15 Jan.

Verwaltung wird immer teurer, Geld fehlt für Zukunftsinvestitionen

Im Zeitraum von 2015 bis 2024 werden die Kosten der Verwaltung um 120,4 Mio. Euro steigen. Das sind pro Einwohner*in 331 Euro mehr im Jahr. Die Zahl der Stellen wächst um 900. Das Geld für die Verwaltung fehlt im Stadthaushalt für Zukunftsinvestitionen. In anderen Großstädten kostet die Verwaltung deutlich weniger.

Seit Thomas Eiskirch (SPD) Oberbürgermeister ist, wurde immer mehr städtisches Geld in die Stadtverwaltung gepumpt, das für Investitionen in Schulen, Klimaschutz, Stadtgestaltung, moderne Mobilität, KiTa-Plätze usw. fehlt. Seit 2015 explodieren die Kosten der Verwaltung. 2024, wird der städtische Personalaufwand um 38% gegenüber 2015 gestiegen sein. Die Zahl der Vollzeitstellen wird dann in nur 10 Jahren um 900 angewachsen sein. Das sind 18% mehr Stellen als 2015. Statt 313,5 Mio. Euro sollen in Bochum 2024 433,9 Mio. Euro für das Personal der städtischen Verwaltung ausgeben werden. Somit steigt der Personalaufwand in einem Jahrzehnt um 120,4 Mio. Dabei sind in der Personalkostensteigerung die Mehrkosten für Büros, EDV- und sonstige Ausstattung, die für 900 neue Beschäftigte benötigt werden, noch gar nicht enthalten.

Entwicklung Personalaufwand und Stellenzahl

    Betrugen die jährlichen Kosten der Verwaltung pro Einwohner und Einwohnerin 2015 noch rund 860 Euro, werden es 2024 fast 1.200 Euro sein (+38%). Auch der Anteil der Personalaufwendungen an den gesamten Aufwendungen der Stadt stieg leicht von 25% auf 26%.

    Immer mehr Personal und Kosten, aber kaum Leistungssteigerung bei der Verwaltung

    Trotz stagnierender Einwohnerzahl und Digitalisierung, benötigt die Stadt immer mehr Personal um ihre Aufgaben zu erfüllen. Sicher muss die Stadt 2024 mehr Aufgaben bewältigen als noch 2015., die Explosion von Personalkosten und Stellen rechtfertigt das jedoch nicht. Bei der massiven Steigerung der Kosten sollten die Einwohner*innen zudem erwarten können, dass sich Leistung und Geschwindigkeit der Verwaltungsarbeit in gleichem Maß erhöhen wie die zusätzlichen Kosten. Das ist allerdings nicht festzustellen.

    Die Verwaltung kann ihre eigenen Zeitplanungen immer öfter nicht einhalten (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam), erhebliche Verzögerungen von Projekten und Bearbeitungen sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant).

    Seit Jahrzehnten rechtfertigt die Verwaltung massive Defizite bei der zeitlichen Umsetzung von Ratsbeschlüssen reflexartig mit Personalmangel. Bei der Realisierung des Radwegekonzeptes und Radinfrastrukturprojekten zum Beispiel schon seit nunmehr 23 Jahren (seit 1999, Trauriges Jubiläum – 20 Jahre Radkonzept, kaum Zählbares passiert). Angesichts der erheblichen Zunahme an Stellen, sind solche Rechtfertigungen jedoch mittlerweile unglaubwürdig. Entweder handelt es sich um Ausreden oder die Verwaltung war trotz des massiven Stellenzuwachses in 23 Jahren unfähig eine effiziente Abarbeitung entsprechender Ratsbeschlüsse zu organisieren.

    Auch der Personalmangel im Ausländerbüro (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar) ist angesichts der erheblichen Stellenzunahme gerade in den letzten Jahren nicht durch zu wenig Personal zu erklären, die Ursache scheint vielmehr darin zu liegen, dass zusätzliches Personal nicht dort zum Einsatz kommt, wo es dringend erforderlich wäre.

    Kalkulation von Personalaufwand und Stellenzahl

    Um die Entwicklung von Personalaufwand und Stellenzahl seit 2015 zu betrachten, müssen in Bochum drei Bereiche berücksichtigt werden: Die Verwaltung selbst, die Zentralen Dienste, in die wesentliche Dienstleistungen der Verwaltung ausgegliedert wurden und die Wasserwelten GmbH, in die ab 2018 der Betrieb der städtischen Bäder der Stadt ausgelagert wurde.

    Personalaufwand, Verwaltung Bochum

      Ein erheblicher Personalzuwachs wie eine deutliche Zunahme der Personalkosten ist sowohl bei der Verwaltung wie den Zentralen Diensten festzustellen. Das für den Betrieb der städtischen Bäder erforderliche Personal wurde 2018 von den Wasserwelten übernommen, wird aber noch im städtischen Stellenplan 2018/19 aufgeführt, weshalb bei der vorliegenden Kalkulation die Stellen bei den Wasserwelten erst ab 2020 berücksichtigt werden. Aus den Wirtschaftsplänen der Wasserwelten geht nicht hervor, ob sich die Stellenzahl dort seit 2018 verändert hat, sie wurde daher ab 2018 unverändert fortgeführt.

      Stellenzahl, Verwaltung Bochum

        Die bei den Zentralen Diensten beschäftigten Beamten werden weiterhin im städtischen Stellenplan aufgelistet und wurden in der vorliegenden Kalkulation daher nicht bei den Stellen der Zentralen Dienste eingerechnet.

        Immer wieder werden Stellen zwischen Verwaltung und Zentralen Diensten hin und her geschoben, insbesondere 2019 und 2023, so dass der Stellenplan der Verwaltung für sich gesehen hinsichtlich der Entwicklung der Stellenzahl der gesamten Verwaltung nicht aussagekräftig ist. Bis 2017 wurden in den Daten zum Haushalt die Personalaufwendungen noch ohne Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen ausgewiesen, folgerichtig wurden die Daten für die Jahre 2015 bis 2017 um die entsprechenden Versorgungsaufwendungen erhöht.

        Die Hinweise zur vorliegenden Kalkulation zeigen, die Entwicklung von städtischen Personalausgaben und deren Entwicklung ist intransparent und für die Bürger*innen nicht nachvollziehbar. Das sollte für die Zukunft geändert werden.

        Die sich massiv erhöhenden Personalkosten gehen einher mit einer stark sinkenden Investitionstätigkeit der Stadt. Sind im Stadthaushalt für 2023 noch 292 Mio. Euro für Investitionen eingeplant, sind es 2027 nur noch 121 Mio. (Abnahme: -171 Mio. Euro, -41%). Das Geld das mehr für die Verwaltung ausgegeben wird fehlt bei den Investitionen in die Zukunft der Stadt.

        Geplante Investitionen, Stadt Bochum, Auszug Präsentation zur Einbringung des Haushalts 2023/24

          Spitzenplatz bei den Personalkosten für Bochum

          Vergleicht man die Kosten für das städtische Personal mit den Personalaufwendungen anderer Großstädte, sieht man, es geht auch deutlich günstiger. Bezogen auf das Jahr 2020, belegt Bochum bei den Personalaufwendungen pro Kopf der 10 größten Städte von NRW den Spitzenplatz. Beachtet werden muss allerdings, dass auch bei einigen anderen Städten Verwaltungspersonal in städtische Eigenbetriebe ausgegliedert und daher in den Stellenplänen der Verwaltung nicht ausgewiesen wird. Eine Ausgliederung von zentralen Verwaltungsstellen in der Größenordnung wie in Bochum mittels der Zentralen Dienste ist in anderen Städten allerdings nicht festzustellen.

          Städtevergleich Peronalaufwand

            Betrachtet man bei den Großstädten, deren Personalkosten 2020 unter 1.000 Euro pro Einwohner/in lagen, die geplanten Personalausgaben für 2024, dann liegen diese zwischen 144 und 294 Euro pro Kopf und Jahr niedriger als die in Bochum. Es sollte in Bochum also ebenfalls möglich sein den Personalaufwand um 125 bis 250 Euro pro Einwohner/in und Jahr zu senken. Das würde eine Ersparnis im Haushalt von 45 bis 90 Mio. Euro im Jahr bedeuten. Dieses Geld stünde dann jedes Jahr zusätzlich bereit, um es in z.B. Schulen, Bildung, KiTa-Plätze, Stadtgestaltung, Mobilitätswende und andere Dinge zu investieren.

            Verwaltungsreform unumgänglich

            Um die ausufernden städtischen Personalaufwendungen zu senken, bedarf es dringend einer grundlegenden Verwaltungsreform, bei der alle Verwaltungsabläufe untersucht und optimiert werden. Mängel in der Verwaltungsorganisation durch immer mehr Personal lösen zu wollen, funktioniert nicht. Wie sich In Bochum zeigt, werden die Verwaltungsabläufe trotz immer mehr Beschäftigter nicht kürzer, sondern immer länger.

            Die Lösung ist also nicht mehr Personal, stattdessen müssen die Verwaltungsabläufe effektiver werden. Personal muss da bevorzugt eingesetzt werden, wo es erforderlich ist. Wie die Explosion von Personalaufwand und Stellen zeigt, kann die Verwaltung eine entsprechende Verwaltungsreform nicht selbst stemmen. Die Potentiale für Effizienzsteigerungen müssen durch unabhängige externe Berater*innen untersucht und aufgezeigt werden.

            Erst die Bedürfnisse der Einwohner*innen, dann die Wünsche der Verwaltung

            Auch muss sich die Haltung der Politik ändern. Primäre Aufgabe der Politik ist nicht das Wohlergehen der Verwaltung sicher zu stellen und deren Wünschen nach mehr Beschäftigten und möglichst wenig Veränderungen der Organisationsabläufe nachzukommen. Vielmehr ist es Aufgabe der Politik sicher zu stellen, dass die Verwaltung so organisiert ist, dass sie den Bedürfnissen der Einwohner*innen hinsichtlich schneller und effizienter Bearbeitung ihrer Anliegen bei möglichst geringen Kosten gerecht wird. Dass dabei die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten der Verwaltung ebenfalls hinreichend berücksichtigt werden müssen. ist selbstverständlich. Dass aber z.B. eine grundlegende Verwaltungsreform scheitert, weil die Verwaltung systematische Untersuchungen der Abläufe durch externe Berater*innen ablehnt, darf kein Hinderungsgrund sein, diese im Sinne der Einwohner*innen gleichwohl durchzuführen.

            Bochum ist vom Ziel Vorreiterin modernen Stadtmanagements zu sein weit entfernt

            Wesentliches Ziel der von Oberbürgermeister Eiskirch initiierten Bochum Strategie ist, Bochum soll Vorreiterin modernen Stadtmanagements werden (Vorreiterin modernen Stadtmanagements, Zielbild 2030:). Dazu gehört eine effiziente, schnelle Verwaltung. Explodierende Personalkosten und ausufernde Stellenzahlen sind hingegen kein Kennzeichen für modernes Stadtmanagement. Der Oberbürgermeister ist Chef der Verwaltung, bisher sieht es nicht so aus, als sei es ihm möglich das selbst gesetzte Ziel zu erreichen.

            07 Jan.

            Alarmierende Zahlen – Höchste Zeit sich ernsthaft um Integration zu bemühen

            Fast die Hälfte aller nichtdeutschen Kinder verlassen die Schulen in Bochum ohne ausreichenden Schulabschluss. Diese und andere Daten des Integrationsprofils für Bochum sind alarmierend. Bochum steht seit Jahrzehnten vor immensen Integrationsherausforderungen. Die Stadt wird diesen nicht im Ansatz gerecht. Die bisherige Integrationspolitik ist gescheitert.

            Menschen, die mangels erforderlichen Schulabschlusses oder fehlenden beruflichen Qualifikationen keinen Job finden, ist keine normale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich. Sie sind auf Transferleistungen angewiesen, ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben ist nicht möglich. Den Menschen fehlen Perspektiven, sie fühlen sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt, benachteiligt und ausgegrenzt. Es entsteht ein Groll auf die Gesellschaft und ihre Regeln, der im schlimmsten Fall Ursache von Kriminalität werden kann. Der Unmut staut sich auf und entlädt sich bei Ereignissen wie Silvester 2022/23.

            Ziel jeder Stadt sollte es sein, unabhängig vom Bildungsgrad und der Herkunft der Eltern jedem Menschen eine gute Lebensperspektive zu ermöglichen. Das setzt voraus, dass die Kinder in den Schulen ihre Bildungschancen voll ausschöpfen können.

            Das Integrationsprofil der Stadt Bochum (Integrationsprofil Bochum. Daten zu Zuwanderung und Integration) zeigt jedoch, dass in Bochum dieses Ziel besonders bei den Menschen nicht erreicht wird, die aus Familien kommen, die aus dem Ausland nach Bochum zugezogen sind. Besonders ernüchternd, die sprachliche und gesellschaftliche Eingliederung gelingt in vielen Fällen auch bei der zweiten und dritten Generation nach der Zuwanderung nicht.

            Alarmierende Zahlen aus dem Integrationsprofil für Bochum

            Das wird an zwei Zahlen besonders deutlich: Beträgt die Arbeitslosenquote in Bochum bei Deutschen 7%, liegt sie bei Nichtdeutschen vier Mal höher (27,9%). Das gleiche Bild zeigt sich bei den Leistungsberechtigten nach SGBII, hier liegt der Anteil bei Deutschen bei 8,8% und bei Nichtdeutschen bei 32,7%. In beiden Fällen liegen die Bochumer Anteile mit 25 bis 37% zudem deutlich über denen im NRW-Durchschnitt.

            Arbeitslose und Leistungsberechtigte SGBII

            Die Ursache dieses gewaltigen Unterschieds zwischen Deutschen und Nichtdeutschen wird deutlich, wenn man die Schulabschlüsse vergleicht. Bei den Deutschen schließen die Schule 20,5% ohne Schulabschluss oder nur mit Hauptschulabschluss ab (6,6% und 13,9%), bei den Nichtdeutschen sind es 47,3% (23% und 24,3%). Fast der Hälfte der Nichtdeutschen fehlt am Ende der Schulzeit also ein Schulabschluss mit dem man relativ sicher eine qualifizierte Berufsausbildung und einen guten Job bekommen kann. Bemerkenswert, der Anteil der Nichtdeutschen, die keinen Schulabschluss erreichen, liegt in Bochum mehr als 60% über dem in NRW.

            Schulabschlüsse und Schulempfehlungen

            Das Problem wird aber nicht erst bei den weiterführenden Schulen sichtbar, es zeigt sich bereits bei den Grundschulen: Wechseln in Bochum nur 1,8%, der deutschen Grundschulkinder zur Hauptschule, sind es bei den Nichtdeutschen fast fünf Mal mehr (8,6%). Dafür wechseln nur 22,6% der nichtdeutschen Kinder auf ein Gymnasium, während es bei den Deutschen mehr als doppelt so viele sind (46,3%).

            Die Fehlentwicklung beginnt bereits in den Grundschulen

            Wesentliche Aufgabe der Grundschulen ist es, den Kindern Grundfertigkeiten in drei Bereichen zu vermitteln: Lesen, Schreiben und Rechnen. Können Nichtdeutsche nicht ausreichend deutsch schreiben und lesen, erhalten Sie für die weiterführende Schule eine Hauptschulempfehlung, mit der in der Regel ein Schulwechsel zur Haupt- oder Gesamtschule erfolgt. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse ist es kaum möglich Lerninhalte zu verstehen bzw. sich so im Deutschen auszudrücken wie es an weiterführenden Schulen erforderlich ist.

            Da bei Nichtdeutschen die Muttersprache nicht Deutsch ist, wird im Elternhaus häufig nicht oder fehlerhaft deutsch gesprochen. Nichtdeutschen Eltern ist es daher regelmäßig kaum möglich ihren Kindern fehlerfrei Lesen und Schreiben beizubringen. Es wäre daher dringend erforderlich, dass spätestens in den Grundschulen nichtdeutsche Kinder im Bereich Deutsch so gefördert würden, dass diese am Ende der Grundschule gut bis sehr gute Lese- und Schreibfähigkeiten aufweisen. Dies geschieht bisher jedoch nicht. Das deutsche Schulsystem verlagert das Lernen zu einem wesentlichen Teil auf die Eltern, die bei Zuwandererfamilien mangels eigener Deutschkenntnisse kaum helfen können.

