26 Mrz

Radständer für Bochumer Schulen kaufen und aufstellen überfordert Schulverwaltung

Selbst an einfachsten Aufgaben, wie der Anschaffung von Radabstellanlagen für die Bochumer Schulen, scheitert die Bochumer Verwaltung. Selbstverliebt beschäftigt sie sich seit Jahren mit sich selbst, statt endlich die benötigten Fahrradständer zu kaufen und auf den Schulhöfen aufzustellen.

Bildung und Verkehrswende sind zwei wichtige Bausteine für eine erfolgreiche und lebenswerte Stadt. Nicht nur darum werden diese beiden Punkte in vielen Verlautbarungen und Reden von Oberbürgermeister, Politik und Stadt als Schmuck ins eigene Schaufenster gestellt. Dass Bochum aber gerade in diesen Schnittpunkten recht blank dasteht, kann nicht mit Nachsicht betrachtet werden.

Sichere Radwege und Abstellanlagen kennen viele Schüler*innen in Bochum gar nicht

Für Schüler*innen stellt das Fahrrad das einzige individuelle Verkehrsmittel dar. Es verschafft Menschen die erste Freiheit, sich selbstbestimmt in ihrem Umfeld zu bewegen. Doch die Stadt beschneidet diese Möglichkeiten fahrlässig und lässt die individuelle Mobilität der Jüngsten, Jüngeren und Kleinen brach liegen. Weder finden sich ausreichend Radwege, um sicher zur Schule zu kommen, noch gibt es an den Schulen selbst sichere Radabstellanlagen. Der Schulweg endet bereits an der Bordsteinkante im Nirvana.

Das abgewetzte und oftmals fragwürdige Sprichwort von dem vielbemühten Hänschen, dem Hans und dem Lernen passt in diesem Falle leider wie die Faust aufs Auge. Und hat die gleichen schmerzhaften Auswirkungen. Lernen Kinder nicht frühzeitig, sich verantwortungsvoll und sicher im Straßenverkehr zu bewegen, dann fällt es ihnen später deutlich schwerer. Es geht also nicht nur um Komfort und Bewegungsfreiheit, sondern auch um Gefahrenprävention.

Gefährlich sind aber nicht nur die pädagogischen Konsequenzen, sondern auch die einfache Tatsache, dass irgendwie der Weg vom Kinder- ins Klassenzimmer physisch überwunden werden muss. Gibt es keine sicheren Radwege und keine Radabstellanlagen, dann fährt häufig das Elterntaxi vor. Nicht nur, dass dieser Chauffeurdienst zusätzlich Gift auf den zarten Keimling der Selbstständigkeit schüttet – Die Staffeln an Elterntaxen, die anfahren, halten, abbiegen, einparken, rausziehen und manchmal hupen und fluchen, stellen zwei Tonnen an kinetische Gefahr für die Kleinen dar, die zwischen Blech und Alu zu Fuß oder doch mit dem Rad zur Schule wuseln müssen.

Zur Karikatur wird dieser Zustand spätestens dann, wenn der Polizist zur Verkehrserziehung in die Klassen kommt und niemand weiß, wo man sein Rad an der Schule überhaupt hinstellen soll oder das Fahrrad des Sprösslings gleich aus dem Kofferraum des SUV gewuchtet wird. Es könnte auch ein Astronaut den Schülern von seiner Reise ins All berichten – die Inhalte wären kaum weniger lebensnah und realistisch für die Kinder.

Verwaltung scheitert bereits daran an den Schulen ausreichend Radabstellplätze zu schaffen

Dabei geht es gar nicht um Raketenphysik. Die Verwaltung wird viel mehr durch eine ganz bodenständige Allerweltsaufgabe an den Rand ihrer Belastungsgrenze gebracht. Radabstellanlagen baut diese schließlich zwar seltener als notwendig, aber dennoch immerhin mit gewisser Regelmäßigkeit seit Jahren im öffentlichen Straßenraum ein. Das Prinzip eines im Boden installierten Bügels, an den man sein Fahrrad mit einem Schloss anbinden kann oder einer Abstellanlage für gleich mehrere Räder funktioniert überall in Bochum und sogar in anderen Städten gleich. Auch auf unseren Schulhöfen.

Es bedarf nur weniger Anrufe, um die auf dem Markt verfügbaren Abstellanlagen zu bestellen. Ausgefuchste Planungen und Prioritätenlisten, die teure Arbeitszeit von teuren Bediensteten binden, kann man sich sparen, weil der Status aller Schulen beinahe gleich schlecht ist. Die traurige Realität, welche die Verwaltung auf Anfrage der STADTGESTALTER offenbaren musste: Bereits im Juni 2020 stellte die Verwaltung mittels einer Abfrage an den Schulen fest (Anlage zu Vorlage 20212223), an ausnahmslos allen(!) Bochumer Schulen fehlen brauchbare Ständer für Fahrräder. Ja, an allen. An keinem(!) Standort sind auch nur annähernd(!) ausreichend Radabstellanlagen vorhanden. Und wo doch ein paar Abstellanlagen eingesprenkelt sind, dann sind es überwiegend felgenfressende Vorderradhalter, die jedem Fahrraddieb die Freudentränen in die Augen schießen lassen. Auf 41.757 Schüler*innen kommen in Bochum sage und schreibe 153 Anlehnbügel, das sind 306 Radabstellplätze, die den Namen verdienen. Beschämend, nur 0,73% der Schüler und Schülerinnen können ihr Rad sicher an ihrer Schule abstellen oder anders herum, für 99,27% der Schüler*innen gibt es auf den Schulhöfen keine brauchbaren Fahrradständer.

Ein Vorschlag zur Rettung: In einem Sofortprogramm kann man an jeder Schule Abstellanlagen aufstellen. An jeder Grundschule Anlagen für die sichere Abstellung von 60 Fahrrädern, bei weiterführenden Schulen für 200 Räder. Einen Fehler kann man gar nicht machen. An keinem Standort wären nach dem Sofortprogramm zu viele Radständer vorhanden.

Was macht die Stadt? Die verweist auf das bereits jahrelang verschleppte Radverkehrskonzept. In diesem sollen dann in jedem Stadtbezirk zunächst eine(!) weiterführende Schule von einem externen Büro u.a. auf Radabstellanlagen untersucht werden (Vorlage 20212223). In dem Tempo brauchen die ältesten Kinder, denen heute Radabstellanlagen fehlen, wohl schon Rollatorabstellplätze.

Die Verwaltung beschäftigt sich mit sich selbst, statt die eklatanten Missstände zu beseitigen

Der vorliegende Fall zeigt exemplarisch wie ineffizient und lustlos teilweise in der Verwaltung gearbeitet wird. Statt die Beseitigung von Missständen zeitnah und zielorientiert anzugehen, werden Mitarbeiter*innen über Jahre mit der Erstellung von sinnfreien Abfragen und Konzepten beschäftigt (Stadtplanung: Ausufernde Konzeptflut sorgt für Zeit- und Geldverschwendung). Oft geht es in der Verwaltung nicht darum für die Menschen in der Stadt sinnvolle Verbesserungen zu schaffen, vielmehr geht es um die Selbstbeschäftigung der Mitarbeiter*innen, also allein darum mit sinnfreier Arbeit deren Anstellung und Bezahlung zu rechtfertigen.

Seit Jahrzehnten wissen alle, dass an keiner einzigen Bochumer Schule auch nur ansatzweise so viele Radständer vorhanden sind, wie gebraucht werden. Für diese Erkenntnis war keine aufwendige Abfrage erforderlich. Die Schulen benötigen keine Gutachten und Konzepte, in denen Verfahren und Prioritätenlisten entwickelt werden, welche Schulen als erstes die begehrten Abstellanlagen erhalten sollen. Das ist nichts weiter als Zeit- und Geldverschwendung. Alle Schulen benötigen dringend nur eins:  Fahrradständer, jetzt und sofort.

Auch helfen den Schulen keine Pilotprojekte, in denen untersucht wird, welche Radabstellanlagen, am besten geeigneten sind. In tausenden Schulen in Deutschland werden jeden Tag hunderte Räder abgestellt. Welche Ständer taugen und welche nicht, ist bekannt, das kann die Verwaltung in einer Fahrradstadt auf dem kurzen Dienstweg erfragen.

Für die rund 100 Bochumer Schulen könnte die Stadt auf einen Schlag pauschal Abstellanlagen für 14.000 Räder anschaffen und diese auf alle Schulen verteilen. Sind die aufgestellt, sieht man nach kurzer Zeit, an welchen Schulen noch Abstellplätze fehlen. In einer zweiten Runde können die dann nachbestellt und ergänzt werden. Das Vorgehen ist denkbar einfach und mit dem nötigen Willen ohne Probleme binnen eines Jahres umsetzbar.

Doch in Bochum sind seit Zählung der Abstellanlagen durch die Verwaltung im  Jahr 2020 schon wieder fast 3 Jahre vergangen, in denen an den Schulen immer noch nichts passiert ist. Die mangelhafte Arbeitsleistung der Verwaltung ist unerträglich, es fehlt offensichtlich an der Kompetenz selbst einfachste Aufgaben schnell und effizient zu erledigen. Den Willen, Missstände zeitnah und ergebnisorientiert zu beseitigen, sucht man ohnehin vergeblich.

19 Mrz

Tagesmütter schlagen Alarm – Verkehr im Griesenbruch gefährdet Kinder

Besonders auf der Rottstraße wird viel zu schnell gefahren. Parkende Autos verstellen den Blick auf die Kinder. Immer wieder kommt es zu Beinaheunfällen. Die STADTGESTALTER machen einen Vorschlag wie der Griesenbruch sukzessive verkehrsberuhigt werden könnte.

Sechs Kindertagespflegeinrichtungen und Kindergärten gibt es im Rottmax Kiez wie der Griesenbruch auch genannt wird. Dazu kommt eine Grundschule, die Arnodschule. Kaum ein Quartier in Bochum ist so mit Kindern belebt wie der Griesenbruch. Doch gleichzeitig hat der Verkehr im Viertel Überhand genommen. Jede Straßenquerung wird für Kinder zur Mutprobe. Parkende Auto versperren die Sicht. Es wird viel zu schnell gefahren.

Jede Straßenquerung bringt die Kinder in Gefahr

Die Tagesmütter der Kindertagespflegeinrichtungen erleben das jeden Tag, wenn sie mit Bollerwagen und den kleinen Kindern den Kiez durchstreifen. Die STADTGESTALTER haben die Tagesmütter auf ihren Wegen durch den Kiez begleitet und sich die Gefahrenstellen angesehen. Auch bei der Begehung kam es beim Überqueren der Straßen immer wieder zu gefährlichen Situationen. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Der Verkehr im Griesenbruch muss deutlich beruhigt werden. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit bis zu einem schweren Unfall kommt wie am 24. Januar in Wuppertal, als fünf Kleinkinder verletzt wurden (Unfall mit Bollerwagen – Fünf Kleinkinder verletzt).

Gefahrenstellen im Rottmax-Kiez

    Die größten Gefahren lauern an folgenden Straßenquerungen:
    – Kreisverkehr Rottstraße
    – Diekampstraße am “Diekamp-Dschungel”
    – Querung Rottstraße Höhe Kriemhildstraße
    – Querung Maximilian-Kolbe-Straße Höhe Kriemhildstraße
    – Querung Rottstraße Höhe Schmidtstraße
    – Querung Maximilian-Kolbe-Straße Höhe Schmidtstraße

    Besonders gefährlich ist der Durchgangsverkehr im Kiez (gelbe Straßen), dieser ist überflüssig. Um diesen zu unterbinden, wären mögliche Lösung Einbahnstraßen, Straßensperrungen und Schleusen. Das zweite Problem, die gefahrenen Geschwindigkeiten sind zu hoch. Diese könnten mit Straßenumgestaltung, Einbauten, Tempo 30, und echten Spielstraßen vermindert werden. Dazu fehlen Querungsmöglichkeiten. Querungen sind nicht sicher möglich, schlecht einsehbar, der Querungsweg ist für Kinder oft zu lang. Hier könnten Zebrastreifen und kürzere markierte Überwege Abhilfe schaffen. Die Probleme werden dadurch verschärft, dass die Kreuzungen zugeparkt werden und damit schlecht einsehbar sind. Das Falschparken könnte durch Anwohnerparken nur auf markierten Stellflächen eigedämmt werden. Generell dienen die Straßen im Rottmax Kiez bisher ausschließlich dem Autofahren und Parken, gleichzeitig fallen in den Straßen fehlende Aufenthalts-, Grün- und Spielflächen auf. Das Parken könnte auf Dauer in Quartierparkhäuser verlagert werden, so dass sie Straßenflächen sinnvoller genutzt werden können.

