23 Jul

Offener Brief – Was sagen Geschäftsleute und Immobilienbesitzer zum Zustand der Innenstadt?

Immer lauter beklagen sich die Menschen in Bochum über die Entwicklung der Innenstadt. Die STADTGESTALTER fragen bei den Geschäftsleuten und Immobilienbesitzern nach, wie sie die Lage einschätzen und was sie tun wollen, damit die City wieder in die Spur kommt

Liebe Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt,

die Klagen der Menschen über die Entwicklung der Innenstadt werden immer lauter. In der City fehle es an guten Geschäften. Euroshops, Billigketten und Discounter würden die Stadt überschwemmen. Wirklich gute Einkaufsmöglichkeiten gäbe es kaum noch. Das Stadtbild der Innenstadt wird bemängelt. Die Menschen vermissen schöne Plätze, einladende Grünflächen, Sauberkeit und  ansprechende Stadtgestaltung. Auch das Service-Angebot wird bemängelt. So suche man z.B. Spielplätze und Toiletten oft vergeblich.

Die in den letzten Jahren umgesetzten Projekte wie Stadtbadgalerie, Sparkassengalerie, Einkaufszentrum Gerberviertel, Boulevard sowie die Schaffung von massenhaft Parkplätzen in unterirdischen Parkhäusern, heben nicht den Erfolg und nicht die Impulse für die Innenstadt gebracht, die die Stadt dazu in Aussicht gestellt hatte. Die gesetzten Ziele wurden in allen Fällen deutlich verfehlt. Auch das Projekt Husemann Karree, vormals Viktoria Karree, droht zu scheitern. Wie die Reaktionen zeigen, kann nach Ansicht der meisten Bochumer und Bochumerinnen ein weiterer Woolworth, der sich selbst als “Home of Discount” bezeichnet, die Innenstadt nicht positiv beleben, sondern steht vielmehr für einen weiteren Abstieg der Innenstadt.

Über die Jahre wurde die Bochumer Innenstadt einseitig auf Autokunden ausgerichtet, die in die Innenstadt kommen, dort einkaufen und schnell wieder wegfahren, deren Anspruch an Stadtgestaltung gering ist, die möglichst billig shoppen und wenn möglich umsonst parken möchten. Kunden, die mit anderen Verkehrsmitteln die Innenstadt erreichen wollen, einen hohen Anspruch an Stadtbild,, Stadtgestaltung, Verweilqualität und die Qualität der Geschäfte haben, meiden dagegen immer häufiger die Innenstadt,

Dabei zeigen alle Studien, dass die Kunden, die zu Fuß, mit dem ÖPNV oder dem Rad in die Innenstadt kommen, deutlich mehr in den Innenstädten ausgeben als die Kunden, die mit dem Auto kommen. Sollte nach 60 Jahren erfolgloser Fokussierung auf Autokunden, die Innenstadt jetzt nicht den roten Teppich für die Menschen ausrollen, die das meiste Geld in die Innenstädte bringen? Die Innenstadt ist zu Fuß und mit dem Rad schlecht, mit dem ÖPNV nur mäßig gut zu erreichen. Welche Initiativen wollen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer ergreifen, um diesen Zustand möglichst schnell abzustellen? Sollte eine Innenstadt nicht mit allen Verkehrsmittel komfortabel, sicher und schnell erreichbar sein?

Die Innenstadt weist unübersehbare Mängel im Stadtbild auf, das zeigt sich besonders auf den Plätzen. Statt ansehnlich gestalteter Orte, an denen sich Menschen gerne aufhalten und wohl fühlen, bietet die Innenstadt oft nur Ödnis und Trostlosigkeit (u.a. Rathausplatz, Dr.-Ruer-Platz, Propstei-Platz, Zugang Boulevard vom Hauptbahnhof, Buddenbergplatz). Den Husemannplatz bis 2025 umzugestalten ist viel zu wenig. Die Schaffung des 2019 vom Rat beschlossenen Spielplatzes am Kuhhirten wurde von der Stadt zunächst vergessen, die Gestaltungssatzung vor die Wand gefahren und vom Verwaltungsgericht gestoppt.

Punkten erfolgreiche Städte in ganz Europa gerade mit Flair, Ambiente und hoher Verweilqualität, tut sich nach wie vor in Bochum in diesem Bereich kaum Nennenswertes. Was sollte nach Ansicht der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer geschehen, damit sich Stadtbild und Gestaltung der City endlich grundlegend ändern? Welche Initiativen planen Sie? Was ist hinsichtlich Stadtbilds und Stadtgestaltung ihr Anspruch? Wird dieser durch den neuen City-Tower oder das neue Sparkassen-Gebäude am Dr-Ruer-Platz erfüllt? Welche Orte müssen nach Ihrer Meinung dringend neugestaltet werden? Wie viel Zeit bleibt der Innenstadt dafür?

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Attraktionen, die Menschen in die Innenstadt locken. Markthalle und Haus des Wissens werden frühestens 2026 fertig. Doch ein einziges neues Highlight reicht nicht. Erfolgreiche Städte erfinden ständig neue Attraktionen, Rotterdam z.B. schuf den neuen Cool-Single und inszenierte 2022 einen spektakulären Rooftop-Walk. Auch wir hatten einen Dachpark für die Innenstadt vorgeschlagen, die Seilbahn, die Viktoria Promenade oder eine Virtual-Reality-Box. Solche dauerhaften Highlights würden sicher viele Menschen in die Innenstadt locken. Was sind ihre Ideen, Vorschläge und Initiativen zur Schaffung solcher Attraktionen und Kundenmagnete?

2014/15 hat der Ruhr Park über 150 Mio. in Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und moderne Gestaltung gesteckt. Seitdem boomt er wieder. Könnte der Ruhr Park in dieser Hinsicht Vorbild für die Innenstadt sein? Ist der Ruhr Park immer noch Konkurrent der Innenstadt oder wären Innenstadt und Ruhr Park gemeinsam nicht viel stärker und würden sich ideal ergänzen?

Benötigt die Innenstadt nicht auch einen klaren Plan wie sie in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet wird, damit neue Investoren sehen, wie die City in 5 Jahren aussehen wird? Muss die Stadt nicht mit einer überzeugenden Vision für die Innenstadt begeistern, die Geschäftsleute anregt in die Bochumer Innenstadt zu investieren?

Die Umsetzung des ISEK-Innenstadt wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aktuell ist auch nicht nennenswert Geld für die Umsetzung der ISEK-Projekte vorhanden, da die Stadtumbaumittel des Landes für Bochum fast gänzlich in den Umbau des Lorheidestadions fließen. Kann sich die Innenstadt mit der nötigen Umgestaltung noch Jahrzehnte Zeit lassen, wie das die Pläne der Stadt vorsehen? Halten die Geschäfte der Innenstadt noch so lange durch? Oder braucht die Innenstadt schnell einen Masterplan, der dann auch zeitnah und konsequent umgesetzt wird?

Nach unserer Ansicht ist schnelles Handeln ein wesentlicher Faktor, um die bestehenden Strukturen der Innenstadt zu sichern und darauf aufbauen zu können. Jedes Jahr, das ungenutzt verstreicht, verschwinden Geschäfte und Strukturen der Innenstadt, die sich kaum zurück holen lassen

Leerstände prägen das Bild der Innenstadt. Zwar kann durch den Tapetenwechsel das Überangebot an Ladenlokalen gegenüber der Nachfrage kurzfristig gut überspielt werden, doch ändert das an dem eigentlichen Problem nichts. Was soll mit den Ladenlokalen geschehen, die keine Mieter mehr finden? Welche Möglichkeiten der Umnutzung sehen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt? Welche Ziele und Initiativen verfolgen Sie in diesem Bereich?

Nachdem die bisherige Ausrichtung der Innenstadt leider wenig erfolgreich war, sollte nach unserer Meinung eine konsequente Orientierung an Städten mit erfolgreichen Innenstädten erfolgen. Welche Innenstädte könnten nach Ihrer Ansicht für Bochum Vorbild sein? Was macht andere Innenstädte erfolgreich und gelingt in Bochum nicht? Inwieweit beschäftigen Sie sich bereits mit möglichen Vorbildern, haben entsprechende Innenstädte aufgesucht und findet ein Austausch mit Akteuren aus entsprechenden Städten statt?

Unsere große Befürchtung ist, dass in Bochum alles zu langsam und zu spät passiert. Die Zeit läuft ab. Teilen Sie diese Ansicht? Was könnten wir tun, um die Dinge deutlich zu beschleunigen? Sind Sie als Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt für einen grundlegenden Wandel bereit und würden diesen aktiv unterstützen? Die Stimme der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt hat großes Gewicht. Bisher hört man Sie jedoch kaum. Soll sich wirklich substanziell etwas verändern, dann sollten Sie sich nach unserer Ansicht lautstark dafür einsetzen. Ihre Vorschläge, Ideen, ihr Anspruch an die Stadtgestaltung und ihr Engagement sind ausschlaggebend für die Zukunft der Innenstadt.

Sie sehen, für uns stellen sich viele Fragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie einige beantworten oder dazu Stellung nehmen. Uns liegt die Innenstadt sehr am Herzen. Wir wollen die Innenstadt gemeinsam mit Ihnen und den Bürgern und Bürgerinnen wieder in die Spur bringen. Und stehen für einen Austausch gerne zur Verfügung.

Viele Grüße
Ihre STADTGESTALTER

PS: Wir veröffentlichen keine Antworten oder Auszüge daraus ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung.

Einige Beiträge und Vorschläge der STADTGESTALTER zur Innenstadt:

16 Jul

Bochumer Innenstadt: Mehr Wohnen – weniger Einkaufen

Bisher ist die Innenstadt in Bochum besonders ein Einkaufsort. Immer mehr Geschäftsräume stehen jedoch leer und sollten anders genutzt werden, doch wie? Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollte im Gleisdreieck eine große Zahl Ladenlokale zurück gebaut und Wohnraum für 1.000 Menschen geschaffen werden.

Im Bochumer Gleisdreieck, das die Innenstadt umfasst, leben derzeit (2022) 9.303 Menschen auf 1.25 qkm. Der Bevölkerungsanteil der 18 bis 60ig-Jährigen ist vergleichsweise hoch (69.4 %, Bochumer Durchschnitt: 56 %) ebenso der Ausländeranteil (30,3 %, Bochumer Durchschnitt: 16,5 %) (Bochumer Innenstad).

Das Ende der trostlosen “Shopping-City”

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt im Hinblick auf Architektur und Stadtgestaltung im Wesentlichen anspruchslos und einseitig als “Shopping-City” wieder aufgebaut. Im Kernbereich des Gleisdreiecks, der eigentlichen Innenstadt, verfügt fast jedes Gebäude über ein Ladenlokal. Teilweise wurden Treppenhäuser zu oberen Stockwerken abgebrochen, um mehr Geschäftsfläche zu schaffen, so dass die Etagen über den Geschäften unbewohnbar wurden. Die zusätzliche Geschäftsfläche versprach mehr Mieteinnahmen als die Vermietung der oberen Etagen als Wohnraum.

Aufgrund mangelnder Attraktivität, fehlender Aufenthaltsqualität, Flair und Ambiente sowie der einseitigen Ausrichtung auf Autokunden, verliert die Innenstadt seit drei Jahrzehnten Kunden und Geschäfte. Immer mehr Geschäfte stehen leer oder müssen mit Programmen zur Zwischennutzung bespielt werden (Tapetenwechsel). Temporär sind solche zwischenzeitlichen Nutzungen durch Künstler, Initiativen oder StartUps sinnvoll. Sie lösen allerdings nicht das Problem eines Überangebots an Geschäften, bei immer weiter sinkender Nachfrage, in der Bochumer Innenstadt ein Geschäft neu zu eröffnen.

Nicht zu erwarten ist, dass die Attraktivität der Innenstadt in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird, so dass ein Umschwung bewirkt werden kann, dafür läuft der Transformationsprozess der Innenstadt viel zu langsam (Für die Innenstadt läuft die Zeit ab). Dazu mangelt es bei der Stadt an Bereitschaft massiv Geld in die Gestaltung der Innenstadt zu investieren Noch immer fließt das meiste Geld in Parkhäuser (Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung). Auch fehlt eine treibende gesellschaftliche Kraft, die den dringend erforderlichen Umbau der Innenstadt fordert und lautstark vorantreibt. Der Großteil der Geschäftsleute nehmen die negative Entwicklung der Innenstadt weitgehend klaglos hin und haben sich mit der gepflegten Langsamkeit, mit der die Stadt darauf reagiert, abgefunden.