            Auch die Stadt, der das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist, fühlt sich nicht zuständig und schaut weg. Ein flächendeckendes städtisches Lernangebot, das sicherstellt, dass alle Kinder bis zum Ende der Grundschule fehlerfrei in Deutsch Lesen und Schreiben können, gibt es nicht. Zudem ist auch in anderen Fächern die individuelle Förderung von Kindern, deren Eltern nicht in der Lage sind, mit den Kindern Hausaufgaben zu machen, ihnen Nachhilfe zu geben oder sie auf Klassenarbeiten vorzubereiten, nicht nur in Bochum mangelhaft. Das trifft deutsche wie nichtdeutsche Kinder gleichermaßen. Aufgrund des Migrationshintergrundes sind nichtdeutsche Kinder allerdings von diesem Problem deutlich häufiger betroffen.

            Im Ergebnis fehlt fast der Hälfte der nichtdeutschen Kinder am Ende der Schulzeit bereits der erforderliche Schulabschluss um eine Berufsausbildung bzw. Arbeit zu finden, mit der ohne zusätzliche Transferleistungen sorgenfrei der eigene Lebensunterhalt finanziert werden kann. Dies spiegelt sich wiederum bei der Beschäftigungsquote wieder: Während bei Deutschen knapp 60% (58,7%) einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen sind es bei Nichtdeutschen nur knapp 40% (39,5%). Die Summen, die die Stadt für Arbeitslose und SGBII-Leistungsberechtigte ausgibt, sind entsprechend hoch. Bereits aus diesem Grund müsste die Stadt ein großes Interesse haben, dafür Sorge zu tragen, Nichtdeutschen einen möglichst guten Schulabschluss zu ermöglichen.

            Beschäftigung

            Nennenswerte städtische Initiativen das beschriebene Problem grundlegend anzugehen sind jedoch nicht festzustellen. Man redet sich darauf raus, dass Schulen und Bildung Sache des Landes seien. Man zahlt lieber dreistellige Millionenbeträge an Transferleistungen als von Seiten der Stadt nur einen Euro in städtisch geförderten Deutschunterricht an Grundschulen zu investieren.

            Untragbare Zustände im Ausländerbüro verschlimmern die Lage

            Zugewanderte Menschen haben in Bochum keine Lobby. Auch die seit Jahren anhaltenden untragbaren Zustände im Ausländerbüro (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar) zeigen mit welcher Wertschätzung die Verwaltung zugewanderten Menschen begegnet.

            Dabei würde die Einwohnerzahl der Stadt ohne Zuwanderung schmelzen wie Eis in der Sonne. 2020 nahm die Zahl der Deutschen durch Fortzüge um 1.217 Personen ab, während 1.574 Nichtdeutsche hinzukamen. Nur durch die Zuwanderung überwog die Zahl der Zuzüge die Zahl der Fortzüge. Die Zuwanderung hat zur Folge, dass in den Altersgruppen bis 10 Jahren und der zwischen 20 und 25 Jahren der Anteil Nichtdeutscher aktuell bei um die 20% liegt.

            Zuzüge und Aufenthaltsrecht

            50% der Nichtdeutschen besitzen eine langfristige Aufenthaltserlaubnis, nur 0,9 sind Asylsuchende, nur 2.6% werden geduldet. Die hohe Zahl Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus (17.4%) ist Folge des Chaos beim Ausländerbüro. Auch stellt die Unfähigkeit der Verwaltung Anträge auf Verlängerung von Aufenthaltstiteln und Einbürgerungen zeitgerecht zu bearbeiten für viele Nichtdeutsche ein existenzbedrohendes Hindernis da, Arbeit zu finden. Mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus ist das so gut wie unmöglich. Der Besitz einer deutschen Staatsbürgerschaft ist für viele Arbeitgeber ein wesentliches Einstellungskriterium.

            Herkunftsländer

            Nichtdeutsche kommen in Bochum insbesondere aus Syrien (18%) und der Türkei (16%). Dahinter folgen mit einem Anteil von 6,8% und weniger Menschen aus Polen, Serbien/ Montenegro , Rumänien, Italien, Irak Griechenland Iran und Bulgarien. Entsprechend lag der Anteil an Einbürgerungen von Menschen aus Syrien (15,7%) und der Türkei (11,3%) 2020 deutlich höher als bei allen anderen Herkunftsländern.

            Herkunftsländer und Einbürgerungen

            Was müsste Bochum vordringlich tun, damit Integration besser gelingt?

            Die Zuwanderung nach Bochum ist überwiegend durch Menschen geprägt, die nach deutschen Maßstäben über eher geringe berufliche Qualifikationen verfügen, die wenn sie kommen, nicht die deutsche Sprache sprechen und auch eher selten eine andere Fremdsprache erlernt haben. Das bedeutet, die primäre Herausforderung für Bochum besteht zunächst darin, dafür Sorge zu tragen, dass die Kindergenration spätestens in den Bochumer Grundschulen die für eine erfolgreiche schulische und berufliche Ausbildung erforderlichen Deutschkenntnisse erwirbt, denn Sprache und gegenseitiges Verständnis sind der erste Schlüssel für gelungene Integration.

            Weiterhin ist für die Integration der Menschen, die zuwandern, wichtig, dass sie sich schnell als Teil der Bochumer Stadtgesellschaft verstehen. Menschen, die sich aufgenommen fühlen, sind viel eher bereit, sich in eine Gesellschaft einzupassen, als solche, die sich ausgegrenzt und an den Rand gedrängt fühlen. In dieser Hinsicht muss die Stadt Vorbild sein. Das bedeutet konkret, dass die Verwaltung sich gegenüber Nichtdeutschen eindeutig positiv verhält. Respekt gegenüber den Bedürfnissen der Nichtdeutschen und Gleichbehandlung zu Deutschen müssen selbstverständlich sein. Zustände wie im Ausländerbüro sind umgehend abzustellen. Für die Zukunft ist sicher zu stellen, dass es zu diesen gar nicht erst kommt.

            Bochum fehlt eine Integrationsstrategie. Neben den bereits angeführten Maßnahmen, sollte die Stadt untersuchen lassen, welche Dinge sie darüber hinaus noch tun kann, damit Integration möglichst schnell und reibungslos gelingt. Die erschreckenden und ernüchternden Zahlen aus dem Integrationsprofil NRW zeigen, dass passiv zu beobachten wie Integration nicht gelingt, für die Zukunft keine Strategie mehr sein darf. Auch endlos auf andere Institutionen wie Land und Bund zu warten, bis diese mehr für bessere Integration tun bzw. städtische Integrationsmaßnahmen finanzieren, kann keine Lösung sein. Die negativen Folgen für Stadtgesellschaft und Stadtfinanzen sowie die strukturelle Armut, die unzureichende Integration nach sich zieht, erfordern umgehendes Handeln.

            Absehbar wird der Anteil der Menschen, die zuwandern, in Bochum weiter zunehmen. Gelingt es dennoch nicht, die Menschen in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen die gleichen Chancen zu ermöglichen, wie sie deutsche Bürger*innen besitzen, wird die soziale Schieflage in Bochum in den nächsten Jahren weiter zunehmen (Armut in abgehängten Stadtteilen nimmt bedenklich zu). Bleibt es bei den hohen Anteilen von Menschen ohne Perspektiven, die von Transferleistungen abhängig sind, führt das zu zunehmender sich verfestigender Armut, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Mit sich verschärfender sozialer Schieflage nehmen wiederum die Spannungen zwischen deutscher und zugewanderter Bevölkerung zu.

            Zuwanderung hochqualifizierter Menschen

            Eine Zuwanderung ist insbesondere zur Sicherung der deutschen Sozialversicherungssysteme, zur Bekämpfung des zunehmenden Arbeitskräftemangels und um ein weiteres Abnehmen der Bochumer Bevölkerung zu verhindern dringend erforderlich, muss aber von der Stadt positiv begleitet und gestaltet werden. Dazu gehört ebenfalls, dass die Stadt die Voraussetzungen dafür schafft, dass vermehrt hochqualifizierte Menschen aus anderen Ländern gerne nach Bochum kommen, um hier zu arbeiten und zu leben. Eine solche Zuwanderung kann nur gelingen, wenn die Stadt in vielerlei Hinsicht deutlich attraktiver wird. Was die Stadt dafür tun könnte und sollte, haben die STADTGESTALTER bereits in einem eigenen Beitrag thematisiert (Warum wollen viele Hochqualifizierte nicht im Ruhrgebiet leben und arbeiten?).

            18 Dez.

            Stadtplanung: Ausufernde Konzeptflut sorgt für Zeit- und Geldverschwendung

            Die Stadtverwaltung beauftragt immer mehr Konzepte, Untersuchungen und Gutachten. Die sind teuer und nicht selten nutzlos. Manche werden nie umgesetzt, andere haben wenig Aussagekraft, wieder andere dienen lediglich als Alibi für unpopuläre Entscheidungen. Hinzu kommen jene, die nur erstellt werden, weil es dafür Fördermittel gibt und solche, die in Auftrag gegeben werden um Zeit zu gewinnen.

            Um Projekte zu realisieren und strategische Ziele zu erreichen, ist es grundsätzlich sinnvoll Konzepte zu entwickeln, die anschließend konsequent und zielgerichtet umgesetzt werden. Auch mit der Erstellung solcher Konzepte externe Fachleute zu beauftragen ist in der Regel für die Verwaltung von Vorteil, weil die beauftragten Büros auf die nötigen Untersuchungen spezialisiert sind, themenbezogen über entsprechend viel Erfahrungen aus anderen Städten verfügen und sie die neusten Erkenntnisse und Lösungsansätze aus den entsprechenden Wissensbereichen in die Konzepte einbringen können.

            Die Verwaltung besitzt nicht die personellen Ressourcen und speziellen Kenntnisse, Konzepte wie etwa zum Klimaschutz oder zur Schuldigitalisierung selbst zu entwickeln. Ihre Aufgabe ist es die Konzepte auf die städtischen Bedingungen anzupassen und dann Schritt für Schritt, Maßnahme für Maßnahme zu realisieren.

            In Bochum konnte man in den letzten Jahren zwar eine wahre Konzeptflut beobachten, bei der Realisierung und Umsetzung hapert es allerdings. Aber auch in anderer Hinsicht macht der städtische Umgang mit der Erstellung und Umsetzung von Konzepten stutzig.

            Fragwürdiger Umgang mit Konzepten

            Konzepte werden beauftragt und nur ansatzweise bis gar nicht umgesetzt – Ein in Bochum leider nicht selten zu beobachtender Vorgang. Es werden Konzepte erstellt, die eine Vielzahl von Maßnahmen vorsehen, die umgesetzt werden sollen, um die in den Konzepten lang und breit ausformulierten Ziele zu erreichen. Danach werden dann aber nur wenige der Maßnahmen tatsächlich angegangen. Nach einer gewissen Zeit verschwinden die Konzepte sang und klanglos in der Schublade. Gegenüber er Politik zugesagte Berichte zum Stand der Umsetzung finden nicht statt. Typische Konzepte die dieses Schicksal ereilt haben, ist das Klimaschutzteilkonzept Verkehr oder das Radverkehrskonzept 1999 (Trauriges Jubiläum – 20 Jahre Radkonzept, kaum Zählbares passiert).

            Auf der anderen Seite gibt es Konzepte, die werden beauftragt und anfertigt, die Ergebnisse passen der Verwaltung aber nicht, also haben sie keinerlei Auswirkungen. Man wartet ein paar Jahre ab und beauftragt dann ein neues Konzept zu gleichem Sachverhalt. So geschehen bei der Planung zum städtischen Bäderkonzept. Die Ergebnisse des Wasserflächenbedarfskonzept von 2015 passte den Verantwortlichen nicht, also wurde 2021 die Erstellung ein neuen beauftragt (WasserWelten Bochum legen Bäderkonzept vor). Jetzt passten die Ergebnisse zu den beabsichtigten Planungen, bis dahin lagen die Schwimmbadplanungen 6 Jahre auf Eis.

            Wieder andere Konzepte werden insbesondere deshalb erstellt, weil die Erstellung mit Fördermitteln gefördert wird. Um die Stellen der Klimaschutzmanager finanziert zu bekommen, wurden 2014 insgesamt fünf Klimaschutz(teil-)konzepte sowie ein Klimaanpassungskonzept entwickelt, eine konsequente Umsetzung der mit den Konzepten beschlossenen Maßnahmen war nie beabsichtigt und fand entsprechend bis heute auch nicht statt (Klimaschutz, viel Papier, wenig Greifbares).

            Andere Konzepte wie die Integrierten Stadtentwicklungskonzepte (ISEKs Bochum) sind Voraussetzungen um Finanzmittel aus den diversen Fördertöpfen von Land und Bund zu bekommen. Auch in diesen Konzepten wird eine Vielzahl von Maßnahmen vorgeschlagen, von denen dann nur ein Bruchteil umgesetzt wird. Die Stadt setzt nur die Maßnahmen um, die mit Fördermitteln gefördert werden, die Fördermittel fließen jedoch nur spärlich. Wesentliche Maßnahmen wurden daher bis heute nicht umgesetzt, allein mit großen Worten in schönen Konzepten kann der Stadtumbau jedoch nicht gelingen. Da können Konzepte noch so gut sein, ohne konsequente Umsetzung bleiben sie wirkungs- und in weiten Teilen sinnlos.

            In der Vergangenheit ließ die Verwaltung auch Konzepte erstellen, bei denen klar war, dass sie nie umgesetzt würden, die aber dazu dienten für Bauvorhaben die erforderlichen Fördermittel zu erhalten. Prominentestes Beispiel ist hier das Musikforum: Das für den Betrieb erstellte Konzept sah den Bau eines Musikzentrums für alle mit täglichen Musikveranstaltungen vor. Entgegen des Konzeptes wurde ein Konzerthaus für die Bochumer Symphoniker mit Musikschulalibi erreichtet (Musikforum – an 4 von 7 Tagen ohne Veranstaltung).

            Konzepte werden beauftragt, um Zeit zu gewinnen – Ist der Handlungsdruck in Teilbereichen hoch, wie zum Beispiel nach der Ausrufung des Klimanotstandes durch den Stadtrat 2019 oder beim Radverkehr, beauftragt die Verwaltung zunächst die Erstellung von übermäßig aufwendigen Handlungskonzepten. Für die Zeit der Konzepterarbeitung ermöglicht diese Vorgehensweise Untätigkeit damit zu entschuldigen, dass man noch auf die Fertigstellung der entsprechenden Konzepte warte. Obwohl die Erstellung der entsprechenden Konzepte eigentlich nur Monate in Anspruch nehmen sollte, da sie von den Planungsbüros mittels vorhandener Textbausteinkästen für viele Städte in Serie produziert werden, dauert der Erarbeitungsprozess in Bochum regelmäßig mehrere Jahre. Es entsteht der Eindruck, dass die Verwaltung den Prozess bewusst in die Länge zieht.

            Ebenso kommt es vor, dass die Verwaltung die Umsetzung von beschlossenen Konzepten nur im Schneckentempo vorantreibt. Im Rahmen der Corona-Krise stellte sich heraus, dass mit der Umsetzung des bereits im Juli 2019 beschlossene Medienentwicklungsplan für die Schulen auch ein Jahr später noch gar nicht ernsthaft begonnen worden war. Ebenfalls wurde deutlich, dass das Konzept im Hinblick auf das Tempo der erforderlichen Schuldigitalisierung weit hinter dem zurückblieb, was eigentlich hätte Ziel sein sollen (Digitaloffensive: Tempo bei der Schul-Digitalisierung deutlich erhöhen). Schon bei Aufstellung des Konzeptes hatte man es mit der Digitalisierung nicht eilig. Ein Konzept war jedoch nötig um die entsprechenden Fördermittel abzugreifen. Also formulierte die Verwaltung die Ziele im Konzept bewusst unambitioniert und langfristig. So wollte man sich 2019 z.B. noch fünf Jahre Zeit nehmen um jede Schule in Bochum mit je 64 Tablets auszustatten.