    Das Konzept der STADTGESTALTER

    Aufgrund der Begehung mit Kindern und Tagesmütter sowie der Analyse der Gefahrenstellen schlagen die STADTGESTALTER einen Plan zur Verkehrsberuhigung des Griesenbruch vor. Kernstück ist die Verkehrsberuhigung drei weiterer Straßenteile. Ein beruhigtes Straßenstück besteht bereits auf der Henriettenstraße auf Höhe der Arnoldschule. Zusätzlich soll die Rottstraße von Alleestraße bis Annastraße für den Autoverkehr gesperrt werden. Hier könnte auf Dauer ein Park entstehen. Zudem sollen die Straßenabschnitte sowohl von Rott- wie auch Maximilian-Kolbe-Straße zwischen Kriemhild und Schmidtstraße verkehrsberuhigt werden.

    Verkehrsberuhigte Straßenabschnitte

      Diese Straßenteile sollen kurzfristig für den Verkehr gesperrt werden. Nur noch Anwohner*innen können diese Teile dann noch mit dem Auto für Wege zu Ihrem Haus nutzen können. Die STADTGESTALTER schlagen vor, in einem ersten Schritt die Oberfläche der Straßenstücke auszubessern bzw. neu zu asphaltieren und diese dann mit Unterstützung der Anwohner*innen zu Aufenthalts- und Spielflächen umzugestalten.

      Visualisierung Rottstraße, Tactical Urbanism

        DIeses Konzept des “Tactical Urbanism” wurde unter anderem sehr erfolgreich in Städten wie New York, Barcelona oder Mailand umgesetzt, Mit Hilfe der Anwohner*innen werden die Straßenflächen bunt angestrichen, dann werden mobile Sitzmöbel, Hochbeete, Bäume, Spiel- und Sportgeräte wie Tischtennisplatten oder Baketballkörbe auf der Fläche platziert. So entstehen im Kiez neue belebte Orte, wo sich Nachbarn treffen, Kinder spielen, Menschen Sport treiben oder einfach nur das Leben im Kiez genießen.

        Open Streets Mailand

        Um die gesperrten Straßenabschnitte herum soll der Verkehr mit einem Einbahnstraßensystem kanalisiert werden, das Durchgangsverkehr unmöglich macht. Ebenfalls schlagen die STADTGESTALTER vor, im gesamten Quartier Anwohnerparken einzuführen und auf den Straßen Stellplätze einzuzeichnen, so dass nur diese zum Parken genutzt werden.

        Die Pläne der STADTGESTALTER sehen vor die Rottstraße aus dem Vorbehaltsstraßennetz zu nehmen. Das ganze Quartier soll als Tempo 30-Zone ausgewiesen werden. Die bestehenden Spielstraßen bleiben bestehen.

        Das Konzept der STADTGESTALTER sieht vor, die Umgestaltung des Rottmax Kiez in drei Phasen zu realisieren. Mit den bereits beschriebenen Maßnahmen soll in Phase 1 umgehend begonnen werden. Es folgt die Baustellenphase auf der Alleestraße in der unter Umständen zeitweise noch Umleitungsverkehr durch den Griesenbruch fließen wird. Die in der ersten Phase vorgenommenen Umgestaltungen blieben so lange bestehen bis 2026 der Umbau der Alleestraße abgeschlossen ist. Damit beginnt die dritte Phase, In dieser soll die endgültige und dauerhafte Umgestaltung des Griesenbruchs erfolgen. In dieser Phase sollen die parkenden Autos weg von den Straßen in Quartiersparkhäuser verlagert werden. Die mobilen Sitzmöglichkeiten, Hochbeete, Bäume und Spiel- und Sportgeräte sollen durch dauerhafte ersetzt werden. Für die Rottstraße hatten die STADTGESTALTER bereits 2019 die Umwandlung in einen Streetpark vorgeschlagen (Rottstraße könnte Streetpark werden).

        Zeitablauf Realisierung

          Sofortiges Handeln nötig

          Die aktuelle Situation im Griesenbruch ist nicht weiter tolerierbar. Die Stadt darf nicht abwarten, bis es zu einem ersten ernsten Unfall kommt. Wie die STADTGESTALTER zeigen ist eine schnelle Änderung mittels Maßnahmen des Tactical Urbanism möglich. Beim Tactical Urbanism dreht sich alles um Action. Die Anwohner*innen setzen in ihrer Nachbarschaft gemeinsam mit Hilfe von Stadt und gemeinnützigen Einrichtungen kurzfristige, kostengünstige und skalierbare Umgestaltungsmaßnahmen um. Ziel ist es damit langfristige Veränderungen anzuregen (Tactical Urbanist`s Guide).

          Bereits die Umgestaltung der entsprechenden Straßenabschnitte ist ein Gemeinschaftsprojekt. Das fördert die Identifikation mit dem Kiez, regt Gemeinsinn an und macht die Menschen stolz auf den Raum, den sie selbst für sich und die Menschen aus ihrer Nachbarschaft geschaffen haben.

          Schnelles Handeln ist also möglich, wichtig ist, dass die Stadt es auch tut.

          12 Mrz

          Warum es auch nach 7 Jahren keinen Innenstadt-Spielplatz gibt

          Trotz ständiger Absichtserklärungen des Oberbürgermeisters und eines Ratsbeschlusses, einen Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz zu bauen, schafft es die Verwaltung seit 7 Jahren nicht, das Vorhaben umsetzen. Woran liegt es? Unwille, Unfähigkeit? Die STADTGESTALTER haben Akteneinsicht genommen, um das aufzuklären.

          Moderne, lebenswerte Innenstädte aber auch Einkaufszentren punkten mit attraktiven Spielplätzen, die besonders Familien mit Kindern zu den Einkaufsmeilen locken. Die Kinder bekommen die Eltern besser von einem Einkaufstag überzeugt, wenn sie ihnen versprechen können, dass es danach noch auf einen tollen City-Spielplatz geht. 2016 schien es schon so, als hätte man das auch in Bochum verstanden, doch bis heute, 7 Jahre später, ist ein solcher Innenstadt-Spielplatz immer noch nicht in Sicht.

          Die Vorgeschichte 2016-2023

          2016 – Schon vor 7 Jahren schlugen die STADTGESTALTER einen Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz vor (Innenstädte sollen neue Spielplätze erhalten). Ein Antrag, der für die Bochumer wie die Wattenscheider City eine familienfreundliche Gestaltung sowie zeitgemäße und interaktive Spielplätze vorsah, wurde von STADTGESTALTERn und FDP zum 18.02.16 in den Rat eingebraucht (Vorgang 20160325). Im Ausschuss für Strukturentwicklung erklärte der Oberbürgermeister, die Verwaltung sei bereits an entsprechenden Planungen dran und würde diese bald vorstellen. Er bat daher den Antrag zurückzustellen. Im Vertrauen auf die Worte des OB kamen die Antragsteller dieser Bitte nach.

          Spielplatz Kuhhirtenplatz, STADTGESTALTER 2016

            2018 – Doch bis 2018 tat sich nichts. Also stellten STADTGESTALTER und FDP den Antrag in aktualisierter Form am 07.06.2018 erneut (Vorgang 20181424). Dieses Mal erklärte die Verwaltung jetzt sei man an entsprechenden Planungen im Rahmen des gerade in Bearbeitung befindlichen Entwicklungskonzeptes für die Innenstadt (ISEK-Innenstadt) dran und könnte diese in Kürze vorstellen. Erneut vertrauten die Antragsteller auf die Worte der Verwaltung und nahmen den Antrag zurück.

            2019 – in diesem Jahr wurde das ISEK Innenstadt vorgestellt, doch entgegen den Ankündigungen der Verwaltung kommt in dem Konzept die Anlage eines Innenstadt-Spielplatzes nicht vor. Es ist lediglich davon die Rede, dass man bis 2025 ein Konzept “Begrünte und bespielbare Innenstadt” entwickeln wolle (Maßnahme C1).

            Diesmal ergriff die CDU die Initiative und stellte zur Ratssitzung am 12.12.19 den Antrag einen Innenstadt-Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz zu schaffen (Vorgang 20193683). Der Rat stimmte dem einstimmig zu und beauftragte die Verwaltung einen Gestaltungs- und Finanzierungvorschlag auszuarbeiten und diesen den politischen Gremien zur Beratung vorzulegen. Den hat die Verwaltung jedoch bis heute weder erarbeitet noch vorgelegt.

            2022 – Im Rahmen der Beratungen zu einem weiteren Antrag der CDU, in der Innenstadt einen betreuten Spielplatz in der Bochumer Innenstadt einzurichten (Vorgang 20221605), erklärt der Oberbürgermeister, dass es einen Innenstadt-Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz geben werde und die Planungen dazu bereits aufgenommen worden seien (Rats-TV zur Ratssitzung am 21.06.22).

            2023 – Die Verwaltung beantwortet eine Anfrage der CDU, wieweit denn jetzt die Planungen zum Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz gediehen seien (Mitteilung 20230015). Tenor, man prüfe noch die Möglichkeiten zum Umbau des Platzes, es gäbe noch keine Ergebnisse und man wisse auch noch nicht, wie lange man noch brauchen werde.

            Wie so häufig in Bochum wurde also jahrelang viel über das Projekt Innenstadt-Spielplatz gesprochen, viel angekündigt, zugesichert und erklärt, was die Verwaltung angeblich schon tue, nur real gebaut wurde in 7 Jahren nichts.

            Die Akteneinsicht

            Also beantragten die STADTGESTALTER im Februar 2022 Akteneinsicht, um zu klären, was die Verwaltung in Sachen Innenstadt-Spielplatz tatsächlich seit 2016 unternommen hat. Die Verwaltung antwortete, die Bereitstellung der Akten würde etwas Zeit in Anspruch nehmen, da alle Vorgänge seit 2016 bereitgestellt werden müssten.

            Am 08.03.23 konnten die Akten eingesehen werden. Drei schmale Leitzorder wurden vorgelegt. Der erste beinhaltete die Vorgänge zum temporären Spielplatz am Kuhhirtenplatz 2021 und 2022, der zweite die Vorgänge zu Spielplätzen für politische Gremien (u.a. Spielleitplanung), die alle auch im Ratsinformationssystem zu finden sind. Nur der dritte dünne Ordner befasste sich mit den Planungen zur Anlage eines Spielplatzes in der Innenstadt, genauer dem auf dem Kuhhirtenplatz. Dieser Ordner beginnt mit dem Antrag der CDU vom 12.12.19 einen Innenstadt-Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz zu schaffen. Bemühungen oder Planungen zu einem Innenstadt-Spielplatz vor diesem Antrag, gab es gemäß Aktenlage nicht. Entsprechende Aussagen des Oberbürgermeisters und der Verwaltung aus 2016 und 2018 waren somit falsch. Die Politik wurde hinters Licht geführt, um sie zu bewegen diesbezügliche Anträge zurückzustellen.

            Das nächste und zweite Blatt in der Akte ist der Antrag der CDU vom Juni 2022, in der Bochumer Innenstadt einen betreuten Spielplatz einzurichten. Auch in der Zeit bis zu diesem Antrag (Dezember 2019 bis Juni 2022) hat sich die Verwaltung gemäß Aktenlage, anders als der OB es in der Ratssitzung am 21.06.22 vorzugeben versucht hatte, in keiner Weise mit Planungen zum Kuhhirtenspielplatz beschäftigt. Es stellt sich die Frage, haben Oberbürgermeister und Stadtbaurat den Beschluss zur Schaffung eines Innenstadt-Spielplatzes auf dem Kuhhirtenplatz aus der Ratssitzung am 12.12.19 absichtlich unter den Tisch fallen lassen, ggf. weil ihn nicht SPD und Grüne gestellt hatten, sondern die CDU, oder war Organisationsversagen im Dezernat des Stadtbaurats die Ursache, wo man den Überblick verloren hat, welche Beschlüsse des Rates noch umzusetzen sind?

            Der Akte ist jedenfalls zu entnehmen, dass erst nach dem erneuten Antrag der CDU im Juni 2022 die Planungen für den Spielplatz am Kuhhirtenplatz aufgenommen wurden. Allerdings enthält die vorgelegte Akte weder einen Arbeitsauftrag, noch einen Projektzeitplan oder einen Katalog von Aufgaben und Maßnahmen, in welchem Zeitrahmen mit welcher Fragestellung, wer in der Verwaltung welche Aufgabe abzuarbeiten hat. Offenbar wurde eine Mitarbeiterin beauftragt, sich mal zu den Planungen Gedanken zu machen, die erforderlichen Platzpläne zu besorgen, mit Veranstaltungsakteuren zu reden und erste – durchaus spannende – Planungsideen zu entwickeln und diese mit Spielgeräte-. und Sitzmobiliarherstellern abzuklären. Dass es ein durchdachtes Projekt zur Schaffung des Innenstadt-Spielplatzes bis zu einem festgelegten Datum x, gibt, ist der Akte jedoch nicht zu entnehmen. Auch war die Akte in keiner Weise vollständig, sondern stark lückenhaft und folgerichtig auch entgegen der rechtlichen Vorgaben nicht paginiert (mit fortlaufenden Seitenzahlen versehen). U.a. fehlten Vorgänge, aus denen sich andere Vorgänge ergeben haben müssen, zudem Besprechungsprotokolle von offenbar durchgeführten Besprechungen und Vermerke zu Absprachen, wie bestimmte Vorgänge zu behandeln sind. Es hatte sehr den Anschein als wäre die Akte extra für die Akteneinsicht zusammengestellt worden.

