01 Mai

City-Tower – Vom architektonischen Highlight zum trostlosen Klotz

Eigentlich sollte der neue City-Tower am Hauptbahnhof ein spannendes architektonisches Highlight werden, um auch optisch den Eingang zur Innenstadt aufzuwerten. Doch dann wurde der ambitionierte Entwurf immer weiter abgespeckt, bis jetzt nur noch ein trostloser Klotz gebaut werden soll, wie er in jedem Gewerbegebiet zu finden ist. Wieder wird eine Chance vertan, der Stadt ein besonderes Gesicht zu geben.

Bochum, “Leider total verbaut Aber g’rade das macht dich aus “, heißt es in der Stadthymne von Grönemeyer. Eigentlich will die Stadt von der belang- und ideenlosen 08/15 Architektur weg, mit der über Jahrzehnte die Stadt zugebaut wurde. Als neues Ziel wurde ausgegeben, architektonisch hochwertige, das Stadtbild prägende Gebäude zu bauen, die Bochum unverwechselbar machen.

Ziel: Landmarken und das Stadtbild prägende Architektur

Ausdrücklicher Wunsch die Stadtpolitik ist es in der Stadt augenfälligen Landmarken zu schaffen, damit Besuchern und Besucherinnen wie auch Durchfahrende sofort erkennen, dass sie sich in Bochum befinden. Eine solche Landmarke hätte der City-Tower sein können, wenn nicht müssen. Die Stadt selbst spricht von einer “herausragenden städtebaulichen Funktion des Gebäudes und dessen künftig weithin sichtbaren Figur” und stellt im Bebauungsplan fest, der äußeren Fassadengestaltung käme eine besondere Bedeutung zu (Begründung Bebauungsplan 31.01.2019)

Direkt am Hauptbahnhof, am Eingang zur Innenstadt gelegen, soll das Hochhaus als erstes von denen, die in die City kommen oder mit der Bahn die Stadt durchfahren, gesehen werden. Der erste Eindruck von einer Stadt ist prägend. Ist der Bau gelungen sorgt er für einen Aha-Effekt, die Besucher*innen werden neugierig auf die Stadt und wollen mit einer positiven Grundstimmung die weitere Stadt entdecken. Ist das Gebäude dagegen langweilig und strahlt schnöde Belanglosigkeit aus, werden alle gegenüber Bochum bestehende Vorurteile bestätigt. Die Grundstimmung gegenüber der Stadt ist dann im besten Fall gleichgültig, eher sogar negativ. Um das zu vermeiden, sollte der City-Tower ein besonderes Bauwerk werden. Die Wirtschaftsentwicklung verkündete, der Stadtturm werrde das neue Tor zur Innenstadt. Mit diesem Vorsatz sollte der City-Tower am Hauptbahnhof konzipiert werden.

Stadtturm Bochum. Gerhard Spangenberg

105 Meter hoher Glasturm – Die lange Planungsgeschichte des Turms begann 2013 mit der Vorstellung eines 105 Meter hohen Hochturms. Als Mieter im Gespräch war die Europazentrale von BP/Aral, später die Sparkassen-Akademie. Der Entwurf des Architekten Gerhard Spangenberg, der schon das Exzenter-Haus entworfen hat, sah einen futuristisch anmutenden Glasbau mit verschiedenen Schrägebenen vor (Gerhard Spangenberg Stadtturm Bochum). Durch seine markante Bauform hätte der Turm einen einmaligen Blickfang dargestellt. Doch die gewünschten Mieter für den Stadtturm fanden sich nicht, das Projekt konnte nicht realisiert werden.

Basecamp Tower, Gerber Architekten

Hochhaus für Studierende und Hotelgäste – 2017 wurde ein 60 Meter hohes Gebäude geplant, das 400 Studierenden und zusätzlich den Gästen eines Hotels zur Verfügung stehen sollte (Planung City Tower Basecamp). Die Architektur sollte besondere Akzente setzen und sich optisch in die vorhandene Umgebungsbebauung einfügen.

