09 Jul

Bochum benötigt Stromspeicher für günstigen Sonnenstrom und Netzstabilität

Im Bochumer Stadtbild sieht man immer mehr Photovoltaik-Anlagen. Wenn die Sonne scheint, gibt es Strom im Überfluss, der nachts und bei schlechtem Wetter fehlt. Mit gezielter Stromspeicherung ließe sich in der Stadt viel Geld sparen. Die STADTGESTALTER stellen dar, wie es gehen könnte.

Die Energiewende in Bochum ist in vollem Gange. Immer mehr Sonnenstrom wird besonders von Bochumer Dächern in das städtische Stromnetz eingespeist. Bei Sonnenschein steht Strom billig im Überfluss zur Verfügung, in der Nacht oder bei schlechtem Wetter ist dagegen der Strom im Tagesverlauf teuer.

Strompreis im Tagesverlauf, Foto: Solarautomomie GmbH

Hier kommt die Stadt ins Spiel, denn sie könnte ebenfalls Stromspeicher bereitstellen, die die Einwohner*innen nutzen können und die dazu einen wesentlichen Beitrag zur Netzstabilität leisten könnten.

Anwendungsbereiche von Stromspeichern

In dreifacher Hinsicht sind Stromspeicher für eine Stadt wie Bochum nützlich:

Netzstabilität – Das Stromnetz wird zukünftig anders ausgelastet, als es bisher ohne Einspeisung großer Mengen erneuerbarer Energie der Fall war. Zum einen führen Wind- und Sonnenstrom zu Lastspitzen, die abgefedert müssen, zum anderen führen besonders Wärmepumpen und das Laden von E-Autos zu Verbrauchsspitzen, die ebenfalls abgedeckt werden müssen. Das Netz muss insgesamt für höhere Stromlasten ausgelegt werden. Es muss die erhöhte Einspeisung von Sonnenstrom in einer Nebenstraße genauso leisten können wie das gleichzeitige Laden von zig E-Autos oder die parallele Stromabnahme von zahlreichen Wärmepumpen.

Dieses Problem kann durch einen Ausbau des Stromnetzes gelöst werden, insbesondere indem die Kapazitäten der Leitungen und Umspannwerke erhöht werden. Ein anderer Weg ist eine vermehrte Stromspeicherung, mit der Verbrauch und Erzeugung in Einklang gebracht und so Netzüberlastungen vermieden werden.

Aus den genannten Gründen wollen die Stadtwerke in den nächsten Jahren die gewaltige Summe von 500 Mio. Euro in den Ausbau des städtischen Stromnetzes investieren (WAZ vom 21.06.23).

Alternativ könnte auch ein großer Teil dieses Geldes in Stromspeicher investiert werden. Denn mit den Speichern kann ein lokales Lastmanagement betreiben und können Angebot- und Nachfrageschwankungen auffangen werden. so dass der kostspielige und langwierige Ausbau des Netzes reduziert, beziehungsweise in Teilbereichen sogar ganz drauf verzichtet werden könnte (Netzintegration von Speichern: Eckstein für Erneuerbare Energien ).

Kosteneffizienter Stromeinkauf – In wirtschaftlicher Hinsicht können die Stadtwerke Speicher zur Kostenoptimierung nutzen. Wenn im Tagesverlauf günstig Strom angeboten wird, könnte dieser bezogen und gespeichert werden und dann zu Zeiten an die Verbraucher abgegeben werden, wenn der Strom vergleichsweise teuer ist. Auf den Bezug von Strom, könnte verzichtet werden, wenn dieser besonders kostspielig ist. Auf diese Weise ließen sich die Strompreise für die Verbraucher*innen senken und die Erlöse für die Stadtwerke erhöhen. So könnte in einem günstigen Fall, statt für 70 Euro pro MWh Strom einzukaufen, Strom aus dem Speicher entnommen werden, der bei Ladung der Batterie für nur 20 Euro/ MWh bezogen wurde.

Quartiersspeicher – Großbatterien können auch zur Speicherung von Strom dienen, den die Einwohner*innen eines Stadtquartier z.B. auf ihren Dächern erzeugen und den sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnehmen und verbrauchen. Zu diesem Zweck mieten die Quartiersbewohner*innen einen Teil des Quartiersspeichers für ihren Strombedarf (Funktionsweise Quartiersspeicher). Strom, der nicht selbst verbraucht wird, wird über den Quartiersspeicher anderen Bewohner*innen zum Verbrauch zur Verfügung gestellt.

Die Anmietung von Stromspeicher wäre nach heutigen Kostenmaßstäben nur halb so teuer wie die Anschaffung einer eigenen privaten Batterie (Technisch-ökonomische Bewertung von Quartierspeichern).

Das Konzept von Quartiersspeichern dient der Optimierung des Strommanagements in Stadtquartieren, die jeweils über einen eignen Stromspeicher verfügen und über diesen einen Ausgleich von Stromerzeugung und –verbrauch des Quartiers steuern. Dabei hilft den Quartiersbewohner*innen eine App. Erweiternd könnten in das System auch E-Autos als Speicher wie Verbraucher eingebunden werden (Funktionsweise Quartiersspeicher).

Dezentrale Quartiersspeicher oder zentrale Großspeicheranlagen

Stromspeicher lassen sich also dezentral als Quartiersspeicher oder zentral in einer größeren Menge an Einheiten z.B. an ehemaligen Kraftwerksstandorten aufstellen. Üblicherweise ist eine Speichereinheit ähnlich groß wie ein Seecontainer. So ist ein Tesla Megapack 9,20 m lang, 1,65 m breit und 2,80 m hoch. In einem Megapack können 3,9 MWh maximal gespeichert werden. Die Kosten pro Pack liegen aktuell bei 1,75 Mio. Euro. Für eine zentrale Stromspeicherung können mehrere Einheiten miteinanderverbunden werden. Auf diese Weise werden beispielsweise  in Belgien, beim größten Speicherprojekt Kontinentaleuropas 40 Megapacks aufgebaut und zusammengeschaltet (Tesla-Megapack in Belgien ist das größte in Europa).

Megapack, Tesla Foto: Tesla

Der Aufbau einer solchen Großspeicheranlage wäre in Bochum zum Beispiel an der ehemaligen Zentraldeponie in Kornharpen möglich. An den Hängen der Deponie ist bereits seit 2009 eine PV-Anlage in Betrieb, die 125 MWh Strom pro Jahr erzeugt (Sonnenkraft hilft USB Energie zu sparen). Mit einem Ausbau könnte der Ertrag dieser Anlage mindestens verdreifacht werden.

Energiezentrale Kornharpen

Auf dem Deponiegelände wird in einem Blockheizkraftwerk derzeit bereits Wärme und Strom aus Deponiegas erzeugt. Die STADTGESTALTER regen an, diese Anlage, um eine Biogasanlage zu ergänzen (Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte). Darüber hinaus könnten die Äcker rund um die Deponie für die Gewinnung von Wärme mittels Agrothermie genutzt werden (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft), mit Hilfe des Wassers aus den Erdwärmekollektoren unter den Ackerböden könnte mit einer Großwärmepumpe Fern- oder Nahwärme erzeugt werden. Für die günstige Bereitstellung des zum Betrieb der Wärmepumpe erforderlichen Stroms, könnte wiederum ein Batteriegroßspeicher auf dem Gelände dienen.

Auch für die Zwischenspeicherung von Strom aus den schon von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen PV-Anlagen auf Bochumer Seen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen) und Parkplätzen von Einkaufszentren (Ruhr Park und Hannibal Center könnten viel Sonnenstrom erzeugen), könnte eine Großbatterieanlage genutzt werden. Ein solcher Speicher ermöglicht auch hier, den in Sonnenstunden erzeugten und gespeicherten Strom, zu einem späteren Zeitpunkt, nachts oder bei Regenwetter zu verbrauchen.

Speicher für bis zu 555 MWh Strom

Geht man davon aus, dass durch die Speicherung von Strom die Hälfte die Kosten für den Stadtwerken bisher geplanten Netzausbaus gespart würden, könnten diese 250 Mio. Euro in Speicher investiert werden. Legt man die aktuellen Speicherkosten zugrunde ließen sich von diesem Geld 142 Tesla Megapacks anschaffen, um 555 MWh Strom zu speichern.

Arten von Batteriespeichern

Doch Tesla Megapacks sind nicht die einzige Möglichkeit Strom in großen Mengen zu speichern. Absehbar kommen immer mehr alternative Batteriesysteme auf den Markt. Vielversprechend erscheint z.B. aktuell Strom zukünftig in so genannten “Organic-Solid-Flow-Batterien“ zu speichern. Diese Batterietechnik hätte einige Vorteile. Für den Bau dieser Batterien werden keine seltenen Erden benötigt, ihre Energiedichte ist ähnlich zu der von Lithium-Ionen Akkus und sie erlauben mehr Ladezyklen. Dazu ist das Brandrisiko geringer. Ein erster Großstromspeicher mit Solid-Flow-Batterien wird gerade in Hessen aufgebaut (Uniper und CMBlu testen Großstromspeicher am Standort Staudinger).

Bürokratische Hindernisse

Lange stellte auch übermäßige Bürokratie ein großes Hemmnis dar, Großstromspeicher aufzubauen und wirtschaftlich zu betreiben (Batteriespeicher in Netzen). Seit kurzer Zeit werden aber die Hürden (Hindernisse und Herausforderungen für Energiespeicher unter den derzeitigen politischen, marktregulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) geschliffen, die auf Drängen der fossilen Stromwirtschaft mit freundlicher Mithilfe einer selbstverliebten und fortschrittsunwilligen Bürokratie aufgebaut wurden, um die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu boykottieren.

Ausbau von Photovoltaik, Stromnetz und -speichern muss zusammen gedacht werden

Für eine erfolgreiche Energiewende im Strombereich ist ein Gleichschritt zwischen Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, Anpassung der Netzinfrastruktur und Stromspeicherung erforderlich (Stromspeicher – Stiefkinder der Energiewende). Das gilt gleichermaßen für den Stromsektors in Bochum.

Bochum benötigt also dringend eine Stromspeicherstrategie. Zu entscheiden ist, wo im Stadtgebiet soll Strom gespeichert werden, setzt man auf wenige zentrale Großspeicher oder dezentral über das Stadtgebiet verheilte Quartiersspeicher und wie viel Stromspeicherkapazität, wird überhaupt  benötigt? Zwar kann der Aufbau und Anschluss von Containerspeichern in wenigen Monaten bewerkstelligt werden, jedoch sind aktuell überlange Planungs- und Lieferzeiten limitierende Faktoren. Hinzu kommt in Bochum ein Personalproblem. Die Stabsstelle Klimaschutz, die von städtischer Seite neben den Stadtwerken entsprechende Planungen vorantreiben müsste, ist hoffnungslos unterbesetzt, aktuell sind nur drei von fünf Stellen besetzt. Die Rot-Grüne Rathaus-Koalition lehnt bisher allerdings die dringend erforderliche Personalaufstockung ab und boykottiert damit eine zügige Energiewende (Antrag 20231406, Mehr Personal für den Klimaschutz).

