10 Okt.

Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam

Die Stadt Bochum will Vorreiterin modernen Stadtmanagements sein. Dazu gehört auch, dass in der Verwaltung schnell, effektiv und effizient gearbeitet wird. Viel zu häufig kann die Verwaltung diesem Anspruch nicht gerecht werden, wie die folgenden 11 Beispiele zeigen.

Die Stadt Bochum verfolgt im Rahmen der Bochum-Strategie das Ziel Vorreiterin modernen Stadtmanagements zu sein. In Sachen Schnelligkeit und Effektivität kann die Verwaltung dieses selbst gesetzte Zeil jedoch bisher viel zu oft noch nicht erfüllen wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:

Goethe-Mensa – Bereits im Jahr 2014 wird die Verwaltung von der Politik beauftragt den Neubau einer Mensa an der Goethe-Schule einschließlich einer eingebetteten Lernküche umgehend(!) zu realisieren (Mitteilung 20140772). Bis heute wurde der Bau trotz mehrfacher Anläufe jedoch nicht realisiert, bis 2016, gab es schon 3 vergebliche Anläufe (Unfähigkeit? – Bau der Goethe-Mensa scheitert auch im dritten Versuch), bis 2021 folgten einige weitere.

Ständige neue Planungen, verschiedenste Standortuntersuchungen und Kostenüberschreitungen aufgrund von Fehleinschätzungen führten letztlich dazu, dass die Verwaltung in 8 Jahren dem Stadtrat nie einen realisierbaren Planungsentwurf vorlegen konnte. Trotz jahrelanger Planungen, die Unmengen an Kosten verschlungen haben müssen, hat die Verwaltung es bis heute nicht geschafft den Auftrag der Politik, die Mensa zu bauen, umzusetzen.

Nach Aussage der Verwaltung müsste der Neubau der Mensa bis zum Beginn des Schuljahrs 2026 abgeschlossen sein. Den letzten Erklärungen der Verwaltung ist zu entnehmen, dass alle bisherigen Planungen eingestampft wurden und derzeit keine neuen Planungen laufen. Dazu, wo die Mensa entstehen könnte, gibt es vage Vorstellungen, zu Größe und Raumprogramm der Mensa noch keine Vorstellungen (Mitteilung 20200434).

Wenn alles gut läuft, sollte die Mensa also bis 2026, nach unglaublichen 12 Jahren für Planung und Bau, stehen. Doch trotzdem schon acht Planungsjahre von maximal zwölf vergangen sind, glaubt aufgrund des bisherigen Planungsdesasters wohl kaum noch jemand daran, dass die Verwaltung das rechtzeitig hinbekommt.

Radverkehrskonzept – 1999 beschließt der Rat der Stadt Bochum ein Radverkehrskonzept. 2021 sind immer noch nicht alle dringlichen Maßnahmen, deren Umsetzung, in dem Konzept vor 20 Jahren festgelegt wurden, umgesetzt. Die von der Politik ebenfalls beschlossene jährliche Berichterstattung zur Umsetzung des Konzepts sparte sich die Verwaltung, da es ohnehin kaum was zu berichten gab.

2014 und 2017 beschließt der Rat eine Fortschreibung des Radverkehrskonzepts. Beide Beschlüsse ignoriert die Verwaltung, nichts passiert. 2019 eskaliert der Streit über die Umsetzung und Fortschreibung des Radverkehrskonzepts (Trauriges Jubiläum – 20 Jahre Radkonzept, kaum Zählbares passiert). 2020 endlich leitet die Verwaltung eine Fortschreibung durch externe Planungsbüros in die Wege. Das neue Radverkehrskonzept soll jedoch erst 2022 vorliegen. Damit verschleppt die Verwaltung die Umsetzung einer konkreten Radverkehrsplanung um weitere zwei Jahre.

In diesem Fall trifft die schleppende Umsetzung von Ratsbeschlüssen durch die Verwaltung mit einer mangelnden Bereitschaft diese umzusetzen zusammen. Auch zeigt sich, dass es an der Bereitschaft fehlt, Versäumtes aufzuholen. Wird die Verwaltung letztlich gezwungen Unterlassenes nachzuholen, dann tut sie das in diesem Fall mit provokativer Langsamkeit. Ein schlechtes Gewissen aufgrund der versäumten Umsetzung der Ratsbeschlüsse scheint nicht zu bestehen.

August-Bebel-Platz – 2014 wird im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts Wattenscheid (ISEK) beschlossen, den wohl hässlichsten Platz der Stadt, den August-Bebel-Platz umzubauen und neu zu gestalten. Es dauert fünf Jahre bis die Verwaltung drei Planungsvarianten für den Platz vorliegen konnte, die sie von drei externen Planungsbüros hatte erstellen lassen. Keiner der drei Entwürfe konnte jedoch den Ansprüchen der Stadt gerecht werden. Also versuchte die Verwaltung aus allen dreien einen vierten Vorschlag zu entwickeln, auf den sich wiederum die Politik nicht einigen konnte.

Es konnte keine Einigung darüber erzielt werden, ob zukünftig noch Autoverkehr über den Platz fließen soll. Ursprünglich hatte die Verwaltung die Vorgabe an die Planungsbüros ausgegeben, dass noch Autoverkehr über den Platz rollen sollte. Dann fiel auf, dass in diesem Fall eine Förderung durch das Land kaum möglich sein würde (August-Bebel-Platz autofrei?!). Auch hatte es die Verwaltung versäumt in einem unabhängigen Verkehrsgutachten zu klären, wie viel Autos tatsächlich täglich über den Platz fahren. Also musste die entsprechende Untersuchung nachgeholt werden.

2021, also weitere zwei Jahre später, soll es jetzt einen Planungswettbewerb zur Neugestaltung des Platzes geben. Welcher Planungsentwurf aus diesem Wettbewerb als Sieger hervorgehen wird und wann mit der Realisierung eines Entwurfs zu rechnen ist, ist nicht absehbar. Ob und wie noch Fördergelder für die Umgestaltung des Platzes abgerufen können, ist ebenso offen. 2019 hieß es noch, dass eine Entscheidung unbedingt sofort fallen müsse, sonst wären die Fördergelder verloren und der Zeitplan ließe sich nicht einhalten.

Ein stringentes und zielgerichtetes Vorantreiben des Projektes “Umgestaltung des August-Bebel-Platzes“ von Seiten der Verwaltung ist nicht erkennbar. Es erscheint so, als verfolge man das Projekt nicht mit vollem Einsatz. Entsprechend gibt es auch keine konkrete Zeitplanung, wie es weiter gehen soll. Der Niedergang von Wattenscheid geht indes ungebremst weiter.

Bäderkonzept – Im Juli 2017 (Vorlage 20171235) beschließt der Stadtrat endlich, dass für die Zukunft der städtischen Schwimmbäder ein Bäderkonzept erarbeitet werden soll. Das sollte bis Ende 2020 von der Stadtverwaltung vorgelegt werden. Mit sechs Monaten Verspätung, im August 2021 wird das Konzept der Politik vorgestellt. Es fragt sich, warum die Stadt zusammen mit den Wasserwelten für die Erarbeitung des Konzepts unakzeptable vier Jahre benötigt hat. Angesichts von Umfang und Inhalt des Konzepts hätten dafür maximal sechs Monate ausreichen müssen (Alte Bäder erhalten oder neue bauen).

2018 hatte Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) angekündigt, in Höntrop solle ein modernes Freizeitbad entstehen. „Anfang 2020 ist Baubeginn, Anfang 2022 soll das Bad fertig sein“. Das alte Bad wurde zwar 2020/21 abgerissen, über einen Neubau wurde jedoch bis heute nicht entschieden. (WAZ vom 17.07.2018). Der Startschuss für den Bau eines neuen Bades wird, wenn überhaupt, frühestens 2024 fallen.

Da die Verwaltung sich bei der Erarbeitung des Bäderkonzeptes endlos Zeit gelassen hat, verzögert sich entsprechend die Modernisierung der Bäder bzw. der Bau neuer Bäder. Die Bummelei der Verwaltung hat zur Folge, dass die Einwohner*innen noch weitere Jahre auf sanierte oder neue, zeitgemäße Bäder warten und mit den maroden, unattraktiven und kostenfressenden Bädern Vorlieb nehmen müssen.

Klimaschutzkonzept – Resolution zum Klimanotstand – Im Juni 2019, beschloss der Stadtrat die Resolution zum Klimanotstand (Ausrufung des Klimanotstandes). Die Stadt verpflichtete sich, ihren Teil zu leisten, die im Pariser Abkommen vereinbarten Klimaziele zu verfolgen, also die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, dass Bochum 2035, spätestens 2040 klimaneutral wird.

Doch in den zwei Jahren seit Ausrufung des Klimanotstandes hat die Verwaltung dem Stadtrat trotz diverser Anträge aus der Politik keine substanziellen Beschlussvorlagen mit Maßnahmen vorgelegt, die geeignet wären, den CO2-Ausstoß der Stadt nennenswert zu senken. In über zwei Jahren, hat man es nicht mal hinbekommen, unter jeder Beschlussvorlage einen Passus zu den Klimafolgen einzufügen, wie dies ebenfalls vom Rat bereits 2019 beschlossen wurde.

Auch ein Klimaschutzkonzept, dass der gefassten Resolution gerecht wird, gibt es bis heute nicht. Das wenig ambitionierte und immer noch gültige Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2015 sieht weiterhin nur eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen der Stadt um 85% bis 2050 vor (Klimaschutzkonzept 2030).

Ursprünglich hat die Stadt für Ende dieses Jahres ein neues Klimaschutzkonzept angekündigt. Dieses wird voraussichtlich aber erst 2022 vorliegen. Für die Erarbeitung hätte die Stadt dann fast drei Jahre benötigt. Angesichts dessen, dass die Stadt bereits 2035 klimaneutral sein will, also in nur 14 Jahren, eine absolut unakzeptable und viel zu lange Erarbeitungszeit. Selbst eine Notlage wie der Klimanotstand, die eigentlich umgehendes und schnelles Handeln erfordert, kann die Verwaltung nicht bewegen ihr gemächliches Arbeitstempo zu beschleunigen. Es entsteht der Eindruck, dass in der Stadtverwaltung einige Verantwortliche der Ansicht sind, dass die Klimaerwärmung für die Dauer der Erarbeitung des Konzeptes eine Pause einlegt.

Auch aufgrund der Trägheit der Verwaltung ist zweifelhaft, ob Bochum das Ziel bis 2035 klimaneutral zu sein, erreichen kann. In jedem Fall werden die Maßnahmen zum Klimaschutz für die Bochumer*innen drastischer und unbequemer ausfallen, als es hätte sein müssen, wenn die Verwaltung nicht so lange wertvolle Zeit vergeudet hätte (Klimaneutralität bis 2045 – Ohne drastische und unbequeme Maßnahmen kaum zu schaffen)

Uhlandstraße – Dieser kleine, aber bemerkenswerte Fall steht beispielhaft dafür, wie in Bochum mit der Instandhaltung von historischen Straßen verfahren wird. Ungefähr 1985 wird ein Abwasserkanal entlang der Straße neu verlegt und dazu in der Mitte der Straße ein rund zwei Meter breiter Graben ausgehoben. Nachdem dieser wieder verfüllt wurde, fällt der Verwaltung auf, dass die zur Abdeckung des Grabens erforderlichen Pflastersteine unplanmäßig abhandengekommen sind (Uhlandstraße wird wieder nicht “Übelste Schlaglochpiste Deutschlands). Der Bereich wird provisorisch zuasphaltiert. Dieses Provisorium besteht seit jetzt 36 Jahren.

2016 erklärt die Verwaltung, dass die Abstimmungsgespräche innerhalb der Verwaltung, insbesondere mit der Unteren Denkmalbehörde noch nicht abgeschlossen seien, daher würden die für die Wiederherstellung der Straße erforderlichen Mittel erst 2018 beantragt und in den Haushalt eingestellt (Mitteilung 20162898). Doch hat sich bis heute, weitere drei Jahre später, am unhaltbaren Zustand der Straße nichts geändert. Auch wurde kein Geld in den Haushalt eingestellt. Offenbar dauern die Gespräche immer noch an. Wann die Verwaltung endlich die Gültigkeit besitzt, die Straße wiederherzustellen, ist offen. Ernsthafte Bemühungen in diese Richtung sind nicht zu erkennen..

Verkehrskonzept Süd-Ost – 2017 vereinbarten die Stadt Bochum und die Ruhr-Universität in einem Letter of Intend eine verkehrsträgerroffene Machbarkeitsstudie mit den Zielen eine ÖPNV-Verbindung von der RUB zum Technologie-Campus Mark 51°7 zu schaffen, für eine bessere ÖPNV-Anbindung der Bochumer Hochschule zu sorgen, eine leistungsfähige Verbindung von RUB wie Hochschule nach Langendreer einzurichten sowie mit dem Ziel die Stadtbahnlinie U35 zu entlasten.

Kurz zuvor war der Versuch, diese Ziele mit einer Verlängerung der U35 Richtung Langendreer zu erreichen, aufgrund eines Kalkulationsfehler peinlich gescheitert (U35-Verlägerung vor dem Aus). Seit 2014 hatten Verwaltung und Bogestra an dieser Lösung gearbeitet. Durch eine falsche Kosten-Nutzen-Bewertung des Projektes aufgrund falsch berechneter Nutzen-Kosten-Werte (NKU), die weder Bogestra noch Verkehrsplanung aufgefallen war, wurden 3 Jahre Planung inklusive Vorbereitung auf einen Schlag wertlos.

