20 Sep.

Bochum 2025 – Beschreibungs- und Zumutungsangst

Im Wahlkampf haben sich weder lokale Politik noch Presse getraut, die Herausforderungen zu beschreiben, vor denen Bochum und das Ruhrgebiet stehen, noch welche Zumutungen bei Lösung der Probleme auf die Menschen in den nächsten Jahren zukommen werden.

Der Kommunalwahlkampf 2025 ist fast vorbei, am 28.9. findet noch die OB-Stichwahl statt. Zeit Bilanz zu ziehen. Wie ist der Wahlkampf in Bochum gelaufen?

Wahlprogramme – Viele Schlagwort und Phrasen, kaum echte Inhalte und Lösungen

Wahlkampf sollte eigentlich ein Wettbewerb der Positionen, Zielen und Ideen sein. Das war er in Bochum leider nicht. Die politischen Gruppierungen verfolgten weitgehend die gleichen Ziele, überall stand in den Wahlprogrammen so oder ähnlich “Bochum soll sicherer werden”, “Die Stadtteile sollen sich wieder positiv entwickeln”, “Es soll mehr für Bildung und Schulen getan werden”, “Der ÖPNV soll besser werden”, „Bochum soll sauberer werden” usw.. Konkrete Ideen und Konzepte, wie diese Ziele erreicht werden sollten, fehlten dagegen weitgehend.

Sofern Maßnahmen vorgeschlagen wurden, waren die selten geeignet, die selbst gesetzten Ziele nur annähernd zu erreichen. Beispiel Bildungspolitik: So wird es einen kaum nennenswerten Effekt auf den Bildungsgrad haben, wenn man die Mittel für das Programm Bildung und Teilhabe erhöht, mehr Familienzentren an den Grundschulen einrichtet und die Schulhöfe netter gestaltet. Um dauerhaft das Bildungsniveau zu erhöhen, wären grundsätzlichere und tiefgreifendere Maßnahmen erforderlich, die insbesondere bei mehr pädagogischem Personal und mehr individueller Lern- und Sprachförderung ansetzen. Auch andere Lernkonzepte, wie klassenübergreifender Unterricht in den Grundschulen wären notwendig. Statt grundlegender Reformen bleibt es in den Wahlprogrammen leider überwiegend bei Aktionismus. Das Angehen von Problemen wird nur vorgetäuscht. Bei näherer Betrachtung, zeigt sich, die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht geeignet ist, die Probleme zu lösen.

Beschreibungs- und Zumutungsangst

Auch wurden die gewaltigen Herausforderungen, vor denen die Stadt in den nächsten Jahren bis Jahrzehnten steht, im Wahlkampf nicht thematisiert (Die acht großen Herausforderungen, denen sich Bochum stellen muss). Die Politik war nicht bereit, den Menschen unmissverständlich zu sagen, welche gravierenden Probleme in der Stadt bestehen und dass sich die Menschen, um diese in den Griff zu bekommen auf grundlegende Veränderungen einstellen müssen. Die Politik hat sich im Wahlkampf nicht getraut, den Menschen zu erklären, dass die Politik ihnen in den nächsten Jahren einiges zumuten wird, damit die Stadt nicht in einen ähnlichen Abwärtsstrudel gerät, wie etwa Gelsenkirchen und Duisburg.

Überwiegend wurde der falsche Eindruck erweckt, dass sich eigentlich nichts grundlegend ändern müsse, da die Stadt auf einem gar nicht so schlechtem Weg sei.

Beschreibungsangst – Lokalpolitik und -presse trauen sich nicht, den Menschen klar zu sagen, wo die Stadt steht. Besonders, dass man nach 65 Jahren immer noch nicht den Strukturwandel bewältigt hat, dass Stadteile drohen sozial zu kippen (u.a. Niedergang Wattenscheid-Mitte), der Stadthaushalt vor dem Kollaps steht (180 Mio. Defizit – Haushaltsnotlage 2.0) und die Stadt auf eine drohende wirtschaftliche Rezession in Deutschland nicht vorbereitet ist. Diese würden Bochum wie das Ruhrgebiet mit einer Härte treffen, die alles in den Schatten stellt, was Bochum seit dem zweiten Weltkrieg erlebt hat.

Die akuten Probleme und die sich damit stellenden Herausforderungen wurden im Wahlkampf nicht schonungslos beschrieben, sondern durchweg verharmlost und schöngeredet.

Die Beschreibungsangst besteht dabei nicht nur bei der Politik, sondern auch bei den lokalen Medien. WAZ-Bochum und Radio Bochum waren während des Wahlkampfs nicht in der Lage die großen Herausforderungen und Probleme der Stadt klar zu benennen und zu analysieren. Entsprechend wurde auch nie die Frage gestellt, wie diese angegangen werden sollen.

Zumutungsangst – Glaubt man den Darstellungen von lokaler Politik und lokaler Presse, kann die nächsten Jahre und Jahrzehnte eigentlich alles so weiterlaufen wie bisher. Die Politik, will den Menschen keine Veränderungen zumuten. Es wird der Eindruck erweckt, den Wandel, der sich weltweit vollzieht, die Verschiebung des globalen Wirtschaftsgewichts hin nach Asien könne man ignorieren und aussitzen. Man müsse sich nicht am Wettbewerb, in dem sich die Metropolen der Welt befinden, beteiligen, der relative Wohlstand des Ruhrgebiets wäre ein Selbstläufer, auf den auf ewige Zeiten ein Anspruch bestünde. Ein fataler Trugschluss.

Ohne entsprechende Wirtschaftskraft wird das Ruhrgebiet weiter verarmen und immer mehr am Tropf von Subventionen und Almosen hängen. Um im Wettbewerb der Städte und Metropolen mithalten zu können, bedarf es tiefgreifender Veränderungen insbesondere bei zeitgemäßer Stadtentwicklung, metropolengerechter Infrastruktur und der Bündelung der Wirtschaftskraft als Metropole Ruhrstadt.

Bisher fehlt der lokalen Politik der Mut und die Bereitschaft, die nötigen Veränderungen den Menschen zuzumuten. Immer noch hängt man der sterbenden Industrie nach, vermittelt den Menschen, mit dem Angebot von ein paar neuen Gewerbeflächen wie Mark 51°7 würden sich die Probleme von selbst erledigen. Dass man sich, um wirtschaftlich mithalten zu können, an den Entwicklungen in den global führenden Metropolen orientieren und ebenfalls als Metropole Ruhrstadt aufstellen muss, will man nicht wahrhaben, auch aus Angst, die Menschen dann von der Notwenigkeit vermeintlich unbequemer Veränderungen überzeugen zu müssen.

Ein solche falsche Vorstellung wird auch bei den Stadtfinanzen vermittelt. Das Thema wurde im Wahlkampf ignoriert. Es wurde so getan, als wäre bei den Stadtfinanzen alles im grünen Bereich. 

Dabei hat die Stadt ohne eine radikale Verwaltungsreform mit dem Ergebnis einer massiven Senkung der Personalkosten keine Zukunft. Liegen die städtischen Ausgaben dauerhaft über den Einnahmen der Stadt und können die erdrückenden Schulden nicht wesentlich abgebaut werden, wird die Stadt handlungsunfähig, sie kann nicht mehr investieren, damit wird jede positive Stadtentwicklung unmöglich.

An einer schmerzhaften Sanierung des Stadthaushalts (Konzept zur Sanierung des Bochumer Stadthaushalts) führt kein Weg vorbei, auch wenn das Geradeziehen der Stadtfinanzen den Menschen einiges abverlangen und zumuten wird. Die Stadt hat nichts zu verschenken. Wirkungslose und überflüssige Subventionen haben keine Existenzberechtigung, auch wenn sich die Menschen daran gewöhnt haben, wie etwa an billiges bis kostenfreies Anwohnerparken.

Im Wahlkampf wurde den Bürgerinnen und Bürgern dagegen der falsche Eindruck vermittelt, es wäre möglich, dass alles so bleibt wie es ist, die Politik könne den Wohlstand erhalten, ohne dass sich für die Menschen wesentlich was ändert. Dieses Versprechen wird die Politik jedoch nicht erfüllen können. Erfolgreiche Großstädte und Metropolen sehen anders aus, sie sind völlig anders organisiert als Bochum oder die Ruhrstadt (Ruhrstadt – Die Metropole, die keine sein will, aber trotzdem eine ist). Will man im Wettbewerb mithalten, muss man sich an den Wettbewerbern orientieren, daran, was die Konkurrenz macht und weshalb sie erfolgreich ist.

Beschreibungs- und Zumutungsangst stärkt Populisten

Sind lokale Politik und Medien nicht bereit, den Menschen unbeschönigt zu erklären, wo Bochum und das Ruhrgebiet stehen, welche Probleme und Risken bei der weiteren Entwicklung bestehen und ihnen nicht erklärt, was an Veränderungen nötig ist, um den Wohlstand zu erhalten, werden sie weiterhin ihre (Wahl-)Versprechungen nicht erfüllen können und treiben damit immer mehr Wähler und Wählerinnen den Populisten in die Arme.

Erforderlich ist, den Menschen unumwunden zu vermitteln, dass Bochum und das Ruhrgebiet vor immensen Herausforderungen stehen, die nur zu bewältigen sind, wenn es zu einschneidenden Veränderungen kommt, die auch mit erheblichen Zumutungen für jeden Einzelnen verbunden sind. Die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt müssen überzeugt werden, dass die für den unvermeidlichen Wandel erforderlichen Maßnahmen unbedingt notwendig sind, um den bestehenden Wohlstand zu sichern, und dass es sich lohnt, sich darauf einzulassen, weil es die eigene Zukunft wie die der Kinder und Enkel im Ruhrgebiet sichert.

Die nächsten Kommunalwahlen finden 2030 statt. Es sind also nur 5 Jahre, in denen Lokalpolitik und -presse ihre Beschreibungs- und Zumutungsangst überwinden können.

07 Sep.

Wirtschaftslage in Bochum und dem Ruhrgebiet verschlechtert sich. Was ist zu tun?

Die Unternehmen schätzen die Wirtschaftslage zunehmend schlechter ein, die Arbeitslosigkeit steigt. Was kann die Stadt tun, um der Entwicklung entgegenzuwirken?

Die Wirtschaftsnachrichten der letzten Tage sind keine guten. Schlaraffia schließt den Standort in Wattenscheid, 171 Schlaraffia-Beschäftigte verlieren ihren Job (WAZ vom 03.09.2025). Die Firma Molex schließt ihre Produktion in Bochum, in Riemke entfallen 160 Stellen (WAZ vom 03.09.2025).

Stimmungstief bei den Unternehmen

Von 2018 ist der IHK-Konjunkturklimaindex für das Ruhrgebiet von 129, bis Frühjahr 2025 stetig auf knapp 93 Punkte gesunken (Ruhrlagebericht Frühjahr 2025). Laut IHK befinde man sich in einem anhaltenden Stimmungstief (Pressemitteilung zum Ruhrlagebericht). In der Folge ist seit 2019 die Arbeitslosigkeit in Bochum, von 8,5 % auf 9,3 % im August 2025 gestiegen. Ohnehin liegt die Quote 1,5-mal höher als die für ganz Deutschland.

Wo sieht die Wirtschaft Handlungsbedarf?

Die Unternehmen sehen beim allgemein Bürokratieabbau, bei der Senkung der Steuerlast und bei der Digitalisierung der Verwaltung deutlichen Verbesserungsbedarf. Weitere wichtige Themen sind Sicherheit und Sauberkeit, Gewerbeflächenmangel, Verkehrsinfrastruktur sowie die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. (Kommunalwahl 2025: Was jetzt in den Städten passieren muss!).

In Bochum wird die Entwicklung der ehemaligen Opelfläche Mark 51°7 gelobt, die allerdings das Ergebnis einer außergewöhnlichen und exorbitanten Wirtschaftsförderung des Landes und Bundes von weit über 100 Mio. Euro ist.

Auch dass die Stadt seit Jahren eine kontinuierliche Zukunftsstrategie verfolgt, wird positiv gesehen. Leider hat sich deren Schwung zuletzt abgeschwächt (Bochum Strategie auf Abwegen).

Vier Themen beschäftigen die Wirtschaft in Bochum besonders:

Stadtverwaltung – Die Verwaltung soll schlanker, schneller und digitaler werden. Beispielhaft werden Verbesserungen beim Baustellenmanagement gefordert.

Diese Ziele werden sich nur mit einer grundlegenden Verwaltungsreform erreichen lassen, wie sie auch die STADTGESTALTER fordern. Mit Hilfe von Benchmarking, also dem Vergleich mit anderen Städten und Gemeinden sollte die Verwaltung zukünftig den Anspruch verfolgen, in allen Bereichen immer zu den schnellsten und effizientesten Verwaltungen in Deutschland zu zählen. (Benchmarking – Wie die Bochumer Verwaltung zum Vorbild für ganz Deutschland werden kann).

Auch die Forcierung der Digitalisierung ermöglicht die Verwaltungsabläufe effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten. In der Folge lassen sich zudem erhebliche Personalkosten einsparen. Digitalisierung und der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), sollten daher auch wesentlicher Baustein eines Konzeptes zur Sanierung des Stadthaushaltes sein. So haben es die STADTGESTALTER im Rahmen der städtischen Haushaltsberatungen Ende 2024 vorschlagen (Konzept zur Sanierung des Bochumer Stadthaushalts).

Beim Baustellenmanagement wird deutlich, dass es hinsichtlich der Arbeitseinstellung bei der Verwaltung in einigen Bereichen einer grundsätzlichen Neuorientierung bedarf. Zukünftig müssen die Bedürfnisse und Belange der Menschen und Unternehmen, die in Bochum ansässig sind, mit Priorität behandelt werden. Bisher liegt der Fokus der Verwaltung immer noch viel zu oft zuallererst darauf, selbst möglichst wenig Arbeit zu haben. (Baustellenorganisation: Stadt verhält sich provokant wie respektlos).

Gewerbesteuer – Diese zählt in Bochum zu den höchsten in ganz Deutschland. Die Forderung nach einer Senkung ist also durchaus berechtigt. Die populistischen Versprechungen mancher Parteien, hier zu liefern, ohne einen Gegenfinanzierungsvorschlag zu machen, sind allerdings weder seriös noch glaubhaft.

Werden Steuern gesenkt, fehlen der Stadt Einnahmen, diese müssen anderswo durch weniger Ausgaben oder eine Zunahme von Einnahmen kompensiert werden. Eine Senkung der Gewerbesteuer wird, solange die Ausgaben der Stadt weit über den Einnahmen liegen, nicht möglich sein. Im Haushalt 2025/26 liegt das Defizit der Stadt Bochum bei sagenhaften 200 Mio. Euro.

Ohne eine Sanierung des Stadthaushalts wie sie die STADTGESTALTER vorschlagen, bleiben Steuersenkungen eine Utopie (Konzept zur Sanierung des Bochumer Stadthaushalts).

Eine Sanierung des Haushaltes geht mit einer Verschlankung der Verwaltung und einer mittelfristigen Senkung der Gewerbesteuer einher, die die Stadt attraktiver für Unternehmen macht und wiederum Steuermehreinnahmen zur Folge hat.

