22 Aug.

Seilbahnlinie City-Ruhr Park: Die Rettung der Innenstadt ist der Ruhr Park

Um Kunden anzulocken will das CentrO eine Seilbahn bauen. Die Bochumer Innenstadt und den Ruhr Park mit einer Seilbahn zu verbinden, diese Idee gibt es schon lange, denn auch die Bochumer City braucht mehr Attraktionen um Kunden zu gewinnen. Mit einer Seilbahn würden von den 50.000 Besucher*innen des Ruhr Parks einige tausend pro Tag auch in die Innenstadt kommen.

Alle Experten weisen schon seit Jahren daraufhin, Einkaufszentren wie Innenstädte funktionieren in Zukunft nicht mehr als reine Shopping-Mals. Neben dem Einkaufserlebnis müssen weitere Attraktionen und Erlebnisse die Kunden anziehen. Das CentrO will daher abseits des Einkaufens zusätzliche Angebote schaffen. Erlebniswelten mit 3D und Virtual Reality, Theater, Spa & Therme sowie eine Seilbahn sollen die Kunden zukünftig in das Einkaufszentrum locken, erklärt der Centermanager im WAZ-Podcast (Ein neuer Name fürs Centro Oberhausen und eine Seilbahn?).

Der Innenstadt fehlen Kunden und Attraktionen

Für die Bochumer Innenstadt und den Ruhr Park gilt nichts anderes. Ruhr Park und CentrO haben den gleichen Betreiber, Unibail-Rodamco-Westfield Germany. Auch im Ruhr Park sucht man nach neuen Attraktionen. Die Bochumer City versucht ebenfalls aufzurüsten, Markthalle, Haus des Wissens und der neue Husemannplatz sollen Highlights werden, mit denen Menschen in Zukunft für einen Besuch in der Innenstadt gewonnen werden sollen. Denn der City fehlen Kunden, lag die Kundenfrequenz von 2002 bis 2011 auf der Kortumstraße noch im Durchschnitt bei 5.000 sind es heute nur noch unter 2.000 Besucher*innen.

Erlebniswelt City-Ruhr Park

Eine einzigartige Attraktion, die sowohl der Bochumer City wie dem Ruhr Park helfen würde, wäre eine Seilbahnverbindung, wie sie die STADTGESTALTER schon 2014 vorgeschlagen haben (Bochumer Innenstadt und Ruhr Park könnte bald eine Seilbahn verbinden).

Streckenverlauf Seilbahnverbindung City-Hauptfriedhof-Ruhr Park

Denn eigentlich liegen Innenstadt und Ruhr Park nicht weit auseinander, mit der Seilbahn nur noch 10 Minuten. Mit der Seilbahnverbindung könnte aus zwei Konkurrenten ein Erlebnisort aus zwei Welten werden. Erlebnisorientierte Kunden würden nicht mehr entweder Ruhr Park oder City besuchen, sondern an einem Tag beides. Erst geht es zum Shopping in den Ruhr Park. Danach mit der Seilbahn in die City, um dort die Markthalle zu sehen, im Bermuda3Eck zu feiern, auf dem Rathausplatz oder dem Propstei Platz die urbane Atmosphäre zu genießen oder die Virtual-Reality-Box auf dem Dr.-Ruer-Platz bestaunen. Abschließend geht es über die Dächer der Stadt zurück zum Ruhr Park. Das ist immer ein Erlebnis, besonders nachts.

Beide Welten ergänzen sich ideal. Der Ruhr Park bietet die Shopping-Welt, die Innenstadt die urbanen Attraktionen, zwischen beiden bietet die Seilbahn ein einmaliges Fahrerlebnis. Durch die Seilbahn rücken beide ganz eng zusammen. Von den 50.000 Kunden, die den Ruhr Park jeden Tag besuchen und von denen drei Viertel nicht aus Bochum kommen, werden viele in die Innenstadt gelockt. Für eine positive Entwicklung benötigt die Innenstadt zusätzliche Kunden. Wie der Radschnellweg tausende neuer potentieller Kunden in die Innenstadt bringen kann, wenn er durch die City geführt wird, könnten sie mit der Seilbahn vom Ruhr Park in die Innenstadt fahren.

Schnelles Verkehrsmittel und Touristenattraktion

In Verbindung mit der Seilbahn wird der Ruhr Park quasi zum Park & Ride Parkplatz für die Innenstadt. Das einmalige Angebot lautet, kostenlos parken am Ruhr Park und dann mit der Seilbahn in die City fahren. Dazu wird der Ruhr Park für ÖPNV-Benutzer vom Hauptbahnhof viel besser erreichbar. Menschen, die mit der Bahn aus anderen Städten nach Bochum kommen, erreichen in 10 Minuten das Einkaufszentrum. Insgesamt bringt die Verbindung mit der Seilbahn City wie Ruhr Park nur Vorteile.

Die Stadt profitiert aber noch in anderen Bereichen. Durch die Seilbahn wird es deutlich attraktiver den Ruhr Park mit dem ÖPNV anzusteuern. Ebenso müssen die Kunden der City, nicht mehr mit dem Auto bis in die City fahren. Die Stadt wird von Autoverkehr entlastet, das ist gut für die Umwelt und hilft die Klimaschutzziele zu erreichen.

Mehr Attraktionen für die Innenstadt

Zudem hat die Erlebniswelt City-Ruhr Park das Potential zu einer einzigartigen Touristenattraktion im ganzen Ruhrgebiet ja sogar deutschlandweit zu werden. Bei Tag oder Nacht über hoch über den Dächern des Ruhrgebiets zu fahren, wird für viele Menschen ein unvergessliches Erlebnis sein.

Bisher fehlt der Innenstadt als Anziehungspunkt und Teil einer Erlebniswelt City-Ruhr Park jedoch noch einiges an Flair, Ambiente und Attraktionen. Vorhanden, in Planung oder im Bau sind bereits folgende Attraktionen und Projekte:

Dazu haben insbesondere die STADTGESTALTER weitere Maßnahmen zur Attraktivierung der Innenstadt vorgeschlagen:

Bestehende und mögliche zukünftige Attraktion in der Innenstadt

Die Erlebniswelt City-Ruhr Park wird jedoch nur funktionieren, wenn die Innenstadt über deutlich mehr attraktive Orte als heute verfügt, wegen denen die Menschen kommen und dort Zeit verbringen wollen, eine Seilbahnverbindung zum Ruhr Park allein reicht nicht. Für eine Erlebniswelt City-Ruhr Park müssen die Akteure der City und der Ruhr Park eine gemeinsame Strategie entwickeln, was sie gemeinsam den Kunden bieten und wie sie das Gesamtpaket vermarkten wollen.

Bis zu 90% der Kosten für den Bau einer Seilbahnverbindung trägt das Land

Voraussetzung für den Erfolg der Erlebniswelt City-Ruhr Park ist die schnelle und hoch attraktive Verbindung zwischen Innenstadt und Ruhrpark. Neben der hohen Attraktivität und dem großen Potential zur Entlastung des Stadtverkehrs, hat die Seilbahn einen weiteren großen Vorteil, die Kosten für ihre Errichtung ließen sich zu 90% aus nicht rückzahlbaren Fördermitteln des Landes finanzieren. Die Instandhaltung und Unterhaltung ist zudem deutlich kostengünstiger als die von U-Bahnen und Straßenbahnen.

Für die Innenstadt Bochum bietet sich eine einmalige Chance. Die Rettung der City könnte der Ruhr Park sein. Nun müssen die Vorbehalte überwunden, den Ruhr Park nicht mehr als Konkurrenten um Kunden zu sehen, sondern als Partner mit dem man die Möglichkeit hat dauerhaft gegen die Innenstädte der Nachbarstädte und Einkaufszentren wie das CentrO zu bestehen. Bei der Neuausrichtung der Bochumer Innenstadt führt kein Weg am Ruhr Park vorbei.

15 Aug.

Bochum die Zombiestadt? Die tickende Zeitbombe im Rathauskeller

Während Politik und Verwaltung in den oberen Etagen rödeln und die Bochumerinnen und Bochumer ihrem Tagewerk nachgehen, tickt in den Tiefen des Rathauskellers eine stattlich aufgetürmte Zeitbombe. Kaum jemand redet noch über Bochums milliardenhohen Schuldenberg, auf dem die ganze Stadt entspannt sitzt und ruhig zu schlafen scheint. Klickt ein Kugelschreiber in Frankfurt, detoniert in Bochum der Sprengsatz. Zurückzahlen wird die Stadt diese Summen niemals. Sollte der Leitzins steigen, so sackt die Finanzierung des Haushaltes mit kurzer Latenz in sich zusammen. Allein ein Altschuldendfonds wäre ein Ausweg.

Die Schulden der Stadt setzen sich aus zwei Kreditarten zusammen, die auch Privatpersonen so oder so ähnlich kennen. Es gibt die regulären Kredite, die zur dauerhaften Finanzierung abgeschlossen werden. Privatpersonen kennen dies als Privatkredit, Autokredit oder auch als Baufinanzierung. Dazu kommt der Dispokredit, bei dem man als Privatmann (oder -Frau) sein Konto kurzfristig zur Deckung von vorübergehenden Engpässen überziehen kann. Bei der Stadt heißt der Dispokredit etwas anders, nämlich Kassenkredit.

1, 8 Milliarden Schulden hat die Stadt Bochum

Die gesamten kommunalen Schulden Bochums belaufen also auf rund 1,8 Milliarden Euro, 710 Millionen davon sind Kassenkredite. Man müsste die 86 Einkommensmillionäre, die es in Bochum gibt (Stand 2017, IT NRW), also überzeugen, ihre gesamten Einkünfte für die nächsten 21 Jahre vollständig an die Kämmerin zu spenden, um auf Plus-Minus-Null zu kommen. Wäre die Stadt ein überschuldeter Privathaushalt, dem die Kredite gekündigt würden, so hätten die Bürger*innen als Bürgen noch heute pro Kopf 4.867 EUR (Stand 31.03.2021) an die Gläubiger zu überweisen.

Zwar wird auch in diesem Jahr wieder eine frohe Botschaft verkündet werden, nämlich ein Jahresüberschuss von 48,6 Mio. EUR (Jahresabschluss 2020), aber gemessen an den Gesamtschulden ist dies nicht nur a) der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, b) tatsächlich durch die Coronakosten von 50,4 Mio. EUR, die über das nächste halbe Jahrhundert abgestottert werden müssen, aufgefressen und c) nicht durch eine strukturelle Leistung der städtischen Finanzplanung erzielt worden.

Die Folgen von Zinserhöhungen wären fatal für die Stadt

Die dickste Pauke in dem Jahresabschluss-Orchester der klingenden Sektgläser steuert nämlich der kryptische Posten „Allgemeine Finanzwirtschaft“ bei. Als die längerfristige Finanzplanung der Kämmerei aufgestellt wurde, da waren die geringen Zinsen noch nicht absehbar. Wenn man milliardenschwere in der Kreide steht, dann macht jedes Prozent „den Kohl fett“. Es kommt daher sehr gelegen, dass die EZB seit Jahren auf Zinsen verzichtet. Geld bei der Zentralbank kostet den Geschäftsbanken also Null, Nichts, Nada. „Der Zins ist abgeschafft“, kommentierte dies Anfang 2021 der Präsident des hessischen Sparkassen- und Giroverbands.

