06 Nov

Sonnenstrom von Bochums Dächern höher vergüten und einfacher an Mietparteien günstig abgeben

Leider lohnt es sich bisher zu wenig Sonnenstrom zu erzeugen und diesen an Mieter und Mieterinnen abzugeben oder den Strom ins Bochumer Stromnetz einzuspeisen. Damit nicht nur auf Eigenheimen neue Solarmodule aufs Dach geschraubt werden, sollte sich einiges ändern, meinen die STADTGESTALTER.

8,2 Cent Einspeisevergütung erhält der Besitzer einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit max. 10 kWp, wenn er Strom, den er nicht selbst verbraucht, ins Netz einspeist. Der Sonnenstrom wird in das städtische Stromnetz eingespeist und schließlich für aktuell 15 bis über 50 Cent/ kWh an der Strombörse verkauft (Rekordpreis: 55 Cent pro kWh, am 17.08.22). Von diesem Gewinn sieht der private Betreiber der PV-Anlage, der diese auch mit seinem Geld bezahlt hat, jedoch nichts. Der Gewinn fließt in die Taschen des Übertragungsnetzbetreibers.

Photovoltaikanlagen lohnen sich eigentlich bisher nur für Eigenheimbesitzer*innen

Die Stadtwerke wiederum kaufen einen wesentlichen Teil ihres Stroms an der Strombörse für aktuell 15-50 Cent pro kWh. Unter den aktuellen Bedingungen ist das Verfahren weder für diejenigen attraktiv, die Solaranlagen auf Bochumer Dächer bauen möchten, noch für die Stadtwerke, die teuer Strom an der Börse einkaufen müssen, hohe Börsenpreise aber nur mit großer Verzögerung an die Verbraucher*innen weitergeben können.

Bei Mehrfamilienhäusern gibt es ein weiteres Problem. Um Strom vom Dach direkt an die Hausbewohner*innen und Mietparteien zu liefern, ist ein teures, umständliches Mess- und Abrechnungskonzept erforderlich. Die Verfahren zur Förderung, Anmeldung und Inbetriebnahme sind überbürokratisiert. Der rechtliche wie organisatorische Aufwand ist von kleineren Vermieter*innen kaum zu stemmen. So sind den Stadtwerken in Bochum lediglich fünf Anlagen bekannt, die die Mieterstromförderung des Bundes derzeit in Anspruch nehmen (WAZ vom 09.07.22).

Im Ergebnis sind es in Bochum daher insbesondere Eigenheimbesitzer*innen, die sich für den Eigenbedarf PV-Anlagen auf das Dach bauen lassen. Auch würden auf manche Eigenheime durchaus noch einige Solarmodule mehr passen. Doch leider bleiben Dachflächen ungenutzt, weil die Einspeisung sich kaum rechnet. Es soll sogar vorkommen, dass Eigenheimbesitzer*innen mit dem erzeugten Strom lieber das Wasser im Pool um ein paar Grad mehr aufheizen, statt den Strom in das Stadtwerkenetz abzugeben.

Sonnenstrom besser vergüten und unkompliziert an Mieter*innen abgeben

Die STADTGESTALTER schlagen vor, den Strom, der von Bochumer Dächern kommt, besser zu vergüten und ein unbürokratisches Abrechnungsmodell zu schaffen den Strom vom Dach direkt an die Haushalte zu liefern, die ein Gebäude mit PV-Anlage bewohnen:

Bessere Vergütung der Netzeinspeisung – Ziel ist es, den Gewinn, der bei hohen Strompreisen mit dem Solarstrom von den Bochumer Dächern von den Übertragungsnetzbetreibern an der Strombörse erzielt wird, abzusteuern. Der Gewinn soll denen zufließen, die die PV-Anlagen gebaut und bezahlt haben. Vorgeschlagen wird, dass die Stadtwerke den Sonnenstrom von Bochumer Solaranlagen direkt abnehmen und damit Übertragungsnetzbetreiber und Strombörse außen vor bleiben.

Direktabnahme Solarstrom

Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER sollen die Stadtwerke den privaten Betreibern von PV-Anlagen in Bochum einen attraktiven Preis anbieten, zu dem sie den Sonnenstrom abnehmen. Dieser Preis könnte monatlich an den Strompreis, der im Mittel an der Strombörse erzielt wurde, gekoppelt werden, oder an den Arbeitspreis, zu dem der Strom wieder von den Stadtwerken an die Verbraucher*innen verkauft wird. Die PV-Anlagen-Besitzer*innen könnten dann wählen, nehmen sie das Angebot der Stadtwerke an oder speisen sie den Solarstrom wie bisher zur fixen staatlichen Einspeisevergütung ein.