Die Idee der Wirtschaft, die “Steuerlast für Neugründer senken, um die Möglichkeit der Gründung ohne Fremdkapital zu ermöglichen,” ist charmant, aber leider für die Stadt aus rechtlichen Gründen (§ 16 (4) GewStG) nicht umsetzbar.

Innenstadtentwicklung – Die „Aufenthaltsqualität in der Stadt ist relevanter Faktor für Arbeitskräftegewinnung“, sagen die Bochumer Unternehmer und Unternehmerinnen. Leider haben sie dafür lange Jahrzehnte selbst viel zu wenig getan.

Das Geld floss entsprechend auch der Forderung der Geschäftsleute in Parkhäuser statt in attraktive Stadtgestaltung, ein vorzeigbares Stadtbild und hohe Aufenthaltsqualität (Innenstadt: Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung).

Um die Innenstadt wiederzubeleben, sind drei Punkte entscheidend (Strategie zur Bochumer Innenstadt):

1. Die Innenstadt muss auch zu Fuß, mit dem Rad und dem ÖPNV sehr gut erreichbar sein. Bisher ist sie das nur mit dem Auto und eingeschränkt mit Bus und Bahn.

2. Die Innenstadt muss mehr Aufenthaltsqualität, Flair und Ambiente bieten. Das bedeutet insbesondere schöne Plätze, auf denen sich Menschen gerne aufhalten, aber auch Spielflächen, nette Freisitze und andere attraktive Aufenthaltsorte.

3. Die City sollte sich mit unverwechselbaren Highlights von Innenstädten anderer Städte abheben. Solche besonderen Attraktionen sind z.B. die geplante Markthalle, ein Dachpark oder eine Seilbahn.

In der Folge muss in der Innenstadt, wie von der Wirtschaft gefordert, auch mehr für die Sicherheit und Sauberkeit getan werden.

Auch das vorgeschlagene Verkehrskonzept für die City kann ein wichtiger Baustein sein. Dabei muss allerdings auch die Frage gestellt werden, ob ein 4-spuriger Innenstadtring ohne Radwege und ohne gute Fußwegquerungen modernen Verkehrsstandards noch gerecht wird. Teil eines solchen Verkehrskonzeptes sollte auch eine Machbarkeitsstudie sein, ob und wie der Verkehr auf dem Ring besser organisiert werden kann, z.B. wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen mit einer Einbahnstraßenlösung (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße). Stur und ideologisch verblendet an vier Spuren festhalten zu wollen, ist nicht mehr zeitgemäß.

Handwerk, Start-ups und Gründungen – Als weiteres Ergebnis der IHK-Umfrage zur Kommunalwahl sollte die Stadt Bochum künftig vor allem die Bereiche Handwerk, Start-ups und Gründungen sowie produzierendes Gewerbe gezielt fördern (Kommunalwahl 2025: Was jetzt in den Städten passieren muss!).

So beklagen die Handwerker z.B., dass sie bei innerstädtischen Baustellen wegen des übermäßigen Autoverkehrs in der Stadt immer weniger Stellplätze für ihre Fahrzeuge finden. Das zeigt, der Autoverkehr in Bochum muss auf ein stadtverträgliches Maß reduziert werden (In welchem Ausmaß ist Autoverkehr stadtverträglich?), eine Lösung sind aber auch die von den STADTGESTLATERn vorgeschlagenen Handwerkerparkplätze (STADTGESTALTER wollen Handwerker-Parkplätze).

Zur Förderung des Handwerks legten die STADTGESTALTER bereits 2022 ein Konzept für einen Startup-Campus für das Handwerk auf dem Gelände der Zeche Holland vor (Zeche Holland: Idealer Ort für grünen Startup-Campus für das Handwerk). Für Gründer und Start-ups schlugen die STADTGESTALTER schon 2017 einen innenstadtnahmen Campus auf dem Gelände des City-Tors-Süd („Starterboxen“ für Start-ups und Gründer) vor. Die Idee ist immer noch aktuell, das Gelände steht auch acht Jahre später noch leer.

Dringender Handlungsbedarf in zwei weiteren Bereichen

Die STADTGESTALTER sehen außer bei den von den Unternehmen und Unternehmerinnen genannten Feldern noch in zwei anderen Bereichen vordringlichen Handlungsbedarf.

Fachkräfte – Die Stadt und das Ruhrgebiet müssen deutlich attraktiver werden für Fachkräfte (Warum wollen viele Hochqualifizierte nicht im Ruhrgebiet leben und arbeiten?). Zwar hat sich in Sachen Hochschullandschaft und Wirtschaftsförderung zur Ansiedlung von Zukunftsunternehmen viel Positives getan, jedoch fehlt es Im Ruhrgebiet weiterhin an Lebensqualität, um insbesondere hochqualifizierte Fachkräfte für zukunftsträchtige Branchen anzuziehen. Immer noch ziehen Menschen nach ihrem Abschluss in Bochum aus dem Ruhrgebiet weg, weil sie Arbeitsstellen in anderen Großstädten vorziehen.

Die Großstädte des Ruhrgebiets stehen bei der Anwerbung von Fachkräften im Wettbewerb mit Städten mindestens europaweit. Der Anspruch muss also sein, in Sachen Stadtentwicklung zu den Vorreitern in Europa zu gehören. Damit erst ändert sich das Image der Stadt. Mut zur Innovation und der Wille zur Veränderung müssen der aktuell immer noch zu beobachtenden Zögerlichkeit bei der Stadtentwicklung weichen. Nicht erst die Dinge bei uns in der Stadt umsetzen, wenn alle anderen Städte sie schon haben, sondern innovative Lösungen schon dann in der Stadt realisieren, wenn noch kaum eine andere Stadt sie hat, sollte der Anspruch sein. Soll in der Stadt etwas neu gebaut oder umgestaltet werden, dann sollte nach der Lösung gesucht werden, die noch einen Grad innovativer ist als die Lösungen, die man in anderen Städten vorfindet. Eine Stadt, die die bestqualifiziertesten Menschen des Landes gewinnen will und die innovativsten Unternehmen, sollte selbstbewusst an sich den Anspruch stellen, das Ziel zu verfolgen mittelfristig zur Avantgarde der europäischen Städte gezählt zu werden.

Ruhrstadt – Vorrangiges Ziel auch der Wirtschaft sollt es sein, aus den 15 Stadtgemeinden des Ruhrgebiets die Metropole Ruhrstadt zu schmieden (Was wäre, wenn? – Gäbe es die Ruhrstadt schon). Die Stadtmetropolen der Welt bestimmen heutzutage die Wirtschaftsentwicklung auf dem Planeten. Nur als Ruhrstadt können die Großstädte des Ruhrgebiets in diesem Wettbewerb erfolgreich mithalten.

Die Ruhrstadt würde sich durch eine zentrale Wirtschaftsförderung und Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft auszeichnen. Es gäbe für Unternehmen statt 15 teilweise miteinander konkurrierenden städtischen Entwicklungsgesellschaften plus die des Regionalverbands Ruhr (RVR) nur eine, mit Zweigestellen in allen 15 Stadtgemeinden. Ein Unternehmen, das in der Ruhrstadt investieren will, müsste nur einmal anfragen und würde schnell und zielgerichtet bedient, es müsste sich nicht erst bei dutzenden Gesellschaften und Einrichtungen der verschiedenen Städte durchfragen, um einen optimalen Standort zu finden. Das würde jede Unternehmensansiedlung entscheidend erleichtern. Die Ruhrstadt würde auch solche Unternehmen gewinnen, die es ablehnen, sich die unnötig verkomplizierte Bürokratie von 15 konkurrierender Stadtgemeinden zuzüglich RVR anzutun.

Als viertgrößte Stadtmetropole Europas würde die Ruhrstadt zudem ganz anders wahrgenommen. Gerade für große Unternehmen kommt oft nur eine Ansiedlung in Metropolen, mit vielen Menschen und entsprechenden Potentialen an Beschäftigten und Kunden in Frage. 30 Jahre nach ihrer Gründung könnte die Ruhrstadt heute in der Liga der europäischen Metropolen mit Berlin, Paris, Madrid oder London eine entscheidende Rolle mitspielen, würde sich gegenüber den deutlich kleineren Großstädten jedenfalls deutlich abheben.

Viel Entwicklungspotential

In Sachen Wirtschaft gibt es in Bochum also noch erhebliches Entwicklungspotential. Wichtig ist allerdings, dass die Politik nicht nur kurzfristig handelt, sondern langfristige Konzepte entwickelt und diese konsequent umsetzt. Dabei sind die Stadtfinanzen im Blick zu halten. Kollabiert der Stadthaushalt, weil die städtischen Ausgaben die Einnahmen massiv und dauerhaft überschreiten, führt das zwangsläufig zu einem erheblichen Anstieg der kommunalen Abgaben und Steuern, einem Einbruch bei den Investitionen in die städtische Infrastruktur und einem Rückgang von Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung.

Auch bei den Unternehmern und Unternehmerinnen ist in einigen Bereichen ein Umdenken erforderlich. Dies gilt besonders hinsichtlich der Entwicklung der Innenstadt und beim Verkehr.

Um langfristig den Wirtschaftsstandort zu stärken und voran zu bringen, ist zudem eine Verlagerung des Fokus erforderlich. Das mit Abstand größte Potential für eine dauerhaft positive Wirtschaftsentwicklung im Ruhrgebiet hat die Schaffung der Wirtschaftsmetropole Ruhrstadt. Hier müssen die IHKs des Ruhrgebiets klare Forderungen an die Politik stellen und unerbittlich die Überwindung des Kirchturmdenkens einfordern.

27 Juli

World University Games zeigen, Ruhrgebiet kann sich Olympiabewerbung sparen

Die großartige Stimmung an den Wettkampfstätten reicht nicht. Die Word University Games, legen die gravierenden Mängel und Defizite bei Infrastruktur, Stadtentwicklung und Organisationsfähigkeit des Ruhrgebiets gnadenlos offen. Im Wettbewerb der Austragungsorte um Olympia hat das Ruhrgebiet leider keine Chance.

Ob 3×3 Basketball an der Jahrhunderthalle oder Leichtathletik im Lohrheidestadion, die Olympiade der Universitäten (FISU World University Games) brachte eine tolle Atmosphäre nach Bochum und viele Gäste, Athleten und Volunteers aus der ganzen Welt. Doch leider nur in die Sportstätten – die beeindruckende Stimmung übertrug sich nicht auf die Stadt.

Chance vertan

Viele Menschen in Bochum und dem Ruhrgebiet wissen bzw. wussten gar nicht, dass das nach den Olympischen und Paralympischen Spielen drittgrößte Multisportevent der Welt bis heute noch im Ruhrgebiet stattfindet. Denn wirklich gut vorbereitet waren Stadt und Ruhrgebiet auf die Spiele nicht.

Wieder, wie schon bei der EM 2024 (Bochum vergibt Riesenchance – BOGESTRA blamiert Ruhrstadt), ließ man die große Chance, Bochum und das Ruhrgebiet als Hotspot Europas zu präsentieren, weitgehend ungenutzt. Kein Empfang der Delegationen aus aller Welt im Rathaus, kein Public Viewing in der Stadt, keine Information der Athleten und Volunteers, was man in Bochum alles neben dem Sport erleben kann. Die Berichterstattung im Vorfeld war dürftig. Informationen zu den Spielen gab es in der Stadt viel zu wenige, nur das Rahmenprogramm an den Wettkampfstätten konnte überzeugen.

3×3 Basketball in der Jahrhunderthalle

Statt 3×3 Basketball im Vorfeld der Spiele mitten in der Stadt zu präsentieren, fand das Turnier der lokalen 3×3 Basketballmannschaften Ende Juni im Vorfeld der Universiade auf dem trostlosen Buddenbergplatz hinter dem Hauptbahnhof statt. Zuschauer und Zuschauerinnen gab es entsprechend wenige. Die Chance, auf Bochum als Veranstaltungsort der Universiade hinzuweisen, wurde leichtfertig vertan.

Das Programm der Ruhr Games rund um die Jahrhunderthalle, wo die 3×3 Wettbewerbe stattfanden, war hingegen exzellent. Allerdings zeigte sich, dass viele eher zufällig den Weg in den Westpark fanden und erst dort feststellten, dass die Halle Wettkampfstätte der World University Games ist.

Die Jahrhunderthalle überzeugte als idealer Austragungsort für ein 3×3 Basketball-Event. Findet 3×3 sonst im Freien statt, war die Atmosphäre in der Halle noch intensiver. Sichtbar genossen Spielerinnen und Spieler sowie die 3×3-Begeisterten diese einmalige Stimmung. Auch ohne Olympiade sollte die Stadt unbedingt versuchen, ein solches Turnier für die Zukunft in der Jahrhunderthalle zu etablieren.

Für ein olympisches 3×3-Basketballturnier dagegen wäre die Halle zu klein. Schade, denn mit diesem einmaligen Austragungsort könnte man sicher bei einer Olympiabewerbung punkten.

Leichtathletik im Lohrheidestadion

Auch bei den Leichtathletik-Wettbewerben im Lohrheidestadion war die Stimmung großartig. Trotzdem das Stadion, anders als es die Stadt erwartet hatte, nie ausverkauft, aber von Freitag bis Sonntag zumindest ganz ordentlich gefüllt war.

ÖPNV – Aber bereits vor dem Stadion erlebten Zuschauerinnen und Zuschauer ebenso wie die Delegationen aus aller Welt, die Rückständigkeit des Ruhrgebiets bei der städtischen Infrastruktur. Mit dem Beginn der Wettkämpfe wurde die Haltestelle am Lohrheidestadion aufgehoben, der Bus (Haltestellenausfall Linie 365) konnte sie entgegen der Informationen auf der Seite der FISU (Anreise Lohrheidestadion) nicht mehr anfahren.

Vor dem Stadion auf der Lohrheidestraße wurde zugunsten des Autoverkehrs die Verkehrsführung geändert. Entlang der Straße wurden Parkstreifen eingerichtet, halb auf der Straße, halb auf dem Gehweg. Gleichwohl kam es zum üblichen Parkchaos (WAZ vom 25.07.25). Der Stadtrat hatte es im Vorfeld, wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen (Antrag 20222618), abgelehnt, für das Lohrheidestadion ein Parkkonzept zu erarbeiten. Das Chaos war vorhersehbar. Die Politik meinte das Problem durch Ignorieren lösen zu können.

Immerhin, zwischen Bochum und Gelsenkirchen Hauptbahnhof gab es mehr Straßenbahnfahrten. Eine Ansage oder Anzeige der Stadion-Haltestellen (Lohrheidestraße, Watermanns Weg) mit Hinweis auf den Veranstaltungsort der Spiele hielt man bei der BOGESTRA allerdings nicht für nötig, weder auf deutsch noch auf englisch. Eine Beschilderung des Weges von den Haltestellen zum Stadion gab es ebenfalls nicht. Wieder zeigte sich, kundenorientiertes Denken und Handeln gehört nicht zu den Kernkompetenzen der BOGESTRA.