Nun ist dies kein Gefallen des damaligen EZB-Chefs Drahgi an den heutigen Bochum-Chef Eiskirch. Ziel war und ist vielmehr, dass die Geschäftsbanken den Unternehmen günstigere Kredite offerieren können und so mehr investiert und konsumiert werden kann. Dies ist eine geldpolitische Maßnahme, um einen Kollaps der Wirtschaft im Zuge der Finanzmarkt- und Eurokrise zu verhindern. Dieses günstige Angebot nehmen aber auch die Kommunen gerne mit.

Doch wie lange dauert der Ausflug ins Schlaraffenland? Die Niedrigzinspolitik der EZB wird irgendwann ein Ende haben müssen. Der Immobilienmarkt gilt jetzt schon als überhitzt, weil Anleger in Betongold flüchten. Die Altersvorsorge der Kleinsparer wird weiter aufgefressen. Die Inflation in Deutschland hat aktuell mit 3,8% den höchsten Wert seit 1993 erreicht. Im Vorbericht des Bochumer Haushaltes 2020/2021 war bereits von Seiten der Kämmerei die Rede davon, dass sich „die Zeichen für eine Zinswende mehren“.

Sollte die EZB in Frankfurt eine Wende vollziehen, dann hat dies massive Auswirkungen. Unternehmen und Banken, die allein aufgrund der expansiven Geldpolitik noch Puls haben, gelten als Zombies. Steigt der Zins, dann geraten diese alpengroßen Risiken ins Wanken. Auch Bochum könnte man zu der Gattung der Zombies zählen – Aber zu den besonders langsamen Zombies. Die Kämmerei versucht mit ihrem Schuldenmanagement die niedrigen Zinsen so weit es geht zu sichern. Im Vergleich zu Zinssicherungen, die man von seinem Baukredit kennt, bei denen Linien gut und gerne mehr als 15 Jahre laufen, gelten langfristige Zinssicherungen bei Kommunen schon ab 5 Jahre. So sind 95% der Kommunalkredite über 5 Jahre gesichert. Wie lange diese genau gesichert sind, darüber schweigt sich der Bericht zum Schuldenmanagement aus. Bei den teuren Kassenkredite sind mehr als die Hälfte unter 5 Jahre Zinsbindung laufend. Ein Durchschlagen der Zinsen wird damit aber nur aufgeschoben, solange die Gefahrenquelle selbst, die hohen Schulden, nicht abgetragen wird. Im Zweifel dürfen die Folgen dann die künftigen Generationen schultern, denen auch schon die Klima-Kosten vererbt werden.

Lösung Altschuldenfond

Wird die Stadt diese Schulden zurückzahlen? Nein. Auch wenn OB Eiskirch sagte, „die Stadt kommt nun mit dem Geld, das sie einnimmt, wieder aus“, wird davon nicht ein Heller oder Pfenning der Schulden getilgt. Allein ein Altschuldenfonds, bei dem sich höhere politische Ebenen an der Rückzahlung der kommunalen Schulden beteiligen, ist ein realistisches Szenario.

Immerhin ist es in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen, dass Kommunen bankrott gehen. Amerikanische Horrornachrichten über zahlungsunfähige Kommen, wie im Falle New Yorks im Jahre 1975, und einen Government Shutdown wird man hierzulande nicht lesen müssen. Zwar kann man so noch beruhigt die Türe aufmachen, wenn es klingelt, weil man nicht mit Moskau Inkasso rechnen muss – Wer aber denkt, dass die Schulden so keine Auswirkungen auf sein Leben hätten, der schneidet sich Zentimeter tief ins eigene Fleisch. Viele Ausgaben, die noch in die Bereiche Straßenerhaltung, Radwegeausbau, Schulausstattungen, Schwimmbäder und KiTa-Ausbau sowie in den sozialen Bereich fließen, werden dann in die Kassen der Banken flattern.

DH

07 Aug.

VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel

Um Gelegenheitsfahrer vom Bus- und Bahnfahren abzuschrecken hat der VRR einen einzigartigen Tarifdschungel geschaffen. Jetzt gibt es weitere Ideen das Tarifdickicht noch undurchdringlicher zu machen. Offen ist weiterhin, wann Fahrgäste für den Fahrscheinkauf eine Schulung nachweisen müssen, mit der sie die Fähigkeit erworben haben im VRR-Tarifdschungel den richtigen Fahrschein zu lösen. Eine Glosse.

80 Seiten dick ist der so genannte “Überblick” des VRR über das Tarifsystem (Der Tarif im Überblick). Das komplette Tarifsystem wird in allen Einzelheiten in einem dreibändigen Kompendium erklärt, das vom Lehrstuhl für die wissenschaftliche Erforschung des VRR-Tarif- und Fahrscheinsystems der Hochschule Gelsenkirchen herausgebracht wird. Der Lehrstuhl erforscht die Untiefen des VRR-Tarifdschungels und bietet einen 6-semestrigen Studiengang an, der mit dem Bachelor of “VRR-Tarif und Ticket-Art“ abgeschlossen werden kann. Nur mit diesem Abschluss dürfen Tarifexpert*innen sich neue Preisstufen, Ticketvarianten und Tarife für den VRR ausdenken. Der Abschluss ist ebenfalls Voraussetzung für die Leitung eines VRR-Kundencenters.

Kunden verzweifeln am Tarifsystem des VRR

Für die Kunden will der VRR jetzt dreiwöchige Tarif-Schulungen anbieten, denn in umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass nur sehr wenige Menschen in der Lage sind, im VRR-Tarifdschungel die richtige Fahrkarte zu lösen. Von 100 Kunden schaffen es nur drei in 9 von 10 Fällen innerhalb von 30 Minuten den für sie günstigsten Fahrpreis im VRR zu finden. Von 100 Testpersonen mussten zehn nach ausgiebigen Tests psychologisch betreut werden, da sie an dem System des VRR verzweifelten und vor den Fahrkartenautomaten mit Weinkrämpfen zusammenbrachen.

Immer neue Tarife und Preisstufen

Der VRR und seine Nahverkehrsunternehmen aber sind offenbar stolz darauf, ihren Kunden das komplizierteste Der VRR und seine Nahverkehrsunternehmen aber sind offenbar stolz darauf, ihren Kunden das komplizierteste Tarifsystem der Menschheitsgeschichte anzubieten. Tarifexpert*innen haben jetzt eine Reihe weiterer Vorschläge vorgelegt um den Tarifdschungel noch undurchdringlicher zu machen. So soll das Bärenticket in drei weitere Fahrscheine differenziert werden. Für besonders reiselustige Frührentner*innen zwischen 55 und 60 Jahren soll das Pandaticket angeboten werden. Menschen mit schlohweißen Haaren ab 65 sollen zukünftig das Eisbärenticket erwerben können. Für Menschen ab 60, die beim Schwarzfahren erwischt werden, ist sollen zum Nachlösen eines Schwarzbärenticket gezwungen werden, bei dem der reguläre Fahrpreis mit ihrem Lebensalter multipliziert wird. Hochbetagten sollen ab einem Alter von 99 alle Fahrten erstattet werden, wenn sie das 100 Lebensjahr vollendet haben (Century-Ticket).

Auch bei den Jüngsten solle es das Schokoticket demnächst in weiteren Geschmacksrichtungen geben. Angedacht sind unter anderem Traube-Nuss, Müsli-Muffin und Keks-Karamel. So finden auch Schokoticket-Nutzer mit Nuss-Allergie oder vegan lebende Schüler*innen demnächst das für sie passende Ticket.

Besonders innovativ soll das Halbwegticket sein. Alle, die weil ihnen schlecht wird, sie was vergessen haben oder aus sonst einem Grund eine beabsichtigte Fahrt unplanmäßig auf halber Strecke frühzeitig beenden müssen, soll das Ticket eine Fahrpreisreduktion von 21,23% ermöglichen.

Neu würde auch der Schwarzfahrjoker sein, den es in allen Tarifstufen ab 10 Euro geben soll. Bei Vorlage des Jokers, kommt der ertappte Kunde beim Schwarzfahren einmal straffrei davon.

Auch die Preisstufe A soll reformiert werden. Bisher gibt es im VRR-System die Preisstufe A3, die alle “Großstädte mit sehr dichtem und qualitativ besonders hochwertigem Nahverkehrsangebot” umfasst. Da das Angebot des VRR jedoch in keiner Stadt sehr dicht und qualitativ besonders hochwertig ist, kann in diese Stufe eigentlich keine Stadt des VRR-Gebiets eingeordnet werden. In der neuen Preisstufe A sollen die Kommunen daher neu eingeteilt werden, in A1: Es gibt nur Busse und die kommen selten und nur hin und wieder pünktlich, A1½: es gibt dazu auch einen Bahnanschluss, A2: Busse und Bahnen kommen auch schon mal häufiger, A3: Es wird etwa 50% von dem angeboten, was sonst in europäischen, amerikanischen und asiatischen Großstädten und Metropolen Standard ist.

Nur kein einfaches Tarifsystem

Der Einführung eines Smartcard-Tickets, wie es das in fast allen fortschrittlichen Metropolen der Welt gibt, verweigert sich der VRR auch weiterhin. Eine Karte als E-Fahrschein, auf die man Geld laden kann und deren Guthaben die Kunden dann Fahrt für Fahrt abfahren, indem man sie bei Fahrtbeginn und -ende an einen Kartenleser hält, lehnen die Tarifexpert*innen des VRR weiterhin ab. Aus VRR-Kreisen ist zu hören, ein solches System sei für die Kunden des VRR aufgrund seiner Einfachheit unverständlich, da diese auf das absurd komplizierte VRR-Tarifsystem konditioniert seien. Zudem würde ein einfaches System viel zu viele Kunden veranlassen auf Bus und Bahn umzusteigen. Volle Busse und Bahnen wolle man den Fahrgästen des VRR jedoch nicht zumuten.

Die Nachteile der Smartkarten hätten sich zudem in der Corona-Krise gezeigt. Mit einem Smartcard basierten Fahrscheinsystem hätten die Nahverkehrsunternehmen des VRR deutlich weniger coronabedingte Einnahmeverluste eingefahren und hätten so auf Millionen staatlicher Hilfen zum Ausgleich dieser Verluste verzichten müssen. Denn während im VRR-Gebiet der Fahrkartenkauf im Bus oder den Kundencentern über Monate nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war und daher viele Kunden ohne zu zahlen oder gar nicht mit Bus und Bahn unterwegs waren, hätten in Nahverkehrssystemen mit Smartkarte viele Gelegenheitsfahrer*innen ihre E-Fahrscheine (Smartkarten) auch während der Krise weiter an den Automaten und online aufgeladen und so den ÖPNV weiter benutzt.