            Letztlich bestätigt die Akteneinsicht den Verdacht, dass Aussagen von Oberbürgermeister und Verwaltung, wieweit man sich mit Angelegenheiten schon beschäftigt hat, grundsätzlich nicht zu trauen ist und dass im Dezernat des Stadtbaurats Beschlüsse des Rates nicht systematisch, sondern nach Gutdünken abgearbeitet werden. Ob dies absichtlich so geschieht oder in Folge schlechter Organisation, mag dahinstehen, beides ist inakzeptabel.

            Folgerungen und Konsequenzen

            Die Angelegenheit zeigt, wie wichtig es wäre, dass die Stadt ein Umsetzungsregister führt, in dem die Verwaltung mindestens jährlich zu berichten hat, wie weit die Umsetzung der Beschlüsse des Rates fortgeschritten ist (Bochum fehlt Umsetzungsregister für Beschlüsse des Rates und der Bezirksvertretungen). Ein solches Register hatten die STADTGESTALTER im Mai 2022 im Rat vorgeschlagen. Der Antrag wurde jedoch von SPD und Grünen gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt, die Koalitionsparteien waren nicht bereit diese wichtige Voraussetzung für eine ordnungsgemäße politische Kontrolle der Verwaltung zu schaffen.

            Nachdem schon im Rahmen der Akteneinsicht zur Trassenführung des Radschnellwegs schwere Defizite bei der Verwaltungsarbeit offensichtlich wurden (Akteneinsicht: Verwaltung “lenkt” große RS1-Trassensuchshow zum gewünschten Ergebnis) bestätigt die Akteneinsicht zum Innenstadt-Spielplatz, dass eine deutlich verstärkte Kontrolle der Verwaltungsabläufe durch die Ratsmitglieder erforderlich ist. Die STADTGSTALTER haben sich daher vorgenommen systematisch weitere Verwaltungsvorgänge mittels Einsicht in die Akten zu beleuchten. Zu hoffen ist, dass andere Fraktionen in gleicher Weise vorgehen, um aufzuklären, was in der Verwaltung falsch läuft, warum die Realisierung von Beschlüssen häufig endlos dauert (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam) und in nicht wenigen Fällen dann nicht mal überzeugen kann (Radverkehrskonzept ist kaum zu gebrauchen).

            05 Mrz

            Radverkehrskonzept ist kaum zu gebrauchen

            Nach fast 3 Jahren Bearbeitung legt die Verwaltung ein enttäuschendes Radverkehrskonzept vor. Zwar zeigt ein Radverkehrsanlagenkataster wie mangelhaft das bestehende Radverkehrsnetz der Stadt ist. Doch ein Katalog mit den in den nächsten 10 Jahren umzusetzenden konkreten Maßnahmen fehlt. Der Wunsch der Radfahrenden nach schnellen, direkten Wegen wird missachtet. Statt Radwegen entlang der Hauptverkehrsstraßen will die Stadt in den nächsten Jahren bevorzugt Velorouten entlang von Nebenstraßen bauen.

            Das Radverkehrskonzept von 1999 sah die Erstellung eines 510 Kilometer langen Radwegenetzes, insbesondere entlang der Hauptstraßen vor. Ziel war es damals, dieses Netz “langfristig”, also in 10 bis 20 Jahren, zu schaffen, doch es besteht bis heute, 24 Jahre später, nicht. Die Erhebung und Validierung im Rahmen der Erarbeitung des jetzt im Entwurf vorliegenden Radverkehrskonzeptes 2023 zeigt zudem, von dem Konzept von 1999 wurde nicht nur wenig umgesetzt, auch die Ausführungen waren überwiegend mangelhaft.

            Bestehende Radwege in Bochum sind überwiegend mangelhaft bis sehr mangelhaft

            Nach fast einem Vierteljahrhundert sind in Bochum heute 201 km benutzungspflichte Radwege (37%) vorhanden. In 51% der Fälle fehlen immer noch Radwege (Führung im Mischverkehr). Die restlichen Radwegeführungen verteilen sich insbesondere auf unzureichende bis provisorische Radwegeführungen: insbesondere Gehwege mit Schild “Radfahrer frei” (29 km), Schutzstreifen (17 km), sowie so genannte “nicht benutzungspflichtige” Radwege auf Gehwegen (35 km), die die Standards für Radwege nicht erfüllen.

            Radwegekataster Bochum

              Von den insgesamt 567 km Straßennetz, über die Radfahrende in Bochum geführt werden, sind 145 km Radwegeführung sehr mangelhaft (14-33) Mängel, 187 km mangelhaft (9-13 Mängel), nur 117 km weisen keine bis wenige Mängel auf (0-5), bei dem Rest (108 km) wurden 7-8 Mängel festgestellt. Fast 60% der Wege sind also mangelhaft bis sehr mangelhaft.  Dieses Ergebnis ist erschreckend, deckt sich jedoch mit den Erfahrungen der Menschen, die in Bochum das Rad nutzen und sagt leider viel aus über die Qualität der Radverkehrsplanung und die fachliche Kompetenz der verantwortlichen Verkehrsplaner*innen.

              Mängel Radverkehrsnetz Bochum

                Die Analyse des Ist-Zustandes des Bochumer Radwegenetzes im Radverkehrskonzept ist umfassend, detailliert und aussagekräftig. Die Bestandsanalyse ist leider der einzige Teil des Radwegekonzepts, der für die weitere Radverkehrsplanung von echtem Nutzen ist. Sonst überwiegen leider die negativen Punkte. Wichtig wäre, dass die Daten des Radwegekatasters den Bürgern und Bürgerinnen im Sinne des Open-Data-Ansatzes online zugänglich gemacht werden. So können diese nachvollziehen, welche Mängel wo bestehen und wie schnell diese beseitigt werden.

                Radverkehrsanteil soll bis 2030 nur noch um 15% steigen

                Hatten Stadt und Politik in der Bewerbung der Stadt zur Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte noch zugesagt, dass ihr Ziel sei bis 2030, den Radverkehrsanteil auf 25% zu erhöhen (2018: 7%), soll dieses Zeil mit dem neuen Radverkehrsplan auf 15% eingedampft werden. Das Ziel kann nicht erreicht werden. Über zwei Jahrzehnte wurde von der Verwaltung die Umsetzung des Radverkehrskonzepts von 1999 bewusst verschleppt. Dabei haben SPD und Grüne als politischer Arm der Verwaltung die fehlenden Bemühungen das Ziel zu erreichen, willig hingenommen.

                Katalog für bis 2030 umzusetzenden Radverkehrsmaßnahmen fehlt

                Schaut man sich das weitere Konzept an, ist leider nicht zu erwarten, dass zukünftig das stark verminderte Ziel erreicht wird. Denn anders als 2020 bei der Einleitung des Verfahrens zur Erstellung des Radverkehrskonzeptes beschlossen, enthält dieses kein Handlungskonzept mit einem Katalog der mindestens bis 2030 umzusetzenden konkreten Maßnahmen. Der als “Handlungskonzept” bezeichnete Teil des Radverkehrskonzepts listet lediglich eine Reihe von allgemeinen wie selbstverständlichen Aufgaben (z.B. Schaffung von Fahrradparkplätzen, Einrichtung von Fahrradstraßen, Beseitigung von radverkehrsunfreundlichen Führungsformen, Winterdienst aur Radwegen) auf wie sie in jeder x-beliebigen deutschen Stadt umzusetzen sind, um den Radverkehr zu fördern.

                Im Beschuss des Rates heißt es dagegen “Es sollen … Radverkehrsmaßnahmen vorgeschlagen werden, die den Alltagsradverkehr in Bochum kurz-, mittel- oder langfristig attraktivieren können…. Die empfohlenen Radverkehrsmaßnahmen können von kleinen Eingriffen (Bordsteinabsenkung, verbesserte Auf- oder Ableitung) über die Einrichtung von Fahrradstraßen bis hin zu großen Straßenumbauten (Lückenschluss an Cityradiale) reichen ….”. Statt einem Katalog mit entsprechend spezifischen Maßnahmen erhält das Konzept Steckbriefe zu allgemeingültigen, unspezifischen Aufgaben (Maßnahmensteckbriefe), zu denen noch konkrete Maßnahmen entwickelt werden müssten. Es werden lediglich mögliche Anwendungsfälle genannt.

                Dass das Konzept durch die Verwaltung um ein Maßnahmenpaket mit einem Sammelsurium von bereits in Umsetzung oder Planung befindlichen Maßnahmen sowie unspezifischen Maßnahmen ergänzt wurde, welche sie der Politik bereits 2022 als Sofortmaßnahmenpaket verkauft hatte, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der eigentlich zu erstellende Katalog von bis 2030 zu realisierenden konkreten Baumaßnahmen fehlt.

                Dass nach fast drei Jahren Bearbeitungszeit die 2020 vom Rat gesetzte Aufgabe immer noch nicht vollständig erfüllt wurde und der wichtigste Teil des Konzeptes, der Katalog von Radverkehrsmaßnahmen mit verbindlichen Angaben zu Umfang, Bearbeitungsreihenfolge, und Umsetzungszeitraum fehlt, wirft kein gutes Licht auf die für die Umsetzung des Ratsbeschlusses Verantwortlichen. Ziel der Verwaltung scheint es zu sein, ein in jeder Hinsicht unverbindliches „Konzept“ beschließen zu lassen, zu dem dann nach Lust und Laune ohne jede zeitliche Fristen Maßnahmen geplant und umgesetzt werden können. Entsprechend wird das Radverkehrskonzept in der Beschlussvorlage auch immer wieder nur als „Richtschnur“ oder „Handlungsgrundlage“ bzw. “Handungsrahmen“ bezeichnet (Vorlage 20230262).

                Mal wieder zeigt Freiburg wie es eigentlich geht. Ganz konkret hat die Stadt bereits 2013 in ihrem Radverkehrskonzept 2020 einen Katalog von Maßnahmen und Routen aufgestellt, die konsequent und zielgerichtet nach und nach realisiert wurden (Routen- und Maßnahmenplan). 2020 wurde mit dem RadNETZ plus die nächste Umsetzungsstufe des weiterentwickelten Radwegenetzes beschlossen (Radverkehrskonzept 2020 & RadNETZ plus), die aktuell umgesetzt wird. Dazu kommt die Fuß- und Radoffensive, die mehr als 30 weitere konkrete Maßnahmen enthält, die binnen zwei Jahren ab Sommer 2021 umgesetzt werden. Allein 16 Millionen umfasst dieses dritte Maßnahmenpaket, von dem ein Großteil bereits umgesetzt wurde (Fuß- und Radoffensive).

                Verkehrsplanung und Politik in Freiburg halten, was sie versprechen und setzen beschlossene Maßnahmen auch um. In Bochum wird viel heiße Luft und Papier produziert. passieren tut aber wenig. Nur im Erfinden von Ausreden, warum immer noch nicht umgesetzt wird, was schon lange beschlossen wurde, ist man spitze.

                Velorouten statt Radwege an Hauptverkehrsstraßen

                Zudem geht das Radverkehrskonzept, wie schon die Planung der Streckenführung des RS1 an den Bedürfnissen der Radfahrenden vorbei (Akteneinsicht: Verwaltung “lenkt” große RS1-Trassensuchshow zum gewünschten Ergebnis). Die Verwaltung setzt ohne Rücksicht auf die bei der Befragung der Radler*innen gewonnen Erkenntnisse ihre eigenen Ziele zur Realisierung der Radverkehrsplanung durch. Die Radfahrenden gaben in allen Beteiligungsformaten an, dass der wichtigste Punkt für sie sei, schnell, effizient und direkt zum Ziel zu kommen. Dafür müssten alle Hauptverkehrsstraßen mit guten und sicheren Radwegen ausgestattet werden. Die Verwaltung ignoriert dieses Ergebnis und will mit dem Radverkehrskonzept beschließen lassen, dass die Schaffung von Velorouten über Nebenstraßen abseits von Hauptverkehrsstraßen mittelfristig Priorität haben soll.

                Wie Velorouten aussehen sollen, hat die Verwaltung bereits bei der „Südumfahrung Wittener Straße“ mit wenig Erfolg demonstriert (WAZ vom 14.04.22). Die Veloroute soll über Nebenstraßen abseits der zahlreichen Wohnungen, Geschäfte, Praxen an allem vorbei führen, was an der Wittener Straße im Zentrum Altenbochum liegt. Im Zickzack geht es durch Wohngebiete statt direkt entlang der Wittener Straße. Auch wollte die Stadt auf der Veloroute weder den Radverkehr bevorrangen noch auf Parkplätze zu Gunsten der Sicherheit der Radfahrenden verzichten. So ist die Route weder direkt noch schnell und auch nicht besonders sicher. Sie ist 1,5x so lang wie der direkte Weg und damit alles andere als eine gute Alternative zu sicheren Radwegen entlang der Wittener Straße.