Auch sonst präsentierten sich Bus und Bahn im Ruhrgebiet gewohnt unattraktiv, unzuverlässig und langsam. Entsprechend negativ nahmen die internationalen Gäste den ÖPNV wahr. Realistisch betrachtet, kommt das Lohrheidestadion schon aufgrund seiner schlechten öffentlichen Verkehrsanbindung nicht als Austragungsort für Olympia in Frage.

Catering – Doch in Wattenscheid ergaben sich weitere Probleme. Das Catering für die Zuschauer und Zuschauerinnen war eine Katastrophe. Von Montag bis Freitag gab es zunächst nur einen, später zwei Verkaufsstände für Essen und Getränke. Die Schlange war entsprechend lang, die Verpflegung zeitraubend. Teilweise fehlte es an Essen. Kartenzahlung war nicht möglich (WDR 25.07.2025). Stadt und Stadion präsentierten sich provinziell.

Dass von der Stadt mit dem Catering beauftragte Unternehmen war überfordert. Im Vorfeld der Spiele hatte sich die Stadt nicht mit den Anforderungen an das Stadioncatering beschäftigt und kein Unternehmen beauftragt, das sich mit internationalen Großveranstaltungen auskennt. Die auch in der Bochumer Politik immer wieder mit Stolz vertretene Haltung, was interessiert uns, wie Dinge weltweit gehandhabt werden, wir machen es so, wie wir meinen, rächte sich. Bei den Gästen aus aller Welt blieb hängen, internationales Niveau in Sachen Stadionverpflegung kann man im Ruhrgebiet nicht erwarten.

Wenig vorzeigbare Stadtteile

Als problematisch erwies sich im Lohrheidestadion zudem die Frage von Delegationen, Athleten und Offiziellen, was man in der Nähe des Stadions außerhalb der Wettkämpfe denn unternehmen könne. Nach der Empfehlung die Halde Rheinelbe zu besteigen oder zum Holland-Turm mit gutem Rahmenprogramm zu laufen, gab es nichts, was man wirklich empfehlen konnte.

Einen Stadtbummel durch die Innenstadt Wattenscheid oder einen Ausflug nach Ückendorf anzuregen, war den ortskundigen Volunteers zu peinlich, andere Attraktivitäten aufgrund der schlechten ÖPNV-Anbindung des Stadions kaum machbar. Während in anderen Städten und möglichen Austragungsorten von olympischen Spielen die Menschen mit großem Stolz in die verschiedenen Teile der Stadt geschickt werden, versucht man im Ruhrgebiet aufgrund der massiven Versäumnisse bei der Stadtentwicklung, bestimmte Teile der Städte Besuchern und Besucherinnen vorzuenthalten, um sich bei den Gästen nicht zu blamieren.

Die Vorzeigbarkeit der Austragungsorte ist bei Olympiabewerbungen ein entscheidender Faktor. Die Bewerbung um die olympischen Spiele 2032 hat das Ruhrgebiet besondere wegen dieses Kriteriums verloren. Wer mal in Brisbane war, sieht dort sofort, warum man die Spiele ohne tiefergehende Betrachtung der Bewerbungen nach Australien und nicht ins Ruhrgebiet vergeben wurden. Das Ruhrgebiet mit seinen erheblichen Defiziten bei Stadtgestaltung und Stadtbild kann international nicht mithalten. Es rächt sich, dass die Ruhrgebietspolitik in ihrem provinziellem Kirchturmdenken nie bereit war, über den Tellerrand zu schauen und sich daran ein Vorbild zu nehmen, was in Metropolen weltweit lange üblich ist.

Die Düsseldorf-Blamage

Bis zu 225 Mio. Euro hat die Austragung der World University Games Bund und Land gekostet, ursprünglich sollten es 160 Mio. sein (Das deutsche Mini-Olympia und der Umgang mit den Millionen). Doch wie so oft im Ruhrgebiet explodierten die Kosten. Um die Kostensteigerung im Rahmen zu halten, war Düsseldorf anders als die anderen Austragungsorte nicht bereit auf eine Kostenerstattung für die städtischen Sportstätten zu verzichten. Also wurden die Wettbewerbe dort gestrichen und Schwimmen, Volleyball wie Wasserspringen kurzerhand nach Berlin verlegt. Aus den „Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games“ wurden eigentlich die „Berlin-Ruhr 2025 FISU World University Games“. Diese organisatorische Blamage wird sich nahhaltig negativ auf eine Olympiabewerbung auswirken.

Es fragt sich, wenn schon eine gemeinsame Organisation der Universitäts-Spiele nicht funktioniert, warum sollte sich das Ruhrgebiet gemeinsam mit Düsseldorf und Köln für Olympia bewerben?

Wenn Olympiabewerbung, dann ohne Köln und Düsseldorf

Damit sich Geist und Atmosphäre der Spiele auf die Stadtgemeinden der Ruhrstadt überträgt, sollte der Raum, in dem die wichtigsten Wettbewerbe ausgetragen werden, möglichst klein gewählt werden. Paris hat da Maßstäbe gesetzt. Die einzigartige Stimmung der olympischen Spiele 2024 entstand, weil ein Großteil der Wettkämpfe in der Cité von Paris stattfand, die von der Fläche sogar etwas kleiner als das Stadtgebiet von Bochum ist. Eine Olympiabewerbung sollte sich also auf die Ruhrstadt beschränken. Will die Metropole des Ruhrgebiets sich weltweit präsentieren, sollte sie auch als solche, als Ruhrstadt, ein Zeichen setzen.

Eine Bewerbung, bei der Bochum, die Stadt, die im Herzen des Ruhrgebiets liegt, den umstrittenen Modernen Fünfkampf ausrichtet und ein paar Vorrundenspiele des olympischen Fußballturniers (Austragungsorte Olympiabewerbung Rhein-Ruhr), hat für Bochum keinen echten Nutzen.

Für eine erfolgreiche Olympiabewerbung fehlen die Voraussetzungen

Sportbegeisterte Menschen und eine einzigartige Gastfreundschaft reichen für eine Olympiabewerbung leider nicht aus. In Sachen Infrastruktur, Stadtgestaltung und Stadtbild sind Ruhrgebiet und Ruhrstadt bisher nicht konkurrenzfähig zu anderen Olympiabewerbern. Auch in Sachen Vermarktung und Organisation kann man, wie die World University Games gezeigt haben, die Anforderungen nicht erfüllen.

Will man international mithalten, hätte man sich bei Stadtentwicklung und Infrastruktur die letzten Jahrzehnte daran orientieren müssen, was international Standard ist. Das will die Politik aber bis heute nicht. Im Ergebnis kann man gegen die internationale Konkurrenz aktuell nicht bestehen. Der Rückstand ist zu groß.

Eine Olympiabewerbung zusammen mit Düsseldorf und Köln überdehnt den Raum, in dem die Spiele stattfinden und wirkt negativ auf die olympische Atmosphäre und Stimmung. Um für ein paar untergeordnete Sportevents Austragungsort zu sein, lohnt sich für Bochum eine Bewerbung ohnehin nicht.

Für eine gemeinsame, erfolgversprechende Bewerbung müssten die Stadtgemeinden der Ruhrstadt also zunächst die Voraussetzungen schaffen. Das bedeutet, sich international auszurichten, also zu schauen, was weltweit in Sachen Infrastruktur und Stadtgestaltung üblich ist, wie sich erfolgreiche Metropolen präsentieren, was diese ausmacht und welche Dinge zu tun sind, um zu diesen aufzuschließen zu können. Erst wenn sich die Metropole Ruhrstadt in Sachen Stadtentwicklung und Infrastruktur auf ähnlichem Niveau wie die Konkurrenz befindet, sollte man über eine Olympiabewerbung erneut nachdenken.

13 Juli

Die acht großen Herausforderungen, denen sich Bochum stellen muss

Wie sich Bochum entwickelt, ob es bergauf oder bergab geht, hängt davon ab, wie gut Politik und Verwaltung arbeiten. Die Stadt steht vor acht Herausforderungen. Wie bekommt sie diese bewältigt? Wie weit ist sie dabei?

Seit 65 Jahren befinden sich Bochum und das Ruhrgebiet im Strukturwandel. Trotz einiger Fortschritte schrumpft die Stadt weiter (- 7.998 Menschen, Zensus 2011 bis 2022) und tut sich mit Unternehmensansiedlungen schwer. Die Großstädte des Ruhrgebiets (Ruhrstadt), können mit den prosperierenden Metropolen und Großstädten Deutschlands, Europas und der Welt weiterhin nicht mithalten.

Während fast alle europäischen Stadtagglomerationen den Wandel von Industriestädten zu erfolgreichen Dienstleistungs- und Wirtschaftsmetropolen vollzogen haben, kämpfen die 15 Städte der Ruhrstadt immer noch mit den Folgen der Deindustrialisierung und schaffen es nicht, sich zu einem pulsierenden urbanen Wirtschaftszentrum Europas zu entwickeln. Während Metropolen weltweit zu den Motoren der Weltwirtschaft geworden sind, bleibt die Ruhrstadt unterentwickelt und hängt weiter am Subventionstropf von Land und Bund.

Warum sind die Großstädte und Metropolen außerhalb des Ruhrgebiets weiter? Welchen großen Herausforderungen sehen sich Bochum und die Ruhrstadt gegenüber? Wo steht Bochum bei der Bewältigung? Was wurde in den letzten 5 Jahren geschafft und was ist noch zu tun?

Bochum steht wie alle 15 Stadtgemeinden der Ruhrstadt vor acht großen Herausforderungen:

Stadtfinanzen – Beseitigung der bedrohlichen finanziellen Schieflage der Stadt – Ziel mehr Investitionen und finanzielle Handlungsfreiheit

Aktuelle Situation: Im Haushalt 2025/26 gibt die Stadt 201 Mio. Euro insgesamt mehr aus als sie einnimmt. Die städtischen Schulden liegen bei 2 Mrd. Euro. Die Kämmerin rechnet 2029 mit 71 Mio. Euro Ausgaben allein für Schuldzinsen. Die städtischen Finanzrücklagen sind aufgebraucht.

Entwicklung: Die Kämmerin rechnet damit, dass auch in den nächsten Jahren der Haushalt nicht ausgeglichen werden kann und das Defizit im Haushalt durch weitere Schulden gedeckt werden muss (Konzept zur Sanierung des Bochumer Stadthaushalts).

War die Haushaltslage 2020 schlecht, hat sie sich bis heute weiter verschlechtert, Bochum droht ein Haushaltsnotstand. Die Stadt hat keine finanziellen Spielräume mehr für Investitionen, die erforderlich sind, um eine moderne Stadtentwicklung voranzutreiben. Die Einnahmen reichen nicht, um die laufenden Ausgaben zu decken.

Lösungsansätze: Konzepte, wie der Haushaltsnotstand abgewendet werden soll, hat die Politik bisher keine vorgelegt.

Fazit und Ausblick: Die finanziellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Stadtentwicklung fehlen. Die Politik ignoriert das Problem. Lösungsansätze sind keine vorhanden. Die Lage wird sich weiter verschlechtern.

Infrastruktur – Herstellung einer metropolengerechten und in europäischen Großstädten üblichen Infrastruktur – Ziel: Eine Stadt, die Menschen und Unternehmen anzieht

Aktuelle Situation: Im Vergleich zu Großstädten und Metropolen europa- wie weltweit fehlt Bochum wie der Ruhrstadt eine metropolengerechte Infrastruktur. Diese ist nur beim Autoverkehr vorhanden. Werden in Metropolen 20% und mehr Wege mit dem ÖPNV zurückgelegt, sind es in Bochum nur 13,3 %. Wird in Metropolen wie Paris, London, Tokio oder Shanghai, mehr Rad als Auto gefahren, dominiert in der Ruhrstadt weiterhin der Kfz-Verkehr alles.

Die Infrastruktur zeigt sich rückständig und unterentwickelt. Der Autoverkehr wirkt sich stark negativ auf die Lebensqualität aus.

Entwicklung: Maßnahmen, um die Situation zu ändern oder einen Plan wie man das erreichen will, was in Metropolen heutzutage üblich ist, gibt es nicht. Investieren prosperierende Großstädte in mehr Straßenbahnlinien und erheblich längere Züge (Renaissance der Straßenbahnen), um mehr Menschen zu transportieren, geht diese Entwicklung an Bochum völlig vorbei. Der ÖPNV verliert beständigbweiter Fahrgäste. Wurden 2014 noch 15,8 % der Wege in Bochum mit Bus und Bahn zurückgelegt, sind es heute nur noch 13,3 %.

Lösungsansätze: Projekte wie der RRX sind unambitioniert und bleiben, wenn sie nach Jahrzehnten endlich umgesetzt sind, weit hinter dem zurück, was anderswo lange Standard ist. Fahren zentrale Linien des ÖPNV weltweit im 5 Minuten-Takt, soll mit dem RRX nur ein 20-Minuten-Takt erreicht werden.

Fazit und Ausblick: Die Politik erkennt den dringenden Handlungsbedarf nicht. Während in den Großstädten und Metropolen der Welt massiv in Infrastruktur investiert wird, geschieht in Bochum und der Ruhrstadt wenig bis nichts. Der Rückstand zu dem, was üblich ist, wird also immer größer.

Stadtentwicklung – Wiederbelebung der Stadtteilzentren und Innenstädte – Ziel: Höhere Lebensqualität und Attraktivität

Aktuelle Situation: Viele Bochumer Stadtteilzentren sowie die beiden Innenstädte (Bochum und Wattenscheid) befinden sich in einem bedenklichen Zustand. Viele Stadtteilzentren weisen schwere Defizite bei der Stadtgestaltung auf, das Nahversorgungsangebot ist unzureichend, ein Supermarkt fehlt, die Aufenthaltsqualität ist gering.

Entwicklung: In wenigen Stadtvierteln z.B. Kortländer, Ehrenfeld ist ein leichter Aufwärtstrend zu spüren, die allermeisten entwickeln sich weiterhin negativ: Wattenscheid, Bochum-Innenstadt, Hofstede, Riemke, Gerthe, Hamme, Werne, Leithe, Kornharpen u.a..

Lösungsansätze: Lange redete die Politik sich die Lage in den Stadtteilen schön. Politische Fehlentscheidungen, wie der Ausbau der Herner Straße in Riemke oder die Auslagerung der Supermärkte in das Gewerbegebiet waren wesentliche Ursachen des Niedergangs der Stadtteilzentren. Nur in besonders schweren Fällen wurden oft nur mäßig erfolgreiche Integrierte Stadtentwicklungskonzepte (ISEK) auf den Weg gebracht.

Immerhin kam es 2024 zu der von den STADTGESTALTERn schon lange geforderten Bestandaufnahme über den Zustands der Bochumer Stadtteilzentren (Zentren neu denken). Erstmals wurde der massive und dringende Handlungsbedarf sichtbar.

Das ebenfalls von den STADTGESTALTERn geforderten Stadtteilentwicklungskonzepte (Stadtpolitische Herausforderungen in Bochum 2020 bis 2025), in denen die Maßnahmen festgelegt werden sollten, wie die aufgezeigten Mängel systematisch Stadtteil für Stadtteil behoben werden sollen, gibt es jedoch bis heute nicht.