06 Nov

Sonnenstrom von Bochums Dächern höher vergüten und einfacher an Mietparteien günstig abgeben

Leider lohnt es sich bisher zu wenig Sonnenstrom zu erzeugen und diesen an Mieter und Mieterinnen abzugeben oder den Strom ins Bochumer Stromnetz einzuspeisen. Damit nicht nur auf Eigenheimen neue Solarmodule aufs Dach geschraubt werden, sollte sich einiges ändern, meinen die STADTGESTALTER.

8,2 Cent Einspeisevergütung erhält der Besitzer einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit max. 10 kWp, wenn er Strom, den er nicht selbst verbraucht, ins Netz einspeist. Der Sonnenstrom wird in das städtische Stromnetz eingespeist und schließlich für aktuell 15 bis über 50 Cent/ kWh an der Strombörse verkauft (Rekordpreis: 55 Cent pro kWh, am 17.08.22). Von diesem Gewinn sieht der private Betreiber der PV-Anlage, der diese auch mit seinem Geld bezahlt hat, jedoch nichts. Der Gewinn fließt in die Taschen des Übertragungsnetzbetreibers.

Photovoltaikanlagen lohnen sich eigentlich bisher nur für Eigenheimbesitzer*innen

Die Stadtwerke wiederum kaufen einen wesentlichen Teil ihres Stroms an der Strombörse für aktuell 15-50 Cent pro kWh. Unter den aktuellen Bedingungen ist das Verfahren weder für diejenigen attraktiv, die Solaranlagen auf Bochumer Dächer bauen möchten, noch für die Stadtwerke, die teuer Strom an der Börse einkaufen müssen, hohe Börsenpreise aber nur mit großer Verzögerung an die Verbraucher*innen weitergeben können.

Bei Mehrfamilienhäusern gibt es ein weiteres Problem. Um Strom vom Dach direkt an die Hausbewohner*innen und Mietparteien zu liefern, ist ein teures, umständliches Mess- und Abrechnungskonzept erforderlich. Die Verfahren zur Förderung, Anmeldung und Inbetriebnahme sind überbürokratisiert. Der rechtliche wie organisatorische Aufwand ist von kleineren Vermieter*innen kaum zu stemmen. So sind den Stadtwerken in Bochum lediglich fünf Anlagen bekannt, die die Mieterstromförderung des Bundes derzeit in Anspruch nehmen (WAZ vom 09.07.22).

Im Ergebnis sind es in Bochum daher insbesondere Eigenheimbesitzer*innen, die sich für den Eigenbedarf PV-Anlagen auf das Dach bauen lassen. Auch würden auf manche Eigenheime durchaus noch einige Solarmodule mehr passen. Doch leider bleiben Dachflächen ungenutzt, weil die Einspeisung sich kaum rechnet. Es soll sogar vorkommen, dass Eigenheimbesitzer*innen mit dem erzeugten Strom lieber das Wasser im Pool um ein paar Grad mehr aufheizen, statt den Strom in das Stadtwerkenetz abzugeben.

Sonnenstrom besser vergüten und unkompliziert an Mieter*innen abgeben

Die STADTGESTALTER schlagen vor, den Strom, der von Bochumer Dächern kommt, besser zu vergüten und ein unbürokratisches Abrechnungsmodell zu schaffen den Strom vom Dach direkt an die Haushalte zu liefern, die ein Gebäude mit PV-Anlage bewohnen:

Bessere Vergütung der Netzeinspeisung – Ziel ist es, den Gewinn, der bei hohen Strompreisen mit dem Solarstrom von den Bochumer Dächern von den Übertragungsnetzbetreibern an der Strombörse erzielt wird, abzusteuern. Der Gewinn soll denen zufließen, die die PV-Anlagen gebaut und bezahlt haben. Vorgeschlagen wird, dass die Stadtwerke den Sonnenstrom von Bochumer Solaranlagen direkt abnehmen und damit Übertragungsnetzbetreiber und Strombörse außen vor bleiben.

Direktabnahme Solarstrom

Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollen die Stadtwerke den privaten Betreibern von PV-Anlagen in Bochum einen attraktiven Preis anbieten, zu dem sie den Sonnenstrom abnehmen. Dieser Preis könnte monatlich an den Strompreis, der im Mittel an der Strombörse erzielt wurde, gekoppelt werden, oder an den Arbeitspreis, zu dem der Strom wieder von den Stadtwerken an die Verbraucher*innen verkauft wird. Die PV-Anlagen-Besitzer*innen könnten dann wählen, nehmen sie das Angebot der Stadtwerke an oder speisen sie den Solarstrom wie bisher zur fixen staatlichen Einspeisevergütung ein.

Insbesondere bei hohen Strompreisen an der Börse wäre die Direktabnahme des günstigeren Bochumer Sonnenstroms auch für die Stadtwerke ein gutes Geschäft. Zudem erhöht sich durch den Kauf des Stroms von Bochumer Dächern beim städtischen Strommix der Anteil an regional erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen. Bisher wird ein wesentlicher Teil des Stroms, den die Stadtwerke als erneuerbar ausweisen, nur durch Greenwashing, genauer den Zukauf von Zertifikaten für norwegischen Strom aus Wasserkraft, zu Strom aus erneuerbaren Quellen (Stadtwerke müssen auf Klimakurs gebracht werden).

Einfache und günstige Abgabe von Solarstrom an Mietparteien – Bei Mehrfamilienhäusern stellen sich die STADTGESTALTER ein ähnliches Modell vor. Die Stadtwerke schließen mit den Besitzer*innen von PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern Verträge zur Abnahme des Sonnenstroms. In diesen Verträgen verpflichten sich die Stadtwerke, gegen eine Contracting-Gebühr den Sonnenstrom zu einem gegenüber dem üblichen städtischen Stromtarif günstigeren Strompreis an die Wohn- bzw. Mietparteien der Häuser weiterzuverkaufen, auf denen die Anlagen betrieben werden. Dabei wird der gesamte erzeugte Solarstrom nach einem vereinbarten Schlüssel (z.B. Bewohnerzahl, Wohnfläche, Zahl der Haushalte) auf die Parteien aufgeteilt.

Solarstrom für Wohn- und Mietparteien

Der nicht durch Sonnenstrom gedeckte Stromverbrauch der Haushalte wird nach dem regulären Stromtarif abgerechnet. Die Stadtwerke übernehmen somit das Solarstromcontracting und damit die Stromabrechnung zwischen den Betreiber*innen der PV-Anlage und den Wohn- bzw. Mietparteien. Der Vorteil dieses Angebotsmodells, es wird kein teures und umständliches Messkonzept benötigt und es bleiben auch hier Strombörse und Übertragungsnetzbetreiber aus dem Spiel.

Ideale Bedingungen für mehr PV-Anlagen und mehr Sonnenstrom schaffen

Im Ergebnis ist es also wichtig, attraktivere Anreize dafür zu schaffen, dass nicht nur auf Einfamilienhäusern PV-Anlagen neu entstehen. Zudem sollte es sich bei der Errichtung von PV-Anlagen wirtschaftlich lohnen, möglichst das gesamte Dachpotential auszunutzen. Dazu ist zum einen ein attraktiver Preis zur Abnahme des Solarstroms erforderlich, zum anderen sollte es unkompliziert möglich sein, den erzeugten Strom günstig aber trotzdem lohnenswert an die Haushalte zu verkaufen, die im Gebäude wohnen, auf dem der Sonnenstrom erzeugt wird.

Die STADTGESTALTER werden daher am 10.11.22 Im Bochumer Stadtrat beantragen die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Erzeugung von Solarstrom auf Bochumer Dächern flächendeckend noch mehr Fahrt aufnimmt.

21 Aug

Bochum und die neue Lust auf Energie sparen

Der Winter naht und fossile Energie wird knapp und teuer. Umso mehr Strom, Gas, Öl, Benzin und Diesel Stadt und Einwohner*innen einsparen, desto entspannter kommt Bochum durch die kalten Monate. Jede und jeder kann einen Beitrag leisten. Die Stadt sollte die Lust zum Energie sparen bei den Menschen wecken.

Die Menschen in Deutschland sind weltweit dafür bekannt besonders effizient und sparsam zu sein. Mit großer Leidenschaft suchen sie nach den günstigsten Angeboten und kaufen die effizientesten Geräte. Doch in den letzten Jahren ist das Sparen etwas aus der Mode gekommen, gerne gönnte man sich was oder ließ es auch mal richtig krachen. Kühlschränke, Autos, Wohnungen, alles wurde immer größer und verbrauchte immer mehr Energie.

Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wird zum Problem

Doch jetzt ist der Fall eingetreten, vor dem Volkswirte schon lange gewarnt haben. Gas, Öl und Kohle sind in Folge des Ukraine-Krieges knapp geworden und die Preise sind explodiert. Die Abhängigkeit des Landes von fossilen Energieträgern aus ganz überwiegend despotisch regierten Ländern wird wie schon während der Ölkrisen 1973 und 1979 zum Problem für die Wirtschaft und die Verbraucher*innen im Land. Die Energiewende nicht voran getrieben und die Energieversorgung nicht konsequent auf erneuerbare Energieträger wie Sonne, Wind und Biomasse umgestellt zu haben, stellt sich jetzt als großer politischer Fehler heraus. Den hohen Preis für das Festhalten an vermeintlich billigen fossilen Brennstoffen zahlen jetzt auch die Menschen, die in Bochum und dem Ruhrgebiet leben.

Nicht nur die Stadt soll Energie sparen

Die Stadt selbst wird vom Bund aufgefordert den städtischen Energieverbrauch um 20% zu reduzieren. Zu erwarten ist also, dass die Stadt in Kürze ein Maßnahmenkonzept vorlegt wie sie dieses Ziel erreichen will. Dieses Konzept wird einen Katalog von Maßnahmen enthalten wie etwa das Absenken der Heiztemperaturen in Büros und Klassenräumen, der Wassertemperaturen in Schwimmbädern sowie beim Warmwasser in öffentlichen Gebäuden. Einschränkungen sind auch bei der Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden, Straßen und Plätzen zu erwarten, sowie diverse andere Energiesparmaßnahmen in allen Bereichen städtischer Gebäude und Infrastruktur.