Zu viele Ladenlokale, bei weiter abnehmender Nachfrage

Während die Zahl der Ladenlokale in Bochum bisher nahezu konstant bleibt, wird die Nachfrage danach in Zukunft weiter abnehmen, zumal mangels Nachfrage und sinkender Mietpreise, auch die Bereitschaft abnimmt diese zu sanieren und zeitgemäß zu modernisieren. Es wäre also an der Zeit, die Zahl der Ladenlokale deutlich zu reduzieren, um das Angebot der sinkenden Nachfrage anzupassen. Anderenfalls ergibt sich das Problem, dass sich die genutzten Geschäftslokale über die ganze Innenstadt verteilen, daneben sich in allen Einkaufsstraßen aber immer wieder Leerstände befinden, die sich negativ auf die Attraktivität der Innenstadt auswirken. Für ein positives Stadtbild sollte es weniger Einkaufsstraßen geben, auf denen dann aber alle Ladenlokale vermietet sind.

Also sollte es Ziel der Stadt sein, die Zahl der Straßen, in denen Ladenlokale zu finden sind, deutlich zu reduzieren und die Nutzung von Gebäuden für Geschäfte auf einen Kernbereich der Innenstadt zu konzentrieren (siehe Karte), so dass das Angebot an Ladenlokalen der Nachfrage wieder entspricht.

Zukunft des Einzelhandels in der Bochumer Innenstadt

In Straßen, in denen Einzelhandel absehbar keine Zukunft hat, sollte dieser nicht gefördert werden und sollte die Nutzung der Immobilien als Einzelhandelsstandorte langfristig nicht mehr zugelassen werden. Im Kernbereich der Innenstadt kann man zwischen Haupt- und Nebeneinkaufsstraßen unterscheiden. In den Haupteinkaufsstraßen sollte bevorzugt die Ansiedlung von Geschäften mit hoher – wenn möglich überregionaler – Anziehungskraft vorgesehen werden, in den Nebeneinkaufsstraßen sollte dagegen der Fokus auf inhabergeführten Geschäften liegen, die sich durch eine gewisse Einzigartigkeit auszeichnen und sich positiv auf die Vielfalt der Geschäftsstruktur der Innenstadt auswirken. Städtische Förderungen sollten sich besonders darauf konzentrieren, diese Art Neuansiedlungen zu unterstützen.

Möglichkeiten der Umnutzung von Ladenlokalen

Fällt ein Großteil der Ladenlokale weg, stellt sich die Frage, wie diese Geschäftsflächen zukünftig genutzt werden sollen. In einigen Bereichen kommt eine neue Nutzung durch Gastronomie in Betracht. Im Bereich des Bermudadreiecks ist dieser Wandel bereits seit den 80er Jahren zu beobachten.

Für eine Umnutzung käme zudem eine Neunutzung als Büro- oder Wohnfläche in Betracht. Für eine Nachnutzung als Büroräumlichkeiten sind die Geschäfte jedoch häufig zu klein, auch nimmt die Nachfrage nach Büroflächen mit der Zunahme von Homeoffice eher ab als zu. Entsprechend gestaltet sich der Bau von Büroimmobilien in der Innenstadt, wie z.B. am City-Tor Süd zu sehen ist, zunehmend schwierig. So verbleibt die Nutzung als Wohnraum.

Schaffung von Wohnraum, gerade in der Innenstadt, hätte einen zusätzlichen Vorteil, zusätzliche Bewohner*innen bewirken eine zusätzliche Belebung. Und bedeuten auch mehr Kunden für den verbliebenen Einzelhandel. Ziel der Stadt sollte es daher nach Ansicht der STADTGESTALTER sein, die Zahl der Menschen, die im Gleisdreieck leben, deutlich zu erhöhen.

Maßnahmen zur Schaffung von mehr Wohnraum

Neben der Umwandlung von Ladenlokalen zu Wohnraum, sind zur Schaffung von mehr Wohnraum im Gleisdreieck eine Reihe weiterer Maßnahmen erforderlich:

  • Reaktivierung von Wohnraum, der durch Ausweitung von Geschäftsflächen unzugänglich gemacht wurde. Verbot von entsprechenden Maßnahmen, Gebot zum Rückbau.
  • Ausbau von Dachgeschossen und Umwandlung von Ladenlokalen in Wohnraum.
  • Umwandlung von Parkplatz-, Garagen- und Hofflächen in Flächen für neue Wohnbebauungen.
  • Systematische Erschließung von Entwicklungsflächen (siehe Karte) bevorzugt für den Wohnungsbau.
  • Erhöhung der Geschosszahl bei Neu- und Ersatzbauten.
  • Besondere Förderung der gemischten Nutzung für Wohnen und Arbeiten.
  • Weitgehende Verkehrsberuhigung zur Erhöhung der Wohnqualität, besonders auch des Innenstadtrings (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße)
  • Weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Wohnqualität (Grünflächen, Parks. Spielflächen u.ä., z.B. Propstei-ParkDachpark)
Entwicklungsflächen in der Bochumer Innenstadt

Schaut man sich die Entwicklungsflächen an, die in der Innenstadt verfügbar sind (siehe Karte), so erkennt man, dass eine Vielzahl von Flächen für eine Wohnnutzung ganz oder teilweise geeignet sind. Teilweise böte es sich an die Wohnnutzung mit einer Büronutzung zu kombinieren, z.B. auf verschiedenen Stockwerken des gleichen Gebäudes. Bei einer Reihe von Flächen steht einer Wohnnutzung allerdings hoher Verkehrslärm entgegen. Diesen deutlich zu reduzieren, sollte daher ein zusätzliches Ziel sein, das parallel verfolgt wird.

Für eine effiziente Flächennutzung und um einen Anreiz für günstigen Wohnraum zu schaffen, sollte es  nach Vorstellungen der STADTGESTALTER in der Innenstadt möglich sein, neue Wohnungen ohne Stellplatznachweis zu schaffen, die von Haushalten genutzt werden, die sich verpflichten auf die Anschaffung eines Autos zu verzichten. Die zentrale Lage der Innenstadt macht es vielen möglich, auch ohne Auto auszukommen. Eine große Zahl Haushalte ohne Auto, senkt zudem die Verkehrsbelastung in der Innenstadt.

Zahl der Bewohner*innen des Gleisdreiecks auf 10.300 Menschen erhöhen

Die STADTTGESTALTER schlagen vor, dass die Stadt sich das Ziel setzt die Zahl der Bewohner*nnen des Gleisdreiecks langfristig auf 10.300 Menschen zu erhöhen (+1.000, +10,7 %). Das bedeutet, dass bei jedem Bauprojekt die Schaffung zusätzlichen Wohnraums mitgedacht werden musss. Dies ist bisher, z.B. beim Viktoria Karree, Bebauung Dr.-Ruer-Platz oder dem City-Tor Süd, leider nicht geschehen.

09 Jul

Bochum benötigt Stromspeicher für günstigen Sonnenstrom und Netzstabilität

Im Bochumer Stadtbild sieht man immer mehr Photovoltaik-Anlagen. Wenn die Sonne scheint, gibt es Strom im Überfluss, der nachts und bei schlechtem Wetter fehlt. Mit gezielter Stromspeicherung ließe sich in der Stadt viel Geld sparen. Die STADTGESTALTER stellen dar, wie es gehen könnte.

Die Energiewende in Bochum ist in vollem Gange. Immer mehr Sonnenstrom wird besonders von Bochumer Dächern in das städtische Stromnetz eingespeist. Bei Sonnenschein steht Strom billig im Überfluss zur Verfügung, in der Nacht oder bei schlechtem Wetter ist dagegen der Strom im Tagesverlauf teuer.

Strompreis im Tagesverlauf, Foto: Solarautomomie GmbH

Hier kommt die Stadt ins Spiel, denn sie könnte ebenfalls Stromspeicher bereitstellen, die die Einwohner*innen nutzen können und die dazu einen wesentlichen Beitrag zur Netzstabilität leisten könnten.

Anwendungsbereiche von Stromspeichern

In dreifacher Hinsicht sind Stromspeicher für eine Stadt wie Bochum nützlich:

Netzstabilität – Das Stromnetz wird zukünftig anders ausgelastet, als es bisher ohne Einspeisung großer Mengen erneuerbarer Energie der Fall war. Zum einen führen Wind- und Sonnenstrom zu Lastspitzen, die abgefedert müssen, zum anderen führen besonders Wärmepumpen und das Laden von E-Autos zu Verbrauchsspitzen, die ebenfalls abgedeckt werden müssen. Das Netz muss insgesamt für höhere Stromlasten ausgelegt werden. Es muss die erhöhte Einspeisung von Sonnenstrom in einer Nebenstraße genauso leisten können wie das gleichzeitige Laden von zig E-Autos oder die parallele Stromabnahme von zahlreichen Wärmepumpen.

Dieses Problem kann durch einen Ausbau des Stromnetzes gelöst werden, insbesondere indem die Kapazitäten der Leitungen und Umspannwerke erhöht werden. Ein anderer Weg ist eine vermehrte Stromspeicherung, mit der Verbrauch und Erzeugung in Einklang gebracht und so Netzüberlastungen vermieden werden.

Aus den genannten Gründen wollen die Stadtwerke in den nächsten Jahren die gewaltige Summe von 500 Mio. Euro in den Ausbau des städtischen Stromnetzes investieren (WAZ vom 21.06.23).

Alternativ könnte auch ein großer Teil dieses Geldes in Stromspeicher investiert werden. Denn mit den Speichern kann ein lokales Lastmanagement betreiben und können Angebot- und Nachfrageschwankungen auffangen werden. so dass der kostspielige und langwierige Ausbau des Netzes reduziert, beziehungsweise in Teilbereichen sogar ganz drauf verzichtet werden könnte (Netzintegration von Speichern: Eckstein für Erneuerbare Energien ).

Kosteneffizienter Stromeinkauf – In wirtschaftlicher Hinsicht können die Stadtwerke Speicher zur Kostenoptimierung nutzen. Wenn im Tagesverlauf günstig Strom angeboten wird, könnte dieser bezogen und gespeichert werden und dann zu Zeiten an die Verbraucher abgegeben werden, wenn der Strom vergleichsweise teuer ist. Auf den Bezug von Strom, könnte verzichtet werden, wenn dieser besonders kostspielig ist. Auf diese Weise ließen sich die Strompreise für die Verbraucher*innen senken und die Erlöse für die Stadtwerke erhöhen. So könnte in einem günstigen Fall, statt für 70 Euro pro MWh Strom einzukaufen, Strom aus dem Speicher entnommen werden, der bei Ladung der Batterie für nur 20 Euro/ MWh bezogen wurde.

Quartiersspeicher – Großbatterien können auch zur Speicherung von Strom dienen, den die Einwohner*innen eines Stadtquartier z.B. auf ihren Dächern erzeugen und den sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnehmen und verbrauchen. Zu diesem Zweck mieten die Quartiersbewohner*innen einen Teil des Quartiersspeichers für ihren Strombedarf (Funktionsweise Quartiersspeicher). Strom, der nicht selbst verbraucht wird, wird über den Quartiersspeicher anderen Bewohner*innen zum Verbrauch zur Verfügung gestellt.

Die Anmietung von Stromspeicher wäre nach heutigen Kostenmaßstäben nur halb so teuer wie die Anschaffung einer eigenen privaten Batterie (Technisch-ökonomische Bewertung von Quartierspeichern).

Das Konzept von Quartiersspeichern dient der Optimierung des Strommanagements in Stadtquartieren, die jeweils über einen eignen Stromspeicher verfügen und über diesen einen Ausgleich von Stromerzeugung und –verbrauch des Quartiers steuern. Dabei hilft den Quartiersbewohner*innen eine App. Erweiternd könnten in das System auch E-Autos als Speicher wie Verbraucher eingebunden werden (Funktionsweise Quartiersspeicher).

Dezentrale Quartiersspeicher oder zentrale Großspeicheranlagen

Stromspeicher lassen sich also dezentral als Quartiersspeicher oder zentral in einer größeren Menge an Einheiten z.B. an ehemaligen Kraftwerksstandorten aufstellen. Üblicherweise ist eine Speichereinheit ähnlich groß wie ein Seecontainer. So ist ein Tesla Megapack 9,20 m lang, 1,65 m breit und 2,80 m hoch. In einem Megapack können 3,9 MWh maximal gespeichert werden. Die Kosten pro Pack liegen aktuell bei 1,75 Mio. Euro. Für eine zentrale Stromspeicherung können mehrere Einheiten miteinanderverbunden werden. Auf diese Weise werden beispielsweise  in Belgien, beim größten Speicherprojekt Kontinentaleuropas 40 Megapacks aufgebaut und zusammengeschaltet (Tesla-Megapack in Belgien ist das größte in Europa).