Im Hinblick auf diese Planung wurde 2019 der Bebauungsplan in Kraft gesetzt, der seitdem den Bau eines Stadtturms bis zu einer maximalen Höhe von 69 Metern zulässt. Der neue Entwurf erhob den Anspruch einen “hohen, städtebaulich deutlichen Akzent” zu setzen. Gerber Architekten ersetzten den eher futuristischen Stadtturm von Spangenberg durch eine um 40 Meter geschrumpfte solide Architektur, die durch ausgeklinkte verglaste Eck- und Fassadenteile optisch gewinnende Akzente versprach. Im Bebauungsplan wird der Entwurf wie folgt beschrieben. “Aufgrund der herausragenden städtebaulichen Funktion des Gebäudes und dessen künftig weithin sichtbaren Figur, besitzt die äußere Fassadengestaltung eine besondere Bedeutung. Zur deutlichen Akzentuierung des Hochhauses ist – nach aktuellem Planungsstand eine Loch-Fassade bestehend aus Glaselementen und Beton/Stein – vorgesehen. Hierdurch soll die Wirkung einer aufgelockerten Fassade entstehen. Durch größere, eingeschobene Öffnungen soll diese Wirkung weiter verstärkt werden, indem Glaselemente zwei Geschosse überspannen und den dahinterliegenden Gemeinschaftsräumen eine besondere Akzentuierung in der Fassade verleihen.” Doch auch dieses Projekt scheiterte, der Investor sprang ab. Er sah sich aufgrund steigender Baupreise nicht mehr in der Lage das Projekt zu realisieren.

City Tower & City Garden, mo.studio

Mix-Use-City-Tower – 2020 findet sich ein neuer Investor. Im Tower sollen jetzt auf 21 Ebenen Nutzungen von Hotel, Büro, Serviced Apartments, Gastronomie bis Handel untergebracht werden. Vom Investor wird dieses Konzept als Mix-Use bezeichnet.

Im Juli 2020 stellen die Architekten von mo.studio unter dem Namen “City Tower & City Garden Bochum” neue Planungsentwürfe sowie ein neues Planungskonzept für den Turm vor (Planung City Tower Bochum). Highlight diesmal: auf den Etagen 2 bis 4 sowie der obersten, 20. Etage sollen Bäume und große Büsche in die Fassade integriert werden, ein vertikaler Garten soll entstehen. Es wird zunächst vermutet der Investor wolle jetzt diesen Entwurf realisieren, aber das Konzept kommt nicht zum Zug,

Der aktuelle Planungsentwurf ist belang- und anspruchslos

Letzten Endes wird doch wieder auf den Planungsentwurf der Gerber Architekten aus dem Jahr 2017 zurückgegriffen. Allerdings wurde dieser zwei Mal abgespeckt, zunächst 2020 und nunmehr erneut.

City-Tower-BO, Gerber Architekten

Der gerade veröffentlichte Entwurf sieht nur noch einen 60 Meter hohen gesichtslosen Klotz vor, an dem man sich spätestens nach 10 Jahren satt gesehen hat. Jede architektonische Finesse ist verschwunden. Was die Stadt noch versucht als neues Wahrzeichen zu verkaufen (Der City-Tower-BO). ist nicht mehr als ein ideenloser Büroturm, wie man ihn in jedem großstädtischen Gewerbegebiet im Dutzend findet. Zwar wird der jetzt City-Tower-BO genannte Turm weithin sichtbar sein, doch das Zeug zum Hingucker hat er nicht. Er wird nach Vonovia-Hauptverwaltung (Vonovia-Zentrale – eine neue Bausünde) und Sparkassenneubau am Dr.-Ruer-Platz (Gähn-Moment statt Wow-Effekt – Neubau der Sparkasse am Dr.-Ruer-Platz) ein weiteres sichtbares Zeichen dafür sein, dass beim Bau markanter Gebäude in Bochum viel zu häufig nur unterer Durchschnitt realisiert wird. Mal wieder klaffen der ursprüngliche Anspruch an das Projekt und das, was dann realisiert werden soll, weit auseinander. Nach jetzigem Stand wird der Kurt-Schumacher-Platz nach dem billig aussehenden Hotel-Zwillingsturm nun ein weiteres 08/15-Hochhaus erhalten.

