24 Sep

Fördermittel versiegen – Keine Hoffnung für Wattenscheid, Hamme, Laer, Werne/LA und Innenstadt

Die Umsetzung der Stadtteilentwicklungskonzepte (ISEK) in Wattenscheid, Hamme, Laer, Werne/Langendreer und der Innenstadt kommt quasi zum Erliegen. Es fließen kaum mehr Fördermittel von Land und Bund. Es werden kaum mehr Stadtumbauprojekte umgesetzt. Das Ziel, den Niedergang der Stadtteile aufzuhalten, lässt sich so nicht mehr erreichen.

Magere 4,3 Mio. Euro erhält die Stadt 2023 noch für die Umsetzung der Integrierten Stadtentwicklungskonzepte in Wattenscheid, Hamme, Laer, Werne/Langendreer und der Innenstadt. nennenswerte Projekte können mit diesem Förderbetrag nicht umgesetzt werden. Von Land und Bund wird in den ISEK-Gebieten, wenn überhaupt, kaum mehr als das Quartiersmanagement, die Bereitstellung von Verfügungsfonds für Bürgerprojekte und die Kleinförderung einiger privater Baumaßnahmen (Haus- und Fassadenprogramme) finanziert. Für Werne/ Langendreer, Wattenscheid und Laer fällt 2023 sogar die Förderung des Quartiersmanagements weg. Das Management der Stadtteile soll in Zukunft das Stadtplanungsamt übernehmen. Ob die Büros in den Stadtteilen geöffnet bleiben können, muss abgewartet werden.

Zweckentfremdung von Städtebaufördermitteln für das Lohrheidestadion

Statt in die Entwicklung der Stadtteile fließen 2023 fast 5,5 Mio. Städtebauförderungsmittel In die Sanierung des Lohrheidestadions. Ursprünglich sollte dieses Projekt 40 Mio. Euro kosten, 27 Mio. davon sollten Bund und Land übernehmen (40 Millionen Euro / Lohrheidestadion wird modernisiert). Dann aber explodierten die Kosten auf 55 Mio. Euro., aus der Sportstättenförderung von Land und Bund sollten aber weiterhin nur knapp 31 Mio. fließen. Der von der Stadt zu finanzierende Anteil hätte sich von knapp 13 Mio. auf 24 Mio. fast verdoppelt. Das konnte und wollte die Stadt nicht leisten. Also musste das Land weitere Fördermittel locker machen. Man machte einen Deal, zusätzliche 5,5 Mio. Städtebaufördermittel wurden für den Sportstättenbau und das Lohrheidestadion zweckentfremdet (WAZ vom 07.06.23).

Dieses Geld fehlt nun insbesondere für die Umsetzung des Stadtteilentwicklungskonzeptes Wattenscheid. Der Stadtteil bekommt 2023 aus diesem Topf keinen einzigen Euro. Geld gibt es nur für das Stadion. 5,5 Mio. Städtebaufördermittel fließen also in ein Projekt, das gar nicht Gegenstand des Stadtteilentwicklungskonzeptes Wattenscheid ist (ISEK Wattenscheid) und erkennbar zur Entwicklung von Wattenscheid-Mitte auch nichts Nennenswertes beitragen kann.

Stand der Umsetzung bei den Stadtteilentwicklungskonzepten

Doch wo stehen die fünf Stadtteilentwicklungskonzepte in Bochum aktuell? Was konnte umgesetzt werden? Was wurde bewirkt?

ISEK Wattenscheid – Bereits 2015, wurde mit der Umsetzung des ISEK-Wattenscheid begonnen. Von den vielen Projekten, die das Konzept vorsieht, wurden bisher nur wenige umgesetzt (Zusammenfassung des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes). Für zentrale Projekte wie den Umbau des August-Bebel-Platzes, fehlt auch nach 8 Jahren eine finale Umsetzungsplanung, geschweige denn stehen Fördergelder bereit.