            Konzepte werden von der Stadt vor Veröffentlichung “korrigiert” – Auffällig, dass nachdem Konzepte der Verwaltung bereits über Monate vorliegen, diese immer noch nicht Politik und Öffentlichkeit vorgestellt werden. Gefallen der Verwaltung die von den Planungsbüros erarbeiteten Ergebnisse nicht, werden die Planungsbüro gedrängt ihre Konzepte im Sinne der Verwaltung “zu korrigieren”. Wie vorgegangen wird, beschreibt die Aussage des Geschäftsführers von Planersocietät, dessen Büro ein Verkehrsgutachten zum Stadtteil Hamme erstellt hat: „Ich war durchaus verwundert, dass die Stadtverwaltung uns diesen Vorschlag [Tempo 30 auf der Dorstener Straße] nicht direkt herausgestrichen hat.“ (WAZ vom 13.12.2022).

            Dass die Konzepte die Einschätzungen und Vorschläge von unabhängigen Verkehrsexperten wieder gegeben, ist also eine Illusion. Die Konzepte durchlaufen ein Korrekturverfahren, bei dem nur das in den Konzepten stehen bleibt, was der Verwaltung genehm ist. Diese “Anpassungsverfahren” ziehen sich oft über Monate hin. Die Verwaltung moniert Konzeptpassagen, die Planungsbüros schreiben diese nach den Wünschen der Verwaltung um, bis die Darstellungen und Ergebnisse der Konzepte das wiedergeben, was die Verwaltung hören will. Das treibt auch die Kosten hoch, denn die Arbeiten im Rahmen dieses Prozesses lassen sich die Büros gesondert vergüten.

            Im Extremfall beauftragt die Verwaltung auch Konzepte, die bereits im Entstehungsprozess so manipuliert werden, dass sie am Ende zu dem von der Verwaltung gewünschten Ergebnis kommen. Einen solchen Fall deckten die STADTGESTALTER bei dem Konzept zur Streckenführung des Radschnellwegs im Bereich der Bochumer Innenstadt auf (Akteneinsicht: Verwaltung “lenkt” große RS1-Trassensuchshow zum gewünschten Ergebnis).

            Grundsätze zum Umgang mit Konzepten

            Die Beauftragung, Erstellung und Umsetzung von Konzepten erfolgt in Bochum also oft nicht zielgerichtet. Es ist nicht zu erkennen, ob die Ergebnisse die tatsächlichen Einschätzungen der beauftragten Expert*innen wiedergeben oder von der Verwaltung in ihrem Sinne “angepasst” wurden. Es fehlt an Transparenz, wie die Ergebnisse zu Stande gekommen sind. Die Erstellung von Konzepten, die nicht oder nur ansatzweise realisiert werden, stellt Geld- und Zeitverschwendung dar.

            Die Verwaltung muss zu einem anderen Umgang mit Konzepten verpflichtet werden. Dabei sollten folgende Grundsätze beachtet werden:

            • Es werden nur Konzepte beauftragt, bei denen sichergestellt ist, dass diese von der Verwaltung umgesetzt werden können.
            • Für die Erstellung von Konzepten wird ein verbindlicher Zeitrahmen vorgegeben, der einzuhalten ist.
            • Konzepte werden so veröffentlich, wie die Planungsbüros diese formulieren. Eine Einflussnahme auf die Einschätzungen oder eine Korrektur der Ergebnisse durch die Verwaltung findet nicht statt.
            • Die Veröffentlichung der Konzepte erfolgt, sobald die beauftragten Planungsbüros diese fertig gestellt haben.
            • Die Verwaltung kann eine eigene kritische Einschätzung sowie eigenständige Überarbeitung der Ergebnisse vorlegen. Diese ist als solche zu kennzeichnen.
            • Interessierten Bürgern und Bürgerinnen wird ermöglicht zu den Konzepten wie dazu verfassten Einschätzungen der Verwaltung über die Bürgerbeteiligungsplattform Consul (Die Bürgerbeteiligung in Bochum auf ein neues Niveau heben) Stellung zu nehmen.
            • Jede Umsetzung von Konzepten wird mit einem Terminplan versehen, dessen Einhaltung mit einem effizienten Controlling überwacht wird. Dies beinhaltet, dass der Politik über die Umsetzung mindestens einmal jährlich Bericht erstattet wird.

            Die genannten Grundsätze ermöglichen der Politik eine bessere Entscheidungsfindung. Die Transparenz, auf welcher Grundlage die Politik über Konzepte entscheidet, wird für die Bürger und Bürgerinnen erhöht. Eine Bürgerbeteiligung findet automatisch statt. Die Umsetzung beschlossener Konzepte erfolgt konsequent und zielgerichtet. Der Beauftragung von Konzepten, die nicht oder nur in Ansätzen umgesetzt werden, wird vermieden.

            11 Dez.

            Der erhoffte nachhaltige Aufschwung bleibt aus

            Nach dem Ende der Ära Ottilie Scholz wollte Bochum sich aufmachen, um den Rückstand zu anderen deutschen und europäischen Großstädten wett zu machen. Doch die Erwartungen werden enttäuscht. Für grundlegende Veränderungen fehlt es an Mut, die Verwaltung ist zu langsam, dem Oberbürgermeister fehlt die Souveränität nötige Entscheidungen durchzusetzen.

            Sieben Jahre nach Amtsantritt von Thomas Eiskirch als Oberbürgermeister steht kein einziges großes Infrastrukturprojekt in Bochum vor der Fertigstellung. Eine grundlegende Reform der Verwaltung ist nicht in Sicht. In Sachen Mobilitäts- und Energiewende sowie Klimaschutz wurden viele schöne Sonntagsreden gehalten, real passiert ist aber kaum Nennenswertes. Der Oberbürgermeister und seine rot-grüne Koalition sind weder in der Lage die erforderlichen grundlegenden Veränderungen für die Stadt auf den Weg zu bringen noch sie umzusetzen.

            Dürftige Bilanz

            In wichtigen Bereichen der Stadtentwicklung wird der nötige Richtungswechsel weiter ausgesessen. Es gibt keine nennenswerten Projekte zum Ausbau des Nahverkehrsnetzes. Beim Ausbau des Radverkehrsnetzes tut sich nichts Grundlegendes, dafür werden Nichtigkeiten hemmungslos aufgeblasen, die in anderen Städten nicht mal eine Erwähnung in der Presse wert wären. So ist sich der Stadtbaurat nicht zu schade mit großem Pressetermin 500 Meter Fahrradstraße, als großen Schritt bei der Verlängerung des Radschnellweges abzufeiern (Radschnellweg Ruhr RS1: Stadt eröffnet weiteren Abschnitt an der Unteren Stahlindustrie).

            Auch bei der Stadtentwicklung ist nichts Greifbares in Sicht. Kein Gebäude und kein städtischer Platz von Format wird bis zum Ende der Wahlperiode 2025 fertiggestellt sein. Auch mit neuer Vonovia-Hauptverwaltung, City-Tower, Sparkassengebäude am Dr.-Ruer-Platz kann die Stadt keine neuen Impulse setzen (City-Tower – Vom architektonischen Highlight zum trostlosen Klotz). Wichtige Chancen werden vertan. Belanglosigkeit statt Unverwechselbarkeit scheint weiterhin das Leitbild Bochumer Architektur zu sein.

            Bei den Stadtentwicklungsprojekten (ISEK) in Wattenscheid, Hamme, Langendreer/Werne und Innenstadt tut sich neben Fassadenprogramm, der Finanzierung der Stadtteilbüros und der Neugestaltung nicht mal einer Hand voll Schulhöfe und Spielplätze kaum mehr was. Die Stadt ist nicht bereit eigene Projekte voll zu finanzieren. Die Fördergelder vom Land fließen nur noch tröpfchenweise. So können die Ziele des sozialen Stadtumbaus in den entsprechenden Stadtteilen sowie die dringend erforderliche Verbesserung des Stadtbildes nicht erreicht werden.

            Nicht ein einziger bedeutender Stadtplatz konnte in den sieben Jahren der Ära Eiskirch zeitgemäß umgestaltet werden. Husemannplatz und August-Bebel-Platz werden erst nach 2025 fertig. Aber auch zwei dann hoffentlich ansprechend gestaltete Plätze, gegenüber über hundert weiterhin trostlosen, fallen kaum ins Gewicht (Ranking der Stadtplätze).

            Ein paar wenige neue Pocketparks und das Urban Green am Hausacker sowie die Pflanzung von mehr Bäumen reichen lange nicht aus, um Bochum endlich ein zeitgemäßes, modernes und grünes Stadtbild zu geben.

            Die Projekte des Handlungskonzepts Wohnen scheitern immer öfter am Widerstand der Menschen, die den Zubau von noch mehr Grün- und Naturflächen ablehnen und dafür eine Zunahme des Wohnungsbaus im Bestand fordern. Womit sich aber die Verwaltung mit ihrer trägen Organisationsstruktur überaus schwertut.

            Das SmartCity-Projekt hört sich gut an, bildet aber in weiten Bereichen nur das ab, was in Sachen Digitalisierung ohnehin schon lange üblich sein sollte. Das Bochum Gigabit-City wird war ein schnell verpuffter Werbegag. Wie desaströs es wirklich um die Digitalisierung der Stadt steht, zeigte sich in der Corana-Krise (Corona-Krise legt digitale Defizite der Stadt offen). Auch 2022 verfügen immer noch nicht alle Schulen über einen Glasfaseranschluss und schnelles Internet.

            Statt die Ursachen der strukturell sich verfestigenden Armut in der Stadt anzugehen, beschränkt sich die Stadt weiterhin darauf die Armut zu verwalten. Im Wahlkampf wollte der OB noch den Stock in die Speiche bekommen und das Armutsproblem von der Wurzel her angehen. In der Realität wurde dazu jedoch bisher keine wirksame Maßnahme auf den Weg gebracht.

            In Schule und Bildung investiert die Stadt weiterhin nur dann, wenn entsprechende Maßnahmen zum Großteil aus Fördermitteln von Land und Bund finanziert werden. Die Bereitschaft, als Stadt aus eigenen Mitteln die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Schülerinnen und Schüler ihre Potentiale voll ausschöpfen und den maximalen Bildungserfolg erreichen können, besteht nicht.

            Die Bochum-Strategie, eigentlich eine gute Idee des Oberbürgermeisters, kann einige kleine Erfolge vorweisen, zum Beispiel den Aufbau der Ehrenamtsagentur, die über den Bochum-Fonds finanzierten Projekte oder das Rathausclubbing Doch das ist viel zu wenig. Die erhofften Leitprojekte, mit der die Stadt in den nächsten 10-20 Jahren den Rückstand zur Entwicklung moderner Großstädte aufholen soll, bietet die Bochum-Strategie nicht. Sie verliert sich in Kleinstprojekten mit sehr begrenzter Wirkung auf die Gesamtsituation.

            Einziges echtes Vorreiterprojekt der Stadt ist das Haus des Wissens (Haus des Wissens – Viele Ideen der STADTGESTALTER werden Realität), das zwar nicht auf einer Idee des Oberbürgermeisters basiert, dass er aber mit großem Engagement voran treibt. Schade nur, dass die Verwaltung mit Planung und Bau überfordert scheint. Statt 90 Mio. Euro soll das Projekt jetzt 164 Mio. verschlingen und 3 Jahre später fertig werden als geplant. Die Kosten- und Zeitplanung ist völlig aus dem Ruder gelaufen.

            Die aktuell größten in der Umsetzung befindlichen städtebaulichen Entwicklungsprojekte der Stadt, die Wohnbebauung Ostpark und Mark 51°7 sind beide erfolgreich, wurden aber schon unter Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz auf den Weg gebracht. Mit Fördergeldern von jenseits der 90 Mio. ist es allerdings nicht schwer für die alten Opelflächen neue attraktive Unternehmen und Einrichtungen zu gewinnen. Statt der von Ruhr-Universität und Unternehmen gewünschten Seilbahnanbindung, will die Verwaltung vom BUR-Campus zum neuen Innovationsquartier auf Mark 51°7 ein Anrufsammeltaxi einrichten. Auch bei diesem Projekt vergibt die Stadt die Chance sich als innovativ und zukunftsgewandt zu präsentieren, sondern kommt provinziell, unambitioniert daher.

            Es fehlt an Mut

            Dieses Beispiel zeigt, dass der Stadt immer wieder der Mut fehlt, um Vorreiter in Sachen Stadtentwicklung zu werden. Der Oberbürgermeister traut sich weder der Stadt ein modernes Verkehrskonzept zu verordnen noch Stadtentwicklungsprojekte mit überregionaler Ausstrahlungskraft anzugehen oder die Stadtverwaltung grundlegend zu reformieren. Auch dafür, den Parteifreuenden in Land und Bund öffentlich klar und deutlich die Meinung zu sagen, dort wo sie die Stadt bei den Finanzen, den Schulen oder der sonstigen öffentlichen Infrastruktur im Stich lassen, ist er nicht bekannt.

            Vorreiterstädte zeichnet aus, dass sie heute schon tun, was andere Städte erst in 10 Jahren nachmachen. Das geht nicht ohne den Mut, auch mal etwas zu tun, was nicht schon hunderte Städte erfolgreich jahrelang erprobt haben. Auf der einen Seite hätte die Stadt schon gerne vorzeigbare Landmarken, andererseits findet man sich mit belangloser, allenfalls mittelmäßiger Architektur ab. Man will die Energiewende, aber statt sich mit Agrothermie, schwimmenden PV-Anlagen oder Solartrackern vor Ort in Bochum zu beschäftigen, sollen sich die Stadtwerke lieber an PV- und Windkraftanlagen irgendwo anders in Deutschland beteiligen. Während über Jahre erfolgreiche Bürgermeister wie Boris Palmer, Daniel Zimmermann oder Anne Hidalgo für grundlegende zukunftsweisende Stadtprojekte stehen, diese umsetzen und dann mit den sichtbaren Erfolgen punkten, steht Eiskirch 2025 mit leeren Händen da. Das ständige Posten von Bildern seiner Person, auf denen er einen Baum pflanzt, ein Band durchschneidet oder einen Spaten in die Kamera hält, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihm bisher der Mut fehlt grundlegende Stadtentwicklungsprojekte durchzusetzen und anzugehen.

            Zu langsame Verwaltung

            Anspruchsvolle zukunftsweisende Projekte lassen sich allerdings nur mit einer effizient arbeitenden Verwaltung umsetzen. Davon ist die Bochumer Verwaltung weit entfernt. Stattdessen fällt sie immer wieder durch gepflegte Langsamkeit und provokante Behäbigkeit auf (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam). Brauchen andere Städte für die Erstellung von Konzepten Monate, sind es in Bochum Jahre, siehe z.B. Klimaschutz- oder Radverkehrskonzept. Das gleiche gilt für Planungen wie z.B. August-Bebel-Platz oder Radschnellweg Ruhr. Die Summe der Terminüberschreitungen bei den aktuellen Bauprojekten der Stadt beträgt sagenhafte 125 Jahre. In Bochum werden städtische Bauprojekte im Durchschnitt 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant). Zwar wird der Etat für das städtische Personal von 2014 bis 2024 um fast 100 Mio. steigen, schneller und effektiver wird die Verwaltung dadurch aber nicht.

            In kurzer Frist den Anforderungen des Klimanotstands gerecht zu werden und die eklatanten Rückstand auf moderne Städte bei der Stadtentwicklung aufholen kann nur mit hohem Tempo bei Planung und Realisierung der entsprechenden Projekte gelingen, das sollte auch Politik und OB bewusst sein. Trotz der unübersehbaren Dringlichkeit die Versäumnisse der Vergangenheit schnell aufzuarbeiten, ist seitens der Verwaltung keine Bereitschaft zu erkennen die Arbeitsgeschwindigkeit auf das nötige Maß zu erhöhen. Dem Oberbürgermeister fehlt auch hier der Mut die schon lange überfällige Reform der Verwaltung durchzusetzen, um die notwendige Beschleunigung der Verwaltungsabläufe zu bewirken.

            Fehlende Souveränität

            Die Umsetzung vieler zukunftsweisender Projekte und Ideen scheitert zudem daran, dass es dem OB neben Mut an Souveränität mangelt. Überall sieht er bei Projekten die Risiken des Scheiterns, ist zutiefst misstrauisch wie Projekte aufgenommen und wie diese bei den städtischen Beschäftigten, Politik und Bürger*innen ankommen könnten. Zu oft fehlt das Selbstvertrauen, Dinge, die er für nötig hält und von denen er überzeugt ist, mit seiner Person zu verknüpfen, diese auch gegen Widerstände offensiv durchzusetzen, um schließlich mit ihrem Erfolg persönlich punkten zu können.

