14 Jul

Ruhrstadt – Die Metropole, die keine sein will, aber trotzdem eine ist

Wer in das Stadtgebiet von Duisburg bis Dortmund kommt, geht davon aus, er befinde sich in einer Metropole. Aber warum ist diese viertgrößte Metropole Europas auf keiner Karte verzeichnet, so schlecht organisiert und scheint man in Sachen Stadtentwicklung noch in den 80ern festzustecken?

Die Ruhrstadt ist mit 3,43 Mio. Menschen die viertgrößte Metropole Europas (ohne Türkei und Russland), nur in Paris (10,1 Mio.), London (8,86 Mio.) und Berlin (3,77 Mio.) leben mehr Menschen.

Ruhrstadt – viertgrößte Metropole Europas

Der urbane Raum (zusammenhängendes Stadtgebiet) in der Mitte des Ruhrgebiets besteht aus 15 Städten, deren Siedlungsstruktur nahtlos ineinander übergeht. Es handelt sich um eine polyzentrische Metropole mit 15 Stadtzentren aber einheitlichem Stadtgebiet. Die gleiche Struktur zeichnet u.a. auch London, Berlin und Tokio aus. Anders als Paris oder Madrid verfügen polyzentrische Metropolen nicht über ein dominierendes zentrales Stadtzentrum, sondern über mehrere etwa gleichrangige Zentren. So besteht Tokio (9,6 Mio.) aus 23 Städten, die sich auch als solche bezeichnen, London besteht aus 33 Zentren, davon bezeichnen sich zwei explizit als Städte (City of London und City of Westminster). Auch die Metropole Berlin stellt einen Zusammenschluss von Land- und Stadtgemeinden (Berlin, Neukölln, Spandau, Wedding, Reinickendorf usw,) mit jeweils eigenem Zentrum dar.

Ruhrstadt im Vergleich zu anderen Metropolen

Funktional besitzen Metropolen sehr unterschiedliche Verwaltungsstrukturen. Während in London die zentrale Verwaltung der Metropole sehr stark ist und die ehemaligen Land- und Stadtgemeinden nur noch in relativ wenigen Bereichen eigenständige Entscheidungen treffen, haben diese in Berlin größere Freiräume (z.B. eigene Gerichte und Kompetenzen bei der Verkehrsplanung). In der Metropole Tokio wiederum agieren die Städte weitgehend unabhängig, die Metropolverwaltung (Präfektur) hat nur sehr begrenzte zentrale Zuständigkeiten. Dagegen verfügen die Unité urbaine Paris wie die Ruhrstadt über keine zentrale metropolitane Verwaltungseinheit.

In der geografischen Ordnung wäre das Ruhrgebiet, mit dem “Großraum Ruhrstadt” gleichzusetzen. Die Metropolregion Ruhrgebiet verfügt mit dem RVR in Teilbereichen über eine zentrale, aber sehr schwache Verwaltungsstruktur. Der “Großraum Ruhrstadt” ist gemessen an der Bevölkerungszahl mit 5,15 Mio. Einwohner*innen gegenüber der Île-de-France (12,5 Mio.), der Metropolregion London (14.4 Mio.), der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (6,2 Mio.) oder gar der Metropolregion Tokio (37,2 mio.) jedoch vergleichsweise klein.

Die positiven Effekte einer Metropole

Metropolen verfügen besonders in drei Bereichen über große Vorteile gegenüber Großstädten:

  • Möglichkeit der Nutzung von Skaleneffekten zur Steigerung der Kosteneffizienz (z.B. bei Verwaltung und städtischen Unternehmen)
  • Schaffung einer einheitlichen, hoch effizienten Infrastruktur aus einem Guss (z.B. ÖPNV, Ver- und Entsorgung)
  • Steigerung der Konkurrenzfähigkeit durch höhere Sichtbarkeit aufgrund der Größe und Vielfältigkeit (Marke, Image)

Nutzt man diese drei Effekte, bedeutet das für die Metropole gegenüber herkömmlichen Großstädten sowohl erhebliche Mehreinnahmen wie deutliche Kostensenkungen.