Eine Umkehr bzw. ein Stopp der negativen Entwicklung des Stadtteils Wattenscheid-Mitte, konnte nicht erreicht werden, der Abwärtstrend hält ungebremst an. Die realisierten Maßnahmen sind kaum mehr als Tropfen auf den heißen Stein. Sie wirken nicht. Die Stadt läuft der Entwicklung hinterher. Schon 2018 hatten die STADTGESTALTER diese Entwicklung beklagt und u.a. eine Beschleunigung der Maßnahmenumsetzung gefordert. (Stadterneuerung in Wattenscheid läuft mehr schlecht als recht).

2021 bekam die Stadt noch 3,7 Mio. für Wattenscheid-Mitte, im Wesentlichen für das Wattenscheider Haus für Musik, Kunst und Kultur, 2022 wie 2023 bekam man keine Förderung mehr. Damit ist das Stadtteilentwicklungsprogramm faktisch tot.

ISEK Laer / Mark 51°7 – 2021 wurde als einziges Projekt die Aufwertung des Spiel- und Bolzplatzes an der Grundschule Laer mit 1,85 Mio. gefördert. 2022 wurde der erste Bauabschnitt der Verbindungsachse zwischen Laer – Mark 51°7 über die Wittener Straße bezuschusst (1,19 Mio.), 2023, wird es der Umbau der Wittener Straße selbst sein (1.65 Mio.). Mit dem Fördergeld wird also die Wittener Straße umgebaut, mit Radwegen versehen, die ehemalige Fußgängerbrücke an der Haltestelle Laer-Mitte abgerissen und ein neuer Fußgängerüberweg geschaffen.

Eine enge Verknüpfung von Gewerbegebiet und Campus Mark 51,7° mit dem Stadtteil Laer wird durch die Maßnahmen nicht erreicht. Laer und Mark 51°7 werden auch zukünftig getrennt durch die Wittener Straße nebeneinander existieren. Die Möglichkeit eines echten Zusammenwachsens beider Gebiete wurde verspielt. Das Fördergeld wird im Wesentlichen in Verkehrsmaßnahmen bzw. den Straßenbau und nicht in die Stadtteilentwicklung investiert. Zu Nachbesserungen des ISEKs wie von den STADTGESTALTERn 2017 und 2020 vorgeschlagen, war die Stadt nicht bereit (Vorschläge zur Nachbesserung des ISEK-Laer,  Ein neuer Platz über der Wittener Straße, der Laer und Mark 51°7 verbindet).

ISEK-Hamme – 2021 gab es kein Geld für substanzielle Projekte aus dem ISEK, Mit spärlichen 0,52 Mio. wurden die üblichen laufenden Maßnahmen Quartiersmanagement, Verfügungsfond sowie Hof- und Fassadenprogramm und ein Sicherheitsaudit finanziert, 2022 gab es gar kein Geld. 2023 werden mit knapp 0,6 Mio. wiederum Verfügungsfonds, Quartiersmanagement sowie private Baumaßnahmen zur Verbesserung des Stadtbildes (insbes. Hof- und Fassadenprogramm) gefördert. Das ISEK läuft seit 2029. In dieser Zeit läuft außer Nebenaktivitäten und Randprojekten bisher nichts.

Es konnte bisher keine zentrale Maßnahmen, wie etwa die Umgestaltung des Amtsplatzes, aus dem ISEK in Angriff genommen werden (Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) Bochum-Hamme (Kurzfassung) . An einer konsequenten und ernsthaften Umsetzung der im ISEK aufgelisteten Maßnahmen scheint kein echtes Interesse zu bestehen. Es fragt sich, ob dieses unter den aktuellen Rahmenbedingungen überhaupt fortgeführt werden sollte.

ISEK – Werne/ Langendreer/ Alter Bahnhof – 2021 gab es nur für das Quartiersmanagement und den Verfügungsfonds Geld (0,34 Mio.). Immerhin 4,3 Mio. wurden 2022 bereitgestellt. Über die Maßnahmen von 2021 hinaus wurde 2022 die aufwendige Aufwertung der Quartierssportanlage Heinrich-Gustav-Straße gefördert, sowie private Baumaßnahmen zur Verbesserung des Stadtbildes (insbes. Hof- und Fassadenprogramm). Allein die Umgestaltung der Sportanlage wird 3,76 Mio. Kosten (WAZ vom 24.06.23), 2023 soll neben den üblichen Maßnahmen nur die Aufwertung des Kinderspiel- und Bolzplatzes Bramheide gefördert werden. Insgesamt werden für das IESK 0,73 Mio. Fördergeld bereitgestellt.