            Scheinbar wird der OB beständig von der Angst verfolgt, Vorschläge und Ideen, die nicht aus den beiden Parteien kommen, die ihn aufgestellt haben, könnten bei erfolgreicher Umsetzung SPD und Grüne Wählerstimmen kosten. Also werden diese samt und sonders aus rein wahltaktischen Gründen abgelehnt und jede Diskussion darüber aktiv vermieden. Diese irrationale Unsicherheit führt sogar soweit, dass Stadt und OB versuchen auf private Akteure Einfluss zu nehmen, indem sie die Teilnahme von Vertreter*innen der Stadt an Veranstaltungen oder Projekten davon abhängig machen, dass z.B. Vertreter*innen der STADTGESTALTER zuvor wieder ausgeladen werden.

            Die mangelnde Souveränität in der Art und Weise mit Vorschlägen anderer umzugehen, zeigt sich auch in den Ratssitzungen, in denen man beobachten kann wie der OB versucht, immer dann, wenn Argumente gegen die Annahme eines Antrags der Opposition fehlen, die Diskussionen abzuwürgen, oder erst gar nicht erst entstehen zu lassen. Der Versuch vortragende Personen wenig souverän lächerlich zu machen, ist eine weitere Unart, die den Eindruck erweckt, es ginge ihm nicht um die Stadt, sondern allein um den Wahlerfolg im Wahljahr 2025.

            Souveränen Bürgermeister*innen gelingt es Ideen und Vorschläge, unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit der Ideengeber aufzunehmen und sich mit dem Vorantreiben der Realisierung selbst zu profilieren. Sie machen den Erfolg von umgesetzten Vorschlägen zu ihrem Erfolg und präsentieren sich als unabhängige/r nur am Wohl der Stadt interessierte/r erste/r Bürger*in der Stadt.

            Trotzdem Thomas Eiskirch diese Souveränität fehlt, ist anzuerkennen, dass er derjenige ist, der in der Rot-Grünen Koalition immer wieder das Ziel vorgibt, die Stadt für die Zukunft modern aufzustellen.

            Rot-Grüne Ratsmitglieder verstehen sich als verlängerten Arm der Verwaltung

            Denn sonst ist ein politischer Gestaltungswille weder bei SPD noch Grünen zu erkennen. Diesen Part überlassen beide Fraktionen  ganz dem Oberbürgermeister. Die Ratsmitglieder beider Parteien heben dann im Rat die Hand, wenn OB und Verwaltung dies von ihnen erwarten. Die Wortmeldungen im Rat wirken oft wie von der Verwaltung vorformuliert. Die meisten rot-grünen Ratsmitglieder verstehen sich als verlängerter, politischer Arm der Verwaltung.

            Entsprechend waren nennenswerte strategische Initiativen der Rot-Grünen-Koalition bei den grünen Zukunftsthemen Mobilitäts-, Energiewende, Klima- und Umweltschutz in Bochum in den letzten über 20 Jahren nicht festzustellen und sind es auch während der laufenden Wahlperiode nicht Die Politik beider Ratsfraktionen zeichnet sich im Wesentlichen durch aufgesetzte Lobhudelei hinsichtlich der Arbeit der Verwaltung aus und die durchgehende und systematische Abweisung fast sämtlicher Initiativen und Anträge anderer Fraktionen. Folgerichtig brachte die Rot-Grüne Koalition zu den Haushaltsberatungen 2022 selbst nicht einen einzigen eigenen Vorschlag zustande, lehnte aber alle 72 Anträge anderer Fraktionen im Sinne der Verwaltung ab. Diese nur auf den eignen Vorteil bedachte  Politik ist destruktiv und schadet der Stadt.

            Nach 7 Jahren Rot-Grün unter OB Eiskirch ist festzustellen, zu einem nachhaltigen und dauerhaften Aufschwung der Stadt wird es nicht kommen, so lange weiterhin der Mut fehlt, die dafür erforderlichen Veränderungen auf den Weg zu bringen, die Offenheit und Souveränität nicht vorhanden ist Ideen und Vorschläge unabhängig davon zu verfolgen, wer die Ideengeber sind und die Verwaltung nicht in der Lage ist die entsprechenden Veränderungen unbürokratisch, schnell und konsequent umzusetzen.

            06 Nov.

            Sonnenstrom von Bochums Dächern höher vergüten und einfacher an Mietparteien günstig abgeben

            Leider lohnt es sich bisher zu wenig Sonnenstrom zu erzeugen und diesen an Mieter und Mieterinnen abzugeben oder den Strom ins Bochumer Stromnetz einzuspeisen. Damit nicht nur auf Eigenheimen neue Solarmodule aufs Dach geschraubt werden, sollte sich einiges ändern, meinen die STADTGESTALTER.

            8,2 Cent Einspeisevergütung erhält der Besitzer einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit max. 10 kWp, wenn er Strom, den er nicht selbst verbraucht, ins Netz einspeist. Der Sonnenstrom wird in das städtische Stromnetz eingespeist und schließlich für aktuell 15 bis über 50 Cent/ kWh an der Strombörse verkauft (Rekordpreis: 55 Cent pro kWh, am 17.08.22). Von diesem Gewinn sieht der private Betreiber der PV-Anlage, der diese auch mit seinem Geld bezahlt hat, jedoch nichts. Der Gewinn fließt in die Taschen des Übertragungsnetzbetreibers.

            Photovoltaikanlagen lohnen sich eigentlich bisher nur für Eigenheimbesitzer*innen

            Die Stadtwerke wiederum kaufen einen wesentlichen Teil ihres Stroms an der Strombörse für aktuell 15-50 Cent pro kWh. Unter den aktuellen Bedingungen ist das Verfahren weder für diejenigen attraktiv, die Solaranlagen auf Bochumer Dächer bauen möchten, noch für die Stadtwerke, die teuer Strom an der Börse einkaufen müssen, hohe Börsenpreise aber nur mit großer Verzögerung an die Verbraucher*innen weitergeben können.

            Bei Mehrfamilienhäusern gibt es ein weiteres Problem. Um Strom vom Dach direkt an die Hausbewohner*innen und Mietparteien zu liefern, ist ein teures, umständliches Mess- und Abrechnungskonzept erforderlich. Die Verfahren zur Förderung, Anmeldung und Inbetriebnahme sind überbürokratisiert. Der rechtliche wie organisatorische Aufwand ist von kleineren Vermieter*innen kaum zu stemmen. So sind den Stadtwerken in Bochum lediglich fünf Anlagen bekannt, die die Mieterstromförderung des Bundes derzeit in Anspruch nehmen (WAZ vom 09.07.22).

            Im Ergebnis sind es in Bochum daher insbesondere Eigenheimbesitzer*innen, die sich für den Eigenbedarf PV-Anlagen auf das Dach bauen lassen. Auch würden auf manche Eigenheime durchaus noch einige Solarmodule mehr passen. Doch leider bleiben Dachflächen ungenutzt, weil die Einspeisung sich kaum rechnet. Es soll sogar vorkommen, dass Eigenheimbesitzer*innen mit dem erzeugten Strom lieber das Wasser im Pool um ein paar Grad mehr aufheizen, statt den Strom in das Stadtwerkenetz abzugeben.

            Sonnenstrom besser vergüten und unkompliziert an Mieter*innen abgeben

            Die STADTGESTALTER schlagen vor, den Strom, der von Bochumer Dächern kommt, besser zu vergüten und ein unbürokratisches Abrechnungsmodell zu schaffen den Strom vom Dach direkt an die Haushalte zu liefern, die ein Gebäude mit PV-Anlage bewohnen:

            Bessere Vergütung der Netzeinspeisung – Ziel ist es, den Gewinn, der bei hohen Strompreisen mit dem Solarstrom von den Bochumer Dächern von den Übertragungsnetzbetreibern an der Strombörse erzielt wird, abzusteuern. Der Gewinn soll denen zufließen, die die PV-Anlagen gebaut und bezahlt haben. Vorgeschlagen wird, dass die Stadtwerke den Sonnenstrom von Bochumer Solaranlagen direkt abnehmen und damit Übertragungsnetzbetreiber und Strombörse außen vor bleiben.

            Direktabnahme Solarstrom

            Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollen die Stadtwerke den privaten Betreibern von PV-Anlagen in Bochum einen attraktiven Preis anbieten, zu dem sie den Sonnenstrom abnehmen. Dieser Preis könnte monatlich an den Strompreis, der im Mittel an der Strombörse erzielt wurde, gekoppelt werden, oder an den Arbeitspreis, zu dem der Strom wieder von den Stadtwerken an die Verbraucher*innen verkauft wird. Die PV-Anlagen-Besitzer*innen könnten dann wählen, nehmen sie das Angebot der Stadtwerke an oder speisen sie den Solarstrom wie bisher zur fixen staatlichen Einspeisevergütung ein.

            Insbesondere bei hohen Strompreisen an der Börse wäre die Direktabnahme des günstigeren Bochumer Sonnenstroms auch für die Stadtwerke ein gutes Geschäft. Zudem erhöht sich durch den Kauf des Stroms von Bochumer Dächern beim städtischen Strommix der Anteil an regional erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen. Bisher wird ein wesentlicher Teil des Stroms, den die Stadtwerke als erneuerbar ausweisen, nur durch Greenwashing, genauer den Zukauf von Zertifikaten für norwegischen Strom aus Wasserkraft, zu Strom aus erneuerbaren Quellen (Stadtwerke müssen auf Klimakurs gebracht werden).

            Einfache und günstige Abgabe von Solarstrom an Mietparteien – Bei Mehrfamilienhäusern stellen sich die STADTGESTALTER ein ähnliches Modell vor. Die Stadtwerke schließen mit den Besitzer*innen von PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern Verträge zur Abnahme des Sonnenstroms. In diesen Verträgen verpflichten sich die Stadtwerke, gegen eine Contracting-Gebühr den Sonnenstrom zu einem gegenüber dem üblichen städtischen Stromtarif günstigeren Strompreis an die Wohn- bzw. Mietparteien der Häuser weiterzuverkaufen, auf denen die Anlagen betrieben werden. Dabei wird der gesamte erzeugte Solarstrom nach einem vereinbarten Schlüssel (z.B. Bewohnerzahl, Wohnfläche, Zahl der Haushalte) auf die Parteien aufgeteilt.

            Solarstrom für Wohn- und Mietparteien

            Der nicht durch Sonnenstrom gedeckte Stromverbrauch der Haushalte wird nach dem regulären Stromtarif abgerechnet. Die Stadtwerke übernehmen somit das Solarstromcontracting und damit die Stromabrechnung zwischen den Betreiber*innen der PV-Anlage und den Wohn- bzw. Mietparteien. Der Vorteil dieses Angebotsmodells, es wird kein teures und umständliches Messkonzept benötigt und es bleiben auch hier Strombörse und Übertragungsnetzbetreiber aus dem Spiel.

            Ideale Bedingungen für mehr PV-Anlagen und mehr Sonnenstrom schaffen

            Im Ergebnis ist es also wichtig, attraktivere Anreize dafür zu schaffen, dass nicht nur auf Einfamilienhäusern PV-Anlagen neu entstehen. Zudem sollte es sich bei der Errichtung von PV-Anlagen wirtschaftlich lohnen, möglichst das gesamte Dachpotential auszunutzen. Dazu ist zum einen ein attraktiver Preis zur Abnahme des Solarstroms erforderlich, zum anderen sollte es unkompliziert möglich sein, den erzeugten Strom günstig aber trotzdem lohnenswert an die Haushalte zu verkaufen, die im Gebäude wohnen, auf dem der Sonnenstrom erzeugt wird.

            Die STADTGESTALTER werden daher am 10.11.22 Im Bochumer Stadtrat beantragen die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Erzeugung von Solarstrom auf Bochumer Dächern flächendeckend noch mehr Fahrt aufnimmt.

            30 Okt.

            Für eine gezielte Haushaltspolitik: Lebenszufriedenheit der Menschen und Erfolg beim Klimaschutz messen

            Bisher erfolgt die städtische Haushaltspolitik im Hinblick auf einige Ziele, die die Stadt verfolgt, im Blindflug. Was die im Haushalt festgeschriebenen Maßnahmen im Hinblick auf die Einwohnerzufriedenheit und den Klimaschutz bewirken, ist unbekannt. Es fehlen Befragungen und Kennzahlen, die das messen. Das wollen die STADTGESTALTER jetzt ändern.

            Mit Einführung der doppelten Buchführung im städtischen Haushaltswesen führte die Stadt 2008 im Rahmen der Haushaltsplanung zugleich eine wirkungsorientierte Steuerung ein. Seitdem werden den Verwaltungseinheiten Budgets zugeteilt und mittels Kennzahlen bestimmte (Wirkungs-)Ziele vorgegeben, die sie mit den durch das Budget zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln erreichen (oder übertreffen) sollen. Das ist z.B., bei den Bochumer Symphoniker die Zahl der Besucher*innen und Abonnements, die in den zukünftigen Haushaltsjahren erreicht werden sollen. Im Einwohneramt, sind das die Wartezeiten auf Termine oder Bearbeitungszeiten für bestimmte Verwaltungsabläufe. Für das Rechnungsprüfungsamt wird der Anteil der Prüfungen, der termingerecht abgearbeitet wird, als Kennzahl ausgewiesen.

            Konzept der wirkungsorientierten Steuerung der Verwaltung wird nicht mehr ernsthaft verfolgt

            Die Idee hinter der wirkungsorientierten Steuerung war, die Zielerreichung bei den entsprechenden Kennzahlen sukzessive zu verbessern, um eine stärkere Bürger-/Kundenorientierung, eine Effizienzsteigerung sowie eine effektivere Steuerung der Verwaltung zu erreichen. Da aber insbesondere aussagelose Kennzahlen in häufig belanglosen Bereichen ausgewählt wurden und Kennzahlen für wichtige Verwaltungsabläufe fehlen, ist eine wirkungsorientierte Steuerung in der Bochumer Verwaltung defacto nicht vorhanden. Das Konzept ist wirkungslos.

            So fehlen z.B. im Ausländerbüro wichtige Kennzahlen zu den Bearbeitungszeiten: Wie lange braucht das Ausländerbüro um eine Arbeitserlaubnis oder einen Aufenthaltstitel zu erteilen und wie lange müssen die Betroffenen auf eine Einbürgerung warten? Derartige Kennzahlen werden nicht erfasst, um die schlechten Leistungen auf diesen Gebieten zu verschleiern und ambitionierte Zielsetzungen sowie das Verfehlen von Zielvorgaben zu vermeiden. Stattdessen wird die durchschnittliche Wartezeit bei Terminen vor den Büros der Sachbearbeiter*innen als Kennzahl erfasst. Den Betroffenen hilft es allerdings wenig, wenn sie bei Terminen nur 15 Minuten warten müssen, um ins Büro vorgelassen zu werden, sie aber erst gar keine Termine erhalte und die Einbürgerung 18 Monate dauert, statt wenige Wochen wie in gut organisierten Städten üblich (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar).

            An anderer Stelle im Haushalt werden wenig aussagekräftige Kennzahlen erfasst wie etwa die Anzahl der Pressekonferenzen und -mitteilungen oder die geplante Anzahl von Followern in sozialen Medien. Diese Zahlen alleine sind jedoch nicht geeignet, die Effektivität und Qualität der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu steuern.

            In manchen Bereichen wie etwa bei den Straßenverkehrsangelegenheiten werden gar keine Wirkungskennzahlen wie wöchentliche Verkehrsüberwachungsstunden oder Kostendeckungsgrad Überwachung fließender Verkehr mehr erhoben oder vorgegeben. Die entsprechenden Felder im Haushaltsplan 2023/24 sind leer.

            Eine wirkungsorientierte Steuerung funktioniert nur mit geeigneten Kennzahlen und dem Willen sich nach diesen Kennzahlen zu richten. In der Bochumer Verwaltung fehlt es bisher an beidem. Der Haushalt 2023/24 erweckt den Eindruck, als habe die Stadt das Konzept aufgegeben.

            Eine erste Forderung der STADTGESTALTER lautet daher, dass die Verwaltung, das Kennzahlensystem grundlegend überarbeitet und die Verwaltungseinheiten die vorgegebenen Kennzahlen als verbindliche Zielsetzungen anerkennen, die es zu erreichen gilt. Darüber hinaus sollte das System eine neue Fokussierung erhalten.

