15 Mai

Fast die Hälfte der Menschen in Bochum ist gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt

Laut Lärmaktionsplan ist die Hauptquelle des Lärms in Bochum der Straßenverkehr. 172.000 Menschen sind einem 24-Stunden Lärmpegel von mehr als 53 db(A) ausgesetzt. Lärm über diesem Wert ist laut WHO gesundheitsschädlich. Die jetzt vorgelegte Fortschreibung des Lärmaktionsplans zeigt, die Stadt tut viel zu wenig um den Lärm wirksam zu reduzieren.

Gerade hat die Stadt Bochum die Fortschreibung des Lärmaktionsplans vorgelegt. Über diesen soll der Stadtrat am 21.06.22 abstimmen. Als Hauptverursacher für übermäßigen Lärm in Bochum wird im Plan der Straßenverkehr identifiziert.

In Bochum müssen 47% der Menschen gesundheitsschädlichen Lärm ertragen

Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Umgebungslärm für die Europäische Region empfehlen für die durchschnittliche Lärmbelastung mit Nachdruck, dass der durch Straßenverkehr bedingte Lärmpegel (Lden) auf weniger als 53 dB(A) verringert werden soll, weil Straßenverkehrslärm oberhalb dieses Wertes mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden ist. Aus gleichem Grund wird für die nächtliche Lärmbelastung stark empfohlen, den Lärmpegel (Lnight) auf weniger als 45 dB(A) zu verringern.

Empfehlungen der WHO für Straßenverkehrslärm

Gemäß dem jetzt von der Stadt vorgelegtem Lärmaktionsplan sind in Bochum rund 172.000 Menschen einem Lärmpegel von über 53 db(A) ausgesetzt. Das sind 47% aller Bewohner*innen. Wie viele Menschen einer nächtlichen Lärmbelastung über dem WHO-Grenzwert von 45 dB(A) ausgesetzt sind, kann nicht ermittelt werden, da im Lärmaktionsplan Zahlen fehlen, wie viele Menschen in der Nacht Lärm zwischen 45 und 50 db(A) ausgesetzt sind.

Lärmschutzmaßnahmen bisher wenig erfolgreich

In Bochum von Lärm betroffene Einwohner*innen

Im Lärmaktionsplan sollen die Maßnahmen festgeschrieben werden, mit denen der Lärm in der Stadt auf ein für die Bewohner und Bewohnerinnen gesundes Maß gesenkt werden soll. Leider muss die Verwaltung in der Fortschreibung einräumen, dass die bisherigen Maßnahmen, insbesondere jene zur Geschwindigkeitsreduzierung mangels ausreichender Überwachung der Tempolimits nicht wirklich erfolgreich waren. Laut Aktionsplan hat in den letzten Jahren zwar die Zahl der Menschen deutlich abgenommen, die nachts besonders hohe Lärmpegel über 55 d(B(A) ertragen müssen. Gleichzeitig kommt die im Zusammenhang mit dem Lärmaktionsplan durchgeführte Befragung zu dem Ergebnis, dass die Menschen in Bochum empfinden, dass der Lärm in der Stadt in den letzten Jahren nicht ab- sondern zugenommen hat (Anlage Lärmaktionsplan). Entsprechend ist die Zahl der Menschen, die einem 24-Stunden-Lärmpegel von 50-65 db (A) ausgesetzt sind, in den letzten 10 Jahren extrem angestiegen (+54.100).

Veränderung Lärmsituation im Wohnumfeld

Maßnahmen in der Fortschreibung des Lärmaktionsplans sind unzureichend

Trotzdem die Erfolge des bisherigen Lärmaktionsplans zu wenig Wirkung gezeigt haben. fallen, die in der Fortschreibung neu vorgeschlagenen Maßnahmen unambitioniert aus. Das Ziel, die Lärmwerte in den nächsten 5 Jahren im erforderlichen Maße zu senken, wird offensichtlich nicht verfolgt. In der Hauptsache sollen lediglich einige weitere Abschnitte von Hauptverkehrsstraße mit lärmminderndem Asphalt versehen werden. Geschwindigkeitsreduzierungen sollen keine zusätzlichen vorgenommen werden. Im Endeffekt werden diese Maßnahmen nicht im Ansatz ausreichen eine signifikante Lärmminderung zu erreichen.