Auch im Stadtgebiet Werne/ Langendreer/ Alter Bahnhof, passiert in den letzten 3 Jahren also nicht mehr viel Nennenswertes. Der Umbau einer Sportanlage wie eines Spiel- und Bolzplatzes kann im Hinblick auf die Entwicklung der Stadtquartiere nur wenig bewirken. Nach einem relativ guten Start des ISEKs, tröpfeln die Mittel nur noch. Von einem echten Stadtumbauprojekt kann mangels umzusetzender Maßnahmen auch hier kaum mehr die Rede sein.

ISEK-Innenstadt – Das Stadtentwicklungskonzept Innenstadt gibt es seit 3 Jahren. Im ersten Jahr wurden mit 0,56 Mio. lediglich vorbereitende Planungen und Untersuchungen, Öffentlichkeitsarbeit, Hof- und Fassadenprogramm sowie ein Verfügungsfonds für Bürger und Händler finanziert, 2022 flossen keine Fördermittel, 2023 wurden Fördermittel wieder für Quartiersmanagement, die übliche Unterstützung privater Baumaßnahmen zur Verbesserung des Stadtbildes sowie die ebenfalls üblichen Verfügungsfonds bewilligt (1,3 Mio.). Kein einziges der zentralen Projekte des ISEKs erhielt in 3 Jahren Fördermittel.

Eigentlich sollten im Zeitraum 2020 bis 2026 Maßnahmen in Höhe von rd. 32 Millionen Euro umgesetzt werden (Stadt Bochum: Informationen zum Entwicklungskonzept). Dieses Ziel ist angesichts der spärlichen Fördermittel von nur 1,9 Mio. in den letzten 3 Jahren schon heute nicht mehr zu erreichen. Neben den beiden Projekten, die die Stadt aus eigenen Mitteln stemmt (Umgestaltung des Husemannplatzes und Haus des Wissens), ist die Realisierung weiterer zentraler Projekte nicht zu erwarten.

Obwohl die Zeit drängt, um die anhaltende negative Entwicklung der Innenstadt zu stoppen (Für die Innenstadt läuft die Zeit ab), ist auch die Umsetzung des ISEK-Innenstadt nahezu zum Stillstand gekommen. Dass mit dem ISEK der immer sichtbarer werdende Abwärtsentwicklung noch aufgehalten werden kann, ist kaum mehr zu erwarten.

Stadt kann nicht weiter auf Fördermittel setzen

Insgesamt ist also festzustellen, dass die Umsetzung der Stadtentwicklungskonzepte in allen fünf Stadtgebieten nahezu zum Erliegen gekommen ist. Bei dem jetzigen Realisierungstempo werden die Konzepte auch in Jahrzehnten noch nicht umgesetzt sein. Die Problemlagen in den Stadtteilen können bei der aktuellen Geschwindigkeit nicht behoben werden. Es entwickeln sich schneller neue Herausforderungen und Probleme als mit den Stadterneuerungsprogrammen alte behoben werden können.

Die Stadt selbst rechnet für die kommenden Jahre nur noch mit 6 Mio. Stadtbaufördermittel pro Jahr (WAZ vom 30.09.23), das sind 1,2 Mio. pro ISEK-Gebiet. Damit kann nennenswert vor Ort jedes Jahr maximal ein kleines bis mittelgroßes Projekt pro ISEK auf den Weg gebracht und nichts wirklich bewegt werden.

Die Stadt muss also umdenken und vor allem mehr Projekte selbst finanzieren. Das bisher übliche Verfahren, Projekte nur dann anzugehen, wenn Fördermittel fließen, kann nicht fortgeführt werden. Für jedes ISEK sollte die Stadt einen Projektplan sowie ein jährliches städtisches Budget aufstellen, das dann in die Umsetzung der geplanten Projekte investiert wird. Fördermittel würden je nach Anfall zusätzlich verplant.