Ruhrstadt kann Metropoleneffekte nicht nutzen

Die Ruhrstadt ist bisher jedoch nicht in der Lage sich so zu organisieren, um die entsprechenden Metropoleneffekte auszunutzen:

Auf der europäischen Landkarte findet die Ruhrstadt nicht statt. Wer nicht vorhanden und sichtbar ist, wird als Standort für Wirtschaftsansiedlungen und als Tourismusziel eher selten in Betracht gezogen.

Eine dysfunktionale Infrastruktur, wie sie die Ruhrstadt insbesondere im ÖPNV vorzuweisen hat, schreckt Investoren ab, während sonst die hocheffiziente Organisation z.B. beim ÖPNV Metropolen attraktiv macht und Menschen wie Unternehmen anlockt. Den Vorteil von Metropolen, alle erdenklichen urbanen Angebote auf dichtem Raum schnell erreichbar anzubieten, kann die Ruhrstadt nicht bieten. 

Der nicht im Ansatz metropolengerechte ÖPNV sorgt in der Ruhrstadt dagegen dafür, dass die Wege in der Ruhrstadt weiterhin lang sind. So braucht man für eine Rundtour zu den 11 Highlights der Ruhrstadt mit Bus und Bahn 8,5 Stunden. So schreckt man Städtereisende ab. (Mieser Nahverkehr schreckt Touristen ab).

Auch in Sachen Kosteneffizienz dient die Ruhrstadt nur als Negativbeispiel, Fast alle Stadtgemeinden erfüllen ihre Aufgaben durch eigene, autarke Verwaltungen und Unternehmen. Zusammenarbeit mit anderen Städten der Ruhrstadt ist weiterhin die Ausnahme. Lobenswerte Initiativen in diese Richtung scheitern immer wieder kläglich am Kirchturmdenken von Politik, Gewerkschaften und anderen (Fusion von Bogestra und Ruhrbahn quasi gescheitert). Das kostet die Stadtgemeinden der Ruhrstadt völlig unnötig Milliarden.

Niemand fühlt sich zuständig und verantwortlich

Die Verwaltungs- und Infrastruktur der Ruhrstadt effizient und kostengünstig zu gestalten, ist bisher kein Ziel der Politik in der Ruhrstadt. Diese fokussiert sich darauf Geld von Bund und Land zu fordern, um ihre finanziellen Defizite auszugleichen (Benachteiligt die Ampel das Ruhrgebiet?). Statt selbst die Initiative zu ergreifen und die Ruhrstadt zu einer effizient funktionierenden Metropole umzubauen, hat man jeden Stolz verloren und ist sich nicht zu schade auf Betteltour zu gehen, um die finanziellen Folgen seiner eignen Unfähigkeit von anderen bezahlen zu lassen. (Lässt der Bund das Ruhrgebiet im Stich? Neue Vorwürfe).

Für Stadtgestaltung und –entwicklung, also auch für den Aufbau einer metropolengerechten Verwaltungs- und Infrastruktur, sieht sich die Politik im Ruhrgebiet parteiübergreifend seit jeher nicht zuständig (Kommunen der Ruhrstadt verlieren Anschluss). Alles, was Stadtentwicklung betrifft, überlässt man den Verwaltungen, die gemäß ihrem rechtlichen Auftrag nur die eigene Stadtgemeinde im Fokus haben und zu deren gesetzlichen Aufgaben nicht die Schaffung von Metropol-Strukturen zählt.

Die Aufgabe, eine metropolengerechte Verwaltungs- und Infrastruktur zu Schafen obliegt allein der Politik, die sich aber bisher als unfähig erweis, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Die Politik nennt die Schaffung entsprechender Strukturen zwar immer wieder als Ziel, Initiativen diese aufzubauen haben dagegen Seltenheitswert.

Dabei hindert kein Gesetz die Stadtgemeinden der Ruhrstadt, die städtischen Unternehmen zu verschmelzen oder Infrastrukturplanungen wie zum Nahverkehrsplan oder Wärmeplan Ruhrstadt übergehend in entsprechenden Gesellschaften durchzuführen, um dann daraus abgeleitete Pläne gemäß der gesetzlichen Vorschriften auf Stadtgemeindeebene einzureichen. Selbst die Übernahme von Aufgaben für mehrere Städte durch das Amt einer Stadt wäre rechtlich in vielen Fällen möglich und wird im Ausnahmefall auch bereits praktiziert. So ist das Umweltamt in Hagen auch für Bochum und Dortmund zuständig.