Fazit und Ausblick: Es wird einiges getan, damit sich der Zustand der Stadtteilzentren verbessert. Doch es ist nicht genug. Der Niedergang der Stadtteilzentren schreitet vielerorts schneller voran, als mit Maßnahmen neue Strukturen geschaffen werden können. Zudem geht die Stadt nicht systematisch vor und treibt die Entwicklung der Stadtteile und Stadtteilzentren nicht auf Dauer und nachhaltig voran. Maßnahmen werden nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet. Häufig verdampfen sie ohne große Wirkung wie Tropfen bei großer Hitze.

Klimakrise – Erreichung der Klimaneutralität – Ziel: Die Stadt für zukünftige Generationen lebenswert erhalten

Aktuelle Situation: Rund 2.000 kt CO2eq/a wurden in Bochum pro Jahr 2021 erzeugt. Daran hat sich in den letzten 4 Jahren aufgrund nur weniger substanzieller Aktivitäten in Sachen Klimaschutz kaum etwas geändert.

Entwicklung: Während im Bereich Wirtschaft, aufgrund des Rückgangs von Industrie eine Treibhausgasminderung zu verzeichnen ist, ist sie bei der Energieerzeugung minimal. Die Stadtwerke kaufen zwar vermehr grünen Strom ein oder labeln ihn mittels Greenwashing (Greenwashing Stadtwerke) um. Der Anteil an selbst aus erneuerbaren Quellen erzeugter Energie (Wärme und Strom) bleibt aber gering. Im Verkehrsbereich ist überhaupt keine Einsparung von Treibhausgasen zu verzeichnen (Klimaneutral 2035? Bochum kann das Ziel nicht erreichen). .

Lösungsansätze: Die Politik hat 2019 den Klimanotstand ausgerufen, 2023 ein Nachhaltigkeitskonzept verabschiedet. Ziel ist, die Stadt soll 2035 klimaneutral sein. Die davon ausgehenden Maßnahmen sind nicht im Ansatz geeignet, die Treibhausgase im erforderlichen Maße zu senken. Sie dienen allein dem Zweck Aktivität vorzutäuschen (Stadt will mit „Stadtradeln“ und Foodsharing Klimaneutralität erreichen).

Fazit und Ausblick: Das Ziel bis 2035 Klimaneutralität zu sein, ist nicht mehr erreichbar (Bochum: Vor 11 Jahren bei der Energiewende weiter als heute). Der Politische Wille, das Ziel zu erreichen und die dafür notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen, ist nicht vorhanden (Klimaneutral 2035? Bochum kann das Ziel nicht erreichen). Was an Maßnahmen dazu notwendig gewesen wäre, wurde weder beschlossen noch umgesetzt.

Bildung/ Schulen – Schaffung einer zukunftsfähigen Schul- und Bildungslandschaft – Ziel: Mehr Zukunftsperspektiven und weniger Armut

Aktuelle Situation: In 6 von 30 Ortsteilen erhalten mehr als 50% der Grundschüler nur eine Hauptschul- oder eine eingeschränkte Realschulempfehlung. Immer noch gibt es in Bochum zwei Hauptschulen, obwohl klar ist, dass ein Hauptschulabschluss heute kaum mehr ausreicht, um einen Beruf zu erlangen, mit dem sich ein ausreichendes Einkommen erzielen lässt.

Immer noch weisen viele Schulen einen massiven Sanierungsstau auf und sind unzureichend ausgebaut. Provisorisch versucht die Stadt die Probleme mit Containern zu lösen (48 Klassen in Containern – Bochumer Schulpolitik an neuem Tiefpunkt)

Entwicklung: Die Arbeitslosen- und Unterbeschäftigtenquote sowie die Zahl von jenen, die auf Transferleistungen (Bürgergeld, Grundsicherung, Wohngeld u.a.) angewiesen sind, nehmen in Bochum wieder zu. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen verharrt auf hohem Niveau. Während Menschen mit guten und hohen beruflichen Qualifikationen gesucht werden, finden die ohne Schul- oder Berufsabschluss kaum mehr einen Job. Die Schul- und Bildungslandschaft in Bochum ist zu oft nicht in der Lage, den Schülern und Schülerinnen die Qualifikationen zu vermitteln, die nachgefragt werden.

Zwar werden Schulen, saniert, neugebaut und deren Ausstattung verbessert. Doch das Tempo, in dem das geschieht, ist viel zu langsam. Der Zustand, den die Schulen haben sollten, um stadtweit qualitativ hochwertigen Unterricht bieten zu können, wird in den nächsten Jahrzehnten nie erreicht.

Insgesamt betrachtet verbessert sich die Lage nicht, sie verschlechtert sich eher. Der Anteil am Haushalt, den die Stadt an finanziellen Mitteln, für Transfer- und Sozialleistungen aufwenden muss, nimmt immer weiter zu.

Lösungsansätze: Die Schulentwicklungsplanung geht in Bochum regelmäßig am Bedarf vorbei und erweist sich durchgehend als untauglich (Schulentwicklungspläne erweisen sich immer wieder als unbrauchbar). Die Folge ist eine chaotische, ständig wechselnde Planung, die durch untaugliche Provisorien und die ständige Revision von Fehlentscheidungen geprägt ist.

Fazit und Ausblick: Die Politik ist weiterhin nicht bereit, die erforderlichen Mittel bereit zu stellen, um alle Schulen in einen guten baulichen Zustand zu versetzen und diese erstklassig auszustatten. Das Ziel, eine Schullandschaft zu schaffen, die sich an den Bedürfnissen von Schülern und Schülerinnen, sowie an den nachgefragten Qualifikationen orientiert, wird nicht verfolgt. Alles daran zu setzen, dass alle Schüler und Schülerinnen in Bochum mindestens einen Realschulabschluss erlangen, ist nicht das Ziel.

Politik – Neuorientierung beim Politikstil – Ziel: Mehr bürgerlicher Beteiligung und Mitbestimmung.

Aktuelle Situation: In Bochum bestimmt die Verwaltung die Politik und nicht die Politik, was die Verwaltung zu tun hat. Die Verwaltung schlägt vor, was zu tun ist, die Mehrheitskoalition nickt die Dinge ab, wenn die Verwaltung das erwartet. Einen eigenen Gestaltungswillen besitzt die Politik nicht. Man erarbeitet selbst so gut wie keine eigenen Vorschläge und Konzepte.

Auch Bürgerbeteiligung wird eher als lästig und nicht als bereichernd empfunden. Sie wird im Wesentlichen alibimäßig betrieben.

Entwicklung: Die Menschen fühlen sich zunehmend abgehängt von Politik und Verwaltung. Politik wird als selbstherrlich wahrgenommen. Mit den Menschen zu diskutieren und sie zu überzeugen, wird abgelehnt. Nur zu Wahlen wendet man sich an die Bürger und Bürgerinnen der Stadt. Das wiederum führt zu Politikverdrossenheit. In der Folge nimmt insbesondere in Stadtvierteln, die sich negativ entwickeln, die Zahl von jenen zu, die populistische bis extremistische Parteien wählen.

Die Menschen entfernen sich von der Politik. An Politik, die man nicht selbst mitgestalten kann und in die man nicht eingebunden wird, besteht wenig Interesse. Der gesellschaftliche Zusammenhalt schwindet. Politik wird konsumiert. Die Politik versteht es nicht die Menschen von ihren Ideen zu überzeugen, bzw. ist nicht gewillt solche zu entwickeln.

Lösungsansätze: In der Vergangenheit wurden diverse Möglichkeiten nach mehr Bürgerbeteiligung diskutiert, doch wesentliche Verbesserungen gab es keine. So gibt es zwar mittlerweile ein digitales Mitbestimmungsportal (Bochum Mitgestalten), doch schaut man sich an, was die Menschen dort mitgestalten dürfen, zeigt sich wirklich relevante Bürgerbeteiligungen findet über das Portal nicht.

Auch einen institutionalisierten Bürgerbeteiligungsprozess bei allen relevanten größeren (Bau-)Vorhaben der Stadt gibt es bis heute nicht. Die Verwaltung bestimmt im Wesentlichen allein, ob, wann und inwieweit Beteiligungen stattfinden.

Den Menschen, wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen, an vier Terminen pro Jahr die Gelegenheit zu geben über Angelegenheiten ihrer Stadt oder Gemeinde abzustimmen, lehnt die Mehrheit der Politik in Bochum bisher ab (Bürger*innen vier Mal im Jahr über Stadtthemen entscheiden lassen).

Fazit und Ausblick: Da keine politische Bereitschaft erkennbar ist, die Einbindung der Menschen in die politischen Prozesse substanziell zu verbessern, werden sich Politik und Menschen weiter entfremden. Die Politikverdrossenheit wird zunehmen.

Ruhrstadt – Transformation der Metropole Ruhr – Ziel: Die weltweit sichtbare Ruhrstadt.

Aktuelle Situation: Die viertgrößte Metropole Europas, die Ruhrstadt, ist nicht sichtbar. Die Zusammenarbeit der 15 Städte, aus denen die Ruhrstadt besteht, liegt weit unter den Möglichkeiten. Ökonomische Synergieeffekte bleiben weitgehend unerschlossen. Jede Stadt ist gefangen in ihrem Kirchturmdenken. Ein Denken in Metropolstrukturen und auf der Ebene einer Metropole findet nicht statt. Der Horizont der Stadtpolitik endet an der Stadtgrenze.

Entwicklung: Die Entwicklung zur Ruhrstadt stagniert. Die Städte erwarten, dass das Land ihnen vorgibt, wie eine Ruhrstadt zu bilden ist. Eigenständiges Handeln, um aus eigenem Antrieb eine Ruhrstadt zu schaffen, überfordert die kommunalpolitischen Akteure.

Die Wirtschaftskraft, die Metropolen heutzutage weltweit als Motor der Wirtschaft entfalten und deren Möglichkeiten sind in der Politik des Ruhrgebiets weitgehend unbekannt und werden nicht diskutiert.

Lösungsansätze: Schon zaghafte Bemühungen wie BOGESTRA und Ruhrbahn zu verschmelzen, scheitern am kleinkarierten Denken in Politik, Gewerkschaften und Verwaltungen.

Zu einer kommunalen Zusammenarbeit kommt es, wenn überhaupt, selten und dann nur auf Nebenschauplätzen. Beispiele sind die gemeinsame Leistellentechnik der Feuerwehren Herne und Bochum oder die Übernahme von Personaldienstleistungen von Bochum für andere Städte.

Eine systematische Suche nach Feldern, auf denen die Städte der Ruhrstadt sinnvoll zusammenarbeiten können, findet nicht statt, denn sie ist nicht gewollt.

Fazit und Ausblick: Die Ruhrstadt wird auf absehbare Zeit kein Akteur auf der Bühne der Metropolen sein. Die Ruhr-Metropole werden viele Unternehmen, die weltweit agieren, weiterhin nicht wahrnehmen. Die Skalenfeffekte gemeinsamer Organisationsstrukturen werden die Städte nicht realisieren können. Eine metropolengerechte Infrastruktur ist nicht in Sicht.

Die Städte der Ruhrstadt werden auch in Zukunft wirtschaftlich nicht mithalten und mit den anderen Großstädten und Metropolen konkurrieren können. Der Rückstand wird immer größer. Die Politik verbaut den Menschen eine positive wirtschaftliche Zukunft.

Verwaltung – Reform der Verwaltung – Ziel: Mehr Kundenfreundlichkeit und Effizienz bei den Abläufen

Aktuelle Situation: Die Zahl der Stellen in der Bochumer Verwaltung ist seit 2015 um 40 % angewachsen die städtischen Personalkosten um 60 % gestiegen. Der maßlose Personalzuwachs sprengt den Stadthaushalt und ist Hauptgrund dafür, dass die Stadt 2025/26 201 Mio. mehr ausgibt als sie einnimmt (180 Mio. Defizit – Haushaltsnotlage 2.0 – Die Ursachen).

Entwicklung: Die Stadt stellt ungebremst immer mehr Personal ein. Eine Überprüfung der Verwaltungsabläufe auf Effizienz und Kundenfreundlichkeit findet nicht statt. Die Stadt wird nach den Bedürfnissen der Beschäftigten ausgerichtet. Die Menschen, die in der Stadt leben, zählen dagegen wenig. Das zeigt sich besonders deutlich bei der Baustellenorganisation (Baustellenorganisation: Stadt verhält sich provokant wie respektlos).

Lösungsansätze: Die Verwaltung bestimmt die Politik. Die Mehrheitskoalition vertritt die Beschäftigten der Verwaltung, die Belange der Bürger und Bürgerinnen sind nachrangig. Man ist also nicht gewillt den Personalzuwachs zu begrenzen und daran interessiert die Abläufe zu verbessern und damit die Kosten zu senken wie die Kundenfreundlichkeit zu erhöhen. Ernsthafte Bemühungen in diese Richtung gibt es keine.

Auch eine Orientierung an anderen Städten, in Bereichen, wo diese vorbildlich handeln, wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen (Benchmarking – Wie die Bochumer Verwaltung zum Vorbild für ganz Deutschland werden kann) gibt es nicht.

Fazit und Ausblick: Die Politik lässt den Dingen ihren Lauf, sie ignoriert das Problem. Die Personalkosten werden also weiter ungebremst zunehmen, ebenso wie die Zahl der Stellen.

Auch eine systematische Untersuchung der Verwaltungsabläufe, um diese schneller, effizienter und kundenfreundlicher zu organisieren, wird es nicht geben. Die Verwaltung hat kein Interesse daran, die Politik tut wiederum das, was die Verwaltung ihr vorgibt.

Zusammenfassung

In der Gesamtschau ist festzustellen, bei allen acht Bereichen reichen die bisherigen Anstrengungen der Stadt bei weitem nicht, diese zu bewältigen. Es wurde weder in den letzten Jahrzehnten genug getan, die Aufgaben abzuarbeiten, noch ist der Wille vorhanden, zukünftig ausreichend zu tun, die Schwierigkeiten zu überwinden.

Teilweise fehlt es bereits am Problembewusstsein. Die Herausforderung wird als solche gar nicht erkannt oder gesehen (Ruhrstadt). Oft wird zwar etwas getan, aber nicht genug. Es herrscht die Ansicht, dass man überhaupt etwas tut, reiche bereits aus. Es fehlt das Verständnis, dass man so viel tun muss, dass eine Herausforderung auch sicher bewältigt wird und man im Wettbewerb mit anderen Großstädten mindestens zu einem Status kommen muss, der allgemein üblich ist.