Das hat zur Folge, dass für die Stadterneuerung zusätzliches städtisches Geld bereit gestellt werden muss. Diese Mittel können zum einen durch eine Umverteilung von Finanzen generiert werden. Indem beispielsweise die Stadterneuerung vor der Parkhaussanierung priorisiert wird (Innenstadt: Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung). Zum anderen könnten z.B. aus der Einführung von flächendeckendem Anwohnerparken rd. 20 Mo. Euro/Jahr generiert werden, die in die Stadterneuerung fließen könnten. Aufgabe des Stadtrates ist in jedem Fall im Haushalt 2025 eine Finanzierung bereit zu stellen, die eine konsequente Umsetzung der fünf Bochumer Stadterneuerungskonzepte ermöglicht. Der aktuelle Stillstand bei den Stadterneuerungsprogrammen muss zeitnah überwunden werden.

03 Okt

Ein neuer Platz über der Wittener Straße, der Laer und Mark 51°7 verbindet

Im Rahmen der Stadterneuerung Laer wird viel für den Stadtteil getan. Doch dem Stadtteil fehlt ein lebendiger, zentraler Platz. Gleichzeitig entsteht auf der anderen Seite der Wittener Straße, auf dem ehemaligen Opelgelände, das neue Innovationsquartier der RUB. In den vorliegenden Plänen fehlt bisher eine Idee wie Laer und Innovationsquartier zu einem Stadtteil verbunden werden können. Dazu legen die STADTGESTALTER jetzt einen Vorschlag vor.

Der Stadtteil Laer hat seit den 60er Jahren kein wirkliches Stadtteilzentrum mehr. Der eigentlich dafür geschaffene Lahariplatz konnte diese Funktion nie erfüllen. Städtebaulich trostlos gestaltet, können die wenigen, am Platz noch vorhandenen Geschäfte nicht im Ansatz die Anforderungen erfüllen, die ein Stadtteilzentrums erfüllen sollte. Um den täglichen Bedarf zu decken, müssen die Menschen aus Laer häufig in andere Teile der Stadt fahren.

Warum hat Laer kein Stadtteilzentrum mehr?

In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg wurde das alte Zentrum des Stadtteils Laer endgültig zerstört. Im Rahmen der Flächensanierung wurde auch das abgeräumt, was im Krieg nicht zerstört wurde. Der Kern von Laer wurde abgerissen, stattdessen eine gewaltige Schneise für die neue Wittener Straße quer durch das alte Zentrum geschlagen. Die evangelische Kirchengemeinde samt beiden Pfarrhäusern fiel dem Autobahnzubringer zum Opfer (Rettet die Stadtteile! – Die Vernichtung des Stadtteilzentrums von Laer). Christoph Zöpel (Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr in NRW von 1980-90, SPD) geißelt die Flächensanierung als Fortsetzung der Flächenbombardierung durch die Alliierten mit anderen Mitteln (Redeskript vom 08.11.13).

Innovationsquartier auf dem ehemaligen Opelgelände (Mark51°7)

Mit dem Stadterneuerungsprogramm für Laer versucht die Stadt jetzt, die städtebaulichen Fehler der Vergangenheit zu beheben. Gleichzeitig entsteht gegenüber von Laer, auf der anderen Seite der Wittener Straße, dem ehemaligen Opelgelände (Mark 51°7), das neue Innovationsquartier bzw. der Technologie-Campus der RUB. Auf dem Gelände siedeln sich derzeit neben Zeiss- und Max-Planck-Institut unter anderem Bosch escrypt, VW-Infotainment, SCYSIS und diverse weitere Zukunftsunternehmen und Forschungseinrichtungen an (Vision Mark 51°7). 10.000 Arbeitsplätze werden hier entstehen. Der dazu vorgelegte Entwicklungsplan ist in jeder Hinsicht beispielgebend und zukunftsweisend (skt umbaukultur).

Das fehlende Puzzelteil

Leider fehlt in den Plänen zur Entwicklung des Innovationsquartiers und zur Stadtteilerneuerung des Stadtteils Laer, bisher das Verbindungsglied zwischen beiden. Der Stadtteil Laer und der neue Technologie-Campus werden durch die Wittener Straße getrennt. Die 4-spurige Schnellstraße stellt eine 40 bis 50 Meter breite, bisher kaum zu überwindende Barriere dar. Zur Querung der Straße gab es zu Zeiten von Opel im Bereich des Lahariplatzes eine nicht barrierefreie Fußgängerbrücke, die mittlerweile nur noch von Laer zur Straßenbahnhaltestelle führt und bereits teilweise abgerissen wurde.