Megapack, Tesla Foto: Tesla

Der Aufbau einer solchen Großspeicheranlage wäre in Bochum zum Beispiel an der ehemaligen Zentraldeponie in Kornharpen möglich. An den Hängen der Deponie ist bereits seit 2009 eine PV-Anlage in Betrieb, die 125 MWh Strom pro Jahr erzeugt (Sonnenkraft hilft USB Energie zu sparen). Mit einem Ausbau könnte der Ertrag dieser Anlage mindestens verdreifacht werden.

Energiezentrale Kornharpen

Auf dem Deponiegelände wird in einem Blockheizkraftwerk derzeit bereits Wärme und Strom aus Deponiegas erzeugt. Die STADTGESTALTER regen an, diese Anlage, um eine Biogasanlage zu ergänzen (Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte). Darüber hinaus könnten die Äcker rund um die Deponie für die Gewinnung von Wärme mittels Agrothermie genutzt werden (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft), mit Hilfe des Wassers aus den Erdwärmekollektoren unter den Ackerböden könnte mit einer Großwärmepumpe Fern- oder Nahwärme erzeugt werden. Für die günstige Bereitstellung des zum Betrieb der Wärmepumpe erforderlichen Stroms, könnte wiederum ein Batteriegroßspeicher auf dem Gelände dienen.

Auch für die Zwischenspeicherung von Strom aus den schon von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen PV-Anlagen auf Bochumer Seen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen) und Parkplätzen von Einkaufszentren (Ruhr Park und Hannibal Center könnten viel Sonnenstrom erzeugen), könnte eine Großbatterieanlage genutzt werden. Ein solcher Speicher ermöglicht auch hier, den in Sonnenstunden erzeugten und gespeicherten Strom, zu einem späteren Zeitpunkt, nachts oder bei Regenwetter zu verbrauchen.

Speicher für bis zu 555 MWh Strom

Geht man davon aus, dass durch die Speicherung von Strom die Hälfte die Kosten für den Stadtwerken bisher geplanten Netzausbaus gespart würden, könnten diese 250 Mio. Euro in Speicher investiert werden. Legt man die aktuellen Speicherkosten zugrunde ließen sich von diesem Geld 142 Tesla Megapacks anschaffen, um 555 MWh Strom zu speichern.

Arten von Batteriespeichern

Doch Tesla Megapacks sind nicht die einzige Möglichkeit Strom in großen Mengen zu speichern. Absehbar kommen immer mehr alternative Batteriesysteme auf den Markt. Vielversprechend erscheint z.B. aktuell Strom zukünftig in so genannten “Organic-Solid-Flow-Batterien” zu speichern. Diese Batterietechnik hätte einige Vorteile. Für den Bau dieser Batterien werden keine seltenen Erden benötigt, ihre Energiedichte ist ähnlich zu der von Lithium-Ionen Akkus und sie erlauben mehr Ladezyklen. Dazu ist das Brandrisiko geringer. Ein erster Großstromspeicher mit Solid-Flow-Batterien wird gerade in Hessen aufgebaut (Uniper und CMBlu testen Großstromspeicher am Standort Staudinger).

Bürokratische Hindernisse

Lange stellte auch übermäßige Bürokratie ein großes Hemmnis dar, Großstromspeicher aufzubauen und wirtschaftlich zu betreiben (Batteriespeicher in Netzen). Seit kurzer Zeit werden aber die Hürden (Hindernisse und Herausforderungen für Energiespeicher unter den derzeitigen politischen, marktregulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) geschliffen, die auf Drängen der fossilen Stromwirtschaft mit freundlicher Mithilfe einer selbstverliebten und fortschrittsunwilligen Bürokratie aufgebaut wurden, um die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu boykottieren.

Ausbau von Photovoltaik, Stromnetz und -speichern muss zusammen gedacht werden

Für eine erfolgreiche Energiewende im Strombereich ist ein Gleichschritt zwischen Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, Anpassung der Netzinfrastruktur und Stromspeicherung erforderlich (Stromspeicher – Stiefkinder der Energiewende). Das gilt gleichermaßen für den Stromsektors in Bochum.

Bochum benötigt also dringend eine Stromspeicherstrategie. Zu entscheiden ist, wo im Stadtgebiet soll Strom gespeichert werden, setzt man auf wenige zentrale Großspeicher oder dezentral über das Stadtgebiet verheilte Quartiersspeicher und wie viel Stromspeicherkapazität, wird überhaupt  benötigt? Zwar kann der Aufbau und Anschluss von Containerspeichern in wenigen Monaten bewerkstelligt werden, jedoch sind aktuell überlange Planungs- und Lieferzeiten limitierende Faktoren. Hinzu kommt in Bochum ein Personalproblem. Die Stabsstelle Klimaschutz, die von städtischer Seite neben den Stadtwerken entsprechende Planungen vorantreiben müsste, ist hoffnungslos unterbesetzt, aktuell sind nur drei von fünf Stellen besetzt. Die Rot-Grüne Rathaus-Koalition lehnt bisher allerdings die dringend erforderliche Personalaufstockung ab und boykottiert damit eine zügige Energiewende (Antrag 20231406, Mehr Personal für den Klimaschutz).

23 Apr

Zeche-Holland Gelände verkommt immer mehr

2021 wurde der Platz rund um das Fördergerüst der ehemaligen Zeche Holland eingeweiht. Kaum zwei Jahre später sind die meisten Missstände immer noch nicht beseitigt. Darüber hinaus verschandeln Müll, Schmierereien, Unkrautwildwuchs und hässliche Provisorien den Platz und seine Umgebung. Die Bilder im Beitrag sprechen Bände.

Kommt man auf den Zeche-Holland-Platz und weiß wie engagiert einige Bürger und Bürgerinnen sich in einer Initiative dafür eingesetzt haben, dass hier ein freundlicher und vorzeigbarer Ort geschaffen wird, an dem sich Menschen aus Wattenscheid und Umgebung treffen können, ist man geschockt. Der Zustand des Platzes ist traurig.

Seitdem 2022 bereits über die Mängel auf dem Platz berichtet wurde (Trauerspiel am Zeche-Holland-Turm) hat sich der Zustand des Platzes nicht etwa verbessert, sondern noch weiter verschlechtert.

Gastro-Container – Immer noch hat es die Verwaltung nicht geschafft, den Gastro-Container vernünftig aufzustellen zu lassen. Statt neben, steht der Container immer noch zu fast einem Drittel auf der gepflasterten Fläche, die eigentlich erst vor dem Container beginnen sollte. Der Container wurde zudem abenteuerlich mit allem aufgebockt, was sich in der Gegend um den Platz so fand. Eigentlich sollte der Container auf einem ordentlichen Fundament stehen. Doch das fehlt weiterhin.

Falsch aufgestellter Gastro-Container

Zudem hat es die Stadt auch in zwei Jahren nicht hinbekommen einen Wasseranschluss zu legen. Das Wasser für die Gastronomie kommt aus einem Hydranten der Nebenstraße und wird dann mit einer fliegenden Leitung über die den Platz umgebende Haldenaufschüttung bis zum Container geleitet. Die Konstruktion, die den Hydranten vor fremden Zugriffen schützen soll, versperrt den Gehweg. Statt endlich Abhilfe zu schaffen und die beim Bau des Platzes vergessene Wasserleitung zum Gastro-Container zu legen, ignoriert die Verwaltung das Problem und tut so, als gäbe es das nicht.

Provisorische Wasserentnahme für Gastro-Container

Gehweg  – Der Bürgersteig, der am Rand des Platzes entlang läuft, wurde immer noch nicht fertiggestellt. Es fehlt der Oberflächenbelag. Die Menschen müssen über den groben Schotter laufen. Die Stadt ist offenbar nicht in der Lage den Gehweg endlich zu Ende zu bauen.

Gehweg, Deckschicht fehlt

Platzbelag, Treppenanlage und Bänke – Währenddessen wird der Dolmitboden auf dem Platz bei Regen weiterhin in die Senke vor dem Turm gespült, Wo der Dolomitoberboden wegeschwemmt wurde, sind gefährliche Stolperkanten entstanden. An anderen Stellen versinkt man im matschigen Boden. Der Boden ist so weich, dass Hunde dort Löcher graben. Der Einbau einer zusätzlichen Überlaufrinne, konnte gegen das Wegspülen des Dolomits nur bedingt Abhilfe schaffen. Das Wasser, das sich sich bei jedem Regen wasserfallartig über die Treppenanlage ergießt, hat auch dort bereits Spuren hinterlassen. Die Treppensteine sehen versifft aus.

Schäden durch Regen

Die Sitzhölzer der Steinbänke sind schon binnen zwei Jahren spröde geworden, den Kalk drückt es aus den Fugen der Ziegelsteine. Die Mülleimer zieren die in Bochum und Wattenscheid üblichen Mülltütenkragen. Der Müllsack wird zu groß gewählt, in den Müllbehälter eingelassen und nach außen noch 20 cm übergestülpt. Sieht hässlich aus und zeigt, dass auf ein gutes Platzbild wenig Wert gelegt wird.

Zustand Bänke

Bäume und Pflanzen – Zu befürchten ist, dass die Bäume unterhalb von Gastro-Container und Boule-Bahn geschädigt sind. Einige treiben bisher kaum aus, Zu sehen sind nur wenige Knospen, während die Bäume am Platzrand und auf dem oberen Platzteil schon blühen und kleine Blätter haben.

Mangelnder Baumwuchs

Die für den Haldenraum typische Bepflanzung auf den aufgeschütteten Hügeln, die dem Platz einen besonderen Charakter geben sollte, kann dagegen die von den Freiraumplaner*innen vorgesehene Wuchshöhe von 60 cm nie erreichen. Die technischen Betriebe mähen die entsprechenden Flächen regelmäßig ab, als handle es sich um Wiesen. Dafür wächst auf der Dolomitfläche unkontrolliert, teilweise schon flächendeckend das Unkraut.

Unkrautwuchs

Schmierereien, Müll und Rost– Am Zechengerüst selbst zeigen sich erste Roststellen. Noch ließen sich die Schäden leicht beseitigen, frisst sich der Rost allerdings tiefer in das Eisen, ist eine erneute und teure Sanierung der gesamten Konstruktion erforderlich. Die in drei Zentimeter Höhe über den Betonfundamenten der Stützpfeiler des Fördergerüsts gezogenen Blitzableiter stellen immer noch erstklassige Stolperfallen da.

Rost und Blitzableiter

Die Fundamente des Fördergerüsts wurden mittlerweile mit Schmierereien verunstaltet, rund herum liegen Scherben und Müll. Besonders vermüllt ist der Bereich hinter den Parkplätzen am Turm und die bereits halb verfallene Anlage an der Einfahrt zum Zeche-Holland Gelände. Hier scheint die Stadt jede Pflege aufgegeben zu haben.

Müll und Schmierereien

Auf dem Nachbargrundstück, das die Stadt an die dort ansässige Druckerei verkauft hat, wurde ein abenteuerlicher Steg aus Paletten aufgebaut, um nach Regenfällen das Wasser aus dem sich bildenden See abzupumpen. Solche Konstruktionen sind sonst eigentlich vorwiegend in Favelas vorzufinden. 

Paletten-Steg

Technischer Betrieb und Verwaltung schauen weg

Die Beschäftigten des technischen Betriebs treffen sich an jedem Arbeitstag mit ihren orangen Dienstfahrzeugen auf dem Parkplatz hinter dem Holland-Gelände zu ausgiebigen Pausen, fahren also jeden Tag mehrfach an dem neuen Platz vorbei. Für die fortschreitende Verwahrlosung des Platzes und der Umgebung interessieren sie sich anscheinend jedoch nicht, wie offenbar auch sonst niemand in der Verwaltung. Hat man sich bereits an solche Zustände gewöhnt und hält sie in Wattenscheid für normal? „Woanders ist auch scheiße,“ der Spruch mag auch hier stimmen – denn an manchen Orten in Wattenscheid Mitte sieht es teilweise noch schlimmer aus – doch eine Rechtfertigung Dinge verkommen zu lassen und Mängel nicht zu beseitigen, ist der Spruch dennoch nicht.

Was ist das Ziel der Verwaltung? Den Platz weiter verkommen zu lassen, dann für Jahre einen Bauzaun drum zu stellen und auf neue Fördermittel zu warten, um Turm und Platz ein weiteres Mal zu sanieren? Der Platz wurde erst im Juni 2021 eröffnet. Wie er nach nur zwei Jahren aussieht und dass die Verwaltung es immer noch nicht geschafft hat, die diversen Baumängel und Provisorien zu beseitigen, ist ein Armutszeugnis.