Politik tut so, als gäbe es die Ruhrstadt nicht

Vieles wäre möglich, scheitert aber an der fehlenden Bereitschaft der Politik, entsprechende Strukturen zu schaffen, bzw. daran, dass man die Zuständig- und Verantwortlichkeit dafür ablehnt. Das Narrativ der Politik, es wäre Aufgabe des Landes rechtlich das Gebilde einer Metropole Ruhrstadt mit entsprechenden Verwaltungsstrukturen zu schaffen, ist falsch, dies ist Aufgabe der Politik in den Stadtgemeinden der Ruhrstadt. Das Land kann mit der Anpassung von gesetzlichen Regelungen die Stadtgemeinden maßgeblich unterstützen und ihnen helfen, die nötigen Veränderungen müssen aber die Stadtgemeinden selbst anschieben.

Die Metropole Ruhrstadt gibt es de facto bereits, sie muss nicht erst vom Land geschaffen werden, ehe die Stadtgemeinden meinen tätig werden zu müssen. Es ist schon heute ihre Aufgabe, die für ein Funktionieren der Ruhrstadt nötige Verwaltungs- und Infrastruktur zu schaffen. Die Verantwortlichkeit für die überall in der Ruhrstadt sichtbaren Versäumnisse auf andere zu schieben, ist nicht gerechtfertigt.

Den Politikern und Politikerinnen der Ruhrstadt muss klar werden, dass sie bereits heute verantwortlich für eine Ruhrstadt mit metropolengerechten Strukturen sind, denn die Metropole ist faktisch bereits vorhanden und muss effizient im Sinne der Bürger*innen funktionieren. Weiterhin so zu tun, als gäbe es die Metropole Ruhrstadt, nicht, um sich den daraus resultierenden Aufgaben und Verantwortungen zu entziehen, ist keine Option.

Die Ruhrstadt ist in Sachen Stadtentwicklung an den anderen Metropolen Europas zu messen. Die Messlatte liegt also sehr viel höher als die Politik meint.

Stadtplanung und -gestaltung muss in der Hand der Stadtgemeinden bleiben

Bei der Gestaltung der Ruhrstadt ist jedoch zu beachten, dass polyzentrische Metropolen sich regelmäßig dadurch auszeichnen, dass sich ihre Zentren voneinander stark unterscheiden. Das bedeutet eine große Attraktivität und Vielfalt innerhalb der Metropole. Dagegen sehen die Zentren der Ruhrstadt beliebig und fast alle gleichförmig trostlos und öd aus. Das Desinteresse der Politik an Stadtentwicklung im Ruhgebiet hat dazu geführt, dass auf eine individuelle Stadtgestaltung in den letzten 70 Jahren wenig bis gar kein Wert gelegt wurde, man hat einfach ohne groß nachzudenken das nachgemacht, was alle Nachbarstädte auch getan haben.

Aufgabenverteilung Ruhrstadt – Stadtgemeinden

In einer Metropole sollten nicht wahllos sämtliche Aufgaben einer zentralen Metropolenverwaltung übertragen werden, sondern nur so viele wie eben nötig und sinnvoll. Gerade die Aufgaben, die es den Stadtgemeinden ermöglichen ihre Stadt individuell zu gestalten, müssen bei den einzelnen Stadtgemeinden verbleiben. Es sollte sogar ausdrückliches Ziel der Ruhrstadt sein, dass jede Stadtgemeinde ihren eigenen Charakter weiterentwickelt, der auf die Faktoren Lebensqualität Vielfalt und Attraktivität der Metropole Ruhrstadt einzahlt.

Der Weg zur Ruhrstadt

Bisher ist nicht absehbar, dass alle 15 Stadtgemeinden der Ruhrstadt gewillt sind, Aufgaben an gemeinsame, metropolenübergreifende Einrichtung zu übertragen. Daher haben die STADTGESTALTER bereits vorgeschlagen, dass Stadtgemeinden, die dazu bereit sind, zunächst eine Kern-Ruhrstadt bilden, der sich in der Zukunft andere Stadtgemeinden anschließen können (Vom Ruhrgebiet zur Ruhrstadt – ein neuer Lösungsvorschlag).