Damit das Wohnquartier Laer und das Innovationsquartier sich zu einem homogenen Stadtteil entwickeln und die beabsichtigte Integration beider Quartiere gelingt, müssen diese mindestens an einer Stelle städtebaulich so verbunden werden, dass Menschen ohne Hindernisse vom Innovationsquartier nach Laer und umgekehrt wechseln können.

Ein neuer zentraler Platz, der Laer und das Innovationsquartier barrierefrei verbinden

Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, zwischen Laer und Mark 51°7, auf der heutigen Wittener Straße, direkt westlich des Lahariplatz und nördlich der Straßenbahnhaltestelle Laer, einen neuen, zentralen Platz zu schaffen und die Straße mittels einer Unterführung unter dem Platz her zu führen. Straßenbahn und Radfahrende sollen dagegen weiterhin über den Platz fahren.

Das neue Stadtteilzentrum Laer

Für den Autoverkehr soll für jede Fahrtrichtung eine eigene Unterführung gebaut werden, so dass die zwischen den Fahrspuren befindliche Straßenbahntrasse auf der heutigen Trasse erhalten bleiben kann. Dabei soll der Verkehr zukünftig mit einer Fahrspur je Richtung auskommen. Dies ist möglich, da mit Fertigstellung der neuen Opelspange eine deutliche Reduzierung der Verkehrsbelastung zu erwarten ist.

Unterführung Wittener Stra0e

Aufgrund der Unterführung entstünde auf dem Geländeniveau der heutigen Wittener Straße eine rund 6.000 qm große Fläche, über die Laer mit dem Innovationsquartier barrierefrei verbunden werden kann.

Im Norden der Fläche sieht der Plan der STADTGESTALTER ein neues Gebäude vor, das in einer Höhe von zwei Etagen westlich an das bestehende Gebäude am Lahariplatz angebaut werden soll, in dem sich heute der SMAK-Markt befindet. Richtung Mark 51°7 soll sich ein weiterer Gebäudeteil mit vier Stockwerken anschließen, der sich sowohl hinsichtlich Höhe wie Gestaltung den Gebäuden des Innovationsquartiers anpasst

Querschnitt Mark 51°7 bis Lahariplatz

Südlich des neuen Gebäudes schließt sich der neue Stadtteilplatz an, der gleichzeitig eine durchgehende Straßen- und Sichtachse vom Innovationsquartier bis zur Fronleichnamskirche ermöglicht. Im Süden endet der Platz mit der Straßenbahnhaltestelle Laer-Mitte, die sich bereits heute dort befindet und dann über den neuen Platz barrierefrei erreichbar ist.

Nach den Überlegungen der STADTGESTALTER würde die Straßenbahn der bestehenden Trasse folgend im Erdgeschoss durch das neue Gebäude fahren. Eine weitere Gebäudedurchfahrt haben die STADTGESTALTER für einen Radweg vorgesehen. Der Radverkehr soll bereits an der Kreuzung Wittener Straße und Werner Hellweg als Zwei-Richtungs-Radweg auf die Ostseite der Wittener Straße geleitet werden. Die Planungen sehen vor, dass der Radweg das neue Gebäude durchquert und die Radfahrenden anschließend über den neuen Platz auf die Alte Wittener Straße Richtung Langendreer geleitet werden.

Das neue Gebäude im Norden des Platzes, ermöglicht eine Verdoppelung der Verkaufsfläche des Supermarktes am heutigen Lahariplatz. Für das dauerhafte Überleben des Marktes ist eine zeitgemäße Größe Voraussetzung. Bisher mussten immer wieder Märkte mangels Kunden aufgeben und es konnten wegen der geringen Verkaufsfläche nur schwer Nachmieter gefunden werden. Im Erdgeschoss des zweistöckigen Gebäudeteils könnten neben dem Supermarkt zudem weitere Geschäfte, auch ein Café und andere Gastronomiebetriebe mit Freisitzen untergebracht werden.