Auch wird die Stadt die Bürger*innen zum Energie sparen auffordern, denn 30% der Energie in der Stadt verbrauchen die privaten Haushalte und 37% entfällt auf den Verkehr, den wiederum zu einem großen Teil die Menschen der Stadt verursachen (Klimaschutzkonzept 2030).

Energie sparen lohnt sich doppelt

Jede Kilowattstunde Energie, die nicht verbraucht wird, muss nicht mit Hilfe von fossilen Energieträgern erzeugt werden, hilft also der Knappheit von Strom, Gas, Kohle und Öl entgegenzuwirken, die Ursache für die hohen Preise ist. Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde Energie muss nicht bezahlt werden und für jede nicht erzeugte Kilowattstunde entsteht kein CO2. Nichts wirkt einfacher gegen hohe Kosten und trägt besser zum Klimaschutz bei als eingesparte Energie. Somit sollte der Anreiz Energie zu sparen gleich in zweierlei Hinsicht groß sein.

Doch nicht immer liegt es in der Hand der Haushalte den eigenen Energieverbrauch zu reduzieren. Wenn zum Beispiel der Vermieter die Heizungsanlage nicht modernisiert bzw. auf erneuerbare Energieträger umstellt oder das Gebäude nicht dämmen will, dann sind den Mieter*innen die Hände gebunden, erzwingen können Miert*innen solche Maßnahmen nicht. Trotzdem gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die jede und jeder in der Stadt umsetzen kann um seinen persönlichen Verbrauch zu reduzieren. Einige wichtige finden sich in nachfolgender Tabelle:

Checkliste Energiesparmaßnahmen

Wie kann die Stadt die Menschen zum Energie sparen motivieren?

Doch wie kann die Stadt die Menschen dazu bewegen möglichst viel Energie einzusparen? Mit Zwang und Belehrung wird das nicht gut funktionieren. Aufklärungs- und Informationskampagnen dagegen sind ein wichtiges Instrument. Der Erfolg solcher Maßnahmen hängt davon ab, dass möglichst alle Menschen erreicht werden und dass möglichst alle es als ihre Aufgabe betrachten, sich den eigenen Energieverbrauch anzuschauen und sich Gedanken zu machen, wie könnte ich einen Beitrag beim Energie sparen leisten.

So könnte die Stadt zusammen mit Infobroschüren Thermometer an alle Haushalte verteilen. Das animiert Haushalte zu messen, wie hoch ist die Raumtemperatur, wie kann ich die Temperaturen optimieren. Empfohlen werden nicht mehr als 20°C in Wohnräumen (bei Abwesenheit und nachts bis zu 5°C weniger), 18°C in der Küche und 17°C in Schlafzimmern (Tipps zu Heizen und Raumtemperatur).

Mit dem Thermometer kann auch gemessen werden, wie gut sind die Kühlgeräte eingestellt. 6-7°C im Kühlschrank und -18°C in der Gefriertruhe reichen aus (Energie sparen – praktische Tipps für Ihren Haushalt).

Die Stadt sollte den Menschen Lust darauf machen Energie zu sparen. Der sichtbare Erfolg ist dabei der entscheidende Faktor. Die Menschen müssen sehen, wie viel Geld sie durch ihre Maßnahmen gespart haben und dass sie etwas für den Klimaschutz getan haben. Ein städtischer Energierechner, in den man eingeben kann, was man alles getan hat und machen will um weniger Energie zu verbrauchen und der dann ausgibt wie viel Energie und CO2 man dadurch voraussichtlich einsparen wird, wäre eine weitere Möglichkeit die Menschen zum Energie sparen zu bewegen. Optimal, wenn man das Ergebnis gleich noch über die sozialen Medien teilen kann, damit auch andere animiert werden sich in gleicher Weise über das Energie sparen Gedanken zu machen.

Auch auf der Rechnung der Stadtwerke zu Gas-, Strom und Wasserverbrauch sollte es einen sichtbaren Dank geben, wenn man im Vergleich zum letzten Jahr viel Energie eingespart hat, das motiviert und animiert vielleicht noch etwas mehr in Sachen Energie sparen zu tun.

Energie sparen ist immer gut, nicht nur in Zeiten von Energiekrisen

Energie sparen ist jederzeit eine gute Sache. Es ist gut für den Geldbeutel und gut für das Klima. Wer Energie einspart ist hipp. Energie sparen ist sexy. Das gilt auch ganz unabhängig von der aktuellen Energiekrise. Wichtig, dass die Stadt das den Menschen vermittelt, denn die Stadtbewohner*innen sollten ihren Energieverbrauch auch dann nicht aus den Augen verlieren, wenn die Energiekrise hoffentlich bald vorbei ist,

16 Jul

Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte – Bochum braucht eine Biogasanlage

Würde der gesamte Biomüll in Bochum gesammelt und vergoren, könnten mit einer modernen Biogasanlage rund 4.800 Haushalte mit Strom und Wärme versorgt werden. Der Ennepe-Ruht-Kreis zeigt seit 9 Jahren wie es geht. Bochum kann es sich nicht leisten den wertvollen Biomüll weiterhin zu verbrennen.

In Bochum gelangen pro Einwohner und Einwohnerin und Jahr 106 kg (+42%) mehr Müll in die Restmülltonne als im Ennepe-Ruhr-Kreis (EN-Kreis). Ein großer Teil davon ist Biomüll. Während im EN-Kreis nur 146.78 kg Restmüll pro Person weggeworfen werden (Abfallgebührenkalkulation 2022 – EN-Kreis), sind es in Bochum 256,13 kg (Bochum macht zu viel Müll).

Wie kommt es zu dem eklatanten Unterschied? Im Ennepe-Ruhr-Kreis ist die Biotonne verpflichtend. Jede/r Einwohner*in sammelt pro Jahr im Durchschnitt 82,8 kg Biomüll, In Bochum kommen nur 6,5 kg pro Person zusammen, denn nur 2,6% der Haushalte sammeln Müll in einer Biotonne. In Bochum ist diese nicht verpflichtend.

Biogasanlage

Eine Biogasanlage ermöglicht es, aus Biomüll durch Vergären des Mülls sehr viel effizienter Strom und Wärme oder Bio(erd)gas zu gewinnen, als wenn der Biomüll mit dem Restmüll verbrannt wird. Darüber hinaus wird in einer Biogasanlage Kompost und Dünger erzeugt, der an landwirtschaftlich Betriebe verkauft und in der Stadt eingesetzt werden kann.

Eine Biogasanlage lohnt sich

In Bochum wird fast der gesamte anfallende Biomüll derzeit ineffizient verbrannt. Bisher gingen Stadtwerke und USB davon aus, die Verwertung des Biomülls mittels einer Biogasanlage sei nicht wirtschaftlich (Antwort der Verwaltung 20221538). Eine Fehleinschätzung, wie die Anlage in Witten, die bereits seit 2013 in Betrieb ist, zeigt.

Auch aufgrund der Biogasanlage zahlen die Einwohner*innen in Witten, der größten Stadt im EN-Kreis, pro Jahr rund ein Drittel weniger Müllgebühren als die in Bochum. Kostet die Verbrennung des Abfalls in den Müllerbrennungsanlagen von EKOCity, die sowohl Bochum wie der EN-Kreis nutzen, pro Tonne 140,32 Euro, fallen für die Verwertung in der Biogasanlage im EN-Kreis nur 113,28 Euro an. Besäße Bochum schon eine Biogasanlage und würde die Stadt diese wie der EN-Kreis nutzen, wäre die thermische und biologische Verwertung des Mülls um 1,65 Mio. Euro pro Jahr günstiger (-13%).

Vergleich Müllverwertung Bochum vs. EN-Kreis

In Anbetracht der aktuell explodierenden Energiepreise ist zu erwarten, dass sich die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen in nächster Zeit noch in erheblichem Maß weiter verbessert.

Für das Jahr 2022 plant der EN-Kreis die Verbrennung von 48.572 t Restmüll und die Verwertung von 28.856 t Biomüll in der kreiseigenen Biogasanlage (Abfallgebührenkalkulation 2022 – EN-Kreis). Bochum will 2022 93.162 t Restmüll verbrennen, aber nur 2.380 t Biomüll verwerten (Abfallgebührenkalkulation 2022 – Bochum). Dabei leben in Bochum nur knapp 40.000 Menschen mehr als im Ennepe-Ruhr-Kreis (+11%).

Energie für fast 4.800 Haushalte

Würde Bochum – am besten zusammen mit anderen Ruhrgebietsstädten -eine Biogasanlage bauen, dann könnten dort, wenn man die Zahlen aus dem EN-Kreis auf Bochum hochrechnet, 33.177 t Biomüll jedes Jahr verwertet werden. In einer hocheffizienten, hochmodernen Biogasanlage, können bei hoher Qualität des biologischen Mülls heute aus einer Tonne Biomüll 314 kWh Strom und 344 kWh Wärme gewonnen werden (Warum den Bioabfall trennen statt mit dem restlichen Abfall entsorgen?). Eine alternative Möglichkeit wäre, das Biogas mittels einer Biogasaufbereitung aufzubereiten, so dass das aufbereitete Gas in das Gasnetz der Stadt eingespeist werden kann.

Energetische Potential Biogasanlage Bochum

Bei einer Gewinnung von insgesamt 658 kWh Energie (Strom und Wärme) pro Tonne Biomüll könnten aus dem in der Stadt anfallenden Biomüll somit insgesamt bis zu 21,9 Mio. kWh Energie erzeugt werden. Diese Energiemenge deckt den Energiebedarf (Strom und Wärme) von knapp 4.800 Bochumer Haushalten. Das sind immerhin 2,43% aller Haushalte in Bochum. Zudem leistet die Biogasanlage einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz, mit ihrem Betrieb würden rund 6.300 t CO2 pro Jahr eingespart.

Eine Biogasanlage löst somit zwar nicht alle Probleme der Stadt in den Bereichen Energie und Klimaschutz, sollte aber beim Angehen dieser Herausforderungen ein wichtiger Baustein sein. Wenig schmeichelhaft für Politik und Stadt, dass trotz dem 2019 ausgerufenen Klimanotstand in Sachen nachhaltiger, energetischer Verwertung von Biomüll bisher in Bochum nichts Nennenswertes passiert ist. Auch zu diesem Thema wurde bisher in der Bochumer Politik nur viel geredet, aber ernsthaft zu handeln bereit war die Mehrheit im Stadtrat nicht.

