08 Okt

Ridesharing statt Bummelbusse – ÖPNV auf neuem Niveau

Die Fahrgastzahlen der BOGESTRA gehen zurück, das Angebot ist unattraktiv. Eine Idee zur Verbesserung ist Ridesharing: Der Kunde wird zu Hause zur gewünschten Zeit abgeholt und zur nächsten Haltestelle des Schnellverkehrsnetzes gefahren. Die Bummelbusse durch die Stadtteile entfallen.

Die Verkehrsbetriebe des Ruhrgebiets befinden sich in einer dramatischen Lage, die Kundenzahlen sinken, die Verluste explodieren (Fahrgastschwund – Alarmierende Entwicklung bei der BOGESTRA). Nach Corona liegen die Fahrgastzahlen im ÖPNV in Deutschland mittlerweile wieder bei knapp 90% der Fahrgastzahlen von 2019. Die BOGESTRA konnte 2022 dagegen nur 76% des Vor-Corona-Niveaus erreichen.

Unattraktives Angebot: Fahrgäste schwinden, Verluste steigen

Betrug der Verlust der BOGESTRA im Jahr 2019 noch knapp 60 Mio. Euro stieg er bis 2022 auf fast 90 Mio. (WAZ vom 05.06.23). Die Oberbürgermeister der Ruhrgebietsstädte befürchten ein weiteres Ansteigen, so dass der ÖPNV für die Städte unfinanzierbar wird. Zusammen mit dem Essener Oberbürgermeister Kufen warnte der Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch: „Wir müssen alles dafür tun, dass aus der Mobilitätswende kein Mobilitätsende wird“ (WAZ vom 11.09.23).

Das Nahverkehrsnetz im Ruhrgebiet kann nicht im Ansatz als metropolengerecht bezeichnet werden. Nur in wenigen Ballungsräumen der Welt trifft man auf schlechtere Nahverkehrsnetze. Dass der Nahverkehr in Los Angeles und Beirut noch ungenügender organisiert ist als im Ruhrgebiet, ist wenig schmeichelhaft. Dass der ÖPNV so schlecht ist, sagt leider ebenfalls viel aus über die Kompetenz, das Engagement der Politik und der Verantwortlichen in den Stadtverwaltungen sowie den Verkehrsbetrieben des Ruhrgebiets im ÖPNV.

Das Netz 2020 ist ein großer Flop

Das Netz 2020,, von SPD und Grünen als bedeutender Schritt nach vorne im Bochumer Nahverkehr angepriesen, erweist sich als großer Flop. Die Kundenzahlen steigen nicht, sie sinken. Zwar wurde das Netz auf den Hauptverkehrslinien durch die dort erreichte Taktverdichtung attraktiver, in der Fläche aber noch unattraktiver. Ein großer Teil des Stadtgebietes ist nicht durch Hauptverkehrslinien abgedeckt (siehe Grafik). Mit Bummelbussen, die teilweise nur jede Stunde fahren, zu den Haltestellen des Schnellverkehrsnetzes zu gelangen, ist durch die Ausdünnung dieser Busse noch schwieriger geworden und lohnt sich für viele Fahrgäste nicht mehr. Sie sind während Corona auf andere Verkehrsmittel umgestiegen und kommen nicht mehr zurück.

Ein typischer Bummelbus fährt auf der Linie 357, die in Linden und Dahlhausen jede Gießkanne abfährt und Fahrgäste zur Straßenbahn bzw. S-Bahn in Dahlhausen bringt. Der Bus fährt werktags (Mo. – Sa.) nur aller 30 Minuten (5:20 bis 21;30 Uhr), danach nur eine Teilstrecke als Anrufsammeltaxi. Am Sonntag fährt er bei eingeschränkten Betriebszeiten nur jede Stunde. Das führt besonders bei Rückfahrten beim Umstieg auf den Bus zu langen Umstiegs- und Wartezeiten an den Straßen- und S-Bahn-Haltestellen. Bis man überhaupt die Umstiegshaltestellen erreicht, muss erst zu einer Bushaltestelle gelaufen werden und dann eine oft langwierige und umständliche Fahrt durch halb Linden und Dahlhausen in Kauf genommen werden. Alle Faktoren zusammen machen den Bus umständlich und unattraktiv. In der Folge benutzen ihn nur wenige Fahrgäste.