Ein idealer Platz für das Science-Center

In dem vier Stockwerke hohen Gebäudeteil könnte ein Science-Center entstehen. Ein Science-Center bietet eine permanente multimediale technische und naturwissenschaftliche Ausstellung, die das Ziel verfolgt, den Besuchern*innen durch eigenständiges und spielerisches Experimentieren technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge und Phänomene aus den Bereichen der Naturwissenschaften und/oder Technik nahe zu bringen. Darüber hinaus kann anschaulich gezeigt werden, für welche technische und industriellen Verfahren wie Produkte Bochum und das Ruhrgebiet bekannt sind. Den Vorschlag, ein auf dem ehemaligen Opelgelände ein Science-Center zu schaffen, haben die STADTGESTALTER bereits 2012 veröffentlicht (Ein Science-Center auf den Opelflächen). Auch von Seiten der Ruhr-Universität gibt es ähnliche Ideen.

Auf dem Platz vor dem Science-Center könnten industrielle Ausstellungsobjekte wie etwa eine Autokarosserie oder beeindruckende Maschinen zur Stahlbearbeitung aufgestellt werden, ebenso auf der Dachfläche des zweistöckigen Gebäudeteils.

Um für einen lebendigen Platz zu sorgen, sollte dieser ansprechend gestaltet und mit den verschiedensten Sitzmöblierungen von Bänken bis zu Sitzdecks ausgestattet werden. Ziel sollte es sein, dass sowohl die Beschäftigten des Innovationsquartiers gerne ihre Pausen auf dem Platz verbringen wie die Menschen des Stadtteils, die im Stadtteilzentrum den täglichen Besorgungen nachgehen. Menschen sollten auf dem Platz gerne verweilen wollen, bei einem Kaffee, mit Freunden oder Bekannten oder einfach nur um das Treiben zu beobachten. Der Platz sollte ein Ort werden, auf dem man sich gerne mit anderen trifft, auf die Straßenbahn wartet oder einen Besuch des Science-Centers ausklingen lässt.

Das Gebäude des Science-Centers könnte ebenfalls eine Station der Seilbahn aufnehmen, welche die STADTGESTALTER als Verbindung von Laer zu Ruhr-Universität und Hochschule sowie Richtung Altenbochum, Innenstadt und zum Kemnader See wie dem Ruhr-Park vorgeschlagen haben (Seilbahn – Rückgrat der Bochumer Universitäts- und Hochschullandschaft). Ein Umsteigen zwischen  der Seilbahn und den Straßenbahnen wäre über den neuen Platz schnell und barrierefrei möglich.

Im Nordosten des neuen Gebäudes sehen die Pläne der STADTGESTALTER ein Quartiersparkhaus vor, in dem Menschen, die rund um den Lahariplatz wohnen, einen Stellplatz anmieten könnten, ebenso wie es Besucher*innen des Science-Centers oder Menschen, die zum Einkaufen in das Stadtteilzentrum kommen, dazu dienen würde, dort ihr Auto abzustellen.

Zu guter Letzt schlagen die  STADTGESTALTER vor, den neuen Platz nach Manfred Eigen zu benennen, dem Nobelpreisträger für Chemie, der in Bochum geboren und aufgewachsen ist (Nobelpreisträger Manfred Eigen).

Die Frage, wie Laer und Mark 51°7 verbunden werden sollen, ist noch offen

Am Ende steht und fällt der Stadtteilumbau Laer mit dem Gelingen der Verknüpfung von Innovationsquartier und dem Wohnquartier Laer. Entsteht kein neues, zentrales Stadtteilzentrum, das beide Teile verbindet und die Integration zu einem homogenen Stadtteil bewirkt, hätten die Stadtplaner das wichtigste Ziel der Stadtteilerneuerung verfehlt, Laer wieder zu einem aufstrebenden, lebenswerten Stadtteil mit einem lebendigen Stadtteilzentrum zu machen.

Die beschriebene Aufgabe wurde im Rahmen der Planungen zur Stadtteilerneuerung bisher nicht angegangen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen eine Lösung zu finden. Die STADTGESTALTER haben einen ersten Vorschlag gemacht, der zu Diskussionen anregen soll, zu überlegen wie das Bindeglied zwischen Laer und Mark 51°7 letztlich gestaltet werden soll.