Doch jetzt gibt es revolutionäre Überlegungen zukünftig gleich ganz auf das Tarif- und Fahrscheinsystem zu verzichten. Aufgrund der coronabedingten Erfahrungen mit einem Betrieb von Bussen und Bahnen fast ohne Fahrgäste, werden erste Stimmen laut, ob man den Nahverkehr im VRR-Gebiet vielleicht zukünftig ganz ohne Fahrgäste betreiben sollte, denn dann könnten Fahrscheine und Tarife gleich ganz entfallen.

Eine einfaches Tarifsystem im VRR, die Hoffnung ist tot

Bus- und Bahnkunden dürfen gespannt sein, was die nächsten Jahre bringen. Hoffnung, dass sich wirklich was ändert, gibt es allerdings nicht. Die Pressemeldung, in der die Führung des VRR jedes Jahr verkündet, dass das Fahrschein- und Tarifsystem bald wesentlich vereinfacht würde, wird zukünftig jeweils am ersten April veröffentlicht.

Der VRR und seine Nahverkehrsunternehmer sind Dinosaurier, die sich in ihrem eigenen Tarifdschungel verirrt haben. Die Erfahrung zeigt, der nächste Evolutionsschritt ist erst möglich, wenn die Dinosaurier ausgestorben sind.

01 Aug.

Bochum braucht für benachteiligte Stadtteile echte finanzielle Hilfe statt Symbolpolitik

Knapp 7 Mio. Euro erhält Bochum vom Land NRW um den Niedergang von fünf Stadtteilen zu stoppen. Ein lächerlich geringer Betrag, mit dem nichts Durchgreifendes bewirkt werden kann. Die Freude Bochumer Politiker*innen über diesen “Geldsegen” erscheint unangebracht.

So funktioniert Symbolpolitik, das Land lobt Jahr für Jahr eine auf den ersten Blick hohen Millionenbetrag an Mitteln für Städtebauförderung aus (Städtebauförderung 2021: 368 Mio.), der dann auf Projekte der 214 Städte und Gemeinden des Landes verteilt werden. Das ermöglicht im ersten Schritt eine medienwirksame Ankündigung des scheinbaren Geldsegens und dann im zweiten eine symbolische Übergabe der Millionen-Zuwendungsbescheide vor Ort, bei der sich Ministerin wie Lokalpolitiker*innen auch bildlich gegenüber den Wähler*innen als Segensbringer*innen in Szene setzen können. Dabei haben die Kommunen eigentlich nur Anträge gestellt, die dann erwartungsgemäß fast alle von der Bezirksregierung im zuvor avisierten Umfang bewilligt wurden (Bochum und der Förderirrsinn).

Städtebauförderung in homöopathischen Dosen

Dass der bewilligte Betrag eigentlich zu gering ist um damit Nennenswertes zu erreichen, wird im Rahmen der politischen Inszenierung gekonnt überspielt, Sieht man nur die reine Zahl, geht es um “Millionen”. 7 Millionen hört sich viel an, ist aber tatsächlich lächerlich wenig. Über 1.500 Mio. umfasst der Haushalt der Stadt Bochum, da sind 7 Mio. nicht mal ein halbes Prozent. Dazu müssen die 7 Mio. auf fünf Stadtteile aufgeteilt werden (Wattenscheid, Laer, Hamme, Werne/LA_Alter Bahnhof und Innenstadt). In allen fünf Stadtteilen besteht dringender Handlungsbedarf, um die negative Entwicklung der letzten Jahre zu stoppen.

Schaut man sich an, welche Summen wirklich erforderlich wären, um den Niedergang der fünf Stadtteile zu stoppen, dann stellt der Betrag nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein dar, der schon verdunstet ist, ehe er überhaupt auf dem Stein auftrifft. Das wird auch an den konkreten Maßnahmen deutlich, die mit dem Geld gefördert werden sollen (Städtebauförderprogramm 2021)). Zwar sind diese Projekte für sich gesehen allesamt wichtig und richtig, sie sind aber nicht im Ansatz geeignet, die negative Entwicklung der Stadtteile aufzuhalten. 62% der 7 Mio. Fördermittel entfallen auf nur zwei Projekte: In Wattenscheid fließen 2,5 Mio. in das Haus für Musik, Kunst und Kultur der Musikschule, in Laer 1,85 Mio. in die Aufwertung des Spiel- und Bolzplatzes an der Grundschule.

Städtebauförderung Bochum 2021

Diese Projekte sollen den Niedergang ganzer Stadtteile stoppen? Wohl kaum, dafür sind andere Maßnahmen in ganz anderen Dimensionen erforderlich. Um die Stadtteile wieder vorzeigbar zu machen, damit Menschen wieder gerne hinziehen, muss die Stadt grundlegende Sanierungs- Modernisierungsmaßnahmen auf den Weg bringen. In Wattenscheid müsste die Innenstadt, in Laer der Bereich um den Lahiri-Platz grundlegend neugestaltet werden. Das beides zusammen würde nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 100 Mio. Euro kosten. Angesichts dieser Aufgabe und Herausforderung, wirken die beiden geförderten Projekte wie zwei Sandkörner in der Wüste.

Von den insgesamt 7 Mio. entfallen auf die Stadtteile Hamme und Innenstadt jeweils rund 520 und 560 TEuro, das ISEK-Gebiet Werne/LA-Alter Bahnhof bekommt sogar nur 330 TEuro. Das ist kaum mehr als Städtebauförderung in homöopathischen Dosen.

Geförderte Maßnahmen sind fragwürdig

Zudem ist die Mittelverwendung fragwürdig. In Wattenscheid, Hamme und Innenstadt fließt ein wesentlicher Teil der Mittel in so genannte “Hof- und Fassadenprogramme”, in Fachkreisen auch Potemkinsche-Dörfer-Programme 2.0 genannt. Mit einem Teil dieser Gelder streichen jene Immobilienbesitzer*innen ihre Fassaden, die das sonst auch ohne staatliche Förderung getan hätten, ein anderer Teil macht die Fassade und den Hof schön, substanziell aber ändert sich an den Gebäuden sonst nichts, eine bisher nicht geplante grundsätzliche Sanierung und Modernisierung wird durch solche Programme eher selten angestoßen. So wird das Stadtbild zwar punktuell für ein paar Jahre aufgehübscht, eine nachhaltige und dauerhafte Wirkung ist jedoch nicht zu erwarten.

Die Städtebauförderung NRW ist letztlich nicht mehr als ein typisches Instrument aus dem Werkzeugkasten der Symbolpolitik, mit dem sich die Politik gegenüber den Wähler*innen mit Aktionismus profilieren möchte. Wollte man in NRW wirklich die negative Entwicklung in bestimmten Teilen des Ruhrgebietes von Marxloh, Altenessen, Dortmunder Nordstadt bis Wattenscheid-Mitte aufhalten, dann wäre ein auf diese Stadtteile fokussierter Mitteleinsatz in einer ganz anderen Dimension erforderlich.

Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“

Das ist der Stadt Bochum durchaus bewusst, weshalb sie sich am Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ beteiligt, das unter dem Motto “Not der Städte in NRW endlich beenden: Für Zukunftspakt & gleichwertige Lebensverhältnisse” eine Finanzausstattung der Kommunen mit eigenem Geld fordert, die es unter anderem ermöglicht, dass die Kommunen die negativen Entwicklungen in den benachteiligten Stadtteilen mit eigenen Haushaltsmitteln beenden können und den Städten die Bettelei um Brotkrumen wie bei der Städtebauförderung erspart bleibt.

Angesichts des Engagements der Stadt im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ ist jedoch erstaunlich, dass der Oberbürgermeister die Zuweisungsbescheide für die in jeder Hinsicht unzureichenden Fördermittel ohne ein Wort der Kritik aus den Händen der Ministerin entgegennahm und sich die Stadt in einer Pressemitteilung nicht kritisch, sondern überschwänglich erfreut über die Mittelzuweisung zeigte (Pressemitteilung Stadt Bochum 29.07.21).

Mut für klare Worte gegenüber der Ministerin fehlte

Der Übergabetermin wäre ein Anlass für klare Worte gegenüber der Ministerin gewesen. Die Stadt hätte deutlich auf die Lage der sich in Not befindlichen Stadtteilen hinweisen können. Angesichts der ungenügenden Zuwendungen wäre es nötig gewesen nachdrücklich auf die Forderung der Stadt nach einer angemessene Finanzausstattung hinzuweisen, um Bochum wieder in die Lage versetzen aus eigener Kraft gleichwertige Lebensverhältnisse in der ganzen Stadt herzustellen. Leider fehlte für ein deutliches Statement der Mut. Stattdessen ließen sich Politiker*innen der Stadt für die Symbolpolitik des Landes einspannen und stellten sich lächelnd für ein Foto mit der Ministerin auf.

Gegen deutliche Worte gegenüber der Ministerin kann eingewendet werden, dass zu befürchten ist, dass die Stadt Gefahr liefe, bei der nächsten Vergabe von Städtebaufördermitteln dafür mit ein paar Millionen weniger abgestraft zu werden. Dieses Risiko besteht. Das Ziel aber sollte sein auf Dauer eine angemessene Finanzausstattung zu erreichen. Das wird nur gelingen, wenn alle betroffenen Städte klare Kante zeigen und sich nicht bereits wegen ein paar Millionen mehr oder weniger für die Symbolpolitik des Landes vereinnahmen zu lassen.

25 Juli

Platz am Zeche-Holland-Turm ist fertig

Mit etwas Verspätung wurde der Platz am Zeche-Holland-Turm Wirklichkeit. Ein Projekt, das Wattenscheid insbesondere der Bürgerinitiative „Wir in Wattenscheid – Schacht IV“ zu verdanken hat. Doch fehlende Termine für die Eröffnungsfeier und den Start der Turmbesichtigungen sorgen jetzt für Ärger.

Bis zur Freigabe des Platzes am Holland-Turm war es ein langer, steiniger Weg. Erst sollte der ehrwürdige Turm der Zeche Holland saniert werden, dann, nachdem die Fördergelder für die Sanierung nicht abgerufen wurden, drohte der Abriss. Die Menschen in Wattenscheid demonstrierten, der Turm konnte erhalten werden und wurde doch noch saniert. Um den Turm entstand besonders aufgrund des großen Engagements der Bürgerinitiative „Wir in Wattenscheid – Schacht IV“ ein Platz, mit dem der Turm jetzt glänzend in Szene gesetzt wird. In Wattescheid entstand ein spannender Ort, der schon kurz nachdem er für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, viele Menschen aus Wattenscheid und Umgebung anzieht, dort ihre Zeit zu verbringen und den Turm zu bestaunen.