                Trotzdem will die Stadt das Veloroutenkonzept gegen den erklärten Willen der Alltagsradler*innen mit dem Radverkehrskonzept auf die ganze Stadt übertragen. Damit fällt sie hinter die Ziele des Radverkehrskonzepts von 1999 zurück, das als vorrangiges Ziel vorsah, alle Hauptverkehrsstraßen mit Radverkehrsanlagen auszustatten. Dieses Ziel wird mit dem neuen Radverkehrskonzept nur noch nachrangig und auf lange Sicht verfolgt, bei den Velorouten gibt es dagegen schon vier Verbindungen, die umgehend konkretisiert und umgesetzt werden sollen. Welche Abschnitte von Hauptverkehrsstraßen nach den diesbezüglich bereits laufenden Maßnahmen in Angriff genommen werden sollen, sagt das Konzept hingegen nicht.

                Keine neuen Radschnellwege

                Auch neue Radschnellwege sieht das Konzept keine vor. Dabei wären Schnellwege insbesondere zu den Städte, die im Norden und Süden an Bochum angrenzen, gerade für den Pendelverkehr wichtig. Die Stadt scheint aber mit der Realisierung des RS1, der eigentlich schon 2020 fertig sein sollte, so überfordert, dass man an eine Erweiterung des Schnellwegnetzes mindestens bis 2030 erstmal gar keine weiteren Gedanken verschwenden will. Schaut man sich die zum RS1 verfolgten Planungen im Ehrenfeld an, wird der Radschnellweg dort ein Langsamradweg werden und allenfalls den Anforderungen an eine Veloroute gerecht.

                Nutzung von Bahntrassen

                Ebenfalls ist zu kritisieren, dass als ausdrückliches Ziel im Radverkehrskonzept weiterhin genannt wird, stillgelegte Bahnstrecken für den Radverkehr zu nutzen. Dies steht im Widerspruch zum Mobilitätsziel der Stadt den Nah- und Bahnverkehr zu fördern und die entsprechenden Schienennetze auszubauen. Beides lässt sich schwerlich miteinander vereinbaren. Die Zielsetzung im Radverkehrskonzept ist eigentlich nur damit zu erklären, dass Politik und Stadt in Bochum das Ziel, Ausbau des Schienennetzes, real nicht ernsthaft verfolgen.

                Vision Zero

                Nicht überraschend, dass im Konzept angegeben wird, dass die Stadt beim Radverkehr erst zukünftig die “Vision Zero” verfolgen will. Viele Mängel an bestehenden Radwegeführungen zeigen, dass in Bochum dieses Ziel bisher nicht verfolgt wurde. Jedoch ergibt sich die Vorgabe von Vision Zero aus § 1 der VwV-StVO bereits seit 2021. Wenn die Verwaltung erst nach Beschluss des Radverkehrskonzeptes die “Vision Zero” verfolgen will, kommt sie damit also mindestens 2 Jahre zu spät.

                Ergebnis

                In Summe ist das Radverkehrskonzept wenig brauchbar. Nur die Bestandsaufnahme der Mängel der bestehenden Radverkehrsinfrastruktur kann überzeugen. Wieso die Erarbeitung fast drei Jahre gedauert hat, ist in keiner Weise nachzuvollziehen. Insbesondere auch deshalb nicht, weil der Katalog für die bis 2030 umzusetzenden konkreten Baumaßnahmen fehlt.

                Die Korrektur, den Radverkehrsanteil am Modal Split bis 2030 nicht mehr auf 25%, sondern nur noch auf 15% steigern zu wollen, zeigt, mit welch mäßigem Einsatz die Förderung des Radverkehrs sowie die Mobilitätswende und der Klimaschutz auch zukünftig verfolgt werden sollen. Ein Anspruch, das in den letzten 24 Jahren Versäumte nachzuholen, besteht überhaupt nicht.

                Es passt ins Bild, dass man den Ausbau der Radwege an den Hauptverkehrsstraßen bis zum Sankt Nimmerleinstag auf die lange Bank schieben und stattdessen der Schaffung von Velorouten über Nebenstraßen den Vorzug geben will, dazu den Bau von neuen Radschnellwegen nicht mal in Erwägung zieht.

                Ohne einen verbindlichen Katalog an konkreten Maßnahmen, der festlegt wie und vor allem in welchen Zeiträumen alle Hauptverkehrsstraßen in den nächsten 10 Jahren mit Radwegen ausgestattet werden, kann dieses Radverkehrskonzept den Radverkehr in Bochum nicht nennenswert voran bringen. Um zu wissen, was für bauliche Gestaltungsmöglichkeiten es bei Radwegen gibt und welche Standards beim Radwegebau einzuhalten sind, hätte es keiner seitenlangen Ausführungen in einem neuen Radverkehrskonzept bedurft. Das sollten die Verkehrsplaner und Verkehrsplanerinnen der Stadt in ihrer Ausbildung gelernt haben.

                Offensichtlich verfolgte die Verwaltung mit dem Radverkehrskonzept nicht das Ziel, möglichst schnell für Bochum ein flächendeckendes Netz sicherer, direkter und guter Radwege zu schaffen. Es geht vielmehr darum die Schaffung der nötigen Radverkehrsinfrastruktur unnötig zu komplizieren, weiter zu verzögern und die Planer*innen mit wenig nutzbringenden Planungen (insbes. für Velorouten) zu beschäftigen.

                Statt viel Geld und Personal für die Erstellung von im Wesentlichen unbrauchbaren Konzepten zu verschwenden, wäre es erforderlich, dass die Stadt einen Zeit- und Maßnahmenplan aufstellt, der es ermöglicht das nötige flächendeckende Radwegenetz bis 2033 baulich zu realisieren.

                19 Feb

                Innenstadt: Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung

                City Bochum: Die Tiefgaragenparketagen sehen schick und stylisch aus, die Plätze darüber öd und trostlos. Diese Bild ist nicht überraschend. Im Zeitraum 2017-2027 werden 65,2 Mio. in die Parkhäuser investiert, aber nur 33,4 Mio. in die Gestaltung der Innenstadt. Davon wiederum trägt die Stadt nur 20% (6,7 Mio.), die Parkhauskosten dagegen finanziert sie zu 100%.

                Die Bochumer Innenstadt entwickelt sich leider seit Jahren nicht positiv. Lange war die Idee, Kunden mit vielen, kostengünstigen Parkplätzen in modernen, schicken Parkhäusern unter der Innenstadt zu locken. Über Jahrzehnte flossen Millionen städtischer Gelder in City-Parkhäuser, dafür wurde die Stadtgestaltung vernachlässigt. Doch diese Strategie ging nicht auf. Denn die entscheidenden Faktoren um Kunden in die Innenstadt zu locken sind Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität, nicht schicke Parkplätze. (Shoppen in der City: Parkplätze kaum relevant für Ladenumsätze) Ist die Stadtgestaltung einfallslos, unattraktiv, öd und trostlos haben Kunden keinen Anreiz in die Innenstädte zu kommen, daran ändern auch die besten Parkbedingungen nichts.

                10x mehr städtisches Geld für Parkhäuser als für Stadtgestaltung

                Obwohl Politik, Oberbürgermeister und Stadt seit mindestens 2015 beteuern, erkannt zu haben, dass der entscheidende Punkt für eine positive Entwicklung der City die Gestaltung der Innenstadt ist, zeigen die städtischen Ausgaben für die Innenstadt, dass real kaum städtisches Geld für mehr Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität in der City ausgegeben wird, dafür aber weiterhin große Summen in die Parkhäuser der Innenstadt fließen. Ausweislich der Wirtschaftspläne der Bochumer Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG), die die Parkhäuser betreibt, wurden und werden von 2017-2027 65,2 Mio. Euro in die Parkhäuser investiert.

                Investitionen zur Gestaltung der Innenstadt

                  Rechnet man hingegen die Kosten für die Maßnahmen zusammen, die für die Verbesserung der Gestaltung der Innenstadt bis 2027 umgesetzt wurden bzw. umgesetzt werden sollen (Integriertes Stadtentwicklungskonzept Innenstadt), ergeben sich zusammen nur 33,2 Mio. Euro, wobei 80% der Investitionskosten aus Fördermitteln von Bund und Land finanziert und nur 20% von der Stadt getragen werden. Aus städtischen Mitteln fließen somit nur 6,7 Mio. Euro in die Innenstadt. Das ist ein Zehntel der Summe, die im gleichen Zeitraum in die Parkhäuser fließt. Allein der Neubau des Parkhauses P7 kostet bereits 10 Mio. Euro (WAZ vom 13.04.22).

                  Teil der Mittel für Stadtgestaltung wird indirekt für Parkhäuser ausgegeben

                  Auch fließt ein nicht unwesentlicher Teil der Gelder, die auf dem Papier für die Gestaltung der Innenstadt ausgegeben werden sollen, de facto ebenfalls in Parkhäuser. So kostet die Umgestaltung des Husemannplatzes statt geplanter 4 Mio. voraussichtlich mindestens 8 Mio., weil die vor dem Neubau des Platzes erforderliche Abdichtung des darunter befindlichen Parkhauses teurer wird (Husemannplatz – zwei Jahre zu spät fertig und 4 Mio. teurer als geplant).

                  Die geplante Erneuerung des Dr.-Ruer-Platzes dient ebenfalls in erster Linie nicht einer Verschönerung des Platzes, sondern der Behebung eines bautechnischen Mangels des darunter liegenden Parkhauses. Die Tragschicht unter der Platzpflasterung muss erneuert werden, da diese für das Parkhaus zu schwer ist, Das Parkhaus soll statisch entlastet werden, weil die dadurch bedingten Beschränkungen bisher eine vielfältige Nutzung des Platzes verhindern (Maßnahme B7, ISEK Innenstadt).

                  Parkgebühren können Kosten für Parkhäuser und Stellplätze nicht decken

                  Dazu werden die Investitionen in die Parkhäuser nicht durch die Parkgebühren refinanziert. Aus Parkgebühren erzielt die Stadt im Zeitraum 2017-2027 Umsatzerlöse in Höhe von 95,81 Mio. (Wirtschaftspläne WEG, u.a. für 2023). Geht man davon aus, dass ein Drittel des Gesamtaufwands des Parkhausunternehmens WEG auf Betrieb, Instandhaltung, Abschreibungen und Zinsen der Parkhäuser entfällt, stehen den Erlösen 106,35 Mio. Euro Kosten entgegen. Darin bereits eingerechnet sind die Kosten, für die 2.360 von der WEG bewirtschaftete Straßenstellplätze außerhalb von Parkhäusern, bei denen die Parkgebühren zwar die WEG vereinnahmt, die Kosten für die Stellplätze aber die Stadt trägt (rd. 220 Euro pro Stellplatz pro Jahr).

                  Investitionen, Kosten und Erlöse Parkhäuser

                    Zusammengerechnet ergibt sich In 11 Jahren (2017-2027) bei rein betriebswirtschaftlicher Betrachtung somit eine Unterdeckung von 10,54 Mio. Euro. Aus volkswirtschaftlicher Sicht kommen die nicht kalkulierten, aber erheblichen externen Kosten des Parksuchverkehrs für Lärm, Luftverschmutzung, Unfälle, Klimafolgeschäden u.a. noch hinzu.

                    Autofxierte Strategie zur Innenstadtentwicklung ist nicht mehr zeitgemäß

                    Die genannten Zahlen zeigen, obwohl nur 36% der Innenstadtkunden die City mit dem Auto erreichen (IHK Bochum: Auswirkung des E-Commerce) ist die Strategie zur Entwicklung der Bochumer Innenstadt auch 2023 noch vollkommen einseitig auf das Auto ausgerichtet Und das trotzdem die Grünen seit über 20 Jahren Teil der im Stadtrat bestimmenden Mehrheitskoalition sind.

                    Die Erkenntnis, dass entscheidend für die Vitalität der Innenstadt Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität sind, scheint trotz aller gegenteiligen Lippenbekenntnisse, an Stadt und Politik in Bochum vorbei gegangen zu sein (IFH-Studie: Vitale Innenstädte). Die Investition von nur 6,7 Mio. Euro städtischem Geld für die Verbesserung der Gestaltung der Innenstadt, und das über einen Zeitraum von 11 Jahren ist lächerlich gering. Würde die Stadt ernsthaft das Ziel verfolgen, mehr Menschen in die Innenstadt zu locken, müssten die Investitionen in die Stadtgestaltung vervielfacht werden. Die von der Stadt bisher verfolgte Bedingung, dass Gestaltungsmaßnahmen nur dann ungesetzt werden, wenn diese im Wesentlichen (i.d.R. zu 80%) von Land und Bund finanziert werden, muss aufgegeben werden. Dass diese Voraussetzzungen für Investitionen zur Stadtgestaltung, aber nicht bei Parkhäusern gilt, ist weder zielführend noch gerechtfertigt.