Es muss möglichst viel Biomüll gesammelt werden

Neben dem Bau der Biogasanlage ist die zweite wichtige Voraussetzung zur Verwertung des in der Stadt anfallenden Biomülls, die verpflichtende Einführung der braunen Biotonne. Nur so kann ausreichend Biomüll für einen effizienten Betrieb einer Biogasanlage gesammelt werden. Zudem müssen die Einwohner*innen dazu angeregt werden die braunen Tonnen auch zu nutzen und den Biomüll möglichst sauber getrennt zu sammeln. Das wird nur gelingen, wenn man auf die Vorbehalte der Menschen bei der Sammlung von Biomüll eingeht:

  • Es sollte eine regelmäßige Reinigung der braunen Tonnen mit einem Spülfahrzeug erfolgen.
  • Je nach Bedarf sollte eine wöchentliche Leerung möglich sein.
  • Zur Vorsortierung des Biomülls in der Küche sollten kostenfrei geeignete Vorsortiergefäße oder schnellkompostierbare Tüten zur Verfügung gestellt werden. Gefäße werden in Bochum bereits kostenlos angeboten, wenn eine Biotonne bestellt wird.
  • Es sollte eine Ausnahmeregelung von der Verpflichtung zur Biotonne geben, wenn tatsächlich kein Platz für die Aufstellung einer braunen Tonne auf einem Grundstück vorhanden ist.
  • Wird der Biomüll im Garten kompostiert, sollte keine braune Tonne aufgestellt werden müssen und eine angemessene Reduzierung der Müllgebühren gewährt werden.
  • Die Menschen sollten durch entsprechende Informationskampagnen überzeugt werden, dass sie mit der Sammlung des Biomülls einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung und zum Klimaschutz leisten.

Wie sich in anderen Städten und Kreisen (EN-Kreis, Freiburg u.v.a.m.) zeigt, wird ein Großteil der Einwohner*innen bereit sein den Biomüll getrennt zu sammeln und damit einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung und zum Klimaschutz zu leisten, wenn den genannten Anforderungen nachgekommen wird.

Zeit endlich zu handeln

Nachdem über mehr als ein Jahrzehnt die energetische Verwertung des Biomülls verschlafen wurde, macht die aktuelle Energiekrise deutlich, dass die Energiewende auch in Bochum endlich mit hoher Priorität und Geschwindigkeit umgesetzt werden muss. Mit der Einleitung der erforderlichen Maßnahmen auf das Klimaschutzkonzept zu warten, das bei der Verwaltung seit Jahren im Schneckentempo erarbeitet wird, ist keine Option mehr. Jetzt ist Zeit zu handeln und umgehend den Weg für den schnellen Bau einer städtischen Biogasanlage frei zu machen.

24 Jun

Ein Darlehen für 18,5% – Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind

Ein Kommentar zu den Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind

Ratssäle und Rathäuser werden häufig zum Bullerbü der Politik verklärt. Gegenüber dem Donner-Spektakel auf den Bühnen in Berlin und Brüssel attestiert man der Kommunalpolitik gerne eine gewisse Allürenfreiheit. Diese Schneekugelwelt der Bürgermeister verantwortet keine Milliarden an Rentenlöcher. Die Verwalter der Parkbänke und Gullideckel machen keinen Dritten Weltkrieg. Prekär wurde es in unserer Stadt höchstens mal als Wattenscheider Bürger die Forken spitzen, um ihre Stadtrechte zu verteidigen.

Doch sind die Zeiten, in denen die Rathauspolitik ihre Hände in der Unschuld von Suppenküchen und Freibädern waschen konnte, schon lange vorbei – Nicht nur, weil manche davon bereits geschlossen wurden. Die Ruhrgebietsstädte, die immer schon Metropole sein, aber nie eigene Kirchtürme opfern wollten, fanden ihre Einheit im Big Business der Energiewirtschaft. Die Töchter der Städte, die Stadtwerke, wurden in großen Beteiligungen verheiratet. Tu felix Kohlenpott nūbe. Dass die Mitgift nur geliehen war, vergisst man dabei schnell. Neben RWE und Steag bekommt nun auch die volkseigene Trianel Probleme.

Tria-was? Die Trianel existiert seit 1997 und bildet das Dach, unter dem mehrere Dutzend Stadtwerke in Vielehe leben. Haushaltsvorstand sind dabei die Bochumer Stadtwerke, die mit 14% den größten Anteil halten. Die Trianel setzt 3 Milliarden Euro um und erreicht trotz dieses ganzen Aufwandes eine Umsatzrendite von weniger als mickrige 0,5%. Wenn ungeplant eine Schraube aus einem Bürostuhl rausflutscht, rutscht die Gesellschaft ins Minus. Über die Trianel wird nicht nur der Strom auf den internationalen Märkten eingekauft, der von den Stadtwerken in die guten Stuben der Bochumer gebracht wird. Über die Trianel produzieren die beteiligten Stadtwerke auch selbst Energie. Leider klappt das, große Überraschung, nicht so gut, wie geplant. Problemkinder sind hier der Trianel Windpark Borkum (TWB I) und das Trianel Kohlekraftwerk Lünen (TKL).

Im Jahr 2008 war absehbar, dass die CO2-Emissionen der Kohleenergie nicht mehr tragbar sind, wenn Deutschland die Klimaziele einhalten will. Dennoch legte man feierlich den Grundstein für das Kohlekraftwerk in Lünen und investierte 1,4 Milliarden frische Euros in die fossile Vergangenheit. Klagen und Proteste verzögerten den Bau und so ging die TKL erst 2013 ans Netz. Hurra. Keine 10 Jahre später ist der sich abzeichnende Ausstieg aus der Kohle beschlossene Sache und man muss sprichwörtliche die Hütte wieder abreißen, obwohl man noch die Hypothek dafür abstottern muss. Unterm Strich war die TKL eine katastrophale Fehlleistung.

Dann wären da noch Windmühlen im Meer. Was wie der Titel eines schnulzen Romans klingt, ist ein weiteres Vorhaben der Trianel in Sachen Energie. Immerhin hat man kein schwimmendes Kohlekraftwerk vor Borkum vor Anker gelegt, sondern baute dort den ersten rein kommunalen Offshore-Windenergiepark in der Nordsee mit 40 einzelnen Windenergieanlagen (TWB1). Damit sich die 33 beteiligten Stadtwerke nicht streiten, bekommt also jeder mindestens einen eigenen Propeller. Spaß bei Seite. Auch hier zog sich das 2009 gestartete Projekt in die Länge und ging statt 2011 erst 2015 ans Netz.

Als das Geld alle war, aber der Windpark nur halb fertig hat sich die Betreibergesellschaft TWB für frisches Geld zum brüderlichen Zinssatz von 18,5% bei der Trianel für 32,9 Mio. EUR verschuldet. Diese Schulden können seit Jahren nicht bedient werden. Statt Moskau Inkasso klopfen nun die freundlichen Stadtwerke Uelzen an die Tür. Diese kaufen einen Teil des Kredits bei der Trianel auf und lösen die aufgelaufenen Zinsen zum Teil ab. Weil das aber nicht reicht und man im Lüner Hinterhof noch das stinkende Kohlekraftwerk bollern hat, musste das Management eine kreative Leistung erbringen. Praktisch, dass man im 20 km entfernten Hamm auch noch ein Gaskraftwerk betreibt, bei dem niederländische Unternehmen ihre Anteile an die Trianel verkaufen wollen. Zwar wird wieder in fossile Energie investiert. aber egal, auf dem Papier bedeutet mehr Geld im Gasverbrennungswerk, der Anteil der Fehlinvestitionen in Lünen und in der Nordsee am Kraftwerkeportfolio der Trianel sinkt. Und nur darum geht es, Bilanz aufhübschen und Trianel retten. Für das eigentliche Ziel, Energiewende, bleibt da keine Zeit und kein Geld mehr (Wie viele Millionen kostet die Stadt Bochum die Rettung der Trianel?).

Der Bochumer Stadtrat spielte bei dem Trauerspiel leider wieder mit. So blieb eine kritische Diskussion über die bedrohliche Lage bei der Trianel in der letzten Ratssitzung aus. Stattdessen gab es Beschwichtigungsversuche durch den Oberbürgermeister. Der allerdings lag schon mit seinen früheren Einschätzungen zur Lage bei der STEAG immer wieder daneben. Und wie jedes Mal, wenn Stadtwerke und Oberbürgermeister es verlangen, hoben auch diesmal die Ratsmitglieder*innen brav die Hand, denn wieder mal hofft man im Rat, dass es diesmal doch noch gut für die Stadt ausgehen wird.

10 Jun

Wie viele Millionen kostet die Stadt Bochum die Rettung der Trianel?

Die Vernichtung von städtischem Geld durch die Bochumer Stadtwerke geht in eine weitere Runde. Nach den hunderte Millionen teuren Fehlinvestitionen der Stadtwerke in die Steinkohlekraftwerke in Hamm und Lünen sowie in die STEAG, kommt nun ein weiteres Millionengrab hinzu, der Windpark Borkum I.

Diese Fehlinvestition bringt zudem den Betreiber von Windpark und Kraftwerk Lünen, die Trianel GmbH, an der die Stadtwerke Bochum mit rund 14% beteiligt sind, in eine existenziell bedrohliche Schieflage, was weitere finanzielle Risiken für Stadt und Stadtwerke bedeutet.

Eigentlich wurde die Trianel im Jahr 1999 als Gemeinschaftsunternehmen von Stadtwerken, kommunalen und regionalen Versorgungsunternehmen gegründet, um eine gemeinsame Beschaffung auf den liberalisierten deutschen und europäischen Energiemärkten zu organisieren und Synergien zu erschließen (Trianel).

Trianel – eine Fehlinvestition nach der anderen

Neben dem Handel wurde die Trianel zudem im Bereich der Energieerzeugung als Betreiber von Kraftwerken und anderen Energieanlagen aktiv. Diese Engagements endeten allerdings regelmäßig in finanziellen Desastern. Nachdem bereits das Kohlekraftwerk Lünen für die Trianel und die daran beteiligten Stadtwerke nur Verluste gebracht hat (Stadt verbrennt 87 Mio. im Kohlekraftwerk Lünen), wird nun klar, der Windpark Bochum I, ist für Trianel und die Stadtwerke ebenfalls ein finanzieller Alptraum.