            Lebenszufriedenheit der Menschen sollte gemessen werden, um diese gezielt zu verbessern

            Die zweite Forderung der STADTGESTALTER betrifft daher eine Neuausrichtung der Wirkungskennzahlen. Neben der Effektivität, Effizienz und Bürger- sowie der Kundenorientierung der Verwaltungsabläufe soll nach Meinung der STADTGESTALTER ebenfalls die Lebenszufriedenheit der in Bochum lebenden Menschen mittels Befragungen gemessen und systematisch verbessert werden. Bevorzugt sollte das in den Bereichen Stadtbild, Wohnen, Kultur, Umwelt, Beteiligung und Mobilität geschehen.

            So wird in Kopenhagen für den Bereich Radverkehr aller zwei Jahre ein “Bicycle Account“ erstellt. Dieser dient als zentrales Instrument des Controllings und der Berichterstattung zur Entwicklung der Fahrradstadt Kopenhagen. Für den Bericht werden Kennzahlen wie z. B. die zurückgelegten Kilometer mit dem Rad und dem Auto auf Hauptstraßen erhoben, der Modal-Split ermittelt, Fakten zu der bestehenden Fahrradinfrastruktur erhoben, aber eben auch die Zufriedenheit der Bewohner über die Fahrradinfrastruktur erfragt. Um die Zufriedenheit der Menschen mit dem bisher erreichten zu ermitteln wird eine repräsentative Telefonbefragung mit über 1.000 Interviews durchgeführt (Verbreitung radikaler Systeminnovationen Fallbeispiel Fahrradstadt Kopenhagen,).

            Diese Art des Controllings mit Wirkungskennzahlen und Messung der Einwohnerzufriedenheit lässt sich auch für andere Bereiche aufbauen. Zum Beispiel um herauszufinden, wie erfolgreich die Integrierten Stadtentwicklungskonzepte (ISEKs) in Wattenscheid, Hamme, Innenstadt, Laer und Langendreer/ Werne laufen. Auch die Zufriedenheit mit dem Kulturangebot, den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, dem Angebot an Freizeiteinrichtungen, darunter z.B. dem Schwimmbadangebot oder der Gestaltung der Stadtteilzentren und Wohnviertel ließe sich mit Kennzahlen und einem Zufriedenheitsindex, der durch Befragungen der Betroffenen bzw. Bewohner*innen ermittelt wird, entsprechend messen.

            Alle Maßnahmen, die die Stadt mit einem Haushalt auf den Weg bringt, dienen letztlich dem Ziel, die Lebenszufriedenheit der Menschen in der Stadt zu verbessern. Ob die Maßnahmen erfolgreich sind und die vorgegebenen Ziele erreicht werden, wird bisher jedoch nicht gemessen. Diese Lücke wollen die STADTGESTALTER mit der Einführung von Wirkungskennzahlen zur Einwohnerzufriedenheit schließen.

            Wirkungskennzahlen, um zu messen wie weit die Stadt beim Klimaschutz ist

            Des Weiteren misst die Stadt bisher nicht, wie sie bei der Erreichung des Klimaschutzes vorankommt. Trotz Ausrufung des Klimanotstandes 2019, fehlt es bisher an einem Konzept, wie die Stadt bis 2035 klimaneutral werden will.

            Die CO2-Emissionen der Stadt entstehen insbesondere im Bereich der Gebäude, durch den Verkehr und die Energieerzeugung bzw. den Energieeinkauf der Stadtwerke. Öffentlichkeitswirksam verkauft die Stadt insbesondere die Pflanzung von Bäumen und Hecken als Klimaschutzmaßnahmen, während sich in den wesentlichen Bereichen, insbesondere im Verkehr, kaum Nennenswertes tut. 39% des in der Stadt erzeugten CO2 wird durch den Verkehr erzeugt. Das sind jedes Jahr über 1.000.000 Tonnen (Energie- und Klimaschutzkonzept 2030). Selbst eine Buche kann über eine Lebenszeit von 100 Jahren nur 3,5t CO2 kompensieren (Wie viel CO2 speichert der Baum?). Würde die Stadt es schaffen jedes Jahr 100 neue Buchen zu pflanzen, gelänge es ihr gerade mal 0,35% des durch den Verkehr verursachten jährlichen CO2-Ausstoßes nach 100 Jahren zu kompensieren. Die Baumpflanzungsmaßnahmen klingen also auf den ersten Blick nach einem großen Wurf. Ihr Effekt auf die städtische CO2-Bilanz ist jedoch kaum messbar.

            Das Beispiel zeigt, der Stadt fehlen Wirkungskennzahlen, die den Effekt von Klimaschutzmaßnahmen richtig einordnen und messbar machen. Will die Stadt ernsthaft klimaneutral werden, muss das gezielt, konsequent, glaubwürdig und nachvollziehbar geschehen. Effiziente Klimaschutzmaßnahmen müssen solchen mit wenig CO2-Einsparpotential vorgezogen werden. Solche Priorisierungen sind wiederum nur mit einem Controlling mittels Wirkungskennzahlen möglich.

            Die STADTGESTALTER schlagen daher vor im Haushalt CO2-Äquivalente anhand der Zertifikate-Preise für CO2 zu bilanzieren. Auf diese Weise können die “Klimaschulden” als fiskaler Schuldenstand und damit als Kredit bei zukünftigen Generationen dargestellt werden. Maßnahmen zum Klimaschutz und weniger CO2-Erzeugung bewirken dann eine Senkung der „Klimaschulden“. So lassen sich die Verwaltungseinheiten über ein begrenztes Klimabudget gezielt in Richtung Klimaneutralität bewegen.

            Entsprechend sieht der Vorschlag der STADTGESTALTER vor, dass die Stadt in den nächsten beiden Jahren für die Bereiche Einwohnerzufriedenheit und Klimaschutz ein entsprechendes Konzept zur Erfassung und Zielsetzung von geeigneten Wirkungskennzahlen aufbaut. Diese Kennzahlen sollen für die Haushaltsperiode 2023/24 erstmals als Ausgangsbasis erfasst werden, damit der Verwaltung ab dem Haushalt 2025 für die entsprechenden Kennzahlen Zielvorgaben gemacht werden können, die dann in den Folgejahren sukzessive und zielgerichtet in Richtung mehr Einwohnerzufriedenheit und Reduzierung des in der Stadt erzeugte CO2 verschärft werden können.

            Um mehr Lebenszufriedenheit und möglichst zielgerichtet Klimaneutralität zu erreichen geht kein Weg an Wirkungskennzahlen vorbei

            Verfolgt Bochum ernsthaft die beiden Ziele, Erhöhung der Einwohnerzufriedenheit und möglichst schnelle Erreichung der Klimaneutralität, wird die Stadt nicht darum herum kommen mittels Kennzahlen zu messen und zu prüfen, ob und in wieweit diese Ziele erreicht werden. Da die Stadtentwicklung primär über den städtischen Finanzhaushalt gesteuert wird, müssten solche Kennzahlen folgerichtig in den Haushalt aufgenommen werden.

            In der Ratssitzung am 10.11.22 werden die STADTGESTALTER genau das beantragen. Dann wird sich zwigen, ob und in wieweit die anderen Ratsfraktionen es für erforderlich halten die genannten Ziele in messbarer und damit transparenter wie nachvollziehbarer Weise zu verfolgen und sie bereit sind der Verwaltung entsprechend verbindliche Vorgaben zur Erreichung der genannten Ziele zu machen.

            23 Okt.

            Untätigkeit der Stadt kostet Mensch das Leben

            Trotzdem es aufgrund von nicht mehr benutzten Straßenbahngleisen jedes Jahr zu schweren Unfällen von Zweiradfahrenden kommt, verschleppen Verwaltung und BOGESTRA seit Jahrzehnten deren Beseitigung. Jetzt ist ein Mann auf den alten Schienen gestürzt und gestorben.

            Seit jeher lehnen die städtischen Verantwortlichen die Beseitigung von Gefahrenstellen mit der immer gleichen Begründung ab, die Leistungsfähigkeit der Straßen für den Autoverkehr und die Einsparung von Kosten sei wichtiger als die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Diese Sichtweise ist ebenso rechtswidrig wie ethisch inakzeptabel.

            Die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) gibt der Stadt seit Juli 2021 auch ausdrücklich im Text vor, welches Ziel bei der Verkehrsplanung und der Organisation des städtischen Verkehrs vorrangig zu verfolgen ist, die “Vision Zero”. Wörtlich heißt es im ersten Absatz des ersten Paragrafen: “Oberstes Ziel ist … die Verkehrssicherheit. Hierbei ist die „Vision Zero“ (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen.”

            „Vision Zero“ in der VwV-StVO

            Was bedeutet “Vision Zero”?

            Zwei entscheidende Grundbedingungen zeichnen die “Vision Zero” aus (VCD- Zeit für null Verkehrstote):

            • Der Mensch macht Fehler. Straßen müssen so gebaut und der Verkehr so organisiert werden, dass selbst wenn Fehler passieren, diese nicht schwere Personenschäden oder gar Tote zur Folge haben.
            • Die Belastbarkeit des menschlichen Körpers wird zum entscheidenden Maßstab. Unfallfolgen dürfen auch im schlimmen Fall nicht mehr tödlich sein.

            “Vision Zero” bedeutete einen Paradigmenwechsel in der deutschen Verkehrspolitik. Helsinki und Oslo sind Vorreiter beim Vision-Zero-Ziel. Mit durchschlagendem Erfolg, 2019 war das erste Jahr in dem in beiden Städten nicht ein Mensch mit dem Rad oder zu Fuß im Straßenverkehr ums Leben kam (Keine Verkehrstoten: Was Helsinki richtig machtHow Oslo Reached Vision Zero).

            Für die Deutsche Verkehrssicherheitsrat ist die “Vision Zero” bereits seit 2007 Grundlage der Verkehrssicherheitsarbeit (Die Vision Zero im DVR) In Bochum jedoch scheint von diesem sich seit mindestens einem Jahrzehnt abzeichnenden Paradigmenwechsel noch nichts angekommen zu sein.

            In Bochum wird bei verkehrlichen Maßnahmen weiterhin alles der Leistungsfähigkeit der Straßen für den Autoverkehr untergeordnet. Ganz offen wird erklärt, man könne Gefahrenstellen nicht beseitigen, weil dann der Autoverkehr nicht mehr störungsfrei laufe. Für den ungestörten Verkehrsfluss werden bewusst Unfälle in Kauf genommen.

            Des weiteren werden Kostengründe angeführt, warum Gefahrenstellen, die in der Regel aus eigenen Fehlplanungen der Verwaltung resultieren, nicht beseitigt werden könnten. Immer wieder heißt es, für die Beseitigung sei ein grundlegender Umbau erforderlich, die Kosten dafür seien zu hoch.

            Fünf Gefahrenstellen in Bochum, die es nicht geben dürfte

            Die folgenden fünf Beispiele zeigen, wie in Bochum mit Gefahrenstellen für Menschen, die sich zu Fuß oder mit dem Rad durch die Stadt umgegangen wird:

            Alte Straßenbahngleise – Immer wieder kommt es in Bochum zu Unfällen von Zweiradfahrenden auf alten Straßenbahngleisen, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr von der BOGESTRA befahren werden (Polizei Bochum vom 12.09.18WAZ vom 17.09.19Polizei Bochum vom 02.08.2020Polizei Bochum vom 08.08.21) Jetzt musste ein Mensch sterben, der in die Gleise an der Alleestraße einfädelte und auf die Fahrbahn stürzte (Radfahrer stirbt nach Sturz – Gefahrenstelle war bekannt).

            An dieser Stelle werden die Gleise seit 16 Jahren nicht mehr von Straßenbahnen befahren. Die Gefahrenquelle wie die vielen Unfälle jedes Jahr waren der Stadt bekannt. Angeblich aus Kostengründen wurden die Gleise bis heute nicht entfernt. Die gepflegte Langsamkeit in vielen Bereichen der Verwaltung verzögerte die Entfernung immer weiter (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam).

            Der Stadt war klar, beseitigen wir die alten Gleise, also die Gefahrenquelle, wird es keine Unfälle mehr geben. Sie entschied sich jedoch bewusst gegen eine sofortige Beseitigung in dem Wissen, dass sie damit Unfälle mit schweren Personenschäden oder gar Toten in Kauf nehmen würde. Diese Haltung ist weder rechtlich noch ethisch zu rechtfertigen und widerspricht grundlegend der “Vision Zero”.

            In vorliegendem Fall trifft auch die Politik eine Mitverantwortung, STADTGESTALTER und FDP hatten zuletzt 2018 die umgehende Beseitigung der alten Gleise mit Hinweis auf die Verkehrssicherungspflicht der Stadt beantragt (Antrag 20181151), doch SPD und Grüne lehnten mit Unterstützung von CDU und UWG, den Antrag ab.

            Dorstener Straße, Kreuzung Hordeler Straße – In diesem Bereich ist aus Herne kommend stadteinwärts der Gehweg für den Radverkehr freigegeben. Für gleichzeitigen Rad- und Fußverkehr ist der Bürgersteig allerdings im Bereich der Kreuzung viel zu schmal. Dazu stehen noch Schilder auf dem Bürgersteig.

            Im März 2022 kommt es in Folge der beschriebenen Gefahrenlage zu einem folgenschweren Unfall. Ein Radfahrer überholt auf dem Gehweg eine Fußgängerin bleibt an einem Schild hängen, das mitten auf dem Gehweg steht und stürzt auf die Fahrbahn. Ein LKW überfährt seinen Arm, mit viel Glück entgeht das Unfallopfer dem Tod (WAZ 23.03.2022).

            Die Gefahrenstelle ist Verwaltung und Politik seit 30 Jahren bekannt (bo-alternativ vom 21.03.21), die Stadt verweigert seit drei Jahrzehnten eine Beseitigung mit dem Argument, dass dadurch die Leistungsfähigkeit der Kreuzung für den Autoverkehr gemindert würde. Die Gefahrenuelle zu beseitigen, und die Linksabbiegespur oder eine Fahrspur zu Gunsten eines sicheren Radweges einzuziehen, kommt für die Verwaltung nicht in Frage. Der Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr wird die Sicherheit der Menschen, die zu Fuß gehen oder das Rad fahren, untergeordnet. Bewusst werden auch hier Unfälle mit Schwerverletzten und Toten in Kauf genommen, die “Vision Zero” wird mit Füßen getreten.

            Die Politik zeigt sich hilflos. Nach jedem Unfall fordert auch die SPD eine Beseitigung der Gefahrenstelle (WAZ vom 12.04.22), traut sich aber nicht die Verwaltung anzuweisen, ihrer Verkehrssicherungspflicht nach zu kommen. Der nächste schwere Unfall mit Personenschaden ist nur eine Frage der Zeit.

            Wittener Straße, Kreuzung Lohring – Diese Gefahrenstelle, dokumentiert eine beschämende Inkompetenz der verantwortlichen Verkehrsplaner. Auf einem 2,8 Meter breiten Gehweg wurde entgegen jeder gültigen Rechtsvorschrift und Planungsempfehlung für Radverkehrsanlagen ein kaum 1 Meter breiter benutzungspflichtiger Radweg angelegt. Damit schuf die Stadt die Gefahrenstelle quasi selbst.

            Im August dieses Jahres kommt es zu einem beinahe tödlichen Unfall (WAZ vom 25.08.22). Ein 14-jähriger Junge fährt auf dem “Radweg”, eine 13-Jährige kommt ihm entgegen, tritt plötzlich auf die Radwegfläche, der Jugendliche weicht aus und stürzt auf die Straße. Die herannahende Autofahrerin legt blitzartig eine Vollbremsung hin, kommt gerade noch rechtzeitig zum Stehen, sonst wäre der Junge von dem PKW überrollt worden. Ein Szenario, das er voraussichtlich mit dem Leben bezahlt hätte.

            Auch an diesem Ort weigert sich die Stadt seit Jahren die Gefahrenstelle zu beseitigen. Ein Radweg auf der Straße wird abgelehnt, eine Fahrspur müsste entfallen, der Leistungsfähigkeit der Straße für den Autoverkehr sei vor einer Verbesserung der Verkehrssicherheit Vorrang einzuräumen. Für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit seien also Unfälle mit Schwerverletzten oder gar Toten in Kauf zu nehmen.