Insbesondere bei hohen Strompreisen an der Börse wäre die Direktabnahme des günstigeren Bochumer Sonnenstroms auch für die Stadtwerke ein gutes Geschäft. Zudem erhöht sich durch den Kauf des Stroms von Bochumer Dächern beim städtischen Strommix der Anteil an regional erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen. Bisher wird ein wesentlicher Teil des Stroms, den die Stadtwerke als erneuerbar ausweisen, nur durch Greenwashing, genauer den Zukauf von Zertifikaten für norwegischen Strom aus Wasserkraft, zu Strom aus erneuerbaren Quellen (Stadtwerke müssen auf Klimakurs gebracht werden).

Einfache und günstige Abgabe von Solarstrom an Mietparteien – Bei Mehrfamilienhäusern stellen sich die STADTGESTALTER ein ähnliches Modell vor. Die Stadtwerke schließen mit den Besitzer*innen von PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern Verträge zur Abnahme des Sonnenstroms. In diesen Verträgen verpflichten sich die Stadtwerke, gegen eine Contracting-Gebühr den Sonnenstrom zu einem gegenüber dem üblichen städtischen Stromtarif günstigeren Strompreis an die Wohn- bzw. Mietparteien der Häuser weiterzuverkaufen, auf denen die Anlagen betrieben werden. Dabei wird der gesamte erzeugte Solarstrom nach einem vereinbarten Schlüssel (z.B. Bewohnerzahl, Wohnfläche, Zahl der Haushalte) auf die Parteien aufgeteilt.

Solarstrom für Wohn- und Mietparteien

Der nicht durch Sonnenstrom gedeckte Stromverbrauch der Haushalte wird nach dem regulären Stromtarif abgerechnet. Die Stadtwerke übernehmen somit das Solarstromcontracting und damit die Stromabrechnung zwischen den Betreiber*innen der PV-Anlage und den Wohn- bzw. Mietparteien. Der Vorteil dieses Angebotsmodells, es wird kein teures und umständliches Messkonzept benötigt und es bleiben auch hier Strombörse und Übertragungsnetzbetreiber aus dem Spiel.

Ideale Bedingungen für mehr PV-Anlagen und mehr Sonnenstrom schaffen

Im Ergebnis ist es also wichtig, attraktivere Anreize dafür zu schaffen, dass nicht nur auf Einfamilienhäusern PV-Anlagen neu entstehen. Zudem sollte es sich bei der Errichtung von PV-Anlagen wirtschaftlich lohnen, möglichst das gesamte Dachpotential auszunutzen. Dazu ist zum einen ein attraktiver Preis zur Abnahme des Solarstroms erforderlich, zum anderen sollte es unkompliziert möglich sein, den erzeugten Strom günstig aber trotzdem lohnenswert an die Haushalte zu verkaufen, die im Gebäude wohnen, auf dem der Sonnenstrom erzeugt wird.

Die STADTGESTALTER werden daher am 10.11.22 Im Bochumer Stadtrat beantragen die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Erzeugung von Solarstrom auf Bochumer Dächern flächendeckend noch mehr Fahrt aufnimmt.

05 Dez

Ruhr Park und Hannibal Center könnten viel Sonnenstrom erzeugen

Die Bochumer Einkaufszentren Ruhr Park und Hannibal Center verfügen über riesige Dach- und Parkplatzflächen, die zur Erzeugung von Sonnenstrom genutzt werden könnten. Die STADTGESTALTER haben errechnet, was maximal möglich wäre. Es könnte so viel Strom erzeugt werden wie 6.200 Bochumer Haushalte im Jahr verbrauchen.

Die Stadt Bochum will bis 2035 klimaneutral sein. Dafür muss der gesamte Strom, der in der Stadt verbraucht wird, mittels erneuerbarer Quellen erzeugt werden. Darüber hinaus sollte angestrebt werden, dass der Strom, der in der Stadt verbraucht wird, möglichst vor Ort gewonnen wird. Grüner Strom kann auf verschiedene Weisen erzeugt werden, insbesondere aus Wasser- und Windkraft, mittels Geothermie, Biomasse oder durch die Kraft der Sonne. Tatsächlich kann in Bochum Strom in großem Maßstab nur aus Sonne gewonnen werden. Geothermie ist besser für die Wärmeerzeugung geeignet, Windräder lassen sich in Bochum wegen der nötigen Abstandsflächen zu Wohnbebauung nicht aufstellen, Biomasse und Wasserkraft stehen nur in überschaubarer Menge zur Verfügung.