Leider zeigt auch dieses Beispiel wie wenig zielgerichtet in manchen Bereichen der Stadt gearbeitet wird und wie gering offenbar der Ehrgeiz ist, das Stadtbild in einem vorzeigbaren Zustand zu erhalten.

Nach Fertigstellung treten bei fast jedem Bauprojekt Mängel auf. Bei gutem Projektmanagement  werden diese  dann schnell beseitigt. Nacharbeiten gehören dazu, wenn Dinge neu gebaut werden und sind entschuldbar. Wenn eklatante Mängel aber auch zwei Jahre später immer noch bestehen und sich offenbar um eine Abstellung nicht gekümmert wird, dann müssen sich die Verantwortlichen Unfähigkeit vorwerfen lassen. Es sieht leider nicht so aus, als sei die Stadt in der Lage, die bekannten Missstände endlich abzustellen und den Platz auf Dauer in einem vorzeigbaren Zustand zu erhalten.

Bürgerinitiative verprellt

Zudem hat die Stadt diejenigen verprellt, die sich für die Schaffung des Platzes eingesetzt und angeboten hatten, den Platz mit Veranstaltungen. Turmevents und Besichtigungstouren zu bespielen. Turmbesichtigungen dürfen exklusiv nur von BO-Marketing durchgeführt werden, die Bürgerinitiative bleibt außen vor.

Die Bürgerinitiative hatte sogar eine alte Zechenlore organisiert, die sie herrichten und der Stadt spenden wollte, damit diese auf dem Platz hätte aufgestellt werden können, Das Stadtteilbüro setzte sich sehr für die Aufstellung ein, doch die selbsternannte „Ermöglicherstadt“ Bochum scheiterte mal wieder am eigenen Anspruch. Die Verwaltung komplizierte das Aufstellungsverfahren derart, dass die Spende der Lore der Bürgerinitiative unmöglich gemacht wurde. Die Stadt wollte die Initiative mittels Vertrag für die Kosten von Instandhaltung und einen späteren Abbau oder eine Umsetzung der Lore in Haftung nehmen. Statt, wie Oberbürgermeister Eiskirch es bei jeder Gelegenheit darstellt, präsentierte sich die Stadt mal wieder nicht als „Ermöglicher“ sondern zeigte die Verwaltung dem OB, dass eine ihrer wahren Stärken im Verhindern liegt. Die Zechenlore ziert jetzt in Wattenscheid-Westenfeld den evangelischen Friedhof. Anders als die Stadt ermöglichte die Kirche eine schnelle und reibungslose Aufstellung. Anschließend wurde gemeinsam mit der Bürgerinitiative eine würdige Einweihungsveranstaltung organisiert. Die Lore erinnert jetzt an die im Steinkohlenbergbau verstorbenen Wattenscheider Bergleute.

Lore, die eigentlich auf dem Zeche-Holland Gelände stehen sollte

Bei den von der Initiative initiierten und mit organisierten Beleuchtungsaktionen des Fördergerüsts bleibt die Stadt so weit wie möglich außen vor. Anderenfalls ist zu befürchten, dass die Verwaltung auch hier noch Mittel und Wege findet diese zu torpedieren.

Die Kritik der Initiative am Zustand des Platzes und der Umgebung wird ignoriert. Die Chance, die Initiative zu unterstützen Veranstaltungen auf dem Platz durchzuführen, wurde vertan. Wer die Stadt deutlich und völlig zu Recht kritisiert, wird aufs Abstellgleis gestellt. Kritikfähig zeigt sich die Verwaltung nicht. Bürgerbeteiligung kann nicht funktionieren, so lange sich die Stadt in der Rolle des Verhinderers gefällt und sich kaum Mühe gibt Dinge zu ermöglichen, die die Menschen aus Wattenscheid vorschlagen und umsetzen möchten.

02 Apr

Schulkonferenzen von über 50 Schulen bei OGS-Vergabe übergangen

Böse Überraschung bei einigen Bochumer Grundschulen: Ab dem nächsten Schuljahr sollen die Kinder nicht mehr von dem Träger im offenen Ganztag betreut werden, mit dem die Eltern, Kinder und Lehrkräfte seit Jahren hochzufrieden sind. Ab dem 01.08.23 soll ein anderer übernehmen. Obwohl die Schulen die Betroffenen sind, wurde die Neuvergabe an ihnen vorbei organisiert. Eltern, Schulleitungen und Lehrkräfte sind aufgebracht. Um die Vorgänge aufzuklären haben die STADTGESTALTER Akteneinsicht genommen.

Beispiel Frauenlobschule, Bochum-Hiltrop: Seit Jahren organisiert der gemeinnützige Träger Outlaw gGmbH mit großem Einsatz und enger Einbindung in die Schulgemeinschaft den offenen Ganztag. Jetzt teilt das Schulverwaltungsamt mit, ab August 2023 wird die SPD-nahe AWO, die Organisation des offenen Ganztagstags (OGS) übernehmen. Ausgerechnet der Träger soll zukünftig wieder die Kinder im offenen Ganztag betreuen, dessen Vertrag die Schulkonferenz vor Jahren gekündigt hatte, weil dieser den Anforderungen der Schule an die OGS nicht gerecht wurde.

Schulen. Eltern und Lehrkräfte beklagen Intransparenz und fehlende Beteiligung

Eltern, Lehrkräfte und Schulleitung der Frauenlobschule wie weiterer Grundschulen sind erzürnt, dass die Neuvergabe über ihre Köpfe hinweg entschieden wurde und sie als Betroffene nicht wirklich in das Vergabeverfahren eingebunden wurden (WAZ vom 17.03.23).

Die STADTGESTALTER nahmen Akteneinsicht, um zu prüfen wie die Vergabefahren gelaufen sind. Es bestätigt sich, die Beteiligung der Schulen bzw. der Schulkonferenzen, dem höchsten Gremium jeder Schule, dass bei Grundschulen paritätisch durch Eltern wie Lehrkräfte besetzt ist, war in jeder Hinsicht unzureichend. Darüber fiel auf, dass bei den Verfahren in einem Punkt die Vorgaben des Schulgesetztes missachtet wurden.

Eigentlich sollte man erwarten, dass eine solch wichtige Entscheidung, wie wer die Schulkinder auf welche Weise im offenen Ganztag (OGS) betreut, nur in enger Abstimmung mit den betroffenen Schulen erfolgt. Denn die Eltern und Lehrkräfte vor Ort wissen naturgemäß am besten, wie der Ganztag an der Schule organisiert werden sollte und von wem. Doch die Akteneinsicht ergab, die Schulen wurden außen vorgelassen.

Die Ergebnisse der Akteneinsicht

Eine Beteiligung der Schulen fand eigentlich nur am Anfang der Vergabeverfahren statt. Alle Schulen sollten der Schulverwaltung ein von der Schulkonferenz beschlossenes OGS-Konzept zusenden.

Bewertungsgremium wurde nicht eingerichtet – Gemäß den Beschlüssen des Stadtrates vom 28.09.2017 (Vorgänge 20172075 und 20172076) sollte im nächsten Schritt des Verfahrens zu jeder Schule ein Bewertungsgremium gebildet werden, das die im Vergabeverfahren eingehenden Bewerbungen von möglichen OGS-Trägern bewerten sollte. Dieses Bewertungsgremium sollte aus fachkundigen Vertreterinnen und Vertretern des Schulverwaltungsamtes der Stadt Bochum sowie der jeweiligen Schule bestehen.

Entgegen den Vorgaben der entsprechenden Ratsbeschlüsse, bildete das Schulverwaltungsamt jedoch keine entsprechenden Bewertungsgremien. Stattdessen stellte die Verwaltung eine Bewertungsmatrix mit 3 Hauptkriterien auf, die sich in insgesamt 10 Unterkriterien untergliedern. 9 der 10 Kriterien wurden durch den Stadtrat vorgegeben (Vorgang 20172075), ein weiteres Unterkriterium fügte die Verwaltung hinzu.

Bewertungskriterien und Gewichtung unzureichend – Dazu nahm die Verwaltung eine Gewichtung der Kriterien vor. Auch diese wurde weder vom Stadtrat vorgegeben, noch mit den Schulen abgesprochen. Ebenfalls wurde den Schulen nicht die Möglichkeit gegeben den Kriterienkatalog um eigene Wertungskriterien zu erweitern, mit denen bei der Bewertung schulspezifische Besonderheiten hätten berücksichtigt werden können. Im vorgesehenen Bewertungsgremien hätten die Bewertungskriterien und deren Gewichtung zwischen Schulverwaltung und Schulen besprochen und abgestimmt werden müssen. Das konnte mangels entsprechender Gremien nicht geschehen.

Zudem erscheint die Gewichtung einiger Kriterien fragwürdig. So wurde die laufende Fortbildung der OGS-Kräfte höher gewichtet als deren Quantität und Qualität.

OGS-Konzepte nicht ausreichend berücksichtigt – Das von den Schulen ausgearbeitete OGS-Konzept floss so gut wie gar nicht in die Bewertung ein. Die Mühe eigene Bewertungskriterien in die Bewertungsmatrix aufzunehmen, um bei der Bewertung die besonderen Merkmale des OGS-Konzeptes der jeweiligen Schule berücksichtigen zu können, sparte man sich. Es wurde lediglich ein allgemeines Unterkriterium “Berücksichtigung schulspezifischer Besonderheiten” aufgenommen und mit nachrangiger Gewichtung versehen, so dass das eingereichte OGS-Konzept letztlich für die Bewertung der Angebote der möglichen OGS-Träger quasi bedeutungslos wurde.

Punktevergabe fragwürdig – Auch die Bewertung der Angebote der möglichen Träger nach den einzelnen Kriterien erfolgte auf fragwürdige Weise. Für jedes Unterkriterien konnte die Erfüllung des jeweiligen Kriteriums prinzipiell mit 10, 8, 6, 4 oder 2 Punkte bewertet werden. Jedoch wurde die Vergabe von 8 Punkten bei acht von zehn Kriterien unmöglich gemacht. Das führt im Ergebnis zu einer unangemessen hohen Punkteabwertung für den Fall, in dem ein Angebot in einer Bewertungskategorie nur knapp besser war als das andere, also eigentlich die Bewertung 10 zu 8 Punkten angemessen gewesen wäre, jetzt aber die nur leicht schlechtere Erfüllung des Kriteriums automatisch zu einer Abwertung um 4 (auf 6 Punkte) statt nur um 2 Punkte (auf 8 Punkte) führte, was sich letztlich unangemessen stark auf die Gesamtbewertungszahl auswirkt.

Ohnehin fraglich erscheint wie eine Bewertung der Kriterien nach Punkten möglich war, da die Vorgaben des Rates eigentlich nur eine Bewertung, Erfüllung des jeweiligen Kriteriums oder Nicht-Erfüllung des Kriteriums möglich macht. (Vorgang 20172076).

Fehlender Realitätscheck bei Konzepten der Träger – Weiterhin erscheint bedenklich, dass in die Bewertung nur eingeflossen ist, was die möglichen OGS-Träger in ihren Konzepten vollmundig versprochen haben bzw. als prinzipiell möglich angekündigt haben. So versprechen die Träger beispielsweise eine bestimmte personelle Ausstattung. Angesichts des aktuellen Personalmangels im sozialen Bereich ist aber fraglich, ob das zugesicherte Personal dann real auch bereitgestellt werden kann. Denn das Personal, das gemäß Angebot an den offenen Ganztagsschulen eingesetzt werden soll, haben die möglichen Träger nicht etwa schon angestellt, nein, sie müssen es erst einstellen, wenn ihnen die Trägerschaft der OGS tatsächlich übertragen wird. So sucht die AWO-Ruhr-Mitte aktuell händeringend Personal für dutzende Stellen (Stellenangebote AWO).

Entscheidung allein auf Basis der Bewertung der Verwaltung – Die Bewertung der Konzepte der möglichen Träger erfolgte letztlich durch die Verwaltung, die Schule wurde, anders als der Stadtrat es vorgesehen hatte, nicht beteiligt. Zwar wurde der Schulleitung die Bewertungsmatrix vorgelegt, damit sie zu 9 von 10 Unterkriterien eine eigene Bewertung abgeben konnte. Jedoch wurde anschließend diese Bewertung ohne Rücksprache mit Schule und Schulleitung verworfen und durch eine eigene Bewertung der Verwaltung ersetzt. Die Auswahl des zukünftigen OGS-Trägers erfolgte damit ausschließlich auf Grundlage der Bewertung durch die Verwaltung..