            Auch in diesem Fall trägt die Politik eine Mitschuld. Zu dem Unfall wäre es nicht gekommen, wäre man dem Antrag der STADTGESTATER im Februar 2022 gefolgt. In diesem wurde beantragt die Gefahrenstelle durch einen Pop-Up-Radweg zu beseitigen (Antrag 20220231). Doch bis auf die Linke, sprachen sich alle anderen Fraktionen gegen eine sofortige Beseitigung der Gefahrenquelle aus.

            Wittner Straße auf Höhe Ümminger See – In diesem Bereich erneuerte die Verwaltung im Herbst des Jahres 2021 den Gehweg, der wiederum entgegen jeder rechtlichen Vorgaben und Empfehlungen zur Anlage von Radverkehrsanlagen besonders im Bereich der Bäume mit rund 1,2 Metern viel zu schmal ausfällt (hallobo vom 21.01.2022). Ein Unfall mit schweren Personenschäden oder gar Toten ist auch hier vorprogrammiert. Wenn auf dem Gehweg, ein zu Fuß Gehender plötzlich und unbeabsichtigt vor einem Rad ausweicht oder zwei Radfahrende sich beim Entgegenkommen an einer Engstelle ins Gehege kommen, ist die Gefahr groß, dass einer der Radfahrenden auf die Straße fällt und dort von einem Auto erfasst wird. Bei den hohen Geschwindigkeiten, die in diesem Bereich gefahren werden, dürfte die Überlebenschance gering sein.

            Aber auch in diesem Fall will die Stadt nicht eine Fahrspur in einen geschützten Radweg umwandeln. Wieder räumt die Stadt der Leistungsfähigkeit der Straße für den Autoverkehr Vorrang vor der Sicherheit der Menschen ein, die zu Fuß gehen oder das Rad nehmen. Dabei zeigte sich während der Sanierung des Gehweges, als eine Fahrspur über Wochen gesperrt war, dass die verbleibende Fahrspur für den Verkehrsfluss ausreichte, Staus oder stockender Verkehr war nicht zu beobachten.

            In einem Dringlichkeitsantrag hatten die STADTGESTALTER im Oktober 2021 gefordert, die Gefahrenstelle zu beseitigen (Antrag 20213266) Am 4. November beauftragt die Politik daraufhin im Mobilitätsausschuss die Verwaltung zu prüfen wie die Radwegeführung auf der Wittener Straße im Teilstück zwischen Ümminger Straße und Alte Wittener Straße baulich so umgestaltet werden kann, dass Radfahrende die Straße sicher und konfliktfrei nutzen können. Die Verwaltung ignoriert den Auftrag. Bis heute, ein Jahr später, ist keine Prüfung erfolgt. Auch in diesem Fall wird das Ziel “Vision Zero” missachtet. Um dieses zu erreichen, muss jede bekannte Gefahrenstelle umgehend beseitigt werden. Die Verwaltung aber bleibt untätig.

            Gemeinsame Geh- und Radweg auf der Königsallee – Dieser Fall zeigt, die Verwaltung schafft unnötig selbst neue Gefahrenstellen, wieder mit der Begründung die Verkehrssicherheit sei ggü. der Leistungsfähigkeit von Straßen für den Autoverkehr nachrangig zu behandeln. Statt bei der in diesem Jahr begonnenen Umgestaltung der Königsallee den Radweg durchgehend neben der Straße zu führen, wird der Radverkehr auch bei dieser Maßnahme wiederum teilweise auf den Gehweg geführt.

            Die geplante Radwegeführung widerspricht sämtlichen Empfehlungen wie Radwege sicher anzulegen sind. Vorhersehbar wird es auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg zu weiteren schweren Unfällen zwischen Radfahrenden und zu Fuß Gehenden kommen. Schon heute werden die Radfahrenden an der entsprechenden Stelle über den Gehweg geführt, zuletzt kam es im März zu einem Unfall (Polizei Bochum vom 06.03.2022). Eine 17-jährige Bochumerin stieg an der Bushaltestelle „Werk Eikhoff“ aus dem Bus aus und kollidierte unmittelbar nach dem Aussteigen mit einem Radfahrer. Beide Personen stürzten zu Boden. Bei Stürzen kann es immer zu schweren Personenschäden oder gar schlimmerem kommen.

            Trotz dieses Wissens beschloss die Politik den Umbau der Königsallee mit gemeinsamem Geh- und Radweg und damit einer neuen Gefahrenstelle, anstatt wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen und beantragt, eine sichere Radwegeführung umzusetzen (Grüne bleiben in Bochum Autopartei). Es zeigt sich, auch die Politik verfolgt das Ziel “Vision Zero” bisher nicht. Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen ist nicht Straßen, Rad- und Gehwege so zu planen, dass Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden bereits aufgrund der baulichen Gestaltung vermieden werden.

            Die Politik muss die Verwaltung zum Umdenken zwingen

            Die fünf Beispiele zeigen, die städtische Verkehrsplanung scheint immer noch nicht mitbekommen zu haben, dass seit Juli 2021 bei allen verkehrlichen Maßnahmen vorrangig das Ziel zu verfolgen ist, Personenschäden zu vermeiden und die Zahl der Toten im Straßenverkehr auf null zu senken. Straßen, Rad- und Gehwege sind so (um-)zu gestalten, dass es selbst bei Fehlern der am Verkehr Teilnehmenden nicht zu Unfällen mit Schwerverletzten oder gar Schlimmerem kommt. Bekannte Gefahrenstellen sind deshalb umgehend zu beseitigen, neue zu schaffen zu unterlassen.

            Das Ziel “Vision Zero” hat uneingeschränkte Priorität. Eine Abwägung mit der Leistungsfähigkeit von Straßen für den Autoverkehr ist nicht vorgesehen. Sicherheit für zu Fuß Gehende und Radfahrende ist ohne Wenn und Aber herzustellen. Ob damit die Leistungsfähigkeit der Straße gemindert wird, ist kein Entscheidungskriterium. Ist Sicherheit nur durch Einschränkung der Leistungsfähigkeit herzustellen, dann ist dementsprechend zu handeln.

            Sollte die Stadt bei ihren verkehrlichen Maßnahmen nicht umgehend den Vorgaben der StVO folgen, ist damit zu rechnen, dass Unfallopfer die Stadt mit guten Erfolgsaussichten auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagen werden. Gefahrenquellen wie alte Straßenbahngleise nicht zu beseitigen, und damit vorsätzlich schwere Unfälle mit Schwerverletzten und Toten in Kauf zu nehmen, ist nicht mit der “Vision Zero” vereinbar. Bekannte Gefahrenquellen sind zu beseitigen, so dass Fahrfehler keine schweren Folgen haben. Leben ist nicht verhandelbar. Menschen machen Fehler.

            Der tödliche Unfall auf der Alleestraße sollte die Verantwortlichen endlich wachgerüttelt haben. Zur Not muss die Politik die Verwaltung zwingen, die “Vision Zero” zu verfolgen.

            16 Okt.

            Städtischer Doppelhaushalt für 2023/24 ist ein Pulverfass

            ie werden sich Energiekrise, Ukrainekrieg, Klimakrise, und Fluchtbewegungen in den nächsten beiden Jahren entwickeln? Was hat das für finanzielle Konsequenzen für den Stadthaushalt? Seriös abschätzen kann das heute niemand. Trotzdem stellt die Stadt aktuell einen Doppelhaushalt für 2023 und 2024 auf. Eine fragwürdige Vorgehensweise.

            Seit dreißig Jahren war das Morgen nicht mehr so ungewiss wie heute. Ukraine Krise, Inflation und drohende Rezession. Im Bochumer Rathaus gibt es keine Planstellen für Wahrsager. Trotzdem windet sich aktuell ein Doppelhaushaltsentwurf für die kommenden zwei Jahre durch die Gremienmühle. Das bedeutet: Bereits jetzt will die Verwaltung festsetzen, welche Rechnungen sie im Dezember 2024 bezahlen möchte. Aber ist eine langfristige Planung nicht klug? Eine Planung schon, ein vorzeitiges Festlegen nicht. Eine Planung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung führt die Kommune immer durch. Ein einjähriger Haushalt führt also nicht zu Planlosigkeit. Im Gegenteil.

            Aktuell einen Haushalt für 2024 aufstellen zu wollen ist nicht seriös

            Während der prekären Situation in der Corona-Pandemie machte die Kämmerei noch lieber einen Zwischenschritt und setzte angesichts der ungewissen Entwicklung auf einen einjährigen Haushalt. Das war klug. Die Welt und die Entwicklung sind seitdem aber nicht sicherer geworden. Gerade die Inflation und ihre Konsequenzen wirft Stadt, Land und Familien hin und her. Im Doppelhaushalt der Stadt findet das alles keine hinreichende Berücksichtigung. Brav werden dort die Haushaltsentwürfe mit den heute gar nicht mehr gültigen Bedingungen fortgeschrieben.

            Dass die Verwaltung allen Ernstes einen Haushalt vorlegt, der in den kommenden zwei Jahren von weiteren Steigerungen bei den Steuereinnahmen ausgeht, ist mehr als wunderlich. Schließlich geht das Wirtschaftsministerium in seiner Herbstprognose von einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr aus. Da der Doppelhaushalt kurz vor Weihnachten beschlossen werden soll, kann man vielleicht noch von einem frommen Wunsch sprechen. Alle, die nicht mehr an das Christkind glauben, sind sich wahrscheinlich sicher: Der geschnürte Haushalt platzt bald wieder auf.

            Zwar kann man nun sagen: „Das war doch schlau! Wenn alles teurer wird, werden auch die Steuereinnahmen steigen.“ Der Gedanke ist nachvollziehbar. Aber dann hätte man diese Steigerung auf der Ausgabenseite auch berücksichtigen müssen. Ist das der Fall? Leider gar nicht. Sollten die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst nur annähernd die Inflation ausgleichen, dann wachsen die Aufwendungen von x auf y. Und die Gewerkschaften geben sich kurz vor Beginn der neuen Lohnverhandlungen bereits breitschultrig, die Forderungen von Verdi für die städtischen Beschäftigten in der laufenden Tarifrunde lautet 10,5% mehr Lohn und Gehalt.

            Aktuelle Krisen, finanzielle Risiken und Unwägbarkeiten

            Die finanziellen Risiken und Unwägbarkeiten für die Haushalte in den nächsten Jahrenstellen sich im Einzelnen wie folgt dar:

            Risiken für den Haushalt der Stadt Bochum

            Energiekosten – Wie sich die Kosten für Energie entwickeln werden, ist derzeit kaum absehbar. Die derzeitigen Steigerungen werden erst in den folgenden Jahren richtig durchschlagen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Preise noch deutlich höher steigen werden, als dies im Haushalt angenommen wurde.

            Baukosten für städtische Projekte – Schon jetzt muss die Stadt, die geplanten Kosten für Bauprojekte besonders wegen steigender Baupreise beständig nach oben korrigieren (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant) und für die Kostensteigerungen Verpflichtungsermächtigungen zur Umschichtung von Finanzmitteln beantragen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass diese Entwicklung anhält. Das Szenario, dass die Baukonjunktur zusammenbricht, ist zwar nicht unwahrscheinlich, doch wird das den Preisanstieg zunächst nur bremsen, dass die Preise signifikant sinken, ist auch in diesem Fall eher nicht zu erwarten.

            Personalkosten für städtische Beschäftigte – Dass die Personalausgaben der Stadt deutlich stärker steigen als in den Haushaltsplanungen angenommen, kann als sehr wahrscheinlich angenommen werden. Schon das Ausmaß der Erhöhung der letzten Tarifrunde 2020 hatte die Stadt unterschätzt. Verdi fordert in der aktuellen Tarifrunde 10,5% mehr Lohn und Gehalt. Entsprechend deutlich wird die Erhöhung nach dem Abschluss der Tarifverhandlungen ausfallen. Die Aufwendungen für das Personal einschließlich der Versorgungsleistungen an Pensionäre und Rentner machten 2021 einen Anteil von 22,7% der Gesamtausgaben aus.

            Fachkräftemangel – Offen ist auch wie sich der Mangel an Fachkräften auf den städtischen Haushalt auswirken wird. Können Stellen nicht besetzt werden, sind Leistungen für teures Geld an externe Unternehmen zu vergeben, z.B. Ingenieursbüros. Auch die erhöhen ihre Preise, wenn ihre Leistungen auf dem Markt knapp sind. Um Stellen besetzen zu können sollte man sie finanziell attraktiver machen und müsste sie dazu höher eingruppieren. Auch das kostet zusätzliches Geld.

            Transferleistungen für Bedürftige (Sozialleistungen) – Abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Armutszuwanderung, werden die Ausgaben der Stadt für Transferleistungen zunehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Zahl der Transferleistungsempfänger*innen zunehmen wird. Mit steigender Inflation werden auch die Leistungssätze steigen. Die Transferaufwendungen, machten 2021 45% der Gesamtausgaben der Stadt aus.

            Aufnahme von Flüchtlingen – Aktuell steigt die Zahl der aufzunehmenden minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge, die die Stadt unterbringen muss, stark an. Die Stadt hat bereits jetzt große Probleme alle Ankommenden adäquat unterzubringen und zu betreuen. Wie sich die Aufnahmezahlen in den nächsten Jahren entwickeln, ist nicht absehbar, ebenso wenig wie viel der Kosten, die der Stadt entstehen, von Land und Bund übernommen werden. Aufgrund der aktuellen politischen Krisenereignisse sowie der Klimakrise ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in den nächsten Jahren zu weiteren massiven Flüchtlingsbewegungen kommen wird.

            Zinsen für städtische Schulden – Um der Inflation entgegen zu wirken wird die europäische Zentralbank in der nahen Zukunft den Leitzins weiter erhöhen. Mit dieser Entwicklung rechnet auch die Stadt. Das bedeutet, die Zahlung der Stadt für die Zinsen für die fast 1,8 Mrd. städtische Schulden werden erheblich steigen. Wurden 2021 noch 18, Mio. für Zinsen aufgewendet, plant die Stadt für 2024 schon 31,5 Mio. Euro Zinsen ein. Steigen die Zinsen schneller und deutlicher als erwartet, sind auch Zinsaufwendungen jenseits der 40 Mio. für 2024 nicht unrealistisch.

            Zunahme städtische Verschuldung – Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Stadt bei anhaltender Krisenlage das Ziel 2023 und 2024 keine weiteren Schulden aufzunehmen, nicht einhalten kann. Wenn die Einnahmen entgegen der Kalkulationen der Stadt weniger hoch ausfahlen und die Ausgaben wider Erwarten höher, ist ein Ausgleich des Haushaltes mittels Verschuldung kaum zu vermeiden. Eine Zunahme der Verschuldung wiederum würde eine Zunahme der Zinsaufwendungen nach sich ziehen.

            Altschuldenfond – Seit Jahren hofft die Stadt darauf, dass – wie es diverse Landesregierungen versprochen haben – das Land einen wesentlichen Teil der fast 1,8 Mrd. städtischer Altschulden übernimmt. Doch mit zunehmender Verschlechterung auch der finanziellen Lage des Landes, wird es immer unwahrscheinlicher, dass es zu einem solchen Altschuldenfond kommt.

            Steuereinnahmen – Trotz der sich am Horizont ankündigenden Rezession geht die Stadt auch für 2023 und 2024 von weiter zunehmenden Steuereinnahmen aus. Nicht absehbar ist, wie tiefgreifend der wirtschaftliche Abschwung sein und wie lange er anhalten wird. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die geplanten Steuereinnahmen sich nicht wie geplant realisieren lassen bzw. die Zunahme der Einnahmen deutlich geringer ausfallen wird als die Inflation, so dass es real zu einem Rückgang des Wertes der eingenommenen Steuern kommt.

            Zuwendungen und Fördermittel von Land und Bund – Anzunehmen ist, dass sich bei einem starken Konjunktureinbruch auch die Einnahmen- und Ausgabenlage bei Land und Bund deutlich verschlechtern wird. Das hätte zur Folge, dass auch Zuwendungen und Fördermittel an die Städte und Gemeinden nicht mehr wachsen, sondern ggf sogar niedriger ausfallen, als dies bisher im Haushalt angenommen wird. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es zu einer erheblichen Verschlechterung, kommen wird, wahrscheinlicher ist, dass die Zuweisungen von Land und Bund stagnieren. Was bei einer sich verschlechternden finanziellen Lage und sich deutliche erhöhenden Ausgaben bei der Stadt, ebenfalls fatale Folgen hätte.