                    Auch angesichts dessen, dass Menschen, die zu Fuß (780 Euro), mit dem ÖPNV (600 Euro) oder mit dem Rad (570 Euro) die Innenstädte erreichen, im Jahr erheblich mehr Geld in der City ausgeben als Autokunden (480 Euro), ist die anhaltend einseitige Autofixierung bei der Innenstadtentwicklungen unverständlich. (Local Business Perception vs. Mobility Behavior of Shoppers: A Survey from Berlin).

                    12 Feb

                    Campus Markstraße – Ein lebendiges Quartier für Querenburg

                    Vor 8 Jahren bereits wurde die alte Erich Kästner-Schule abgerissen. Seitdem tut sich auf dem Erich Kästner-Areal nichts mehr. Es liegt brach. Eine neue Bebauung gelingt nicht, der Bebauungsplan kommt nicht voran. Das bisher verfolgte Bebauungskonzept weist erhebliche Schwachstellen auf und wird von der Nachbarschaft abgelehnt. Die STADTGESTALTER haben daher einen neuen Bebauungsvorschlag entwickelt.

                    2007 bereits hatte der Stadtrat die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Neubebauung des Erich Kästner-Areals an Mark- und Stiepeler Straße beschlossen. Nach dem Abriss der Gesamtschule sollte zügig eine neue Nutzung des Geländes erfolgen. Doch daraus wurde nichts. Die Schule wurde 2015 abgerissen, das Bebauungsplanverfahren lag derweil im Tiefschlaf. Erst 2016 gab die Verwaltung zu, dass das beschlossene Bebauungskonzept mit Einfamilien- Doppel- und Reihenhäusern (Beschlussvorlage 20071308) doch keine gute Idee war.

                    2016 beschloss der Stadtrat eine völlig geänderte Konzeption für den Bebauungsplan (Beschlussvorlage 20161267). Doch auch dieses Konzept überzeugt nicht. Die am Verfahren beteiligten Bewohner*innen der Nachbarschaft befürchteten aufgrund der geplanten dichten Bebauung mit Wohnungen, Büros, Praxen und Gewerberäumen sowie der einseitige Ausrichtung auf den Autoverkehr einen Verkehrskollaps (WAZ vom 19.05.2019). Auch ein Investor, der die geplante Bebauung umsetzen will, hat sich bis heute nicht gefunden. Das Gelände liegt weiterhin brach. Auch für die nächste Zeit ist eine Bebauung nicht zu erwarten. Das Bebauungsplanverfahren befindet sich erneut in der Sackgasse und dauert nun schon unglaubliche 15 Jahre.

                    Das städtebauliche Konzept der Stadt hat erhebliche Schwachstellen

                    Doch warum überzeugt das Bebauungskonzept nicht und ist so umstritten (WAZ vom 23.03.21)? 
                    Das Konzept weist deutliche Schwachstellen auf: Vorgesehen ist eine 3-4 stöckige Blockbebauung mit hohem Versiegelungsgrad, die im Erdgeschoss Büros, Praxen und Gewerbe und darüber 300-400 Wohnungen bieten soll. Der Anteil der Verkehrsfläche ist aufgrund der ausgedehnten Parkplatzflächen und der Straße rund um das gesamte Quartier hoch.

                    Städtebauliches Konzept, Stadt Bochum

                      Das Quartier soll autark funktionieren und wird daher nicht in die Nachbarschaft eingebunden. Die fünf Gebäudeblöcke, mit denen das Areal bebaut werden soll, wirken nach außen abgeschottet und erinnern an Wagenburgen. Direkte Wegeverbindungen zum Studentenwohnheim im Süden, die Hochschule für Gesundheit (HSG) und die sportwissenschaftliche Fakultät der RUB sind nicht vorgesehen. Lediglich ein Verbindungsraum zur Erich Kästner-Gesamtschule über ein Multifunktions-Areal und eine direkte Wegebeziehung zu den Sportanlagen soll geschaffen werden.

                      Für die Studierenden von HSG und der Fakultät der Sportwissenschaften der RUB hat die Bebauung kaum Nutzen, ebenso wenig für die sonstigen Nutzer*innen der Sportanlagen und die Menschen, die in der Nachbarschaft wohnen.

                      Zu befürchten ist, dass die überwiegende Zahl der Patienten wie Besucher*innen der Praxen und Büroräumlichkeiten das Quartier mit dem Auto anfahren und danach auf dem gleichen Weg wieder verlassen wird. Mangels attraktiver Anbindungen an die Hochschulen wie die RUB ist gleiches von den Bewohner*innen des Quartiers zu erwarten, wenn sie zur Arbeit oder zum Einkauf fahren. Wie oft in Bochum, sind eigene Wegebeziehungen für Menschen, die zu Fuß gehen oder das Rad nehmen nicht vorgesehen. Alle sollen die geplanten Straßen benutzen, an denen zusätzlich noch im Übermaß Parkraum geschaffen werden soll.

                      Insgesamt bietet das städtebauliche Konzept den Menschen, die um das Areal herum wohnen, die die Sportanlagen nutzen und den Studierenden von HSG und Sportwissenschaftlicher Fakultät keine Vorteile, dafür belastet es aber die Umgebung mit zusätzlichem Verkehr.

                      Neue städtebauliche Konzeption der STADTGESTALTER

                      Von dem Gedanken ausgehend, dass das Quartier auch für die Menschen aus den umliegenden Einrichtungen und Wohngebieten eine Bereicherung sein sollte, haben die STADTGESTALTER ein neues Bebauungskonzept erarbeitet. Die Idee ist einen offenen Campus für Studierende zu schaffen, der zugleich öffentliche Gemeinschaftsflächen bietet, die allen offenstehen.

                      Städtebauliches Konzept, STADTGESTALTER

                        Beispielhaft sehen die Planungen der STADTGESTALTER eine innovative Bebauung des Geländes mit Gebäuden aus gestapelten Seecontainern vor. So sticht der Campus aus dem in Bochum sonst anzutreffenden architektonischen Einerlei hervor und nimmt das Thema (Wissens-)Hafen, das auch Grundidee der Architektur der RUB ist, auf. Jeder Seecontainer ist dabei als eigenes Studierendenapartment konzipiert. Je nachdem wie viele Container zu Gebäuden gestapelt werden, können auf dem Areal bis zu 500 Wohnungen entstehen.

                        Seecontainer-Apartments, Foto; Naked Urban

                          Die Gebäude befinden sich auf einer großzügigen öffentlich von allen Seiten zugänglichen Grünfläche, die ausgestattet mit entsprechenden Gerätschaften und Sitzgelegenheiten gleichzeitig als Spiel- und Sportfläche dient. Hier können sich nicht nur die auf dem Gelände wohnenden Studierenden sportlich betätigen oder sich in die Sonne legen, ebenso ist das den Schüler*innen der Gesamtschule, den Studierenden von HSG und der sportwissenschaftlichen Fakultät der RUB möglich sowie den sonstigen Nutzer*innen der benachbarten Sportanlagen. Darüber hinaus steht am Übergang zur Gesamtschule eine Multifunktionsfläche mit Kleinspielfeld zur Verfügung, die während der Schulzeit insbesondere den Schüler*innen zur Verfügung steht, sonst aber auch von allen anderen genutzt werden kann.

                          Besonderes Highlight ist das “Moodboard”, eine zentral gelegene Gastronomie- und Eventfläche, wo sich Sportler*innen, Studierende und Schüler*innen sowie alle, die sich sonst auf dem Areal sportlich betätigen oder einfach nur entspannen möchten, treffen können, um eine gute Zeit zu haben, etwas zu trinken, zu essen oder ein kleines Freiluftevent, z.B. Konzert, zu besuchen. Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER soll das “Moodboard” von Frühjahr bis Herbst zum Lebensmittelpunkt des gesamten Stadtviertels werden.

                          Über das Areal führen ausschließlich Geh- und Radwege. Das Gelände ist mit allen angrenzenden Bebauungen verbunden. Auch die U35-Haltestelle Markstraße und die Studierendenwohnheime jenseits der Universitätsstraße könne so schnell erreicht werden. Anlieferverkehre und Übertragungswagen erreichen die Sporthallen und –anlagen von Süden aus über das Gelände der HSG. Sämtliche Autos sollen in einem mehrstöckigen Quartiersparkhaus im Süden an der Stiepeler Straße abgestellt werden. Von hier sind Gesamtschule, Sportanlagen und -hallen auf kurzen Wegen zu Fuß erreichbar. Durch die vorgesehene Verkehrserschließung kann auf die Anlage von Straßen und weiteren Parkflächen auf dem Areal verzichtet werden.

                          Vergleich städtebauliche Konzepte

                            Vorteile der neuen städtebaulichen Konzeption

                            Der Bedarf an Unterkünften für Studierende ist in Bochum nach wie vor groß. Die Apartments auf dem nicht weit entfernt liegenden Seven Stones Gelände sind noch nicht ganz fertig gestellt, aber schon voll vermietet. Wer dort wohnen will, muss sich in Wartelisten eintragen. Mit einem guten Konzept sollte also die Vermietung der hippen Container-Apartments auf dem Campus Markstraße kein Problem sein.

                            Gleichzeitig wird der von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Campus zu einem urbanen Fixpunkt, der besonders studentisches Leben in das Viertel bringt. Das fehlt bisher in Querenburg. Die Studierendenwohnheime dienen primär allein dem Wohnen, Öffentliche Orte, an denen sich Studierende in Querenburg treffen und ihre Freizeit verbringen können, gibt es rund um die RUB bisher kaum.

                            Der Campus Markstraße soll nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER zu einem lebendigen Ort werden, wo sich Menschen gerne treffen. Die einen treiben auf dem Areal Sport, treffen sich zu einem Spiel, andere kommen nach dem Sport von den Sportplätzen und Sporthallen rüber, um noch im Moodboard etwas zu trinken oder zu essen. Wer etwas freie Zeit im Stundenplan hat oder an der frischen Luft lernen will, chillt auf dem Rasen oder nutzt eine der vielen Sitzgelegenheiten. Der Campus Markstraße soll der Ort im Viertel sein, wo immer was los ist.

                            Mit der auf die Uni und die Hochschulen ausgerichteten Konzeption fügt sich die von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Bebauung passgenau in den Rahmenplan Campus Bochum ein. Das unterscheidet das Konzept von der bisherigen Konzeption der Stadt, die im Wesentlichen nur zwei Bezugspunkte zur Hochschule für Gesundheit enthält: Dass Wohnen auf dem Areal soll gesundheitsfördernd und inklusiv ausgestaltet werden und es sollten gesundheitsorientierte Arbeitsplätze entstehen. Denkbar seien Arzt- und Heilpraktiker-Praxen sowie Forschungs- und Dienstleistungseinrichtungen, die mit der HSG kooperieren. Damit wird das städtische Konzept dem Ziel des Rahmenplans, durch die Bebauung des Erich Kästner-Areals einen direkten Bezug zu den institutionellen Clustern des Campus Bochum herzustellen, nicht ausreichend gerecht. Mit der Konzeption der STADTGESTLTER hingegen werden HSG, sportwissenschaftliche Fakultät der RUB einschließlich der Sportanlagen, Erich Kästner-Gesamtschule und die gesamte Umgebung des Areals auf dem Gelände des Campus Markstraße direkt miteinander verknüpft. Der Campus wird zum zentralen urbanen Puzzleteil zwischen allen genannten Einrichtungen des Campus Bochum.

                            Das bisherige Bebauungskonzept kann als gescheitert betrachtet werden. Es ist an der Zeit, dass Stadt und Verwaltung dieses aufgeben und nach einer besseren Lösung suchen. Einen möglichen Vorschlag dazu haben die STADTGESTALTER jetzt vorgelegt.

                            06 Feb

                            Wie lässt sich das Stadtbild in Bochum und dem Ruhrgebiet verbessern?

                            Wilde Müllkippen, hässliche Graffiti, abgesifftes Pflaster, kaputte, zugeparkte Gehwege und abgegammelte, verbaute Gebäude. Bochum und das Ruhrgebiet sind an vielen Stellen schäbig. Es gibt viele Mängel beim städtischen Erscheinungsbild. Was ist zu tun, um das zu ändern?