Der lange Weg zum Platz und zur Sanierung des Zeche-Holland-Turms

Doch der Reihe nach:

2013 wird bekannt, dass die Stadt Bochum, die Fördermittel für den Turm nicht abgerufen hat und daher der Abriss droht (Das endlose Drama um den Erhalt des Förderturms der Zeche Holland). Im November organisiert der Wattenscheider Künstler Kalle Wirsch mit Unterstützung der STADTGESTALTER eine Demonstration zum Erhalt des Turms. 300 Menschen kommen und setzen sich für den Erhalt ein (Zeche Holland muss bleiben! – Reportage).

2013 – Noch im gleichen Jahr gibt die Politik nach und sichert zu, dass der Turm erhalten und saniert wird.

Januar 2018 – Nachdem bekannt wird, dass das Gelände rund um den Holland-Turm zunächst an die AWO für ein sozialkulturelle Zentrum abgegeben werden soll (Soziokulturelles Zentrum neben dem Hollandturm geplant), gründet sich auf Initiative von Klaus Windmüller die Bürgerinitiative „Wir in Wattenscheid – Schacht IV“, mit dem Ziel ein nachhaltiges und bürgernahes Zukunftskonzepts zur öffentlichen Nutzung des Turms der Zeche Holland und seiner näheren Umgebung zu entwickeln. Die Bürgerinitiative fordert, dass ein Nutzungskonzept für das Gelände rund um den Turm nur unter intensiver Einbeziehung der Bürger*innen entwickelt werden soll.

April 2018 bis Juni 2019 – Die Sanierung des Turms wird endlich durchgeführt (Der Hollandturm erscheint im neuen Glanz).

April 2018 – die Bürgerinitiative „Wir in Wattenscheid – Schacht IV“ legt ein umfassendes Nutzungskonzept (Nutzungskonzept als pdf) zur Entwicklung des Geländes am Holland-Turm vor, bei dessen Entwicklung auch die parteilosen STADTGESTALTER maßgeblich mitgewirkt haben (Nutzungskonzept Zeche-Holland-Turm).

Dezember 2019 bis März 2020 – In zwei Workshops entwickelt die Stadt gemeinsam mit der Bürgerinitiative, Vertreter*innen der Politik und anderen Akteur*innen aus der Stadtgesellschaft ein Konzept, wie das Umfeld des Turms neugestaltet werden soll. Wesentliche Teile des Konzepts der Bürgerinitiative fließen in das neue Konzept ein. Unter anderem werden die Beleuchtungsidee, der Vorschlag zur Nutzung als Veranstaltungsort mit einer Bühne und die Einrichtung einer Gastronomie mit Biergarten übernommen.

Ebenfalls wird besprochen, dass Bochum Marketing in Zukunft die Besichtigung des Turms für Interessierte organisieren soll.

Oktober 2020 bis Juni 2021 wird das Gelände rund um den Zeche-Holland-Turm entsprechend des in den Workshops entwickelten Konzeptes umgestaltet und am 30.06. der Öffentlichkeit übergeben. In Kürze soll auf dem Platz in einem Container noch eine kleine Gastronomie mit Biergarten, der “Kumpeltreff”, eröffnen (Der Wattenscheider “Kumpeltreff” im Container nimmt Form an).

Vieles ist schon umgesetzt worden, aber einige Fragen sind noch zu beantworten. So kann der Turm immer noch nicht von der Öffentlichkeit bestiegen werden. Nur VIP-Gäste der Bochumer Wirtschaftsentwicklung (WEG) kommen in den Genuss einer Turmbesteigung. Das sorgt bei den Wattenscheider*innen für großen Unmut. Es wurde versäumt rechtzeitig zur Freigabe des Platzes das Ende 2019 besprochene Besichtigungskonzept zu erstellen und mit allen Beteiligten abzustimmen. Das soll jetzt bis Mitte August nachgeholt werden.

Hans-Köster-Platz

Eine weitere offene Frage ist, wie der Platz am Turm zukünftig heißen soll. Die Bürgerinitiative hat vorgeschlagen, den Platz nach Hans Köster zu benennen, der im April 2019 verstorben ist. Hans Köster wuchs im Schatten des Turms auf, begann 1959 auf Holland seine Lehre und war später Betriebsführer der Ruhr Kohle AG. Nach seiner Pensionierung verarbeitete er seine Erinnerungen und seinen Wissensschatz zu Wattenscheid und Bergbau in 22 Büchern und engagierte sich mit Leib und Seele für den Erhalt des Zeche-Holland-Turms wie den Platz, der jetzt am Turm entstanden ist.

Zur Eröffnung des Platzes sollte es zudem ein Fest geben. Doch ein Termin für das Eröffnungsfest ist bisher nicht bekannt. Konkrete Planungen scheint es nicht zu geben. Dafür soll auf dem Gelände in den nächsten Wochen eine Wahlkampfveranstaltung der Grünen zur Bundestagswahl stattfinden. Auch darüber ärgert man sich in Wattenscheid. Wie Turm und Gelände im nächsten Jahr in kulturelle Veranstaltungen wie den Tag des Offenen Denkmals NRW,, der Langen Nacht der Industriekultur, oder der Extraschicht eingebunden werden sollen, ist ebenfalls noch offen.

Umgebung des Holland-Geländes soll saniert werden

Die mangels städtischer Pflege herunter gekommene Umgebung des Zeche-Holland-Geländes will die Stadt in nächster Zeit sanieren und wieder Instand setzen. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu überlegen, wo in Wattenscheid das im Rahmen der Turmsanierung abgenommene Originalschild mit dem signifikanten “Holland”-Schriftzug aufgestellt werden sollte. Zudem muss die Stadt sicher stellen, dass Turm und Platz auch in den nächsten Jahren in einem guten Zustand bleiben. Es muss verhindert werden, dass wie sonst so oft in Bochum über Jahre die Erhaltung des Geländes  vernachlässigt wird, bis aufgrund der Verwahrlosung die Besucher*innen ausbleiben oder gar das Gelände abgesperrt werden muss.

Mittelfristig ist weiterhin zu überlegen, wie die Flächen nördlich und westlich des Turms, auf denen aktuell noch die Flüchtlingscontainer stehen, genutzt und an das jetzt frei gegebene Gelände angegliedert werden können.

Wattenscheid braucht weitere Highlights

Turm und Platz sind zu einem Highlight geworden, das die Wattenscheider*innen und Besucher*innen aus dem Ruhrgebiet schon jetzt magisch anzieht. Wattenscheid hat endlich einen neuen Ort erhalten, der sich stolz vorzeigen lässt. Ohne das hartnäckige und beispiellose Engagement des streitbaren Wattenscheiders Klaus Windmüller und seiner Mitstreiter*innen der Bürgerinitiative „Wir in Wattenscheid – Schacht IV“ wäre das Projekt wohl so nie umgesetzt worden.

Das Projekt zeigt, wo es in Wattenscheid an vielen Stellen unter anderem in der Innenstadt und am August-Bebel-Platz fehlt, streitbare Menschen mit klaren Vorstellungen, die bereit sind sich für die notwendigen grundlegenden Umgestaltungen zu engagieren und sich für deren Umsetzung einzusetzen. Zu hoffen ist, dass dieses Projekt erlebbar macht, was auch in Wattenscheid möglich ist und wie wichtig attraktive, vorzeigbare Orte für die Stadt sind.

Die STADTGESTALTER

18 Juli

Ohne Umsteigen von Bochum nach Recklinghausen und Münster

In 21 Minuten mit dem Zug ohne Umsteigen von Bochum nach Recklinghausen und in etwas mehr als einer Stunde nach Münster. PARTEI und STADTGESTALTER legen jetzt einen Vorschlag vor, wie das auch ohne einen Millionen Euro teuren Streckenausbau gehen könnte.

Politik und RVR haben dem VRR bereits 2016 den Auftrag gegeben, zu prüfen wie eine direkte Zugverbindung von Bochum nach Recklinghausen realisiert werden kann. Doch eine solche Verbindung zu schaffen ist schwer, da die Bahntrasse von Bochum nach Recklinghausen in wesentlichen Teilen aktuell nur eingleisig ausgebaut ist und über diese Schienentrasse bereits die Regionalbahn RB46 zweimal die Stunde nach Gelsenkirchen fährt.

Vom VRR geprüfte Möglichkeiten erfordern teure Umbaumaßnahmen an der Bahntrasse

Der VRR hat bisher drei Varianten für eine Direktverbindung geprüft und kommt zu dem Ergebnis, dass selbst ein Direktzug, der zwischen beiden Städten nur einmal in der Stunde verkehrt, sich nur mit erheblichen Investitionen in die bestehende Trasse realisieren ließe (Fahrplantechnische Untersuchung Direktverbindung Bochum – Recklinghausen). Hinzu kommt, die erforderlichen Investitionen sind nicht nur teuer, ihre Umsetzung braucht auch mehrere Jahre Zeit.

Der Vorschlag der Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER”

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” legt nunmehr einen Vorschlag für eine Direktverbindung von Bochum nach Recklinghausen und sogar bis Münster über Marl, Haltern und Dülmen vor, der sich ohne Umbau der bestehenden Bahntrasse realisieren ließe.

Die Idee ist, die bisherige Linie des RB46 vom Bochumer Hauptbahnhof bis Riemke mit einem Zug zu befahren der aus zwei eigenständigen Zugteilen besteht (Doppeltraktion). Am Bahnhof Riemke sollen dann beide Zugteile getrennt werden. Ein Zug fährt weiter – wie bisher – nach Gelsenkirchen, der andere nach Recklinghausen und wird dort an den RE42 gekoppelt, mit dem er dann über Marl, Haltern und Dülmen bis nach Münster fährt.

Möglicher Fahrplan Bochum – Recklinghausen – Münster

Wie RB46 und RE42 aktuell würde die neue Linie zweimal die Stunde verkehren. Von Bochum nach Recklinghausen würde die Fahrt 21 bis 22 Minuten dauern, nach Münster 1 Stunde und 7 Minuten. Die Fahrtzeit nach Recklinghausen würde sich von derzeit 30 bis 34 Minuten also deutlich verkürzen, nach Münster um nur wenige Munster verlängern, im Gegenzug entfiele das Umsteigen in Wanne-Eickel.

Sollte es bei einem Zugteil zu einer Verspätung kommen, so dass eine fahrplanmäßige Kopplung in Riemke nicht mehr möglich ist, kann der verspätete Zugteil bis Hamme Bf. fahren, dort bereits die Fahrtrichtung wechseln, um dann im folgenden Umlauf wieder mit dem anderen Zugteil in Riemke verbunden zu werden.

Zusätzlicher Halt in Hofstede

Zwar erreicht die Lösung von PARTEI und STADTGESTALTERn nicht die vom VRR anvisierte Reisezeit zwischen Bochum und Gelsenkirchen von 19 Minute, dafür werden aber auch alle Halte zwischen Bochum und Recklinghausen bedient, was bei den Lösungen des VRR nicht möglich wäre. Der Vorschlag von PARTEI und STADTGESTALTERn sieht darüber hinaus einen zusätzlichen Halt in Hofstede vor, den die STADTGESTALTER bereits 2017 vorgeschlagen haben (Eine neue Haltestelle für Hofstede).