Die Ergebnisse der 2017 vereinbarten neuen Machbarkeitsstudie sollten eigentlich bereits im Herbst 2019 vorliegen, vorgestellt wurden sie dem Stadtrat jedoch erst im Herbst 2020, mit einem Jahr Verspätung. Die Ergebnisse der Untersuchung waren nichtssagend. Die Verwaltung schlug vor RUB/Hochschule und Mark 51°7 mit einem Bus zu verbinden. Alle weiteren Probleme bleiben ungelöst. Doch auch die Busverbindung stellt sich schnell als unzureichend heraus, so dass die Verwaltung schon 2021 auf die Notlösung des Einsatzes zusätzlicher Anrufsammeltaxis verfiel.

Die Probleme, wie eine bessere ÖPNV-Anbindung der Bochumer Hochschule aussehen soll, wie eine leistungsfähige Verbindung zwischen RUB/ Hochschule mit Langendreer geschaffen und die U35 zur RUB entlastet werden soll, sind auch 2021weiterhin ungelöst. Die Verwaltung bleibt Lösungsvorschläge schuldig, trotzdem sie die Probleme seit 2014 mit diversen Untersuchungen hat untersuchen lassen und Konzepte zu Beseitigung erarbeiten sollte. Mittlerweile hat die Verwaltung in der Angelegenheit anscheinend die Arbeit eingestellt und die Verfolgung der genannten Ziele aufgegeben.

Endlose teure Arbeitszeit wurde verschwendet, ohne dass irgendwelche brauchbaren Ergebnisse vorliegen. Zu der behäbigen Arbeitsweise kommt in diesem Fall erschwerend die Unbrauchbarkeit der bisherigen Arbeit hinzu.

Glasfaseranschluss Schulen – 1996 wurde die TMR – Telekommunikation Mittleres Ruhrgebiet gegründet um die Stadt mit Glasfaserkabeln zu vernetzen. 25 Jahre später verfügen immer noch nicht alle Schulen in Bochum über einen Breitbandanschluss in der erforderlichen Dimensionierung. Das soll jetzt erst bis Ende 2024 der Fall sein (WAZ vom 11.08.21).

Eigentlich hätten die Schulen wie in anderen Städten beim Aufbau des Glasfasernetzes bevorzugt angeschlossen werden müssen (Seit Ende 2019 verfügen alle Solinger Schulen über Glasfaseranschlüsse). In diesem Fall war und ist die Verwaltung nicht bereit, wichtige Dinge mit der notwendigen Priorität zu behandeln. Auch hat sie nicht willens gezeigt, aufkommende Verzögerungen mit erhöhtem Einsatz und einer deutlichen Beschleunigung der Maßnahmen zumindest teilweise wieder aufzuholen.

Erst versprach die Stadt 2017 alle Schulklassen würden bis Ende 2018 über schnelles Internet verfügen (NRZ vom 12.08.17). Aber wie leider viel zu oft konnte die Verwaltung den von ihr zugesagten Termin nicht einhalten. Den nächsten Termin (Ende des Schuljahrs 2020/21) musste die Verwaltung ebenfalls verstreichen lassen.

Der Vorgang zeigt, selbst auf Ankündigungen der Verwaltungen, wann vordringliche Vorzeige-Projekte abgeschlossen sein sollen, ist oft kein Verlass. Auch der aktuellen Zusage, dass nach fast 30 Jahren, Ende 2024, endlich alle Schulen über einen Glasfaseranschluss verfügen werden, kann man daher nur bedingt vertrauen.

Radschnellweg – Führung Innenstadt – Der Radschnellweg (RS1) sollte bereits 2020, also vor einem Jahr eröffnet werden. In Bochum ist bis heute nicht mal die Streckenführung von Goldhamme über die Innenstadt bis Dortmund klar. Über Jahre bastelte die Verwaltung an einer Streckenführung entlang der Hauptbahntrasse durch Bochum, ehe man nachfragte, ob die Deutsche Bahn überhaupt bereit sei, einen Teil der Trasse für den Radschnellweg an die Stadt abzugeben. Als die Bahn 2018 erklärte, dazu nicht bereit zu sein, waren alle jahrelangen Planungen für die Tonne und die Verwaltung stand vor einem Scherbenhaufen (Niederschrift zur Sitzung des Ausschusses für Strukturentwicklung vom 05.09.2018).

Auch 2021, wieder drei Jahre später, liegt immer noch keine Planung für einen neuen Streckenverlauf vor. Die Bauverwaltung müht sich stattdessen beim Bau eines weniger als 700 Meter langen Teilstücks des Radschnellwegs in Stahlhausen ab, bei dem fraglich ist, ob der im Rahmen einer neuen Streckenführung überhaupt Teil des RS1 werden wird. Die städtischen Ressourcen für das Vorantreiben des Projekts werden aktuell an der falschen Stelle vergeudet.

Auch in dem Teilbereich des RS1, bei dem die Streckenführung von Gelsenkirchen bis Goldhamme schon feststeht, liegen noch immer keine Planungen für die Brückenquerung über die A40 am Westkreuz vor. Absehbar wird in wenigen Jahren die Trasse an sich dort fertig sein, aber die Brücke wird immer noch fehlen. Solche Peinlichkeiten sollte die Verkehrsplanung doch eigentlich vermeiden wollen.

Wann der RS1 in Bochum durchgehend befahrbar sein wird,  dafür kündigt die Verwaltung schon gar keinen Termin mehr an. Bei der aktuellen Planungsgeschwindigkeit und dem bisherigen Planungschaos, ist die Verwaltung dazu offenbar nicht in der Lage, Dieser Umstand zeigt aber auch, zur Steuerung und Umsetzung des RS1-Projektes wird offensichtlich nicht auf Methoden des Projektmanagements zurückgegriffen, entsprechende Zeit- und Kostenvorgaben scheint es nicht zu geben. Die Verwaltung plant ins Blaue und es dauert eben so lange wie es dauert.

Der Radschnellweg ist, wenn man das Projekt nach der Geschwindigkeit beurteilt, mit der die Stadt es vorantreibt, eher als Radlangsamweg zu bezeichnen.

Entfernung alter Straßenbahngleise – Ständig kommt es in Bochum zu Unfällen von Motor- und Radfahrenden auf alten Straßenbahngleisen, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr von der Bogestra befahren werden.

So verkehren auf der Engelsburger Straße schon seit fast 50 Jahren keine Straßenbahnen mehr, aber die Stadt hat es bis heute nicht geschafft, die Schienen zu beseitigen, die Folge sind immer wieder zum Teil schwere Unfälle: Polizei Bochum 12.09.18WAZ vom 17.09.19. Gleiches gilt auch für andere Straßen, unter anderem die Wiemelhauser Straße: (Polizei Bochum vom 02.08.2020) oder den Harpener Hellweg (Polizei Bochum 08.08.21).

Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass, nachdem Gleise nicht mehr genutzt werden, diese umgehend beseitigt werden, besonders, weil sie für diejenigen, die mit Rad oder Motorrad unterwegs sind, eine große Gefahr darstellen.

Aber selbst ständig sich wiederholende Unfälle haben keinerlei Einfluss auf die Behäbigkeit, die Verwaltung und Bogestra bei der Beseitigung der alten Schienen an den Tag legen. Bis 2022 will man sich noch Zeit nehmen, erst dann sollen die uralten Gleise aus dem Stadtbild verschwunden sein (WAZ 05.10.2018).

Schulwegpläne – 2013 beschließt der Rat im Rahmen des Klimaschutzteilkonzept “Klimafreundlicher Verkehr” (Maßnahme Mob 8a), dass für jede Schule Schulwegpläne erarbeitet werden sollen, um auf diese Weise die Schulwege auf Gefahrenstellen zu untersuchen und sicherer zu machen (Stadt muss für sichere Schulwege sorgen). 2021, acht Jahre später, verfügt nicht mal eine Hand voll der rund 100 Bochumer Schulen über Schulwegpläne, geschweige denn über sichere Schulwege. Die Verwaltung weiß nicht mal genau, für welche Schulen bereits solche Pläne erarbeitet wurden (Mitteilung 20212223).

Derweil beschweren sich immer wieder Eltern über die Sicherheit der Schulwege (Schulweg zu gefährlich – ein Vater schlägt Alarm), doch das scheint die Verwaltung nicht zu kümmern. Immer wieder neu wird versprochen, endlich tätig zu werden und den Ratsbeschluss umzusetzen, doch tatsächlich geschieht nichts.

Die Verwaltung muss schneller und effektiver werden

Die 11 beschriebenen Fälle sind nur einige, die zeigen, dass die Verwaltung viel zu oft aufgrund wenig effektiver Organisation und fehlenden Projektmanagements nicht in der Lage ist eigentlich dringende Aufgaben in einem vertretbaren Zeitrahmen abzuarbeiten. Das gelingt den städtischen Unternehmen von Bochum-Marketing, Wirtschaftsförderung bis USB mit Ausnahme der Bogestra durchweg besser. Fälle, wie die beschriebenen, gibt es dort nur selten bis gar nicht. Das liegt auch daran, dass die städtischen Unternehmen schlanker organisiert sind und die Führungen der Unternehmen direkter auf eine effektive Abarbeitung der Aufgaben einwirken können, als dazu bisher Dezernent*innen und der Oberbürgermeister im der Lage sind.

Aus den dargestellten Fällen folgt, die Verwaltung muss dringend reformiert werden, damit die zu bewältigenden Aufgaben zukünftig schneller, effektiver und vor allem zielgerichteter bearbeitet werden können. Verfolgt die Stadt das Ziel Vorreiterin modernen Stadtmanagements zu sein, gehört dazu auch, dass in der Verwaltung erheblich zügiger gearbeitet wird und man sich verpflichtet fühlt Ergebnisse zeitnah vorzulegen und ggf. eingetretene Zeitverzögerungen zumindest teilweise wieder aufzuholen.

Die Arbeit in der Verwaltung dient nicht allein der Beschäftigung der Mitarbeiter*innen, die Einwohner*innen der Stadt haben einen Anspruch darauf, dass die Verwaltung sich effektiv organisiert und ihre Aufgaben prompt erfüllt.

Die STADTGESTALTER

19 Sep.

Kümmerer mit E-Lastenrädern für bessere Park- und Grünflächenpflege

Ein beständiges Ärgernis in Bochum ist die mangelhafte Pflege der Parks und Grünflächen. Die Fraktion “PARTEI und STADTGESTALTER” schlägt daher vor “Kümmerer” mit E-Lastenrädern einzusetzen, die schnell und flexibel Problemstellen anfahren und beseitigen können. Die Einrichtung von dafür erforderlichen zusätzlichen Stellen könnte über die städtische Beschäftigungsgesellschaft erfolgen.

Ein Abfalleimer im Park läuft über, neben vollen Abfallbehältern hat sich Müll angesammelt, Vögel haben den Müll aus den Behältern gerissen und über die Wiese verteilt, jemand hat achtlos seinen Getränkedose an den Wegesrand geworfen, der Grillplatz muss mal wieder gereinigt werden, auf dem Kinderspielplatz ist das Schaukelbrett abgerissen oder der Spender mit Kotbeuteln für die Hinterlassenschaften der Hunde ist leer, solche Problemfälle werden immer wieder in Bochum beobachtet. Der Stadt gelingt es bisher leider nicht diese schnell zu beseitigen.

Kümmerer*innen sollen Problemstellen in Parks und Grünzügen schnell beseitigen

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” schlägt jetzt vor, wie in einigen Städten bereits üblich, zur Beseitigung solcher Problemfälle auch in Bochum Kümmerer oder Kümmerinnen E-Lastenrädern einzusetzen. Hamburg zum Beispiel macht das schon seit 2017 sehr erfolgreich (Video, Kümmerer in Hamburg)

Kümmerer der Stadtreinigung Hamburg

Aber auch in Villingen-Schwennigen, Freiburg, Regensburg, Nimes und einigen weiteren Städten sind bereits Kümmerer*innen auf E-Lastenrädern unterwegs.

E-Lastenräder ermöglichen schnelles Handeln

Die Kümmerer*innen fahren mit einer Abfalltonne und diversem Werkzeug bestückten E-Lastenrädern ein bestimmtes Revier ab und beseitigen dort Problemstellen und melden größere Mängel, die sie selbst nicht schnell beheben können, direkt an die zuständigen Stellen der Stadt. Sie sind zudem Ansprechpartner*innen für Anwohner*innen und Spaziergänger*innen, die sie jeden Tag treffen und sie auf weitere Missstände aufmerksam machen.

Mit dem Lastenrad kommen die Kümmerer*innen schnell an die Orte, an denen es brennt. Können Müll einsammeln, der nicht in die Parks und Grünflächen gehört, können mit Absperrband neu entstandene Gefahrenstellen sofort abmarkieren und an die zur Behebung Zuständigen melden oder kleine Probleme, wie die verknotete Schaukel entwirren, auch schnell selbst beseitigen.

Ein E-Lastenrad ist leicht zu bedienen. Es ermöglicht eine hohe Flexibilität bei der Bewegung durch die städtischen Parks und Grünzüge. Auch Orte, die sonst kaum mit den LKW des technischen Betriebes zu erreichen sind, können problemlos mit den E-Lastenrädern erreicht werden. Dazu werden städtische Mitarbeiter*innen auf dem Rad viel schneller angesprochen als diejenigen, die mit LKWs durch Parks und Grünzüge fahren. Darüber hinaus ist die Anschaffung der erforderlichen städtischen E-Lastenräder aktuell günstig, sie wird vom Land zu 60% gefördert.