Wieder wird eine Chance vertan, an herausragender Stelle der Stadt, direkt am Hauptbahnhof, ein sichtbares Zeichen für eine innovative Stadt zu setzen. Seiner herausragenden Funktion als Wegweiser zur Innenstadt wird der Turm nicht im Ansatz gerecht. Der Entwurf bietet nicht mal architektonisches Mittelmaß. Seine Gestaltung ist in jeder Hinsicht enttäuschend.

Planungsentwürfe 2013-2022

Bestehen noch Chancen auf einen besseren Planungsentwurf?

Bemühungen die Planungen doch noch zu verbessern, sind bisher nicht zu vernehmen. Weder von Seiten der Stadt noch von Seiten der Stadtgesellschaft ist in dieser Richtung etwas zu hören. Eigentlich wäre eine deutliche Stellungnahme vom Gestaltungsbeirat, IHK und den Geschäftsleuten der Innenstadt zu erwarten.

Die große Frage ist, was hat die Stadt für ein Druckmittel gegenüber dem Investor, um diesen zu verpflichten, die von der Stadt selbst formulierten Gestaltungsansprüche zu erfüllen? Gibt der Vertrag mit dem Investor das her? Der Oberbürgermeister erklärte zu der Auswahl des aktuellen Investors LIST: “Gesprochen haben wir mit einigen, verhandelt mit wenigen und am Ende hatte LIST das beste Paket” (WAZ vom 26.08.20). Wenn die Stadt aus einer guten Auswahl an Investoren den passenden aussuchen konnte, dann sollte sie den genommen haben, der mit seinem Angebot die Ansprüche der Stadt am besten erfüllen konnte. Zudem sollte es in dieser Lage möglich gewesen sein, die Realisierung der entsprechenden Gestaltungsanforderungen vertraglich verbindlich zu fixieren.

Dass die Wirtschaftsentwicklung die neuen Planungen bereits auf der städtischen Seite veröffentlicht hat, lässt allerdings befürchten, dass die Stadt den erneut abgespeckten Entwurf bereits abgesegnet hat Das wäre fatal. Zu klären ist jetzt, was die Stadt noch für Handlungsoptionen hat. Um dies aufzuklären, werden die STADTGESTALTER eine entsprechende Anfrage stellen.

In letzter Konsequenz werden sich Stadt und Politik die Frage stellen müssen, ob es nicht besser ist auf einen Stadtturm ganz zu verzichten, statt einen architektonisch unambitionierten, gesichtslosen Hochhausklotz zu errichten, zu dem dann in 10 Jahren gefragt wird, wie die Stadt diesen Bau zulassen konnte.

Fest steht schon, dass das von der städtischen Wirtschaftsentwicklung an dem Turm angebaute Parkhaus nach aktuellem Stand statt 7 Mio. Euro voraussichtlich 10 Mio. Euro kosten wird (WAZ vom 13.04.22). Damit entfallen auf jeden der 433 Stellplätze Kosten in Höhe von über 23.000 Euro.

26 Dez

Chance verpasst: Gähn-Moment statt Wow-Effekt – Neubau der Sparkasse am Dr.-Ruer-Platz

Im April 2022 wird das Gebäude der Bochumer Tradionsgastronomie Uhle am Dr.-Ruer-Platz abgerissen. Die Sparkasse baut stattdessen ein neues Gebäude. Doch statt einen echten Hingucker zu errichten, soll ein belangloser 08/15-Bau entstehen. Die Chance, ein visionäreres Bauwerk zu schaffen, zum Beispiel mit im Frühjahr blühender Grünfassade und einem kleinen Stadtwald auf dem Dach, das Menschen hätte in die Innenstadt locken können, wird vertan.

