13 Apr.

Politik ist mit der Aufsicht von städtischen Unternehmen überfordert

Eigentlich sollen die Politiker und Politikerinnen des Stadtrates, die städtischen Unternehmen überwachen und beraten. Doch das gelingt oft nicht, wie die schwere wirtschaftliche Schieflage der BOGESTRA, die Beinahe-Insolvenz der SBO (Seniorenheime) sowie die teuren Fehlinvestitionen der Stadtwerke zeigen. Was sind die Gründe? Was muss sich ändern?

Aufgrund von Fehlern der Unternehmensleitung kam es bei den städtischen Seniorenheimen (SBO Senioreneinrichtungen Bochum gGmbH) zwischen 2012 und 2024 zu Verlusten von 33,8 Mio. Euro (WAZ vom 19.03.25). Ende 2022 stand das Unternehmen vor der Insolvenz, ehe die Betreibergesellschaft der Seniorenheime von der Stadt gerettet wurde. Seitdem läuft die Sanierung. Die BOGESTRA ist ebenfalls ein Sanierungsfall, die Verluste betragen mittlerweile 90 Mio./ Jahr, die Schulden insgesamt 308 Mio.. Gleichzeitig sinkt die Zahl von jenen, die den ÖPNV nutzen. Das Angebot ist weit entfernt von zeitgemäß (BOGESTRA wird zum Sanierungsfall). Die Lage gerät zunehmend außer Kontrolle. Die Stadtwerke sind in der Vergangenheit durch Fehlinvestitionen aufgefallen, die die Stadt insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet hat (Führungswechsel bei den Stadtwerken).

Wie konnte es zu den Fehlentscheidungen bei den städtischen Unternehmen kommen?

Es fragt sich, wie konnte und kann das passieren? Gesellschafter der städtischen Unternehmen ist die Stadt und damit die Bürgerinnen und Bürger, sie sind quasi die Aktionäre von Unternehmen wie Stadtwerken, BOGESTRA, USB, VBW, WEG und SBO. 

Die Stadtpolitiker und -politikerinnen wurden gewählt, die Unternehmensführung zu überwachen und zu beraten. Die Mitglieder des Rates sollen sicherstellen, dass die Unternehmen im Sinne der Menschen arbeiten, die in der Stadt leben und nicht in wirtschaftliche Schieflage geraten. Wie die genannten Beispiele zeigen, gelingt das zu oft nicht. Unternehmerische Fehlentscheidungen bleiben unerkannt und werden nicht vorausschauend verhindert. Drohendes Unheil wird nicht rechtzeitig abgewendet. Die Unternehmensführungen arbeiten weitgehend ohne wirksame politische Kontrolle.

Das hat insbesondere drei Gründe:

  • Den Mitgliedern des Stadtrates fehlen Rechte, die eine effektive Kontrolle ermöglichen.
  • Die Strukturen der Kontrollgremien verhindern eine wirkungsvolle Kontrolle.
  • In den Kontrollgremien fehlt die notwendige Kompetenz für eine sachdienliche Überwachung und Beratung der Unternehmensführung.

Regelmäßig erfolgt die Kontrolle der städtischen Unternehmen allein durch die Aufsichtsräte, im Ausnahmefall, bei der SBO Senioreneinrichtungen Bochum gGmbH, gibt es noch eine Gesellschafterversammlung.

Welche Kontrollmöglichkeiten hat der Stadtrat?

Bürgerinnen und Bürger wählen die Mitglieder des Stadtrates, als ihre Vertreter und Vertreterinnen in den Stadtrat. Doch im Rat werden nur wenige grundlegende Entscheidungen, die die städtischen Unternehmen betreffen, getroffen. Der Stadtrat trifft insbesondere Beschlüsse über Jahresabschluss und Wirtschaftsplan, die Besetzung der Geschäftsführungs- und Vorstandsposten sowie Entscheidungen, mit denen die Struktur der Unternehmen grundlegend verändert werden soll, z.B. Kauf und Verkauf von Tochtergesellschaften oder Satzungsänderungen. An den strategischen unternehmensinternen Entscheidungen insbesondere über die Entwicklung des Unternehmens sowie den wesentlichen Investitions- und Finanzentscheidungen ist der Stadtrat dagegen nicht beteiligt.