Die großen Herausforderungen, vor denen die Stadt steht, werden gar nicht gesehen. Man meint Stadtpolitik bestehe allein darin, irgendwas für die Stadt und die Bürger und Bürgerinnen zu tun, beispielsweise diverse Vereine mit seiner Anwesenheit auf dem Sommerfest zu unterstützen, 350 Euro an das Tierheim zu spenden, ein Tagespraktikum beim USB zu machen, mit Senioren Kaffee zu trinken oder dem Sportverein zu einem neuen Kunstrasenplatz zu gratulieren. Natürlich ist es wichtig, ein offenes Ohr für die Menschen zu haben, doch über die Zukunft der Stadt wird woanders entschieden. Die Bürger und Bürgerinnen erwarten zu Recht, dass die Politik dafür sorgt, dass die Stadt endlich den Strukturwandel hinbekommt und die drängenden Herausforderungen bewältigt. Da liegen die Hauptaufgaben der Stadtpolitik. Hier warten die Menschen auf Antworten. Bisher vergeblich.

18 Aug.

Mit welchem Verkehrsmittel kommt man in Bochum am schnellsten ans Ziel?

Anhand von 100 Strecken zwischen 0,5 und 30 km haben die STADTGESTALTER untersucht mit welchem Verkehrsmittel, Auto, Rad, E-Bike oder ÖPNV man am schnellsten durch Bochum kommt. Das Ergebnis für den ÖPNV ist erschreckend, die Nutzung von Bus und Bahn ist auf den meisten Strecken unzumutbar.

Wie gut kommt man mit Auto, Rad, E-Bike oder ÖPNV in Bochum von A nach B oder von Bochum in eine der Nachbarstädte? Um diese Frage zu beantworten haben die STADTGESTALTER Bochumer und Bochumer*innengefragt, welche Wege sie oft zurücklegen.

Untersuchung von 100 Wegstrecken

So kamen 100 Wege zusammen. Entsprechend des Modal Splits in der Stadt (Mobilitätssteckbrief Bochum), teilen sich diese Wege wie folgt auf: 22 Strecken bis 1 km Länge, 27 Wege von über 1 bis 3 km, 24 Strecken von über 3 bis 5 km, 18 Wege von über 5 bis 10 km und 19 Wege mit einer Länge von über 10 km. Mit Hilfe des Routenplaners von Google Maps wurde anschließend ermittelt, wie lang man für die entsprechenden Wege mit Auto, Rad und ÖPNV benötigt.

Dabei sind für die Verkehrsmittel folgende Besonderheiten zu beachten:

Auto – Der Routenplaner gibt die Zeit für die Autofahrt vom Start zum Zielpunkt wieder, In der angegebenen Fahrtdauer nicht enthalten ist die Zeit des Weges bis zum Parkplatz, um loszufahren, beispielsweise von der Haustür zur Garage und nicht die Zeit vom Parkplatz am Ziel zum eigentlichen Zielort, zum Beispiel vom Parkplatz in der Innenstadt zum Geschäft, das man aufsuchen möchte. Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die Zeit, die für eine eventuelle Parkplatzsuche benötigt wird oder Zeit für mögliche Staus und Verkehrsbehinderungen. Betrachtet man den Weg von Tür zu Tür, würden sich die ermittelten Zeiten somit um 2-10 Minuten erhöhen.

Rad – Hier wurde ebenfalls keine Zeiten außerhalb der reinen Fahrtzeit berücksichtigt, die zum Beispiel erforderlich sein könnten, um das Rad aus dem Keller oder einer Garage zu holen.

E-Bike – Zur Ermittlung der Fahrtzeiten mit einem Fahrrad mit elektrischem Hilfsmotor wurde zugrunde gelegt, dass man mit dem E-Bike nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes im Schnitt etwa 83% der Fahrtzeit benötigt, die mit einem Rad ohne elektrische Unterstützung erforderlich ist (Pedelec und E-Bike fahren ).

ÖPNV – Die ermittelten ÖPNV-Zeiten beziehen sich immer auf den Fahrplan im Zeitraum von 8 bis 18 Uhr an den Wochentagen Montag bis Freitag. Als Fahrzeit wurde jeweils die kürzeste angegebene Fahrdauer übernommen. Es ist also möglich, dass sich zu anderen Zeiten teilweise deutlich längere Fahrzeiten ergeben. Mögliche Verkehrsstörungen und Verspätungen blieben auch beim ÖNV unberücksichtigt. In den Fällen, wo für Strecken vom Routenplaner keine ÖPNV-Verbindung angegeben werden konnte, wurde die Dauer des Fußwegs zugrunde gelegt.

Die Auswertung

Für jede der 100 Wegstrecken ergaben sich so vier Fahrzeiten für Auto, Rad, E-Bike und ÖPNV. Die Auswertung der Fahrtdauern erfolgt nach Wegelängen:

Auswertung Fahrtdauern

Bis 1 km – Bei diesen sehr kurzen Strecken ist erwartungsgemäß das E-Bike das schnellste Verkehrsmitte, gefolgt vom Auto. Aber auch das normale Rad schneidet gut ab. Der ÖPNV erweist sich für sehr kurze Strecken allerdings zumeist als ungeeignet. In der Hälfte der Fälle ist keine ÖPNV-Verbindung verfügbar, der Routenplaner verweist auf den Fußweg. In allen anderen Fällen benötigt man mit dem ÖPNV 5 bis 15 Minuten länger als mit Auto oder Rad, das ist gerade bei so kurzen Strecken kaum zumutbar.

Wege bis 1 km, Modal Split, siehe rechts

Über 1 km bis 3 km – Auch bei diesen Wegelängen ist in der Regel das E-Bike das schnellste Verkehrsmittel, dicht gefolgt vom Auto. Das normale Rad ist nur 1 bis 3 Minuten langsamer. Was kaum ins Gewicht fällt, da mit dem Rad regelmäßig die Fußwege zum und vom Parkplatz entfallen, die beim Auto in den Fahrtzeiten nicht enthalten sind. Die Fahrzeiten beim ÖPNV sind durchweg 5 bis 31 Minuten länger als bei Auto oder E-Bike. In 16 von 24 Fällen beläuft sich die zusätzlich nötige Fahrtzeit auf über 10 Minuten, während die maximal Fahrtzeit bei Auto bzw. E-Bike ohnehin bei nur 5 Minuten liegt. Wieder ist der ÖPNV in keiner Weise konkurrenzfähig.

Wege über 1 bis 3 km, Modal Split, siehe rechts

Über 3 bis 5 km – Bei diesen Streckenlängen ist regelmäßig das Auto das schnellste Verkehrsmittel. Würde man zusätzlich die Wegedauern vom Startort zum Parkplatz und vom Parkplatz zum Zielort berücksichtigen, könnte man in den meisten Fällen das E-Bike mithalten, die reinen Fahrtzeiten sind im Schnitt nur 4 Minuten langsamer, mit normalem Rad sind es 7 Minuten, mit dem ÖPNV allerdings inakzeptable 22 Minuten. Auch in diesem Streckenbereich stellt der ÖPNV keine nutzenswerte Alternative dar.

Wege über 3 bis 5 km, Modal Split, siehe rechts

Über 5 bis 10 km – In diesem Wegebereich ist das Auto nur in einem Fall nicht das schnellste Verkehrsmittel. Das E-Bike ist im Schnitt 7 Minuten langsamer, das Rad ohne E-Unterstützung 12 Minuten. Während man mit dem Auto 10 bis 21 Minuten für die Strecken benötigt, ist mit dem ÖPNV im Schnitt eine Fahrtzeit von über einer halben Stunde (31 Min.) mehr einzukalkulieren. Nimmt man Bus und Bahn ist man im schlechtesten Fall 55 Minuten länger unterwegs als mit dem Auto. Auf den Streckenlängen, wo der ÖPNV eigentlich eine Alternative zum Auto darstellen müsste, ist er somit ebenfalls keine.

Wege über 5 bis 10 km, Modal Split, siehe rechts

Über 10 km – Geht es über die Stadtgrenze hinaus, liegt das Auto weit vorne. Rad und E-Bike sind für Strecken über 10 km keine Alternative, das sollte eigentlich der ÖPNV sein, Doch der ist im Schnitt 35 Minuten langsamer als das Auto und damit sogar noch 9 Minuten langsamer als das E-Bike. Die Fahrtzeit mit dem ÖPNV ist im Schnitt mehr als doppelt so lang wie mit dem Auto (27 zu 62 Minuten). Nur in einem Fall ist der ÖPNV konkurrenzfähig, in allen anderen Fällen sind die Fahrtzeiten unzumutbar bis inakzeptabel.

Wege über 10 km, Modal Split, siehe rechts

Die Ergebnisse

Betrachtet man alle Streckenlängen zusammen, ist im Ergebnis die Leistung des ÖPNV in 54 % der Fälle unzumutbar bis inakzeptabel, das bedeutet die Fahrtzeiten liegen mehr als 15 Minuten über der des schnellsten Verkehrsmittels. E-Bike und Rad haben Vorteile bei den kurzen Strecken. Das E-Bike kann mit dem Auto bis 5 km gut mithalten, ist oft sogar schneller. Also ist das E-Bike auf immerhin 63% der Wege, die in Bochum gefahren werden, eine gute Alternative. Ab 5 km liegt das Auto vorn, nur bis 10 km kommt das E-Bike noch bedingt mit.

Auswertung Fahrtdauern

Die Ursachen

Es stellt sich somit die Frage nach den Ursachen für diese Ergebnisse, insbesondere den Gründen für das desaströse Abschneiden des ÖPNV. Diese sind vielfältig:

Auto– Anders als in Großstädten sonst, gibt es in Bochum nach wie vor Schleichwege durch Wohngebiete. Durchgangsverkehr wird in Wohngebieten in Bochum immer noch geduldet. Schnell fließender Autoverkehr hat Priorität gegenüber hoher Wohn- und Lebensqualität,

Zudem wurde das ganze Stadtgebiet mit Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen überzogen, die auch heute noch zu Lasten der Lebensqualität der Bewohner*innen mit Milliardenaufwand weiter ausgebaut werden (u.a. Westkreuz, Opelspange, 6-spuriger Ausbau A43 und A40.).

Im Ergebnis steht für das Auto ein erstklassiges Straßennetz zur Verfügung, das eine sehr schnelle Fortbewegung mit dem Auto ermöglicht.

Rad- und E-Bike – Insbesondere bei den Fahrtdauern auf den Strecken zwischen 3 und 10 km wird sichtbar, dass die Stadt nicht über ein durchgängiges Radverkehrsnetz verfügt. Schnelle durchgängige Radverkehrsverbindungen fehlen ebenso wie eigene Ampelschaltungen für Radfahrende und Grünpfeile. Menschen mit dem Rad auf Gehwege oder schlechte Radwege zu verweisen, wie es in Bochum üblich ist, verhindert hohe Fahrgeschwindigkeiten mit dem Rad.

Um das Rad auch für Wege über 10 km attraktiv zu machen wären geeignete Radschnellwege nötig. Diese sind nicht zu erwarten. Die Fertigstellung des RS1 ist aufgrund der Inkompetenz der Verantwortlichen in den nächsten 10-20 Jahren nicht zu erwarten. Die geplante indirekte Streckenführung steht zudem schnellen Fahrtzeiten entgegen, neue Radschnellwege werden gar nicht erst geplant.

ÖPNV – Ursache für das desaströse Abschneiden von Bus- und Bahn ist das schlechte Nahverkehrsnetz in Bochum sowie der Ruhrstadt. Im wesentlich basiert der Nahverkehr auf langsamen, eher selten verkehrenden Buslinien, die jede Gießkanne abfahren. Das Straßen- und Stadtbahnnetz deckt das Stadtgebiet nur rudimentär ab. Wirklich schnell sind auch die Straßenbahnlinien nicht.

Ein substanzieller Netzausbau wird seit Jahrzehnten von der Politik, in Bochum den Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen, blockiert. Alle Initiativen in diese Richtung werden systematisch abgelehnt (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz).

Die Ruhrstadt-Metropole verfügt über kein metropolengerechtes Nahverkehrsnetz. Es ist bei der Politik keine Bereitschaft zu erkennen, dieses zu schaffen.

Auch die BOGESTRA, die Busse und Bahnen in Bochum betreibt, ist offensichtlich nicht an einem Ausbau des Nahverkehrsnetzes und einer Beschleunigung der Linien interessiert. Forderungen in dieser Hinsicht werden an die Politik nicht gestellt. Die offensichtlichen Mängel und Defizite werden nicht benannt. Es werden keine Lösungsvorschläge gemacht.

Der ÖPNV ist in Bochum nicht im Ansatz konkurrenzfähig zu Auto, Rad oder E-Bike. Wer ihn benutzt, wohnt regelmäßig entweder direkt an einer Bahnhaltestelle oder tut dies nicht freiwillig, sondern ist gezwungen Bus und Bahn zu nehmen, in der Regel weil die Nutzung eines Autos oder Rads nicht möglich ist. Für die Menschen in Bochum gibt es sonst eigentlich keinen Grund sich den unzumutbar langsamen ÖPNV anzutun.

Aufgrund der geschilderten Situation ist zu erwarten, dass die Zahl der ÖPNV-Nutzenden zukünftig weiter abnehmen wird. Das desaströse ÖPNV-Angebot stellt einen hohen Anreiz dar, auf Auto oder E-Bike umzusteigen.

Die Untersuchung zeigt, die Verkehrspolitik in Bochum und der Ruhrstadt steht vor einem Scherbenhaufen. Seit Jahrzehnten wird zwar viel von Verkehrswende geredet, tatsächlich sind die Ergebnisse der Verkehrspolitik jedoch ernüchternd. Die mangelnde Bereitschaft die Dinge umzusetzen, die man besonders in Wahlkämpfen immer wieder lautstark ankündigt, rächt sich.

14 Juli

Ruhrstadt – Die Metropole, die keine sein will, aber trotzdem eine ist

Wer in das Stadtgebiet von Duisburg bis Dortmund kommt, geht davon aus, er befinde sich in einer Metropole. Aber warum ist diese viertgrößte Metropole Europas auf keiner Karte verzeichnet, so schlecht organisiert und scheint man in Sachen Stadtentwicklung noch in den 80ern festzustecken?

Die Ruhrstadt ist mit 3,43 Mio. Menschen die viertgrößte Metropole Europas (ohne Türkei und Russland), nur in Paris (10,1 Mio.), London (8,86 Mio.) und Berlin (3,77 Mio.) leben mehr Menschen.

Ruhrstadt – viertgrößte Metropole Europas

Der urbane Raum (zusammenhängendes Stadtgebiet) in der Mitte des Ruhrgebiets besteht aus 15 Städten, deren Siedlungsstruktur nahtlos ineinander übergeht. Es handelt sich um eine polyzentrische Metropole mit 15 Stadtzentren aber einheitlichem Stadtgebiet. Die gleiche Struktur zeichnet u.a. auch London, Berlin und Tokio aus. Anders als Paris oder Madrid verfügen polyzentrische Metropolen nicht über ein dominierendes zentrales Stadtzentrum, sondern über mehrere etwa gleichrangige Zentren. So besteht Tokio (9,6 Mio.) aus 23 Städten, die sich auch als solche bezeichnen, London besteht aus 33 Zentren, davon bezeichnen sich zwei explizit als Städte (City of London und City of Westminster). Auch die Metropole Berlin stellt einen Zusammenschluss von Land- und Stadtgemeinden (Berlin, Neukölln, Spandau, Wedding, Reinickendorf usw,) mit jeweils eigenem Zentrum dar.