Mögliche Maßnahmen um Straßenverkehrslärm aktiv zu reduzieren

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, um den Verkehrslärm aktiv zu reduzieren:

Bewertungsmatrix zu Maßnahmen zur Lärmminderung im Straßenverkehr

Lärmoptimierter Asphalt – Mit einem entsprechenden Straßenbelag kann, der Lärm der beim Abrollen der Fahrzeugreifen entsteht um 3 bis 6 db(A) reduziert werden. Allerdings sind die Abrollgeräusch bei PKW erst ab 30 km/h bei LKW erst ab 60 km/h lauter als die Motorengeräusche, so dass bei LKWs die lärmreduzierende Wirkung sehr viel geringer ausfällt als bei PKW. Ein Lastwagen produziert allerdings ca. 10-mal so viel Lärm wie ein Personenwagen. Der Anteil des von LKW produzierten Straßenlärms liegt bei ca. 20%. Dazu nimmt die lärmmindernde Wirkung des Flüsterasphalts nach 7-10 Jahren stark ab. Der Straßenbelag muss erneuert werden, was die Maßnahme auf Dauer teuer macht.

Im Zuge der Straßenbelagsanierung kann zusätzlich die Breite der Fahrspuren reduziert werden, was eine zusätzliche lärmmindernde Geschwindigkeitsreduzierung zur Folge hat.

Tempo 30 – kann den Lärm um 2 bis 4,5 db(A) verringern. Die Maßnahme ist kostengünstig, muss aber effektiv überwacht werden, um sicher zu stellen, dass die Tempolimits auch eingehalten werden. Eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 hat zudem noch weitere positive Effekt für die Stadt (Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30). Tempo 30 bewirkt insbesondere eine Verringerung der Zahl und Schwere der Unfälle sowie eine höhere Attraktivität des Straßenraums für den Langsamverkehr (Rad- und Fußverkehr). Dem stehen zumutbare Fahrtzeitverlängerungen für Autofahrende entgegen.

Autoverkehrsreduzierung – Wird ein Weg in der Stadt statt mit dem Auto zu Fuß, mit dem Rad erledigt sinkt dadurch der erzeugte Lärm auf fast null. Wird alternativ der ÖPNV zurückgelegt, sinkt der erzeugte Lärm ebenfalls drastisch. Das Gleiche gilt, wenn zum Transport von Gütern, wo es möglich ist, Lastenräder oder die Bahn eingesetzt werden. Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs und eine Verlagerung auf andere Verkehrsmittel sind also besonders effektiv.

Darüber hinaus kann Stadtverkehr vermieden werden, in dem die Wege in der Stadt möglichst kurz gehalten werden. Eine kompakte Stadt mit starken Stadtteilzentren im Sinne einer !5-Minuten-Stadt, lässt Verkehr erst gar nicht entstehen (Sollte Bochum zur 15-Minuten-Stadt werden?).

Ergänzend können drei weitere Maßnahmen genannt werden, die zu einer Reduzierung des Lärms führen: Die Verbesserung des Verkehrsflusses, die Verlagerung des Verkehrs auf Straßen, an denen nicht bzw. wenig gewohnt wird, sowie nächtliche LKW-Fahrverbote mit denen solche Verlagerungen erreicht werden können.

Was müsste getan werden, um den Lärm in der Stadt wirksam zu reduzieren?

Die bisherige Erfahrung mit den genannten Maßnahmen in Bochum zeigt, um eine effektive Minderung des Lärms zu erreichen, reicht der Einsatz einzelner Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip, wie ihn der Lärmaktionsplan für die Stadt vorsieht, nicht aus. Es muss von allen Mitteln umfassend Gebrauch gemacht werden.

Um die erforderliche Lärmreduzierung zu erreichen müsste die Stadt die Rad- und ÖPNV-Verkehrsnetze so ausbauen, dass sich der Autoverkehr in der Stadt halbiert. Auch der LKW-Verkehr in der Stadt müsste erheblich gesenkt werden, dies gelänge insbesondere durch Verlagerung des Güterverkehrs auf andere Verkehrsmittel wie Verkehrswege, an denen die Stadtbewohner*innen weniger belastet werden. Dafür fehlt der Stadt jedoch ein städtisches Güterverkehrskonzept, wie die STADTGESTALTER es bereits für Teile der Stadt vorgeschlagen haben (Paketzustellung mit Seilbahn und Lastenrad).

Zusätzlich wäre die Einführung von stadtweit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit erforderlich. Nur dort, wo keine Menschen an Straßen wohnen, sollten höhere Geschwindigkeiten ausgeschildert werden (Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30). Mit flächendeckend Tempo 30 in der ganzen Stadt sinken Lärm und Geschwindigkeit im gesamten Stadtgebiet. Auch wird ein einfach nachvollziehbares, stadtweites Tempolimit besser eingehalten, als Geschwindigkeitsbegrenzungen für Teilabschnitte von Straßen.