Zweigleisiger Ausbau der Trasse Bochum – Recklinghausen sollte langfristig trotzdem erfolgen

Die jetzt von PARTEI und STADTGESTALTERn vorgeschlagene Lösung bedeutet aber nicht, dass die Bahntrasse Bochum – Recklinghausen nicht trotzdem in Zukunft auf durchgängig zwei Gleise ausgebaut werden sollte. Damit die Linien zwischen Bochum, Gelsenkirchen, Recklinghausen und Münster noch deutlich attraktiver werden, sollte das Ziel verfolgt werden, die Fahrtzeiten erheblich zu verkürzen und die Taktung der Züge auf mindestens viermal die Stunde zu erhöhen. Das ist aber nur nach einem zweigleisigen Ausbau der Strecke möglich.

Eine Beschleunigung  des Bahnverkehrs und die daraus folgende Verkürzung der Fahrtzeiten hätte zudem zur Folge, dass die Bahnen mehr Pufferzeiten für die Fahrtrichtungswechsel am Linienende und das Koppeln der Zugteile zur Verfügungen hätten, um Verspätungen wieder auszugleichen.

Die von PARTEI und STADTGESTALTERn vorgeschlagene Lösungsvariante wird von der Fraktion im nächsten Schritt beim VRR eingereicht und den zuständigen politischen Gremien vorgelegt, so dass der VRR eine detaillierte Prüfung vornehmen und ein Realisierungskonzept erstellen kann. Wenn die Machbarkeitsprüfung erfolgreich ist, könnte im günstigsten Fall eine Umsetzung, schon sehr kurzfristig, gegebenenfalls sogar schon im Jahr 2022, erfolgen, da für die Realisierung des Vorschlags kein Umbau von Gleisanlagen erforderlich ist.

11 Juli

Armut in abgehängten Stadtteilen nimmt bedenklich zu

Immer mehr Menschen müssen in Bochum von Sozialleistungen leben. Doch die Entwicklung ist nicht in allen Stadtteilen gleich. Von 2006 bis 2019 nahm der Anteil der Menschen, die ALG II oder Sozialgeld beziehen, in den Stadtteilen, die sich seit Jahren negativ entwickeln, massiv zu, während er in den Stadtteilen abnahm, die in Bochum als besonders lebenswert gelten. Was sind die Ursachen? Was kann die Stadt tun?

Insgesamt wuchs der Anteil der Menschen, die auf den Bezug von ALG II oder Sozialgeld in ganz Bochum angewiesen ist von 2006 bis 2019 um 8,7% (Sozialdaten Bochum). Während er aber in Stadtteilen wie, Grumme (-20,7%), Weitmar-Mark (-23,1%) und Südinnenstadt (26,3%), in denen der Anteil bisher schon relativ niedrig lag (unter 10%), stark gesunken ist, stieg er in Stadtteilen, in denen er ohnehin hoch (über 15%) lag nochmals drastisch an: Leithe (+32,7%), Wattenscheid-Mitte (+32,1%), Westenfeld (+23,6%).

Anteil der Empfänger von ALG II/Sozialgeld Entwicklung von 2006 bis 2019, Datenquelle: Sozialbericht der Stadt Bochum

Die Ursachen für die Entwicklung

Insgesamt bedeutet das, die ärmeren Stadtteile werden tendenziell immer ärmer, die reicheren Stadtteile reicher. Die Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, ziehen in die ärmeren Stadtteile, weil sie sich nur da das Wohnen leisten können, die Menschen mit gutem Einkommen ziehen in die reicheren Stadtteile, auch weil das Stadtbild und die Sozialstruktur der ärmeren Stadtteile, für sie nicht mehr attraktiv ist.

Sozialer Aufstieg ist in Bochum viel zu selten möglich

Als zweite wesentliche Ursache für die Entwicklung ist zu nennen, sozialer Aufstieg ist in Bochum weiterhin viel zu wenigen Menschen möglich, Bildungsgrad und gesellschaftlicher Stand werden in der Regel vererbt. Entsprechend ist in den Stadtteilen, in denen die Zahl der Menschen, die von Transferleistungen leben müssen, hoch ist, auch der Index der Schulempfehlungen für die weiterführenden Schulen am niedrigsten.

In fünf Stadtteilen (Hamme, Westenfeld, Kruppwerke, Werne, Wattenscheid-Mitte) bekommen über 50% der Grundschüler in der vierten Klasse eine Empfehlung für die Hauptschule oder maximal eine eingeschränkte Empfehlung für die Realschule. Alle fünf Stadtteile zählen zu den Stadtteilen mit den höchsten Anteilen an Transferleistungsempfängern. Der Anteil der Menschen, die von ALG II oder Sozialgeld leben, liegt in allen fünf Stadtteilen bei über 20 bis fast 30% und ist im Zeitraum von 2006 bis 2019 deutlich gestiegen (Sozialdaten Bochum), in Hamme signifikant (+7,7%) in den anderen Stadtteilen stark (mehr als 15%) in Wattenscheid-Mitte sogar extrem (+32,1%).

Schulempfehlung für die Grundschüler*innen Schuljahr 2019/20, Datenquelle: Sozialbericht der Stadt Bochum

Sozialer Aufstieg war und ist in Bochum nie ein politisches Ziel gewesen. Im Fokus der Sozialpolitik stehen pressewirksame Maßnahmen und Konzepte zur Linderung bereits bestehender und eingetretener Armut, die Bekämpfung und Vermeidung von Armut ist hingegen kein Ziel, das vorrangig verfolgt wird.

Gute Schulen und Bildung, die am besten Armut vorbeugen, standen nie im Fokus der Bochumer Politik. Wie der Zustand der Schulen und deren Ausstattung zeigt, herrscht in der Stadt Bildungsnotstand. In der Politik besteht bisher keine Bereitschaft für eine wirksame Bildungsoffensive, um Kindern und Jugendlichen, die in Familien aufwachsen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, den sozialen Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen.

Die beschriebene Entwicklung wird bisher von der Stadtpolitik mehr oder weniger achselzuckend hingenommen. Diese Untätigkeit ist aus Sicht der Betroffenen wie aus Sicht der Stadtentwicklung fatal. Die Problemlagen von Stadtteilen wie Wattenscheid-Mitte entwickeln sich Jahr für Jahr ungebremst weiter in Richtung von denen in Marxloh, Altenessen und Dortmund Nordstadt.

“Arme” Stadtteile werden für Menschen mit guten und hohen Einkommen immer unattraktiver

Ebenfalls ist die Stadt nicht in der Lage die soziale Schieflage in den Stadtteilen zu beheben und diese wieder für Gesellschaftsschichten attraktiv zu machen, die über gute und hohe Einkommen verfügen. Das zeigt sich ebenfalls besonders am Stadtteil Wattenscheid-Mitte. Die Maßnahmen, die im Rahmen des ISEK-Wattenscheid, seit 2014 auf den Weg gebracht wurden, reichen nicht ansatzweise aus um die negativen Entwicklungen zu stoppen. Zu befürchten ist, dass bereits ein Zustand eingetreten ist, der sich nicht mehr zurück drehen lässt, weil die Politik nicht bereit war, rechtzeitig mit der notwendigen Konsequenz zu handeln. Der Stadtteil und besonders die Wattenscheider Innenstadt sind nicht mehr vorzeigbar. Menschen, die es sich leisten können, ziehen weg bzw. gar nicht erst hin.

Auch bei der Bevölkerungsentwicklung zeigt sich, die Zahl der Einwohner*innen nimmt in den armen, sich negativ entwickelnden Stadtteilen tendenziell ab, in den reichen Stadtteilen mit positiver Entwicklung tendenziell zu.

Bevölkerung Entwicklung von 2006 bis 2019, Datenquelle: Sozialbericht der Stadt Bochum

Was ist zu tun?

Um die wachsende Armut und zunehmende “Verarmung” der genannten Stadtteile zu stoppen, muss die Stadt endlich die Ursachen von Armut bekämpfen und die Stadtteile wieder für alle gesellschaftlichen Schichten attraktiv machen.

Die Stadt muss dringend eine kommunale Bildungsoffensive auf den Weg bringen, um den Kindern in voller Breite sozialen Aufstieg zu ermöglichen. Es reicht nicht, sich darauf zu beschränken die Fördermittel des Landes abzugreifen, die Stadt muss selbst aktiv werden und alles dafür tun, dass 95% der Kinder die Grundschule mindestens mit einer Realschulempfehlung verlassen.

Zum zweiten muss die Sanierung und Modernisierung sich negativ entwickelnder Stadtteile massiv verstärkt werden. Es ist nicht ausreichend, Geld bereit zu stellen, damit ein paar der Immobilienbesitzer ihre Fassaden neu streichen, die Stadtteile müssen in ihrer Substanz attraktiver werden. Straßen, Wohnviertel und Stadtteilzentren sollten flächendeckend so gestaltet werden, wie das in modernen Städten heute üblich ist. Dazu sind die Stadtteile in Gänze zu überplanen, nicht nur wenige ausgewählte Parks, Straßen und Plätze.

Zusätzlich ist die Wohnungspolitik so auszugestalten, dass in den Stadtteilen gezielt schwer sanierungs- und modernisierungsbedürftige Immobilien mit städtischen Finanzmitteln aufgekauft, Instand gesetzt und Einwohner*innen zum selbst Bewohnen wieder verkauft werden. Auch dieses Vorgehen wirkt der zu beobachtenden Verschärfung der sozialen Schieflage in den entsprechenden Stadtteilen wirksam entgegen.

Schluss mit Symbolpolitik

Zu hoffen ist, dass Politik und Verwaltung möglichst schnell erkennen, dass die bisherigen Anstrengungen sowohl bei den Schulen wie der Stadtteilentwicklung nicht im Ansatz ausreichen, um die beschriebenen Negativentwicklungen zu stoppen und es höchste Zeit ist, mit massivem Einsatz städtischer Mittel die Probleme nachhaltig in den Griff zu bekommen.

Sozialdaten, Datenquelle: Sozialbericht der Stadt Bochum
04 Juli

Neugestaltung Friemannplatz: Grüne Freitreppe, Abendmarkt, Quartiersparkhaus und mehr

Ein Spätsommerabend am Friemannplatz. Auf den Stufen der grünen Freitreppe sitzen viele Altenbochumer*innen und genießen die letzten wärmenden Sonnenstrahlen. Sie verfolgen das Treiben auf dem Abendmarkt. Die Kinder toben durch die Wasserfontänen auf der oberen Platzebene und rutschen hinunter zum Marktplatz. Das Eiscafè mit der besten Aussicht über den Platz ist wie immer gut besucht, die Schaukeln auch bei den Erwachsenen sehr beliebt. Der Friemannplatz ist zum beliebten Treffpunkt von Jung und Alt in Altenbochum geworden. Die Autos sind von dem Platz verschwunden, sie stehen jetzt im Quartiersparkhaus unter der Friemann-Treppe.