26 Sep

Kein Mut, kein Konzept – das Scheitern des Ruhrgebiets als Metropole

Die Metropolen und Metropolregionen sind auch in Europa die Boomregionen des 21. Jahrhunderts. Nur eine Metropole hinkt hinterher, das Ruhrgebiet. Ohne Mut und Konzept verharrt die Region im gewohntem Kirchturmdenken und verspielt so jede Chance auf eine herausragende wirtschaftliche Entwicklung als Metropole. Vier Beispiele machen das besonders deutlich.

In den Metropolen Europas nehmen die Einwohnerzahlen seit Jahrzehnten deutlich zu, ebenso wie die Zahl der angesiedelten Unternehmen und die Steuereinnahmen. Im Ruhrgebiet ist all das trotz wirtschaftlichem Boom in Deutschland rückläufig oder stark unterdurchschnittlich. Das Ruhrgebiet verliert immer mehr den Anschluss an die Boomregionen Europas.

Das Problem des Ruhrgebiets zeigt sich besonders beim ÖPNV, der Flächenentwicklung, dem Tourismus und auch bei Zukunftsprojekten wie dem Radschnellweg.

Öffentlicher Nahverkehr – 2,2 Mio. der 5,1 Mio. Einwohner*innen des Ruhrgebiets wohnen in fünf Städten, Duisburg, Mühlheim, Essen, Bochum und Dortmund. Diese Städte liegen alle an der gleichen Bahntrasse. Trotzdem verbindet die Städte bis heute, 2021 nur zweimal die Stunde ein Nahverkehrszug. In echten Metropolen würden Züge die Städte im 3 bis 5 Minutentakt bedienen. Für einen solchen Takt gibt es im Ruhrgebiet nicht mal Pläne. Die Politik ist schon begeistert, wenn irgendwann in 5 bis 8 Jahren der RRX aller 15 Minuten die Städte verbinden soll.

Gleichzeitig will die Politik die Zahl der Kunden im ÖPNV bis 2040 verdoppeln. Einen Ausbauplan für das ÖPNV-Netz des Ruhrgebiets gibt es allerdings nicht. Typisch für die Konzeptlosigkeit im Revier. Im Ruhrgebiet werden auch beim ÖPNV viele große Reden geschwungen, aber keine konkreten Konzepte erarbeitet. Es fehlt der Anspruch, es fehlt der Mut, es fehlt die Kompetenz, um die Zukunft zu planen und zu gestalten.

Die Erstellung des ÖPNV-Bedarfsplans, der als Grundlage für zukünftige Ausbaupläne aufgestellt werden sollte, ist krachend gescheitert. Der aktuell gültige und seit Jahren überholte Plan stammt aus dem Jahr 2006, ist also stolze 15 Jahre alt. Das Verfahren zur Erstellung eines neuen läuft seit 2015. wann es beendet sein soll, ist offen. Es dient allein der Beschäftigung der Ruhr-Bürokratie. Dass die Städte und Gemeinden des Ruhrgebiets ernsthaft gewillt sind ihren Bewohner*innen einen metroplengerechten ÖPNV anzubieten, ist nicht erkennbar, anders ist ihre demonstrative Passivität in Sachen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes nicht zu erklären.

Die Politik ergeht sich in endlosen Bekenntnissen, den ÖPNV auch im Revier wie in Metropolen üblich ausbauen zu wollen. Konkrete Initiativen und Konzepte das umzusetzen gibt es aber leider nicht. Man gefällt sich darin zu reden, statt zu handeln. Glaubwürdigkeit ist in der Ruhrgebietspolitik keine Währung.

Frage: Wie aber will das Ruhrgebiet jemals zu einem metropolengerechten Nahverkehr kommen, wenn Politik und Verwaltung weder in der Lage noch willens sind, einen entsprechenden Plan aufzustellen, wie dieses Ziel in den nächsten zwei Jahrzehnten erreicht werden soll?