Ruhrstadt im Vergleich zu anderen Metropolen

Funktional besitzen Metropolen sehr unterschiedliche Verwaltungsstrukturen. Während in London die zentrale Verwaltung der Metropole sehr stark ist und die ehemaligen Land- und Stadtgemeinden nur noch in relativ wenigen Bereichen eigenständige Entscheidungen treffen, haben diese in Berlin größere Freiräume (z.B. eigene Gerichte und Kompetenzen bei der Verkehrsplanung). In der Metropole Tokio wiederum agieren die Städte weitgehend unabhängig, die Metropolverwaltung (Präfektur) hat nur sehr begrenzte zentrale Zuständigkeiten. Dagegen verfügen die Unité urbaine Paris wie die Ruhrstadt über keine zentrale metropolitane Verwaltungseinheit.

In der geografischen Ordnung wäre das Ruhrgebiet, mit dem “Großraum Ruhrstadt” gleichzusetzen. Die Metropolregion Ruhrgebiet verfügt mit dem RVR in Teilbereichen über eine zentrale, aber sehr schwache Verwaltungsstruktur. Der “Großraum Ruhrstadt” ist gemessen an der Bevölkerungszahl mit 5,15 Mio. Einwohner*innen gegenüber der Île-de-France (12,5 Mio.), der Metropolregion London (14.4 Mio.), der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (6,2 Mio.) oder gar der Metropolregion Tokio (37,2 mio.) jedoch vergleichsweise klein.

Die positiven Effekte einer Metropole

Metropolen verfügen besonders in drei Bereichen über große Vorteile gegenüber Großstädten:

  • Möglichkeit der Nutzung von Skaleneffekten zur Steigerung der Kosteneffizienz (z.B. bei Verwaltung und städtischen Unternehmen)
  • Schaffung einer einheitlichen, hoch effizienten Infrastruktur aus einem Guss (z.B. ÖPNV, Ver- und Entsorgung)
  • Steigerung der Konkurrenzfähigkeit durch höhere Sichtbarkeit aufgrund der Größe und Vielfältigkeit (Marke, Image)

Nutzt man diese drei Effekte, bedeutet das für die Metropole gegenüber herkömmlichen Großstädten sowohl erhebliche Mehreinnahmen wie deutliche Kostensenkungen.

Ruhrstadt kann Metropoleneffekte nicht nutzen

Die Ruhrstadt ist bisher jedoch nicht in der Lage sich so zu organisieren, um die entsprechenden Metropoleneffekte auszunutzen:

Auf der europäischen Landkarte findet die Ruhrstadt nicht statt. Wer nicht vorhanden und sichtbar ist, wird als Standort für Wirtschaftsansiedlungen und als Tourismusziel eher selten in Betracht gezogen.

Eine dysfunktionale Infrastruktur, wie sie die Ruhrstadt insbesondere im ÖPNV vorzuweisen hat, schreckt Investoren ab, während sonst die hocheffiziente Organisation z.B. beim ÖPNV Metropolen attraktiv macht und Menschen wie Unternehmen anlockt. Den Vorteil von Metropolen, alle erdenklichen urbanen Angebote auf dichtem Raum schnell erreichbar anzubieten, kann die Ruhrstadt nicht bieten. 

Der nicht im Ansatz metropolengerechte ÖPNV sorgt in der Ruhrstadt dagegen dafür, dass die Wege in der Ruhrstadt weiterhin lang sind. So braucht man für eine Rundtour zu den 11 Highlights der Ruhrstadt mit Bus und Bahn 8,5 Stunden. So schreckt man Städtereisende ab. (Mieser Nahverkehr schreckt Touristen ab).

Auch in Sachen Kosteneffizienz dient die Ruhrstadt nur als Negativbeispiel, Fast alle Stadtgemeinden erfüllen ihre Aufgaben durch eigene, autarke Verwaltungen und Unternehmen. Zusammenarbeit mit anderen Städten der Ruhrstadt ist weiterhin die Ausnahme. Lobenswerte Initiativen in diese Richtung scheitern immer wieder kläglich am Kirchturmdenken von Politik, Gewerkschaften und anderen (Fusion von Bogestra und Ruhrbahn quasi gescheitert). Das kostet die Stadtgemeinden der Ruhrstadt völlig unnötig Milliarden.

Niemand fühlt sich zuständig und verantwortlich

Die Verwaltungs- und Infrastruktur der Ruhrstadt effizient und kostengünstig zu gestalten, ist bisher kein Ziel der Politik in der Ruhrstadt. Diese fokussiert sich darauf Geld von Bund und Land zu fordern, um ihre finanziellen Defizite auszugleichen (Benachteiligt die Ampel das Ruhrgebiet?). Statt selbst die Initiative zu ergreifen und die Ruhrstadt zu einer effizient funktionierenden Metropole umzubauen, hat man jeden Stolz verloren und ist sich nicht zu schade auf Betteltour zu gehen, um die finanziellen Folgen seiner eignen Unfähigkeit von anderen bezahlen zu lassen. (Lässt der Bund das Ruhrgebiet im Stich? Neue Vorwürfe).

Für Stadtgestaltung und –entwicklung, also auch für den Aufbau einer metropolengerechten Verwaltungs- und Infrastruktur, sieht sich die Politik im Ruhrgebiet parteiübergreifend seit jeher nicht zuständig (Kommunen der Ruhrstadt verlieren Anschluss). Alles, was Stadtentwicklung betrifft, überlässt man den Verwaltungen, die gemäß ihrem rechtlichen Auftrag nur die eigene Stadtgemeinde im Fokus haben und zu deren gesetzlichen Aufgaben nicht die Schaffung von Metropol-Strukturen zählt.

Die Aufgabe, eine metropolengerechte Verwaltungs- und Infrastruktur zu Schafen obliegt allein der Politik, die sich aber bisher als unfähig erweis, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Die Politik nennt die Schaffung entsprechender Strukturen zwar immer wieder als Ziel, Initiativen diese aufzubauen haben dagegen Seltenheitswert.

Dabei hindert kein Gesetz die Stadtgemeinden der Ruhrstadt, die städtischen Unternehmen zu verschmelzen oder Infrastrukturplanungen wie zum Nahverkehrsplan oder Wärmeplan Ruhrstadt übergehend in entsprechenden Gesellschaften durchzuführen, um dann daraus abgeleitete Pläne gemäß der gesetzlichen Vorschriften auf Stadtgemeindeebene einzureichen. Selbst die Übernahme von Aufgaben für mehrere Städte durch das Amt einer Stadt wäre rechtlich in vielen Fällen möglich und wird im Ausnahmefall auch bereits praktiziert. So ist das Umweltamt in Hagen auch für Bochum und Dortmund zuständig.

Politik tut so, als gäbe es die Ruhrstadt nicht

Vieles wäre möglich, scheitert aber an der fehlenden Bereitschaft der Politik, entsprechende Strukturen zu schaffen, bzw. daran, dass man die Zuständig- und Verantwortlichkeit dafür ablehnt. Das Narrativ der Politik, es wäre Aufgabe des Landes rechtlich das Gebilde einer Metropole Ruhrstadt mit entsprechenden Verwaltungsstrukturen zu schaffen, ist falsch, dies ist Aufgabe der Politik in den Stadtgemeinden der Ruhrstadt. Das Land kann mit der Anpassung von gesetzlichen Regelungen die Stadtgemeinden maßgeblich unterstützen und ihnen helfen, die nötigen Veränderungen müssen aber die Stadtgemeinden selbst anschieben.

Die Metropole Ruhrstadt gibt es de facto bereits, sie muss nicht erst vom Land geschaffen werden, ehe die Stadtgemeinden meinen tätig werden zu müssen. Es ist schon heute ihre Aufgabe, die für ein Funktionieren der Ruhrstadt nötige Verwaltungs- und Infrastruktur zu schaffen. Die Verantwortlichkeit für die überall in der Ruhrstadt sichtbaren Versäumnisse auf andere zu schieben, ist nicht gerechtfertigt.

Den Politikern und Politikerinnen der Ruhrstadt muss klar werden, dass sie bereits heute verantwortlich für eine Ruhrstadt mit metropolengerechten Strukturen sind, denn die Metropole ist faktisch bereits vorhanden und muss effizient im Sinne der Bürger*innen funktionieren. Weiterhin so zu tun, als gäbe es die Metropole Ruhrstadt, nicht, um sich den daraus resultierenden Aufgaben und Verantwortungen zu entziehen, ist keine Option.

Die Ruhrstadt ist in Sachen Stadtentwicklung an den anderen Metropolen Europas zu messen. Die Messlatte liegt also sehr viel höher als die Politik meint.

Stadtplanung und -gestaltung muss in der Hand der Stadtgemeinden bleiben

Bei der Gestaltung der Ruhrstadt ist jedoch zu beachten, dass polyzentrische Metropolen sich regelmäßig dadurch auszeichnen, dass sich ihre Zentren voneinander stark unterscheiden. Das bedeutet eine große Attraktivität und Vielfalt innerhalb der Metropole. Dagegen sehen die Zentren der Ruhrstadt beliebig und fast alle gleichförmig trostlos und öd aus. Das Desinteresse der Politik an Stadtentwicklung im Ruhgebiet hat dazu geführt, dass auf eine individuelle Stadtgestaltung in den letzten 70 Jahren wenig bis gar kein Wert gelegt wurde, man hat einfach ohne groß nachzudenken das nachgemacht, was alle Nachbarstädte auch getan haben.

Aufgabenverteilung Ruhrstadt – Stadtgemeinden

In einer Metropole sollten nicht wahllos sämtliche Aufgaben einer zentralen Metropolenverwaltung übertragen werden, sondern nur so viele wie eben nötig und sinnvoll. Gerade die Aufgaben, die es den Stadtgemeinden ermöglichen ihre Stadt individuell zu gestalten, müssen bei den einzelnen Stadtgemeinden verbleiben. Es sollte sogar ausdrückliches Ziel der Ruhrstadt sein, dass jede Stadtgemeinde ihren eigenen Charakter weiterentwickelt, der auf die Faktoren Lebensqualität Vielfalt und Attraktivität der Metropole Ruhrstadt einzahlt.

Der Weg zur Ruhrstadt

Bisher ist nicht absehbar, dass alle 15 Stadtgemeinden der Ruhrstadt gewillt sind, Aufgaben an gemeinsame, metropolenübergreifende Einrichtung zu übertragen. Daher haben die STADTGESTALTER bereits vorgeschlagen, dass Stadtgemeinden, die dazu bereit sind, zunächst eine Kern-Ruhrstadt bilden, der sich in der Zukunft andere Stadtgemeinden anschließen können (Vom Ruhrgebiet zur Ruhrstadt – ein neuer Lösungsvorschlag).

23 Juni

EM 2024: Bochum vergibt Riesenchance – BOGESTRA blamiert Ruhrstadt

An 11 Spieltagen mit 570.000 Zuschauenden rollt der Ball in der Ruhrstadt. Es kommen Menschen aus ganz Europa. Doch Bochum und der RVR vergeben die Chance für sich zu werben. Stattdessen sorgt die BOGESTRA für schlechte Presse, weil sie die Abreise der Fans von der Schalke-Arena nicht organisiert bekommt.

Fußballeuropameisterschaft 2024 – Was eine riesige Chance für den Tourismus in Bochum und der Ruhrstadt. Nach Gelsenkirchen kommen in diesen Wochen 200.000 Fans, nach Dortmund sogar 370.000 Fans um die Spiele der EM 2024 zu sehen.

Es wäre eine Riesenchance gewesen

Zwei von neun Spielorten der EM liegen also in der Ruhrstadt, Bochum liegt genau zwischen beiden. Die anreisenden Fans kommen oft für mehrere Tage, um neben den Spielen noch Zeit im Land zu verbringen. Ganz wichtig wäre also gewesen, dass sich Bochum und die Ruhrstadt vor tausenden Menschen erstklassig präsentiert. Für das Ruhrgebiet bestand die einmalige Chance sich als spannende, pulsierende und gastfreundliche Reiseregion zu zeigen und so „auch in den nächsten Jahren mehr Touristen für sich gewinnen, die nach der EM wiederkommen und …. vielleicht einen längeren Urlaub hier verbringen wollen.” (EM 2024: Die Fußball-EM wird für den Tourismus ganz bedeutsam sein).

Doch es gibt keine vorzeigbare Fanmeile im Zentrum von Bochum. Die Stadt sieht sich zwar selbst als “Hotspot der Live-Kultur“ (Bochum-Strategie), Man hat es aber versäumt, dieser selbst gewählten Rolle in den vier EM-Wochen gerecht zu werden.

Was wäre für eine grandiose Partv möglich gewesen, wäre die Viktoriastraße von Rathaus bis Schauspielhaus gesperrt und zur längsten Liveevent- und Fanmeile Deutschlands unter Einbeziehung von Bochum Total 2024 geworden. Bochum hätte sich als der Anlaufpunkt für 570.000 Fans profilieren können, die in der Stadt unvergessliche Momente erlebt hätten. Die Partymeile des Reviers. Bochum, der Ort in Deutschland, in dem die Menschen wissen, wie man die Nacht zum Tage macht. Was für einen Image Boost hätte das für die Stadt bedeuten können?

Mal wieder blieb es bei dem hochtrabenden Ziel in der Bochum Strategie, es fehlte jedoch der Mut und das Engagement, es richtig krachen zu lassen. Dabei ist die ARD mit dem Kneipenquiz am Kuhhirten (Kneipenquiz live im „Kuhhirten“: ARD ist „total zufrieden“ ) schon in der Stadt. Kostenlose Werbung in Form von Fernsehberichten über tausende Fans, die die Spieltage in der Stadt abfeiern, wären leicht zu haben gewesen.

Die Chance war einmalig, ein weiteres Großereignis ähnlicher Art wird es in der Region in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich nicht geben.

Totalausfall Ruhrtourismus

So wird das mit Tourismus im Ruhrgebiet nichts. Auf der Tourismus-Seite des RVR (Ruhr Tourismus) findet die Europameisterschaft gar nicht statt auf der RVR-Seite findet man unter der Rubrik „Heimspiel“ vier dürre EM-Beiträge,  auf der Bochumer Tourismusseite findet man zur EM, sehr versteckt, einen Beitrag (Bochum im EM-Fieberl), in Gelsenkirchen ist der Auftritt eher kläglich, nur Dortmund versteht es, sich als EM-Host City zu feiern,

Die mangelhaften Bemühungen des RVR über den Ruhr Tourismus die EM zu vermarkten und für das Ruhrgebiet nutzbar zu machen, muss man schon als Arbeitsverweigerung eingeordnet werden. Die Ruhrtourismus GmbH zeigt sich nicht zum ersten Mal überfordert (Ruhrgebiet: Mieser Nahverkehr schreckt Touristen ab). Der RVR sollte ernsthaft überlegen, seine Bemühungen in Sachen Tourismus einzustellen. Verfolgt man das Ziel den Tourismus zu fördern nicht ernsthaft und fehlt es auch sichtbar an der nötigen Professionalität, sollte man es lieber lassen.