Dafür wählt der Stadtrat Mitglieder des Stadtrates in die Aufsichtsräte der städtischen Unternehmen. Diese haben die Aufgabe die Unternehmensführung zu beraten und die Unternehmensentscheidungen zu überwachen bzw. die Unternehmen im Sinne der Stadt mit zu lenken.

Welche Defizite bestehen in den Aufsichtsgremien?

Ämterhäufung – Bei allen großen und wichtigen städtischen Unternehmen ist der Oberbürgermeister der Aufsichtsratsvorsitzende. Fraglich ist schon, ob es einer einzige Person neben seiner Tätigkeit als Chef der Stadt und Stadtverwaltung möglich ist, noch in 33 weiteren Gremien Funktionen als Mitglied oder Vorsitzender so umfassend und tiefgehend auszufüllen, wie es nötig wäre (WAZ vom 04.04.25).

Fehlendes Gewicht im Aufsichtsrat – Auch sitzen in den Aufsichtsratsgremium nicht nur die Vertreter und Vertreterinnen der Bürger und Bürgerinnen, sondern zusätzlich Vertreter und Vertreterinnen der Beschäftigten, das sind bei den Stadtwerken 5 von 15, bei der BOGESTRA 6 von 12 und bei der SBO 3 von 9 Mitgliedern. Obwohl eigentlich die Bedürfnisse der Menschen, die in der Stadt leben im Mittelpunkt der Tätigkeit der städtischen Unternehmen stehen sollten, sind es bei städtischen Unternehmen nicht selten eher die Interessen der Beschäftigten.

So sind im ÖPNV und bei der BOGESTRA höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen ständig ein Thema, ein metropolengerechter Ausbau des ÖPNV, eine Ausweitung des Liniennetzes, besserer Service oder ein kundenfreundliches Ticket- und Fahrpreissystem dagegen offensichtlich nicht, sonst sähe das ÖPNV-Angebot in Bochum, Gelsenkirchen, Witten und dem Ruhrgebiet anders aus. Bei einem zwischen städtischen Gesellschaftern und Beschäftigten paritätisch besetzten Aufsichtsrat ist eine andere Prioritätensetzung allerdings auch kaum zu erwarten.

Fehlende Kompetenzen – Hinzu kommt, dass vielen Mitgliedern der Aufsichtsräte, die die Politik entsendet, nötige fachliche Kompetenzen fehlen, die unverzichtbar sind, um die Unternehmensführung wirksam kontrollieren oder gar beraten zu können.

Eine Berufsausbildung als Psychotherapeutin oder Maschinenschlosser z.B. befähigt nicht, die komplexen wirtschaftlichen, juristischen und finanziellen Grundlagen der Unternehmensführung der BOGESTRA nachvollziehen und bewerten zu können. Auch ermöglichen es diese Ausbildungen nicht, sich mit den Besonderheiten im Geschäftsfeld der BOGESTRA, dem öffentlichen Personennahverkehr auszukennen. Das bedeutet, im Ergebnis bringen nur maximal vier von zwölf Mitgliedern des Aufsichtsrats der BOGESTRA, jene Qualifikationen mit, die zur Ausübung eines Amtes im Aufsichtsrat zum Wohle der Stadt eigentlich unverzichtbar sind.

Fehlende Kontrollmöglichkeiten – Bedenklich ist auch, dass die Aufsichtsratsgremien überwiegend von den drei großen Parteien (SPD, Grüne und CDU) besetzt werden. Nur vereinzelt sind andere politische Gruppierungen in den Aufsichtsräten vertreten, bei der BOGESTRA beispielsweise gar nicht.

Damit ist eine Kontrolle der Unternehmen durch den gesamten Stadtrat nicht mehr möglich, denn auch ein Akteneinsichtsrecht bezüglich Angelegenheiten der Unternehmen, haben die Mitglieder des Stadtrates, anders als gegenüber der Verwaltung, nicht. Parteien oder Wählergemeinschaften, die nicht in einem Aufsichtsgremium vertreten sind, haben keine Chance an Informationen zu kommen, die für eine Kontrolle erforderlich wären.