So belebt könnte der Friemannplatz schon in wenigen Jahren sein und zu einem ganz besonderen Highlight in Altenbochum werden. Zu einem Platz, den die Einwohner*innen des Stadtteils inklusive der neuen Bewohner*innen des Ostparks bevorzugt ansteuern, um dort einen Teil ihrer Zeit zu verbringen. Die STADTGESTALTER legen dafür jetzt einen Planungsentwurf mit vielen Ideen und Vorschlägen vor.

Die Stadt will den Friemannplatz umgestalten

Noch ist der Friemannplatz trostlos und grau. Hier hält sich niemand gerne länger auf. Der Platz lädt weder zum Treffen noch sonst zum Verweilen ein. Außer an zwei Vormittagen in der Woche, wenn Markt ist, gibt es nichts, warum man kommen sollte. Der Platz verfügt über keinerlei Aufenthaltsqualität, er taugt nur als Parkplatz, weshalb er bis auf einen grünen Rahmen vollständig asphaltiert wurde.

Das will die Stadt jetzt ändern und den Platz umgestalten. Dazu haben alle Bochumerinnen und Bochumer noch bis zum 16. Juli 2021 die Möglichkeit, ihre Ideen und Anregungen zu Themenfeldern wie Aufenthaltsqualität Begrünung und Verkehr auf einer digitalen Pinnwand zu hinterlassen (Bürgerbeteiligung Friemannplatz).

STADTGESTALTER wollen Freimannplatz zum lebendigen Mittelpunkt von Altenbochum machen

Auch die STADTGESTALTER haben nach einer Ortsbegehung mit Altenbochumer*innen einen Vorschlag ausgearbeitet, wie man den Friemannplatz  neu gestalten könnte. Das Ziel der STADTGESTALTER, der Friemannplatz soll zum Anziehungspunkt für Jung und Alt in Altenbochum werden. Wer in dem Stadtteil lebt, der soll es genießen, seine Zeit auf dem Platz zu verbringen, dort Nachbarn, Freunde und Bekannte zu treffen, mit ihnen einen Kaffee zu trinken, zum Markt zu gehen oder auch nur das quirlige Treiben auf dem Platz zu beobachten.

Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER soll Highlight des umgestalteten Platzes eine begrünte, großzügige, 21 Meter lange und 80 Meter breite, nach Süden ausgerichtete Freitreppenanlage werden, die vom Marktplatz am unteren Teil des Platzes auf eine fast 4 Meter hohe zweite Platzebene führt. Die Treppe ist der beste Platz, um das Treiben auf dem Marktplatz zu beobachten und die Sonne zu genießen.

In einem Quartiersparkhaus, das sich unterhalb von oberer Platzebene und Freitreppe befindet, verschwinden die Autos, so dass auf dem Platz selbst keine Autos mehr abgestellt werden müssen.

Der Planungsentwurf der STADTGESTALTER

Im Einzelnen umfasst der Planungsentwurf der STADTGESTSALTER folgende Elemente:

Marktplatz und Sichtachse zur Liebfrauenkirche – Nach den Überlegungen der STADTGESTALTER soll sich der Marktplatz auf rund 16 Meter Breite zukünftig im Süden des heutigen Platzes vom Aldi-Markt bis zur Liebfrauenkirche erstrecken. Hier soll zukünftig nicht nur am Dienstag und Freitag ein Wochenmarkt stattfinden, sondern zusätzlich zum Beispiel am Donnerstag von 16 bis 20 Uhr noch ein Abendmarkt.

Auf der Fläche des Marktplatzes können auf ganzer Läge in zwei Reihen die Marktstände aufgebaut werden, zwischen denen die Marktbesucher*innen dann auf und ab flanieren können. Der Marktplatz bietet einiges an Platz, damit zukünftig noch deutlich mehr Stände aufgebaut werden können als derzeit auf dem heutigen Markt stehen.

Gleichzeitig ist der Marktplatz so ausgerichtet, dass sich von ihm immer ein Blick auf die Liebfrauenkirche ergibt. Mit dem neuen Marktplatz wird eine Sichtachse über den ganzen Platz von Westen bis zu Kirche hergestellt.

Dort, wo die Bruchspitze den neune Marktplatz quert, könnte die Wertstoffsammelstation hin verlegt werden. Die bisherigen Glas- und Papiercontainer sollten an dieser Stelle durch unterirdische Sammelbehälter ersetzt werden, wie sie der USB mittlerweile auch an einigen anderen Orten der Stadt eingebaut hat (Bochum sieht sauber aus). Für die Platzseite an der Liebfrauenkirche schlagen die STADTGESTALTER die Einrichtung eine großzügige Radabstellanlage kombiniert mit einer Radverleihstation vor.

Grüne Freitreppe – Vom Marktplatz aus soll auf der ganzen Breite des Platzes über eine Länge von 21 Meter eine großzügige, rund 80 Meter breite Freitreppe, bis auf fast 4 Meter Höhe anwachsen. Vorbild für diese Treppenanlage ist die von den Landschaftsarchitekten Bruun & Möllers in Lüneburg auf dem Wasserplatz gebaute Stufenanlage (Wasserplatz Lüneburg).

Die Treppenanlage verbindet Grünflächen, auf denen auch Bäume wachsen, mit Geländestufen, auf denen Menschen sitzen und verweilen können. Dazu ermöglicht die Stufenanlage den Höhenunterschied mit Rollstuhl oder Rollator über eine Rampe barrierefrei zu überwinden.

Für die Kinder sehen die Planungen der STADTGESTALTER eine Rutsche vor, mit der sich der gesamte Höhenunterschied mit hohem Spaßfaktor in Rekordzeit zurücklegen lässt.

Aussichtsplatz – An die Freitreppe schließt sich oben, fast 4 Meter über dem Marktplatz,  die Aussichtsebene an. Diese ist 18 Meter breit und über 80 Meter lang. Darunter befindet sich das Quartiersparkhaus. Von diesem erhöhten Platz kann man das Leben auf der Treppe und dem Markt beobachten.

Die STADTGESTALTER schlagen vor, an diesem exponierten Ort ein (Eis-)Cafè mit einem Freisitz vorzusehen. Die ganze Fläche könnte von Bänken, von denen man über die gesamte Platzanlage schauen kann, eingerahmt werden. Ein weithin sichtbares Wasserspiel mit mehreren Wasserfontänen könnte ein weiteres Highlight werden, ebenso wie Schaukeln, mit denen Kinder wie Erwachsene auf dem “Dach des Platzes” schaukeln könnten.

Quartiersparkhaus – Unter dem Aussichtsplatz erstreckt sich das Parkhaus, in dem Anwohner*innen, Marktbesucher*innen und die Kund*innen des neuen Aldi-Marktes zukünftig parken sollen.

Auf zwei Ebenen können in dem Parkhaus um die 160 Autostellplätze zur Verfügung gestellt werden. Die STADTGESTALTER schlagen vor, die untere Parketage bis zur halben Höhe in den Platzgrund einzubauen und die andere Hälfte sowie die zweite Parketage oberirdisch zu bauen. Die vorgeschlagene Bauweise hat den Vorteil, dass beide Parkebenen über einen relativ geringen Höhenunterschied und kurze Rampen erreicht werden können. Nach den Plänen der STADTGESTALTER kann die obere Parketage von Norden angefahren und wieder verlassen werden, die untere von zwei Rampen aus Richtung Süden.

Darüber hinaus sollen in dem Parkhaus Stellplätze für Carsharing-Fahrzeuge ebenso vorgesehen werden, wie Ladestationen für E-Autos. Nach den Plänen der STADTGESTALTER soll unter der Treppe zudem eine Radstation eingerichtet werden sowie eine Toilettenanlage, die besonders zu Marktzeiten benötigt wird.

Auf dem Friemannplatz sollen zukünftig keine Autos mehr abgestellt werden, zu diesem Zweck dient allein das Quartiersparkhaus.

Verbindung Friemanplatz bis Altenbochumer Bogen

Zu Fuß oder mit dem Rad ist der Friemannplatz aus allen Richtungen gut erreichbar. Die Anbindung an das Stadtteilzentrum entlang der Wittener Straße ist jedoch mangelhaft und unattraktiv. Die Wittener Straße im Abschnitt von Wasserstraße bis zur evangelischen Kirche entwickelt sich seit Jahren negativ. Immer wieder wechselnde Geschäfte, Leerstände, Baulücken, sanierungsbedürftige Gebäude sowie eine Bauruine prägen das Bild. Die Straße lädt in diesem Bereich niemanden ein hier entlang zu laufen und einzukaufen.

Will man diese Negativentwicklung stoppen und die Verbindung zwischen Friemannplatz und dem Zentrum von Altenbochum am Altenbochumer Bogen aufwerten, muss nach Ansicht der STADTGESTALTER die Wittener Straße auf zwei Autofahrspuren zurück gebaut werden, um dort Gehwege in einer komfortablen Breite sowie sicher Radwege schaffen zu können. Dann können auch Menschen, die sich bevorzugt zu Fuß oder mit dem Rad bewegen, bequem und sicher die Geschäfte an der Wittener Straße erreichen. So werden die Menschen in Altenbochum verstärkt animiert im eigenen Stadtteil einzukaufen, das Stadtteilzentrum wird nachhaltig gestärkt.

Das Ziel sollte sein, im Zentrum von Altenbochum vom Friemannplatz zum Altenbochumer Bogen eine attraktive Achse zu schaffen, zwischen deren beiden Endpunkten die Menschen gerne hin und her laufen. Um dieses Ziel zu erreichen, kann eine attraktive Neugestaltung des Friemannplatzes, wie sie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen wird, nur der erste Schritt sein.

27 Juni

Haus des Wissens – Viele Ideen der STADTGESTALTER werden Realität

Das Haus des Wissens ist das sichtbare Zeichen, dass Bochum sich von der Industrie- zur Universitätsstadt entwickelt. Das Bauvorhaben beinhaltet eigentlich vier Projekte, die Markthalle, ein wegweisendes Konzept für VHS und Stadtbücherei, einen Dachpark und die Revitalisierung von Telekomgebäude und Rathausplatz. Bei allen vier Projekten waren die STADTGESTALTER Impuls- und Ideengeber, Wegbereiter für die Umsetzung war jedoch jemand anderes. Jetzt ist sicher zu stellen, dass die Kosten des Gesamtprojekts nicht aus dem Ruder laufen.

Die Geschichte des “Haus des Wissens” beginnt 2012 wird am Anfang entscheidend von zwei treibenden Kräften bestimmt. Andor Baltz und den STADTGESTALTERn.

Wie kam es zum “Haus des Wissens”?

Die Idee einer Markthalle in Bochum gab es schon einige Jahre in Bochum ehe sie die STADTGESTALTER mit vielen Vorschlägen und Beiträgen forcierten.