Gelsenkirchen und BOGESTRA sorgen für kapitalen Imageschaden

Dass Bochum und die Ruhrstadt es leichtfertig verpasst haben, sich als attraktive Tourismusziele zu präsentieren, wäre vielleicht noch zu verschmerzen gewesen, dass aber Gelsenkirchen, BOGESTRA und der VRR mit dem An- und Abreisechaos an der Schalke-Arena die ganze Ruhrstadt öffentlich blamiert haben (Ridiculous: Englischer Fanverband entsetzt von Gelsenkirchen), bedeutet einen nicht wiedergutzumachenden Imageschaden, der die Ruhrstadt noch teuer zu stehen kommen wird.

Europaweite Schlagzeilen, die das Ruhrgebiet als trostlos, öd und in Sachen öffentlichem Nahverkehr als unfähig darstellen, sind für eine Profilierung als Touristenziel tödlich. Jetzt rächt sich, dass die Städte des Ruhrgebiets nie großen Wert auf eine gute Stadtgestaltung, ein ansprechendes Stadtbild und einen funktionierenden Stadtverkehr gelegt haben. Die Ansprüche in dieser Hinsicht sind und waren denkbar gering. Bemühungen, die Dinge zu verbessern, wurden mit dem Spruch “Woanders ist auch scheiße”, abgebügelt. Rankings zu Lebensqualität und Attraktivität, bei denen die Ruhrstadtstädte sich regelmäßig unter den Letzten platzierten, bewirken nichts, außer dass sich beschwert wird, die Situation im Ruhrgebiet werde falsch bewertet.

Wie Menschen von außen die Städte im Ruhrgebiet sehen, interessierte bisher wenig bis gar nicht. Von erfolgreichen Städten lernen und sich an diesen orientieren, wird oft immer noch abgelehnt. Also kommt es jetzt knüppeldick. Die Besucher*innen sehen Gelsenkirchen als trostloses, armes und rückständiges “Drecksloch” in dem nichts funktioniert, nicht mal der Nahverkehr (England-Fan ätzt gegen deutsche EM-Stadt und löst Debatte aus – Sky-Reporter legt nach). Und wie Gelsenkirchen aussieht, so sehen leider auch viele andere Teile des Ruhrgebiets aus. Ein Urteil über Wattenscheid-Mitte und den August-Bebel-Platz würde kaum anders ausfallen.

Verantwortlichen zeigen sich von Realität überrascht

Auf einmal sind die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung mit der Realität konfrontiert. EM-Fans haben keine Hemmungen ihre wahre Meinung über das auszusprechen, was sie sehen und erleben. Sie sind keine höflichen Gäste, die das erzählen, was die Gastgeber hören wollen. Sie äußern sich schonungslos und offen.

Tourismus setzt einen funktionierenden Nahverkehr voraus. Vor der EM hieße es, „die Mobilität ist ein wichtiger Faktor,“ um erfolgreich zu sein (EM 2024: Die Fußball-EM wird für den Tourismus ganz bedeutsam sein). Was die Menschen in der Ruhrstadt als ÖPNV geboten bekommen, entspricht jedoch nicht im Ansatz dem Standard, den Menschen aus ganz Europa in Großstädten und Metropolen gewohnt sind (England-Fans kritisieren Bahn-Chaos in Gelsenkirchen). Das meinen zwar viele in Verantwortliche im Ruhrgebiet, ist aber eine fatale Fehleinschätzung.

Rückständigkeit im Nahverkehr schadet Tourismus

Ein Stadion wie die Schalke-Arena (Kapazität: 62.500 Zuschauer) mit nur einer Straßenbahnlinie über eine nicht barrierefreie Haltestelle, die mit Straßenbahnen in Zweifachtraktion angefahren wird, anzubinden, legt offen, wie unterentwickelt das Ruhrgebiet und ganz besonders der Nahverkehr ist (Ridiculous: Englischer Fanverband entsetzt von Gelsenkirchen).  Fährt man in Montpellier und Straßburg  mittlerweile auf eigenem Gleiskörper mit bis zu sieben, in Dublin sogar mit neun Bahnteilen (Alstom Citadis), schafft die BOGESTRA es immer noch nicht mit mehr als zwei Traktionen zu fahren. Steinzeit trifft Zukunft, könnte man sagen.

Für die EM hätte man dringend Abhilfe schaffen müssen, doch man blieb untätig. BOGESTA, VRR und Stadt Gelsenkirchen ist das Anfahrt-Problem zur Arena seit jeher bekannt, doch man schwieg. Hier zeigt sich, Kundeninteressen haben weder bei BOGESTRA, VRR noch den Kommunen der Ruhrstadt eine halbwegs angemessene Relevanz schon gar keine Priorität.

Schönreden statt Handeln

Mehr als zwei Stunden mussten manche Fans auf eine Abreise mit dem ÖPNV vom Stadion im Straßenbahnchaos warten (Fans left sidelined and with nowhere to go thanks to Uefa’s bumbling genius Fans left sidelined and with nowhere to go thanks to Uefa’s bumbling genius | Euro 2024 | The Guardian). Die Stadt Gelsenkirchen blamiert sich mit der Aussage, das Chaos sei ganz normal (England-Fans kritisieren Bahn-Chaos in Gelsenkirchen). Ja, für Menschen im Ruhrgebiet ist Chaos im Nahverkehr leider oft die Normalität, man ist es nicht anders gewohnt, für Menschen aus anderen Großstädten und Metropolen ist es das allerdings nicht.

Auch mag nach den Maßstäben der BOGESTRA die abgelieferte Leistung “adäquat” gewesen sein (Aus unserer Sicht ist alles perfekt gelaufen), nach dem in europäischen Städten üblichen Standard war sie peinlich und untragbar. Die Einschätzung der BOGESTRA zeugt von Realitätsverlust. Der ist auch beim VRR festzustellen, wenn der Sprecher erklärt: “Der Transport habe sehr, sehr gut funktioniert, man habe “Enormes geleistet“ (Gelsenkirchen: VRR und Bogestra verteidigen Abreiseverkehr). Bei dieser Aussage tritt sogar noch arrogante Selbstzufriedenheit hinzu.

Alle Äußerungen klingen aus Sicht der Betroffenen wie Hohn. Eine öffentliche Entschuldigung für die inakzeptable Leistung wäre die einzig richtige Reaktion gewesen. Offensichtliche Unzulänglichkeiten schön zu reden, war keine Option. Das Ruhrgebiet ist allerdings der Ort, wo vieles nicht funktioniert und schlecht läuft, aber nie jemand dafür verantwortlich ist oder zugibt, dass man Fehler gemacht hat. Diese Haltung ist wiederum ein wesentlicher Grund dafür, warum offensichtliche Mängel nicht abgestellt werden.

Die Folgen der EM für Bochum und die Ruhrstadt

Was wird nach vier Wochen EM in der Ruhrstadt, bei den Menschen, die das Ereignis europaweit live oder im TV verfolgt haben, hängen bleiben? Deutschland und die Deutschen sind toll, aber Ruhrgebiet und Ruhrstadt sollte man besser meiden. Der Imageschaden, der insbesondere durch die anmaßende Uneinsichtigkeit der Verantwortlichen angerichtet wurde, wird sich in den nächsten Jahren nur sehr schwer wieder gut machen lassen.

Die Blamage könnte ein Weckruf für die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung sein, mal zu schauen, wie Menschen von außen die Ruhrstadt sehen. um zu erkennen, was man ändern und von anderen Städten lernen bzw. sich abschauen sollte. Nur so wird man den Ansprüchen, die Menschen heute an Stadtgestaltung, Stadtbild und das Funktionieren von Großstädten und Metropolen stellen, gerecht werden können. Doch zu befürchten ist, dass man sich die Lage weiter schön redet und stattdessen den Kritikern aus dem Ausland vorwirft, die Dinge völlig falsch zu sehen.

Foto: UEFA, Logo,, Google Maps

19 Mai

BOGESTRA wird zum Sanierungsfall

308 Mio. Euro Schulden. 36,6 Mio. Fahrgäste weniger als 2019. 88,8 Mio. Euro Verlust 2023, 19,3 Mio. mehr als geplant. Stopp aller Investitionen. Die wirtschaftliche Lage ist kritisch, die BOGESTRA wird zum Sanierungsfall.

Wie der Jahresabschluss 2023 und die Entwicklung der Fahrgastzahlen zeigen (Vorgang 20241057), befindet sich die BOGESTRA, das Nahverkehrsunternehmen der Städte Bochum und Gelsenkirchen, in einer ernsthaften wirtschaftlichen Notlage. Das Unternehmen musste 2023 die Notbremse ziehen, es kam zum Investitionsstopp. Die Anschaffung von neuen Bussen und die Modernisierung der Gleisanlagen wurde ausgesetzt. Statt geplanten 67,8 wurden 2023 nur 2,1 Mio. Euro investiert.

Investitionsstopp – BOGESTRA 2023 (Vorlage 20241057)

Dramatische Zahlen

Die bedrohliche wirtschaftliche Lage der BOGESTRA ließ keine Investitionen mehr zu. Gemeinhin gelten in der Wirtschaftswelt Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von unter 20% als Sanierungsfall, Der Anteil Eigenkapital am Gesamtkapital liegt bei der BOGESTRA bei nur noch 11,6%, 308 Mio. Euro Schulden belasten das Unternehmen.

88,8 Mio. Euro Verlust erwirtschaftete das Unternehmen im Jahr 2023., 21,7% mehr als geplant. Das ausufernde Defizit ist Folge des dramatischen Einbruchs der Fahrgastzahlen seit 2019. Im Jahr 2019 vermeldet die BOGESTRA noch stolz 143,3 Mio. Fahrgäste. Zudem erklärte das Unternehmen im Wirtschaftsplan 2020, dass mit der Einführung des „Netz 2020“ eine weitreichende Verbesserung des ÖPNV-Angebotes verbunden und deshalb für die Zukunft eine weitere Zunahme der Fahrgastzahlen zu erwarten sei. Die Zahlen zum Jahresabschluss 2023 zeigen jedoch eine ganz andere Entwicklung. Die Zahl der Fahrgäste ist gegenüber 2019 auf 106,7 Mio. Fahrgäste (Zählsystem BOGESTRA) und damit um über ein Viertel (25,5%) gesunken.

Während der Material-, Energie- und Personalaufwand gegenüber 2022 nur leicht, um 1,6% gestiegen ist, ist der Einbruch bei den Fahrgastzahlen und Erträgen einschneidend. Statt geplanten 184 Mio. nahm die BOGESTRA 2023 nur 158 Mio. Euro ein (-14,4%). Die Fahrgastzahlen stiegen zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht, blieben aber weit hinter den Erwartungen von 2019 zurück. Die leichte Erhöhung dürfte allein auf den Corona-Erholungseffekt zurückzuführen sein.

Der Nahverkehrsplan, das so genannte “Netz 2020”, ist gescheitert. Anders als von Stadt und BOGESTRA immer wieder versprochen, hatte das Konzept keinen positiven Effekt auf die Fahrgastzahlen. Auch das Deutschlandticket hatte keinen nachweisbaren Effekt. Es hat allein dazu geführt, dass die Kunden ihr Abo gegen das günstigere Deutschland-Ticket getauscht haben. Die Vorgabe des Bochumer Oberbürgermeisters, die Fahrgastzahlen bis 2030 zu verdoppeln, ist zu einem irrealen Wunschtraum geworden (Positionspapier „Städte, Landkreise und Verkehrsverbünde begrüßen das Ziel der Verdoppelung der Fahrgäste des ÖPNV bis 2030!“),

Gründe für die Entwicklung

Doch warum bleiben die Fahrgastzahlen so weit unter dem Niveau von 2019? Die Entwicklung ist besonders auf vier Gründe zurückzuführen:

1. Kirchturmdenken – Eigentlich ist der Nahverkehr eine Ruhrstadtaufgabe. Doch das Kirchturmdenken in allen Gemeinden der Ruhrstadt, sowohl in der Politik wie der Verwaltung, verhindert ruhrstadtweites Denken und Handeln, stattdessen werden lieber die eigenen Pfründe gesichert und verteidigt.

2, Blockade bei Netzausbau – In der Ruhrstadt verhindert eine generelle politische Blockade einen metropolengerechten Ausbau des ÖPNV-Netzes. In Bochum etwa lehnt Rot-Grün alle Initiativen dazu seit Jahren konsequent ab.

3. Mangelnde Kundenorientierung – Die Nahverkehrsunternehmen der Ruhrstadt sind an steigenden Fahrgastzahlen und gutem Kundenservice desinteressiert. Das zeigt sich insbesondere an dem kundenfeindlichen Fahrpreis- und Ticketsystem, mit dem die Unternehmen die Nutzung von Bus- und Bahn durch Ab-und-zu-Kunden bewusst unattraktiv machen  (VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel).

4. Multimodaldefizit – Die Umsetzung von Maßnahmen zur multimodalen Nutzung des Verkehrs werden verschleppt bzw. abgelehnt. So hat es die Stadt Bochum bis heute nicht geschafft, ein Netz von Mobilitätsstationen aufzubauen, um es Menschen zu ermöglichen, bequem und ohne Zeitverlust mit einer Kombination verschiedener Verkehrsmitteln zum Ziel zu kommen, obwohl die Schaffung der Stationen bereits 2013 beschlossen wurde. (Bochum fehlen Car-Sharing-Stellplätze und Mobilitätsstationen).

Im Ergebnis führen alle vier Punkte zu einem schlechten ÖPNV-Angebot, das viele Menschen in Bochum und dem Ruhrgebiet nicht oder nur selten nutzen, weil es für sie unattraktiv ist. Dass das Deutschland-Ticket nicht zu dem erwarteten Anstieg der Fahrgastzahlen geführt hat, zeigt auch, dass die ÖPNV-Infrastruktur so miserabel ist, dass selbst, wenn die Fahrpreise konkurrenzlos günstig sind, dies für mögliche Kunden in der Ruhrstadt kein Anreiz ist, Bus- und Bahn zu nehmen. Fahrtzeiten, die jene mit dem Auto um regelmäßig bis zum Doppelten überschreiten, werden Menschen selbst dann nicht in Kauf nehmen, wenn der ÖPNV gänzlich kostenfrei wäre.

Eine Erhöhung der Fahrgastzahlen ist aufgrund des sich absehbar nicht verbessernden OPNV-Angebots auch für die Zukunft nicht zu erwarten, Die BOGESTRA wird voraussichtlich große Schwierigkeiten haben, die Fahrgastzahlen auf dem jetzigen Niveau zu stabilisieren.

Die Folgen: Investitionsstopp, Kostensenkung und Personalabbau

Daraus ergibt sich folgende Frage: Was bedeutet die wirtschaftliche Notlage der BOGESTRA für die Zukunft des Unternehmens?