Mal wieder erweisen sich die Zahlenmärchen über die erfolgreichen Stadtwerkeinvestitionen der Pressestelle der Stadtwerke als heiße Luft. Jetzt kommt ans Licht, die Trianel hat beim angeblich so erfolgreichen Windparkprojekt Borkum I bereits das gesamte Eigenkapital in Höhe von ursprünglich 8 Mio. auf null Euro abgeschrieben. Offen sind noch Darlehen im Wert von 42,4 Mio. Euro, die ebenfalls schon um 9,7 Mio. wertberichtigt wurden. Der Windpark steht somit noch mit 32,9 Mio. in den Büchern der Trianel. An die Darlehensgeber zu zahlen sind jedoch Zinsen und Tilgung in Höhe von 77,4 Mio. Euro. Der größte Teil davon (64,4 Mio.) resultiert aus einem Darlehen mit dem sagenhaften Zinssatz von 18%. Dieser extrem hohe, marktunübliche Zinssatz lässt das Risiko erkennen, dass die Geldgeber in dem Geschäft sahen (Vorlage 20221344).

Windpark Borkum I

Mittlerweile wurden die Zinszahlungen für die Windparkdarlehen ausgesetzt, da die Trianel diese nicht mehr bedienen konnte. Klar ist, aus dem Geschäft des Windparks lassen sich die aktuell offenen 77,4 Mio. niemals refinanzieren. Durch die extrem hohen Zinsen wächst der Verlust aber immer weiter, da die Erlöse aus dem Windenergiegeschäft den jährlich zusätzlich zu entrichtenden Zinsaufwand nicht decken können. Der Windpark Borkum bringt die Trianel zusammen mit den Millionenverlusten aus Kraftwerk Lünen in eine wirtschaftliche Notlage. Er stellt trotz bereits getätigter erheblicher Wertberichtigungen mit einem Anteil von 39,5 % am Beteiligungsportfolio der Tianel immer noch das größte Einzelrisiko dar (Vorlage 20221344).

Steinkohlekraftwerk Lünen

Ein weiterer Verlustbringer bei der Trianel ist das von ihr betriebene Steinkohlekraftwerk Lünen. Da Trianel selbst nicht in der Lage war, die Verluste des Kraftwerks aufzufangen, musste die Stadt das Kraftwerk bereits 2019 mit 25 Mio. Euro stützen (Bochum muss Kohlekraftwerk mit 25 Mio. stützen). Bis zur Stilllegung ist bei dem Kraftwerk mit Verlusten in Höhe von 570 bis 800 Mio. Euro zu rechnen (Kraftwerk Lünen könnte 50-70 Mio. Verlust bringen).

Beteiligungsrisiko gefährdet operatives Geschäft der Trianel

Nur das Trianel Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Hamm-Uentrop steht in der Bilanz der Trianel noch relativ positiv dar. Ein Stresstest zur Einschätzung der Risikobeteiligung bei der Trianel ergab, dass sich die Trianel insgesamt finanziell hinsichtlich Ergebnis, Bilanz und Liquidität in erheblicher Schieflage befindet und bei Eintreten ungünstiger Szenarien, das operative Geschäft erheblich gefährdet ist. Das heißt im Klartext nicht anderes, dass es im schlimmsten, aber durchaus nicht unrealistischen Fall zu einer Insolvenz und damit zur Aufgabe des Geschäftsbetriebs bei der Trianel kommen könnte (Vorlage 20221396). Im Falle einer Insolvenz müssten die Gesellschafter, also auch die Stadtwerke Bochum, für alle Verbindlichkeiten der Trianel eintreten. Dies würde angesichts der fatalen Situation bei den Beteiligungen der Trianel für die Stadtwerke Bochum zu einem weiteren mindestens zweistelligen Verlustbetrag führen.

Eine Fehlinvestition nach der anderen

Nachdem die Stadtwerke bereits für das Kraftwerkabenteuer Hamm-Uentrop (65 Mio. Euro Verluste abgeschrieben haben (Weitere 65 Mio. Euro bei Bochumer Stadtwerken vernichtet) und das STEAG-Desaster voraussichtlich am Ende sogar einen 3-stelligen Millionenbetrag kosten wird (Kein Geld der Stadt für die Sanierung der STEAG), kommen zu den bisherigen Verlusten, die die Trianel über das Kraftwerk Lünen bereits eingebracht hat, weitere Millionenschäden für Stadtwerke und Stadt hinzu.

Gaskraftwerk Hamm-Uentrop iat auch keine gute Investition

Um die Risiken, die von den Trianel-Beteiligungen am Kraftwerke Lünen und dem Windpark Bochum I ausgehen, abzufedern und zu begrenzen, will die Trianel jetzt weitere Anteile des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks in Hamm-Uentrop erwerben und ihre Beteiligung durch die Ausübung einer Kaufoption von 6,12% auf 11,01% erhöhen. Aktuell steht das Gaskraftwerk in der Bilanz der Trianel noch relativ gut da. Immerhin weist der Geschäftsbericht 2019 für das Gaskraftwerk noch einen Jahresüberschuss von 3,4 Mio. Euro (Trianel Geschäftsbericht 2019)., aus, für das Geschäftsjahr 2020 wird jedoch ein Fehlbetrag von 30,6 Mio. Euro festgestellt (Trianel Geschäftsbericht 2020). Im Jahr 2022 liegen bisher die prozentualen Volllaststunden unter 20%. Dass der Betrieb bei dieser Auslastung wirtschaftlich sein kann, darf bezweifelt werden.

Hinzu kommt, der fossile Energieträger Gas wird im Rahmen der Energiewende auf dem Weg zur Energieerzeugung allein aus erneuerbaren Energiequellen nur eine Übergangslösung sein. Absehbar ist also, dass auch das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Hamm-Uentrop nicht langfristig Energie erzeugen wird.

Stadtwerke sollten Ausstieg bei der Trianel erwägen

Der Erwerb weiterer Anteile scheint also, wenn überhaupt, zur kurzfristigen Aufhübschung der Trianel Bilanz und der Risikominimierung bei den Beteiligungen der Trianel geeignet zu sein, eine strategische Investition in die Zukunft ist die Transaktion jedoch nicht. Auch steht der Erwerb von weiteren Anteilen an fossilen Kraftwerken im Gegensatz zu dem von der Stadt im Juni 2019 ausgerufenen Klimanotstand.

Eigentlich sollten die millionenschweren Fehlinvestitionen der Trianel gezeigt haben, dass dies kein geeignetes Unternehmen ist, um sich erfolgreich an Kraftwerken und Energieerzeugunganlagen zu beteiligen. 2019 musste bereits die niederländische Vertriebsgesellschaft Trianel Energie B.V aufgrund von Kundenausfällen einen Antrag auf Insolvenz stellen (Trianel Geschäftsbericht 2019). Das Geschäftsmodell Trianel ist gescheitert. Der Geschäftsbetrieb der Trianel auf das Kerngeschäft beschränkt werden und zukünftig nur noch als Gemeinschaftsunternehmen von Stadtwerken, kommunalen und regionalen Versorgungsunternehmen tätig sein, das eine gemeinsame Energiebeschaffung auf den deutschen und europäischen Energiemärkten organisiert.

Sollte man weiterhin Beteiligungen an Energieerzeugungsanlagen in Erwägung ziehen, dann allenfalls an solchen, bei denen erneuerbare Energie als Quelle genutzt wird. Wie jedoch das finanziell gescheiterte Projekt Windpark Borkum I zeigt, scheint Trianel auch für die Durchführung dieser Projekte wenig geeignet.

Für die Stadt Bochum stellt sich somit die generelle Frage, ob es nicht die beste Lösung ist, die Geschäftsanteile an der Trianel (14,07%) abzustoßen, um nicht am Ende für weitere Verluste der Trianelgeschäfte gerade stehen zu müssen. Die Umsatzrendite von unter 0,5% ist jedenfalls kein Argument die Anteile weiter zu halten. Fraglich ist allerdings, ob sich für die Geschäftsanteile überhaupt noch ein Käufer findet. Denn so rosig, wie von den Stadtwerken bisher dargestellt ist die Beteiligung an der Trianel, wie jetzt öffentlich wird, leider nicht. Die Beteiligung ist vielmehr eine Risikoanlage mit der Gefahr weiterer hoher finanzieller Verluste für Stadt und Stadtwerke.

Der Erwerb von zusätzlichen Anteilen am Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Hamm-Uentrop sowie der Verkauf eines relativ kleinen Teils der Darlehen, die auf dem Windpark Borkum lasten, an die Stadtwerke Uelzen, scheinen nicht geeignet, die finanzielle Schieflage bei der Trianel dauerhaft zu beseitigen. Eine strategische Ausrichtung, die das Unternehmen in die Lage versetzt, die zukünftigen Herausforderungen der Energiewende erfolgreich zu meistern, ist überdies nicht erkennbar.

Informationen zu den Maßnahmen zur Rettung der Trianel unzureichend

Die zur Rettung der Trianel vorgelegten von der Verwaltung vorgelegten Beschlussvorlagen sind unzureichend (Vorlagen 20221396 und 20221344). Die STADTGESTALTER haben zur vollständigen Aufklärung der wirtschaftlichen Lage der Trianel daher einige Fragen nachgereicht. Auch liegen Stresstest und Risikoanalyse zu den Beteiligungen der Trianel, auf denen beide Beschlussvorlagen aufbauen, dem Rat bisher nicht vor. Auch diese wurden von den STADTGESTALTERn angefordert. Die Informationspolitik der Stadtwerke ist ungenügend. Die Zahlenmärchen zu den Projekten der Stadtwerke sollte sich das städtische Unternehmen zukünftig sparen. Nur mit weniger, dafür fundierten Zahlen und ehrlichen Einschätzungen zur Lage der Projekte können die Stadtwerke die verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

Stadtpolitik kommt Aufgabe, die Geschäfte der Stadtwerke zu kontrollieren, nur unzureichend nach

Letztlich bleibt festzuhalten, die umfangreichen Fehlinvestitionen des Ex-Stadtwerkechefs mit SPD-Parteibuch Bernd Wilmert kostet die Stadt und die Stadtwerke in Summe einen noch genau zu beziffernden 3-stelligen Millionenbetrag. SPD und Grüne im Stadtrat haben ihm blind vertraut und sind ihrer Aufgabe, die Geschäfte der städtischen Unternehmen zu kontrollieren im Fall Stadtwerke nicht nachgekommen. Das bei den Stadtwerken verloren gegangene Geld fehlt der Stadt heute und ist eine der wesentlichen Ursache für die hohe Stadtverschuldung.

05 Dez

Ruhr Park und Hannibal Center könnten viel Sonnenstrom erzeugen

Die Bochumer Einkaufszentren Ruhr Park und Hannibal Center verfügen über riesige Dach- und Parkplatzflächen, die zur Erzeugung von Sonnenstrom genutzt werden könnten. Die STADTGESTALTER haben errechnet, was maximal möglich wäre. Es könnte so viel Strom erzeugt werden wie 6.200 Bochumer Haushalte im Jahr verbrauchen.