Das Konzept des Netz 2020, die Abdeckung weiter Teile des Stadtgebiets mit Bummelbussen in Verbindung mit einem gut getakteten Schnellverkehrsnetz anzubieten, ist somit gescheitert.

Netzabdeckung Schnellverkehrsnetz BOGESTRA

Schnellverkehrsnetz ist zu langsam und hat zu viele Lücken

Ein weiteres Problem stellt die mangelnde Dichte und Schnelligkeit der Straßenbahnlinien im Nahverkehrsnetz dar. Für eine entsprechende Erweiterung des Netztes hatten die STADTGESTALTER 2021 einen Vorschlag gemacht (Zehn neue Linien für das Bochumer Nahverkehrsnetz). Jedoch verweigert die Rot-Grüne-Mehrheit im Stadtrat jede substanzielle Erweiterung des Schnellverkehrsnetzes. Selbst die Prüfung der Machbarkeit von Linien wird durchgehend abgelehnt. Zuletzt am 28.09.23 der Vorschlag der STADTGESTALTER die Machbarkeit einer Regiotram-Linie von Bochum nach Essen über Westpark, Günnigfeld, Südfeldmark, Leithe und Kray zu prüfen (Antrag 20232480). Rückgrat eines attraktiven ÖPNV-Netzes ist und bleibt jedoch ein flächendeckendes, schnelles, dicht getaktetes Straßen, Stadt- und S-Bahn-Netz. So lange aber Rot-Grün ihre Blockade-Haltung hinsichtlich eines substanziellen Netzausbaus aufrechterhält, wird sich an dem lückenhaften Netz nichts ändern.

Lösung Ridesharing

Bleibt also nur die Möglichkeit den Zubringerverkehr zu den Schnellverkehrslinien deutlich zu verbessern. Auch dazu haben die STADTGESTALTER bereits 2018 einen Vorschlag gemacht (Drei Vorschläge für Werne). Der Vorschlag der STADTGESTALTER sieht vor, für den Stadtteil Werne und einem kleinen Teil von Langendreer den Nahverkehr mit Shuttle-Bussen mittels Ridesharing zu organisieren.

Shuttle-Bus – Ridesharing (Foto: Kenneth Palmestål)

Das Prinzip des sogenannten Ridesharing oder Ridepooling funktioniert wie folgt: Via App oder Telefon kann ein Shuttle-Bus nach Bedarf (on demand) vor die Haustür bestellt werden können. Im gewünschten Zeitfenster bringen die Busse die Fahrgäste dann zu einer Hub-Haltestellen (In Werne: Werne zentral, Ruhr Park, Langendreer West, Langendreer S und Lütgendortmund), von denen ein direkter Anschluss zu den Hauptlinien des Nahverkehrsnetz sichergestellt ist.

Shuttle-Zone – Ridesharing Werne

Dadurch werden die Nahverkehrswege und die Umsteigezeiten deutlich kürzer und komfortabler. Der Fußweg zur Haltestelle entfällt. Der Shuttle-Bus holt die Fahrgäste direkt vor ihrem Startort ab. Das intelligente Verkehrsleitsystem gewährleistet, dass die Fahrgäste so an der Hub-Haltestelle ankommen, dass sie ohne große Wartezeit auf die gewünschte Hauptverkehrslinie des ÖPNV umsteigen können. Auf diese Weise werden die Fahrten mit dem Nahverkehr deutlich bequemer, schneller und damit attraktiver.

Für Linden und Dahlhausen kämen als Hubhaltestellen die S-Bahnhöfe in Dahlhausen, Höntrop wie Hattingen in Betracht, sowie die Haltestellen der Straßenbahnlinien 308 und 318. Busse, die den Stadtteil aktuell erschließen, würden überflüssig.