2012 schlugen die späteren STADTGESTALTER erstmals vor, die Markthalle auf dem Gelände des Telekomblocks an den jetzt festgelegten Standort zu bauen (Freitreppe am Husemannplatz). Es folgten, diverse Vorschläge, Beiträge und Visualisierungen zu der Idee (u.a. 2015: Bochumer Markthalle, 2017: Markthalle an der Viktoriastraße). Die Idee einer Markhalle setzte sich in den Köpfen der Menschen fest, die Überzeugung reifte die Idee sei für die Entwicklung der Innenstadt sinnvoll und umsetzbar. Entsprechend sprach sich bei der Bürgerkonferenz 2017 eine überwältigend Zahl Bürger*innen für den Bau einer Markthalle aus.

Markthalle – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

2015 waren es erneut die STADTGESTALTER, die als erste vorschlugen, das Gelände des Telekomgebäudes neben der Markthalle auch für VHS und Stadtbibliothek zu nutzen (Bochumer Markthalle). 2019 legten die STADTGESTALTER ein Gesamtkonzept für das Projekt nach, von dem sich viele Element in den aktuellen Entwurfsplanungen (Neubau Haus des Wissens Vorlage 20211561) wieder finden (Konzept für Markthalle, VHS, Bücherei und mehr).

Innenansichten – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

Ebenfalls 2015 schlugen die STADTGESTALTER, erstmals eine zukunftsweisende Neuausrichtung der Stadtbücherei nach dem Vorbild der Stadtbibliothek Aarhus (Dokk1) vor, wie sie jetzt beim Haus des Wissens umgesetzt wird. (Zukunftsweisende Neuausrichtung der Stadtbücherei).

2017 und 2018 sorgten die STADTGESTALTER mit ihren Vorschläge für einen Dachpark auf den Dächern der Bochumer Innenstadt für Aufsehen (2017: Dachpark in der Innenstadt, 2018: Innenstadt-Dachpark – Aufbruch in die 3. Stadtdimension). Auch diese Idee soll jetzt auf dem Dach des “Haus des Wissens” in spektakulärer Weise umgesetzt werden.

Dachpark – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

Ebenfalls 2018 schlugen die STAADTGESTALTER eine Verkehrsberuhigung und Umgestaltung des Rathausplatzes vor (Der neue Rathausplatz), wie sie nach der Fertigstellung des “Haus des Wissens”, 2026 erfolgen soll.

Andor Baltz, entscheidender Wegbereiter des “Haus des Wissens”

Waren die STADTGESTALTER beständiger Antreiber und Ideengeber für das “Haus des Wissens” so war der entscheidende Wegbereiter für das Projekt jemand anderes: Andor Baltz, der Eigentümer des stadtbildprägenden Modehauses Baltz in der City.

Er hatte den Telekomblock, in dem jetzt das Haus des Wissens entstehen wird, Anfang 2014 erworben, um dort den Bau eines Einkaufszentrums zu verhindern. Er war es, der als erster Überlegungen anstellte, wie sich die Idee einer Markthalle in dem Gebäude umsetzen ließe und er war es, den die Vorstellung so begeisterte, in dem Gebäude Markthalle, Stadtbücherei und VHS unter einem Dach unter zu bringen, dass er der Stadt anbot ihr das Gebäude unter der Bedingung zu verkaufen, diese Idee umzusetzen und den Telekomblock als stadtbildprägendes Gebäude am Rathausplatz zu erhalten.

Außenansichten – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

Ohne die Weitsicht und Initiative von Andor Baltz, wäre das Projekt “Haus des Wissens” nie entstanden. Wie auch beim Dachcafé auf seinem Stammhaus samt Brücke in luftiger Höhe über die Pariser Straße oder der neuen Dependenz des Modehauses “Wandersport Baltz” an der Ecke Hellweg/ Boulevard nach beispielhafter Sanierung des historischen Eckhauses, nutzte Andor Baltz beim Telekomblock seinen Einfluss um die Gestaltung der Innenstadt auf ein neues Niveau zu heben und visionären Ideen zur Umsetzung zu verhelfen. Er ist der mächtige, auf Privatheit bedachte und politische neutrale Strippenzieher im Hintergrund, für den nur die Ideen selbst zählen und der eine konkrete wegweisende Vorstellung davon hat, wie die Innenstadt sich wandeln muss, damit sie eine Zukunft hat.

Haus des Wissens – Makerspace für alle

Das Haus des Wissens ist das sichtbare Zeichen für Bochums Wandel von der Industrie- zur Universitäts- und Bildungsstadt. Mit dem Haus des Wissens schafft die Stadt einen einzigartigen Makerspace, an dem sich alle Bewohner*innen der Stadt ausleben können, sich (weiter-)bilden, ihre Ideen umsetzen, experimentieren oder sich mit anderen treffen können, um gemeinsam neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Das “Haus des Wissens” wird zum Motor der Stadt werden, an dem kreative und bildungshungrige Köpfe sich mitten in der Stadt zusammenfinden, um die Zukunft der Stadt neu zu denken.

Erstmals setzt Bochum ein weithin sichtbares Zeichen, Vorreiter in Sachen Bildung und Förderung der kreativen Ideen der Einwohner*innen sowie moderner Stadtentwicklung sein zu wollen. Nach dem Weggang von Nokia und Opel, erkannte die Stadt erstmals den Wert seiner Universität und Hochschulen und forcierte die Entwicklung zu Bildungsstadt. Dabei ist der Makerspace “Haus des Wissens” ein Meilenstein, mit dem Bildung, Entwicklung und Forschung für alle Einwohner*innen erlebbar und ermöglich werden.

Noch zeigen Zustand und Ausstattung der städtischen Schulen, das sonst der Anspruch der Stadt, Vorreiter in Sachen Bildung eher gering ist. Wichtig ist, dass das “Haus des Wissens” nicht zu einem bloßen Marketingprojekt wird, um den Bildungsnotstand an den Schulen zu übertünchen. Das “Haus des Wissens” sollte zeigen, dass es sich für die Stadt lohnt sich in Sachen Bildung als Vorreiter zu präsentieren, nicht nur mit einem wegweisenden Konzept bei VHS und Stadtbücherei, sondern auch mit einer ehrgeizigen Strategie zur zukunftsweisenden Entwicklung der gesamten Schullandschaft Der nächste Schritt auf dem Weg zur Universitäts- und Bildungsstadt muss ein beispielloses Investitionsprogramm in die städtischen Schulen sein, um dort schnellst möglich den beschämenden Bildungssnotstand zu beenden.

Die Kosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen

Das “Haus des Wissens” sollte ein wichtiger Baustein auf dem Weg sein, die Stadt in allen Bereichen zum Vorreiter in Sachen Bildung zu machen. In jedem Fall muss also verhindert werden, dass es zu einer Kostenexplosion kommt, die auf Kosten der Entwicklung in anderen Bereichen der Bochumer Bildungslandschaft geht. Die Kosten dürfen nicht zu Lasten der städtischen Schulen aus dem Ruder laufen.

Der Rat hat einen Kostendeckel bei 90 Mio. Euro beschlossen. Dieser sollte unbedingt eingehalten werden. Kostensteigerungen die durch Projekterweiterungen wie dem Einbau einer Geothermieanlage oder die Aufwertung des Dachparks verursacht werden, lassen sich rechtfertigen. Eine Überschreitung der Grenze von 100 Mio. Euro ist jedoch nicht zu tolerieren.

Zwar erscheinen Kosten von 90 bis 100 Mio. hoch, doch ist dabei zu berücksichtigen, dass das Haus des Wissens eigentlich aus vier Bauvorhaben besteht: Markthalle, Neubau VHS und Stadtbücherei, sowie die Errichtung des Dachparks. Teilt man die gesamte Bausumme auf alle vier Vorhaben auf, relativiert sich die Höhe der Bausumme.

Auch ist das Projekt mit dem Bau des fast 40 Mio. Euro teuren Musikforums nicht zu vergleichen. Das Musikforum wurde zwar als Musikzentrum für alle angepriesen, ist aber – wie von den Kritikern vorhergesagt – am Ende nur ein baulich gelungenes Konzerthaus der Bochumer Symphoniker mit Musikschulalibi für eine überschaubare, exklusive Klientel von Liebhabern klassischer Musik geworden. Das Haus des Wissens wird mit Markthalle, Dachpark, VHS und Stadtbücherei, ein Ort für alle Einwohner*innen werden. Der Anspruch des Hauses ist, dass alle, die in der Stadt wohnen, dort einen Ort finden, der sie begeistert.

Um den vom Rat beschlossenen Kostendeckel einhalten zu können, bräuchte die Stadt ein effizientes Projektmanagement, mit dem die Einhaltung des Kostenrahmens wirksam gesteuert werden kann. Bisher haben SPD, Grüne und CDU leider alle Vorstöße in diese Richtung immer wieder abgelehnt. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass bei dem Projekt am Ende doch noch die Kosten explodieren. Zu hoffen ist, dass alle Beteiligten sich im Klaren sind, wie wichtig es für die Glaubwürdigkeit  der Bochumer Stadtpolitik ist, dass die vom Rat gemachten Vorgaben von der Verwaltung eingehalten werden und entsprechend alle der Stadt deutlich machen, dass der beschlossene Kostenrahmen unbedingt eingehalten werden muss.

20 Juni

Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30

In Bochum gilt bisher in Wohngebieten Tempo 30, sonst auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes 50 km/h. Mit einer neuen Kategorisierung der innerstädtischen Straßen könnte der Verkehrsfluss erhöht, der Verkehrslärm gemindert und könnten mehr Fußgängerüberwege eingerichtet werden. Im Ergebnis ließe sich die Zahl der Unfälle reduzieren und die Wohnqualität deutlich erhöhen.

Bisher sind nur die Wohngebiete der Stadt als Tempo-30-Zonen ausgeschildert und auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes darf 50 km/h gefahren werden, außer in Bereichen von Schulen, Kindergärten, Senioreneinrichtungen u.ä., an Gefahrenstellen wie zum Schutz von Anwohnern vor Lärm oder Luftverschmutzung.

Die bisherige Einordnung der Straßen hat sich nicht bewährt

Das führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Auf Straßen, die eigentlich Wohnstraßen sind, wie der Friederikastraße darf zum Leidwesen der Anwohner teilweise 50 km/h gefahren werden, weil diese zum Vorbehaltsstraßennetz gezählt wird. Auf dem Dahlacker bzw. An der Riemkerstraße wechseln aufgrund von verschiedenen sozialen Einrichtungen ständig kurze Abschnitte mit Tempo 30 mit solchen mit einer Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h ab. Die Straße kann jedoch nicht durchgängig mit Tempo 30 ausgeschildert werden, da auch sie zum Vorbehaltsnetz zählt.

Um solche Ungereimtheiten im Vorbehaltsnetz auszuräumen, soll dieses schon seit Jahren überarbeitet werden. Die letzte grundlegende Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes datiert aus 2011 (Straßen in Bochum). Im Zuge der Überarbeitung stellt sich die Frage, ob eine Unterteilung aller Straßen in nur zwei Kategorien (Wohnstraßen und Vorbehaltsstraßen) noch zeitgemäß ist.