Schließlich sollten besonders laute Straßenabschnitte mit lärmminderndem Asphalt versehen werden, um dort zusätzliche Lärmminderungen zu erreichen.

Nur wenn alle diese Maßnahmen konsequent und gleichzeitig verfolgt werden, ist die erforderliche Lärmreduzierung zu schaffen. Die vorgelegte Fortschreibung des Lärmaktionsplans erweckt den Anschein, die Stadt verfolge das Ziel, den Lärm zu reduzieren nicht ernsthaft. An Maßnahmen, die Autofahrende auch nur leicht einschränken könnten, trauen sich die Verantwortlichen nicht ran. In der Verwaltung scheint man der Ansicht zu sein, die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner der Hauptverkehrsstraßen sei nicht so hoch zu bewerten wie die Interessen der Autofahrenden.

Lärm kostet die Stadt jedes Jahr Millionen

Auch scheint der Stadt nicht bewusst zu sein, dass der Lärm die Stadt jedes Jahr erhebliche Summen kostet. Lärm ist besonders mit zwei externen Kostenfaktoren verbunden, bei denen die Kosten nicht von den denjenigen beglichen werden, die sie verursachen

Gesundheitskosten: – monetärer Schaden, der durch lärmbedingte Krankheitsbilder verursacht wird. (Medizinische Behandlungskosten, Nettoproduktionsausfall, Wiederbesetzungskosten, immaterielle Kosten infolge Verkürzung der Lebenserwartung und Krankheitsfälle).

Belästigungskosten – Mietzinsausfälle an lärmbelasteten Lagen in Relation zu Vergleichsobjekten an ruhigen Lagen.

Während die Gesundheitskosten zu Lasten der Gesellschaft insgesamt gehen, entstehen die Mietzinsausfälle in der Stadt und sind dort als Schaden zu verorten. Auf jeden Personenkilometer der mit dem PKW zurückgelegt wird, entfallen 0,007 Euro externe Kosten für Gesundheitsschäden und Mietausfälle (Lärm kostet). Bei 2.400 Mio. Personenkilometer, die in Bochum von den Einwohnern und Einwohnerinnen in jedem Jahr mit dem PKW zurückgelegt werden, ergeben sich so Lärmkosten in Höhe von fast 17 Mio. Euro. Davon entfallen jährlich 8 Mio. auf Gesundheitskosten und fast 9 Mio. auf städtische Mietzinsausfälle. Das sind enorme Kostenbeträge, die nur die externen Kosten des PKW-Verkehrs wiedergeben. Die nicht internalisierten Lärmkosten, die durch den LKW-Verkehr verursacht werden, kommen noch hinzu.

Lärm ist also nicht nur belästigend und gesundheitsschädlich für die städtischen Einwohner und Einwohnerinnen, er belastet auch erheblich die Stadtkasse.

Dem Lärmaktionsplan kann nicht zugestimmt werden

Der vorgelegte Lärmaktionsplan also nicht geeignet die dargestellten Lärmprobleme in der notwendigen Konsequenz anzugehen. Es soll der Anschein erweckt werden, die Stadt tue in Sachen Lärm etwas, doch tatsächlich stellen die wenigen im Plan ausgewiesenen Maßnahmen kaum mehr als Aktionismus dar. Entsprechend werden die STADTGESTALTER dem Plan nicht zustimmen. Will die Stadt den Lärm in Bochum wirklich auf das von der WHO geforderte Maß vermindern, dann muss sie auch bereit sein, das zu tun, was dazu erforderlich ist.

10 Jan

Sollte Bochum zur 15-Minuten-Stadt werden?

Ohne das Auto nutzen zu müssen in einer Viertelstunde zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Arzt oder in die Kita zu gelangen, das ist die Vision der 15-Minuten-Stadt. Immer mehr Städte weltweit verfolgen dieses Ziel und bauen ihre Städte entsprechend um. Wäre die 15-Minuten-Stadt auch ein geeignetes Leitbild für Bochum und das Ruhrgebiet?