Sonnenstrom hat in Bochum zur Stromerzeugung das größte Potential

Um Strom aus Sonne zu gewinnen, können Solaranlagen auf Dächer montiert werden, auf Freiland-, Wasser- oder Parkplatzflächen. Jedoch stehen Frei- und Grünflächen in Bochum für eine solare Nutzung nur wenige zur Verfügung. Regelmäßig stehen dem großflächigen Aufbau von Solarfarmen eine andere Nutzung, z.B als Acker oder Weideland, eine Ausweisung als Naturschutzgebiet oder optische Gründe entgegen. Die Nutzung der Bochumer Seen für schwimmende Solaranlagen hatten die STADTGESTALTER schon vorgeschlagen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen). Auf dem Wasser könnte so viel Strom erzeugt werden, wie 11% der Bochumer Haushalte im Jahr verbrauchen. Das ist schon eine Menge. Das Potential in Bochum lässt sich aber noch deutlich vergrößern, wenn zusätzlich Dach und Parkplatzflächen genutzt werden. Aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen sollte sich die Stadt dabei zunächst auf die Nutzung von besonders großen Flächen konzentrieren, wie sie zum Beispiel bei Einkaufszentren vorzufinden sind. Entsprechend wird auf dem Dach des Hannibal Centers bereits seit 2009 Sonnenenergie in Strom umgewandelt.

Wieviel Sonnenstrom könnte auf den Geländen von Ruhr Park und Hannibal Center erzeugt werden?

Doch wie groß ist das Potential bei der Stromerzeugung aus Sonnenkraft zum Beispiel bei Hannibal Center und Ruhr-Park, den beiden größten Einkaufszentrum auf dem Stadtgebiet? Die STADTGESTALTER haben untersucht, in welcher Weise die Flächen beider Einkaufszenten für die Erzeugung von Sonnenstrom genutzt werden könnten und welche Menge Strom sich maximal im Jahr erzeugen ließe. Dabei wurde nicht nur das Hannibal-Center an sich betrachtet, sondern auch angrenzende Flächen. Zum einen das Gelände, auf dem sich auch der Prater befindet, sowie die Fläche des gegenüberliegenden Hellweg-Baumarktes und die im Osten angrenzende Brachfläche. Beim Ruhr Park wurde die Parkplatzfläche der Medi Therme in die Betrachtungen einbezogen. 

Dachflächen: Zwar erscheinen die Dachflächen beider Einkaufszentren auf den ersten Blick groß, doch besonders beim Ruhr Park sind diese nur begrenzt nutzbar. Dachaufbauten für Lüftungs- und Klimaanlagen lassen beim Ruhr Park nur eine solare Nutzung zu maximal 60% zu. Beim Hannibal Center wurden auf dem Dach des Supermarktes sowie der östlichen Gebäuden bereits Solarmodule aufgestellt.  Hier sind maximal 80% der Dachflächen nutzbar. Bei Solaranlagen auf Dächern muss zudem geklärt werden, in wieweit die Gebäude über die für den Aufbau von Solaranlagen nötige Statik verfügen. Unter Umständen verkleinert sich die mit Solaranlagen bebaubare Dachflächen aufgrund fehlender statischer Voraussetzungen weiter. Ohne Betrachtung der Statik wäre maximal eine Dachfläche von 4,36 ha für die Montage von Solaranlagen auf beiden Einkaufszentren nutzbar.

Freilandflächen: Beide Einkaufszentren verfügen eigentlich nicht über ungenutzte Freilandflächen, sämtliche Flächen werden als Park- und Verkehrsflächen genutzt oder sind mit Gebäuden überbaut. Angrenzend an das Hannibal Center befindet sich jedoch eine rund 10 ha große Brachfläche, ein ehemaliges Zechengelände, auf dem später eine Schwefelsäurefabrik betrieben wurde, und das seit über 30 Jahren erfolglos saniert wird. Aufgrund der Umweltschäden ist diese Fläche bisher weder zu Wohn- noch zu Gewebezwecken nutzbar. Eine Nutzung für eine Freiflächen-Solaranlage böte sich daher an.