Ridesharing in Hannover und Hamburg

Erfolgreiche Ridesharing-Systeme werden in Hamburg und Hannover betrieben. Dort befördert das Unternehmen Moia pro Fahrzeug maximal sechs Fahrgäste in luxuriösen E-Shuttle-Bussen vom gewünschten Start- zum Zielort. Moia betreibt ebenfalls ein App-gesteuertes Ridepooling. Fahrgäste teilen sich ein Fahrzeug, deren Start- und Zielposition in ähnlicher Richtung liegen. “Zunächst sendet der Kunde über eine App eine Fahrtanfrage. Ein Algorithmus ordnet sie einer neuen oder einer bereits bestehenden Fahrt zu. Der Fahrer wird über eine App informiert und zum Kunden navigiert, um ihn an einem festgelegten Haltepunkt abzuholen. Fahrgäste, die sich bereits im Fahrzeug befinden, werden über ein Display informiert, dass ein weiterer Fahrgast zusteigt. Die Wagen steuern virtuelle Haltepunkte auf einer dynamischen Route an. Nur an diesen Haltepunkten können die Fahrgäste ein- und aussteigen” (Moia – Betrieb).

Moia wird im Gegensatz zu dem von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen System eigenwirtschaftlich neben dem ÖPNV betrieben und ist nur begrenzt in das Tarifsystem des ÖPNV eingebunden (Sammeltaxi-Anbieter Moia baut Angebot in Hamburg aus). Auch dient das Moia-System nicht dem Ersatz der Stadtteilbusse. Das von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Ridesharing soll von oder im Auftrag der BOGESTRA betrieben und mit dem ÖPNV-Fahrpreis entgolten werden. Auch sollten in den Fahrzeugen mehr als sechs Fahrgäste befördert werden können, angestrebt werden sollte eine mindestens doppelt so hohe Fahrgastzahl.

Für die Nacht bieten die Verkehrsbetriebe in Duisburg ebenfalls bereits ein Ridesharing-System (myBus) mit eigenem Tarifsystem an, das zu Nachtzeiten den ÖPNV ersetzen soll.

Kosten und Finanzierung des Ridesharings

Durch das Ridesharing entfallen die Kosten für die Beschaffung, den Betrieb und die Instandhaltung der teuren Bummelbusse. Ein Bus, der elektrisch betrieben wird und im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden soll, kann rund 600.000 Euro kosten (E-Bus: Die Zukunft im öffentlichen Nahverkehr?). Während Anschaffung, Betrieb und Instandhaltung der Shuttle-Busse also deutlich günstiger ausfallen, müssen zur Netzabdeckung mehr Shuttle-Busse und Fahrer bzw. Fahrerinnen eingesetzt werden als bisher mit den herkömmlichen Bussen, was auf der anderen Seite, die Kosten deutlich erhöht. Dafür wird die Auslastung der Shuttle besser sein als die der Busse, die in Nebenverkehrszeiten auf Teilstrecken nicht selten fast leer verkehren. Der Einsatz der Shuttle-Busse lässt sich zudem erheblich besser an den Bedarf anpassen. Darüber hinaus entfallen die Kosten für den Bau und die Erhaltung von Haltestellen an den bisherigen Buslinien. Diese können aufgegeben werden. Durch das deutlich bessere Angebot aufgrund Ridesharings ist zudem zu erwarten, dass die Zahl der ÖPNV-Kunden deutlich steigt, was zu Mehreinnahmen bei der BOGESTRA führt und die externen Kosten des städtischen Verkehrs deutlich sinken lässt.

Unter Einbeziehung der gesellschaftlichen Kosten, die die Stadt beim vermehrten Umstieg vom Auto auf den ÖPNV spart, sollte sich das angedachte System volkswirtschaftlich rechnen. Betriebswirtschaftlich ist jedoch ein höherer städtischer Zuschussbedarf bei der BOGESTRA einzukalkulieren. Für diesen muss eine Gegenfinanzierung geschaffen werden. Eine Möglichkeit wäre, den Finanzbedarf mittels einer entsprechenden Verminderung der Subventionen des Autoverkehrs zu decken. So könnte die Stadt z.B. eine kommunale Straßensteuer für in Bochum zugelassene Fahrzeuge erheben und die in anderen Orten zugelassenen Fahrzeugen über einen Zuschlag bei den Parkgebühren zur Kasse bitten.