Eigentlich hätte in dem Bewertungsgremium Einvernehmen über die Bewertung zwischen Schulverwaltungsamt und Schulen bzw. Schulkonferenz  und hinsichtlich der Auswahl des zukünftigen OGS-Trägers hergestellt werden müssen. Dazu konnte es jedoch nicht kommen, da solche Gremien gar nicht geschaffen wurden. Die Verwaltung entschied über die Köpfe der Schule hinweg.

Zustimmung von Schulkonferenzen wurde nicht eingeholt – Es folgte am 21.12.2022 eine Mail an die Schulleitungen, dass diese dringend den entsprechenden Vergabeentscheidungen des Schulverwaltungsamtes zustimmen müssten, also im Fall von mindestens drei Grundschulen auch einem völlig unerwarteten Wechsel des Trägers der OGS zum neuen Schuljahr 2023/24 (WAZ vom 01.03.23).

Allerdings bedarf es gemäß §65 (2) 3. i.V.m. § 9 (3) SchulG-NRW nicht der Zustimmung der Schulleitung, sondern der Schulkonferenz, wenn im Anschluss an eine Vergabe eine Kooperationsvereinbarung zwischen Schulträger und dem zukünftigen Träger der OGS geschlossen werden soll. Das Schulverwaltungsamt versuchte jedoch die Kooperationsvereinbarungen ohne Beteiligung der Schulkonferenzen zu schließen. Dies ist ausweislich des Wortlauts des Schulgesetzes rechtswidrig.

Gemäß den Vorgaben des Schulgesetzes müssen an allen betroffenen Grundschulen die Schulkonferenzen einberufen werden, um ihnen die beabsichtigten Kooperationsvereinbarungen vorzulegen und über diese abstimmen zu lassen. Wird in einer Schulkonferenz einer Vereinbarung nicht zugestimmt, wird diese nichts rechtwirksam. Der ausgewählte Träger kann ohne Zustimmung der Schulkonferenz nicht mit der Übernahme der OGS beauftragt werden. Eine Zustimmung allein der Schulleitung ohne zustimmenden Beschluss der Schulkonferenz ist rechtswidrig und hat keine Rechtskraft.

Nach aktuellem Kenntnisstand hat sich nur an einer der betroffenen über 50 Grund- und Förderschulen die Schulkonferenz mit der Kooperationsvereinbarung beschäftigt und darüber abgestimmt. An der Frauenlobschule hat die Schulkonferenz am 28.03.23 einstimmig beschlossen der Kooperationsvereinbarung aufgrund der ungenügenden Beteiligung der Schule und der mannigfachen Verfahrensmängel im Vergabeverfahren nicht zuzustimmen.

Dringend sind Beschlüsse der Schulkonferenzen gemäß §65 (3) i.V.m. §9 (3) SchulG-NRW an allen anderen Schulen nachzuholen. Die Schulleitungen sind gesetzlich verpflichtet die Schulkonferenzen einzuberufen und die Mitglieder und Mitgliederinnen des Gremiums über den Ablauf der Vergabeverfahren zu informieren, über die Mängel der Beteiligung zu beraten und die beabsichtigten Kooperationsvereinbarungen zur Abstimmung vorzulegen. Sollten Kooperationsvereinbarungen ohne Zustimmung der Schulkonferenz von Schulleitungen unterschrieben worden sein, sind diese Unterschriften zur “Zustimmung” umgehend zurück zu ziehen.

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, die Einschätzung der Schulen, Eltern und Lehrkräfte der betroffenen Schulen ist richtig. Eine echte Beteiligung der Schulen gab es nicht. Das Vergabeverfahren war für die Schulen intransparent. Die Vorgaben des Stadtrates (Bewertungsgremium) wie des Schulgesetzes (Zustimmung Schulkonferenz), in welcher Weise die Schulen bzw. Schulkonferenzen hätten an dem Verfahren beteiligen werden müssen, wurden missachtet.

Darüber hinaus fand zudem keine Beteiligung statt wie sie in der Sache angemessen gewesen wäre. Die Organisation der OGS ist ein wesentlicher Bestandteil des Schullalltags und des Lebens der Kinder an den Schulen. Eine gut geführte und in den Unterrichtstag eingebundene OGS hat einen entscheidenden Einfluss auf den Schulerfolg. Es hätte also von Seiten der Verwaltung alles dafür getan werden müssen, die Schulen an den OGS-Vergabeverfahren zu beteiligen und ihre Ein- und Vorgaben zu berücksichtigen. Das Ziel hätte sein müssen, die Entscheidung, wer zukünftig die OGS trägt, gemeinsam mit den Schulen zu treffen. Die Verwaltung hatte sicher zu stellen, dass das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wird und alle Belange der Schulen in den Verfahren berücksichtigt werden. Es war und ist aber nicht ihre Aufgabe – ohne die Schulen zu kennen – über die Köpfe von Eltern, Schulleitung und Lehrkräften hinweg für diese Entscheidungen zu treffen. Das Selbstverständnis der Verwaltung bedarf in dieser Hinsicht dringend einer Korrektur.

Neue Vergabeverfahren

Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Stimmen Schulkonferenzen den Kooperationsvereinbarungen mit zukünftigen OGS-Trägern aufgrund der Mängel im Vergabeverfahren und ihrer ungenügenden Beteiligung nicht zu, ist das Vergabeverfahren nach Ansicht der STADTGESTALTER zu wiederholen, auch wenn das Schadenersatzforderungen, der von der Verwaltung ohne Rücksprache mit den Schulen ausgewählten Träger nach sich zieht.

19 Feb

Innenstadt: Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung

City Bochum: Die Tiefgaragenparketagen sehen schick und stylisch aus, die Plätze darüber öd und trostlos. Diese Bild ist nicht überraschend. Im Zeitraum 2017-2027 werden 65,2 Mio. in die Parkhäuser investiert, aber nur 33,4 Mio. in die Gestaltung der Innenstadt. Davon wiederum trägt die Stadt nur 20% (6,7 Mio.), die Parkhauskosten dagegen finanziert sie zu 100%.

Die Bochumer Innenstadt entwickelt sich leider seit Jahren nicht positiv. Lange war die Idee, Kunden mit vielen, kostengünstigen Parkplätzen in modernen, schicken Parkhäusern unter der Innenstadt zu locken. Über Jahrzehnte flossen Millionen städtischer Gelder in City-Parkhäuser, dafür wurde die Stadtgestaltung vernachlässigt. Doch diese Strategie ging nicht auf. Denn die entscheidenden Faktoren um Kunden in die Innenstadt zu locken sind Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität, nicht schicke Parkplätze. (Shoppen in der City: Parkplätze kaum relevant für Ladenumsätze) Ist die Stadtgestaltung einfallslos, unattraktiv, öd und trostlos haben Kunden keinen Anreiz in die Innenstädte zu kommen, daran ändern auch die besten Parkbedingungen nichts.

10x mehr städtisches Geld für Parkhäuser als für Stadtgestaltung

Obwohl Politik, Oberbürgermeister und Stadt seit mindestens 2015 beteuern, erkannt zu haben, dass der entscheidende Punkt für eine positive Entwicklung der City die Gestaltung der Innenstadt ist, zeigen die städtischen Ausgaben für die Innenstadt, dass real kaum städtisches Geld für mehr Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität in der City ausgegeben wird, dafür aber weiterhin große Summen in die Parkhäuser der Innenstadt fließen. Ausweislich der Wirtschaftspläne der Bochumer Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG), die die Parkhäuser betreibt, wurden und werden von 2017-2027 65,2 Mio. Euro in die Parkhäuser investiert.

Investitionen zur Gestaltung der Innenstadt

    Rechnet man hingegen die Kosten für die Maßnahmen zusammen, die für die Verbesserung der Gestaltung der Innenstadt bis 2027 umgesetzt wurden bzw. umgesetzt werden sollen (Integriertes Stadtentwicklungskonzept Innenstadt), ergeben sich zusammen nur 33,2 Mio. Euro, wobei 80% der Investitionskosten aus Fördermitteln von Bund und Land finanziert und nur 20% von der Stadt getragen werden. Aus städtischen Mitteln fließen somit nur 6,7 Mio. Euro in die Innenstadt. Das ist ein Zehntel der Summe, die im gleichen Zeitraum in die Parkhäuser fließt. Allein der Neubau des Parkhauses P7 kostet bereits 10 Mio. Euro (WAZ vom 13.04.22).

    Teil der Mittel für Stadtgestaltung wird indirekt für Parkhäuser ausgegeben

    Auch fließt ein nicht unwesentlicher Teil der Gelder, die auf dem Papier für die Gestaltung der Innenstadt ausgegeben werden sollen, de facto ebenfalls in Parkhäuser. So kostet die Umgestaltung des Husemannplatzes statt geplanter 4 Mio. voraussichtlich mindestens 8 Mio., weil die vor dem Neubau des Platzes erforderliche Abdichtung des darunter befindlichen Parkhauses teurer wird (Husemannplatz – zwei Jahre zu spät fertig und 4 Mio. teurer als geplant).

    Die geplante Erneuerung des Dr.-Ruer-Platzes dient ebenfalls in erster Linie nicht einer Verschönerung des Platzes, sondern der Behebung eines bautechnischen Mangels des darunter liegenden Parkhauses. Die Tragschicht unter der Platzpflasterung muss erneuert werden, da diese für das Parkhaus zu schwer ist, Das Parkhaus soll statisch entlastet werden, weil die dadurch bedingten Beschränkungen bisher eine vielfältige Nutzung des Platzes verhindern (Maßnahme B7, ISEK Innenstadt).

    Parkgebühren können Kosten für Parkhäuser und Stellplätze nicht decken

    Dazu werden die Investitionen in die Parkhäuser nicht durch die Parkgebühren refinanziert. Aus Parkgebühren erzielt die Stadt im Zeitraum 2017-2027 Umsatzerlöse in Höhe von 95,81 Mio. (Wirtschaftspläne WEG, u.a. für 2023). Geht man davon aus, dass ein Drittel des Gesamtaufwands des Parkhausunternehmens WEG auf Betrieb, Instandhaltung, Abschreibungen und Zinsen der Parkhäuser entfällt, stehen den Erlösen 106,35 Mio. Euro Kosten entgegen. Darin bereits eingerechnet sind die Kosten, für die 2.360 von der WEG bewirtschaftete Straßenstellplätze außerhalb von Parkhäusern, bei denen die Parkgebühren zwar die WEG vereinnahmt, die Kosten für die Stellplätze aber die Stadt trägt (rd. 220 Euro pro Stellplatz pro Jahr).

    Investitionen, Kosten und Erlöse Parkhäuser

      Zusammengerechnet ergibt sich In 11 Jahren (2017-2027) bei rein betriebswirtschaftlicher Betrachtung somit eine Unterdeckung von 10,54 Mio. Euro. Aus volkswirtschaftlicher Sicht kommen die nicht kalkulierten, aber erheblichen externen Kosten des Parksuchverkehrs für Lärm, Luftverschmutzung, Unfälle, Klimafolgeschäden u.a. noch hinzu.

      Autofxierte Strategie zur Innenstadtentwicklung ist nicht mehr zeitgemäß

      Die genannten Zahlen zeigen, obwohl nur 36% der Innenstadtkunden die City mit dem Auto erreichen (IHK Bochum: Auswirkung des E-Commerce) ist die Strategie zur Entwicklung der Bochumer Innenstadt auch 2023 noch vollkommen einseitig auf das Auto ausgerichtet Und das trotzdem die Grünen seit über 20 Jahren Teil der im Stadtrat bestimmenden Mehrheitskoalition sind.

      Die Erkenntnis, dass entscheidend für die Vitalität der Innenstadt Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität sind, scheint trotz aller gegenteiligen Lippenbekenntnisse, an Stadt und Politik in Bochum vorbei gegangen zu sein (IFH-Studie: Vitale Innenstädte). Die Investition von nur 6,7 Mio. Euro städtischem Geld für die Verbesserung der Gestaltung der Innenstadt, und das über einen Zeitraum von 11 Jahren ist lächerlich gering. Würde die Stadt ernsthaft das Ziel verfolgen, mehr Menschen in die Innenstadt zu locken, müssten die Investitionen in die Stadtgestaltung vervielfacht werden. Die von der Stadt bisher verfolgte Bedingung, dass Gestaltungsmaßnahmen nur dann ungesetzt werden, wenn diese im Wesentlichen (i.d.R. zu 80%) von Land und Bund finanziert werden, muss aufgegeben werden. Dass diese Voraussetzzungen für Investitionen zur Stadtgestaltung, aber nicht bei Parkhäusern gilt, ist weder zielführend noch gerechtfertigt.