Regionalplan Ruhr – Der Regionalplan soll die Rahmenbedingungen der Raumentwicklung festlegen, also konkret für welche Zwecke, welche Flächen im Ruhrgebiet zukünftig genutzt werden können und dürfen. Der Plan ist insbesondere die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung des Ruhrgebiets, denn er legt auch fest, welche Flächen für Gewerbe und Industrie in den nächsten 25 Jahren bereitstehen.

Auch bei der Erarbeitung dieses Plans hat das Ruhrgebiet versagt. Seit 2009 ist die Ruhr-Bürokratie für die Regionalplanung im Ruhrgebiet zuständig, 2011 wurde mit der Erarbeitung des Regionalplans begonnen. Ein rechtsgültiger Regionalplan liegt bis heute nicht vor. Auch wann er vorliegen und verabschiedet wird, ist offen. Eigentlich sollte der Plan schon 2020 vorliegen, aber die Städte und Gemeinden des Ruhrgebiets konnten sich auf den vorliegenden Planungsentwurf nicht einigen. Trotz 8 Jahren Vorbereitungszeit, haben es Politik und Ruhr-Bürokratie nicht hinbekommen, den für die weitere Entwicklung des Ruhrgebiets dringend erforderlichen Plan zu erstellen und zu beschließen.

Auch dieses Beispiel zeigt, es fehlt der Wille die Region voranzubringen. Eine riesige Bürokratie wird beschäftigt, gleichzeitig  verhält sich die Politik mutlos bis destruktiv. Am Ende zeigt das Verhalten aller Beteiligten, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen sind und das Ruhrgebiet unfähig ist. einen Plan aufzustellen, um seine wirtschaftliche Entwicklung selbst zu organisieren.

Frage: Wie soll das Ruhrgebiet eine prosperierende Wirtschaftsregion werden, wenn Bürokratie und Politik es in mittlerweile 10 Jahren nicht schaffen sich auf einen Regionalentwicklungsplan zu einigen?

Ruhr-Tourismus – Eigentlich ist das Ruhrgebiet eine der spannendsten Regionen Europas und könnte auch im Bereich des Städtetourismus boomen. Doch wie das Ruhgebiet im Bereich Tourismus aufgestellt ist, kann allenfalls als amateurhaft bezeichnet werden.

Alles was angeboten wird, ist unzusammenhängendes Stückwerk. Eine klare Linie ist nicht erkennbar. Es gibt eine App, die RUHR.TOPCARD, eine WelcomeCard, die Industriekultur.Ruhr und diverse unzusammenhängende RVR-Internet-Seiten und Angebote zum Thema Tourismus (u.a. Ruhr-Tourismusruhrkultur.jetztRUHR.TOPCARDIndustriekultur.ruhrRuhrbühnenWelcomeCard Ruhr). Eine prominente und professionelle Seite “visitruhrgebiet” mit allen Tourismus- und Kulturangeboten des Ruhrgebiets, wie sie jede fortschrittliche Tourismusdestination anbietet, sucht man dagegen vergebens.

Die ruhrkultur.jetzt-App (ruhrkultur.jetzt) ist ein Reinfall. Im Oktober 2010 gestartet, listet die App für Essen gerade mal 26, für Bochum wie Dortmund jeweils 25, und für Moers 12 Einträge auf. Das sind deutlich unter 1% der Angebote an Sehenswürdigkeiten, Veranstaltungsorte, Gastronomien, Unterkünften und Aktivitäten, die diese Städte tatsächlich anbieten. Auch gibt es die App nur als PWA, im Google Playstore oder bei Apple sucht man sie vergeblich.

Das Angebot an Informationen auf der Seite ruhr-tourismus.de ist vergleichsweise dünn und kommt mit viel zu viel Text altbacken sowie unvollständig daher. Es fehlen direkte Buchungsmöglichkeiten, für die Stadt Bochum zum Beispiel werden gerade mal 18 Aktivitäten angegeben.

Die WelcomeCard Ruhr ist der wenig gelungene Versuch einen Touristenpass, zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Touristen, anzubieten. Das entsprechende Angebot wird nicht beworben und ist kaum zu finden. Die Gestaltung der Internet-Seite wirkt provisorisch, eine App fehlt, die Webseitenersteller*innen haben es nicht mal geschafft alle Attraktionen korrekt auf der Landkarte zu verlinken. Immerhin ist die WelcomeCard auch online buchbar. Das Angebot ist mit rund 60 Aktivitäten allerdings sehr begrenzt und damit unattraktiv, auch gibt es nur Pässe für 24, 48 oder 72 Stunden.