Kümmerer*innen sollen auch Ansprechpartner*innen der Stadt vor Ort sein

Die Kümmerer*innen sollen auch die Augen und Ohren der Stadt vor Ort sein. Sie sollen den Kontakt zu den Anwohner*innen pflegen, denen sie täglich auf den Runden durch ihr Revier begegnen. So kann die Stadt den konkreten Bedürfnissen der Menschen nach Pflege und Sauberkeit in der Stadt zeitnah nachkommen. Das verstärkt die Zufriedenheit der Stadtbewohner*innen und die Stadtpflege kann effektiver organisiert werden.

Kümmerer*innen müssen keine hohen Arbeitsqualifikationen besitzen. Wichtig ist, dass sie selbständig die Problemstellen in ihrem Revier abarbeiten können und die Fähigkeit besitzen das Gespräch mit den Einwohner*innen zu suchen und mit deren Fragen und Bitten freundlich umzugehen. Jede Kümmerin bzw. jeder Kümmerer sollte für sein eigenes Revier selbständig verantwortlich sein. Das führt zu einer hohen Identifikation mit der Aufgabe. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass die Jobs bei den Ausführenden entsprechenden beliebt sind. Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” schlägt vor, die zusätzlichen Stellen über die städtische Beschäftigungsgesellschaft zu schaffen. Auf diese Weise erhalten Langzeitarbeitslose eine Chance auf eine erfüllende Arbeit.

Einsatz von Kümmerer*innen und E-Lastenrädern auch in anderen Bereichen der Stadt sinnvoll

Der Einsatz von Kümmerer*innen und E-Lastenrädern ist grundsätzlich auch in anderen Bereichen der Stadt denkbar. Zum Beispiel wäre auch bei der Unterhaltung der Schulen und Schulhöfe, der Einsatz von Kümmerer*innen denkbar. Sie könnten jeden Tag verschiedene Schulen anfahren und dort kleinere anfallende Arbeiten von Reinigungstätigkeiten über kleinere Transporte bis zu kleineren Reparaturen erledigen und die Hausmeister*innen entlasten.

Grundsätzlich sollte die Stadt überlegen, in welchen Bereichen der Einsatz von Lastenrädern sinnvoll ist und helfen können den Service der Stadt zu verbessern und effizienter zu machen. Lastenrädern können immer da zum Einsatz kommen, wo Schnelligkeit und Flexibilität gefragt ist und das zu transportierende Einsatzmaterial sich auf ein Rad laden lässt. Es füllt eine Nische zwischen Aufgaben die nur zu Fuß erledigt werden können und solche, für die ein LKW unverzichtbar ist.

Im nächsten Schritt wird die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” im Rat der Stadt beantragen, dass die Stadt Bochum prüft, wo der Einsatz von Kümmerer*innen und E-Lastenrädern sinnvoll sein kann und Überlegungen anstellt wie der Einsatz organisiert und finanziert werden könnte.

05 Sep.

Aus Nostalgie die alten Bäder erhalten oder neue bauen um mehr Besucher zu gewinnen?

Das Bochumer Bäderkonzept liegt vor. Jetzt muss der Stadtrat entscheiden, will er der alten Zeiten willen, die bestehenden Schwimmbäder aufgrund des Erinnerungswertes erhalten oder wollen die Mitglieder des Stadtrates mit zentralen neuen Bädern mehr Besucher*innen für die Bäder gewinnen.

Viel zu lange hat es gedauert bis jetzt die Wasserwelten endlich das Bäderkonzept vorgelegt haben. Die Erstellung des vorliegenden Konzepts hätten eigentlich maximal sechs Monate ausreichen müssen, die Stadt hat zusammen mit den Wasserwelten unakzeptable vier Jahre benötigt.

Das Bäderkonzept kommt eigentlich zu spät

Da bisher ein Schwimmbadkonzept fehlte, hat die Stadt in den letzten Jahren Fakten geschaffen, die sich jetzt für das Konzept als unangemessen einschränkend erweisen. Ohne zu hinterfragen, ob die Bäder in einem Gesamtkonzept sich sinnvoll als erweisen würden, wurde das Werner Freibad bereits saniert und für ein neues Bad in Höntrop konkrete Bauvoranfragen gestellt.

Zudem hat die Politik Beschlüsse getroffen, von denen sie heute nicht mehr weiß, wie sie diese in Einklang mit dem Konzept bringen soll. Eigentlich sollten Realisierungen auf Grundlage eines zu erstellenden Konzeptes erfolgen, das die gesamte Bäderlandschaft in Bochum betrachtet. Anders in Bochum, da fängt die Stadt an Realitäten zu schaffen und erstellt erst danach ein Konzept.

Das Ziel des Bäderkonzeptes hätte eigentlich sein sollen zu ermitteln, wie viele Bäder die Stadt braucht, und wo diese am besten im Stadtgebiet stehen sollten, damit sie für alle Einwohner*innen und die Schulen, unabhängig welches Verkehrsmittel genutzt wird, gut erreichbar sind. Gegenstand des Bäderkonzeptes hätte eine Bäderlandschaft sein sollen, die eine möglichst optimal Versorgung der Einwohner*innen, Schulen und Vereine mit Schwimmbädern sicherstellt.

Doch die Politik hatte bereits, bevor das Bäderkonzept erstellt wurde, zwei Beschlüsse getroffen, die die Erreichung dieses Ziels heute quasi unmöglich macht. Erstens wurde beschlossen, dass Hallenfreibad in Höntrop wieder aufzubauen, zum zweiten beschloss der Stadtrat, dass angestrebt wird, alle 2017 bestehenden Badstandorte zu erhalten.

Zur Bäderfrage gibt es zwei sich gegenüberstehende Positionen

In der Bäderfrage gibt es quer durch alle Parteien wie auch bei den Bürger*innen zwei gegenläufige Positionen: Die eine Gruppe will die bestehenden Bäder aus Gründen der Nostalgie erhalten. Die Orte, an denen man schwimmen gelernt hat oder als Jugendliche*r seine Zeit verbracht hat, sollen insbesondere wegen des Erinnungswertes für die älteren Generationen erhalten bleiben. Die andere Gruppe will möglichst attraktive, zeitgemäße Bäder errichten, die deutlich mehr Besucher*innen als bisher anlocken und daher für alle in der Stadt möglichst gut erreichbar sein sollen. Diese Gruppe ist bereit alte Standorte aufzugeben, wenn eine Vielzahl Einwohner*innen zu Bädern an anderen Orten besser hinkommen würde und diese damit mehr Besucher*innen versprechen.

Beide Positionen sind unvereinbar. Mit dem Erhalt der bestehenden Bäder lässt sich die Besucherzahl nicht nennenswert steigern. Verfolgt man das Ziel mehr Besucher in die Bäder zu locken, braucht die Stadt modernere, attraktivere Bäder an besser erreichbaren Standorten.

Mit der Besucher*innenzahl eng verknüpft ist die Frage, welchen Zuschussbetrag die Bäder die Stadt zukünftig jedes Jahr kosten sollen. Kommen wie bisher immer weniger Besucher*innen, werden die jährlichen Kosten für den Betrieb und die Unterhaltung der Bäder von 4-5 Mio. in den Jahren bis 2014, dann 9 Mio. im Jahr 2019, 2030 gemäß Berechnungen des Bäderkonzepts auf 13-14,4 Mio. steigen. Gelingt es durch attraktive Bäder wieder viele Menschen zum Schwimmen zu bewegen könnte die Stadt mit Kosten von unter 10 Mio. pro Jahr auskommen.

Die Defizite der aktuellen Bäderlandschaft

Die aktuelle Bäderlandschaft weist insbesondere folgende Probleme auf:

1. Die bestehenden Hallenfreibäder liegen wenig zentral im Stadtgebiet und sind mit Bus und Bahn mit Ausnahme von Linden mehr schlecht als recht zu erreichen. In der Mitte der Stadt und im Nordosten gibt es gar keine Bäder mehr.

2. Der Charme, der in den 60ern bis 70ern errichteten Bäder mag bei den Älteren nostalgische Gefühle wecken, für die Jüngeren sind die Schwimmbäder ohne jeden Erlebnischarakter wenig attraktiv. Die Ansprüche, was Schwimmbäder bieten sollten, sind heute andere und können von den bestehenden Bädern nicht mehr erfüllt werden.

3. Die Instand- und Werterhaltung ohne den bestehenden Standard wesentlich zu erhöhen kostet pro Bad gemäß Badkonzept 5 -10 Mio Euro. Dass sich durch eine solche Sanierung die Besucher*innenzahl wesentlich erhöht, ist jedoch nicht zu erwarten.

2018 besuchten alle vier Hallenfreibäder zusammen weniger Menschen als das Atlantis Erlebnisbad in Dorsten. Das Bad im 80.000 Einwohner*innen zählenden Dorsten kostet die Stadt allerdings deutlich weniger als 1 Mio. Euro im Jahr, von den vier Hallenfreibädern in Bochum erzeugt jedes einzelne aufgrund der fehlenden Besucher*innen ein jährliches Defizit von 1,1 bis 1,5 Mio..

Kostet die Eintrittskarte für das Atlantis pro Person für zwei Stunden 10 Euro und tut die Stadt Dorsten nochmal rd. 2 Euro dazu, kosten die Bäder in Bochum 15-20 Euro pro Besuch, wobei die Besucher*innen davon nur 3,50 Euro zahlen und die Stadt 12,5 bis 17.50 Euro dazu gibt. Der Besuch der maroden, unattraktiven Bäder in Bochum ist also in der Gesamtrechnung bedeutend teurer als der Besuch eines Spaß- und Erlebnisbades.

Das jetzt vorliegende Bäderkonzept enthält 14 Szenarien, wie die Bochumer Bäderlandschaft zukünftig aussehen könnte, solche bei denen alle Bäder erhalten werden und andere, bei denen Badstandorte ganz oder zum Teil geschlossen und teilweise durch neue ersetzt werden. Die Tendenz, die das Bäderkonzept aufzeigt, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Um so mehr sich die Stadt auf weniger, dafür zentral gelegene, gut erreichbare und attraktive neue Bäder konzentriert, umso mehr Besucher*innen können für die Bäder gewonnen werden und umso geringer fallen die jährlichen Kosten für Betrieb und Unterhaltung der Bäder aus.

Grundsatzentscheidung für mehr Besucher*innen

Auf Grundlage des vorliegenden Bäderkonzeptes muss der Stadtrat zunächst eine Grundsatzentscheidung treffen: Was ist wichtiger mehr Schwimmbadbesucher*innen oder der Erhalt der bestehenden Badstruktur und Bäder der Nostalgie wegen? Doch was haben die jungen Menschen in der Stadt davon, dass die Älteren sich daran erfreuen, dass es die Bäder noch gibt, in denen sie sich früher vergnügt haben, wo sie aber selbst in den letzten Jahrzehnten kaum schwimmen waren?

Betrachtet man die möglichen Bäderszenarien anhand ihrer Zukunftsfähigkeit, kann die Entscheidung eigentlich nur lauten, dass der Erhalt bestehender Standorte für das Aussehen der zukünftigen Bäderlandschaft keine Rolle spielen darf. Für die Zukunft ist allein wichtig, dass möglichst viele Menschen in den Bädern das Schwimmen erlernen und sich freuen in den neuen bzw. modernisierten Bädern ihre Zeit zu verbringen. Am Ende sollte die Besucher*innenzahl das entscheidende Kriterium dafür sein, welche Lösung ausgewählt werden sollte.

Im Hinblick auf die Zukunft sind ferner folgende fünf Aspekte zu beachten:

Auswirkungen der Verkehrswende auf die Erreichbarkeit der Bäder – In 20-30 Jahren nach vollzogener Verkehrswende 70-80% der Besucher*innen die Bäder mit Bus und Bahn, auf dem Rad oder zu Fuß erreichen werden. Um einem absehbaren Besucher*innenrückgang aufgrund schlechter Erreichbarkeit vorzubeugen scheiden entsprechende Badstandorte, aus den Überlegungen bereits heute aus. Sie wären nur dann zu erhalten, wenn die Erreichbarkeit verbessert würde. Für diesen Fall müssten dann Investitionen in die Erreichbarkeit in die Investitionsrechnung des Bäderkonzeptes einbezogen werden.

Deckelung des städtischen Zuschusses – Keines der städtischen Schwimmbäder wird je rentabel funktionieren, immer wird die Stadt einen großen Betrag zuschießen. Der Zuschussbetrag muss aber gedeckelt sein. Es kann nicht sein, dass der Besuch eines einfachen Hallenfreibades in Bochum am Ende die Stadt mehr kostet als der Besuch eines Spaß- oder Erlebnisbades sonst üblicher Weise die Besucher*innen kostet. Ziel sollte es sein, dass die Stadt normale Badbesuche mit nicht mehr als 100% des Eintrittspreises bezuschusst.

Weitere Planungen ohne ein Bad in Höntrop – Der Neubau eines Bades im Südpark in Höntrop kann, wenn die Gerichte nicht anders entscheiden, kaum vor 2024, eher ab 2026 beginnen. In wieweit die Klagen der Anwohner*innen gegen bereits bestehende Bauvoranfragen und eventuelle Klagen gegen folgende Baugenehmigungen erfolgreich sind, kann heute niemand sagen. Wie lange die Gerichtsverfahren den Baubeginn verzögern, ist ebenso ungewiss.