      Auch angesichts dessen, dass Menschen, die zu Fuß (780 Euro), mit dem ÖPNV (600 Euro) oder mit dem Rad (570 Euro) die Innenstädte erreichen, im Jahr erheblich mehr Geld in der City ausgeben als Autokunden (480 Euro), ist die anhaltend einseitige Autofixierung bei der Innenstadtentwicklungen unverständlich. (Local Business Perception vs. Mobility Behavior of Shoppers: A Survey from Berlin).

      22 Jan

      Ein neuer Park für die Innenstadt – rund um das St. Elisabeth-Hospital

      Bereits 2016 hatten die STADTGESTALTER zwischen Rietkötter, der Propsteikirche und dem Kuhhirtenplatz einen neuen, schicken Platz vorgeschlagen. Jetzt haben Sie ihre Idee um einen Park, der sich über Untere Marktstraße und Bleichstraße erstrecken soll, erweitert.

      Der Bochumer Innenstadt fehlt Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität. Es fehlen nette Orte, an denen man sich gerne mit anderen Menschen trifft, wo man sich gerne aufhält und Zeit verbringt, weil man sich dort wohl fühlt.

      Um wieder Menschen und potentielle Kunden für die Innenstadt zu gewinnen, müssen solche Orte und Plätze, von denen es bis zum zweiten Weltkrieg viele in der Innenstadt gab, wieder geschaffen werden. Die STADTGESTALTER denken, die ehemalige Bochumer Altstadt hätte das Potential wieder zu einem solchen liebenswerten Ort zu werden.

      Das Herz der Stadt und seine Verhässlichung

      Das Herz der alten Bauernstadt Bochum liegt zwischen der Propsteikirche und Rietkötter. Hier, wo heute eine lieblos gestaltete Kreuzung als herausragendes Beispiel für außerordentlich misslungene Stadtgestaltung gilt, lag bis in die 50er Jahre der historische Stadtkern von Bochum mit seinen Fachwerkhäusern. Die Häuser, die den letzten Weltkrieg nicht überstanden hatten, wurden, mit Ausnahme von Rietkötter, dessen Eigentümerfamilie sich als einzige erfolgreich wehrte, in den 50er Jahren dem Erdboden gleichgemacht und ohne besonderen Anspruch an Stadtgestaltung oder einen langfristigen Stadtentwicklungsplan zu verfolgen, ziellos durch belanglose bis hässliche Häuserblöcke ersetzt. Mit der lieblosen Aufstellung der Statue des Grafen Engelbert am Rande der heutigen Kreuzung und der “Maiabendpforte” an der Großen Beckstraße wurde später mehr schlecht als recht versucht die optischen Missstände des Ortes etwas zu kaschieren.

      Trotz aller Ver­häss­li­chung vermitteln Gebäude wie Rietkötter, die weithin sichtbare Kirche, das alte, rote geklinkerte katholische Pfarrhaus sowie der Bestand mit hohen, großen Bäumen auf dem Kirchenareal wie entlang von Unterer Marktstraße und Bleichstraße dem ehemaligen Altstadtviertel noch heute einen gewissen Reiz, der sich durch eine grundlegende Umgestaltung zu einem Platz und Park wieder neu beleben ließe.

      Der Propstei-Platz

      Die STADTGESTALTER haben dazu bereits 2016 einen ersten Vorschlag gemacht (Ein neuer Platz für Bochum). Dieser sieht eine Verkehrsberuhigung der heutigen Kreuzung vor Rietkötter vor. Das Denkmal von Graf-Engelbert soll in die Mitte des von Außengastronomie gesäumten Platzes rücken. Über zusätzliche Treppen, auf denen auch Menschen sitzen und verweilen können sollten, soll der Vorplatz der Kirche mit den tiefer liegenden  Platzflächen verbunden werden. Weiterhin könnte der Bachlauf auf dem Kuhhirtenplatz bis zum neuen Platz verlängert werden. Mit einheitlicher Pflasterung zusätzlichen hohen, Schatten spendenden Bäumen und vielen Sitzgelegenheiten hätte der neue Propste-Platz bei einer entsprechenden Gestaltung das Potential zu einem der beliebtesten Treff- und Aufenthaltsorte der Innenstadt zu werden.

      Propstei-Park

        Der Propstei-Park

        Nunmehr schlagen die STADTGESTALTER vor, den Platz um einen Park zu erweitern, der sich rund um das St. Elisabeth-Hospital über die Untere Markt- wie die Bleichstraße erstreckt und den dort schon bestehenden alten Baumbestand ideal zur Geltung bringen könnte. Der neue Park wäre nicht nur für Innenstadtbesucher*innen ein schöner Ruheort, auch für die Patienten und Besucher*innen des Krankenhauses würde ein idealer Erholungsort entstehen.

        Der Plan der STADTGESTALTER sieht vor, alle Parkplätze die sich derzeit noch auf den beiden genannten Straßen befinden, in ein neues Parkhaus auf dem heutigen Parkplatz gegenüber dem Haupteingang des St. Elisabeth-Hospitals zu verlegen. Auf 2-3 Parketagen könnten alle Autos, die heute in dem Bereich parken, gut unterkommen. Vorgeschlagen wird darüber hinaus, auf dem Dach des Parkhauses ein Wohnhaus in bester Citylage zu bauen.

        Plan Propstei-Park

          Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollen Anwohner*innen und Anlieger*innen zukünftig nur noch auf einer schmalen Fahrspur mit Ausweichstellen vom “Boulevard” bis zur Rückseite vom Schuhhaus Lötte an der Unteren Marktstraße fahren können und von dort nur Gäste und
          Beschäftigte der Propsteikirche weiter bis auf den höher gelegenen Kirchenvorplatz.  Auf der Bleichstraße soll die Fahrbahn vom Innenstadtring am Krankenhaus vorbei bis zum Beginn der Bebauung auf der linken Seite der Straße führen. Ein Durchfahren der Unteren Marktstraße wie der Bleichstraße wäre damit nicht mehr möglich. Trotzdem werden alle Zufahrten und Garagenhöfe mit dem Auto erreicht und ist auch eine Belieferung der Geschäfte und Gastronomiebetriebe weiterhin gut möglich. Bei Bedarf sollen für Betriebe zusätzliche Ladezonen vorgesehen werden.

          Die gesamte übrige, heutige Asphaltfläche von Unterer Markt- und Bleichstraße soll entsiegelt und zur Park- bzw. Rasenfläche werden. Der Plan der STADTGESTALTER sieht Spazierwege entlang der heutigen Straßen vor sowie Radwege, mit denen die verbleibenden Autofahrspuren verbunden werden.

          Vorher-Nachher: Propstei-Park

            Weiterhin sollen die Bürgersteige vor den Geschäften und Gastronomiebetrieben verbreitert und wo erforderlich, durch zusätzliche Pflasterflächen für Freisitze ergänzt werden. Besonders im Bereich der oberen Bleichstraße Richtung “Boulevard” sollen weitere große, Schatten spendende Bäume angepflanzt werden. Zudem ist den STADTGESTALTERn wichtig, dass im gesamten Parkbereich viele neue Sitzgelegenheiten, insbesondere Parkbänke aufgestellt werden, die auch den Patienten des Krankenhauses und älteren Menschen ein leichtes und bequemes Sitzen im Park ermöglichen. Aus gleichem Grund ist auch auf die Barrierefreiheit der Gehwege besonderer Wert zu legen. 

            Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

            Grüne Oasen fehlen der Innenstadt bisher. Der Park würde den “Boulevard”, den Gasthof “Mutter Wittig”, das alte Pfarrhaus, den Kuhhirtenplatz, auf dem seit Jahren ein Spielplatz entstehen soll (Spielplatz auf dem Kuhhirtenplatz im Stadtrat beschlossen), Rietkötter sowie die Propsteikirche miteinander verbinden und der Stadt in diesem Bereich ein sehr viel schöneres Stadtbild verleihen, mit dem Bochum zusätzlich optisch punkten könnte. Nicht zuletzt wäre der Park ein großer Gewinn für das St. Elisabeth-Hospital.

            Also sollten Stadt, die Geschäftsleute der Innenstadt, katholische Gemeinde und das Krankenhaus Gespräche aufnehmen, wie sie es gemeinsam bewerkstelligen können, dieses Areal zu einer kleinen grünen Lunge und einem liebenswerten Ort der Innenstadt zu machen. Viele Menschen in Bochum sehnen sich nach mehr Grünflächen in der Innenstadt, dass der Park gut angenommen wird, sollte daher außer Frage stehen.

            15 Jan

            Verwaltung wird immer teurer, Geld fehlt für Zukunftsinvestitionen

            Im Zeitraum von 2015 bis 2024 werden die Kosten der Verwaltung um 120,4 Mio. Euro steigen. Das sind pro Einwohner*in 331 Euro mehr im Jahr. Die Zahl der Stellen wächst um 900. Das Geld für die Verwaltung fehlt im Stadthaushalt für Zukunftsinvestitionen. In anderen Großstädten kostet die Verwaltung deutlich weniger.

            Seit Thomas Eiskirch (SPD) Oberbürgermeister ist, wurde immer mehr städtisches Geld in die Stadtverwaltung gepumpt, das für Investitionen in Schulen, Klimaschutz, Stadtgestaltung, moderne Mobilität, KiTa-Plätze usw. fehlt. Seit 2015 explodieren die Kosten der Verwaltung. 2024, wird der städtische Personalaufwand um 38% gegenüber 2015 gestiegen sein. Die Zahl der Vollzeitstellen wird dann in nur 10 Jahren um 900 angewachsen sein. Das sind 18% mehr Stellen als 2015. Statt 313,5 Mio. Euro sollen in Bochum 2024 433,9 Mio. Euro für das Personal der städtischen Verwaltung ausgeben werden. Somit steigt der Personalaufwand in einem Jahrzehnt um 120,4 Mio. Dabei sind in der Personalkostensteigerung die Mehrkosten für Büros, EDV- und sonstige Ausstattung, die für 900 neue Beschäftigte benötigt werden, noch gar nicht enthalten.

            Entwicklung Personalaufwand und Stellenzahl

              Betrugen die jährlichen Kosten der Verwaltung pro Einwohner und Einwohnerin 2015 noch rund 860 Euro, werden es 2024 fast 1.200 Euro sein (+38%). Auch der Anteil der Personalaufwendungen an den gesamten Aufwendungen der Stadt stieg leicht von 25% auf 26%.

              Immer mehr Personal und Kosten, aber kaum Leistungssteigerung bei der Verwaltung

              Trotz stagnierender Einwohnerzahl und Digitalisierung, benötigt die Stadt immer mehr Personal um ihre Aufgaben zu erfüllen. Sicher muss die Stadt 2024 mehr Aufgaben bewältigen als noch 2015., die Explosion von Personalkosten und Stellen rechtfertigt das jedoch nicht. Bei der massiven Steigerung der Kosten sollten die Einwohner*innen zudem erwarten können, dass sich Leistung und Geschwindigkeit der Verwaltungsarbeit in gleichem Maß erhöhen wie die zusätzlichen Kosten. Das ist allerdings nicht festzustellen.

              Die Verwaltung kann ihre eigenen Zeitplanungen immer öfter nicht einhalten (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam), erhebliche Verzögerungen von Projekten und Bearbeitungen sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant).

              Seit Jahrzehnten rechtfertigt die Verwaltung massive Defizite bei der zeitlichen Umsetzung von Ratsbeschlüssen reflexartig mit Personalmangel. Bei der Realisierung des Radwegekonzeptes und Radinfrastrukturprojekten zum Beispiel schon seit nunmehr 23 Jahren (seit 1999, Trauriges Jubiläum – 20 Jahre Radkonzept, kaum Zählbares passiert). Angesichts der erheblichen Zunahme an Stellen, sind solche Rechtfertigungen jedoch mittlerweile unglaubwürdig. Entweder handelt es sich um Ausreden oder die Verwaltung war trotz des massiven Stellenzuwachses in 23 Jahren unfähig eine effiziente Abarbeitung entsprechender Ratsbeschlüsse zu organisieren.

              Auch der Personalmangel im Ausländerbüro (Zustände im Ausländerbüro sind seit drei Jahren untragbar) ist angesichts der erheblichen Stellenzunahme gerade in den letzten Jahren nicht durch zu wenig Personal zu erklären, die Ursache scheint vielmehr darin zu liegen, dass zusätzliches Personal nicht dort zum Einsatz kommt, wo es dringend erforderlich wäre.

              Kalkulation von Personalaufwand und Stellenzahl

              Um die Entwicklung von Personalaufwand und Stellenzahl seit 2015 zu betrachten, müssen in Bochum drei Bereiche berücksichtigt werden: Die Verwaltung selbst, die Zentralen Dienste, in die wesentliche Dienstleistungen der Verwaltung ausgegliedert wurden und die Wasserwelten GmbH, in die ab 2018 der Betrieb der städtischen Bäder der Stadt ausgelagert wurde.