Die Stadt Bochum will bis 2035 klimaneutral sein. Dafür muss der gesamte Strom, der in der Stadt verbraucht wird, mittels erneuerbarer Quellen erzeugt werden. Darüber hinaus sollte angestrebt werden, dass der Strom, der in der Stadt verbraucht wird, möglichst vor Ort gewonnen wird. Grüner Strom kann auf verschiedene Weisen erzeugt werden, insbesondere aus Wasser- und Windkraft, mittels Geothermie, Biomasse oder durch die Kraft der Sonne. Tatsächlich kann in Bochum Strom in großem Maßstab nur aus Sonne gewonnen werden. Geothermie ist besser für die Wärmeerzeugung geeignet, Windräder lassen sich in Bochum wegen der nötigen Abstandsflächen zu Wohnbebauung nicht aufstellen, Biomasse und Wasserkraft stehen nur in überschaubarer Menge zur Verfügung.

Sonnenstrom hat in Bochum zur Stromerzeugung das größte Potential

Um Strom aus Sonne zu gewinnen, können Solaranlagen auf Dächer montiert werden, auf Freiland-, Wasser- oder Parkplatzflächen. Jedoch stehen Frei- und Grünflächen in Bochum für eine solare Nutzung nur wenige zur Verfügung. Regelmäßig stehen dem großflächigen Aufbau von Solarfarmen eine andere Nutzung, z.B als Acker oder Weideland, eine Ausweisung als Naturschutzgebiet oder optische Gründe entgegen. Die Nutzung der Bochumer Seen für schwimmende Solaranlagen hatten die STADTGESTALTER schon vorgeschlagen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen). Auf dem Wasser könnte so viel Strom erzeugt werden, wie 11% der Bochumer Haushalte im Jahr verbrauchen. Das ist schon eine Menge. Das Potential in Bochum lässt sich aber noch deutlich vergrößern, wenn zusätzlich Dach und Parkplatzflächen genutzt werden. Aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen sollte sich die Stadt dabei zunächst auf die Nutzung von besonders großen Flächen konzentrieren, wie sie zum Beispiel bei Einkaufszentren vorzufinden sind. Entsprechend wird auf dem Dach des Hannibal Centers bereits seit 2009 Sonnenenergie in Strom umgewandelt.

Wieviel Sonnenstrom könnte auf den Geländen von Ruhr Park und Hannibal Center erzeugt werden?

Doch wie groß ist das Potential bei der Stromerzeugung aus Sonnenkraft zum Beispiel bei Hannibal Center und Ruhr-Park, den beiden größten Einkaufszentrum auf dem Stadtgebiet? Die STADTGESTALTER haben untersucht, in welcher Weise die Flächen beider Einkaufszenten für die Erzeugung von Sonnenstrom genutzt werden könnten und welche Menge Strom sich maximal im Jahr erzeugen ließe. Dabei wurde nicht nur das Hannibal-Center an sich betrachtet, sondern auch angrenzende Flächen. Zum einen das Gelände, auf dem sich auch der Prater befindet, sowie die Fläche des gegenüberliegenden Hellweg-Baumarktes und die im Osten angrenzende Brachfläche. Beim Ruhr Park wurde die Parkplatzfläche der Medi Therme in die Betrachtungen einbezogen. 

Dachflächen: Zwar erscheinen die Dachflächen beider Einkaufszentren auf den ersten Blick groß, doch besonders beim Ruhr Park sind diese nur begrenzt nutzbar. Dachaufbauten für Lüftungs- und Klimaanlagen lassen beim Ruhr Park nur eine solare Nutzung zu maximal 60% zu. Beim Hannibal Center wurden auf dem Dach des Supermarktes sowie der östlichen Gebäuden bereits Solarmodule aufgestellt.  Hier sind maximal 80% der Dachflächen nutzbar. Bei Solaranlagen auf Dächern muss zudem geklärt werden, in wieweit die Gebäude über die für den Aufbau von Solaranlagen nötige Statik verfügen. Unter Umständen verkleinert sich die mit Solaranlagen bebaubare Dachflächen aufgrund fehlender statischer Voraussetzungen weiter. Ohne Betrachtung der Statik wäre maximal eine Dachfläche von 4,36 ha für die Montage von Solaranlagen auf beiden Einkaufszentren nutzbar.

Freilandflächen: Beide Einkaufszentren verfügen eigentlich nicht über ungenutzte Freilandflächen, sämtliche Flächen werden als Park- und Verkehrsflächen genutzt oder sind mit Gebäuden überbaut. Angrenzend an das Hannibal Center befindet sich jedoch eine rund 10 ha große Brachfläche, ein ehemaliges Zechengelände, auf dem später eine Schwefelsäurefabrik betrieben wurde, und das seit über 30 Jahren erfolglos saniert wird. Aufgrund der Umweltschäden ist diese Fläche bisher weder zu Wohn- noch zu Gewebezwecken nutzbar. Eine Nutzung für eine Freiflächen-Solaranlage böte sich daher an.

Park- und Verkehrsflächen: Der größte Flächenanteil wird bei Einkaufszentren für das Parken und den Verkehr bereitgestellt. So verfügen Ruhr Park und Hannibal Center über insgesamt 23.3 ha Parkplatz-und Straßenflächen. Es bestehen zwei Möglichkeiten diese solar zu nutzen. Die Stellplätze können überdacht werden oder es könnten Solar-Tracker (Solar-Tracker: Nachführsysteme für Photovoltaik-Anlagen) aufgestellt werden. Bei Solar-Trackern werden Solarmodule drehbar auf einen mehrere Meter hohen Mast montiert und dann nach dem jeweiligen Sonnenstand ausgerichtet. Dies ermöglicht eine zusätzliche Stromausbeute von bis zu 45% gegenüber starren Freiland- oder Dachanlagen. So wird es möglich selbst bei schlechtem, bewölktem Wetter mittels Solar-Trackern noch eine erkleckliche Menge Strom zu gewinnen.

Solar-Tracker, Foto Parucom:

Problem der Überdachung von Stellplätzen mit Solardächern ist bei Ruhr Park wie Hannibal Center, dass die Parkplätze nur teilweise nach Süden ausgerichtet sind. Dazu können nur die Stellplätze aber nicht die Verkehrsflächen überdacht und solar genutzt werden. Zwar ist auch bei Solar-Trackern der Bedarf an Aufstellfläche gegenüber starren Freilandanlagen höher, da diese untereinander einen recht großen Abstand benötigen um gegenseitige Verschattung ganztägig auszuschließen, dafür aber liefern sie deutlich höhere Erträge.

Aus diesen Gründen haben die STADTGESTALTER eine solare Nutzung durch Solar-Tracker betrachtet, wie sie z.B. bereits auf dem Parkplatz des Amazon-Lagers FRA3 in Bad Hersfeld besteht.

Solar-Tracker ermöglichen eine unproblematische doppelte Nutzung der Park- und Verkehrsflächen zum Parken und zur Erzeugung von Strom, ohne dass eine Nutzung die andere nennenswert einschränkt.

Bis zu 620 Solar-Tracker könnten auf dem Gelände von Ruhr Park und Hannibal Center zur Erzeugung von Sonnenstrom aufgestellt werden.

Solarpotential von Ruhr Park und Hannibal Center

Nutzt man die genannten Flächen vollständig für die Erzeugung von Sonnenstrom, wäre die Erzeugung von maximal 15.000 MWh Strom pro Jahr möglich. Das entspräche dem Jahresbedarf von 6.200 Bochumer Haushalten (3,1% aller Bochumer Haushalte). 7.300 t CO2 könnten so pro Jahr eingespart werden.

Es würde sich anbieten mit dem erzeugten Strom zunächst den Stromverbrauch der Einkaufszentren selbst abzudecken, der aufgrund von zu versorgenden umfangreicher Beleuchtungs-, Lüftungs-, Klima- und Kühlungsanlagen ebenfalls erheblich sein dürfte.

Modelle zu Aufbau, Unterhaltung und Betrieb sowie Wirtschaftlichkeit

Zum Aufbau, der Unterhaltung und dem Betrieb der Solaranlagen wären besondere zwei Modelle denkbar. Die Einkaufszentren selbst bauen und betreiben die Anlagen oder ein Energieunternehmen wie die Stadtwerke übernehmen Bau und Betrieb der Solaranlagen und verkaufen dann den Strom zu einem Vorzugspreis an die Einkaufszentren und übernehmen die Vermarktung des überschüssigen Stroms.

Trotzdem das Stromerzeugungspotential im Vergleich zu zum Beispiel schwimmenden Solaranlagen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen) deutlich geringer ist, sind Konzepte zur solaren Nutzung der Flächen von Einkaufszentren wirtschaftlich sinnvoll, denn sonst sind in der Stadt kaum derart große, zusammenhängende Flächen vorhanden, die mit Solaranlagen bestückt werden könnten. Die Montage von vielen vergleichsweise kleinen Solaranlagen auf vielen durchweg kleineren Dächern und Parkplätzen erzeugt ungleich höhere Kosten, sowohl beim Bau, wie hinsichtlich der Unterhaltung.

Bis 2035 klimaneutral

Will Bochum bis 2035 klimaneutral sein, muss jede Anstrengung unternommen werden Teile des Stroms aus erneuerbaren Quellen in Bochum selbst zu erzeugen. Die Einkaufszentren bieten für diesen Zweck ein herausragendes Potential und können damit einen bedeutenden zur klimaneutralen Stromproduktion leisten. Die STADTGESTALTER regen daher an, dass sich Stadt, Stadtwerke, Ruhr Park und Hannibal Center zusammensetzen um zu erörtern, wie sie das dargestellte Potential zum Wohl der Stadt möglichst vollständig ausschöpfen können.

17 Okt

Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen könnten bis zu 11% des Strombedarfs der Haushalte in Bochum decken

Bis 2035 sollen die Stadtwerke Bochum nur noch Strom aus erneuerbaren Energiequellen liefern. Doch wo soll der Strom herkommen? Die STADTGESTALTER schlagen jetzt vor schwimmende Solaranlagen auf dem Kemnader, dem Ümminger See und den Ölbachteichen zu errichten. Auf diese Weise könnte der Strombedarf von bis zu 11% der Bochumer Haushalte gedeckt werden.

Gemäß des Energie- und Klimaschutzkonzeptes 2030 erzeugen die Stadtwerke Bochum nur 2% des verkauften Stroms aus eigenen erneuerbaren Energiequellen. Vom eingekauften Strom stammte 2018 11.3 % aus regenerativen Quellen (Stadtwerke müssen auf Klimakurs gebracht werden). Diese Anteile versuchen die Stadtwerke in den letzten Jahren durch Beteiligung an Windparks in der Nordsee (WAZ vom 10.09.2020) und Solarparks auf Agrarflächen (WAZ vom 25.08.2021) massiv auszubauen. Denn 2035 will die Stadt Bochum klimaneutral sein und sollen die Stadtwerke nur noch klimaneutral erzeugten Strom verkaufen.