So lange aber nicht feststeht, ob der was für ein Bad im Südpark ggf, errichtet werden könnte, kann der Standort nicht serös in dem Bäderkonzept mitbetrachtet werden. Was geschieht, wenn ein Badszenario beschlossen würde, das auf dem Bad in Höntrop basiert, das dann gar nicht gebaut werden kann? Damit wäre das ganze Bäderkonzept hinfällig.

Mit dem Beschluss und der Umsetzung eines umzusetzenden Szenarios zu warten, bis sicher ist, ob in Höntrop ein Bad gebaut werden kann oder nicht, ist keine Lösung. Die anderen Bäder sind so marode, dass jetzt entschieden werden muss, wie es mit ihnen weitergeht. Ein provisorischer Weiterbetrieb über 3 bis 5 Jahre ist nicht möglich und auch gegenüber den Menschen, die endlich in attraktiven Bädern schwimmen gehen wollen, nicht vertretbar. Realistisch muss also im Weiteren ohne das Bad in Höntrop weiter geplant werden.

Bürgerbäder ermöglichen – Im Rahmen des Bäderkonzeptes sollte überlegt werden, ob Badstandorte, die die Stadt schließen möchte, zukünftig von Bürger*innenvereinen übernommen werden können, die von der Stadt dafür einen auskömmlichen Betriebskostenzuschuss erhalten.

Erst nachdem der Grundsatzbeschluss gefallen ist, welches Ziel mit dem Bäderkonzept verfolgt werden soll, ist zu entscheiden, welches Szenario des Bäderkonzeptes schließlich realisiert werden soll.

15 Aug.

Bochum die Zombiestadt? Die tickende Zeitbombe im Rathauskeller

Während Politik und Verwaltung in den oberen Etagen rödeln und die Bochumerinnen und Bochumer ihrem Tagewerk nachgehen, tickt in den Tiefen des Rathauskellers eine stattlich aufgetürmte Zeitbombe. Kaum jemand redet noch über Bochums milliardenhohen Schuldenberg, auf dem die ganze Stadt entspannt sitzt und ruhig zu schlafen scheint. Klickt ein Kugelschreiber in Frankfurt, detoniert in Bochum der Sprengsatz. Zurückzahlen wird die Stadt diese Summen niemals. Sollte der Leitzins steigen, so sackt die Finanzierung des Haushaltes mit kurzer Latenz in sich zusammen. Allein ein Altschuldendfonds wäre ein Ausweg.

Die Schulden der Stadt setzen sich aus zwei Kreditarten zusammen, die auch Privatpersonen so oder so ähnlich kennen. Es gibt die regulären Kredite, die zur dauerhaften Finanzierung abgeschlossen werden. Privatpersonen kennen dies als Privatkredit, Autokredit oder auch als Baufinanzierung. Dazu kommt der Dispokredit, bei dem man als Privatmann (oder -Frau) sein Konto kurzfristig zur Deckung von vorübergehenden Engpässen überziehen kann. Bei der Stadt heißt der Dispokredit etwas anders, nämlich Kassenkredit.

1, 8 Milliarden Schulden hat die Stadt Bochum

Die gesamten kommunalen Schulden Bochums belaufen also auf rund 1,8 Milliarden Euro, 710 Millionen davon sind Kassenkredite. Man müsste die 86 Einkommensmillionäre, die es in Bochum gibt (Stand 2017, IT NRW), also überzeugen, ihre gesamten Einkünfte für die nächsten 21 Jahre vollständig an die Kämmerin zu spenden, um auf Plus-Minus-Null zu kommen. Wäre die Stadt ein überschuldeter Privathaushalt, dem die Kredite gekündigt würden, so hätten die Bürger*innen als Bürgen noch heute pro Kopf 4.867 EUR (Stand 31.03.2021) an die Gläubiger zu überweisen.

Zwar wird auch in diesem Jahr wieder eine frohe Botschaft verkündet werden, nämlich ein Jahresüberschuss von 48,6 Mio. EUR (Jahresabschluss 2020), aber gemessen an den Gesamtschulden ist dies nicht nur a) der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, b) tatsächlich durch die Coronakosten von 50,4 Mio. EUR, die über das nächste halbe Jahrhundert abgestottert werden müssen, aufgefressen und c) nicht durch eine strukturelle Leistung der städtischen Finanzplanung erzielt worden.

Die Folgen von Zinserhöhungen wären fatal für die Stadt

Die dickste Pauke in dem Jahresabschluss-Orchester der klingenden Sektgläser steuert nämlich der kryptische Posten „Allgemeine Finanzwirtschaft“ bei. Als die längerfristige Finanzplanung der Kämmerei aufgestellt wurde, da waren die geringen Zinsen noch nicht absehbar. Wenn man milliardenschwere in der Kreide steht, dann macht jedes Prozent „den Kohl fett“. Es kommt daher sehr gelegen, dass die EZB seit Jahren auf Zinsen verzichtet. Geld bei der Zentralbank kostet den Geschäftsbanken also Null, Nichts, Nada. „Der Zins ist abgeschafft“, kommentierte dies Anfang 2021 der Präsident des hessischen Sparkassen- und Giroverbands.

Nun ist dies kein Gefallen des damaligen EZB-Chefs Drahgi an den heutigen Bochum-Chef Eiskirch. Ziel war und ist vielmehr, dass die Geschäftsbanken den Unternehmen günstigere Kredite offerieren können und so mehr investiert und konsumiert werden kann. Dies ist eine geldpolitische Maßnahme, um einen Kollaps der Wirtschaft im Zuge der Finanzmarkt- und Eurokrise zu verhindern. Dieses günstige Angebot nehmen aber auch die Kommunen gerne mit.

Doch wie lange dauert der Ausflug ins Schlaraffenland? Die Niedrigzinspolitik der EZB wird irgendwann ein Ende haben müssen. Der Immobilienmarkt gilt jetzt schon als überhitzt, weil Anleger in Betongold flüchten. Die Altersvorsorge der Kleinsparer wird weiter aufgefressen. Die Inflation in Deutschland hat aktuell mit 3,8% den höchsten Wert seit 1993 erreicht. Im Vorbericht des Bochumer Haushaltes 2020/2021 war bereits von Seiten der Kämmerei die Rede davon, dass sich „die Zeichen für eine Zinswende mehren“.

Sollte die EZB in Frankfurt eine Wende vollziehen, dann hat dies massive Auswirkungen. Unternehmen und Banken, die allein aufgrund der expansiven Geldpolitik noch Puls haben, gelten als Zombies. Steigt der Zins, dann geraten diese alpengroßen Risiken ins Wanken. Auch Bochum könnte man zu der Gattung der Zombies zählen – Aber zu den besonders langsamen Zombies. Die Kämmerei versucht mit ihrem Schuldenmanagement die niedrigen Zinsen so weit es geht zu sichern. Im Vergleich zu Zinssicherungen, die man von seinem Baukredit kennt, bei denen Linien gut und gerne mehr als 15 Jahre laufen, gelten langfristige Zinssicherungen bei Kommunen schon ab 5 Jahre. So sind 95% der Kommunalkredite über 5 Jahre gesichert. Wie lange diese genau gesichert sind, darüber schweigt sich der Bericht zum Schuldenmanagement aus. Bei den teuren Kassenkredite sind mehr als die Hälfte unter 5 Jahre Zinsbindung laufend. Ein Durchschlagen der Zinsen wird damit aber nur aufgeschoben, solange die Gefahrenquelle selbst, die hohen Schulden, nicht abgetragen wird. Im Zweifel dürfen die Folgen dann die künftigen Generationen schultern, denen auch schon die Klima-Kosten vererbt werden.

Lösung Altschuldenfond

Wird die Stadt diese Schulden zurückzahlen? Nein. Auch wenn OB Eiskirch sagte, „die Stadt kommt nun mit dem Geld, das sie einnimmt, wieder aus“, wird davon nicht ein Heller oder Pfenning der Schulden getilgt. Allein ein Altschuldenfonds, bei dem sich höhere politische Ebenen an der Rückzahlung der kommunalen Schulden beteiligen, ist ein realistisches Szenario.

Immerhin ist es in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen, dass Kommunen bankrott gehen. Amerikanische Horrornachrichten über zahlungsunfähige Kommen, wie im Falle New Yorks im Jahre 1975, und einen Government Shutdown wird man hierzulande nicht lesen müssen. Zwar kann man so noch beruhigt die Türe aufmachen, wenn es klingelt, weil man nicht mit Moskau Inkasso rechnen muss – Wer aber denkt, dass die Schulden so keine Auswirkungen auf sein Leben hätten, der schneidet sich Zentimeter tief ins eigene Fleisch. Viele Ausgaben, die noch in die Bereiche Straßenerhaltung, Radwegeausbau, Schulausstattungen, Schwimmbäder und KiTa-Ausbau sowie in den sozialen Bereich fließen, werden dann in die Kassen der Banken flattern.

DH

27 Juni

Haus des Wissens – Viele Ideen der STADTGESTALTER werden Realität

Das Haus des Wissens ist das sichtbare Zeichen, dass Bochum sich von der Industrie- zur Universitätsstadt entwickelt. Das Bauvorhaben beinhaltet eigentlich vier Projekte, die Markthalle, ein wegweisendes Konzept für VHS und Stadtbücherei, einen Dachpark und die Revitalisierung von Telekomgebäude und Rathausplatz. Bei allen vier Projekten waren die STADTGESTALTER Impuls- und Ideengeber, Wegbereiter für die Umsetzung war jedoch jemand anderes. Jetzt ist sicher zu stellen, dass die Kosten des Gesamtprojekts nicht aus dem Ruder laufen.

Die Geschichte des “Haus des Wissens” beginnt 2012 wird am Anfang entscheidend von zwei treibenden Kräften bestimmt. Andor Baltz und den STADTGESTALTERn.

Wie kam es zum “Haus des Wissens”?

Die Idee einer Markthalle in Bochum gab es schon einige Jahre in Bochum ehe sie die STADTGESTALTER mit vielen Vorschlägen und Beiträgen forcierten.

2012 schlugen die späteren STADTGESTALTER erstmals vor, die Markthalle auf dem Gelände des Telekomblocks an den jetzt festgelegten Standort zu bauen (Freitreppe am Husemannplatz). Es folgten, diverse Vorschläge, Beiträge und Visualisierungen zu der Idee (u.a. 2015: Bochumer Markthalle, 2017: Markthalle an der Viktoriastraße). Die Idee einer Markhalle setzte sich in den Köpfen der Menschen fest, die Überzeugung reifte die Idee sei für die Entwicklung der Innenstadt sinnvoll und umsetzbar. Entsprechend sprach sich bei der Bürgerkonferenz 2017 eine überwältigend Zahl Bürger*innen für den Bau einer Markthalle aus.

Markthalle – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

2015 waren es erneut die STADTGESTALTER, die als erste vorschlugen, das Gelände des Telekomgebäudes neben der Markthalle auch für VHS und Stadtbibliothek zu nutzen (Bochumer Markthalle). 2019 legten die STADTGESTALTER ein Gesamtkonzept für das Projekt nach, von dem sich viele Element in den aktuellen Entwurfsplanungen (Neubau Haus des Wissens Vorlage 20211561) wieder finden (Konzept für Markthalle, VHS, Bücherei und mehr).

Innenansichten – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

Ebenfalls 2015 schlugen die STADTGESTALTER, erstmals eine zukunftsweisende Neuausrichtung der Stadtbücherei nach dem Vorbild der Stadtbibliothek Aarhus (Dokk1) vor, wie sie jetzt beim Haus des Wissens umgesetzt wird. (Zukunftsweisende Neuausrichtung der Stadtbücherei).

2017 und 2018 sorgten die STADTGESTALTER mit ihren Vorschläge für einen Dachpark auf den Dächern der Bochumer Innenstadt für Aufsehen (2017: Dachpark in der Innenstadt, 2018: Innenstadt-Dachpark – Aufbruch in die 3. Stadtdimension). Auch diese Idee soll jetzt auf dem Dach des “Haus des Wissens” in spektakulärer Weise umgesetzt werden.

Dachpark – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

Ebenfalls 2018 schlugen die STAADTGESTALTER eine Verkehrsberuhigung und Umgestaltung des Rathausplatzes vor (Der neue Rathausplatz), wie sie nach der Fertigstellung des “Haus des Wissens”, 2026 erfolgen soll.

Andor Baltz, entscheidender Wegbereiter des “Haus des Wissens”

Waren die STADTGESTALTER beständiger Antreiber und Ideengeber für das “Haus des Wissens” so war der entscheidende Wegbereiter für das Projekt jemand anderes: Andor Baltz, der Eigentümer des stadtbildprägenden Modehauses Baltz in der City.

Er hatte den Telekomblock, in dem jetzt das Haus des Wissens entstehen wird, Anfang 2014 erworben, um dort den Bau eines Einkaufszentrums zu verhindern. Er war es, der als erster Überlegungen anstellte, wie sich die Idee einer Markthalle in dem Gebäude umsetzen ließe und er war es, den die Vorstellung so begeisterte, in dem Gebäude Markthalle, Stadtbücherei und VHS unter einem Dach unter zu bringen, dass er der Stadt anbot ihr das Gebäude unter der Bedingung zu verkaufen, diese Idee umzusetzen und den Telekomblock als stadtbildprägendes Gebäude am Rathausplatz zu erhalten.