Eine effektive Kontrolle ist aktuell nicht möglich

Die Unternehmensführung der städtischen Unternehmen mit nur maximal zwei Hand voll ehrenamtlich tätigen, oft fachlich kaum versierten Kommunalpolitikern und -politikerinnen überwachen zu wollen, die dazu ganz überwiegend aus den Parteien kommen, die auch im Rat die Mehrheit und damit eher begrenztes Interesse an Kontrolle haben, kann nicht funktionieren.

Es ist also nicht verwunderlich, wenn die Aufsichtsräte immer wieder, ohne diese wirklich zu hinterfragen, Verträge und Geschäfte abnicken, die sich am Ende als fatal für die städtischen Unternehmen herausstellen. So ist es bei den Kraftwerks- und Windparkfehlinvestitionen der Stadtwerke ebenso passiert, wie bei den überteuerten Anmietungen der Seniorenheime bei der SBO und dem Fehlkauf von Straßenbahnen (Baureihe NF6D) der BOGESTRA ohne die üblichen Gewährleistungen zu vereinbaren.

Welche Maßnahmen sind nötig, damit die Politik ihre Kontrollaufgabe erfüllen kann?

Eine wirksame Überwachung und Beratung, wie vom Gesetzgeber eigentlich vorgesehen, wird erst möglich, wenn die Aufsichtsgremien so organisiert werden, dass sie den Mitgliedern die Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglicht. 

Das bedeutet, die Aufsichtsgremien von städtischen Unternehmen und Einrichtungen mit mehr als 200 Beschäftigten sollten nach folgenden Anforderungen organisiert werden:

  • Es sollte jeweils ein Aufsichtsrat wie eine Gesellschafterversammlung eingerichtet werden.
  • Ein Aufsichtsrat sollte mindestens 15 Mitglieder besitzen, davon maximal ein Drittel Arbeitnehmervertreter bzw. -vertreterinnen.
  • In der Gesellschafterversammlung sollte jede Fraktion des Stadtrats vertreten sein, sowie ein Vertreter oder eine Vertreterin für alle übrigen im Rat vertretenen politischen Gruppierungen.
  • Das Akteneinsichtsrecht der Ratsmitglieder und Fraktionen sollte sich ebenfalls auf die städtischen Unternehmen erstrecken.
  • Die im Rat vertretenen Parteien und Wählergruppierungen verpflichten sich, für Aufsichtsgremien der großen städtischen Unternehmen nur Personen zu benennen, die berufliche Qualifikationen in juristischer bzw. wirtschaftlicher Hinsicht nachweisen können, vertiefte Erfahrungen in Sachen Unternehmensführung besitzen oder über besondere Kompetenzen aus dem Bereich verfügen, in dem das Unternehmen tätig ist.
  • Der Oberbürgermeister bzw. die Oberbürgermeisterin sollte nur eine begrenzte Zahl Aufsichtsmandate ausüben. Möglich wäre z.B. eine Begrenzung auf fünf Mandate.
17 Apr.

Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant

Nach aktuellem Stand werden 41% der laufenden 100 städtischen Bauprojekte teurer, 75% werden später fertig als geplant. Die Kostensteigerungen summieren sich auf 80,4 Mio. Euro, die Terminüberschreitungen auf 125 Jahre. Ein untragbarer Zustand, die Stadt Bochum braucht endlich ein funktionierendes Projektmanagement.

Jedes Quartal erstellt die Stadt eine Liste der laufenden Bauprojekte mit einem Bauvolumen von über 1 Mio. Euro. In dieser Auflistung werden die Kostensteigerungen und Bauzeitenverzögerungen angegeben. Die aktuelle Liste für das 4. Quartal 2022, wurde mit dem “Bericht zum Bauprojektcontrolling” gerade veröffentlicht (Bericht zum Bauprojektcontrolling). Die STADTGESTALTER haben die angegeben Daten ausgewertet.

Kostensteigerungen und Verspätungen sind eher die Regel als die Ausnahme

Die Bauprojekte tragen die Nummern 1 bis 107. Ein Projekt mit der Nummer 23 fehlt jedoch. Dazu wurden 6 Projekte neu in die Liste aufgenommen, für die aber noch ein Ratsbeschluss fehlt und die noch nicht begonnen wurden. Entsprechend wurden von den STADTGESTALTERn 100 Bauprojekte in der Größenordnung über 1 Mio. Euro, vom Brückenbau über Schulneubauten und -sanierungen bis Straßenumgestaltungen analysiert.

Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant

Das Ergebnis der Analyse ist verheerend. Bereits jetzt steht fest, die laufenden Bauprojekte werden 80,4 Mio. Euro teurer als geplant. Kostensteigerungen sind schon bei 41% der Bauprojekte festzustellen. Dabei laufen alle Projekte noch und bei vielen wurde noch nicht mit dem Bau begonnen, sie befinden sich noch in der Planungsphase. Also ist im Lauf der nächsten Jahre bei einer erheblichen Zahl weiterer Projekte mit zusätzlichen deutlichen Kostensteigerungen zu rechnen.

Bemerkenswerte 800.000 Euro mehr als geplant, muss die Stadt schon heute im Schnitt für jedes Bauprojekt ausgeben. Geht man von den vor Aufnahme der Planung von der Stadt geschätzten Ur-Kosten aus, sind es sogar 1,15 Mio. Euro/ Projekt. Bei einem Anteil von 14 % der Bauprojekte liegt die Kostensteigerung schon heute bei über 50%, bei 3% der Projekte sogar bei über dem Doppelten der geplanten Kosten.

Terminabweichungen bei städtischen Bauprojekten

Bei der Einhaltung der Zeitrahmen sieht es noch schlimmer aus: Nur ein Viertel der Projekte ist noch im Zeitplan. 32 % der Projekte dauern ein Jahr und länger als geplant, 14% sogar 1.000 Tage und noch länger. Ein Terminmanagement scheint bei der Stadt nicht zu existieren. Die Summe der Terminüberschreitungen bezogen aus alle 100 Projekte beläuft sich auf unglaubliche 125 Jahre. Im Schnitt dauert jedes der Projekte schon heute 1 Jahr und 3 Monate länger als geplant. Auch hinsichtlich der Terminüberschreitungen ist angesichts der vielen Projekte, die sich noch gar nicht in der Bauphase befinden, noch mit deutlichen Erhöhungen zu rechnen.

Ursachen der Kosten- und Terminüberschreitungen

Terminüberschreitungen haben in der Regel Kostensteigerungen zur Folge. Gelang es beispielsweise nicht die alte Buselohbrücke während des Baus der neuen Brücke abzureißen, so soll sie jetzt erst abgerissen werden, wenn für die neue Lohringbrücke der Bahnverkehr ohnehin gesperrt werden muss. Das bedeutet eine Verzögerung des Abrisses um mindestens acht Jahre. Bei Baupreissteigerungen von 3 bis 8% im Jahr, wird ein Abriss der Brücke bei acht Jahren Verspätung voraussichtlich 24 bis 64% teurer als geplant.

Andere Gründe für Kostenüberschreitungen zeigt das Beispiel des Neubaus der Feldsieper Schule. Hier soll eine 3-zügige Grundschule neu entstehen. Ein Standard-Bauprojekt, wie es in vielen Städten und Gemeinden jedes Jahr umgesetzt wird. Die Stadt veranschlagte für den Bau ursprünglich 12.3 Mio. Euro, mittlerweile liegen die von der Stadt kalkulierten Kosten bei 23 Mio. Die Maßnahme wurde 2017 beschlossen. Später stellte sich heraus, dass man bei den Kostenkalkulationen einige wesentliche Kostenfaktoren nicht berücksichtigt hatte: Ein modernes pädagogisches Unterrichtskonzept, Klimaschutzmaßnahmen, die Kosten für die Ausstattung/Einrichtungsgegenstände, Kosten für Stellplätze, eine separate Zuwegung und eine Feuerwehrzufahrt, sowie die Kosten für den Abbruch der Bunkeranlage (Deckungsgraben), die auf dem Gelände stand, auf dem die neue Schule erbaut werden soll (Anlage 2: Erläuterung von Abweichungen).