              Personalaufwand, Verwaltung Bochum

                Ein erheblicher Personalzuwachs wie eine deutliche Zunahme der Personalkosten ist sowohl bei der Verwaltung wie den Zentralen Diensten festzustellen. Das für den Betrieb der städtischen Bäder erforderliche Personal wurde 2018 von den Wasserwelten übernommen, wird aber noch im städtischen Stellenplan 2018/19 aufgeführt, weshalb bei der vorliegenden Kalkulation die Stellen bei den Wasserwelten erst ab 2020 berücksichtigt werden. Aus den Wirtschaftsplänen der Wasserwelten geht nicht hervor, ob sich die Stellenzahl dort seit 2018 verändert hat, sie wurde daher ab 2018 unverändert fortgeführt.

                Stellenzahl, Verwaltung Bochum

                  Die bei den Zentralen Diensten beschäftigten Beamten werden weiterhin im städtischen Stellenplan aufgelistet und wurden in der vorliegenden Kalkulation daher nicht bei den Stellen der Zentralen Dienste eingerechnet.

                  Immer wieder werden Stellen zwischen Verwaltung und Zentralen Diensten hin und her geschoben, insbesondere 2019 und 2023, so dass der Stellenplan der Verwaltung für sich gesehen hinsichtlich der Entwicklung der Stellenzahl der gesamten Verwaltung nicht aussagekräftig ist. Bis 2017 wurden in den Daten zum Haushalt die Personalaufwendungen noch ohne Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen ausgewiesen, folgerichtig wurden die Daten für die Jahre 2015 bis 2017 um die entsprechenden Versorgungsaufwendungen erhöht.

                  Die Hinweise zur vorliegenden Kalkulation zeigen, die Entwicklung von städtischen Personalausgaben und deren Entwicklung ist intransparent und für die Bürger*innen nicht nachvollziehbar. Das sollte für die Zukunft geändert werden.

                  Die sich massiv erhöhenden Personalkosten gehen einher mit einer stark sinkenden Investitionstätigkeit der Stadt. Sind im Stadthaushalt für 2023 noch 292 Mio. Euro für Investitionen eingeplant, sind es 2027 nur noch 121 Mio. (Abnahme: -171 Mio. Euro, -41%). Das Geld das mehr für die Verwaltung ausgegeben wird fehlt bei den Investitionen in die Zukunft der Stadt.

                  Geplante Investitionen, Stadt Bochum, Auszug Präsentation zur Einbringung des Haushalts 2023/24

                    Spitzenplatz bei den Personalkosten für Bochum

                    Vergleicht man die Kosten für das städtische Personal mit den Personalaufwendungen anderer Großstädte, sieht man, es geht auch deutlich günstiger. Bezogen auf das Jahr 2020, belegt Bochum bei den Personalaufwendungen pro Kopf der 10 größten Städte von NRW den Spitzenplatz. Beachtet werden muss allerdings, dass auch bei einigen anderen Städten Verwaltungspersonal in städtische Eigenbetriebe ausgegliedert und daher in den Stellenplänen der Verwaltung nicht ausgewiesen wird. Eine Ausgliederung von zentralen Verwaltungsstellen in der Größenordnung wie in Bochum mittels der Zentralen Dienste ist in anderen Städten allerdings nicht festzustellen.

                    Städtevergleich Peronalaufwand

                      Betrachtet man bei den Großstädten, deren Personalkosten 2020 unter 1.000 Euro pro Einwohner/in lagen, die geplanten Personalausgaben für 2024, dann liegen diese zwischen 144 und 294 Euro pro Kopf und Jahr niedriger als die in Bochum. Es sollte in Bochum also ebenfalls möglich sein den Personalaufwand um 125 bis 250 Euro pro Einwohner/in und Jahr zu senken. Das würde eine Ersparnis im Haushalt von 45 bis 90 Mio. Euro im Jahr bedeuten. Dieses Geld stünde dann jedes Jahr zusätzlich bereit, um es in z.B. Schulen, Bildung, KiTa-Plätze, Stadtgestaltung, Mobilitätswende und andere Dinge zu investieren.

                      Verwaltungsreform unumgänglich

                      Um die ausufernden städtischen Personalaufwendungen zu senken, bedarf es dringend einer grundlegenden Verwaltungsreform, bei der alle Verwaltungsabläufe untersucht und optimiert werden. Mängel in der Verwaltungsorganisation durch immer mehr Personal lösen zu wollen, funktioniert nicht. Wie sich In Bochum zeigt, werden die Verwaltungsabläufe trotz immer mehr Beschäftigter nicht kürzer, sondern immer länger.

                      Die Lösung ist also nicht mehr Personal, stattdessen müssen die Verwaltungsabläufe effektiver werden. Personal muss da bevorzugt eingesetzt werden, wo es erforderlich ist. Wie die Explosion von Personalaufwand und Stellen zeigt, kann die Verwaltung eine entsprechende Verwaltungsreform nicht selbst stemmen. Die Potentiale für Effizienzsteigerungen müssen durch unabhängige externe Berater*innen untersucht und aufgezeigt werden.

                      Erst die Bedürfnisse der Einwohner*innen, dann die Wünsche der Verwaltung

                      Auch muss sich die Haltung der Politik ändern. Primäre Aufgabe der Politik ist nicht das Wohlergehen der Verwaltung sicher zu stellen und deren Wünschen nach mehr Beschäftigten und möglichst wenig Veränderungen der Organisationsabläufe nachzukommen. Vielmehr ist es Aufgabe der Politik sicher zu stellen, dass die Verwaltung so organisiert ist, dass sie den Bedürfnissen der Einwohner*innen hinsichtlich schneller und effizienter Bearbeitung ihrer Anliegen bei möglichst geringen Kosten gerecht wird. Dass dabei die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten der Verwaltung ebenfalls hinreichend berücksichtigt werden müssen. ist selbstverständlich. Dass aber z.B. eine grundlegende Verwaltungsreform scheitert, weil die Verwaltung systematische Untersuchungen der Abläufe durch externe Berater*innen ablehnt, darf kein Hinderungsgrund sein, diese im Sinne der Einwohner*innen gleichwohl durchzuführen.

                      Bochum ist vom Ziel Vorreiterin modernen Stadtmanagements zu sein weit entfernt

                      Wesentliches Ziel der von Oberbürgermeister Eiskirch initiierten Bochum Strategie ist, Bochum soll Vorreiterin modernen Stadtmanagements werden (Vorreiterin modernen Stadtmanagements, Zielbild 2030:). Dazu gehört eine effiziente, schnelle Verwaltung. Explodierende Personalkosten und ausufernde Stellenzahlen sind hingegen kein Kennzeichen für modernes Stadtmanagement. Der Oberbürgermeister ist Chef der Verwaltung, bisher sieht es nicht so aus, als sei es ihm möglich das selbst gesetzte Ziel zu erreichen.

                      24 Jun

                      Ein Darlehen für 18,5% – Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind

                      Ein Kommentar zu den Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind

                      Ratssäle und Rathäuser werden häufig zum Bullerbü der Politik verklärt. Gegenüber dem Donner-Spektakel auf den Bühnen in Berlin und Brüssel attestiert man der Kommunalpolitik gerne eine gewisse Allürenfreiheit. Diese Schneekugelwelt der Bürgermeister verantwortet keine Milliarden an Rentenlöcher. Die Verwalter der Parkbänke und Gullideckel machen keinen Dritten Weltkrieg. Prekär wurde es in unserer Stadt höchstens mal als Wattenscheider Bürger die Forken spitzen, um ihre Stadtrechte zu verteidigen.

                      Doch sind die Zeiten, in denen die Rathauspolitik ihre Hände in der Unschuld von Suppenküchen und Freibädern waschen konnte, schon lange vorbei – Nicht nur, weil manche davon bereits geschlossen wurden. Die Ruhrgebietsstädte, die immer schon Metropole sein, aber nie eigene Kirchtürme opfern wollten, fanden ihre Einheit im Big Business der Energiewirtschaft. Die Töchter der Städte, die Stadtwerke, wurden in großen Beteiligungen verheiratet. Tu felix Kohlenpott nūbe. Dass die Mitgift nur geliehen war, vergisst man dabei schnell. Neben RWE und Steag bekommt nun auch die volkseigene Trianel Probleme.

                      Tria-was? Die Trianel existiert seit 1997 und bildet das Dach, unter dem mehrere Dutzend Stadtwerke in Vielehe leben. Haushaltsvorstand sind dabei die Bochumer Stadtwerke, die mit 14% den größten Anteil halten. Die Trianel setzt 3 Milliarden Euro um und erreicht trotz dieses ganzen Aufwandes eine Umsatzrendite von weniger als mickrige 0,5%. Wenn ungeplant eine Schraube aus einem Bürostuhl rausflutscht, rutscht die Gesellschaft ins Minus. Über die Trianel wird nicht nur der Strom auf den internationalen Märkten eingekauft, der von den Stadtwerken in die guten Stuben der Bochumer gebracht wird. Über die Trianel produzieren die beteiligten Stadtwerke auch selbst Energie. Leider klappt das, große Überraschung, nicht so gut, wie geplant. Problemkinder sind hier der Trianel Windpark Borkum (TWB I) und das Trianel Kohlekraftwerk Lünen (TKL).

                      Im Jahr 2008 war absehbar, dass die CO2-Emissionen der Kohleenergie nicht mehr tragbar sind, wenn Deutschland die Klimaziele einhalten will. Dennoch legte man feierlich den Grundstein für das Kohlekraftwerk in Lünen und investierte 1,4 Milliarden frische Euros in die fossile Vergangenheit. Klagen und Proteste verzögerten den Bau und so ging die TKL erst 2013 ans Netz. Hurra. Keine 10 Jahre später ist der sich abzeichnende Ausstieg aus der Kohle beschlossene Sache und man muss sprichwörtliche die Hütte wieder abreißen, obwohl man noch die Hypothek dafür abstottern muss. Unterm Strich war die TKL eine katastrophale Fehlleistung.

                      Dann wären da noch Windmühlen im Meer. Was wie der Titel eines schnulzen Romans klingt, ist ein weiteres Vorhaben der Trianel in Sachen Energie. Immerhin hat man kein schwimmendes Kohlekraftwerk vor Borkum vor Anker gelegt, sondern baute dort den ersten rein kommunalen Offshore-Windenergiepark in der Nordsee mit 40 einzelnen Windenergieanlagen (TWB1). Damit sich die 33 beteiligten Stadtwerke nicht streiten, bekommt also jeder mindestens einen eigenen Propeller. Spaß bei Seite. Auch hier zog sich das 2009 gestartete Projekt in die Länge und ging statt 2011 erst 2015 ans Netz.

                      Als das Geld alle war, aber der Windpark nur halb fertig hat sich die Betreibergesellschaft TWB für frisches Geld zum brüderlichen Zinssatz von 18,5% bei der Trianel für 32,9 Mio. EUR verschuldet. Diese Schulden können seit Jahren nicht bedient werden. Statt Moskau Inkasso klopfen nun die freundlichen Stadtwerke Uelzen an die Tür. Diese kaufen einen Teil des Kredits bei der Trianel auf und lösen die aufgelaufenen Zinsen zum Teil ab. Weil das aber nicht reicht und man im Lüner Hinterhof noch das stinkende Kohlekraftwerk bollern hat, musste das Management eine kreative Leistung erbringen. Praktisch, dass man im 20 km entfernten Hamm auch noch ein Gaskraftwerk betreibt, bei dem niederländische Unternehmen ihre Anteile an die Trianel verkaufen wollen. Zwar wird wieder in fossile Energie investiert. aber egal, auf dem Papier bedeutet mehr Geld im Gasverbrennungswerk, der Anteil der Fehlinvestitionen in Lünen und in der Nordsee am Kraftwerkeportfolio der Trianel sinkt. Und nur darum geht es, Bilanz aufhübschen und Trianel retten. Für das eigentliche Ziel, Energiewende, bleibt da keine Zeit und kein Geld mehr (Wie viele Millionen kostet die Stadt Bochum die Rettung der Trianel?).

                      Der Bochumer Stadtrat spielte bei dem Trauerspiel leider wieder mit. So blieb eine kritische Diskussion über die bedrohliche Lage bei der Trianel in der letzten Ratssitzung aus. Stattdessen gab es Beschwichtigungsversuche durch den Oberbürgermeister. Der allerdings lag schon mit seinen früheren Einschätzungen zur Lage bei der STEAG immer wieder daneben. Und wie jedes Mal, wenn Stadtwerke und Oberbürgermeister es verlangen, hoben auch diesmal die Ratsmitglieder*innen brav die Hand, denn wieder mal hofft man im Rat, dass es diesmal doch noch gut für die Stadt ausgehen wird.