Die Bochumer City ist nicht gerade reich an architektonisch spannenden und bedeutenden Gebäuden. Es sieht so eintönig aus wie in vielen deutschen Innenstädten. Die Architektur der Gebäude ist großenteils beliebig, belanglos und austauschbar. Besonders gestaltete Bauwerke, die die City einmalig machen und aus der Masse der Innenstädte herausheben, fehlen. Einzig das Rathaus, das Kortumhaus und das historische Sparkassengebäude, sowie das alte Modehaus Baltz heben sich von der Masse ab. Dem gegenüber stehen Bausünden, wie das Möbel-Heiland-Gebäude am Südring, die neue Stadtbadgalerie (jetzt Bochumer Fenster) am “Boulevard”, das Einkaufszentrum Drehscheibe an der Kreuzung Kortumstraße/ “Boulevard” sowie das BVZ hinter dem Rathaus.

Geplanter Neubau der Sparkasse wird Innenstadt nicht helfen

Auch das Gebäude der ehemaligen Traditionsgastronomie Uhle, das es in fünf Monaten nicht mehr geben wird, stellt alles andere als eine Schönheit dar. Das nach dem Krieg notdürftig und nur teilweise wieder aufgebaute Gebäude hat eher zum Ruf Bochums beigetragen total verbaut zu sein. Der Abriss stellt städtebaulich keinen Verlust dar.

Ansicht vom Dr,-Ruer-Platz, Erweiterungsbau Sparkasse Dr.-Ruer-Platz,, Foto: Ortner & Ortner Baukunst

Der geplante Neubau passt sich besser in die bestehende Bebauung am Dr.-Ruer-Platz ein, korrigiert die Bausünde des Nachkriegsneubaus der Sparkasse zwischen historischem Sparkassengebäude und heutiger Uhle und wird daher den Platz aufwerten. Er ist allerdings kaum weniger langweilig wie die bestehende Bebauung an dem ohnehin beispiellos trostlos gestalteten zentralen Bochumer Innenstadtplatz. Die leicht gefaltete Fassade vermag den neuen Bau ein wenig von dem belanglosen Durchschnitt der bestehenden Fassaden abheben, mehr aber nicht.

Ansicht von Huestraße – Erweiterungsbau Sparkasse Dr.-Ruer-Platz, Foto: Ortner & Ortner Baukunst,

Eine einmalige Chance wird verpasst

Nicht oft hat eine Stadt die Chance in so zentraler City-Lage ein besonderes Bauwerk zu schaffen um der Innenstadt mehr Charakter zu verleihen und sie mit einem besonders sehenswerten Gebäude aufzuwerten. Am Dr.-Ruer-Platz hat Bochum jetzt diese einmalige Möglichkeit, wird sie aber leider nicht nutzen. Dabei hat die Stadt es über die städtische Sparkasse, die Bauherr ist, sogar selbst in der Hand zu bestimmen, was an Stelle der Uhle, am zentralsten Platz der Innenstadt neu entstehen soll.

Heute stellt sich beim Anblick der vor fast 20 Jahren erbauten Stadtbadgalerie die Frage wie dieses architektonisch misslungene bis belanglose Gebäude 2002 dort entstehen konnte und warum damals nicht die Chance genutzt wurde, dort ein architektonisch visionäres und einzigartiges Gebäudes zu schaffen. Zu befürchten ist, dass man sich in 20 Jahre am Dr.-Ruer-Platz zu dem neuen Sparkassengebäude die gleiche Frage stellen wird.