Park- und Verkehrsflächen: Der größte Flächenanteil wird bei Einkaufszentren für das Parken und den Verkehr bereitgestellt. So verfügen Ruhr Park und Hannibal Center über insgesamt 23.3 ha Parkplatz-und Straßenflächen. Es bestehen zwei Möglichkeiten diese solar zu nutzen. Die Stellplätze können überdacht werden oder es könnten Solar-Tracker (Solar-Tracker: Nachführsysteme für Photovoltaik-Anlagen) aufgestellt werden. Bei Solar-Trackern werden Solarmodule drehbar auf einen mehrere Meter hohen Mast montiert und dann nach dem jeweiligen Sonnenstand ausgerichtet. Dies ermöglicht eine zusätzliche Stromausbeute von bis zu 45% gegenüber starren Freiland- oder Dachanlagen. So wird es möglich selbst bei schlechtem, bewölktem Wetter mittels Solar-Trackern noch eine erkleckliche Menge Strom zu gewinnen.

Solar-Tracker, Foto Parucom:

Problem der Überdachung von Stellplätzen mit Solardächern ist bei Ruhr Park wie Hannibal Center, dass die Parkplätze nur teilweise nach Süden ausgerichtet sind. Dazu können nur die Stellplätze aber nicht die Verkehrsflächen überdacht und solar genutzt werden. Zwar ist auch bei Solar-Trackern der Bedarf an Aufstellfläche gegenüber starren Freilandanlagen höher, da diese untereinander einen recht großen Abstand benötigen um gegenseitige Verschattung ganztägig auszuschließen, dafür aber liefern sie deutlich höhere Erträge.

Aus diesen Gründen haben die STADTGESTALTER eine solare Nutzung durch Solar-Tracker betrachtet, wie sie z.B. bereits auf dem Parkplatz des Amazon-Lagers FRA3 in Bad Hersfeld besteht.

Solar-Tracker ermöglichen eine unproblematische doppelte Nutzung der Park- und Verkehrsflächen zum Parken und zur Erzeugung von Strom, ohne dass eine Nutzung die andere nennenswert einschränkt.

Bis zu 620 Solar-Tracker könnten auf dem Gelände von Ruhr Park und Hannibal Center zur Erzeugung von Sonnenstrom aufgestellt werden.

Solarpotential von Ruhr Park und Hannibal Center

Nutzt man die genannten Flächen vollständig für die Erzeugung von Sonnenstrom, wäre die Erzeugung von maximal 15.000 MWh Strom pro Jahr möglich. Das entspräche dem Jahresbedarf von 6.200 Bochumer Haushalten (3,1% aller Bochumer Haushalte). 7.300 t CO2 könnten so pro Jahr eingespart werden.

Es würde sich anbieten mit dem erzeugten Strom zunächst den Stromverbrauch der Einkaufszentren selbst abzudecken, der aufgrund von zu versorgenden umfangreicher Beleuchtungs-, Lüftungs-, Klima- und Kühlungsanlagen ebenfalls erheblich sein dürfte.

Modelle zu Aufbau, Unterhaltung und Betrieb sowie Wirtschaftlichkeit

Zum Aufbau, der Unterhaltung und dem Betrieb der Solaranlagen wären besondere zwei Modelle denkbar. Die Einkaufszentren selbst bauen und betreiben die Anlagen oder ein Energieunternehmen wie die Stadtwerke übernehmen Bau und Betrieb der Solaranlagen und verkaufen dann den Strom zu einem Vorzugspreis an die Einkaufszentren und übernehmen die Vermarktung des überschüssigen Stroms.

Trotzdem das Stromerzeugungspotential im Vergleich zu zum Beispiel schwimmenden Solaranlagen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen) deutlich geringer ist, sind Konzepte zur solaren Nutzung der Flächen von Einkaufszentren wirtschaftlich sinnvoll, denn sonst sind in der Stadt kaum derart große, zusammenhängende Flächen vorhanden, die mit Solaranlagen bestückt werden könnten. Die Montage von vielen vergleichsweise kleinen Solaranlagen auf vielen durchweg kleineren Dächern und Parkplätzen erzeugt ungleich höhere Kosten, sowohl beim Bau, wie hinsichtlich der Unterhaltung.

Bis 2035 klimaneutral

Will Bochum bis 2035 klimaneutral sein, muss jede Anstrengung unternommen werden Teile des Stroms aus erneuerbaren Quellen in Bochum selbst zu erzeugen. Die Einkaufszentren bieten für diesen Zweck ein herausragendes Potential und können damit einen bedeutenden zur klimaneutralen Stromproduktion leisten. Die STADTGESTALTER regen daher an, dass sich Stadt, Stadtwerke, Ruhr Park und Hannibal Center zusammensetzen um zu erörtern, wie sie das dargestellte Potential zum Wohl der Stadt möglichst vollständig ausschöpfen können.