01 Aug

Bochum braucht für benachteiligte Stadtteile echte finanzielle Hilfe statt Symbolpolitik

Knapp 7 Mio. Euro erhält Bochum vom Land NRW um den Niedergang von fünf Stadtteilen zu stoppen. Ein lächerlich geringer Betrag, mit dem nichts Durchgreifendes bewirkt werden kann. Die Freude Bochumer Politiker*innen über diesen “Geldsegen” erscheint unangebracht.

So funktioniert Symbolpolitik, das Land lobt Jahr für Jahr eine auf den ersten Blick hohen Millionenbetrag an Mitteln für Städtebauförderung aus (Städtebauförderung 2021: 368 Mio.), der dann auf Projekte der 214 Städte und Gemeinden des Landes verteilt werden. Das ermöglicht im ersten Schritt eine medienwirksame Ankündigung des scheinbaren Geldsegens und dann im zweiten eine symbolische Übergabe der Millionen-Zuwendungsbescheide vor Ort, bei der sich Ministerin wie Lokalpolitiker*innen auch bildlich gegenüber den Wähler*innen als Segensbringer*innen in Szene setzen können. Dabei haben die Kommunen eigentlich nur Anträge gestellt, die dann erwartungsgemäß fast alle von der Bezirksregierung im zuvor avisierten Umfang bewilligt wurden (Bochum und der Förderirrsinn).

Städtebauförderung in homöopathischen Dosen

Dass der bewilligte Betrag eigentlich zu gering ist um damit Nennenswertes zu erreichen, wird im Rahmen der politischen Inszenierung gekonnt überspielt, Sieht man nur die reine Zahl, geht es um “Millionen”. 7 Millionen hört sich viel an, ist aber tatsächlich lächerlich wenig. Über 1.500 Mio. umfasst der Haushalt der Stadt Bochum, da sind 7 Mio. nicht mal ein halbes Prozent. Dazu müssen die 7 Mio. auf fünf Stadtteile aufgeteilt werden (Wattenscheid, Laer, Hamme, Werne/LA_Alter Bahnhof und Innenstadt). In allen fünf Stadtteilen besteht dringender Handlungsbedarf, um die negative Entwicklung der letzten Jahre zu stoppen.

Schaut man sich an, welche Summen wirklich erforderlich wären, um den Niedergang der fünf Stadtteile zu stoppen, dann stellt der Betrag nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein dar, der schon verdunstet ist, ehe er überhaupt auf dem Stein auftrifft. Das wird auch an den konkreten Maßnahmen deutlich, die mit dem Geld gefördert werden sollen (Städtebauförderprogramm 2021)). Zwar sind diese Projekte für sich gesehen allesamt wichtig und richtig, sie sind aber nicht im Ansatz geeignet, die negative Entwicklung der Stadtteile aufzuhalten. 62% der 7 Mio. Fördermittel entfallen auf nur zwei Projekte: In Wattenscheid fließen 2,5 Mio. in das Haus für Musik, Kunst und Kultur der Musikschule, in Laer 1,85 Mio. in die Aufwertung des Spiel- und Bolzplatzes an der Grundschule.

Städtebauförderung Bochum 2021

Diese Projekte sollen den Niedergang ganzer Stadtteile stoppen? Wohl kaum, dafür sind andere Maßnahmen in ganz anderen Dimensionen erforderlich. Um die Stadtteile wieder vorzeigbar zu machen, damit Menschen wieder gerne hinziehen, muss die Stadt grundlegende Sanierungs- Modernisierungsmaßnahmen auf den Weg bringen. In Wattenscheid müsste die Innenstadt, in Laer der Bereich um den Lahiri-Platz grundlegend neugestaltet werden. Das beides zusammen würde nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 100 Mio. Euro kosten. Angesichts dieser Aufgabe und Herausforderung, wirken die beiden geförderten Projekte wie zwei Sandkörner in der Wüste.

Von den insgesamt 7 Mio. entfallen auf die Stadtteile Hamme und Innenstadt jeweils rund 520 und 560 TEuro, das ISEK-Gebiet Werne/LA-Alter Bahnhof bekommt sogar nur 330 TEuro. Das ist kaum mehr als Städtebauförderung in homöopathischen Dosen.