                            Dem Ruhrgebiet sagt man keinen besonderen Sinn für Ordnung und Sauberkeit nach. Die Städte, wie Bochum, sehen an vielen Orten entsprechend aus. Zunehmend nervt das die Einwohner*innen und stößt auch Besucher*innen negativ auf. Der Anspruch auf Sauberkeit steigt

                            Immer mehr wird ein ansehnliches Stadtbild zu einem Markenzeichen moderner Großstädte. Auch im Wettbewerb um Arbeitskräfte ist das Erscheinungsbild der Städte ein wichtiger Faktor. Die Lebensqualität in ordentlichen, gepflegten, sauberen Städten wird höher bewertet als die in jenen, in denen man, wie im Ruhrgebiet, auf diese Dinge sichtbar bisher nur wenig Wert legt.

                            Wandel des Erscheinungsbildes langwierig und schwierig

                            Doch ein Wandel ist im Ruhrgebiet schwierig, denn es reicht nicht, dass mehr darauf geachtet wird, dass hässliche Graffiti umgehend übermalt werden und achtlos weggeworfener Müll schnell wieder aufgesammelt wird. Der Anblick vieler verbauter Ecken im Ruhrgebiet verbessert sich nur unwesentlich, wenn Schmierereien und Abfall fehlen, man denke an Friedrich-Ebert-Straße, August-Bebel-Platz oder Buddenbergplatz (Sauber, ordentlich, gut gepflegt und ansehnlich: Vier Faktoren für ein attraktives Stadtbild).

                            Stadtgestaltung und –planung – Es muss grundlegender angesetzt werden. Schon bei der Stadtplanung muss auf eine hohe Qualität von Stadtgestaltung und Stadtbild geachtet werden. Menschen sind viel eher bereit schick und schön gestaltete Straßenzüge, Plätze und öffentliche Gebäude sauber zu halten als baulich verunstaltete, abgeranzte bis verwahrloste städtische Orte. Die Stadt setzt städtebaulich die Rahmenbedingungen für ein gelungenes, sauberes Stadtbild.

                            Städtische Instandhaltung, Pflege, Reinigung und Ordnung – Auch für Pflege, Instandhaltung und Stadtreinigung sowie die Ordnung im städtischen Raum ist die Stadt zuständig. In diesem Bereich hapert es ganz grundlegend in den Ruhrgebietsstädten. Über Jahrzehnte wurde die Instandhaltung von Straßen, Gehwegen und städtischen Gebäuden unübersehbar schwer vernachlässigt.

                            Auch mit der Reinigung und Pflege von Parks, öffentlichen Plätzen und Grünflächen tut man sich schwer. Wege wachsen zu, weggeschwemmte Wegebeläge werden nicht ersetzt, die Mülltüten werden lieblos über die öffentlichen Abfallbehälter gestülpt, quillen teilweise über, achtlos weggeworfener Müll wird mancherorts nur sporadisch eingesammelt.

                            Häufig werden zudem bauliche Mängel nicht grundsätzlich beseitigt, man behilft sich stattdessen mit Provisorien. So werden kaputte Straßenbeläge nicht sachgerecht repariert oder erneuert, die sondern die Schlaglöcher jedes Jahr aufs Neue mehr schlecht als recht notdürftig mit Asphalt verfüllt.

                            Auch beim überbordenden Parkchaos zeigen sich die Städte hilflos. Statt Parkplätze und Quartiersparkhäuser zu bauen, wird flächendeckend das rechtswidrige Parken auf Gehwegen geduldet.

                            Hinsichtlich der Standards bei Sauberkeit, Ordnung und Pflege besteht noch deutlich Luft nach oben. Im Wesentlichen wird getan, was nötig ist, mehr nicht. Besonderer Wert wird auf das Erscheinungsbild der Stadt offensichtlich nicht gelegt. Das Bestehen eines funktionierenden Instandhaltungskonzeptes ist weder bei städtischen Gebäuden noch bei Brücken, Straßen und Plätzen festzustellen. Im Bereich des ruhenden Verkehrs ist in vielen Straßen keine Organisation oder Ordnung zu erkennen, es wird gleichgültig und ohne jede Beachtung der Verkehrsregeln überall da geparkt, wo Platz ist, die Städte scheinen jede Kontrolle verloren zu haben.

                            Verhalten der Stadtbewohner*innen – Vor diesem Hintergrund fehlt vielen Menschen der Antrieb selbst auf die Sauberkeit ihrer Stadt zu achten. Von einigen wird Abfall illegal in die Natur gekippt oder ohne Nachdenken neben die Müllcontainer des USB gestellt. Andere schnippen ihre Kippen achtlos in die Landschaft, lassen ihren Grillabfall auf den Wiesen im Park zurück oder lassen lästigen Verpackungsmüll einfach da fallen, wo sie gerade langlaufen. Dass fremder Abfall von Menschen vom Pflaster aufgehoben und mal eben in den benachbarten Müllbehälter entsorgt wird, ist nur selten zu beobachten. Das überlässt man den dafür zuständigen städtischen Betrieben und Unternehmen. Es fehlt eine durchgehende Bereitschaft und Haltung, dass man selbst alles dafür tut, die Stadt gepflegt, sauber und ordentlich zu halten. Einige sehen den Wert solchen Verhaltens angesichts des ohnehin an vielen Stellen vernachlässigten Stadtbildes nicht, andere haben entsprechendes Verhalten nie gelernt. Einen besonderen Schwerpunkt insbesondere in den Schulen setzt die Stadt dazu bisher nicht.

                            Um die Menschen in der Stadt mehr auf das Thema aufmerksam zu machen, findet seit wenigen Jahren allerdings der sogenannte Stadtputz statt, bei dem engagierte Einwohner*innen Teile der Stadt mit Mülltüte und Sammelgerät Teile der Stadt vom Müll befreien. Am 25.03.23 findet die nächste Putzaktion statt (Stadtputz 2023). Eine Maßnahme, die von vielen Menschen dankbar aufgenommen wird, über die die Presse ausführlich und oft berichtet und die so einiges an Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt. Doch ausreichen, um das Erscheinungsbild von Bochum und den anderen Städten des Ruhrgebiets dauerhaft aufzuwerten, werden solche Aktionen lange nicht.

                            Ein neues Leitbild ist nötig

                            Dafür ist ein Umdenken auf allen Ebenen erforderlich, beginnend bei der Stadtgestaltung, über die Instandhaltung und Pflege von Gebäuden, Straßen, Plätzen und Stadtgrün sowie bei der Ordnung des Stadtraums bis hin zum Verhalten der Stadtbewohner und –bewohnerinnen.

                            Zur Einleitung dieses Umdenkens bedarf es zunächst einer Änderung des Anspruchs daran, welches Erscheinungsbild im Ruhrgebiet in Zukunft angestrebt wird. Der Anspruch ist bisher eher von Gleichgültigkeit und wenig Veränderungsbereitschaft hinsichtlich des Ist-Zustandes geprägt. “Woanders ist auch scheiße”, sagt man im Ruhrgebiet und findet sich damit ab, wie es ist, auch mit dem an vielen Stellen wenig schmeichelhaften Stadtbild. Der Anspruch sollte also deutlich steigen. Ein neues Leitbild zum gewünschten Erscheinungsbild von Bochum und dem Ruhrgebiet wäre nötig. Es könnte folgende Selbstverpflichtung sein: “Wir im Ruhrgebiet, legen zukünftig besonderen Wert auf das Erscheinungsbild unserer Städte. Bei Stadtgestaltung, Instandhaltung, Pflege, Ordnung wie Sauberkeit.”

                            Um ein solches Leitbild zu verinnerlichen, müsste es in den Städten des Ruhrgebietes immer wieder thematisiert, überall präsent und öffentlich sichtbar gemacht werden. In den für Stadtgestaltung, Instandhaltung, Pflege, Ordnung und Sauberkeit zuständigen Ämtern, Betrieben und Unternehmen der Städte müsste das Leitbild in den Zielsetzungen verankert werden. Diese wären aufgefordert Strategien und Konzepte zu entwickeln, so dass ihre Arbeit dem neuen Leitbild gerecht wird und die gesetzten Ziele Schritt für Schritt erreicht werden. Dazu müssen sie entsprechend organisiert und ausgestattet werden.

                            Auch bei Kindern und Heranwachsenden sollte das Thema fest verankert werden. Wird das Leitbild beständig und intensiv in den Schulen behandelt, wachsen zukünftige Generationen heran, für die das Thema eine viel höhere Bedeutung hat. Das so vermittelte Bewusstsein bestimmt wiederum das Verhalten.

                            Im Bereich Ordnung sollten nach einer Vorlauf- und Hinweiszeit, die entsprechenden Regeln konsequent durchgesetzt werden. Dazu wären auch empfindliche Bußgelder hilfreich, um deutlich zu machen, wie wichtig es den Städten ist, dass die Regeln eingehalten werden.

                            Der Wandel des Erscheinungsbilds wird einige Zeit dauern

                            Ein Wandel im Erscheinungsbild wird nicht von heute auf Morgen möglich sein. Wie dargestellt bedarf es vieler unterschiedlichster Maßnahmen auf den verschiedensten Ebenen. Ohne entsprechende Überzeugung und den Willen der Politik, dass genannte Leitbild konsequent zu verfolgen, kann der Wandel nicht gelingen. Die Politik muss den Menschen erklären, warum es dauern wird, bis Erfolge sichtbar werden.

                            Im ersten Schritt aber muss die Politik in Bochum wie dem Ruhrgebiet erkennen, wie wichtig den Bewohner*innen das Erscheinungsbild ihrer Stadt ist und welch große Bedeutung das Thema im Wettbewerb der Städte um Menschen und Arbeitskräfte hat, um den nötigen grundlegenden Wandel zielgerichtet wie entschlossen anzugehen.

                            29 Jan

                            Ruhrgebiet: Mieser Nahverkehr schreckt Touristen ab

                            Das Ruhrgebiet bietet einzigartige Sehenswürdigkeiten. Nur gut hin kommen die Touristen nicht. Für eine Rundtour zu 11 Highlights des Reviers braucht man mit Bus und Bahn 8,5 Stunden, mit dem Auto 3 Stunden und 17 Minuten. Das schreckt Städtereisende ab und kostet das Ruhrgebiet Milliarden. Auch ist der schlechte ÖPNV beim Ruhrtourismus nicht die einzige Baustelle.

                            Das Ruhrgebiet zählt laut „National Geographic“ weltweit zu den 25 Top-Reisezielen (Ruhrgebiet als weltweites Top-25-Reiseziel ausgezeichnet). Das Magazin begründet die Auszeichnung, wie folgt: Dass Ruhrgebiet verfüge über einmalige Halden und „post-apokalyptisch wirkende“ Industriegebäude, die zu Museen, Parks und Open-Air-Kulturräumen umgebaut worden sind. Für Städtereisende aus aller Welt ist die Metropole Ruhr hochattraktiv und ein Must-See.

                            Ruhrgebiet kann Erwartungen von Städtereisenden nicht erfüllen

                            Doch der Tourismusboom bleibt bisher aus. Die Tourismusinfrastruktur im Ruhrgebiet ist in vielen Bereichen kaum besser als die eines Entwicklungslandes. Im Revier von einem Ort zum anderen zu fahren dauert endlos und ist dazu außerordentlich unkomfortabel und umständlich. Verständlich, dass da Touristen lieber woanders hin reisen.

                            Spannende Großstädte und Metropolen sind voll mit Touristen aus aller Welt. Städtetourismus boomt. Die Touristen kommen von überall in die Metropolen, bevorzugt mit der Bahn oder dem Flugzeug, nehmen sich eine zentrale Unterkunft und fahren von da aus mit Bus und Bahn zu den beliebten Sehenswürdigkeiten und den wenig bekannten Hidden Gems. Das funktioniert in allen großen Städten der Welt nach dem gleichen Muster, nur im Ruhrgebiet geht es leider so nicht.

                            Schon bei der Planung einer Ruhrgebietsreise stoßen erfahrene Städtetouristen an ihre Grenzen und auf ungeahnte Probleme. Die Tourismusseite des Ruhrgebiets (Mein Ruhrgebiet) gibt es nur auf Deutsch, die automatisierte Übersetzung funktioniert nicht vernünftig. So wurde bis zum Erscheinen dieses Beitrags “Komm zur Ruhr” im Englischen mit “Come to the dysentery” übersetzt (Arrival in the Ruhr area). Dysentery steht im Englischen allerdings nicht für den Fluss, sondern für die Durchfallerkrankung “Ruhr”, Das ist peinlich und unprofessionell. Eine eigene Seite auf Englisch, Französisch, Spanisch oder Chinesisch gibt es nicht. Fremdsprachige Touristen scheint das Ruhrgebiet nicht ernsthaft ansprechen zu wollen.

                            Üblicherweise besorgen sich Touristen in Metropolen einen Städte-Pass. Der gilt für einen, zwei oder noch mehr Tage. Man bezahlt den Pass und kann damit kostenfrei den Nahverkehr benutzen wie die wichtigsten Sehenswürdigkeiten besuchen. Ist in London, Paris, Berlin, Hamburg oder in München möglich, im Ruhrgebiet allerdings nicht. Für die Metropole Ruhr gibt es zwar die WelcomeCard doch damit erhält man nur an mageren 27 Sehenswürdigkeiten freien Eintritt. Deutsches Bergbaumuseum, Villa Hügel, Folkwang Museum, Deutsches Fußballmuseum und viele andere Sehenswürdigkeiten deckt die Karte nicht ab. Das Angebot ist schlecht und wird kaum wahrgenommen. Das erklärt auch die unprofessionelle Internetseite, über die die Karte angeboten wird (WelcomeCard).