Die Angebote von RUHR.TOPCARD und RuhrKultur.Card mit 90 bzw. 48 Aktivitäten sind angesichts der Größe des Ruhrgebiets ebenfalls überschaubar. Zudem sind beides Jahreskarten und richten sich eigentlich nicht an Touristen, sondern vornehmlich an die Bewohner*innen des Ruhrgebiets.

Auf das Angebot einer App, die sämtliche touristischen Angebote des Ruhrgebiets beinhaltet und eine direkte Buchung und Bezahlung von Eintrittskarten sowie die Reservierung von Tischen und Unterkünften zulässt, wird man im Ruhrtourismus wohl noch Lichtjahre warten müssen.

Der potentielle Ruhrgebiets-Tourist bekommt den Eindruck, der Tourismus im Ruhrgebiet stecke noch in den Kinderschuhen. Dem tatsächlichen touristischen und kulturellen Angebot wird die Präsentation nicht im Ansatz gerecht. Auch in diesem Bereich präsentiert sich das Ruhrgebiet rückständig.

Frage: Wie will das Ruhgebiet Menschen ins Revier locken und sein Image verbessern, wenn man nicht in der Lage ist, alle touristischen Angebote des Ruhrgebiets auf einer Internet-Seite und App darzustellen und attraktive Touristenpässe anzubieten?

Radschnellweg (RS1) – Angepriesen als das Zukunftsprojekt des Ruhrgebiets, ist der RS1, der das ganze Ruhrgebiet irgendwann mal von West nach Ost durchziehen soll, heute das Paradebeispiel für die Unfähigkeit und Inkompetenz der Ruhr-Bürokratie und -Politik.

Eigentlich sollte der RS1 schon 2020 eingeweiht werden. Bisher wurde jedoch nur ein Bruchteil des Radwegs fertig gestellt. Bis heute ist für viele Teilabschnitte nicht mal klar, wo der Schnellweg genau entlangführen soll. Wann der Radschnellweg durchgehend befahrbar sein wird, steht in den Sternen. Mit einer Eröffnung wird erst irgendwann in den 2030ern gerechnet. Was der BER für Berlin ist, ist der RS1 für das Ruhrgebiet.

Die mangelnde Bereitschaft der Politik, die Ruhr-Bürokratie effizient zu organisieren, hat dazu geführt, dass das Ruhrgebiet sich mit diesem Projekt in ganz Europa zum Gespött macht. In den Niederlanden und Dänemark baut man ganze Netze von Radschnellwegen in unter 10 Jahren, das Ruhrgebiet bekommt nicht mal ein einziges Vorzeigeprojekt in der doppelten Zeit fertig.

Der Politik fehlt der Mut, auf den Tisch zu hauen, klare Ansagen zu machen und für eine Beschleunigung des Projektes zu sorgen. Wie immer lässt man die Ruhr-Bürokratie machen und sich durchwurschteln. Mehr als das Desaster schön zu reden, fällt der Politik nicht ein.

Frage: Wie will sich das Ruhrgebiet glaubwürdig als fortschrittliche und moderne Metropolregion präsentieren, wenn sie bereits am Bau eines 101 km langen Radweges durch das Revier scheitert?

RVR wie Ruhrparlament sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems

Die vier Beispiele zeigen, RVR und Ruhrparlament sind nicht Teil der Lösung, diese beiden Institutionen sind wesentlich verantwortlich dafür, dass es das Ruhrgebiet nicht schafft eine echte Metropolregion zu werden. Es wurde eine Ruhr-Bürokratie geschaffen, die sich auf wichtigen Feldern als unfähig erweist, mit den gestellten Aufgaben überfordert ist und mitverantwortlich ist für den Ruf des Ruhrgebiets, dass man hier nicht viel auf die Reihe bekommt. Hinzu kommt eine Politiker*innenriege, der Mut und Willen fehlen, die Ruhr-Bürokratie wirksam zu kontrollieren und zu steuern sowie die grundlegenden Entscheidungen zu treffen, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, die für die Entwicklung einer Metropole erforderlich sind.