Geförderte Maßnahmen sind fragwürdig

Zudem ist die Mittelverwendung fragwürdig. In Wattenscheid, Hamme und Innenstadt fließt ein wesentlicher Teil der Mittel in so genannte “Hof- und Fassadenprogramme”, in Fachkreisen auch Potemkinsche-Dörfer-Programme 2.0 genannt. Mit einem Teil dieser Gelder streichen jene Immobilienbesitzer*innen ihre Fassaden, die das sonst auch ohne staatliche Förderung getan hätten, ein anderer Teil macht die Fassade und den Hof schön, substanziell aber ändert sich an den Gebäuden sonst nichts, eine bisher nicht geplante grundsätzliche Sanierung und Modernisierung wird durch solche Programme eher selten angestoßen. So wird das Stadtbild zwar punktuell für ein paar Jahre aufgehübscht, eine nachhaltige und dauerhafte Wirkung ist jedoch nicht zu erwarten.

Die Städtebauförderung NRW ist letztlich nicht mehr als ein typisches Instrument aus dem Werkzeugkasten der Symbolpolitik, mit dem sich die Politik gegenüber den Wähler*innen mit Aktionismus profilieren möchte. Wollte man in NRW wirklich die negative Entwicklung in bestimmten Teilen des Ruhrgebietes von Marxloh, Altenessen, Dortmunder Nordstadt bis Wattenscheid-Mitte aufhalten, dann wäre ein auf diese Stadtteile fokussierter Mitteleinsatz in einer ganz anderen Dimension erforderlich.

Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“

Das ist der Stadt Bochum durchaus bewusst, weshalb sie sich am Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ beteiligt, das unter dem Motto “Not der Städte in NRW endlich beenden: Für Zukunftspakt & gleichwertige Lebensverhältnisse” eine Finanzausstattung der Kommunen mit eigenem Geld fordert, die es unter anderem ermöglicht, dass die Kommunen die negativen Entwicklungen in den benachteiligten Stadtteilen mit eigenen Haushaltsmitteln beenden können und den Städten die Bettelei um Brotkrumen wie bei der Städtebauförderung erspart bleibt.

Angesichts des Engagements der Stadt im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ ist jedoch erstaunlich, dass der Oberbürgermeister die Zuweisungsbescheide für die in jeder Hinsicht unzureichenden Fördermittel ohne ein Wort der Kritik aus den Händen der Ministerin entgegennahm und sich die Stadt in einer Pressemitteilung nicht kritisch, sondern überschwänglich erfreut über die Mittelzuweisung zeigte (Pressemitteilung Stadt Bochum 29.07.21).

Mut für klare Worte gegenüber der Ministerin fehlte

Der Übergabetermin wäre ein Anlass für klare Worte gegenüber der Ministerin gewesen. Die Stadt hätte deutlich auf die Lage der sich in Not befindlichen Stadtteilen hinweisen können. Angesichts der ungenügenden Zuwendungen wäre es nötig gewesen nachdrücklich auf die Forderung der Stadt nach einer angemessene Finanzausstattung hinzuweisen, um Bochum wieder in die Lage versetzen aus eigener Kraft gleichwertige Lebensverhältnisse in der ganzen Stadt herzustellen. Leider fehlte für ein deutliches Statement der Mut. Stattdessen ließen sich Politiker*innen der Stadt für die Symbolpolitik des Landes einspannen und stellten sich lächelnd für ein Foto mit der Ministerin auf.

Gegen deutliche Worte gegenüber der Ministerin kann eingewendet werden, dass zu befürchten ist, dass die Stadt Gefahr liefe, bei der nächsten Vergabe von Städtebaufördermitteln dafür mit ein paar Millionen weniger abgestraft zu werden. Dieses Risiko besteht. Das Ziel aber sollte sein auf Dauer eine angemessene Finanzausstattung zu erreichen. Das wird nur gelingen, wenn alle betroffenen Städte klare Kante zeigen und sich nicht bereits wegen ein paar Millionen mehr oder weniger für die Symbolpolitik des Landes vereinnahmen zu lassen.