            Gewinnabführung von Stadtwerken, Sparkasse & Co – Die Stadtwerke haben bereits angekündigt, dass sie die jährliche Gewinnabführung in Höhe von 57.5 Mio. Euro an die Stadt mittelfristig nicht mehr stemmen können (WAZ 20.06.22). Energiekrise und die wirtschaftlichen Folgen der Fehlinvestitionen bei der STEAG, den Kohlekraftwerken in Hamm und Lünen sowie dem Windparks vor Borkum (Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind), belasten die Ergebnisse der Stadtwerke. Die Weitergabe der steigenden Energiekosten an die Kunden ist nur begrenzt möglich. Wie das Finanzabenteuer STEAG endet ist weiter offen.

            Auch bei den anderen städtischen Unternehmen, insbesondere der Sparkasse lässt sich nicht absehen, wie sich der Konjunktureinbruch auf das Jahresergebnis auswirken wird. Werden bei steigenden Zinsen und einbrechender Baukonjunktur weniger Darlehen vergeben und platzen mehr Finanzierungen, wird sich das Ergebnis und die jährliche Gewinnabführung in Höhe von derzeit 16,5 Mio. Euro ebenfalls halten lassen.

            Weiterhin ist damit zu rechnen, dass sich die Betriebsergebnisse von BOGESTRA und Wasserwelten deutlich verschlechtern wird. Die Verluste beider Unternehmen werden ebenfalls durch Gewinne der Stadtwerke abgedeckt. Beide Unternehmen hängen stark von Energiepreisen ab. Bei der BOGESTRA spielen dazu Personalkosten eine große Rolle. Steigen hier die Preise schlägt das sofort negativ auf das Jahresergebnis durch. Die BOGESTRA hat dazu einen zunehmenden Kundenschwund zu beklagen, da das Angebot mangels Investitionen in die Erweiterung des Netzes sehr zu wünschen übriglässt.

            Klimawandelfolgen – Der Sommer 2022 hat nochmals deutlich gezeigt, dass auf die Stadt in den nächsten Jahren massive Folgen des Klimawandels zukommen. Die Umsetzung der erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen hat die Stadt über die letzten Jahrzehnte immer wieder verschleppt, so dass die auch die finanziellen Anstrengungen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in den verbleibenden Jahren bis 2035 entsprechend höher ausfallen müssen.

            Die Ansätze für Maßnahmen zur Energie- wie Mobilitätswende im Haushalt 2023 und 2024 sind deutlich zu niedrig. Mit diesen wenig ambitionierten Anstrengungen kann das Ziel der Stadt Klimaneutralität bis 2035 nicht erreicht werden. Ob die Stadt das Ziel überhaupt noch ernsthaft verfolgt, ist angesichts der zu geringen Haushaltsansätze, der fehlenden Bereitschaft in der Politik, die erforderlichen Maßnahmen auf den Weg zu bringen und des noch immer fehlenden Klimaschutzkonzeptes darüber hinaus mehr als fraglich. Nähme man die Ziele zum Klimaschutz endlich ernst, dann müssten die finanziellen Anstrengungen vervielfacht werden.

            Ukrainekrieg – Wie dieser Krieg sich entwickelt, ist ebenfalls völlig offen. Von einer atomaren Eskalation bis zu einer Befriedung ist alles möglich. Aktuell ist wohl am meisten wahrscheinlich, dass sich an der aktuellen Situation mittelfristig wenig ändert. Trotzdem ist auch eine Verschlechterung der Lage möglich und hätte sofort massive Auswirkungen auf die Stadt. Es könnte erneut zu massiven Fluchtbewegungen kommen oder bei einer Ausweitung des Krieges auf neue Gebiete und Länder zu weiteren wirtschaftlich negativen Folgen.

            Corona – Einzig bei der Corona-Pandemie scheint es so, als wäre das Schlimmste überwunden. Sofern das Auftreten einer neuen impfresistenten Virusvariante mit hoher Ansteckungsgefahr und schweren Krankheitsfolgen ausbleibt, ist mit einer Verbesserung der Lage zu rechnen. Aktuell scheint eine erneute Verschlechterung der Situation eher unwahrscheinlich.

            Insgesamt sind die Risiken und Unwägbarkeiten die die Haushaltspläne für die Jahre 2023 und 2024 bergen, also hoch. Ein Haushalt soll Transparenz für die Öffentlichkeit schaffen. Er soll Steuerungs- und Kontrollinstrument für den Rat sein. Um diese Aufgaben zu erfüllen, muss er nah an der Realität geführt werden. Es wird nicht überraschen, dass an den Doppelhaushalt bald einige Zettel Verpflichtungsermächtigungen zur Bereitstellung überplanmäßiger Mittel getackert werden und diesen zu einem unübersichtlichen Flickenwerk machen.

            Doppelt hält in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht besser. Der Haushaltsplan 2024 ist ein Pulverfass, der der Stadt im ungünstigen, aber nicht unwahrscheinlichen Fall, um die Ohren fliegt. Angesichts der beschriebenen Unwägbarkeiten und Risiken ist unverständlich, warum die Stadt einen Doppelhaushalt aufstellt.

            Seriös und der aktuellen Lage gerecht wäre, in diesem Jahr nur einen Haushalt für das Jahr 2023 zu beschließen und im nächsten Jahr, wenn über die Entwicklung der aktuellen Krisen ein deutlich besseres Bild herrschen sollte, den Haushalt für 2024 zu beschließen. Das im Rechnungswesen geltende Vorsichtsprinzip, wonach bei der Bilanzierung alle Risiken und Verluste angemessen zu berücksichtigen sind, wird mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes missachtet. Die STADTGESTALTER können schon aus diesem Grund einem Doppelhaushalt in der aktuellen Situation nicht zustimmen.

            18 Sep.

            Teure Bühnen – leere Ränge?

            Eventbühne Lohrheidestadion, Freilichtbühne und Waldbühne, drei Veranstaltungsbühnen soll es zukünftig in Wattenscheid geben. Mit hohem Millionenaufwand werden Stadion und Freilichtbühnen modernisiert und betrieben. Doch welche Events sollen da demnächst stattfinden? Konzepte dazu hat die Stadt leider keine. Die STADTGESTALTER befürchten, die Ränge bleiben leer.

            Bochum sieht sich als “Hotspot der Live-Kultur“. Mit der Bochum-Strategie hat die Stadt in diesem Bereich einen von fünf Schwerpunkten für die zukünftige Entwicklung gesetzt (Hotspot der Live-Kultur – Kompetenz der Bochum-Strategie).

            Volle Ränge erreicht man nur mit einem Eventkonzept

            Will die Stadt viele Live-Events bieten, braucht sie dafür die entsprechenden Bühnen und Spielstätten. Doch müssen Veranstaltungsorte, die man schafft, auch gut bespielt werden. Mit ständig vollen Bühnen und gut besuchten Events macht sich die Stadt einen Namen, mit Bühnen, auf denen kaum etwas stattfindet und Events, die schlecht besucht werden, erreicht man das Gegenteil.

            Spielstätten zu schaffen allein reicht nicht. Ein erfolgreicher Freilicht-Eventort sollte mindestens 50 Tage im Jahr bespielt werden, wenigstens 20 Tage davon sollte er ausverkauft sein. Damit das gelingt, müssen Konzepte erarbeitet werden, die festlegen, welche hochklassigen Events an den Veranstaltungsorten stattfinden sollen und wie man Veranstalter und Künstler*innen überzeugt für ihre Auftritte auf die Bühnen nach Wattenscheid zu kommen. Solche Konzepte sind bisher leider nicht vorhanden.

            Wattenscheider Bühnen, Kosten und Platzangebot

            60 Millionen für die Eventbühne Lohrheidestadion

            Allein der Umbau und Betrieb des Lohrheidestadions wird in den nächsten Jahren 20 Jahren mindestens 60 Mio. Euro kosten. Der eigentliche Umbau zur Eventbühne sollte ursprünglich 41 Mio. kosten, wird aber aufgrund der Situation im Baubereich, fortschreitender Inflation und der Energiekrise mit Sicherheit erheblich teurer. Dazu kommen die jährlichen Kosten, für Unterhaltung, Betrieb, Instandhaltung sowie Veranstaltungsmanagement in Höhe von rd. 250.000 Euro pro Jahr.

            Diese 60 Mio. hätte die Innenstadt in Wattenscheid bitter nötig. Doch in Wattenscheid sind die Prioritäten andere., ein schickes, modernes Stadion steht auf der Wertescala der Wattenscheider Lokalpolitik höher als eine schmucke, attraktive Innenstadt.

            Für 17.000 Zuschauern soll die neue Eventbühne Platz bieten. Welche Events im Lohrheidestadion konkret stattfinden sollen, um dieses zu füllen, ist allerdings bisher unklar. Außer das dort 2025 die Universiade stattfinden soll und zwei bis drei Mal in 20 Jahren die Leichtathletik-DM, sind keine Veranstaltungen bekannt, mit denen das Stadion ausverkauft werden könnte.

            Zu den Spielen der SG-Wattenscheid 09 kommen im Schnitt 1.300 Zuschauen (Zuschauerschnitt SG Wattenscheid 09). Selbst zum Aufstieg in die Regionalliga 2022 kamen nicht mehr als 6.342 Menschen (Aufstieg SG Wattenscheid 09). Seit der Saison 2006/07 bis zur Aufstiegssaison 2021/22 lag der Zuschauerschnitt im Jahr sogar nur bei 500 bis 1.000 Menschen.

            Im Steckbrief zum Ausbau zur Eventbühne (Kernaktivität Eventbühne Lohrheidestadion) heißt es, das Stadion soll ”zur Eventbühne für nationale und internationale Sportereignisse und kulturelle Großevents” ausgebaut werden. Dabei soll der Schwerpunkt im Bereich „Erstklassiger Pop-Kultur“ liegen (Vorlage 20193248). Welche Pop-Konzerte und -Festivals zukünftig im Lorheidestadion stattfinden sollen, ist allerdings, nicht bekannt.

            Im Steckbrief der Bochum Strategie werden als mögliche Veranstaltungen “SingPong – Gesang mit Tischtennis” und das Adventssingen der Chöre genannt. Zum Singpong 2018 kamen 600 Schüler*innen ins Stadion (WAZ vom 04.07.2018), zum Adventssingen 2021 waren es knapp über 1.000 Menschen (WAZ 05.12.21). Für diese Veranstaltungen jedenfalls ist das Stadion erheblich überdimensioniert.

            Auch ein Verkehrskonzept fehlt

            Auch die verkehrliche Infrastruktur, die das Stadion mit der Modernisierung erhalten soll, lässt nicht erkennen, dass im Lorheidestadion tatschlich regelmäßig Events mit 17.000 Menschen stattfinden sollen. 690 Parkplätze am Stadion und 2.294 im erweiterten Umfeld sollen geschaffen werden, dazu 150 Fahrradparkplätze (Land NRW und Stadt Bochum setzen Modernisierung des Lohrheidestadions um).

            Kommen zu einem Event wirklich mal 17.000 Menschen versinkt das Stadtviertel rund um das Stadion im Verkehrschaos, denn eine gute, leistungsfähige ÖPNV-Anbindung ist nicht vorhanden. Ein Verkehrskonzept, wie von den STADTGESTALTERn immer wieder angemahnt (Lohrheidestadion fehlt ausreichende ÖPNV-Anbindung), gibt es ebenso wenig wie ein Eventkonzept. Was beim Neubau und der grundlegenden Modernisierung von Stadien eigentlich in Deutschland mittlerweile Standard ist, dass man die Erreichbarkeit mit dem Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖPNV) so gut gestaltet, dass möglichst wenige Zuschauer mit dem Auto kommen, ist in Bochum bisher kein Thema. SPD und insbesondere Grüne erzählen zwar im Stadtrat wie im Wahlkampf immer wieder viel von ihrem Einsatz für die Mobilitätswende. Wenn es um konkrete Maßnahmen dazu geht, dann wird jedoch schnell sichtbar, dass sie an dem Thema nicht wirklich interessiert sind.

            Schaut man sich also die geplante Verkehrsinfrastruktur an, ist davon auszugehen, dass die Stadt nicht wirklich beabsichtigt im Lohrheidestadion regelmäßig Großevents mit 17.000 Besucher*innen zu veranstalten. Sofern solche Veranstaltungen aber gar nicht wirklich geplant sind, besteht auch kein Grund mehr 60 Mio. für ein derart großes und dann überdimensioniertes Stadion auszugeben.

            Waldbühne – 3 Mio. für 20 Märchenspiele im Jahr

            In die Sanierung der Waldbühne sollen in den nächsten Jahren 2,8 Mio. Euro gesteckt werden. Hinzu kommen für die nächsten 20 Jahre jährliche Betriebskosten in Höhe von 10.000 Euro. Die Spielschar des Kolpinghauses soll diesen Betrag erhalten und die Waldbühne damit betrieben und unterhalten (Vorlage Waldbühne 20222004). In Summe ergeben sich so für die nächsten 20 Jahre Kosten in Höhe von insgesamt mindestens 3 Mio. Euro.

            Im Gegenzug verpflichtet sich die Spielschar an 20 Tagen im Jahr die bekannten und beliebten Märchenspiele aufzuführen. Platz für 600 Zuschauer*innen soll die Waldbühne zukünftig bieten. Doch außer den Märchenspielen werden bisher keine weiteren Veranstaltungen konkret geplant. Zwar findet sich in der Verwaltungsvorlage der Hinweis, dass noch andere Veranstaltungen stattfinden könnten, ein Konzept zur Veranstaltung von Events, die über die Märchenspiele hinaus gehen, gibt es jedoch auch zur Waldbühne nicht.

            Die Möglichkeiten von Veranstaltungen auf der Waldbühne sind eingeschränkt. Aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet und der Nähe zu Wohngebieten dürfen keine lauten Musikveranstaltungen stattfinden. Zulässig sind nur Sprachveranstaltungen wie Theater, Comedy und Literatur, Zudem ist es der Spielschar bei dem geringen Budget von 10.000 Euro pro Jahr für Betrieb und Unterhaltung der Bühne unmöglich noch weitere Veranstaltungen zu organisieren. Dies zu verlangen würde die vorhandene große Bereitschaft sich ehrenamtlich für den Erhalt der Waldbühne zu engagieren deutlich überstrapazieren.

            Würden die Ränge der Bühne im Jahr allerdings an lediglich 20 Tagen besetzt, dann wären die Kosten in Höhe von 3 Mio. Euro unangemessen hoch. Ohne Konzept und die Bereitschaft der Stadt mehr Veranstaltungen an diesem Ort zu planen und zu finanzieren, ist jedoch nicht zu erwarten, dass die Bühne zusätzliche Events erleben wird. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Waldbühne an bis zu 345 Tagen im Jahr unbespielt leer stehen wird. Das wäre sehr schade, denn die Waldbühne hat durchaus Potential, besonders als Spielstätte für die freie Kulturszene zu dienen. Wenn diese Möglichkeiten aber nicht beworben und ausgeschöpft werden, wird ein Großteil der getätigten Millioneninvestition ungenutzt versanden.

            Freilichtbühne – 4 Mio. Kosten bei 13 Veranstaltungen pro Jahr

            Die Freilichtbühne am Stadtgarten in Wattenscheid hat in diesem Sommer 13 Veranstaltungen gesehen, davon 3 Märchenspiele, die demnächst wieder auf der Waldbühne stattfinden werden. Vor Corona gab es 2018 ebenfalls 13 Veranstaltungen, 2019 17 Events. Unterhaltung, Betrieb sowie das Management durch die Bochumer Veranstaltungs-GmbH (BOVG) kosten die Stadt derzeit rd. 163.000 Euro im Jahr. Zuzüglich erforderlicher Instandhaltungsarbeiten und zu erwartender Kostensteigerungen sind für die nächsten 20 Jahre Kosten in Höhe von insgesamt 4 Mio. zu erwarten. Für die wenigen Veranstaltungen, die auf der Bühne stattfinden, eine Menge Geld.