Eine gute Wohnsituation sollte Vorrang vor den Bedürfnissen des Verkehrs haben

In den Niederlanden hat sich eine Unterteilung der Stadtstraßen in drei Kategorien bewährt. Diese differenziertere Einteilung wird den Anforderungen, die an Straßen gestellt werden, deutlich gerechter. Ausgangspunkt für die Kategorisierung ist im Nachbarland zudem nicht allein die Verkehrsfunktion, sondern primär die Bedeutung der Straße für die Anwohner (The Ugly, Dangerous, and Inefficient Stroads found all over the US & Canada).

Auch in Bochum zeigt sich an vielen Hauptverkehrsstraßen, wie sich die negativen Folgen des übermäßigen Verkehrs sehr negativ auf die angrenzende Wohnbebauung auswirken. Schwer sanierungsbedürftige bis verwahrloste Gebäude sind besonders an Straßen mit hoher Verkehrsbelastung, viel Lärm, Luftverschmutzung und einem trostlosen Straßenbild zu beobachten. An diesen Straßen nimmt die Zahl solcher Missstände zudem in der Regel seit Jahren zu (Trading-Down-Effekt). Die niedrigen Mieten, die aufgrund der schlechten Wohnbedingungen an diesen Straßen erzielt werden, reichen regelmäßig nicht mehr aus, um die Gebäude ordnungsgemäß Instand zu halten und Modernisierungen zu finanzieren, um den üblichen Wohn- und Energiestandard zu halten.

Insbesondere bei diesen Straßen sollte der Wohnsituation gegenüber den Bedürfnissen des Verkehrs Vorrang eingeräumt werden, um den beschriebenen Trading-Down-Effekt zu stoppen und umzukehren.

Drei Kategorien von innerstädtischen Straßen

Es bietet sich daher für die Zukunft eine Kategorisierung der innerstädtischen Straßen in drei statt zwei Kategorien an:

Man unterscheidet in Schnellstraßen, mit denen man in kurzer Zeit von einem Ort zum anderen kommen soll. An diesen Straßen wohnt niemand, es gibt keine Zu- und Abfahrten zu Wohnhäusern und Gewerbebetrieben. Ebenso darf an den Straßen nicht geparkt werden. Sie dienen allen dem schnellen Fahren von einem Ort zum anderen. Schnellstraßen können auch mehrspurig ausgebaut sein und bedürfen immer baulich abgetrennter Radwege (Protected Bikelanes). Entsprechend können sie mit Tempo 50 oder sogar höher ausgeschildert werden.

Stadtstraßen sind Durchgangstraßen, die für den innerstädtischen Verkehr erforderlich sind, der von einem Stadtteil zum anderen fließt. Diese Straßen werden von Wohngebäuden gesäumt, am Straßenrand wird auf Parkstreifen geparkt, von den Straßen gehen zahlreiche Grundstücksein- und -ausfahrten ab.

Auch an diesen Straßen sollte ein komfortables Wohnen möglich sein. Durch negative Folgen des Verkehrs verursachte Trading-Down-Prozesse sollten vermieden werden. Gleichzeitig müssen diese Straßen ihre Verkehrsfunktion als Verbindungsstraßen zwischen den Stadtteilen weiterhin erfüllen und Staus vermieden werden. Entsprechend ist es erforderlich, Stadtstraßen so zu gestalten, dass der Verkehrsfluss hoch, Verkehrslärm und Luftverschmutzung möglichst niedrig und eine Querung der Straßen für zu Fuß Gehende leicht und an vielen Stellen problemlos möglich ist.

Um eine hohe Wohnqualität zu gewährleisten, ist es sinnvoll, dass solche Straßen über nicht mehr als zwei Fahrspuren für den motorisierten privaten Verkehr verfügen und konsequent mit Tempo 30 beschildert werden. Diese Bauweise ermöglicht in kurzen Abständen die Einrichtung von Zebrastreifen für die bessere Querung durch den Fußverkehr.

Zur Erhöhung des Verkehrsflusses sollten an diesen Straßen Kreuzungen bevorzugt als Kreisverkehre und nicht als Ampelkreuzungen gebaut werden. Von diesen Straßen abgehende Wohnstraßen in Wohngebiete sollten über durchgehende Gehwege geführt, auf denen nicht das Auto, sondern die zu Fuß Gehenden Vorrang haben (The Dutch Solution for Safer Sidewalks – Continuous Sidewalks).

Radwege sind an solchen Tempo-30-Straßen nur bei hohen Verkehrsbelastungen erforderlich, wenn der Radverkehr sonst den Fluss des motorisierten Verkehrs erheblich behindern würde.

Wohnstraßen sind Straßen, die nicht dem Durchgangsverkehr, sondern ausschließlich der Erschließung von Wohngebieten dienen. Es ist also jeder private Durchgangsverkehr durch eine entsprechende Verkehrsführung zu vermeiden, nur Anwohner und Anlieger sollen Wohnstraßen zum Erreichen der Wohngebiete nutzen.

In Wohnstraßen ist die Anlage eigener Radwege nicht erforderlich, die von den Anwohner*innen nutzbaren Stellplätze sollten ausnahmslos vormarkiert sein. Außerhalb abmarkierter Stellplätze ist Parken nicht gestattet. Ein Parken auf dem Gehweg sollte nicht erlaubt und konsequent unterbunden werden.

Die Geschwindigkeit sollte auf maximal 30 km/h begrenzt werden. Wohnstraßen können sowohl als Tempo-20/30-Zonen, aber auch als Fahrradstraßen oder Spielstraßen ausgeführt werden. Um die Wohn- und Lebensqualität in den Wohnstraßen zu erhöhen, sollten diese sukzessive überplant werden und eine Gestaltung mit viel Grün erhalten, bei der eine Nutzung der Straßenflächen durch Menschen gegenüber der durch Autos favorisiert wird (Alle Wohnstraßen bis 2040 überplanen).

Wer übernimmt Sanierungs- und Modernisierungskosten von Stadtstraßen?

Die dargestellte Kategorisierung hat zur Folge, dass alle Straßen, die als Wohn- oder Stadtstraßen einkategorisiert werden, aus dem städtischen Vorbehaltsnetz genommen werden müssten, weil die Wohnqualität an diesen Straßen letztlich höher zu bewerten ist, als ihre Verkehrsfunktion.

Das wäre allerdings mit einem Kostennachteil für die Anwohner*innen verbunden. Denn bei Straßen des Vorbehaltsnetzes beteiligt sich das Land an den Sanierungs- und Modernisierungskosten der Straßen, bei Wohn- und Stadtstraßen hingegen nicht.

Also müsste im Falle von Stadtstraßen die Stadt einspringen, denn diese Straßen erfüllen eine wichtige Verkehrsfunktion für alle Einwohner*innen. Damit für die Anwohner*innen keine Kostennachteile entstehen, wäre es konsequent, dass die Stadt einen Teil der entsprechenden Kosten übernimmt, wie es bisher das Land tut.

Für die Stadt ergibt sich durch die neue Kategorisierung im Gegenzug auch ein finanzieller Gewinn. Trading-Down-Effekte an Stadtstraßen könnten gestoppt werden, das Leben an Stadtstraßen würde wieder attraktiver, teure städtische Maßnahmenpakete, um den heute an Stadtstraßen zu beobachtenden Sanierungsstau an vielen Gebäuden mit finanziellen Anreizen aus der Stadtkasse beheben, wären nicht mehr erforderlich.

Ziele der neuen Straßenkategorisierung

Hauptziel der neuen Straßenkategorisierung ist die Lebens- und Wohnqualität in der Stadt zu erhöhen. Dazu werden insbesondere folgende Unterziele verfolgt:

Der Durchgangsverkehr durch Wohngebiete wird beendet. Die Straßen der Wohngebiete sollen nur noch von Anwohner- oder Anliegern befahren und vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Nur Straßen, über die Durchgangsverkehr durch Wohngebiete fließen muss, da Alternativen fehlen, werden als solche einkategorisiert.

Die Geschwindigkeit im Stadtverkehr wird gesenkt und der Verkehrsfluss erhöht. Durch die Angleichung der Geschwindigkeiten von Auto-, Rad und Fußverkehr kommt es zu weniger Konflikten zwischen den Verkehrsmitteln und damit zu niedrigeren Unfallzahlen. Das Ziel sollte die Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten pro Jahr auf null sein (Vision Zero).

Je nach Kategorie, der eine Straße zugeordnet ist, gibt es klare bauliche Vorgaben. Je nach Kategorie, der eine Straße zugewiesen wird, bestimmt sich, wie Radwege, Fußgängerüberwege und Kreuzungen anzulegen sind. Bereits durch die bauliche Gestaltung ist wiederum für die Verkehrsteilnehmer*innen erkennbar, welche Geschwindigkeitsbegrenzung auf der jeweiligen Straße gilt.

Dem Fußverkehr wird mehr Raum zugestanden. Durchgangsstraßen erhalten mehr Querungen und werden durch Zebrastreifen und durchgehende Gehwege an Straßen zu Wohngebieten bevorrechtigt. Parken auf Gehwegen wird konsequent unterbunden.

Ziel ist ein nachvollziehbares und geordnetes Straßen- und Stadtbild. Die negativen Auswirkungen von unkontrolliertem fließendem wie ruhender Verkehr werden beseitigt. Die zu beachtenden Verkehrsregeln auf den Straßen der entsprechenden Kategorie sind überall gleich, schnell verständlich und leicht einzuhalten.

Im Ergebnis steht eine deutliche Erhöhung der Wohn- und Lebensqualität teilweise geringfügig längeren Fahrtzeiten von Autofahrenden im innerstädtischen Stadtverkehr entgegen. Die neue Kategorisierung erfüllt die Forderung der WHO, da wo Menschen an Straßen wohnen, die Geschwindigkeiten auf maximal 30 km/h zu senken (Menschenleben retten: WHO verlangt Tempo 30 in Städten).

Zudem wird der Stadtverkehr durch die veränderten Regelungen und Gestaltungen aufgrund der neuen Kategorisierung insgesamt stressfreier abgewickelt und hat weniger Unfälle zur Folge. Unterm Strich gewinnt die Stadt an Attraktivität. Somit erscheint es sinnvoll der von der Stadt Bochum angedachten Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes eine neue Kategorisierung der Stadtstraßen zugrunde zu legen.

Wie könnten die Straßen zukünftig einkategorisiert werden?

Folgende Abbildung zeigt, wie die Straßen der Stadt zukünftig nach der beschriebenen Systematik einkategorisiert werden könnten (rot: Schnellstraßen, gelb: Stadtstraßen und Wohnstraßen).

Beispiel für Vorbehaltsnetz, aufgrund neuer Kategorisierung der innerstädtischen Straßen

Welcher Straße welche Kategorie zugewiesen wird, entscheidet am Ende nach einer ausführlichen politischen Diskussion der Stadtrat. Zunächst wichtig, dass die grundlegende Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes zügig angegangen wird.