Attraktionen und Sehenswürdigkeiten locken Menschen und Kunden in die Innenstadt

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Sehenswürdigkeiten. Um die Innenstadt neu zu beleben und von anderen Innenstädten des Ruhrgebiets positiv abzuheben, sollte es Ziel sein jede Gelegenheit zu nutzen besondere Attraktionen zu schaffen (Die STADTGESTALTERStrategie zur Belebung der Bochumer Innenstadt). In diesem Sinne hätte bei der Neubebauung am Dr.-Ruer-Platz das Ziel verfolgt werden sollen, an diesem zentralen Ort ein einzigartiges, visionäres Gebäude zu erbauen, dessen Gestaltung darüber hinaus geeignet ist, die Trostlosigkeit des Platzes aufzubrechen.

Da der Dr.-Ruer-Platz besonders negativ durch die vollständige Abwesenheit von Grün auffällt, wäre eine Möglichkeit gewesen, ein klimagerechtes Gebäude mit einer besonderen Fassaden- und Dachbegrünung zu schaffen. Ein Gebäude mit einer spektakulären gegebenenfalls im Frühjahr sogar blühenden Grünfassade und einem kleinen Stadtwald auf dem Dach, wäre ein besonderes Highlight für die gesamte Innenstadt gewesen (Beispielhafte Fassaden- und Dachbegrünung, Calwer Passage). Dazu hätte die Stadt mit einer solchen Architektur ein Zeichen gesetzt für die angestrebte Vorreiterrolle in Sachen Klima- und Umweltschutz.

Beispiel für Begrünung, Calwer Passage, Foto: Ferdinand Piëch Holding GmbH

Auch mit der von den STADTGESTALTERn für diesen Ort vorgeschlagenen riesigen Virtual-Reality-Box hätte eine einzigartige Attraktion für die Innenstadt geschaffen werden können, die viele Menschen und potentielle Kunden nach Bochum gelockt hätte (Riesige Virtual-Reality-Box auf dem Dr.-Ruer-Platz).

Virtual-Reality-Box

Stadt und Politik fehlen Mut du Weitsicht für visionäre Gebäude

Die nunmehr geplante Bebauung belegt die Einschätzung, Stadt, Oberbürgermeister und Politik fehlt es zu oft an Mut und Weitsicht, wirklich visionäre Dinge zu schaffen, die es so in anderen Städten noch nicht gibt. Es bedarf weniger Aufwand und Mühe Gebäude nach bewährtem Muster in belangloser 08-15-Architektur zu bauen, wie man sie in den Businessdistrikten europäischer Großstädte zu hunderten findet, wegen der aber so gut wie niemand in die Innenstadt kommen wird. Hier passen Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammen. Auf der einen Seite will die Stadt sich als Vorreiterstadt profilieren, präsentiert sich dann aber an so prominenter Stelle in der Innenstadt nur mit langweiliger Durchschnittsarchitektur.

Verwunderlich, dass die Kaufleute der Innenstadt, die mit ihren erfolgreichen Bemühungen zur Einführung einer Gestaltungssatzung deutlich gemacht haben, dass sie die Gestaltung der Innenstadt als zentralen Punkt hinsichtlich Attraktivität der City sehen, sich bisher nicht zu dieser verpassten Chance positioniert haben, obwohl ihr Geschäftserfolg ganz entscheidend von einzigartigen Sehenswürdigkeiten in der Stadt abhängt.

Bochum wird es in wenigen Jahren bereuen, eine einmalige Gelegenheit verpasst zu haben

Der geplante Neubau wird das Stadtbild der Innenstadt nicht verschlechtern, er wird es sogar tendenziell verbessern. Den Ruf der Bochumer City, dass sie so belanglos aussieht wie jede durchschnittliche Innenstadt, wird die geplante banale Bebauung jedoch nicht aufpolieren können, sie wird ihn sogar eher festigen. Das Gebäude hat nicht das Potential zu einer unverwechselbaren Attraktion der City zu werden. Es wird keine Menschen und Kunden aus dem Ruhrgebiet nach Bochum locken können. Mit dem Bau wird kein Zeichen gesetzt, mit dem sich die Bochumer City von den Innenstädten der umliegenden Städte positiv abheben kann. Eine einmalige Chance, die sich in der Innenstadt voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten nicht ein zweites Mal ergeben wird, hat die Stadt leichtfertig vergeben. In wenigen Jahren wird sich die Stadt ärgern, diese Gelegenheit 2021 verpasst zu haben.