Im Sinne der von der Stadt verfolgten Mobilitätswende ergäbe sich eine Win-win-Situation. Durch das Ridesharing gewinnt der Nahverkehr gegenüber dem Auto an Attraktivität, während die Straßensteuer das Autofahren angemessen teurer macht. Insgesamt entsteht also ein doppelter Anreiz vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen.

05 Sep

Aus Nostalgie die alten Bäder erhalten oder neue bauen um mehr Besucher zu gewinnen?

Das Bochumer Bäderkonzept liegt vor. Jetzt muss der Stadtrat entscheiden, will er der alten Zeiten willen, die bestehenden Schwimmbäder aufgrund des Erinnerungswertes erhalten oder wollen die Mitglieder des Stadtrates mit zentralen neuen Bädern mehr Besucher*innen für die Bäder gewinnen.

Viel zu lange hat es gedauert bis jetzt die Wasserwelten endlich das Bäderkonzept vorgelegt haben. Die Erstellung des vorliegenden Konzepts hätten eigentlich maximal sechs Monate ausreichen müssen, die Stadt hat zusammen mit den Wasserwelten unakzeptable vier Jahre benötigt.

Das Bäderkonzept kommt eigentlich zu spät

Da bisher ein Schwimmbadkonzept fehlte, hat die Stadt in den letzten Jahren Fakten geschaffen, die sich jetzt für das Konzept als unangemessen einschränkend erweisen. Ohne zu hinterfragen, ob die Bäder in einem Gesamtkonzept sich sinnvoll als erweisen würden, wurde das Werner Freibad bereits saniert und für ein neues Bad in Höntrop konkrete Bauvoranfragen gestellt.

Zudem hat die Politik Beschlüsse getroffen, von denen sie heute nicht mehr weiß, wie sie diese in Einklang mit dem Konzept bringen soll. Eigentlich sollten Realisierungen auf Grundlage eines zu erstellenden Konzeptes erfolgen, das die gesamte Bäderlandschaft in Bochum betrachtet. Anders in Bochum, da fängt die Stadt an Realitäten zu schaffen und erstellt erst danach ein Konzept.

Das Ziel des Bäderkonzeptes hätte eigentlich sein sollen zu ermitteln, wie viele Bäder die Stadt braucht, und wo diese am besten im Stadtgebiet stehen sollten, damit sie für alle Einwohner*innen und die Schulen, unabhängig welches Verkehrsmittel genutzt wird, gut erreichbar sind. Gegenstand des Bäderkonzeptes hätte eine Bäderlandschaft sein sollen, die eine möglichst optimal Versorgung der Einwohner*innen, Schulen und Vereine mit Schwimmbädern sicherstellt.

Doch die Politik hatte bereits, bevor das Bäderkonzept erstellt wurde, zwei Beschlüsse getroffen, die die Erreichung dieses Ziels heute quasi unmöglich macht. Erstens wurde beschlossen, dass Hallenfreibad in Höntrop wieder aufzubauen, zum zweiten beschloss der Stadtrat, dass angestrebt wird, alle 2017 bestehenden Badstandorte zu erhalten.

Zur Bäderfrage gibt es zwei sich gegenüberstehende Positionen

In der Bäderfrage gibt es quer durch alle Parteien wie auch bei den Bürger*innen zwei gegenläufige Positionen: Die eine Gruppe will die bestehenden Bäder aus Gründen der Nostalgie erhalten. Die Orte, an denen man schwimmen gelernt hat oder als Jugendliche*r seine Zeit verbracht hat, sollen insbesondere wegen des Erinnungswertes für die älteren Generationen erhalten bleiben. Die andere Gruppe will möglichst attraktive, zeitgemäße Bäder errichten, die deutlich mehr Besucher*innen als bisher anlocken und daher für alle in der Stadt möglichst gut erreichbar sein sollen. Diese Gruppe ist bereit alte Standorte aufzugeben, wenn eine Vielzahl Einwohner*innen zu Bädern an anderen Orten besser hinkommen würde und diese damit mehr Besucher*innen versprechen.

Beide Positionen sind unvereinbar. Mit dem Erhalt der bestehenden Bäder lässt sich die Besucherzahl nicht nennenswert steigern. Verfolgt man das Ziel mehr Besucher in die Bäder zu locken, braucht die Stadt modernere, attraktivere Bäder an besser erreichbaren Standorten.