Außenansichten – Haus des Wissens, Plan Cross Architekten

Ohne die Weitsicht und Initiative von Andor Baltz, wäre das Projekt “Haus des Wissens” nie entstanden. Wie auch beim Dachcafé auf seinem Stammhaus samt Brücke in luftiger Höhe über die Pariser Straße oder der neuen Dependenz des Modehauses “Wandersport Baltz” an der Ecke Hellweg/ Boulevard nach beispielhafter Sanierung des historischen Eckhauses, nutzte Andor Baltz beim Telekomblock seinen Einfluss um die Gestaltung der Innenstadt auf ein neues Niveau zu heben und visionären Ideen zur Umsetzung zu verhelfen. Er ist der mächtige, auf Privatheit bedachte und politische neutrale Strippenzieher im Hintergrund, für den nur die Ideen selbst zählen und der eine konkrete wegweisende Vorstellung davon hat, wie die Innenstadt sich wandeln muss, damit sie eine Zukunft hat.

Haus des Wissens – Makerspace für alle

Das Haus des Wissens ist das sichtbare Zeichen für Bochums Wandel von der Industrie- zur Universitäts- und Bildungsstadt. Mit dem Haus des Wissens schafft die Stadt einen einzigartigen Makerspace, an dem sich alle Bewohner*innen der Stadt ausleben können, sich (weiter-)bilden, ihre Ideen umsetzen, experimentieren oder sich mit anderen treffen können, um gemeinsam neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Das “Haus des Wissens” wird zum Motor der Stadt werden, an dem kreative und bildungshungrige Köpfe sich mitten in der Stadt zusammenfinden, um die Zukunft der Stadt neu zu denken.

Erstmals setzt Bochum ein weithin sichtbares Zeichen, Vorreiter in Sachen Bildung und Förderung der kreativen Ideen der Einwohner*innen sowie moderner Stadtentwicklung sein zu wollen. Nach dem Weggang von Nokia und Opel, erkannte die Stadt erstmals den Wert seiner Universität und Hochschulen und forcierte die Entwicklung zu Bildungsstadt. Dabei ist der Makerspace “Haus des Wissens” ein Meilenstein, mit dem Bildung, Entwicklung und Forschung für alle Einwohner*innen erlebbar und ermöglich werden.

Noch zeigen Zustand und Ausstattung der städtischen Schulen, das sonst der Anspruch der Stadt, Vorreiter in Sachen Bildung eher gering ist. Wichtig ist, dass das “Haus des Wissens” nicht zu einem bloßen Marketingprojekt wird, um den Bildungsnotstand an den Schulen zu übertünchen. Das “Haus des Wissens” sollte zeigen, dass es sich für die Stadt lohnt sich in Sachen Bildung als Vorreiter zu präsentieren, nicht nur mit einem wegweisenden Konzept bei VHS und Stadtbücherei, sondern auch mit einer ehrgeizigen Strategie zur zukunftsweisenden Entwicklung der gesamten Schullandschaft Der nächste Schritt auf dem Weg zur Universitäts- und Bildungsstadt muss ein beispielloses Investitionsprogramm in die städtischen Schulen sein, um dort schnellst möglich den beschämenden Bildungssnotstand zu beenden.

Die Kosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen

Das “Haus des Wissens” sollte ein wichtiger Baustein auf dem Weg sein, die Stadt in allen Bereichen zum Vorreiter in Sachen Bildung zu machen. In jedem Fall muss also verhindert werden, dass es zu einer Kostenexplosion kommt, die auf Kosten der Entwicklung in anderen Bereichen der Bochumer Bildungslandschaft geht. Die Kosten dürfen nicht zu Lasten der städtischen Schulen aus dem Ruder laufen.

Der Rat hat einen Kostendeckel bei 90 Mio. Euro beschlossen. Dieser sollte unbedingt eingehalten werden. Kostensteigerungen die durch Projekterweiterungen wie dem Einbau einer Geothermieanlage oder die Aufwertung des Dachparks verursacht werden, lassen sich rechtfertigen. Eine Überschreitung der Grenze von 100 Mio. Euro ist jedoch nicht zu tolerieren.

Zwar erscheinen Kosten von 90 bis 100 Mio. hoch, doch ist dabei zu berücksichtigen, dass das Haus des Wissens eigentlich aus vier Bauvorhaben besteht: Markthalle, Neubau VHS und Stadtbücherei, sowie die Errichtung des Dachparks. Teilt man die gesamte Bausumme auf alle vier Vorhaben auf, relativiert sich die Höhe der Bausumme.

Auch ist das Projekt mit dem Bau des fast 40 Mio. Euro teuren Musikforums nicht zu vergleichen. Das Musikforum wurde zwar als Musikzentrum für alle angepriesen, ist aber – wie von den Kritikern vorhergesagt – am Ende nur ein baulich gelungenes Konzerthaus der Bochumer Symphoniker mit Musikschulalibi für eine überschaubare, exklusive Klientel von Liebhabern klassischer Musik geworden. Das Haus des Wissens wird mit Markthalle, Dachpark, VHS und Stadtbücherei, ein Ort für alle Einwohner*innen werden. Der Anspruch des Hauses ist, dass alle, die in der Stadt wohnen, dort einen Ort finden, der sie begeistert.

Um den vom Rat beschlossenen Kostendeckel einhalten zu können, bräuchte die Stadt ein effizientes Projektmanagement, mit dem die Einhaltung des Kostenrahmens wirksam gesteuert werden kann. Bisher haben SPD, Grüne und CDU leider alle Vorstöße in diese Richtung immer wieder abgelehnt. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass bei dem Projekt am Ende doch noch die Kosten explodieren. Zu hoffen ist, dass alle Beteiligten sich im Klaren sind, wie wichtig es für die Glaubwürdigkeit  der Bochumer Stadtpolitik ist, dass die vom Rat gemachten Vorgaben von der Verwaltung eingehalten werden und entsprechend alle der Stadt deutlich machen, dass der beschlossene Kostenrahmen unbedingt eingehalten werden muss.

13 Juni

Schulamt verhindert, dass bedürftige Kinder Schultablets vom Jobcenter erhalten

Das Bochumer Schulamt wies die Bochumer Schulen an, die Formulare für Zuschüsse vom Jobcenter zum Erwerb von Tablets zur Teilnahme am Distanzunterricht, so auszufüllen, dass die entsprechenden Anträge vom Jobcenter abgelehnt wurden. Der Schuldezernent verweigert jetzt die Aufklärung dieses Skandals.

Kinder, die in Familien leben, deren Eltern von Transferleistungen leben, haben Anrecht auf einen Zuschuss, von dem Sie ein Tablet kaufen können, mit dem die Kinder am digitalen Schulunterricht teilnehmen können. Dieser Zuschuss ist beim Jobcenter zu beantragen.

Schulamt weist Schulleitungen an Zuschussbescheinigungen ungültig zu machen

Um den Zuschuss zu erhalten, muss die Schulleitung allerdings ein Formular des Jobcenters ausfüllen, mit dem die Schule bescheinigt wird, dass das Kind am Distanzunterricht teilnimmt und dafür das Tablet benötigt wird. Das Schulamt wies die Leitungen der Bochumer Schulen in einer Mail im Februar jedoch an, genau diesen Passus im Formular zu streichen:

Zuschussbescheinigung, ungültig gemacht von Schulleitung

Entsprechend lehnte das Jobcenter aufgrund der ungültig gemachten Bescheinigungen sämtliche entsprechend gestellten Anträge ab. Eltern wandten sich wegen dieses Vorgangs sowohl an die WAZ wie auch an die Fraktion „Die PARTEI und STADTGESTALTER“. Auf Nachfrage bestätigten diverse Schuleitungen das Vorgehen sowohl gegenüber der WAZ wie PARTEI und STADTGESTALTERn.

Das Schulamt machte die Teilnahme von ohnehin benachteiligten Kindern am Distanzunterricht unmöglich

Der Vorgang ist ein Skandal. Dem Schulamt musste klar sein, dass mit der Streichung des zu bescheinigenden Passus im Formular, die gesamte Bescheinigung vom Jobcenter nicht mehr anerkannt werden würde. Man ließ also die Eltern bewusst Zuschüsse mit ungültig gemachten Bescheinigungen beantragen, in dem Wissen, dass diese abgelehnt würden. Gemäß Beitrag der WAZ vom 13.05.21 wollte das Schulamt mit der Streichung des Passus verhindern, dass durch die Bescheinigungen bescheinigt würde, dass es Kinder in Bochum gibt, die mangels Endgeräts bisher nicht am Distanzunterricht teilnehmen konnten.

Schuldezernent verweigert Aufklärung

Bisher ist nicht bekannt, wie groß die Zahl der Eltern an den rund 100 Schulen der Stadt ist, die sich ungültig gemachte Bescheinigungen ausstellen ließen um einen Zuschussantrag beim Jobcenter zu stellen, der dann abgelehnt wurde. Auf die bereits am 25.03.21 zur Aufklärung des Sachverhalts gestellte Anfrage der Fraktion „Die PARTEI und STADTGESTALTER“ (Anfrage 20211002) verweigert der Schuldezernent Dieckmann bisher die Antwort. Obwohl Anfragen von Fraktionen des Stadrates binnen zwei Monaten zu beantworten sind, erfolgt eine Antwort bis heute nicht. Dieses Vorgehen ist leider typisch für die Arbeitsweise des Schuldezernenten. Ständig werden in seinem Dezernat Anfragen gar nicht, verspätet und wenn zumeist unzureichend beantwortet (U.a auch Anfrage 20203162Anfrage 20203163).

Das Schulamt versucht indes die Schuld für den skandalösen Vorgang auf die Leiter*innen der Schulen zu schieben, man habe die Streichung im Formular nicht angeweisen, sondern nur einen „internen Diskussionsbeitrag“ an die Schulleitungen übermitteln wollen (WAZ vom 13.05.21). Die Schulleitungen, allerdings sahen und sehen in der Mail eine Anweisung, die als dringende Empfehlung formuliert wurde.

Die Leidtragenden sind wieder einmal die ohnehin benachteiligten Schüler*innen

Wieder einmal versagen der Schuldezernent und das Schuldezernat, genau da, wo die Stadt Bochum ohnehin schon Jahrzehnte zurück liegt, im Bereich Schule und Bildung. Denjenigen, die durch fehlende individuelle Förderung und mangelhafte Ausstattung der Schulen ohnehin benachteiligt werden, verweigerte das Schulamt auch noch die Anschaffung eines Endgerätes, das erforderlich ist, um dem Distanzunterricht zu folgen. Im Ergebnis konnte eine erhebliche Zahl Bochumer Schulkinder über Monate durch das Versagen des Schulamtes nicht am Unterricht teilnehmen. Das Versäumnis des Schulamtes wird voraussichtlich für einige Kinder hinsichtlich ihres Schulerfolgs schwerwiegende Folgen haben.

Dass das Schulamt bewusst verhindert hat, dass bedürftige Kinder am digitalen Unterricht teilnehmen können, ist der eine Teil des Skandals, jetzt zu verhindern, dass der Skandal aufgeklärt wird, der zweite. Nach aktuellem Stand gab es bis heute kein Bemühen des Schuldezernenten, den betroffenen Eltern und Kindern nunmehr korrekt ausgefüllte Bescheinigungen zu übermitteln, verbunden mit der Bitte, die Geräte damit erneut beim Jobcenter zu beantragen.

SPD, Grüne und Oberbürgermeister geben Dezernenten trotz Versagen Rückendeckung

SPD, Grüne und Oberbürgermeister kümmert der ganze Skandal leider wenig, in der letzten Ratssitzung, bei der die Fraktion „Die PARTEI und STADTGESTALTER“ die Absetzung des Schuldezernenten forderte (Antrag 20211588), sprach man Dezernent Dieckmann das volle Vertrauen aus, die Entwicklung von Schulen und Bildung sei in Bochum auf gutem Weg. Am Ende stimmten jedoch nur SPD, Grüne und die UWG dafür dem Dezernenten Dieckmann den Schulbereich weiter zu überlassen. Bei Schulen, Eltern sowie Schüler*innen ist das Vertrauen in den Schuldezernenten aufgrund der massiven Fehlleistungen im Bereich der Schulverwaltung, besonders bei der Digitalisierung, ohnehin längst aufgebraucht.

Der Dezernent wird von der rot-grünen Koalition nur noch aus zwei Gründen gehalten, wegen seines SPD-Parteibuches und weil der Anspruch an die Qualität von städtischer Schul- und Bildungspolitik bei beiden Fraktionen sowieso gering ist. So wurde in der Ratssitzung vom 27.05.21 bereits das rechtzeitige Ausfüllen und Einreichen der diesjährigen Förderanträge als besonders herausragende Leistung des Schuldezernents gelobt.

Kaum mehr als das Allernötigste passiert im Bereich Schule in Bochum schon seit Jahrzehnten nicht. Es wird im Wesentlichen nur das gemacht, wofür Bund und Land Gelder bereitstellen. Zu nennenswerten eigenen städtischen Investitionen in den Schulbetrieb sind weder SPD noch Grüne bereit. Der mangelhafte Zustand und die unzureichende Ausstattung vieler Bochumer Schulen sind das sichtbare Ergebnis dieser Politik. Die Ablehnung des Antrags der Fraktion „Die PARTEI und STADTGESTALTER“ die Grundschulen mit zusätzlichen 20 Mio. Euro in die Lage zu versetzen, allen Schüler*innen mindestens zu einer Empfehlung zu Realschule zu verhelfen (Antrag 20211586), bestätigt diese Anspruchslosigkeit.