06 Jun

Braucht Bochum Landmarken?

Der Stadtrat hat die Verwaltung beauftragt zu prüfen. inwieweit eine wiedererkennbare Landmarke, z.B. mit dem Bochumer Logo und dem Wort „Bochum“, an drei bis vier Punkten in der Stadt (an Radwegen, Autostraßen, Bahnstrecken etc.) so aufgestellt werden kann, dass der Schriftzug für Bochum eine Markenbotschaft darstellt. Ist das sinnvoll oder gibt es bessere, nachhaltigere Ideen?

Fahren Auswärtige über die Autobahnen oder die Bahnlinien durch Bochum, dann sieht die Stadt aus dem Auto oder der Bahn doch ziemlich unscheinbar bis trostlos aus, wenn man überhaupt erkennt, dass man gerade die Bochum und nicht Essen oder Dortmund durchfährt.

“Bochum”-Schriftzüge und eine Innenstadt die “instagrammable” ist

Das soll sich nach dem Willen von SPD, CDU und den Grünen ändern, man will an mehreren Punkten gut sichtbar “Bochum”-Schriftzüge oder Ähnliches aufstellen (Antrag 20210821).

In Bochum fehle es zudem an Punkten die “instagrammable” sind, so sieht es jedenfalls Bochum-Marketing. Die Stadt bräuchte mehr Orte, vor die sich Besucher der Stadt stellen, um ein Foto für Instagram zu schießen, bei dem jeder sofort erkennt, dass es in Bochum aufgenommen wurde. Außer der Glocke vor dem Rathaus fehlen der Stadt solche Spots.

In vielen Städten der Welt, von Riga über Amsterdam bis Tokio stehen Schriftzüge mit dem Stadtnamen, vor denen sich Touristen gerne fotografieren lassen. Die Idee ist nicht neu, auch nicht innovativ, aber sie funktioniert. Ob es allerdings sinnvoll ist an den verschiedensten, besonders sichtbaren Orten solche Schriftzüge in die Landschaft zu stellen, darf bezweifelt werden. Das sähe dann doch eher so aus als fehle es der Stadt an wirklich einzigartigen architektonischen Landmarken, weshalb man sie überall beschriften musste.

Was macht die Qualität einer Landmarke aus?

Landmarken sind zumeist auffällige, weithin sichtbare topographische Objekte wie Berge, Kirchen, Türme, Burgen oder andere markante Gebäude, In Bochum z.B. der Zechenturm des Bergbaumuseums, der Hollandturm oder das Exzenter-Haus. Landmarken haben oder hatten zumeist einen alltäglichen Nutzen, z.B. als ehemaliger Teil einer Industrieanlage oder als Bürogebäude. Durch ihre besondere Gestaltung haben sie dazu einen hohen Wiedererkennungswert und stehen an einem Ort, wo sie aus allen Richtungen gut gesehen werden. Schriftzüge mit dem Stadtnamen auf einer Halde oder auf Gebäuden greifen also zu kurz.

Vielmehr ist es sinnvoll Gebäude oder Infrastrukturobjekte in der Nähe von Autobahnen und zentralen Bahnachsen so auffällig zu gestalten, dass sie den Vorbeifahrenden dauerhaft in Erinnerung bleiben und die Stadt wieder erkennbar machen. Immer wenn eine solche architektonische Landmarke in Sicht kommt, soll sie die wieder aufstrebende Großstadt Bochum ins Gedächtnis rufen. Ziel der Stadt sollte es sein mit vorbildlichen architektonischen Landmarken zu glänzen, statt die geringe visuelle Attraktivität von 08/15-Architektur mit Marketingschriftzügen wett machen zu wollen. Das städtische Geld ist in architektonischer Substanz besser und nachhaltiger angelegt als in schön gestalteten Werbeschildern mit Stadtnamen.

