Qualität der Stadtplanung häufig unterirdisch, wie man an vielen Orten der Stadt sehen kann. Beispielhaft seien August-Bebel-Platz, Buddenbergplatz oder das in jeder Hinsicht unzureichende ÖPNV-Netz genannt. Weiterlesen