Schwere Versäumnisse im Schuldezernat müssen endlich Folgen haben

Jeder Ausstehende fragt sich, wie solche schwerwiegenden Versäumnisse ohne politisches Nachspiel und Konsequenzen in der Verwaltung bleiben können. Doch der Schuldezernent kann sich darauf verlassen, dass SPD und Grüne ohnehin nicht genau wissen wollen, was im Schuldezernat schiefläuft. Also versucht er die Anfragen der anderen Fraktionen, offenbar mit Rückendeckung des Oberbürgermeisters, der eigentlich die rechtzeitige Beantwortung, zu überwachen hat, zu ignorieren und unbeantwortet zu lassen, wohl in der Hoffnung, dass die Fragesteller vergessen, dass sie die entsprechende Anfrage zur Aufklärung der Fehlleistungen gestellt haben.

Doch der Schuldezernent sollte sicher sein, dass die Fraktion „Die PARTEI und STADTGESTALTER“ ihn mit dieser Methode auch diesmal nicht durchkommen lassen wird.

06 Juni

Braucht Bochum Landmarken?

Der Stadtrat hat die Verwaltung beauftragt zu prüfen. inwieweit eine wiedererkennbare Landmarke, z.B. mit dem Bochumer Logo und dem Wort „Bochum“, an drei bis vier Punkten in der Stadt (an Radwegen, Autostraßen, Bahnstrecken etc.) so aufgestellt werden kann, dass der Schriftzug für Bochum eine Markenbotschaft darstellt. Ist das sinnvoll oder gibt es bessere, nachhaltigere Ideen?

Fahren Auswärtige über die Autobahnen oder die Bahnlinien durch Bochum, dann sieht die Stadt aus dem Auto oder der Bahn doch ziemlich unscheinbar bis trostlos aus, wenn man überhaupt erkennt, dass man gerade die Bochum und nicht Essen oder Dortmund durchfährt.

“Bochum”-Schriftzüge und eine Innenstadt die “instagrammable” ist

Das soll sich nach dem Willen von SPD, CDU und den Grünen ändern, man will an mehreren Punkten gut sichtbar “Bochum”-Schriftzüge oder Ähnliches aufstellen (Antrag 20210821).

In Bochum fehle es zudem an Punkten die “instagrammable” sind, so sieht es jedenfalls Bochum-Marketing. Die Stadt bräuchte mehr Orte, vor die sich Besucher der Stadt stellen, um ein Foto für Instagram zu schießen, bei dem jeder sofort erkennt, dass es in Bochum aufgenommen wurde. Außer der Glocke vor dem Rathaus fehlen der Stadt solche Spots.

In vielen Städten der Welt, von Riga über Amsterdam bis Tokio stehen Schriftzüge mit dem Stadtnamen, vor denen sich Touristen gerne fotografieren lassen. Die Idee ist nicht neu, auch nicht innovativ, aber sie funktioniert. Ob es allerdings sinnvoll ist an den verschiedensten, besonders sichtbaren Orten solche Schriftzüge in die Landschaft zu stellen, darf bezweifelt werden. Das sähe dann doch eher so aus als fehle es der Stadt an wirklich einzigartigen architektonischen Landmarken, weshalb man sie überall beschriften musste.

Was macht die Qualität einer Landmarke aus?

Landmarken sind zumeist auffällige, weithin sichtbare topographische Objekte wie Berge, Kirchen, Türme, Burgen oder andere markante Gebäude, In Bochum z.B. der Zechenturm des Bergbaumuseums, der Hollandturm oder das Exzenter-Haus. Landmarken haben oder hatten zumeist einen alltäglichen Nutzen, z.B. als ehemaliger Teil einer Industrieanlage oder als Bürogebäude. Durch ihre besondere Gestaltung haben sie dazu einen hohen Wiedererkennungswert und stehen an einem Ort, wo sie aus allen Richtungen gut gesehen werden. Schriftzüge mit dem Stadtnamen auf einer Halde oder auf Gebäuden greifen also zu kurz.

Vielmehr ist es sinnvoll Gebäude oder Infrastrukturobjekte in der Nähe von Autobahnen und zentralen Bahnachsen so auffällig zu gestalten, dass sie den Vorbeifahrenden dauerhaft in Erinnerung bleiben und die Stadt wieder erkennbar machen. Immer wenn eine solche architektonische Landmarke in Sicht kommt, soll sie die wieder aufstrebende Großstadt Bochum ins Gedächtnis rufen. Ziel der Stadt sollte es sein mit vorbildlichen architektonischen Landmarken zu glänzen, statt die geringe visuelle Attraktivität von 08/15-Architektur mit Marketingschriftzügen wett machen zu wollen. Das städtische Geld ist in architektonischer Substanz besser und nachhaltiger angelegt als in schön gestalteten Werbeschildern mit Stadtnamen.

Welche Orte bieten sich in Bochum für architektonische Landmarken an?

Für solche auch architektonisch vorbildlichen Landmarken bieten sich besondere zwei Objekte an, die in den nächsten Jahren in Bochum entstehen sollen.

Orte für mögliche Landmarken

Das ist zum einen die Brücke für den Radschnellweg und gegebenenfalls eine Regiotramlinie (Bahnanbindung für Leithe und Günnigfeld), die direkt östlich vomm Westkreuz über die A40 führen soll.

Zum anderen die Bebauung am Wattenscheider Bahnhof, die zwischen Bahnlinie und A40, entstehen soll. An dieser Stelle haben die Planer bereits ein Hochhaus angedacht (Planung Mäckler Bahnhofsquartier), das bei entsprechend einzigartiger architektonischer Gestaltung zu einer weithin sichtbaren Landmarke werden könnte.

Bebauungsvorschlag Bahnhofsquartier Wattenscheid

Gleiches gilt für die genannte Radschnellweg und Regiotram-Brücke über die A40, die so gestaltet werden könnte, dass sie über das ganze Westkreuz hinweg sichtbar ist. Neben der Erzbahnschwinge, könnte so eine weitere bemerkenswerte Brückenkonstruktion ein Highlight werden, das man zukünftig mit dem Namen Bochum verbindet. Hat man bisher mehr Gewollt als Gekonnt die trostlosen Betonbrücken mit für Auswärtige eher unverständlichen Sinnsprüchen aufpeppen wollen, könnte die neue Brücke gleich an sich ein echter technischer wie architektonischer Eyecatcher werden.

Auf einzigartigen Plätzen und Schaukeln ließen sich Besucher*innen gerne für Instagram ablichten

In der Innenstadt könnte die Stadt durchaus einen “Bochum”-Schriftzug aufstellen. Doch wird dadurch der Rathausplatz, der Dr.-Ruer-Platz oder der Buddenbergplatz auch nur ein Tacken attraktiver? Nein, sie blieben trostlos, wie eh und je. Gut gestaltete Plätze mit einzigartigen, wieder erkennbaren Ansichten, würden nachhaltig Attraktivität. Flair und Ambiente erhöhen, eine 08/15-Platzgestaltung mit “Bochum”-Schriftzug bringt die Innenstadt dagegen nicht wirklich weiter. Das wieder erkennbare Instagram-Foto aus Bochum reicht als Werbung nicht, es muss auch drunter stehen, dass sich ein Besuch der Stadt lohnt, weil es dort spannende Orte und Dinge zu sehen gibt, die, wenn möglich, auch optisch etwas Besonderes hergeben.

Schaukeln – Fotospots für Instagram, Beispiel Montreal ()Foto: art_inthecity)

Die von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen Schaukeln entlang des Boulevards (Schaukeln für die Innenstadt), würden einen Eyecatcher darstellen, auf dem sich viele Besucher gerne für Instagram ablichten lassen würden. Die Schaukeln ließen sich leicht als unverkennbar Stadtmarkenzeichen vermarkten und mit entsprechenden Beschriftungen auch als wieder erkennbar für Bochum gestalten.

Insgesamt sollte also sowohl bei den Landmarken wie bei fotogenen Instagram-Spots darauf geachtet werden, dass diese nicht reine Marketing-Objekte werden, sondern dass die Stadt mit einzigartiger und nachhaltiger Architektur bei weithin sichtbaren Landmarken punktet und bei Fotospots in der Innenstadt nicht nur erkennbar ist, dass die sich in Bochum sich befinden, sondern auch dass diese Spots dazu anregen, den fotografierten Ort in Bochum zu besuchen, weil der auf Instagram so spannend ausschaut.

30 Mai

Wie kam die Stadt Bochum bisher durch die Corona–Krise?

Wie hat sich die Stadt bisher in der Corona-Krise geschlagen? In wichtigen Bereichen gut bis sehr gut, bei Schulen und Bildung allerdings katastrophal.

Heute ist in Bochum der Corona-Inzidenzwert endlich wieder unter 50 gesunken, abgesehen von wenigen Tagen im Februar erstmals wieder seit Anfang Oktober 2020. Die Zeichen stehen auf Entspannung der Corona-Lage. Also ein guter Zeitpunkt Bilanz ziehen, wie die Stadt bisher durch 15 Monate Corona-Krise gekommen ist.

Krisenstab – Diese Gremium, gebildet aus leitenden Mitarbeiter*innen der Verwaltung und Expert*innen der Stadt, geleitet vom Personal- und Rechtsdezernenten, führt die Stadt seit Ende Februar 2020 durch die Krise und das souverän mit ruhiger Hand. Der Krisenstab hält Politik und Medien auf dem neustem Stand, empfiehlt Regelungen wie Handlungen und koordiniert alle Maßnahmen mit anderen Beteiligten wie Land, Kassenärztlicher Vereinigung oder anderen Städten.

Zu jeder Zeit hatte der Krisenstab die Lage im Griff, informierte umfassend über die Lage und reagiert rechtzeitig. Probleme, wie die anfängliche Überlastung der Corona-Hotline wurden umgehend angegangen und nachhaltig beseitigt (STADTGESTALTER helfen die Telefonkapazitäten der Corona-Hotline zu verdoppeln). Die Stadt Bochum war einer der ersten, die ein Drive-In-Testzentrum wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen aufbaute (Viele testen – Drive-in Corona-Teststationen). Im Laufe der 15 Monate konnte der Krisenstab großes Vertrauen sowohl bei Politik wie Einwohner*innen gewinnen, so dass er zu jeder Zeit den vollen Rückhalt aus Politik und Stadt hatte und nach wie vor hat.

Gesundheitsamt – Hakte es am Anfang noch bei der Erfassung und Weiterleitung der Testdaten an das RKI und bei der Rückmeldung der Testergebnisse an die Getesteten, spielten sich im Laufe der Zeit die Abläufe ein. Mit Hilfe auch der Bundeswehr konnte ein effektives System zur Nachverfolgung der Corona-Infektionen etabliert werden, dass auf den Höhepunkten der Infektionswellen dann doch an seiner Grenze stieß.

Weiterhin verbesserungswürdig erscheint die Datenerfassung und Datenanalyse der Infektionsdaten. Immer noch reicht die Datenbasis nicht, um detailliert auszuwerten, wer sich, wo und wie in Bochum besonders häufig angesteckt hat. Teilweise fehlt es an Daten, andererseits auch an ausführlichen Auswertungen und Untersuchungen anhand bereits vorliegender Daten.

Städtische Corona-Regelungen – Fast alle Corona-Regelung wurden und werden nicht von der Stadt erlassen, sondern von Land und Bund. Nur im Ausnahmefall musste die Stadt mit Allgemeinverfügungen eigene Regeln erlassen. Das geschah immer wieder schnell, vorausschauend und konsequent. Grundsatz  bei dem Erlass von Regelungen war immer, lieber etwas härter und auch mal vorauseilend durchzugreifen, als einmal zu spät. Auch dieser Grundsatz war nachvollziehbar. Letztlich lagen die Ansteckungszahlen in Bochum fast die ganze Zeit leicht unter denen der meisten Nachbarstädte und dem Landesschnitt.

Allerdings waren manche Regelungen nicht nachvollziehbar oder wurden nicht aufgegeben, trotzdem deren Wirksamkeit mittlerweile wissenschaftlich widerlegt war. Das gilt besonders für Maskenpflichten in Parks oder Einkaufsstraßen. Wenn die Übertragung des Coronavirus fast ausnahmslos in Innenräumen stattfindet, dann ergibt eine Maskenpflicht im Freien wenig Sinn (Wie hoch ist das Corona-Ansteckungsrisiko im Freien?).

Auch die Entscheidung, sich in der dritten Welle nicht an Modellprojekten zu beteiligen, war im Endeffekt richtig. Modellprojekte zum Ende der ersten Welle, wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen (Bochum – Modellstadt bei der Aufhebung des Lockdown) wären zielführend gewesen, zu Zeiten deutlich steigender Infektionszahlen, als diese von der Landesregierung vorgeschlagen wurden, wäre die Wirkung jedoch fraglich gewesen.

Stadtverwaltung und Bürgerdienste – Zu keiner Zeit musste die Stadtverwaltung die Arbeit einstellen. Auch in Hochzeiten der Krise lief die Arbeit weiter. Die Umstellung auf Homeoffice gelang schnell und reibungslos. Auch mit vielen Mitarbeiter*innen zu Hause konnten die Ämter ihren Aufgaben weiter nachkommen, Verzögerungen durch Corona, sofern sie überhaupt auftraten, hielten sich fast immer in nachvollziehbaren Grenzen.