                            Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs im Ruhrgebiet ist Touristen kaum zuzumuten

                            TopUp-Nahverkehrskarten wie Oyster, GoCard, Octopus oder Suica, deren Nutzung Städtetouristen aus den Metropolen der Welt gewohnt sind, gibt es im Ruhrgebiet ebenfalls nicht (VRR – Höchste Zeit für den E-Fahrschein). Politik und Nahverkehrsbetriebe des Ruhrgebiets setzen stoisch auf ein undurchsichtiges aus der Zeit gefallenes Tarifsystem, mit dem bewusst Kunden vom Fahren mit Bus und Bahn abgeschreckt werden (VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel). Der schon für Bewohner*innen des Ruhrgebiets nicht nachvollziehbare Tarifdschungel, ist für Touristen schon gar nicht zu durchdringen. Folgerichtig spart sich Ruhr-Tourismus auf seiner Internet-Seite jeden Versuch das Nahverkehrssystem des Ruhrgebiets auch nur im Ansatz zu erklären.

                            Touristen, die trotz aller Widrigkeiten bereit sind das Abenteuer “ÖPNV im Ruhrgebiet” auf sich zu nehmen, stellen schnell fest, dass sie auf ihrer Städtetour durch die Metropole Ruhr endlos Zeit in Bussen und Bahnen verbringen, aber Ihnen kaum Zeit für die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten bleibt.

                            Rundtour zu 11 Highlights des Ruhrgebiets

                            Dazu folgendes Beispiel: Auf einer Rundtour verbindet man die Besichtigung von 11 der beliebtesten Sehenswürdigkeiten des Ruhrgebiets (siehe Karte). Bei dieser Tour ist man mit Bus und Bahn, Wartezeiten an Haltestellen und Bahnhöfen nicht eingerechnet, 8,5 bis 10,5 Stunden unterwegs, mit dem Auto dagegen nur 3 Stunden und 17 Minuten. Mit dem ÖPNV beträgt die durchschnittliche Reisezeit 15 km/h, mit dem Auto 42 km/h. Dazu bergen Bus und Bahnen weitere Herausforderungen: Nur im Ausnahmefall bekommt man eine Verbindung, bei der man nicht mindestens einmal umsteigen muss. Häufig bestehen von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten auch wochentags jede Stunde überhaupt nur zwei bis vier Nahverkehrsverbindungen. An Wochenenden, an denen Touristen bevorzugt unterwegs sind, sind es in der Regel noch weniger.

                            Fahrtzeiten zwischen Sehenswürdigkeiten

                            Bei Licht betrachtet ist eine Besichtigung der Sehenswürdigkeiten des Ruhrgebietes mit dem ÖPNV aufgrund des blamabel schlechten Nahverkehrsangebots unzumutbar bis unmöglich. Teilstrecken mit dem Rad oder mittels Car-Sharing zurückzulegen, stellt in der Regel keine mögliche Alternative dar, denn in den Städten des Ruhrgebiets gibt es weder flächendeckende Bike- noch Car-Sharing-Netze (In Bochum besteht bei Car- und Bike-Sharing immenser Nachholbedarf). Weil dem Ruhrgebiet darüber hinaus ein durchgehendes Netz sicherer Radwege fehlt, ist vom Radfahren ohnehin abzuraten und ist eine Radnutzung auch in dieser Hinsicht keine Option.

                            Realistisch ist eine Rundtour zu den Sehenswürdigkeiten des Reviers nur mit einem (Miet-)Auto möglich. Gehört sonst bei Städtereisen, das entspannte Reisen mit den Einheimischen in Bussen und Bahnen zum Stadterlebnis dazu, fehlt das im Ruhrgebiet. Dafür sieht der Tourist viele hässliche Autobahnen, sucht ständig nach Parkplätzen oder steht im Stau und verzweifelt am Ruhrgebietsverkehr.

                            Schlechter öffentlicher Nahverkehr kostet Ruhrgebiet Milliarden

                            Eine Städtereise ins Ruhrgebiet ist nur ein Erlebnis für Hartgesottene. Wer komfortabel und bequem Städte bereisen möchte, macht um das Ruhrgebiet einen großen Bogen. Wegen den ausbleibenden Touristen entgehen dem Ruhrgebiet Milliarden. Nach Berlin, Hamburg oder Köln, kommen pro Einwohner*in rund fünfmal mehr Touristen als ins Ruhrgebiet, nach Berlin sogar über achtmal so viele. 2,5 Milliarden Umsatz erwirtschaftete das Ruhrgebiet 2019 mit dem Tourismus (Bedeutung Tourismus im Ruhrgebiet). Es könnte ein Vielfaches sein. Der Tourismus könnte für das Ruhrgebiet längst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor darstellen.

                            Wirtschaftsfaktor Tourismus im Ruhrgebiet

                            Bezogen auf Bochum beträgt die durch Tourismus erwirtschaftete Wertschöpfung rechnerisch derzeit rd. 106,9 Mio. Euro, das mit Touristen erzielte Steueraufkommen 20,5 Mio. Euro. Mit funktionierendem Nahverkehr und zeitgemäßem Tourismusangebot könnte es locker das Dreifache sein. Die Unwilligkeit und Unfähigkeit von Politik wie Verkehrsbetrieben im Ruhrgebiet einen metropolengerechten Nahverkehr zu schaffen, kostet die Stadt nur bezogen auf den Tourismus also jedes Jahr rund 40 Mio. Euro.

                            Das Potential des Tourismus im Ruhrgebiet ist riesig. Leichtfertig verschenken die Städte des Ruhrgebiets jedes Jahr Milliarden. Man ist bisher partout nicht bereit, die Bedingungen zu schaffen, die Städtetouristen aus anderen Großstädten und Metropolen gewohnt sind und somit ganz selbstverständlich auch in der Metropole Ruhr erwarten. Immer wieder schildern Politiker und Politikerinnen des Reviers die Chancen des Tourismus im Ruhrgebiet in den schillerndsten Farben. Um die Chancen zu nutzen, muss man allerdings auch Handeln und Willens sein die eklatanten Defizite zu beseitigen, schöne Reden allein bewirken nichts.

                            22 Jan

                            Ein neuer Park für die Innenstadt – rund um das St. Elisabeth-Hospital

                            Bereits 2016 hatten die STADTGESTALTER zwischen Rietkötter, der Propsteikirche und dem Kuhhirtenplatz einen neuen, schicken Platz vorgeschlagen. Jetzt haben Sie ihre Idee um einen Park, der sich über Untere Marktstraße und Bleichstraße erstrecken soll, erweitert.

                            Der Bochumer Innenstadt fehlt Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität. Es fehlen nette Orte, an denen man sich gerne mit anderen Menschen trifft, wo man sich gerne aufhält und Zeit verbringt, weil man sich dort wohl fühlt.

                            Um wieder Menschen und potentielle Kunden für die Innenstadt zu gewinnen, müssen solche Orte und Plätze, von denen es bis zum zweiten Weltkrieg viele in der Innenstadt gab, wieder geschaffen werden. Die STADTGESTALTER denken, die ehemalige Bochumer Altstadt hätte das Potential wieder zu einem solchen liebenswerten Ort zu werden.

                            Das Herz der Stadt und seine Verhässlichung

                            Das Herz der alten Bauernstadt Bochum liegt zwischen der Propsteikirche und Rietkötter. Hier, wo heute eine lieblos gestaltete Kreuzung als herausragendes Beispiel für außerordentlich misslungene Stadtgestaltung gilt, lag bis in die 50er Jahre der historische Stadtkern von Bochum mit seinen Fachwerkhäusern. Die Häuser, die den letzten Weltkrieg nicht überstanden hatten, wurden, mit Ausnahme von Rietkötter, dessen Eigentümerfamilie sich als einzige erfolgreich wehrte, in den 50er Jahren dem Erdboden gleichgemacht und ohne besonderen Anspruch an Stadtgestaltung oder einen langfristigen Stadtentwicklungsplan zu verfolgen, ziellos durch belanglose bis hässliche Häuserblöcke ersetzt. Mit der lieblosen Aufstellung der Statue des Grafen Engelbert am Rande der heutigen Kreuzung und der “Maiabendpforte” an der Großen Beckstraße wurde später mehr schlecht als recht versucht die optischen Missstände des Ortes etwas zu kaschieren.

                            Trotz aller Ver­häss­li­chung vermitteln Gebäude wie Rietkötter, die weithin sichtbare Kirche, das alte, rote geklinkerte katholische Pfarrhaus sowie der Bestand mit hohen, großen Bäumen auf dem Kirchenareal wie entlang von Unterer Marktstraße und Bleichstraße dem ehemaligen Altstadtviertel noch heute einen gewissen Reiz, der sich durch eine grundlegende Umgestaltung zu einem Platz und Park wieder neu beleben ließe.

                            Der Propstei-Platz

                            Die STADTGESTALTER haben dazu bereits 2016 einen ersten Vorschlag gemacht (Ein neuer Platz für Bochum). Dieser sieht eine Verkehrsberuhigung der heutigen Kreuzung vor Rietkötter vor. Das Denkmal von Graf-Engelbert soll in die Mitte des von Außengastronomie gesäumten Platzes rücken. Über zusätzliche Treppen, auf denen auch Menschen sitzen und verweilen können sollten, soll der Vorplatz der Kirche mit den tiefer liegenden  Platzflächen verbunden werden. Weiterhin könnte der Bachlauf auf dem Kuhhirtenplatz bis zum neuen Platz verlängert werden. Mit einheitlicher Pflasterung zusätzlichen hohen, Schatten spendenden Bäumen und vielen Sitzgelegenheiten hätte der neue Propste-Platz bei einer entsprechenden Gestaltung das Potential zu einem der beliebtesten Treff- und Aufenthaltsorte der Innenstadt zu werden.

                            Propstei-Park

                              Der Propstei-Park

                              Nunmehr schlagen die STADTGESTALTER vor, den Platz um einen Park zu erweitern, der sich rund um das St. Elisabeth-Hospital über die Untere Markt- wie die Bleichstraße erstreckt und den dort schon bestehenden alten Baumbestand ideal zur Geltung bringen könnte. Der neue Park wäre nicht nur für Innenstadtbesucher*innen ein schöner Ruheort, auch für die Patienten und Besucher*innen des Krankenhauses würde ein idealer Erholungsort entstehen.

                              Der Plan der STADTGESTALTER sieht vor, alle Parkplätze die sich derzeit noch auf den beiden genannten Straßen befinden, in ein neues Parkhaus auf dem heutigen Parkplatz gegenüber dem Haupteingang des St. Elisabeth-Hospitals zu verlegen. Auf 2-3 Parketagen könnten alle Autos, die heute in dem Bereich parken, gut unterkommen. Vorgeschlagen wird darüber hinaus, auf dem Dach des Parkhauses ein Wohnhaus in bester Citylage zu bauen.

                              Plan Propstei-Park

                                Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollen Anwohner*innen und Anlieger*innen zukünftig nur noch auf einer schmalen Fahrspur mit Ausweichstellen vom “Boulevard” bis zur Rückseite vom Schuhhaus Lötte an der Unteren Marktstraße fahren können und von dort nur Gäste und
                                Beschäftigte der Propsteikirche weiter bis auf den höher gelegenen Kirchenvorplatz.  Auf der Bleichstraße soll die Fahrbahn vom Innenstadtring am Krankenhaus vorbei bis zum Beginn der Bebauung auf der linken Seite der Straße führen. Ein Durchfahren der Unteren Marktstraße wie der Bleichstraße wäre damit nicht mehr möglich. Trotzdem werden alle Zufahrten und Garagenhöfe mit dem Auto erreicht und ist auch eine Belieferung der Geschäfte und Gastronomiebetriebe weiterhin gut möglich. Bei Bedarf sollen für Betriebe zusätzliche Ladezonen vorgesehen werden.

                                Die gesamte übrige, heutige Asphaltfläche von Unterer Markt- und Bleichstraße soll entsiegelt und zur Park- bzw. Rasenfläche werden. Der Plan der STADTGESTALTER sieht Spazierwege entlang der heutigen Straßen vor sowie Radwege, mit denen die verbleibenden Autofahrspuren verbunden werden.