Es fragt sich, wie konnte es passieren, dass solche wesentlichen Kostenbestandteile bei der Projektplanung unberücksichtigt blieben? Welches Unterrichtskonzept eine Schule im neuen Gebäude verfolgt, sollte vor der Projektplanung festgelegt worden sein, ebenso auf welche Weise Zufahrt, Zuwegung und das Parken organisiert werden soll. Dass eine neue Schule neu eingerichtet und ausgestattet werden muss, sollte ebenfalls bekannt sein. Ebenso hätte auffallen müssen, dass vor dem Bau der Schule der Abriss der alten dort bisher befindlichen Bunkeranlage erforderlich ist und dass die Beseitigung dieser Anlage zusätzliche Kosten verursachen wird. Weniger vorhersehbar war gegebenenfalls, in welchem Maße im Laufe der Jahre der Anspruch an den Bau hinsichtlich der zu realisierenden Klimaschutzmaßnahmen steigen würde. Wenn auch schon 2017 Geothermie, Photovoltaik und Dachbegrünung bei städtischen Neubauten eine Selbstverständlichkeit hätten sein sollen und die städtischen Klimaschutzpläne diese vorschlugen, so war die tatsächliche Umsetzung entsprechender Maßnahmen 2017 politisch eher unverbindlich gewünscht, aber leider noch nicht verbindlich gewollt.

Bisher fehlt der politische Wille für ein professionelles Projektmanagement

Kostensteigerungen bei städtischen Bauprojekten sind also im Wesentlichen auf das Fehlen eines professionell organisierten städtischen Projektmanagements zurück zu führen (BOGESTRA und Stadt brauchen ein funktionierendes Projektmanagement). Die Berichte zum städtischen “Baucontrolling” zeigen, dieses Versäumnis kostet die Stadt mindestens 20 Mio. Euro im Jahr.

Die Opposition im Rat beklagt diesen Umstand seit Jahren (Stadt verliert Kontrolle über Bauprojekte). Doch die Mehrheitskoalition aus SPD und Grünen verhindert im Stadtrat ebenso lange Untersuchungen, um herauszufinden aus welchen Gründen es zu den massiven Kosten- und Terminüberschreitungen kommt und wie diese abgestellt werden können. Sämtliche Anträge zur Prüfung von Kostenexplosionen bei städtischen Bauprojekten wurden in den letzten Jahren von Rot-Grün abgelehnt:

Eigentlich ist es gemäß Gemeindeordnung Aufgabe der Fraktionen im Stadtrat die Verwaltung zu beaufsichtigen und zu kontrollieren (§ 55 GO NRW – Kontrolle der Verwaltung), SPD und Grüne in Bochum sehen ihre Aufgabe aber eher darin, jegliche Kontrolle von offensichtlich schlecht organisierten Verwaltungsabläufen sowie der dafür verantwortlichen Ämter und Dienste zu verhindern. Im Sinne der Menschen, die in der Stadt leben, wäre es dagegen, unnötige Kostensteigerungen, finanzielle Belastungen und die daraus resultierende Verschuldung der Stadt zu unterbinden.

Ziel: Kostensteigerungen halbieren, termingerechte Fertigstellung bei 75% der Bauprojekte

Ziel sollte es sein die Kostensteigerungen mindestens zu halbieren. Zudem sollten zukünftig mindestens 75% der Bauprojekte im vorgegebenen Zeitrahmen fertig gestellt werden. Dieses Ziel lässt sich nur mit einem professionellen Projektmanagement erreichen. Der aktuelle Zustand ist sowohl hinsichtlich der Kosten wie der übermäßigen Bauverzögerungen untragbar und den Bürgerinnen und Bürgern nicht weiter zuzumuten. Es wird höchste Zeit, dass SPD und Grüne ihren Widerstand aufgeben ein wirksames Projektmanagement zur effizienten Steuerung und Kontrolle der städtischen Bauprojekte einzuführen.

03 Apr.

Bochum fehlt Umsetzungsregister für Beschlüsse des Rates und der Bezirksvertretungen

Viel zu viele Ratsbeschlüsse in Bochum werden zu langsam oder gar nicht umgesetzt. Es fehlt die notwendige Kontrolle und Aufsicht der Stadtverwaltung durch die Politik. Ein erster Schritt die Situation zu verbessern wäre die Einführung eines Umsetzungsregisters für Beschlüsse des Rates und der Bezirksvertretungen.