In einer sogenannten 15 Minuten-Stadt sind alle wichtigen Anlaufstellen für die Stadtbewohner*innen innerhalb von rund 15 Minuten erreichbar, ohne dass sie das Auto nutzen müssen. Wäre das möglich, nähme der Autoverkehr auf den Straßen drastisch ab. Die Straßen könnten stattdessen bevorzugt für Fußgänger und Fahrradfahrer Platz bieten und die Innenstadt könnte weit möglichst autofrei werden. In der Stadt nähme der Verkehrslärm deutlich ab, die Luftverschmutzung würde erheblich reduziert und die Lebensqualität der dort wohnenden Menschen würde immens steigen.

Leitbild 15-Minuten-Stadt

Trend in der Verkehrs- und Stadtplanung hin zur 15-Minuten-Stadt

Städte wie Bocholt, Nantes, Paris, Oslo, und Madrid befinden sich schon auf dem Weg zu 15-Minuten-Städten. Die 15-Minuten-Stadt trägt dem Bedürfnis der Menschen Rechnung einen Großteil ihrer Zeit nicht mehr im Verkehr und Stau, auf dem Weg irgendwohin, verbringen zu wollen, sondern lieber dort, wo sie in der Stadt wohnen. Dazu haben immer mehr Menschen den Eindruck, dass die Emissionen im Straßenverkehr die Lebensqualität in den Städten sinken lassen, für gesundheitliche Probleme verantwortlich sind und daher dringend verringert werden sollten (Der Standard vom 26.10.2020).

Anforderungen an die 15-Minuten-Stadt

Um das Konzept der 15-Minuten-Stadt umzusetzen, müssen Stadt- und Verkehrsplanung zusammen gedacht werden, denn in einer 15-Minuten-Stadt sollen für jeden Lebensmittelgeschäfte und Ärzte, Erholungsräume und Fitnessstudio, Arbeitsplatz und Schulen in einem Radius von 3 bis 4 km mit dem Rad oder 1 bis 1,5 km zu Fuß um seinen Wohnort liegen. Aktuell ist das für die meisten Menschen, die im Ruhrgebiet leben, eine Illusion. Besonders der Arbeitsort ist für viele Menschen nicht in 15 Minuten zu erreichen.

Die 15-Minuten-Stadt erfordert zum einen, dass die Wegenetze für den Rad- und Öffentlichen Nahverkehr erheblich verbessert und ausgebaut werden, so dass man auch ohne Auto schneller zum Ziel kommt. Mindestens ebenso wichtig ist, dass sich die täglichen Anlaufpunkte der Menschen in direktem Umfeld der Menschen befinden und sie zur Erreichung der Geschäfte, des Arztes oder des Arbeitsplatzes nicht ins Auto steigen müssen. Insbesondere Büros und Wohnorte müssen also enger miteinander verknüpft werden, es muss eine nutzungsdurchmischte, kompakte Stadtstruktur entstehen, in der Wohnen und Arbeiten wieder zusammenrücken und alle Versorgungselemente in der unmittelbaren Umgebung der Stadtbewohner*innen verfügbar sind (Handelsblatt vom 26.10.20).

Die Entwicklung zur 15-Minten-Stadt wird zwar aktuell begünstigt durch den aufgrund der Corona-Pandemie verstärkten Trend zum Homeoffice und der Entwicklung zu einem immer größer werdenden Anteil von Robotik in den Produktionsprozessen sowie dem Wegfall vieler Industriearbeitsplätze, trotzdem wird es noch lange dauern, ehe fast jeder seinen Arbeitsplatz in die Nähe seines Wohnortes oder sogar direkt an seinen Wohnort verlegen kann. Um das zu ermöglichen ist ein tiefgreifender Stadtumbau und ein grundlegender Wandel bei der Stadtplanung erforderlich. Die bisher verfolgte Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten würde zukünftig vermehrt zu Gunsten von durchmischten Stadtgebieten aufgeben. Neue Gebäude müssen für gewerbliche Nutzung und gleichzeitig als Wohnraum geeignet sein. Zukünftig würden Stadteile multifunktional sein, also gleichzeitig Wohn-, Büro- und Industrieviertel. Nur gewerbliche und industrielle Nutzung die nicht mit Wohnnutzungen vereinbar sind, würden weiterhin in separate Gewerbe- und Industriegebiete ausgelagert.

Damit jeder Einwohner von seinem Wohnort aus alle wichtigen Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten, Schulen, Behörden, Ärzte, Parkanlagen, Kultur- und Sportangebote in 15 Minuten erreichen kann, muss jedes Stadtviertel wie eine eigene, kleine Stadt funktionieren. Das Leitbild der 15-Minuten-Stadt ist aus Sicht der Stadtplanung also mit dem Ziel verbunden, die Stadtteile wieder zu Versorgungszentren zu entwickeln, wo alle Bedürfnisse der Einwohner in einem Umkreis von 3-4 km gedeckt werden können.