            2.500 Plätze bietet die Freilichtbühne. Ausverkauft ist sie regelmäßig nur bei den “Rock Classic Allstars”, einem Event, dass ggf. demnächst ins Lohrheidestadion umziehen könnte. Denn hier wäre Platz für noch deutlich mehr Zuschauer*innen. An diesem Event zeigt sich das Problem, trotz ihrer unterschiedlichen Größen sind Eventbühne Lohrheide, Freilichtbühne und Waldbühne Konkurrenten. Alle drei liegen nicht weit voneinander entfernt und sind Freilichtbühnen, also am besten von Juni bis September zu bespielen. Für viele kulturelle Veranstaltungen im städtischen Kontext kämen grundsätzlich alle drei Bühnen als Spielorte in Frage.

            Trotz großer Bemühungen der BOVG mehr Events auf die Freilichtbühne zu bekommen, gelingt dies seit Jahren nicht. Denn auch die Anreisesituation ist schwierig und Punkt 22 Uhr müssen die Veranstaltungen beendet sein, sonst rufen Menschen, die in der Nachbarschaft wohnen, die Polizei.

            Die Situation der Freilichtbühne wirft noch eine andere Frage auf. Gibt es überhaupt genug Veranstaltungen, die man gewinnen kann, um die drei Eventbühnen halbwegs gut auszulasten? Denn sollte es gar nicht genug Events geben, die auf solchen Bühnen stattfinden könnten, wäre es nicht sinnvoll, die Bühnen zu betreiben oder gar noch entsprechend auszubauen und zu diesem Zweck Geld zu investieren. Diese Frage wird eigentlich zunächst in einem entsprechenden Konzept geklärt und erst auf Basis dieses Konzepts entscheidet man, ob und auf welche Weise man in die Bühnen investiert. Diesen Weg ist die Stadt jedoch nicht gegangen. Sie investiert blind und wird demnächst in Wattenscheid drei Spielorte betreiben, ohne zu wissen, wie sie genug Veranstaltungen dorthin bekommen soll. So ist zu befürchten, dass auch bei Eventbühne Lohrheide und Waldbühne wie jetzt schon bei der Freilichtbühne die meiste Zeit die Ränge leer bleiben werden.

            Musikforum sollte Warnung sein

            Und selbst mit einem Betriebskonzept hat die Stadt mit ihren Einschätzungen, was an einem Veranstaltungsort alles für Events stattfinden werden, schon einmal schwer danebengelegen. Die Rede ist vom Musikforum. Entgegen des ursprünglichen Konzepts (Konzept Musikzentrum) hat das Musikforum nicht jeden Tag auf und bietet keine täglichen Veranstaltungen. Im Wesentlichen finden nur Konzerte der Bochumer Symphoniker (BoSy) statt. Nur an zwei bis vier Abenden die Woche können die BoSy das Haus füllen. Auch beim Musikforum bleiben, entgegen der Erwartungen der Stadt, die Ränge die meisten Tage leer. Der Fall Musikforum zeigt, ein Eventkonzept muss von realistischen Annahmen ausgehen. Eine Hochglanzbroschüre, in der irreale Wunschvorstellungen dargestellt werden, erfüllt die Ansprüche an ein solches Konzept nicht.

            Stadt muss endlich Veranstaltungskonzepte erarbeiten

            Die Stadt muss sich endlich Gedanken machen, welche Veranstaltungen kann sie realistisch auf die drei Bühnen in Wattenscheid holen, welche kann sie ggf. selbst neu entwickeln und veranstalten und welche Veranstaltungsunternehmen sind bereit mit ihren Events auf die Wattenscheider Bühnen umzuziehen. Dafür müssen konkrete Konzepte erarbeitet werden. Will man, was sinnvoll ist, die Eventbühne Lohrheidestadion an mindestens 20 Tagen im Jahr bis auf den letzten Platz füllen, dann braucht man für das Stadion ein Verkehrskonzept und muss die ÖPNV-Anbindung deutlich verbessern. So lange das Stadion diese Voraussetzungen nicht erfüllen kann, ist es für Großevents ungeeignet. Schlechte Erreichbarkeit mit dem ÖPNV und Verkehrschaos bei der Anreise der Besucher*innen wird Eventunternehmen abschrecken, Großveranstaltungen im Lohrheidestadion zu organisieren.

            Wenn in dieser Hinsicht nicht ein Umdenken bei der Stadt stattfindet, ist zu befürchten, dass die Ränge der Wattenscheider Bühnen in Zukunft die allermeiste Zeit leer bleiben und sich die Bürger*innen zu Recht fragen, wofür hat die Stadt das ganze Geld in das Stadion und die Freilichtbühnen überhaupt gesteckt.

            Das gescheiterte Konzept des Musikforum sollte der Stadt eine Lehre sein. Die bisherigen vagen Aussagen, es würden sich schon ausreichend Veranstaltungen finden, ersetzen kein Konzept, das auf einer realistischen Einschätzung der Gegebenheiten auf dem Veranstaltungsmarkt fußt. Es wäre toll, wenn alle drei Bühnen in Zukunft gut bespielt würden. Das würde die Stadt als “Hotspot der Live-Kultur“ weiter voranbringen. Ein solcher Erfolg ist aber kein Selbstläufer und wird sich nicht von selbst einstellen.

            05 Sep.

            Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar

            Seit 2020 bekommt die Stadt die Lage im Ausländerbüro nicht in den Griff. Die Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen dauert 12 bis 18 Monat, teilweise noch länger. Der Aktenstau liegt immer noch immer bei inakzeptablen 4.000 Akten. Der Stadt fehlt der nötige Respekt für die Bedürfnisse und Anliegen der Antragsteller*innen.

            Die Aufgaben im Ausländerbüro sind, insbesondere rechtlich, anspruchsvoll. Verfahren zur Einbürgerung, sowie zur Erlangung von Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen müssen rechtssicher abgewickelt werden. Auf der anderen Seite muss aber auch eine zeitnahe und effektive sowie kundennahe Bearbeitung gewährleistet werden. Bochum will Vorreiter beim modernen Stadtmanagement sein. Im Ausländerbüro zeigt sich allerdings, die Stadt kann in diesem Amt ihren eigenen Ansprüchen bisher nicht ansatzweise gerecht werden.

            Art und Weise der Bearbeitung der Fälle inakzeptabel

            Die Art der Bearbeitung der Fälle im Ausländeramt ist in vielerlei Hinsicht inakzeptabel. Es gibt keine funktionierende Terminvergabe mehr. Ab 6 Uhr bildet sich eine Schlange vor dem Amt, das erst um 8 Uhr aufmacht. Dann fragen Mitarbeiter*innen, die das Warten organisieren sollen, ab, wegen welcher Angelegenheit die Menschen anstehen. Diejenigen, deren Angelegenheiten nicht dringlich erscheinen, werden nach Hause geschickt. Laut Internet kann man Termine online buchen, tatsächlich versteht die Stadt unter “Online-Terminvergabe” einen Button, mit dem das Mailprogramm aufgerufen wird und ein Termin per Mail angefragt werden kann (Terminvergabe Ausländerbüro). Per Mail oder über ein Kontaktformular kann theoretisch auch der Sachstand laufender Verfahren abfragt werden. Zielführende Antworten bekommen die Antragsteller aber eher selten, dafür eine Mail, man solle wegen des hohen Arbeitsaufkommens von Sachstandsnachfragen absehen. Bei Bearbeitungsdauern von über einem Jahr dürfte das Amt in Sachstandsanfragen ersticken.

            Unnötig Mehrarbeit

            Die überlangen Bearbeitungszeiten führen auch dazu, dass in Aufenthaltsverfahren, wenn das Datum für einen Aufenthalt abläuft, ein Antrag für eine Fiktionsbescheinigung gestellt werden muss, um das Recht auf Aufenthalt zu verlängern, bis über den eigentlichen Antrag entschieden wird. Für das Ausländerbüro bedeutet auch das zusätzliche Verfahren und zusätzliche Arbeit.

            Teilweise müssen die Antragsteller*innen eingereichte Belege wie Einkommensbescheinigungen ein zweites Mal vorlegen, weil die Bearbeitungszeiten so lange dauern, dass zunächst eingereichte Unterlagen schon veraltet sind, wenn endlich der Zeitpunkt gekommen ist, zu dem entschieden werden soll. Auch das führt sowohl bei den Kunden wie den Beschäftigten des Ausländerbüros zu überflüssiger Mehrarbeit.

            Ein weiteres Problem, dass die Kunden des Ausländerbüros beklagen, ist, dass Mitarbeiter*innen des Ausländerbüros zwar in der Regel höflich sind, aber teilweise nicht Englisch sprechen können, bzw. sich weigern auf Englisch zu kommunizieren. Daher beschäftigt zum Beispiel die Ruhr-Universität (RUB) Mitarbeiter*innen, die ausländische Studierende, Lehrende und Forschende bei ihrem Gang zum Ausländerbüro begleiten um dort zu dolmetschen. So wird ein Teil der Arbeit, den eigentlich das Ausländerbüro zu leisten hätte, auf andere verlagert.

            Die untragbaren Zustände führen darüber hinaus zu amtlichen Beschwerdeverfahren, Briefen an den Oberbürgermeister, die Politik und die Presse. Auch zur Bearbeitung dieser Verfahren und Briefe sowie für Stellungnahmen durch die städtische Pressestelle wird unnötig Arbeitszeit aufgewendet.  

            Antragsteller*innen werden verunsichert und leben im Ungewissen

            Die Kunden des Ausländerbüros fühlen sich schlecht behandelt. Die Verfahren kommen nicht voran. es besteht völlige Ungewissheit, in welchem Stand das Verfahren sich befindet, wie lange es noch dauert und teilweise auch wie es ausgeht. Wenn es um Aufenthalte oder Arbeitsgenehmigungen geht, führen solche Situationen bei den Antragsteller*innen zu Zukunftsangst. Sie wissen nicht, wann und wie es in ihrem Leben weiter geht.

            Die Kommunikation ist schlecht, es kommt zu Missverständnissen, viele Verfahrensschritte können nicht nachvollzogen werden. Menschen können ihre neue Arbeit nicht annehmen, weil die Verfahren beim Ausländerbüro nicht vorankommen und die erforderliche Arbeitserlaubnis oder der Aufenthaltstitel fehlt. Manche Arbeitgeber sind bereit, die durch das Ausländerbüro verursachten Verzögerungen hinzunehmen. In anderen Fällen besteht diese Bereitschaft nicht. zugesicherte Beschäftigungszusagen werden zurückgenommen. Den Unternehmen in der Stadt fehlen Fachkräfte, die schnelle Einstellung scheitert am Ausländerbüro. Die Kunden sind verunsichert, können nicht verstehen, warum die Bearbeitungszeiten so endlos lange dauern und fühlen sich schikaniert. Entsprechend kommt es im Amt zu unschönen Auseinandersetzungen zwischen Antragsteller*innen und städtischen Beschäftigten. Die unorganisierte “Terminvergabe” tut ein Übriges. Die Mitarbeiter*innen bekommen den Frust ab, der durch die schlechte Organisation des Amtes verursacht wird.

            Die Stimmung im Amt ist schlecht. Der Aktenstau führt zu ständiger Arbeitsüberlastung. Viele Beschäftigte wollen weg. Ständig sind Stellen für Monate unbesetzt. Die Verwaltung schafft es nicht ausscheidende Beschäftigte nahtlos durch neue zu ersetzen. Durch die hohe Fluktuation müssen ständig neuen Mitarbeiter*innen eingearbeitet werden. Nach drei Jahren Land unter im Ausländeramt ist die Geduld bei den meisten erschöpft. Dieser Zustand ist für die Motivation der Mitarbeiter*innen abträglich. Entsprechend konnte der Arbeitsrückstand in 3 Jahren nur von über 5.300 auf 4.000 Fälle reduziert werden (WAZ vom 04.05.21WAZ vom 07.07.2022).
             
            Der Skandal: Auch nach 3 Jahren bekommt die Verwaltung die Zustände nicht in den Griff

            Das Organisationsversagen der Verwaltung besteht gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen stellt sich die Frage wie es überhaupt zu diesem immensen Arbeitsstau kommen konnte. Zwar war das Ausländerbüro 2020 über einige Monate wegen Corona für den Publikumsverkehr geschlossen, gleichzeitig aber gab es gemäß Haushaltsplan 2020 (Haushalt 2022) auch deutliche weniger Vorgänge (-4.659). Zum zweiten fragt sich, wieso es in drei Jahren nicht gelang, das Chaos zu beenden. Insbesondere dieser Umstand ist inakzeptabel.

            Respekt für die Belange der Antragsteller*innen fehlt

            Die Situation im Ausländerbüro zeigt exemplarisch, dass nicht ein reibungsloser und effizienter Service für die Einwohner und Einwohnerinnen zentrales Ziel der Verwaltungsorganisation ist, sondern das Wohl der Beschäftigten als vorrangig angesehen wird. Der Oberbürgermeister fordert auf großen Plakaten im ganzen Rathaus Respekt für die Beschäftigten. Das Umgehen mit den Einwohner*innen, ist wie hier im Ausländerbüro teilweise jedoch nicht von Respekt für die Belange der Antragsteller*innen geprägt. Eine respektvolle Behandlung der Menschen bedeutet, man erkennt ihre Bedürfnisse an und wird ihnen gerecht. Sowohl die Bearbeitungsdauern wie der Umgang mit den Kunden lassen diesen Respekt jedoch vermissen.

            Die untragbaren Zustände sind umgehend zu beenden

            Wenn die Verwaltung es in drei Jahren nicht schafft, die entsprechenden Zustände zu beenden, dann ist neben Unvermögen auch mangelnder Wille im Spiel, das Erforderliche zu tun, um die Situation in den Griff zu bekommen. Insbesondere wäre es nötig in einer konzertierten Aktion, unter Einbeziehung von Wochenenden mit Hilfe von Verwaltungsmitarbeiter*innen, die vormals im Ausländerbüro gearbeitet haben sowie – sofern möglich – mit Hilfe von Beschäftigten aus Ausländerbüros anderer Ruhrgebietsstädte, den wesentlichen Teil der Arbeitsrückstände schnellst möglich aufzuarbeiten.

            Auf Dauer scheint es erforderlich die Zahl der Stellen im Ausländeramt zu erhöhen. So lange es nicht möglich ist freiwerdende Stellen nahtlos neu zu besetzen, ist ein Überhang an Beschäftigten notwendig, der das beständige Defizit an unbesetzten Stellen ausgleichen kann.

            Damit es in Zukunft nicht zu erneuten Arbeitsrückständen kommt, muss zudem ein Frühwarnsystem eingerichtet werden, das sicherstellt, dass zukünftig rechtzeitig gehandelt wird, wenn es Anzeichen für eine Überlastung des Amtes gibt. Auch wäre es hilfreich, Beschäftigte vorzuhalten, die im Falle von Notsituationen schnell von ihren aktuellen Stellen umgesetzt werden können, um das Ausländeramt zeitweise zu verstärken. Daneben ist es grundsätzlich erforderlich sämtliche Arbeitsabläufe zu überprüfen und zu optimieren. Die könnte mit der Hilfe des Rechnungsprüfungsamtes erfolgen. Ebenso wäre zu überlegen, ob eine externe Verwaltungsberatung in Anspruch genommen werden sollte.

            Willkommenskultur darf nicht nur eine Phrase sein

            Die aktuelle Situation ist ebenfalls schlecht für das Image der Stadt. Hochqualifizierte Menschen, die aus allen Teilen der Welt kommen, um in Bochum zu arbeiten, zu studieren oder zu forschen, werden durch dysfunktionale Zustände in der städtischen Bürokratie abgeschreckt hier zu bleiben und zu arbeiten. Bei dem bestehenden Fachkräftemangel sollte man meinen, dass sich die Stadt jede erdenkliche Mühe gibt, Menschen schnell und reibungslos zu einer Arbeitserlaubnis, einem Aufenthaltstitel oder der beantragten Einbürgerung zu verhelfen. Denn eine gut organisierte, zügige Antragsbearbeitung im Ausländerbüro stellt auch ein wichtiges Zeichen in Sachen städtischer Willkommenskultur dar. Schlechte Erfahrungen mit der Arbeitsweise der städtischen Verwaltung hinterlassen dagegen nachhaltig einen schlechten Eindruck von der Stadt.

            Letztlich zeigen die Zustände im Ausländerbüro, dass in der Verwaltung noch nicht überall verinnerlicht wurde, dass die Stadt Vorreiter im modernen Stadtmanagement sein will und dass der Respekt vor den Bedürfnissen der Einwohner*innen den gleichen Stellenwert genießen sollte wie der gegenüber den Beschäftigten.