                                Vorher-Nachher: Propstei-Park

                                  Weiterhin sollen die Bürgersteige vor den Geschäften und Gastronomiebetrieben verbreitert und wo erforderlich, durch zusätzliche Pflasterflächen für Freisitze ergänzt werden. Besonders im Bereich der oberen Bleichstraße Richtung “Boulevard” sollen weitere große, Schatten spendende Bäume angepflanzt werden. Zudem ist den STADTGESTALTERn wichtig, dass im gesamten Parkbereich viele neue Sitzgelegenheiten, insbesondere Parkbänke aufgestellt werden, die auch den Patienten des Krankenhauses und älteren Menschen ein leichtes und bequemes Sitzen im Park ermöglichen. Aus gleichem Grund ist auch auf die Barrierefreiheit der Gehwege besonderer Wert zu legen. 

                                  Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

                                  Grüne Oasen fehlen der Innenstadt bisher. Der Park würde den “Boulevard”, den Gasthof “Mutter Wittig”, das alte Pfarrhaus, den Kuhhirtenplatz, auf dem seit Jahren ein Spielplatz entstehen soll (Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz im Stadtrat beschlossen), Rietkötter sowie die Propsteikirche miteinander verbinden und der Stadt in diesem Bereich ein sehr viel schöneres Stadtbild verleihen, mit dem Bochum zusätzlich optisch punkten könnte. Nicht zuletzt wäre der Park ein großer Gewinn für das St. Elisabeth-Hospital.

                                  Also sollten Stadt, die Geschäftsleute der Innenstadt, katholische Gemeinde und das Krankenhaus Gespräche aufnehmen, wie sie es gemeinsam bewerkstelligen können, dieses Areal zu einer kleinen grünen Lunge und einem liebenswerten Ort der Innenstadt zu machen. Viele Menschen in Bochum sehnen sich nach mehr Grünflächen in der Innenstadt, dass der Park gut angenommen wird, sollte daher außer Frage stehen.

                                  15 Jan

                                  Verwaltung wird immer teurer, Geld fehlt für Zukunftsinvestitionen

                                  Im Zeitraum von 2015 bis 2024 werden die Kosten der Verwaltung um 120,4 Mio. Euro steigen. Das sind pro Einwohner*in 331 Euro mehr im Jahr. Die Zahl der Stellen wächst um 900. Das Geld für die Verwaltung fehlt im Stadthaushalt für Zukunftsinvestitionen. In anderen Großstädten kostet die Verwaltung deutlich weniger.

                                  Seit Thomas Eiskirch (SPD) Oberbürgermeister ist, wurde immer mehr städtisches Geld in die Stadtverwaltung gepumpt, das für Investitionen in Schulen, Klimaschutz, Stadtgestaltung, moderne Mobilität, KiTa-Plätze usw. fehlt. Seit 2015 explodieren die Kosten der Verwaltung. 2024, wird der städtische Personalaufwand um 38% gegenüber 2015 gestiegen sein. Die Zahl der Vollzeitstellen wird dann in nur 10 Jahren um 900 angewachsen sein. Das sind 18% mehr Stellen als 2015. Statt 313,5 Mio. Euro sollen in Bochum 2024 433,9 Mio. Euro für das Personal der städtischen Verwaltung ausgeben werden. Somit steigt der Personalaufwand in einem Jahrzehnt um 120,4 Mio. Dabei sind in der Personalkostensteigerung die Mehrkosten für Büros, EDV- und sonstige Ausstattung, die für 900 neue Beschäftigte benötigt werden, noch gar nicht enthalten.

                                  Entwicklung Personalaufwand und Stellenzahl

                                    Betrugen die jährlichen Kosten der Verwaltung pro Einwohner und Einwohnerin 2015 noch rund 860 Euro, werden es 2024 fast 1.200 Euro sein (+38%). Auch der Anteil der Personalaufwendungen an den gesamten Aufwendungen der Stadt stieg leicht von 25% auf 26%.

                                    Immer mehr Personal und Kosten, aber kaum Leistungssteigerung bei der Verwaltung

                                    Trotz stagnierender Einwohnerzahl und Digitalisierung, benötigt die Stadt immer mehr Personal um ihre Aufgaben zu erfüllen. Sicher muss die Stadt 2024 mehr Aufgaben bewältigen als noch 2015., die Explosion von Personalkosten und Stellen rechtfertigt das jedoch nicht. Bei der massiven Steigerung der Kosten sollten die Einwohner*innen zudem erwarten können, dass sich Leistung und Geschwindigkeit der Verwaltungsarbeit in gleichem Maß erhöhen wie die zusätzlichen Kosten. Das ist allerdings nicht festzustellen.

                                    Die Verwaltung kann ihre eigenen Zeitplanungen immer öfter nicht einhalten (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam), erhebliche Verzögerungen von Projekten und Bearbeitungen sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant).

                                    Seit Jahrzehnten rechtfertigt die Verwaltung massive Defizite bei der zeitlichen Umsetzung von Ratsbeschlüssen reflexartig mit Personalmangel. Bei der Realisierung des Radwegekonzeptes und Radinfrastrukturprojekten zum Beispiel schon seit nunmehr 23 Jahren (seit 1999, Trauriges Jubiläum – 20 Jahre Radkonzept, kaum Zählbares passiert). Angesichts der erheblichen Zunahme an Stellen, sind solche Rechtfertigungen jedoch mittlerweile unglaubwürdig. Entweder handelt es sich um Ausreden oder die Verwaltung war trotz des massiven Stellenzuwachses in 23 Jahren unfähig eine effiziente Abarbeitung entsprechender Ratsbeschlüsse zu organisieren.

                                    Auch der Personalmangel im Ausländerbüro (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar) ist angesichts der erheblichen Stellenzunahme gerade in den letzten Jahren nicht durch zu wenig Personal zu erklären, die Ursache scheint vielmehr darin zu liegen, dass zusätzliches Personal nicht dort zum Einsatz kommt, wo es dringend erforderlich wäre.

                                    Kalkulation von Personalaufwand und Stellenzahl

                                    Um die Entwicklung von Personalaufwand und Stellenzahl seit 2015 zu betrachten, müssen in Bochum drei Bereiche berücksichtigt werden: Die Verwaltung selbst, die Zentralen Dienste, in die wesentliche Dienstleistungen der Verwaltung ausgegliedert wurden und die Wasserwelten GmbH, in die ab 2018 der Betrieb der städtischen Bäder der Stadt ausgelagert wurde.

                                    Personalaufwand, Verwaltung Bochum

                                      Ein erheblicher Personalzuwachs wie eine deutliche Zunahme der Personalkosten ist sowohl bei der Verwaltung wie den Zentralen Diensten festzustellen. Das für den Betrieb der städtischen Bäder erforderliche Personal wurde 2018 von den Wasserwelten übernommen, wird aber noch im städtischen Stellenplan 2018/19 aufgeführt, weshalb bei der vorliegenden Kalkulation die Stellen bei den Wasserwelten erst ab 2020 berücksichtigt werden. Aus den Wirtschaftsplänen der Wasserwelten geht nicht hervor, ob sich die Stellenzahl dort seit 2018 verändert hat, sie wurde daher ab 2018 unverändert fortgeführt.

                                      Stellenzahl, Verwaltung Bochum

                                        Die bei den Zentralen Diensten beschäftigten Beamten werden weiterhin im städtischen Stellenplan aufgelistet und wurden in der vorliegenden Kalkulation daher nicht bei den Stellen der Zentralen Dienste eingerechnet.

                                        Immer wieder werden Stellen zwischen Verwaltung und Zentralen Diensten hin und her geschoben, insbesondere 2019 und 2023, so dass der Stellenplan der Verwaltung für sich gesehen hinsichtlich der Entwicklung der Stellenzahl der gesamten Verwaltung nicht aussagekräftig ist. Bis 2017 wurden in den Daten zum Haushalt die Personalaufwendungen noch ohne Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen ausgewiesen, folgerichtig wurden die Daten für die Jahre 2015 bis 2017 um die entsprechenden Versorgungsaufwendungen erhöht.

                                        Die Hinweise zur vorliegenden Kalkulation zeigen, die Entwicklung von städtischen Personalausgaben und deren Entwicklung ist intransparent und für die Bürger*innen nicht nachvollziehbar. Das sollte für die Zukunft geändert werden.

                                        Die sich massiv erhöhenden Personalkosten gehen einher mit einer stark sinkenden Investitionstätigkeit der Stadt. Sind im Stadthaushalt für 2023 noch 292 Mio. Euro für Investitionen eingeplant, sind es 2027 nur noch 121 Mio. (Abnahme: -171 Mio. Euro, -41%). Das Geld das mehr für die Verwaltung ausgegeben wird fehlt bei den Investitionen in die Zukunft der Stadt.

                                        Geplante Investitionen, Stadt Bochum, Auszug Präsentation zur Einbringung des Haushalts 2023/24

                                          Spitzenplatz bei den Personalkosten für Bochum

                                          Vergleicht man die Kosten für das städtische Personal mit den Personalaufwendungen anderer Großstädte, sieht man, es geht auch deutlich günstiger. Bezogen auf das Jahr 2020, belegt Bochum bei den Personalaufwendungen pro Kopf der 10 größten Städte von NRW den Spitzenplatz. Beachtet werden muss allerdings, dass auch bei einigen anderen Städten Verwaltungspersonal in städtische Eigenbetriebe ausgegliedert und daher in den Stellenplänen der Verwaltung nicht ausgewiesen wird. Eine Ausgliederung von zentralen Verwaltungsstellen in der Größenordnung wie in Bochum mittels der Zentralen Dienste ist in anderen Städten allerdings nicht festzustellen.

                                          Städtevergleich Peronalaufwand

                                            Betrachtet man bei den Großstädten, deren Personalkosten 2020 unter 1.000 Euro pro Einwohner/in lagen, die geplanten Personalausgaben für 2024, dann liegen diese zwischen 144 und 294 Euro pro Kopf und Jahr niedriger als die in Bochum. Es sollte in Bochum also ebenfalls möglich sein den Personalaufwand um 125 bis 250 Euro pro Einwohner/in und Jahr zu senken. Das würde eine Ersparnis im Haushalt von 45 bis 90 Mio. Euro im Jahr bedeuten. Dieses Geld stünde dann jedes Jahr zusätzlich bereit, um es in z.B. Schulen, Bildung, KiTa-Plätze, Stadtgestaltung, Mobilitätswende und andere Dinge zu investieren.

                                            Verwaltungsreform unumgänglich

                                            Um die ausufernden städtischen Personalaufwendungen zu senken, bedarf es dringend einer grundlegenden Verwaltungsreform, bei der alle Verwaltungsabläufe untersucht und optimiert werden. Mängel in der Verwaltungsorganisation durch immer mehr Personal lösen zu wollen, funktioniert nicht. Wie sich In Bochum zeigt, werden die Verwaltungsabläufe trotz immer mehr Beschäftigter nicht kürzer, sondern immer länger.

                                            Die Lösung ist also nicht mehr Personal, stattdessen müssen die Verwaltungsabläufe effektiver werden. Personal muss da bevorzugt eingesetzt werden, wo es erforderlich ist. Wie die Explosion von Personalaufwand und Stellen zeigt, kann die Verwaltung eine entsprechende Verwaltungsreform nicht selbst stemmen. Die Potentiale für Effizienzsteigerungen müssen durch unabhängige externe Berater*innen untersucht und aufgezeigt werden.

                                            Erst die Bedürfnisse der Einwohner*innen, dann die Wünsche der Verwaltung

                                            Auch muss sich die Haltung der Politik ändern. Primäre Aufgabe der Politik ist nicht das Wohlergehen der Verwaltung sicher zu stellen und deren Wünschen nach mehr Beschäftigten und möglichst wenig Veränderungen der Organisationsabläufe nachzukommen. Vielmehr ist es Aufgabe der Politik sicher zu stellen, dass die Verwaltung so organisiert ist, dass sie den Bedürfnissen der Einwohner*innen hinsichtlich schneller und effizienter Bearbeitung ihrer Anliegen bei möglichst geringen Kosten gerecht wird. Dass dabei die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten der Verwaltung ebenfalls hinreichend berücksichtigt werden müssen. ist selbstverständlich. Dass aber z.B. eine grundlegende Verwaltungsreform scheitert, weil die Verwaltung systematische Untersuchungen der Abläufe durch externe Berater*innen ablehnt, darf kein Hinderungsgrund sein, diese im Sinne der Einwohner*innen gleichwohl durchzuführen.

                                            Bochum ist vom Ziel Vorreiterin modernen Stadtmanagements zu sein weit entfernt

                                            Wesentliches Ziel der von Oberbürgermeister Eiskirch initiierten Bochum Strategie ist, Bochum soll Vorreiterin modernen Stadtmanagements werden (Vorreiterin modernen Stadtmanagements, Zielbild 2030:). Dazu gehört eine effiziente, schnelle Verwaltung. Explodierende Personalkosten und ausufernde Stellenzahlen sind hingegen kein Kennzeichen für modernes Stadtmanagement. Der Oberbürgermeister ist Chef der Verwaltung, bisher sieht es nicht so aus, als sei es ihm möglich das selbst gesetzte Ziel zu erreichen.