Der Weg, das Ruhrgebiet über RVR und Ruhrparlament zu einer wirklichen Metropole zu machen, kann als gescheitert angesehen werden. Weitere Blamagen und Demonstrationen von Unfähigkeit, kann sich das Ruhrgebiet nicht leisten. Der Ruf des Reviers ist schon heute nicht der beste und er leidet weiter, je länger sich RVR und Ruhrparlament weiter durchwurschteln. Es ist Zeit beides hinter sich zu lassen und über neue Wege nachzudenken, wie aus den Städten und Kreisen des Ruhrgebiets eine schlagkräftige und wirtschaftlich erfolgreiche Ruhrmetropole werden kann.

Die Metropole Ruhr kann nur auf anderem Weg entstehen

Die STADTGESTALTER haben 2019 vorgeschlagen, dass sich zunächst nur die Städte des Ruhrgebiets, verbinden, die tatsächlich willens sind, sich zu einer Ruhrmetropole zusammen zu schließen und die die Bildung dieser Metropole selbst in die Hand nehmen wollen. (Vom Ruhrgebiet zur Ruhrstadt – eine neuer Lösungsvorschlag) Im ersten Schritt könnten wenige, aber wichtige Städte des Ruhrgebiets eine enge Kooperation mit dem Fernziel “Ruhrstadt” vereinbaren, z.B. Bochum, Dortmund und Essen. Später könnte man diese Kooperation vertiefen und weitere Städte und Kreise hinzunehmen, nach dem Muster wie auch die EU entstanden ist.

Mögliche Entwicklung zur Ruhrstadt

Dies ist aber nur ein möglicher Weg. Unbedingte Voraussetzung dafür, dass das Ruhrgebiet zu eine international Dies ist aber nur ein möglicher Weg. Unbedingte Voraussetzung dafür, dass das Ruhrgebiet zu eine international erfolgreichen Boomregion werden kann, ist, dass sich das Revier zu einer echten Metropole entwickelt. Dieser Schritt schafft Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze wie kein anderer. Die Politik muss endlich den Mut aufbringen, sich von den alten überkommenen Strukturen zu verabschieden und effiziente neue schaffen. Das wird nicht allein mit immer neuen Bekenntnissen zum Ruhrgebiet zu erreichen sein, ernst gemeinte, durchgreifende politische Initiativen sind gefragt, die endlich den Weg zur Ruhrstadt ebnen.

02 Nov

Vom Ruhrgebiet zur Ruhrstadt – ein neuer Lösungsvorschlag

Die Einwohner des Ruhrgebiet identifizieren sich zum einen mit der Stadt, in der sie leben, fühlen sich aber ebenso als Bürger des Ruhrgebietes. Der Wunsch in einer eigenen selbstbestimmten Ruhrstadt zu leben, die unabhängig von den Regierungsbezirken Arnsberg, Münster und Düsseldorf selbständig über die Zukunft des Reviers entscheidet, ist groß und wird immer wieder vorgebracht.

Das Ziel Ruhrstadt

Die Menschen im Ruhrgebiet erleben jeden Tag, dass Dinge wie Busse und Bahnen, Wirtschafts- und Kulturförderung im Ruhrgebiet nur sehr schlecht funktionieren weil sie ruhrgebietsweit nicht einheitlich organisiert werden. Für die meisten ist unverständlich, dass die Städte und Gemeinden des Ruhrgebietes immer wieder aneinander vorbei planen, sich gegenseitig im Weg stehen, statt gemeinsam möglichst an einem Strang zu ziehen

Auch die Außenwirkung einer Ruhrstadt fehlt. Das Ruhrgebiet als Ruhrstadt würde dem Ruhrgebiet national wie international eine ganz andere Schlagkraft verleihen. (Wo bleibt die Megacity Ruhrstadt?, Wirtschaftswoche vom 06.02.19).

Doch bis heute gibt es die Ruhrstadt eigentlich nicht mal im Ansatz. Bisher wollten die Städte nur selbst möglichst stark zu sein, sie hatten kein ernsthaftes Interesse an einer Ruhrstadt, sie (Versemmelt, Abgesang auf die Utopie einer blühenden Ruhrstadt). Weiterlesen