Die vom Rat beschlossenen Maßnahmen aus den Klimaschutzkonzepten werden nur teilweise umgesetzt. So gibt es  die Smartkarte mit der ÖPNV und Mobilitätsleistungen in Anspruch genommen werden sollten und die mit dem Klimaschutzteilkonzept Verkehr 2014 beschlossen wurde, bis heute nicht. Über Schulwegpläne verfügt immer noch kaum eine Bochumer Schule, obwohl diese der Rat bereits 2010 beschlossen hat. Das Radverkehrskonzept 1999 wurde bis heute nur in Ansätzen realisiert. Immer wieder beschweren sich auch die Bezirksvertretungen, dass Beschlüsse von der Verwaltung nicht umgesetzt oder verschleppt werden. Zuletzt in Höntrop bei der Kreuzung Alte Post/Westfälische Straße (WAZ vom 28.03.22).

Bochum braucht Umsetzungsregister für Ratsbeschlüsse

Entsprechend beabsichtigen die STADTGESTALTER dem Rat ein Umsetzungsregister für Ratsbeschlüsse vorzuschlagen, indem jeder Ratsbeschluss eintragen wird und jährlich vermerkt, wird wie weit die Umsetzung durch die Verwaltung fortgeschritten ist.

Keine effektive Kontrolle und Aufsicht der Stadtverwaltung durch die Politik

Eigentlich besteht aber ein viel grundsätzlicheres Problem, es fehlt wie in vielen Gemeinden auch in Bochum eine effektive Kontrolle und Aufsicht der Stadtverwaltung durch die Politik wie diese die Gemeindeordnung vorsieht (§55 GO-NRW Kontrolle der Verwaltung). Vielmehr bestimmt viel zu oft die Verwaltung die Stadtpolitik und nicht die politischen Fraktionen im Rat und der Bezirksvertretungen. Den ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen fehlt häufig das Fachwissen um die Aussagen der Verwaltung kritisch hinterfragen zu können. Entsprechend werden in den Verwaltungen die politischen Gremien nicht ernst genug genommen. Millionenteure Verlustprojekte wie die Beteiligung an der STEAG oder Cross-Border-Leasing waren in Bochum nur möglich, weil es im Stadtrat an politischen Vertreter*innen mit dem zur Beurteilung solcher Projekte nötigen Sachverstand fehlte.

Die beständig auftretenden exorbitanten Kosten- und Zeitüberschreitungen bei städtischen Bauprojekten zeigen, dass der Stadtrat nicht in der Lage ist, die Verwaltung zu einem funktionierenden Projektmanagement zu verpflichten. Immer wieder wird die Politik von der Verwaltung zum Beschluss von vermeintlich günstigen Bauprojekten verleitet, die schließlich nicht selten um ein Vielfaches teurer werden und die die Ratsmitglieder nicht beschlossen hätten, hätten sie beim Beschluss die wahren Kosten und Kostenrisiken gekannt. Auf der anderen Seite werden Kosten von der Verwaltung bewusst massiv aufgebauscht, um andere Projekte zu verhindern. Dies konnte man in Bochum zuletzt bei der Kostenschätzung für den RadEntscheid erleben (Verwaltung frisiert Kostenschätzung zum RadEntscheid). Auf diese Weise entscheidet am Ende allein die Verwaltung, was in der Stadt passiert und die Politik tut, was die Verwaltung ihr vorgibt.

Lenkung von Ratsentscheidungen durch die Verwaltung

Auch hat eigentlich der Rat zu entscheiden, wie beispielsweise die Ausarbeitung und Entwicklung eines Schwimmbadkonzept für die ganze Stadt inklusive Bürgerbeteiligung erfolgen soll. Tatsächlich überlässt man das in Bochum der Verwaltung, dem Oberbürgermeister und einer städtischen GmbH wie den Wasserwelten. Auf diese Weise gestaltet nicht mehr die Politik im Stadtrat den Entscheidungsablauf, sondern die Verwaltung. Die Politik wird zum bloßen Spielball in dem Verfahren, das die Verwaltung kontrolliert. Die Verwaltung trifft letztlich die wesentlichen Vorentscheidungen, insbesondere über welche Lösungsalternativen die Politik abstimmen darf und über welche nicht. Auf diese Weise wird der eigentliche Entscheidungsspielraum der Politik immer wieder unangemessen eingeschränkt.