Die Corona-Krise legte jedoch die schweren Digitalisierungsdefizite bei den Bürgerdiensten offen (Corona-Krise legt digitale Defizite der Stadt offen). So können Bochumer*innen bis heute ihren Wohnsitz nicht online ummelden. Bei der Digitalisierung ist die Stadt trotz vieler großer Worte wie “Gigabit-”und “Smart-City” immer noch viel zu langsam unterwegs. Auch dauerte es viel zu lange bis die Bürgerbüros im letzten Sommer wieder ihre Pforten öffneten. Als die Stadtverwaltung für Publikumsverkehr öffnete, standen Unternehmen und Geschäfte ihren Kund*innen schon lange wieder persönlich zur Verfügung.

Impfzentrum – Immer wieder hochgelobt wird die vorbildliche Organisation des Impfzentrums. Von Anfang an hat sich der Standort im RuhrCongress bewährt und liefen dort die Abläufe reibungslos. Die Bochumer Veranstaltungs-GmbH hat hier ganze Arbeit geleistet. Auf die von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) durchgeführte chaotische Terminvergabe hatte die Stadt keinen Einfluss. Vor Ort läuft die Zusammenarbeit mit der KV anders als teilweise beim Drive-In-Testzentrum problemlos, alles geht Hand in Hand, auch die Stimmung ist gut. Auch hier leistet die Bundeswehr wertvolle Hilfe.

Unterstützung der Innenstadt – Auch die Marketing-Kampagne zur Unterstützung der Innenstadt zum Ende der ersten Corona-Welle war richtig und wirksam. Über die einzelnen Maßnahmen kann man dagegen streiten. Das kostenfreie Parken in Parkhäusern hat viel Geld gekostet, der Effekt war dafür viel zu gering. Für das Geld, voraussichtlich rund 1 Mio. Euro, hätte die Stadt mit anderen Maßnahmen mehr bewirken können.

Insgesamt aber war die Initiative von Bochum-Marketing richtig. Was immer noch fehlt, ist die angekündigte stadtweite Innenstadt-Rabattkarte. Dagegen läuft der Lieferservice “Bochum bringt’s” immer besser. Leider nimmt die Zahl der Innenstadt-Händler, die an auf der Online-Verkaufs-Plattform der City ihre Waren anbietet, trotzdem nur langsam zu (Wir sind Bochum).

Die Versäumnisse der Vergangenheit in Punkto fehlendem Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität, werden es der City allerdings schwer machen die Kunden wieder zu gewinnen, die sich während der Corona-Krise daran gewöhnt haben online einzukaufen. Wichtig ist jetzt eine Strategie zur nachhaltigen und dauerhaften Wiederbelebung der City (Strategie zur Belebung der Bochumer Innenstadt)

Ehrenamtsagentur – auch die Einrichtung der Ehrenamtsagentur hat sich in der Krise bewährt. Zusammen mit der Stadt wurde von der Agentur eine Hotline eingerichtet, die das ehrenamtliche Corona-Engagement und die Hilfsbereitschaft in der Stadt bündelt und koordiniert.

Über die Ehrenamtsagentur werden Nachbarschaftshilfen von Bochumer*innen für Bochumer*innen organisiert, ebenso wie Impfpatenschaften, um Menschen zu helfen Impftermine zu buchen und die Wahrnehmung der Termine zu organisieren. Dazu erstellte die Ehrenamtsagentur Informationsflyer in den verschiedensten Sprachen um alle Bochumer*innen über das Virus und die möglichen Hilfen zu informieren. In vorbildlicher Weise konnten mit Hilfe der Ehrenamtsagentur Menschen in der Stadt erreicht werden, die auf besondere Unterstützung angewiesen sind und sprachliche Barrieren überwunden werden.

Schulen und Bildung – Der einzige Bereich, in dem Stadt und Politik total versagt haben, ist Schule und Bildung. Schulen und Schüler*innen waren und sind auch in Bochum die größten Verlierer der Corona-Krise. Für die Schulen machte die Stadt, wie gewohnt, nur das allernötigste. Nur das, was das Land vorgab und mit Fördermitteln finanzierte, wurde auf den Weg gebracht, und das auch nur im Schneckentempo. Eigene städtische Initiativen oder ein Notfallprogramm der Stadt, wie von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen (Notfallplan für digitalen Schulunterricht) gab es nicht.

Traditionell stehen Schulen und Bildung bei SPD und Grünen in Bochum nicht auf der Prioritätenliste, was auch seit jeher an den unhaltbaren baulichen Zuständen vieler Schulen und deren unzureichender Ausstattung sichtbar ist. Kein leistungsfähiger Internet-Anschluss, kein schnelles WLAN, keine digitalen Endgeräte für die Schüler*innen, viele völlig unvorbereitete Lehrer*innen, Bochum war in den Schulen denkbar schlecht auf die Krise vorbereitet. Entsprechend war das Ergebnis zu Beginn des digitalen Unterrichts unakzeptabel und beschämend (Werden die Bochumer Schulen problemlos zum Distanzunterricht wechseln können?).

Während der ganzen Krise fehlte bei Stadt wie Politik die Bereitschaft sich über das hinaus, was das Land anbot, für die Schulen zu engagieren und dafür eigene städtische Mittel in die Hand zu nehmen. Selbst eigentlich selbstverständliche Maßnahmen wie sämtliche Bochumer Schüler*innen mit digitalen Geräten auszustatten, lehnte die SPD im Stadt Rat als “Phantasterei” ab.

In der Ratssitzung vom 27.05. erklärten beide Fraktionen allen Ernstes, man sei nach Startschwierigkeiten bei den Schulen jetzt auf gutem Weg. Solche Aussagen lassen erkennen, wie niedrig in Sachen Schulen und Bildung das Anspruchsniveau der rot-grünen Koalition immer noch ist. SPD und Grüne sind trotz der Krise nicht bereit bei der Schulentwicklung das Tempo zu erhöhen (Digitaloffensive: Tempo bei der Schul-Digitalisierung deutlich erhöhen). Schüler*innen haben in Bochum weiterhin keine Lobby.

Fazit– Sieht man vom Bereich Schule und Bildung ab, fällt die Gesamtbilanz, wie die Stadt bislang durch die Pandemie gekommen ist, allerdings durchweg positiv aus. Es wurde ganz viel richtig gemacht, es sind trotz der völlig neuen Herausforderungen nur wenige Fehler passiert. Mit der Leistung der Stadt können die Einwohner*innen insgesamt sehr zufrieden sein.

Aber es gibt in Zukunft noch viele Herausforderungen zu bewältigen. Einen Anlass, die Hände in den Schoss zu legen, gibt es nicht. Die riesige Aufgabe, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Krise zu bewältigen, steht Politik und Stadt noch bevor. Hoffen wir, dass aufgrund der Impfungen, die Normalisierung des Lebens weiter fortschreitet und weitere Infektionswellen ausbleiben.

23 Mai

Klimaneutralität bis 2045 – Ohne drastische und unbequeme Maßnahmen kaum zu schaffen

Verfassungsgericht und Bundesregierung haben eine unverrückbare Vorgabe gemacht: Klimaneutralität ist bis 2045 zu erreichen. Das gilt auch für Bochum. Damit ist der Plan von Rot-Grün gescheitert, die wesentlichen Klimaschutzmaßnahmen nachfolgenden Generationen aufzubürden. Doch wie will Bochum in nur 24 Jahren Klimaneutralität erreichen, wo bisher in Sachen Klimaschutz kaum Nennenswertes unternommen wurde?

Eigentlich war der Plan von SPD und Grünen in Sachen Klimaschutz die Füße still zu halten und zu hoffen, das Problem würde sich von allein erledigen. Entsprechend hatte die Stadt sich im Energie- und Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2015 das unambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 solle der CO2-Ausstoß der Stadt auf 80% (ggü. 1990) reduziert werden.

Rot-Grün wollte das Problem aussitzen statt zu handeln

Das Kalkül und die Hoffnung waren: Angesichts dessen, dass bis 2014 die CO2-Emissionen in der Stadt aufgrund der Abwanderung von energieintensiven Industriebetrieben wie Outokumpu und Opel ohnehin schon auf 50% gesunken war, würde sich eine Senkung um weitere 30%P voraussichtlich aufgrund der fortschreitenden Deindustrialisierung und des zu erwartenden technischen Fortschritts bis 2050, also in weiteren 36 Jahren, ohne größere städtische Maßnahmen schon von selbst ergeben. Die letzte und schwierigste Senkung von 80 auf 100% Senkung könnte man dann Kindern und Enkeln überlassen und wäre so das Problem für diese Generation los.

Verfassungsgericht und Regierung geben vor: Klimaneutralität bis 2045

Doch das Verfassungsgericht hat jetzt einen Strich durch dieses Ansinnen gemacht. Das Gericht urteilte, es gehe nicht an, dass die nach dem Pariser Klimaschutzabkommen notwendigen CO2-Reduktionen weitgehend in die Zukunft verlagert werden, um die Gegenwart mit politisch mutmaßlich unbequemen, drastischen Maßnahmen zu verschonen. Konkret erklärten die Richter, es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden, „unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde“ (1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20 vom 24. März 2021).

Klimaschutzpolitik in Bochum ist gescheitert. Viel Zeit vertan. Neuanfang bei Null.

Eine schallende Ohrfeige auch für die städtische Klimapolitik von SPD und Grünen, die sich bisher darauf beschränkt hatte, symbolisch und öffentlichkeitswirksam 2019 den Klimanotstand auszurufen, ohne irgendwelche Taten folgen zu lassen.

Zwar hatte man in Bochum bis 2015 viel Papier für Klimaschutzkonzepte vollgeschrieben und dort eine schier endlose Zahl an Maßnahmen werbewirksam angekündigt, doch umgesetzt wurden davon bisher nur die wenigsten (Klimaschutz, viel Papier, wenig Greifbares). Welche Maßnahmen wie mit welcher Wirkung umgesetzt wurden und werden, weiß die Stadt zudem selbst nicht, denn eine geordnete Abarbeitung der Maßnahmen gab es nie. Ein Controlling, mit dem gesteuert und kontrolliert wird, welche Maßnahme sich in welchem Umsetzungsstadium befindet, wurde mangels Interesses an solchen Informationen nie eingerichtet. Klimaschutzpolitik wurde in Bochum immer nur für die Galerie betrieben, ernsthaft etwas für den Klimaschutz zu tun, war nie das Ziel.

Auf diese Weise wurde viel Zeit vertan. Spätestens seit den 90er Jahren war das Klimaerwärmungsproblem und der dringende Handlungsbedarf bekannt. Erst 2009 reagierte die Stadt mit einem wenig ambitionierten Klimaschutzkonzept, dass dann 2015 fortgeschrieben wurde. Das 2-Grad-Ziel wurde bereits Ende der 90er-Jahre formuliert. Ab 2000 hätte eine konsequente städtische Klimapolitik mit dem Ziel Klimaneutralität bis spätestens Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, verfolgt werden müssen. Bis heute, 2021 passierte nichts Nennenswertes (Bochum muss deutlich mehr tun fürs KlimaWas muss Bochum tun, damit die Stadt bis 2040 klimaneutral ist). Über zwei Jahrzehnte wurden vergeudet. Jetzt verbleiben nur noch 24 Jahre um das Ziel zu erreichen, für dessen Erreichung man eigentlich mindestens 45 Jahre Zeit gehabt hätte.

Andere Städte zeigen, dass es auch anders gegangen wäre, hätte die Stadt frühzeitig und ernsthaft das Ziel verfolgt, alles dafür zu tun, kein CO2 mehr zu emittieren. So wird Kopenhagen bereits 2025 klimaneutral sein (Klimaneutral bis 2025 – was die Welt von Kopenhagen lernen kann).

Die unnötige Zeitvergeudung in Bochum hat zur Folge, dass es in der noch verbleibenden stark verkürzten Zeit zu unbequemen, drastischen Maßnahmen kommen muss, um das Ziel zu erreichen. Die Maßnahmen, die SPD und Grüne den nachfolgenden Generationen aufbürden wollten, müssen jetzt noch in unserer Generation umgesetzt werden. Die fehlende Bereitschaft von Rot-Grün rechtzeitig zu handeln hat die Stadt in eine Notlage gebracht. Jetzt muss überstürzt mit riesigem Finanzaufwand in kaum mehr als zwei Jahrzehnten umgesetzt werden, was eigentlich mindestens das doppelte an Zeit benötigen würde. Ein Kraftakt ohne gleichen ist erforderlich, um das vorgegebene Ziel, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.

Was muss jetzt in Bochum in Sachen Klimaschutz dringend geschehen?

In Bochum entfallen 39% des CO2-Ausstoßes auf den Verkehr. 31% auf die Wirtschaft, 28% auf die Haushalte, 2% auf städtische Gebäude. Auf den Anteil, den die Wirtschaft erzeugt, hat die Stadt so gut wie keinen Einfluss, dieser sinkt aber kontinuierlich aufgrund der fortschreitenden Deindustrialisierung und steigendem technologischem Fortschritt.