Mit der Besucher*innenzahl eng verknüpft ist die Frage, welchen Zuschussbetrag die Bäder die Stadt zukünftig jedes Jahr kosten sollen. Kommen wie bisher immer weniger Besucher*innen, werden die jährlichen Kosten für den Betrieb und die Unterhaltung der Bäder von 4-5 Mio. in den Jahren bis 2014, dann 9 Mio. im Jahr 2019, 2030 gemäß Berechnungen des Bäderkonzepts auf 13-14,4 Mio. steigen. Gelingt es durch attraktive Bäder wieder viele Menschen zum Schwimmen zu bewegen könnte die Stadt mit Kosten von unter 10 Mio. pro Jahr auskommen.

Die Defizite der aktuellen Bäderlandschaft

Die aktuelle Bäderlandschaft weist insbesondere folgende Probleme auf:

1. Die bestehenden Hallenfreibäder liegen wenig zentral im Stadtgebiet und sind mit Bus und Bahn mit Ausnahme von Linden mehr schlecht als recht zu erreichen. In der Mitte der Stadt und im Nordosten gibt es gar keine Bäder mehr.

2. Der Charme, der in den 60ern bis 70ern errichteten Bäder mag bei den Älteren nostalgische Gefühle wecken, für die Jüngeren sind die Schwimmbäder ohne jeden Erlebnischarakter wenig attraktiv. Die Ansprüche, was Schwimmbäder bieten sollten, sind heute andere und können von den bestehenden Bädern nicht mehr erfüllt werden.

3. Die Instand- und Werterhaltung ohne den bestehenden Standard wesentlich zu erhöhen kostet pro Bad gemäß Badkonzept 5 -10 Mio Euro. Dass sich durch eine solche Sanierung die Besucher*innenzahl wesentlich erhöht, ist jedoch nicht zu erwarten.

2018 besuchten alle vier Hallenfreibäder zusammen weniger Menschen als das Atlantis Erlebnisbad in Dorsten. Das Bad im 80.000 Einwohner*innen zählenden Dorsten kostet die Stadt allerdings deutlich weniger als 1 Mio. Euro im Jahr, von den vier Hallenfreibädern in Bochum erzeugt jedes einzelne aufgrund der fehlenden Besucher*innen ein jährliches Defizit von 1,1 bis 1,5 Mio..

Kostet die Eintrittskarte für das Atlantis pro Person für zwei Stunden 10 Euro und tut die Stadt Dorsten nochmal rd. 2 Euro dazu, kosten die Bäder in Bochum 15-20 Euro pro Besuch, wobei die Besucher*innen davon nur 3,50 Euro zahlen und die Stadt 12,5 bis 17.50 Euro dazu gibt. Der Besuch der maroden, unattraktiven Bäder in Bochum ist also in der Gesamtrechnung bedeutend teurer als der Besuch eines Spaß- und Erlebnisbades.

Das jetzt vorliegende Bäderkonzept enthält 14 Szenarien, wie die Bochumer Bäderlandschaft zukünftig aussehen könnte, solche bei denen alle Bäder erhalten werden und andere, bei denen Badstandorte ganz oder zum Teil geschlossen und teilweise durch neue ersetzt werden. Die Tendenz, die das Bäderkonzept aufzeigt, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Um so mehr sich die Stadt auf weniger, dafür zentral gelegene, gut erreichbare und attraktive neue Bäder konzentriert, umso mehr Besucher*innen können für die Bäder gewonnen werden und umso geringer fallen die jährlichen Kosten für Betrieb und Unterhaltung der Bäder aus.

Grundsatzentscheidung für mehr Besucher*innen

Auf Grundlage des vorliegenden Bäderkonzeptes muss der Stadtrat zunächst eine Grundsatzentscheidung treffen: Was ist wichtiger mehr Schwimmbadbesucher*innen oder der Erhalt der bestehenden Badstruktur und Bäder der Nostalgie wegen? Doch was haben die jungen Menschen in der Stadt davon, dass die Älteren sich daran erfreuen, dass es die Bäder noch gibt, in denen sie sich früher vergnügt haben, wo sie aber selbst in den letzten Jahrzehnten kaum schwimmen waren?