Aus Verkehrs- wird Lebensraum – Die Folgen der 15-Minuten-Stadt

Mit Verwirklichung der 15-Minuten-Stadt werden die Straßen der multifunktionalen Stadtviertel nicht mehr bevorzugt den Autos gehören, sondern primär zu Orten der Begegnung und Erholung. Das Auto würde in der Stadt seine Bedeutung als Fortbewegungsmittel verlieren. Die Anschaffung würde sich für die meisten Menschen nicht mehr lohnen. Großteils würde eine Nutzung der Straßen und Parkflächen für Autos entfallen, die Flächen könnten anderen Nutzungen zugeführt werden, die die Lebensqualität der Stadtbewohner*innen erhöhen.

Für viele Stadtbewohner*innen ergäbe sich ein zweiter, finanzieller Effekt, die Kosten für die Anschaffung und Unterhaltung eines Autos entfielen. Es würden hohe Beträge frei, die für andere Ausgaben wie die Anschaffung von selbst genutztem Wohneigentum, Mieten oder zusätzlichem Konsum nutzbar würden.

Dazu wären mit der 15-Minuten-Stadt erhebliche Effekte hinsichtlich Umwelt und Klima verbunden. Insbesondere Verkehrslärm und Luftverschmutzung würden auf einen Bruchteil vermindert. Der CO2-Ausstoß, der in der Stadt im Wesentlichen vom Stadtverkehr verursacht wird (in Bochum 39%), würde massiv sinken. Die 15-Minuten-Stadt würde zudem ein großer Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt bedeuten. Auch können überflüssig gewordene Verkehrsflächen begrünt werden, was sich wiederum positiv auf das Stadtklima auswirkt.

Mit dem Leitbild der 15-Minuten-Stadt stellt die Stadt den Menschen und seine Lebensqualität in den Vordergrund. Vorrangiges Ziel ist es neuen Wohn- und Lebensraum zu schaffen, die Stadt muss nicht mehr autogerecht sein, eine Autonutzung ist nur noch in wenigen Fällen erforderlich.

Leitbild der 15-Minuten-Stadt für Bochum und das Ruhrgebiet

Seit dem Jahr 2019 verfolgt die Stadt Bochum ein Leitbild Mobilität. Die darin festgelegten Ziele beziehen sich im Wesentlichen auf den städtischen Verkehr, jedoch nicht auf die Stadtplanung. Das Leitbild greift damit zu kurz, ohne die Einbeziehung der Stadtplanung wird es nicht möglich sein die anvisierten Ziele auf den Feldern, Lebensqualität und Umweltschutz zu erreichen. Erforderlich ist ein grundlegender stadtplanerischer Ansatz, der nicht nur Verkehrsmittel und Verkehrsplanung betrachtet, sondern ein umfassenderes Leitbild für die gesamte Stadtplanung verfolgt, das auf die Vermeidung von Verkehr und die drastische Verkürzung von Wegen ausgerichtet ist. Ein solches  Leitbild stellt das Idealbild der 15-Minuten-Stadt dar. Somit erscheint es sinnvoll, das Leitbild Mobilität der Stadt Bochum um das Leitbild der 15-Minuten-Stadt zu erweitern.

Zusätzlich ist zu bedenken, dass die Stadt Bochum nur ein Teil der Stadtagglomeration Ruhrgebiet ist. Das Leitbild der 15-Minuten-Stadt allein für das Gebiet der Stadt Bochum zu verfolgen, wird daher nicht ausreichend sein. Für Stadtbewohner*innen, die am Rand der Stadt wohnen, liegt der Umkreis von 3 bis 4 km, in dem fast alle täglichen Anlaufpunkte liegen sollten, nicht nur im Stadtgebiet von Bochum, sondern auch in benachbarten Ruhrgebietsstädten. Demnach sollte das ganze Ruhrgebiet flächendeckend zu einer 15-Minuten-Metropole weiterentwickelt werden, denn unabhängig von jedweder Stadtgrenze sollte jeder Bewohner des Ruhrgebiets von seinem Wohnort aus, ohne das Auto nutzen zu müssen, alle wichtigen Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten, Schulen, Behörden, Ärzte, Parkanlagen, Kultur- und Sportangebote in 15 Minuten erreichen können.