Welche Orte bieten sich in Bochum für architektonische Landmarken an?

Für solche auch architektonisch vorbildlichen Landmarken bieten sich besondere zwei Objekte an, die in den nächsten Jahren in Bochum entstehen sollen.

Orte für mögliche Landmarken

Das ist zum einen die Brücke für den Radschnellweg und gegebenenfalls eine Regiotramlinie (Bahnanbindung für Leithe und Günnigfeld), die direkt östlich vomm Westkreuz über die A40 führen soll.

Zum anderen die Bebauung am Wattenscheider Bahnhof, die zwischen Bahnlinie und A40, entstehen soll. An dieser Stelle haben die Planer bereits ein Hochhaus angedacht (Planung Mäckler Bahnhofsquartier), das bei entsprechend einzigartiger architektonischer Gestaltung zu einer weithin sichtbaren Landmarke werden könnte.

Bebauungsvorschlag Bahnhofsquartier Wattenscheid

Gleiches gilt für die genannte Radschnellweg und Regiotram-Brücke über die A40, die so gestaltet werden könnte, dass sie über das ganze Westkreuz hinweg sichtbar ist. Neben der Erzbahnschwinge, könnte so eine weitere bemerkenswerte Brückenkonstruktion ein Highlight werden, das man zukünftig mit dem Namen Bochum verbindet. Hat man bisher mehr Gewollt als Gekonnt die trostlosen Betonbrücken mit für Auswärtige eher unverständlichen Sinnsprüchen aufpeppen wollen, könnte die neue Brücke gleich an sich ein echter technischer wie architektonischer Eyecatcher werden.

Auf einzigartigen Plätzen und Schaukeln ließen sich Besucher*innen gerne für Instagram ablichten

In der Innenstadt könnte die Stadt durchaus einen “Bochum”-Schriftzug aufstellen. Doch wird dadurch der Rathausplatz, der Dr.-Ruer-Platz oder der Buddenbergplatz auch nur ein Tacken attraktiver? Nein, sie blieben trostlos, wie eh und je. Gut gestaltete Plätze mit einzigartigen, wieder erkennbaren Ansichten, würden nachhaltig Attraktivität. Flair und Ambiente erhöhen, eine 08/15-Platzgestaltung mit “Bochum”-Schriftzug bringt die Innenstadt dagegen nicht wirklich weiter. Das wieder erkennbare Instagram-Foto aus Bochum reicht als Werbung nicht, es muss auch drunter stehen, dass sich ein Besuch der Stadt lohnt, weil es dort spannende Orte und Dinge zu sehen gibt, die, wenn möglich, auch optisch etwas Besonderes hergeben.

Schaukeln – Fotospots für Instagram, Beispiel Montreal ()Foto: art_inthecity)

Die von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen Schaukeln entlang des Boulevards (Schaukeln für die Innenstadt), würden einen Eyecatcher darstellen, auf dem sich viele Besucher gerne für Instagram ablichten lassen würden. Die Schaukeln ließen sich leicht als unverkennbar Stadtmarkenzeichen vermarkten und mit entsprechenden Beschriftungen auch als wieder erkennbar für Bochum gestalten.

Insgesamt sollte also sowohl bei den Landmarken wie bei fotogenen Instagram-Spots darauf geachtet werden, dass diese nicht reine Marketing-Objekte werden, sondern dass die Stadt mit einzigartiger und nachhaltiger Architektur bei weithin sichtbaren Landmarken punktet und bei Fotospots in der Innenstadt nicht nur erkennbar ist, dass die sich in Bochum sich befinden, sondern auch dass diese Spots dazu anregen, den fotografierten Ort in Bochum zu besuchen, weil der auf Instagram so spannend ausschaut.