Betrachtet man die möglichen Bäderszenarien anhand ihrer Zukunftsfähigkeit, kann die Entscheidung eigentlich nur lauten, dass der Erhalt bestehender Standorte für das Aussehen der zukünftigen Bäderlandschaft keine Rolle spielen darf. Für die Zukunft ist allein wichtig, dass möglichst viele Menschen in den Bädern das Schwimmen erlernen und sich freuen in den neuen bzw. modernisierten Bädern ihre Zeit zu verbringen. Am Ende sollte die Besucher*innenzahl das entscheidende Kriterium dafür sein, welche Lösung ausgewählt werden sollte.

Im Hinblick auf die Zukunft sind ferner folgende fünf Aspekte zu beachten:

Auswirkungen der Verkehrswende auf die Erreichbarkeit der Bäder – In 20-30 Jahren nach vollzogener Verkehrswende 70-80% der Besucher*innen die Bäder mit Bus und Bahn, auf dem Rad oder zu Fuß erreichen werden. Um einem absehbaren Besucher*innenrückgang aufgrund schlechter Erreichbarkeit vorzubeugen scheiden entsprechende Badstandorte, aus den Überlegungen bereits heute aus. Sie wären nur dann zu erhalten, wenn die Erreichbarkeit verbessert würde. Für diesen Fall müssten dann Investitionen in die Erreichbarkeit in die Investitionsrechnung des Bäderkonzeptes einbezogen werden.

Deckelung des städtischen Zuschusses – Keines der städtischen Schwimmbäder wird je rentabel funktionieren, immer wird die Stadt einen großen Betrag zuschießen. Der Zuschussbetrag muss aber gedeckelt sein. Es kann nicht sein, dass der Besuch eines einfachen Hallenfreibades in Bochum am Ende die Stadt mehr kostet als der Besuch eines Spaß- oder Erlebnisbades sonst üblicher Weise die Besucher*innen kostet. Ziel sollte es sein, dass die Stadt normale Badbesuche mit nicht mehr als 100% des Eintrittspreises bezuschusst.

Weitere Planungen ohne ein Bad in Höntrop – Der Neubau eines Bades im Südpark in Höntrop kann, wenn die Gerichte nicht anders entscheiden, kaum vor 2024, eher ab 2026 beginnen. In wieweit die Klagen der Anwohner*innen gegen bereits bestehende Bauvoranfragen und eventuelle Klagen gegen folgende Baugenehmigungen erfolgreich sind, kann heute niemand sagen. Wie lange die Gerichtsverfahren den Baubeginn verzögern, ist ebenso ungewiss.

So lange aber nicht feststeht, ob der was für ein Bad im Südpark ggf, errichtet werden könnte, kann der Standort nicht serös in dem Bäderkonzept mitbetrachtet werden. Was geschieht, wenn ein Badszenario beschlossen würde, das auf dem Bad in Höntrop basiert, das dann gar nicht gebaut werden kann? Damit wäre das ganze Bäderkonzept hinfällig.

Mit dem Beschluss und der Umsetzung eines umzusetzenden Szenarios zu warten, bis sicher ist, ob in Höntrop ein Bad gebaut werden kann oder nicht, ist keine Lösung. Die anderen Bäder sind so marode, dass jetzt entschieden werden muss, wie es mit ihnen weitergeht. Ein provisorischer Weiterbetrieb über 3 bis 5 Jahre ist nicht möglich und auch gegenüber den Menschen, die endlich in attraktiven Bädern schwimmen gehen wollen, nicht vertretbar. Realistisch muss also im Weiteren ohne das Bad in Höntrop weiter geplant werden.

Bürgerbäder ermöglichen – Im Rahmen des Bäderkonzeptes sollte überlegt werden, ob Badstandorte, die die Stadt schließen möchte, zukünftig von Bürger*innenvereinen übernommen werden können, die von der Stadt dafür einen auskömmlichen Betriebskostenzuschuss erhalten.

Erst nachdem der Grundsatzbeschluss gefallen ist, welches Ziel mit dem Bäderkonzept verfolgt werden soll, ist zu entscheiden, welches Szenario des Bäderkonzeptes schließlich realisiert werden soll.