CO2-Emissionen nach Sektoren, Stadt Bochum

Bei den Haushalten ist der Einfluss der Stadt größer, aber auch begrenzt. Bei der Stromerzeugung kann die Stadt darauf hinwirken, dass die Stadtwerke nur noch klimaneutral erzeugten Strom verkaufen. Bei der Wärmeerzeugung für das Heizen wird es schon schwieriger. Eine Umstellung aller Heizungsanlagen, die heute noch mittels Verbrennung fossiler Brennstoffe funktionieren, insbesondere auf Erdwärmepumpen, Solarthermie und regenerativ erzeugte Fernwärme, kann die Stadt nicht erzwingen. Sie kann die Umstellung nur fördern und beste Voraussetzungen schaffen, dass möglichst viele private Eigentümer*innen sich dafür entscheiden eine solche Umstellung vornehmen.

Im Bereich der Abfallwirtschaft wiederum hat die Stadt die Fäden selbst in der Hand. Es ist nur eine Frage der Zeit bis der bisher von SPD und Grünen abgelehnte von STADTGESTALTERn und FDP vorgeschlagene Plan, Bochum zur “Zero-Waste-City“ zu machen, vom Stadtrat beschlossen wird (Bochum soll “Zero-Waste-City” werden).

Auch bei den städtischen Gebäuden kann die Stadt alle erforderlichen Maßnahmen selbst beschließen, damit auf auf diesem Gebiet bis 2045 Klimaneutralität erreicht wird. Das wird allerdings teuer. Städtische Neubauten können noch recht einfach gleich klimaneutral gebaut werden. Die städtischen Altbauten alle umzurüsten um den Ausstoß von CO2 zu minimieren, wird allerdings ein gigantisches Sanierungsprogramm erfordern. Hier rächt sich, dass man nicht schon seit Jahren möglichst klimaneutral baut. Denn jetzt müssen selbst städtische Gebäude mit hohem Finanzaufwand saniert und umgerüstet werden, die vor nicht mal 10 Jahren gebaut wurden.

Der größte Knackpunkt bei den CO2-Einsparungen stellt der Verkehr dar. Bis 2045 muss der Anteil am Modalsplit bei Radverkehr und ÖPNV erheblich gesteigert werden. Anzustreben wäre, den Anteil beim Rad von 7 auf 25% zu steigern und den des ÖPNV von knapp über 15% auf 30% zu verdoppeln. Damit würde sich der Anteil des Autoverkehrs auf 24% reduzieren. Diesen Anteil ab 2045 mit E-Fahrzeugen zurück zu legen, für die der Strom CO2-neutral erzeugt wird, erscheint realistisch.

Auch sollte es möglich sein in 5-10 Jahren ein komfortables Radwegenetz aus dem Boden zu stampfen, mit dem der Radverkehrsanteil auf 25% gesteigert werden kann. Der Finanzaufwand ist überschaubar. Mit 100 Mio. Euro in 10 Jahren, sollte sich dieses Ziel erreichen lassen.

Beim ÖPNV sieht es anders aus. Planung und Bau von schnellen und leistungsfähigen neuen ÖPNV-Linien ist erheblich teurer und dauert 7-15 Jahre. Damit der Anteil des ÖPNV am Modalsplit bis 2045 verdoppelt werden kann, müssen schon heute die Planungen für ein stark erweitertes ÖPNV-Netz auf den Weg gebracht werden. In diesem Bereich herrscht in Bochum allerdings seit Jahrzehnten Stillstand. Die Bogestra ist bisher an einer Ausweitung des Netzes desinteressiert. Das ÖPNV-Netz der Bogestra basiert bis heute im Kern auf Buslinien, also einem Verkehrsmittel, dass bei den Nutzern, wegen seiner Unzuverlässigkeit, mangelndem Fahrtkomfort und seiner Langsamkeit unbeliebt ist und mit dem man keine neuen Fahrgäste für den ÖPNV gewinnen kann. Die Schaffung eines leistungsfähigen Schnellverkehrsnetzes auf Basis von Straßen-, Stadt- und Seilbahnen wie es in Großstädten sonst üblich ist, ist aufgrund der baulich engen Gegebenheiten in der Stadt jedoch langwierig und mit besonderen Herausforderungen verbunden.

Die Stadt muss den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt quasi neu erfinden und das wird 3-stellige Millionenbeträge kosten. Da in den letzten Jahrzehnten versäumt wurde erste neue Linien zu planen und zu bauen und die dafür verfügbaren Fördermittel (in der Regel 90% der Baukosten) beim Land abzugreifen, müssen jetzt aufgrund des Zeitdrucks viele Neubauprojekt parallel in Angriff genommen werden. Es ist nicht anzunehmen, dass die Stadt für alle Projekte Fördergelder erhält. Weil der Ausbau des ÖPNV-Netzes Jahrzehnte zu spät beginnt, wird die Stadt erhebliche Beträge selbst aufbringen müssen.

PARTEI und STADTGESTALTER wollen in der nächsten Ratssitzung Weichen für Klimaneutralität bis spätestens 2040 stellen

2021 steht die Stadt also an einem Wendepunkt, die Rot-Grüne Politik, die wesentlichen Klimaschutzmaßnahmen auf die nachfolgenden Generationen zu verschieben ist gescheitert. Die Stadt steht wieder am Anfang. Da der Stadt nur 24 Jahre Zeit verbleiben, um die Stadt klimaneutral zu gestalten, muss sofort gehandelt, weitere Monate und Jahre mit Däumchen drehen vergehen zu lassen wie nach Ausrufung des Klimanotstandes, kann sich die Stadt nicht mehr leisten.

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” hat für die Ratssitzung im Mai einen Antrag auf den Weg gebracht, mit dem die Stadt verbindlich verpflichtet wird alle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zur Erreichung des Ziels einer klimaneutralen Stadt bis spätestens 2040 erforderlich sind (Antrag 20211586). Zusätzlich wird die Fraktion einen Haushaltsantrag einbringen, mit ab 2022 die insbesondere zur Umsetzung der Verkehrswende erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Das sollen zunächst 20 Mio. Euro pro Jahr sein. In der Ratssitzung am 27.05 werden die Bürger*innen sehen, ob die Bochumer Stadtpolitik in Sachen Klimaschutz endlich bereit ist zu handeln.

09 Mai

Mietkauf 2.0 – Wohneigentum für Menschen mit kleinen Einkommen

In Bochum können sich viele Menschen mangels ausreichendem Einkommen bisher nicht den Kauf einer eigenen Wohnung leisten. Die Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn macht jetzt mit ihrem Mietkauf-Modell einen Vorschlag wie sich das ändern ließe.

Die Miete einer Wohnung bedeutet, dass die Mieter*innen einen wesentlichen Teil ihres Einkommens an den Vermieter abführen ohne je selbst Eigentum an der Wohnung zu erwerben oder das Geld für andere Dinge ausgeben zu können.

In 50 Jahren 360.000 Euro Miete

Ein Haushalt, der über 50 Jahre im Schnitt 600 Euro Miete zahlt, überweist an den Vermieter in 5 Jahrzehnten insgesamt 360.000 Euro. Diese Summe entspricht in der Regel dem 1,5- bis zweifachen Wert der Wohnung. Mieter werden zwar nie Eigentümer ihrer Wohnung, zahlen aber den Vermietern ein bis zwei Wohnungen ab. Aus ökonomischer Sicht ist Mieten also keine gute Idee. Das gleiche gilt aus gesellschaftlicher Sicht, denn im Ergebnis werden die Vermieter immer reicher und vermögender, während die Mieter kein Vermögen aufbauen und auch keines an Kinder und Enkel vererben können.

Während in den meisten Ländern Europas 70-98% der Menschen mietfrei in der eigenen Wohnung leben (Wohneigentumsquoten in Europa), sind es im Ruhrgebiet kam mehr als ein Drittel. Das hat drei Probleme zur Folge: Zum einen sind die Mieter*innen steigenden Mieten schutzlos ausgeliefert. Zweitens müssen Mieter*innen auch im Alter Miete zahlen, Das verfügbare Einkommen im Rentenalter wird durch die Miete stark geschmälert. Drittens muss in wirtschaftlichen schlechten Zeiten ein wesentlicher Teil des sich verringernden Einkommens für die Miete aufgewendet werden. Während Menschen mit Wohneigentum, insbesondere wenn das bereits abgezahlt wurde, auch mit kleinen Einkommen noch über die Runden kommen, wird das verfügbare Einkommen nach Abzug der Miete bei Menschen, die in Mietwohnungen leben, schnell knapp, Verarmung ist die Folge.

Auch Haushalten mit kleinen Einkommen Wohneigentum ermöglichen

Ziel der Stadt sollte es also sein, möglichst vielen Menschen den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum zu ermöglichen. Doch vielen ist bereits aus wirtschaftlichen Gründen trotz historisch niedriger Zinsen der Kauf von selbst genutztem Eigentum bisher nicht möglich. Häufig fehlt Eigenkapital und ein ausreichend hohes Einkommen, um eine Finanzierung für den Kauf von Wohneigentum zu bekommen. Diese Hürde wollen die PARTEI und STADTGESTALTER jetzt beseitigen, indem sie vorschlagen, dass die VBW als drittes Geschäftsfeld Haushalten mit geringem Einkommen Wohnungen zum Mietkauf anbietet (Mietkauf Antrag 20211462 zur Ratssitzung vom 27.05.21).

Konkret sieht der Antrag der Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn vor, dass die städtische Wohnungsgesellschaft VBW Mietkauf-Wohnungen anbietet, deren Bewohner*innen mit ihrer Miete gleichzeitig den Kaufpreis der Wohnungen abzahlen können. Dabei sollen die Mietzahlungen auf den Kaufpreis voll angerechnet werden, nur die Verwaltungs- und die nicht auf den Mieter umlegbaren Nebenkosten sollen davon ausgenommen sein. Alle 10 Jahre soll den Mieter*innen die Möglichkeit eingeräumt werden, die selbst genutzte Wohnung zum im Mietkaufvertrag festgelegten Preis unter Abzug der monatlich eingezahlten Beiträge und der über Sonderzahlungen aufgelaufenen Summe zu kaufen. Zusätzlich soll die städtische Sparkasse den Mieter*innen eine Finanzierung anbieten.

Erwerb von Wohneigentum ohne Schulden und Zinszahlungen

Mit diesem Modell sparen die Mieter*innen bei Erwerb des Wohneigentums jede Zinszahlung, sie müssen keine Schulden aufnehmen und gehen damit kein Risiko ein, im Falle eines Einkommensverlustes, z.B. in Folge von Arbeitslosigkeit ihre Wohnung verkaufen zu müssen und danach auf einem Schuldenberg sitzen zu bleiben. Auch macht die VBW bei dem Mietkauf-Modell keinen Gewinn, den die Mietkäufer*innen sonst zusätzlich finanzieren müssten. Das ist bei Mietkäufen über private Wohnungsbauunternehmen anders, weshalb Verbraucherzentralen teilweise vor solchen Mietkäufen aufgrund überzogenen Abzahlungskosten abraten,

Mietkauf als dritter Geschäftsbereich der VBW

Mietkauf würde nach den Vorstellungen von PARTEI und STADTGESTALTERn neben der Vermietung und dem Bau und direkten Verkauf von Wohnungen zum dritten Standbein der VBW. Das städtische Wohnungsbauunternehmen sollte für den Mietkauf gezielt Immobilien in der Stadt ankaufen, diese sanieren und modernisieren und dann zum Mietkauf anbieten. Im Idealfall schafft die VBW im Rahmen derartiger Projekte noch zusätzlichen Wohnraum, z.B. durch den Ausbau von Dachgeschossen.

Mit dem Mietkauf Stadtviertel aufwerten

Mit dem Mietkauf kann zudem gezielt die Sozialstruktur in Quartieren gestärkt werden, die von sozialer Schieflage bedroht sind. Von der VBW sollten daher sanierungs- und modernisierungsbedürftige Immobilien bevorzugt in Stadtteilen mit Entwicklungsdefiziten aufgekauft werden, die dann auf Vordermann gebracht und zum Mietkauf angeboten werden. Auf diese Weise werden die nach dem Mietkauf-Modell sanierten und modernisierten Gebäude zu sichtbaren Zeichen für eine positive Entwicklung der Quartiere. Sie zeigen, dass wieder in Zukunft investiert wird. 

In Wohnquartieren, die bisher durch Menschen geprägt werden, die dort nur kurzfristig eine Bleibe finden, um dann, wenn sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert haben, wieder weg ziehen, lassen sich über den Mietkauf Menschen ansiedeln, die aufgrund des Wohneigentums Wurzeln schlagen und sich wegen der festen Bindung zu ihrer Wohnung für eine positive Entwicklung des Stadtviertels ganz anders interessieren und engagieren, als diejenigen, die kommen, aber eigentlich möglichst schnell woanders hin ziehen wollen.

Mietkauf hilft Armut verhindern und beeinflusst die Stadtteilentwicklung positiv

Der Mietkauf erweist sich somit nicht nur als ein wirksames Instrument das Armut entgegenwirkt (Huurkoop tegen Armoede), sondern auch als wirksames Mittel um Stadtquartiere aufzuwerten und für alle sozialen Schichten attraktiv zu halten.

So wird in den Niederlanden der Huurkoop schon seit 2017 gezielt als Instrument zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum und zur positiven Entwicklung von Stadtquartieren genutzt. Zu diesem Zweck wurden in das Bürgerliche Gesetzbuch des Landes für den Mietkauf von Immobilien, einschließlich Wohnimmobilien, sogar eigene Regeln eingefügt (Mietkauf Niederlande).