Schwimmende Solaranlagen auf dem Kemnader, dem Ümminger See und den Ölbachteichen

Somit stellt sich in Bochum die Frage, wie können die Stadtwerke mehr regenerativen Strom in Bochum selbst erzeugen?

Als Antwort schlagen Die STADTGESTALTER jetzt vor, für diesen Zweck die Wasserflächen der Stadt zu nutzen: Auf dem Wasser, insbesondere auf dem Kemnader, dem Ümminger See und den Ölbachteichen, könnten schwimmende Solaranlagen (Floating PV – Solaranlagen) errichtet werden.

Mögliche Flächennutzung für schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen

Auf den genannten Gewässern könnten nach den Berechnungen der STADTGESTALTER bis zu 38 ha Fläche für die Erzeugung von Sonnenstrom genutzt werden. Auf einer Fläche dieser Größe könnten pro Jahr 52.700 MWh Strom generiert werden. Der erzeugte Strom würde den Bedarf von 21.800 Haushalten decken, das entspräche 11% aller Bochumer Haushalte. Die CO2-Einsparung pro Jahr läge bei beeindruckenden 25.500 t.

Schwimmende Photovoltaik-Anlagen werden bereits sehr erfolgreich in Asien (Schwimmende Solaranlage: Ener­gie­gewin­nung auf dem Wasser), den Niederlanden, (Bomhofsplas-Projekt) aber auch schon in Deutschland (Schwim­mende Photo­voltaik­anlage Renchen) betrieben.

Vor- und Nachteile von schwimmenden Solaranlagen

Die Vorteile von schwimmenden Solaranlagen, liegen auf der Hand:

  • Höherer Ertrag durch die Kühlung der PV Module durch das Wasser
  • Hohe Flächennutzungseffizienz
  • Keine Flächennutzungskonflikte bei Baggerseen, Tagebauseen oder Klärteichen
  • Verschattung des Gewässers und damit weniger Verdunstung
  • Risiko von Algenbildung verringert sich durch niedrigere Wassertemperatur
  • Kostengünstiger Aufbau
  • Rückstandsfreier Rückbau möglich
  • Keine Einzäunung zum Schutz vor Diebstahl notwendig

Ein weiterer Vorteil der Nutzung der Bochumer Seeflächen besteht darin, dass der Strom in direkter Nähe der Verbraucher in der Stadt erzeugt würde, also kein Stromtransport über lange Strecken erforderlich ist und so die sonst unvermeidlichen Übertragungsverluste vermieden würden.

Infografik, schwimmende Solaranlagen, Quelle Erdgas Südwest

Aber es sind auch Nachteile zu bedenken:

  • Stromgestehungskosten 10 bis 15 Prozent höher als bei Freiflächen Solar-Kraftwerken an Land
  • Erhöhter Aufwand für Montage und Wartung
  • Flächennutzungskonflikt bei Seen mit Freizeitnutzung

Es ist also zu überlegen, wie viel Fläche des Kemnader Sees lässt sich für schwimmende Solaranlagen nutzen, ohne dass dadurch die Freizeitnutzung und die Fahrwege der MS Kemnade spürbar eingeschränkt werden. Die STADTGESTALTER sehen auf dem Kemnader See grundsätzlich Möglichkeiten für zwei Solarfelder, das eine 13, das andere 16 ha groß. Zusammen würden beide rund 23% des Sees bedecken. Ebenso wäre denkbar, nur eines der beiden Felder zu realisieren oder diese wie andere Felder in abweichender Form und Größe zu errichten. Die Nutzung des Sees als Solarfläche müsste also mit der Freizeitnutzung abgewogen werden, so dass eine für beide Seiten optimale Lösung gefunden wird.

Auch wäre zumindest bei einem Solarfeld eine Absprache bzw. Kooperation mit der Stadt Witten anzustreben, da auch Seeflächen genutzt würden, die auf dem Stadtgebiet von Witten liegen.

Umweltverträglichkeit

Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit von schwimmenden Solaranlagen belegen die Annahme, dass durch solche Anlagen keine Umweltschäden verursacht werden. Die ersten Ergebnisse einer aktuellen Studie der Hanze University of Aplied Science im niederländischen Groningen bestätigen, dass keinerlei Schäden an Flora, Fauna und Wasserqualität bewirkt werden (Keine Umweltschäden durch schwimmende Solaranlagen). Am Kemnader See wäre im Gegenteil zu erwarten, dass durch die Verhinderung von direkter Sonneneinstrahlung und die damit verbundene Reduzierung der Wassertemperatur die schwimmenden Anlagen helfen würden die Ausbreitung der Wasserpest einzudämmen.

Ein großer Schritt für Bochum in Richtung Klimaneutralität

Die Nutzung der Seeflächen für die Stromerzeugung würde Bochum dem Ziel Klimaneutralität also einen großen Schritt näherbringen ohne dass dadurch große Nachteile für die Stadt zu erwarten wären. Eine Umsetzung ist schnell und vergleichsweise unkompliziert möglich. Nachdem die rechtlichen Fragen geklärt und eine Baugenehmigung erteilt ist (Rechtliche Rahmenbedingungen für schwimmende Solaranlagen), dauert der Aufbau der Anlagen nur wenige Wochen (Aufbau einer schwimmenden PV-Anlage).

Die Kosten für den Bau von schwimmenden Solaranlagen mit einer Flächen von 38 ha kann derzeit mit 40 – 65 Mio. Euro kalkuliert werden (0,7 bis 1,05 Euro/Wpeak). Das entspricht dem Verlust, den die Bochumer Stadtwerke derzeit in 2 bis 4 Jahren mit dem Kohlekraftwerk Lünen erwirtschaften. Die Investitionssumme ist für den Kraftwerksbereich also vergleichsweise gering.

Grundsätzlich sollten die Stadtwerke Bochum nach Ansicht der STADTGESTALTER eine Energieerzeugung aus regenerativen Quellen soweit möglich in Bochum selbst anstreben. Schwimmende Solaranlagen bieten dazu eine ideale Möglichkeit. Zu einer weiteren Möglichkeit werden die STADTGESTALTER in Kürze einen zweiten Vorschlag präsentieren. Wichtig ist, dass Stadt und Stadtwerke, die entsprechenden Potentiale nunmehr gezielt suchen und eine Nutzung ohne weitere Verzögerungen auf den Weg bringen.

23 Mai

Klimaneutralität bis 2045 – Ohne drastische und unbequeme Maßnahmen kaum zu schaffen

Verfassungsgericht und Bundesregierung haben eine unverrückbare Vorgabe gemacht: Klimaneutralität ist bis 2045 zu erreichen. Das gilt auch für Bochum. Damit ist der Plan von Rot-Grün gescheitert, die wesentlichen Klimaschutzmaßnahmen nachfolgenden Generationen aufzubürden. Doch wie will Bochum in nur 24 Jahren Klimaneutralität erreichen, wo bisher in Sachen Klimaschutz kaum Nennenswertes unternommen wurde?

Eigentlich war der Plan von SPD und Grünen in Sachen Klimaschutz die Füße still zu halten und zu hoffen, das Problem würde sich von allein erledigen. Entsprechend hatte die Stadt sich im Energie- und Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2015 das unambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 solle der CO2-Ausstoß der Stadt auf 80% (ggü. 1990) reduziert werden.

Rot-Grün wollte das Problem aussitzen statt zu handeln

Das Kalkül und die Hoffnung waren: Angesichts dessen, dass bis 2014 die CO2-Emissionen in der Stadt aufgrund der Abwanderung von energieintensiven Industriebetrieben wie Outokumpu und Opel ohnehin schon auf 50% gesunken war, würde sich eine Senkung um weitere 30%P voraussichtlich aufgrund der fortschreitenden Deindustrialisierung und des zu erwartenden technischen Fortschritts bis 2050, also in weiteren 36 Jahren, ohne größere städtische Maßnahmen schon von selbst ergeben. Die letzte und schwierigste Senkung von 80 auf 100% Senkung könnte man dann Kindern und Enkeln überlassen und wäre so das Problem für diese Generation los.

Verfassungsgericht und Regierung geben vor: Klimaneutralität bis 2045

Doch das Verfassungsgericht hat jetzt einen Strich durch dieses Ansinnen gemacht. Das Gericht urteilte, es gehe nicht an, dass die nach dem Pariser Klimaschutzabkommen notwendigen CO2-Reduktionen weitgehend in die Zukunft verlagert werden, um die Gegenwart mit politisch mutmaßlich unbequemen, drastischen Maßnahmen zu verschonen. Konkret erklärten die Richter, es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden, „unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde“ (1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20 vom 24. März 2021).

Klimaschutzpolitik in Bochum ist gescheitert. Viel Zeit vertan. Neuanfang bei Null.

Eine schallende Ohrfeige auch für die städtische Klimapolitik von SPD und Grünen, die sich bisher darauf beschränkt hatte, symbolisch und öffentlichkeitswirksam 2019 den Klimanotstand auszurufen, ohne irgendwelche Taten folgen zu lassen.

Zwar hatte man in Bochum bis 2015 viel Papier für Klimaschutzkonzepte vollgeschrieben und dort eine schier endlose Zahl an Maßnahmen werbewirksam angekündigt, doch umgesetzt wurden davon bisher nur die wenigsten (Klimaschutz, viel Papier, wenig Greifbares). Welche Maßnahmen wie mit welcher Wirkung umgesetzt wurden und werden, weiß die Stadt zudem selbst nicht, denn eine geordnete Abarbeitung der Maßnahmen gab es nie. Ein Controlling, mit dem gesteuert und kontrolliert wird, welche Maßnahme sich in welchem Umsetzungsstadium befindet, wurde mangels Interesses an solchen Informationen nie eingerichtet. Klimaschutzpolitik wurde in Bochum immer nur für die Galerie betrieben, ernsthaft etwas für den Klimaschutz zu tun, war nie das Ziel.