Der Investitionsstopp zeigt, die Lage ist ernst. Die BOGESTRA selbst ist nicht mehr in der Lage nennenswerte Investitionen in den Nahverkehr zu schultern. Hätte man die für 2023 geplanten Investitionen durchgeführt, wäre das Defizit der BOGESTRA um weitere rd. 7,8 Mio. Euro gestiegen. Der Abschreibungsaufwand hätte sich erhöht, ebenso wie der Zinsaufwand. Zu den 308 Mio. Euro Schulden wären weitere 30,5 Mio. aufgrund des zu finanzierenden Eigenanteils hinzugekommen. Verzinst zu 3,8% würde das pro Jahr 1,2 Mio. Euro zusätzlichen Zinsaufwand ausmachen. Busse werden über 6 Jahre abgeschrieben. Gleisanlagen und Stellwerk deutlich länger. Bei im Schnitt 10 Jahren Abschreibung ergäben sich weitere 6,6 Mio. Abschreibungsaufwand pro Jahr. Zinsen und Abschreibungen würden sich damit auf insgesamt 7,8 Mio. Euro Mehraufwand pro Jahr summieren und das über 10 Jahre. Das kann die BOGESTRA nicht mehr stemmen. Folgerichtig kam es zum Investitionsstopp.

Anders als es im Jahresabschluss suggeriert wird, ist nicht vorgesehen die 2023 in Höhe von 66 Mio. Euro ausgefallenen Investitionen nachzuholen. Für 2024 werden im Wirtschaftsplan nur 30 Mio. Euro für Investitionen vorgesehen. Dieser Betrag ist der in den letzten Jahren übliche. Bei Verschiebung der Investitionen aus 2023 ins Folgejahr hätten für 2024 über 90 Mio. eingeplant werden müssen. Die Investitionssumme wurde somit in voller Höhe gestrichen.

Doch wie kann ein weiteres Kollabieren der BOGESTRA verhindert werden? Dazu hat es laut Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, der gleichzeitig auch im Aufsichtsrat der BOGESTRA sitzt, bereits erste Überlegungen und Berechnungen gegeben. “Er habe für seine Stadt einmal mehrere Einsparvarianten durchrechnen lassen. Wenn man dort nur fünf Millionen Euro einsparen wolle, müssten in erheblichem Umfang Verkehre reduziert werden,” (Rheinische Post vom 08.05.2024). Die von Eiskirch angesprochenen Einsparungen bedeuten, Buslinien aufgegeben, um Personal abzubauen und so die Personalkosten zu reduzieren. Denn hier zeigt sich ein weiteres Problem des Nahverkehrsunternehmens, zwar endet jede Verwaltungsvorlage zu den Wirtschaftsplänen mit dem Satz “Mittelfristig wird eine leichte Reduzierung der Gesamtzahl an Mitarbeiter*innen angestrebt.” Tatsächlich ist die Zahl aber von 2023 auf 2024 um 63 Beschäftigte gestiegen (+2,6 %).

Den zu befürchtenden Personalabbau haben diejenigen in der Politik zu verantworten, die immer wieder eine Verbesserung des ÖPNV-Angebotes verhindert haben, besonders den grundlegenden Ausbau des Schnellverkehrsnetzes. Die Versäumnisse der Vergangenheit rächen sich. Die BOGESTRA steht mit dem Rücken zur Wand.

Was ist zu tun?

Als Präsident des Städtetages hat der Bochumer OB den ersten Hilferuf schon abgesendet: Er fordert mehr ÖPNV-Mittel von Bund und Land (Rheinische Post vom 08.05.2024). Bisher gleichen die Stadtwerke in Bochum das Defizit der BOGESTA aus. Die Mittel dazu sind allerdings begrenzt, denn die Stadtwerke brauchen ihr Geld für die Strom- und Wärmewende. Ein Defizit in der aktuellen Größenordnung können sie dauerhaft nicht decken.

Statt bei anderen um Geld zu betteln, sollte die Politik der Ruhrstadt und Bochums allerdings zunächst selbst sehen, dass sie das tut, was nötig ist, um BOGESTRA und den ÖPNV in der Ruhrstadt wieder auf sichere wirtschaftliche Füße zu stellen. Da steht an allererster Stelle eine ruhstadtweit einheitliche Nahverkehrsplanung und ein Zusammenschluss aller Nahverkehrsunternehmen der Ruhrstadt zu einem einzigen.

In Bochum selbst wäre es nötig, die politische Blockade gegen den substanziellen Ausbau des Schnellverkehrsnetzes aufzugeben. Darüber hinaus muss die BOGESTRA wirtschaftlich saniert werden. Das ist nur möglich mit Hilfe einer externen Unternehmensberatung. Diese muss Vorschläge machen, mit welchen Maßnahmen die Einnahmen gesteigert und die Ausgaben gesenkt werden können. Genau das werden die STADTGESTALTER jetzt im Stadtrat beantragen.

07 Sep.

Tops und Flops in Bochum in den letzten 6 Jahre

Am 13.09.2020 wird in Bochum ein neuer Stadtrat gewählt, die letzte Wahl fand am 25.05.2014 statt. Welche Tops und Flops ereigneten sich in der Stadt in diesen 6 Jahren? Hier eine Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Flop – STEAG – Nachdem die Stadt zusammen mit anderen Ruhrgebietsstädten bereits die erste Hälfte des Kohleunternehmens STEAG gekauft hatte, kaufte sie 2014 den 2. Teil. Eine 200 Mio. Euro teure Fehlinvestition. Jetzt will man die Anteile des wirtschaftlich schwer angeschlagenen Steinkohelverstromers nur noch loswerden (Kein Geld der Stadt für die Sanierung der STEAGTop – Zumindest die RWE-Aktien, hat die Stadt mittlerweile verkauft.

Top – Haushaltsausgleich – Erstmals seit Jahrzehnten ist der Haushalt der Stadt wieder ausgeglichen. Begünstigt durch eine gute Konjunktur und extrem niedrige Zinsen, konnte die Stadt die Ausgaben wieder unter die Einnahmen drücken. Doch die angehäuften über 1,8 Mrd. Euro Schulden lasten weiterhin schwer auf den Schultern der Stadt.

Flop – U35-Verlängerung zur Unterstraße, die mindestens 100 Mio. Euro kosten sollte, konnte gestoppt werden, weil die STADTGESTALTER einen fatalen Rechenfehler in der Nutzen-Kosten Rechnung fest stellten. Der NKU-Wert lag nicht bei 1,23, sondern nur bei 0,29. Die Fehlinvestition von 100 Mio. konnte verhindert werden (U35-Verlängerung vor dem Aus).

Top – Haus des Wissens mit Markthalle – Bereits 2012 hatten die STADTGESTALTER die Schaffung einer Markthalle, zusammen mit Stadtbücherei und VHS auf dem Gelände des Telekom-Blocks vorgeschlagen. Jetzt wird genau dieser Plan Realität (Markthalle wird Realität).

Flop – Schulzentrum Gerthe – Kosten am Schulzentrum explodierten noch bevor mit dem Bau begonnen wurde von den geplanten 50 Mio. auf 150 Mio. Jetzt sollen es nach Umplanungen maximal 120 Mio. werden (Stadt verliert Kontrolle über Bauprojekte)

Flop – Rats-TV  Die Übertragung der Ratssitzungen ins Internet) scheiterte immer wieder im Rat. Immer wieder beantragt, doch immer wieder stimmte die SPD dagegen, die Grüne Fraktion mit wenigen Ausnahmen ebenso und auch die Fraktion der UWG-Freien Bürger stimmte, entgegen ihrem Motto “Klarheit, Wahrheit und Offenheit” nicht zu.

Top – Die Arbeitslosigkeit in der Stadt sinkt auf unter 10%. Der wirtschaftliche Aufschwung kommt, wenn auch spät, endlich auch in Bochum an. Die Arbeitslosigkeit liegt aber immer noch fast 40% höher als im Bundesdurchschnitt. Während der Corona-Krise steigt die Arbeitslosigkeit wieder auf 10,2%.

Flop – Viktoria Karree 
– Damit der Plan eines neuen Einkaufszentrums am Husemannplatz doch noch Wirklichkeit wird, mietet die Stadt einen wesentlichen Teil der Büroflächen in dem neuen Komplex und subventioniert so das Projekt mit 26,5 Mio. in 20 Jahren (26,5 Mio. Subventionen für Einkaufszentrum).

Flop – Radverkehrskonzept – Das Radverkehrsnetz, das bereits 1999 beschlossen wurde, ist auch 21 Jahre später noch nicht umgesetzt. Die bereits 2014 beschlossene Fortschreibung des Konzeptes kommt jedoch voraussichtlich erst 2021, nachdem die Verwaltung sich über 6 Jahre geweigert hatte, den Beschluss des Rates umzusetzen (Stadt und Politik blockieren Radwegeausbau). 

Top – Die Einwohnerzahl der Stadt steigt wieder. Es werden wieder mehr Wohnungen gebaut. Es ziehen wieder mehr Menschen nach Bochum. Die Herausforderung bleibt, den benötigten Wohnraum in bestehenden Wohngebieten und durch Modernisierungen zu schaffen, statt dafür Grünflächen zu opfern.

Flop – Kohleinvestitionen – Die Investitionen der Stadt in Kohlekraftwerke müssen abgeschrieben werden. Beim Kraftwerk Hamm-Uentrop entstand ein Verlust von 65 Mio., beim Kraftwerk Lünen werden es gem. Kohleausstiegsgesetz voraussichtlich 50-70 Mio. sein (Kraftwerk Lünen könnte 50-70 Mio. Verlust bringen).

Top – Corona-Management – Der städtische Krisenstab bewältigt die Corona-Krise bisher gut. Das von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Drive-In-Testzentrum erweist sich als Erfolg (Viele testen – Drive-in Corona-Teststationen).

Flop – Digitalisierung – Die Corona-Krise legt die schweren Defizite der Verwaltung und der Schulen bei der Digitalisierung offen. Die Versäumnisse der Vergangenheit lassen sich nicht in kurzer Zeit aufholen. Flächendeckender digitaler Unterricht wird an Bochumer Schulen erst frühestens ab Mitte 2021 möglich sein (Corona-Krise legt digitale Defizite der Stadt offen).

Top – Vonovia – Das DAX-Unternehmen Vononvia bleibt in Bochum und baut hier eine neue Firmenzentrale, die aber leider architektonisch und in Sachen nachhaltigem Bauen ein Flop ist (Vonovia-Zentrale – Eine neue Bausünde). 

Flop – Klimaschutz – Die Stadt ruft den Klimanotstand aus, die Politik tut danach aber dennoch nichts. Weder das Klimaschutzziel wird angepasst, noch werden Maßnahmen auf den Weg gebracht, die sicherstellen, dass die Stadt bis spätestens 2040 klimaneutral wird. Auch wird aufgedeckt, dass die Stadt den Umsetzungsstand vieler beschlossener Klimaschutzmaßnahmen gar nicht kennt und auch nicht nachverfolgt (Klimaschutz, viel Papier, wenig Greifbares).

Top – Mark 51°7 – Auf den ehemaligen Opelflächen entsteht ein Innovationsquartier der RUB. Die Fläche ist bei uninahen und innovativen Unternehmen (VW-Infotainment, Bosch ESCRYPT u.a.) sehr begehrt  Auf dem Gelände Mark 51°7 werden bis zu 9.000 Arbeitsplätze entstehen.

Flop – Verkehrswende – Die Stadt strebt einen Modal-Split an, bei dem jeweils 25% der Wege zu Fuß, auf dem Rad, mit dem Auto und mit Bus- und Bahn zurückgelegt werden. Tatsächlich verändern sich die Wegeanteile auch 2018 gegenüber 2013 kaum: Auto 54% (-2%P) Rad 7% (+2%P). Der Anteil des ÖPNV, 15% (-1%), sinkt sogar, da die Stadt für den Ausbau des Nahverkehrsnetzes so gut wie nichts unternommen hat.

Flop – City Bochum – Bei der Befragung der Besucher zur Qualität der City bekam die Innenstadt für die Plätze und Orte zum Verweilen nur die Note 3,7. Die Kinderfreundlichkeit wurde mit 3,5 bewertet, die Gesamtattraktivität wird als unterdurchschnittlich empfunden. Die Einzelhändler sagen, sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Corona-Krise verschärft die Lage. Top – Immerhin, wenn auch viel zu spät, sollen jetzt im Rahmen des ISEK-Innenstadt die Innenstadtplätze neu gestaltet werden.

Top – Bewältigung Flüchtlingskrise – Die Aufnahme der Flüchtlinge gelingt der Stadt in vielen Bereichen besser als anderen Städten. Die Vergaben bei der Betreuung und Unterbringung werden allerdings zum teuren Flop (Teure Planlosigkeit bei Flüchtlingsbetreuung). Darüber hinaus müssen viele Container ungenutzt, weil unbrauchbar, abgeschrieben werden.

Flop – Innenstadt Wattenscheid – In 6 Jahren haben Stadt und Politik keine nennenswerten Maßnahme zur Belebung der Wattenscheider Innenstadt unternommen. Der Niedergang setzt sich fort und wird immer sichtbarer. Der hilflose Versuch mit hässlichen Felsklötzen das Parken in der Innenstadt zu unterbinden, hat das Stadtbild weiter verschandelt, war in der Sache aber erfolglos (Felsklötze verunstalten Stadtbild und helfen nicht gegen Falschparker).

Flop – Ruhrstadt – Auch nach sechs weiteren Jahren sind die Städte des Ruhrgebietes einer Ruhrstadt keinen echten Schritt näher gekommen. Der RVR ist bereits an der Entwicklung und Verabschiedung des Flächentwicklungsplan für die ganze Region kläglich gescheitert.

02 Nov.

Vom Ruhrgebiet zur Ruhrstadt – ein neuer Lösungsvorschlag

Die Einwohner des Ruhrgebiet identifizieren sich zum einen mit der Stadt, in der sie leben, fühlen sich aber ebenso als Bürger des Ruhrgebietes. Der Wunsch in einer eigenen selbstbestimmten Ruhrstadt zu leben, die unabhängig von den Regierungsbezirken Arnsberg, Münster und Düsseldorf selbständig über die Zukunft des Reviers entscheidet, ist groß und wird immer wieder vorgebracht.

Das Ziel Ruhrstadt

Die Menschen im Ruhrgebiet erleben jeden Tag, dass Dinge wie Busse und Bahnen, Wirtschafts- und Kulturförderung im Ruhrgebiet nur sehr schlecht funktionieren weil sie ruhrgebietsweit nicht einheitlich organisiert werden. Für die meisten ist unverständlich, dass die Städte und Gemeinden des Ruhrgebietes immer wieder aneinander vorbei planen, sich gegenseitig im Weg stehen, statt gemeinsam möglichst an einem Strang zu ziehen

Auch die Außenwirkung einer Ruhrstadt fehlt. Das Ruhrgebiet als Ruhrstadt würde dem Ruhrgebiet national wie international eine ganz andere Schlagkraft verleihen. (Wo bleibt die Megacity Ruhrstadt?, Wirtschaftswoche vom 06.02.19).

Doch bis heute gibt es die Ruhrstadt eigentlich nicht mal im Ansatz. Bisher wollten die Städte nur selbst möglichst stark zu sein, sie hatten kein ernsthaftes Interesse an einer Ruhrstadt, sie (Versemmelt, Abgesang auf die Utopie einer blühenden Ruhrstadt). Weiterlesen