                      10 Jun

                      Wie viele Millionen kostet die Stadt Bochum die Rettung der Trianel?

                      Die Vernichtung von städtischem Geld durch die Bochumer Stadtwerke geht in eine weitere Runde. Nach den hunderte Millionen teuren Fehlinvestitionen der Stadtwerke in die Steinkohlekraftwerke in Hamm und Lünen sowie in die STEAG, kommt nun ein weiteres Millionengrab hinzu, der Windpark Borkum I.

                      Diese Fehlinvestition bringt zudem den Betreiber von Windpark und Kraftwerk Lünen, die Trianel GmbH, an der die Stadtwerke Bochum mit rund 14% beteiligt sind, in eine existenziell bedrohliche Schieflage, was weitere finanzielle Risiken für Stadt und Stadtwerke bedeutet.

                      Eigentlich wurde die Trianel im Jahr 1999 als Gemeinschaftsunternehmen von Stadtwerken, kommunalen und regionalen Versorgungsunternehmen gegründet, um eine gemeinsame Beschaffung auf den liberalisierten deutschen und europäischen Energiemärkten zu organisieren und Synergien zu erschließen (Trianel).

                      Trianel – eine Fehlinvestition nach der anderen

                      Neben dem Handel wurde die Trianel zudem im Bereich der Energieerzeugung als Betreiber von Kraftwerken und anderen Energieanlagen aktiv. Diese Engagements endeten allerdings regelmäßig in finanziellen Desastern. Nachdem bereits das Kohlekraftwerk Lünen für die Trianel und die daran beteiligten Stadtwerke nur Verluste gebracht hat (Stadt verbrennt 87 Mio. im Kohlekraftwerk Lünen), wird nun klar, der Windpark Bochum I, ist für Trianel und die Stadtwerke ebenfalls ein finanzieller Alptraum.

                      Mal wieder erweisen sich die Zahlenmärchen über die erfolgreichen Stadtwerkeinvestitionen der Pressestelle der Stadtwerke als heiße Luft. Jetzt kommt ans Licht, die Trianel hat beim angeblich so erfolgreichen Windparkprojekt Borkum I bereits das gesamte Eigenkapital in Höhe von ursprünglich 8 Mio. auf null Euro abgeschrieben. Offen sind noch Darlehen im Wert von 42,4 Mio. Euro, die ebenfalls schon um 9,7 Mio. wertberichtigt wurden. Der Windpark steht somit noch mit 32,9 Mio. in den Büchern der Trianel. An die Darlehensgeber zu zahlen sind jedoch Zinsen und Tilgung in Höhe von 77,4 Mio. Euro. Der größte Teil davon (64,4 Mio.) resultiert aus einem Darlehen mit dem sagenhaften Zinssatz von 18%. Dieser extrem hohe, marktunübliche Zinssatz lässt das Risiko erkennen, dass die Geldgeber in dem Geschäft sahen (Vorlage 20221344).

                      Windpark Borkum I

                      Mittlerweile wurden die Zinszahlungen für die Windparkdarlehen ausgesetzt, da die Trianel diese nicht mehr bedienen konnte. Klar ist, aus dem Geschäft des Windparks lassen sich die aktuell offenen 77,4 Mio. niemals refinanzieren. Durch die extrem hohen Zinsen wächst der Verlust aber immer weiter, da die Erlöse aus dem Windenergiegeschäft den jährlich zusätzlich zu entrichtenden Zinsaufwand nicht decken können. Der Windpark Borkum bringt die Trianel zusammen mit den Millionenverlusten aus Kraftwerk Lünen in eine wirtschaftliche Notlage. Er stellt trotz bereits getätigter erheblicher Wertberichtigungen mit einem Anteil von 39,5 % am Beteiligungsportfolio der Tianel immer noch das größte Einzelrisiko dar (Vorlage 20221344).

                      Steinkohlekraftwerk Lünen

                      Ein weiterer Verlustbringer bei der Trianel ist das von ihr betriebene Steinkohlekraftwerk Lünen. Da Trianel selbst nicht in der Lage war, die Verluste des Kraftwerks aufzufangen, musste die Stadt das Kraftwerk bereits 2019 mit 25 Mio. Euro stützen (Bochum muss Kohlekraftwerk mit 25 Mio. stützen). Bis zur Stilllegung ist bei dem Kraftwerk mit Verlusten in Höhe von 570 bis 800 Mio. Euro zu rechnen (Kraftwerk Lünen könnte 50-70 Mio. Verlust bringen).

                      Beteiligungsrisiko gefährdet operatives Geschäft der Trianel

                      Nur das Trianel Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Hamm-Uentrop steht in der Bilanz der Trianel noch relativ positiv dar. Ein Stresstest zur Einschätzung der Risikobeteiligung bei der Trianel ergab, dass sich die Trianel insgesamt finanziell hinsichtlich Ergebnis, Bilanz und Liquidität in erheblicher Schieflage befindet und bei Eintreten ungünstiger Szenarien, das operative Geschäft erheblich gefährdet ist. Das heißt im Klartext nicht anderes, dass es im schlimmsten, aber durchaus nicht unrealistischen Fall zu einer Insolvenz und damit zur Aufgabe des Geschäftsbetriebs bei der Trianel kommen könnte (Vorlage 20221396). Im Falle einer Insolvenz müssten die Gesellschafter, also auch die Stadtwerke Bochum, für alle Verbindlichkeiten der Trianel eintreten. Dies würde angesichts der fatalen Situation bei den Beteiligungen der Trianel für die Stadtwerke Bochum zu einem weiteren mindestens zweistelligen Verlustbetrag führen.

                      Eine Fehlinvestition nach der anderen

                      Nachdem die Stadtwerke bereits für das Kraftwerkabenteuer Hamm-Uentrop (65 Mio. Euro Verluste abgeschrieben haben (Weitere 65 Mio. Euro bei Bochumer Stadtwerken vernichtet) und das STEAG-Desaster voraussichtlich am Ende sogar einen 3-stelligen Millionenbetrag kosten wird (Kein Geld der Stadt für die Sanierung der STEAG), kommen zu den bisherigen Verlusten, die die Trianel über das Kraftwerk Lünen bereits eingebracht hat, weitere Millionenschäden für Stadtwerke und Stadt hinzu.

                      Gaskraftwerk Hamm-Uentrop iat auch keine gute Investition

                      Um die Risiken, die von den Trianel-Beteiligungen am Kraftwerke Lünen und dem Windpark Bochum I ausgehen, abzufedern und zu begrenzen, will die Trianel jetzt weitere Anteile des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks in Hamm-Uentrop erwerben und ihre Beteiligung durch die Ausübung einer Kaufoption von 6,12% auf 11,01% erhöhen. Aktuell steht das Gaskraftwerk in der Bilanz der Trianel noch relativ gut da. Immerhin weist der Geschäftsbericht 2019 für das Gaskraftwerk noch einen Jahresüberschuss von 3,4 Mio. Euro (Trianel Geschäftsbericht 2019)., aus, für das Geschäftsjahr 2020 wird jedoch ein Fehlbetrag von 30,6 Mio. Euro festgestellt (Trianel Geschäftsbericht 2020). Im Jahr 2022 liegen bisher die prozentualen Volllaststunden unter 20%. Dass der Betrieb bei dieser Auslastung wirtschaftlich sein kann, darf bezweifelt werden.

                      Hinzu kommt, der fossile Energieträger Gas wird im Rahmen der Energiewende auf dem Weg zur Energieerzeugung allein aus erneuerbaren Energiequellen nur eine Übergangslösung sein. Absehbar ist also, dass auch das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Hamm-Uentrop nicht langfristig Energie erzeugen wird.

                      Stadtwerke sollten Ausstieg bei der Trianel erwägen

                      Der Erwerb weiterer Anteile scheint also, wenn überhaupt, zur kurzfristigen Aufhübschung der Trianel Bilanz und der Risikominimierung bei den Beteiligungen der Trianel geeignet zu sein, eine strategische Investition in die Zukunft ist die Transaktion jedoch nicht. Auch steht der Erwerb von weiteren Anteilen an fossilen Kraftwerken im Gegensatz zu dem von der Stadt im Juni 2019 ausgerufenen Klimanotstand.

                      Eigentlich sollten die millionenschweren Fehlinvestitionen der Trianel gezeigt haben, dass dies kein geeignetes Unternehmen ist, um sich erfolgreich an Kraftwerken und Energieerzeugunganlagen zu beteiligen. 2019 musste bereits die niederländische Vertriebsgesellschaft Trianel Energie B.V aufgrund von Kundenausfällen einen Antrag auf Insolvenz stellen (Trianel Geschäftsbericht 2019). Das Geschäftsmodell Trianel ist gescheitert. Der Geschäftsbetrieb der Trianel auf das Kerngeschäft beschränkt werden und zukünftig nur noch als Gemeinschaftsunternehmen von Stadtwerken, kommunalen und regionalen Versorgungsunternehmen tätig sein, das eine gemeinsame Energiebeschaffung auf den deutschen und europäischen Energiemärkten organisiert.

                      Sollte man weiterhin Beteiligungen an Energieerzeugungsanlagen in Erwägung ziehen, dann allenfalls an solchen, bei denen erneuerbare Energie als Quelle genutzt wird. Wie jedoch das finanziell gescheiterte Projekt Windpark Borkum I zeigt, scheint Trianel auch für die Durchführung dieser Projekte wenig geeignet.

                      Für die Stadt Bochum stellt sich somit die generelle Frage, ob es nicht die beste Lösung ist, die Geschäftsanteile an der Trianel (14,07%) abzustoßen, um nicht am Ende für weitere Verluste der Trianelgeschäfte gerade stehen zu müssen. Die Umsatzrendite von unter 0,5% ist jedenfalls kein Argument die Anteile weiter zu halten. Fraglich ist allerdings, ob sich für die Geschäftsanteile überhaupt noch ein Käufer findet. Denn so rosig, wie von den Stadtwerken bisher dargestellt ist die Beteiligung an der Trianel, wie jetzt öffentlich wird, leider nicht. Die Beteiligung ist vielmehr eine Risikoanlage mit der Gefahr weiterer hoher finanzieller Verluste für Stadt und Stadtwerke.

                      Der Erwerb von zusätzlichen Anteilen am Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Hamm-Uentrop sowie der Verkauf eines relativ kleinen Teils der Darlehen, die auf dem Windpark Borkum lasten, an die Stadtwerke Uelzen, scheinen nicht geeignet, die finanzielle Schieflage bei der Trianel dauerhaft zu beseitigen. Eine strategische Ausrichtung, die das Unternehmen in die Lage versetzt, die zukünftigen Herausforderungen der Energiewende erfolgreich zu meistern, ist überdies nicht erkennbar.

                      Informationen zu den Maßnahmen zur Rettung der Trianel unzureichend

                      Die zur Rettung der Trianel vorgelegten von der Verwaltung vorgelegten Beschlussvorlagen sind unzureichend (Vorlagen 20221396 und 20221344). Die STADTGESTALTER haben zur vollständigen Aufklärung der wirtschaftlichen Lage der Trianel daher einige Fragen nachgereicht. Auch liegen Stresstest und Risikoanalyse zu den Beteiligungen der Trianel, auf denen beide Beschlussvorlagen aufbauen, dem Rat bisher nicht vor. Auch diese wurden von den STADTGESTALTERn angefordert. Die Informationspolitik der Stadtwerke ist ungenügend. Die Zahlenmärchen zu den Projekten der Stadtwerke sollte sich das städtische Unternehmen zukünftig sparen. Nur mit weniger, dafür fundierten Zahlen und ehrlichen Einschätzungen zur Lage der Projekte können die Stadtwerke die verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

                      Stadtpolitik kommt Aufgabe, die Geschäfte der Stadtwerke zu kontrollieren, nur unzureichend nach

                      Letztlich bleibt festzuhalten, die umfangreichen Fehlinvestitionen des Ex-Stadtwerkechefs mit SPD-Parteibuch Bernd Wilmert kostet die Stadt und die Stadtwerke in Summe einen noch genau zu beziffernden 3-stelligen Millionenbetrag. SPD und Grüne im Stadtrat haben ihm blind vertraut und sind ihrer Aufgabe, die Geschäfte der städtischen Unternehmen zu kontrollieren im Fall Stadtwerke nicht nachgekommen. Das bei den Stadtwerken verloren gegangene Geld fehlt der Stadt heute und ist eine der wesentlichen Ursache für die hohe Stadtverschuldung.