Auf diese Weise wurde viel Zeit vertan. Spätestens seit den 90er Jahren war das Klimaerwärmungsproblem und der dringende Handlungsbedarf bekannt. Erst 2009 reagierte die Stadt mit einem wenig ambitionierten Klimaschutzkonzept, dass dann 2015 fortgeschrieben wurde. Das 2-Grad-Ziel wurde bereits Ende der 90er-Jahre formuliert. Ab 2000 hätte eine konsequente städtische Klimapolitik mit dem Ziel Klimaneutralität bis spätestens Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, verfolgt werden müssen. Bis heute, 2021 passierte nichts Nennenswertes (Bochum muss deutlich mehr tun fürs KlimaWas muss Bochum tun, damit die Stadt bis 2040 klimaneutral ist). Über zwei Jahrzehnte wurden vergeudet. Jetzt verbleiben nur noch 24 Jahre um das Ziel zu erreichen, für dessen Erreichung man eigentlich mindestens 45 Jahre Zeit gehabt hätte.

Andere Städte zeigen, dass es auch anders gegangen wäre, hätte die Stadt frühzeitig und ernsthaft das Ziel verfolgt, alles dafür zu tun, kein CO2 mehr zu emittieren. So wird Kopenhagen bereits 2025 klimaneutral sein (Klimaneutral bis 2025 – was die Welt von Kopenhagen lernen kann).

Die unnötige Zeitvergeudung in Bochum hat zur Folge, dass es in der noch verbleibenden stark verkürzten Zeit zu unbequemen, drastischen Maßnahmen kommen muss, um das Ziel zu erreichen. Die Maßnahmen, die SPD und Grüne den nachfolgenden Generationen aufbürden wollten, müssen jetzt noch in unserer Generation umgesetzt werden. Die fehlende Bereitschaft von Rot-Grün rechtzeitig zu handeln hat die Stadt in eine Notlage gebracht. Jetzt muss überstürzt mit riesigem Finanzaufwand in kaum mehr als zwei Jahrzehnten umgesetzt werden, was eigentlich mindestens das doppelte an Zeit benötigen würde. Ein Kraftakt ohne gleichen ist erforderlich, um das vorgegebene Ziel, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.

Was muss jetzt in Bochum in Sachen Klimaschutz dringend geschehen?

In Bochum entfallen 39% des CO2-Ausstoßes auf den Verkehr. 31% auf die Wirtschaft, 28% auf die Haushalte, 2% auf städtische Gebäude. Auf den Anteil, den die Wirtschaft erzeugt, hat die Stadt so gut wie keinen Einfluss, dieser sinkt aber kontinuierlich aufgrund der fortschreitenden Deindustrialisierung und steigendem technologischem Fortschritt.

CO2-Emissionen nach Sektoren, Stadt Bochum

Bei den Haushalten ist der Einfluss der Stadt größer, aber auch begrenzt. Bei der Stromerzeugung kann die Stadt darauf hinwirken, dass die Stadtwerke nur noch klimaneutral erzeugten Strom verkaufen. Bei der Wärmeerzeugung für das Heizen wird es schon schwieriger. Eine Umstellung aller Heizungsanlagen, die heute noch mittels Verbrennung fossiler Brennstoffe funktionieren, insbesondere auf Erdwärmepumpen, Solarthermie und regenerativ erzeugte Fernwärme, kann die Stadt nicht erzwingen. Sie kann die Umstellung nur fördern und beste Voraussetzungen schaffen, dass möglichst viele private Eigentümer*innen sich dafür entscheiden eine solche Umstellung vornehmen.

Im Bereich der Abfallwirtschaft wiederum hat die Stadt die Fäden selbst in der Hand. Es ist nur eine Frage der Zeit bis der bisher von SPD und Grünen abgelehnte von STADTGESTALTERn und FDP vorgeschlagene Plan, Bochum zur “Zero-Waste-City“ zu machen, vom Stadtrat beschlossen wird (Bochum soll “Zero-Waste-City” werden).

Auch bei den städtischen Gebäuden kann die Stadt alle erforderlichen Maßnahmen selbst beschließen, damit auf auf diesem Gebiet bis 2045 Klimaneutralität erreicht wird. Das wird allerdings teuer. Städtische Neubauten können noch recht einfach gleich klimaneutral gebaut werden. Die städtischen Altbauten alle umzurüsten um den Ausstoß von CO2 zu minimieren, wird allerdings ein gigantisches Sanierungsprogramm erfordern. Hier rächt sich, dass man nicht schon seit Jahren möglichst klimaneutral baut. Denn jetzt müssen selbst städtische Gebäude mit hohem Finanzaufwand saniert und umgerüstet werden, die vor nicht mal 10 Jahren gebaut wurden.

Der größte Knackpunkt bei den CO2-Einsparungen stellt der Verkehr dar. Bis 2045 muss der Anteil am Modalsplit bei Radverkehr und ÖPNV erheblich gesteigert werden. Anzustreben wäre, den Anteil beim Rad von 7 auf 25% zu steigern und den des ÖPNV von knapp über 15% auf 30% zu verdoppeln. Damit würde sich der Anteil des Autoverkehrs auf 24% reduzieren. Diesen Anteil ab 2045 mit E-Fahrzeugen zurück zu legen, für die der Strom CO2-neutral erzeugt wird, erscheint realistisch.

Auch sollte es möglich sein in 5-10 Jahren ein komfortables Radwegenetz aus dem Boden zu stampfen, mit dem der Radverkehrsanteil auf 25% gesteigert werden kann. Der Finanzaufwand ist überschaubar. Mit 100 Mio. Euro in 10 Jahren, sollte sich dieses Ziel erreichen lassen.

Beim ÖPNV sieht es anders aus. Planung und Bau von schnellen und leistungsfähigen neuen ÖPNV-Linien ist erheblich teurer und dauert 7-15 Jahre. Damit der Anteil des ÖPNV am Modalsplit bis 2045 verdoppelt werden kann, müssen schon heute die Planungen für ein stark erweitertes ÖPNV-Netz auf den Weg gebracht werden. In diesem Bereich herrscht in Bochum allerdings seit Jahrzehnten Stillstand. Die Bogestra ist bisher an einer Ausweitung des Netzes desinteressiert. Das ÖPNV-Netz der Bogestra basiert bis heute im Kern auf Buslinien, also einem Verkehrsmittel, dass bei den Nutzern, wegen seiner Unzuverlässigkeit, mangelndem Fahrtkomfort und seiner Langsamkeit unbeliebt ist und mit dem man keine neuen Fahrgäste für den ÖPNV gewinnen kann. Die Schaffung eines leistungsfähigen Schnellverkehrsnetzes auf Basis von Straßen-, Stadt- und Seilbahnen wie es in Großstädten sonst üblich ist, ist aufgrund der baulich engen Gegebenheiten in der Stadt jedoch langwierig und mit besonderen Herausforderungen verbunden.

Die Stadt muss den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt quasi neu erfinden und das wird 3-stellige Millionenbeträge kosten. Da in den letzten Jahrzehnten versäumt wurde erste neue Linien zu planen und zu bauen und die dafür verfügbaren Fördermittel (in der Regel 90% der Baukosten) beim Land abzugreifen, müssen jetzt aufgrund des Zeitdrucks viele Neubauprojekt parallel in Angriff genommen werden. Es ist nicht anzunehmen, dass die Stadt für alle Projekte Fördergelder erhält. Weil der Ausbau des ÖPNV-Netzes Jahrzehnte zu spät beginnt, wird die Stadt erhebliche Beträge selbst aufbringen müssen.

PARTEI und STADTGESTALTER wollen in der nächsten Ratssitzung Weichen für Klimaneutralität bis spätestens 2040 stellen

2021 steht die Stadt also an einem Wendepunkt, die Rot-Grüne Politik, die wesentlichen Klimaschutzmaßnahmen auf die nachfolgenden Generationen zu verschieben ist gescheitert. Die Stadt steht wieder am Anfang. Da der Stadt nur 24 Jahre Zeit verbleiben, um die Stadt klimaneutral zu gestalten, muss sofort gehandelt, weitere Monate und Jahre mit Däumchen drehen vergehen zu lassen wie nach Ausrufung des Klimanotstandes, kann sich die Stadt nicht mehr leisten.

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” hat für die Ratssitzung im Mai einen Antrag auf den Weg gebracht, mit dem die Stadt verbindlich verpflichtet wird alle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zur Erreichung des Ziels einer klimaneutralen Stadt bis spätestens 2040 erforderlich sind (Antrag 20211586). Zusätzlich wird die Fraktion einen Haushaltsantrag einbringen, mit ab 2022 die insbesondere zur Umsetzung der Verkehrswende erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Das sollen zunächst 20 Mio. Euro pro Jahr sein. In der Ratssitzung am 27.05 werden die Bürger*innen sehen, ob die Bochumer Stadtpolitik in Sachen Klimaschutz endlich bereit ist zu handeln.

18 Mai

Kraftwerk Lünen könnte 50-70 Mio. Verlust bringen

Das Abenteuer Steinkohle wird für die Stadt Bochum durch den Steinkohleausstieg nochmals erheblich teurer. Allein mit der Abschaltung des Steinkohlekraftwerks Lünen 2026 könnten weitere Verluste in Höhe von 50-70 Mio. entstehen. Der STEAG, an der die Stadt über die Stadtwerke ebenfalls noch beteiligt ist, entstehen durch den Kohleausstieg ebenfalls dreistellige Millionenverluste.

Bereits der Ausstieg aus dem Kraftwerksprojekt Hamm-Uentrop war mit Verlusten von 65 Mio. verbunden

Der Ausstieg aus dem Projekt Gekko, hinter dem sich die Investition in das unrentable Steinkohle-Kraftwerk Hamm-Uentrop hat Bochum bereits 65 Mio. Euro gekostet (Handelsblatt vom 10.07.15). 45 Mio. hatte Bochum 2007 in den Bau investiert, für 1 Euro verkaufte man 10 Jahre später den Anteil an die RWE. Hinzu kamen weitere Verluste u.a. für den Ausstieg, die Finanzierung der Beteiligungssumme, und unrentable Stromlieferverträge.

Beim Kraftwerksprojekt Lünen drohen weitere 50-70 Mio. Verlust

Beim Kraftwerk Lünen ist Bochum über die Trianel mit beteiligt. Erhebliche Gewinne macht das 1,4 Mrd. teure Kraftwerk bisher nicht, für 2014 erwarteten die Betreiber aufgrund veränderter Marktbedingungen sogar einen Verlust von etwa 100 Mio. Euro. Jetzt droht dem erst im Dezember 2013 nach Problemen mit der Baugenehmigung ans Netz gegangen Kraftwerk nach dem Kohleausstiegsgesetz bereits für das Jahr 2026 die Stilllegung. In der Folge geht Trianel im schlimmsten Fall von einem Verlust von 571 Mio. aus (Kommunale Kraftwerksbetreiber befürchten Milliardenverluste, Welt am Sonntag vom 10.05.20, nur Print), andere rechnen sogar bis zu 800 Mio. Euro. (Ruhrnachrichten 10.02.2020).