Ganz besonders deutlich wird diese Vorwegnahme von Entscheidungen, wenn die Verwaltung der Politik, wie etwa bei der Trassensuche zum Radschnellweg durch die Innenstadt nur noch eine einzige Lösungsvariante zum Beschluss vorlegt und damit der Politik faktisch gar keinen Entscheidungsspielraum mehr zwischen mehreren Alternativen lässt. Wenn die Verwaltung schon alle ihr nicht genehmen Lösungsvorschläge vor der Entscheidung des Rates vorab aussortiert hat, muss sie im Rat auch keine Diskussion und Entscheidung über bzw. für Varianten befürchten, die ihr nicht gefallen. In diesem besonders auffälligen Fall, z.B. Diskussionen über eine der 14 vom Gutachterbüro zwar am besten bewerteten aber von der Verwaltung vorab aus dem Entscheidungsverfahren entfernten Lösungsalternativen.

Der Einsatz von Gutachtern um Entscheidungen zu lenken

Dass die Verwaltung nicht politisch unabhängig agiert, zeigt sich auch, wenn sie bewusst einseitig vorbefasste Gutachter auswählt, bei denen sie von vornherein sicher sein kann, dass diese das Vorhaben in der Weise stützen, wie sich die Verwaltung das vorstellt. Will die Verwaltung ein Bürgerbegehren wegen mangelnder Zulässigkeit ablehnen, sucht sie sich keinen unabhängigen Gutachter, sondern genau den, von dem sie weiß, dass er in ähnlich gelagertem Fall bereits ein Gutachten mit gewünschtem Ergebnis, also die Unzulässigkeit festzustellen, verfasst hat. In Bochum so geschehen beim  Bürgerbegehren RadEntscheid, wo praktischer Weise der Gutachter auch noch das gleiche Parteibuch sein Eigen nannte wie Oberbürgermeister und die Mitglieder einer der beiden Mehrheitsfraktionen.

Will die Verwaltung, dass die Politik in einer bestimmten Weise entscheidet, nutzt sie das mangelnde Fachwissen der Kommunalpolitiker*innen im Stadtrat aus und beauftragt den Gutachter, der das von ihr gewünschte Ergebnis unterstützt. Das macht es den Politiker*innen schwierig eine andere Position zu vertreten, denn selbst ein Gutachten beauftragen können die Ratsmitglieder auf die Schnelle in der Regel nicht. Mit eigenem Fachwissen die Ergebnisse der Gutachten bestreiten ist vielen aufgrund fehlender Fachkompetenzen nicht möglich.

Verwaltung bestimmt defacto die Stadtpolitik nicht der Stadtrat

Die Macht in den Gemeinden, also auch in Bochum, geht somit immer weniger von den Repräsentant*innen der Bürger*innen in den Stadträten aus, sondern hat sich auf die Verwaltung verlagert. Es kommt zu einer Dominanz von Verwaltung und Mehrheitsfraktionen, die vom Bundesverfassungsgericht auch als „Neuer Dualismus“ bezeichnet wird. Nicht der gesamte Stadtrat kontrolliert die Verwaltung (alter Dualismus), sondern die Mehrheitsfraktionen und die Verwaltung stehen auf der einen Seite und die Opposition auf der anderen. Bei der Mehrheitsfraktionen besteht kaum mehr Interesse die Verwaltung zu beaufsichtigen und zu kontrollieren. Nur noch die Opposition sieht dies als ihre Aufgabe. Das ist auch in Bochum festzustellen, wenn die Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen konsequent verhindern, dass das Rechnungsprüfungsamt den Ursachen für die massiven Kostenüberschreitungen bei Bauprojekten wie Husemannplatz oder den Kanalbauprojekten auf den Grund geht und entsprechende Anträge aus der Opposition immer wieder ablehnt.

Verwaltung reagiert gereizt auf Kritik aus dem Stadtrat

Gerne versucht die Verwaltung auch jede grundlegende Kritik an ihrer Arbeit zu unterbinden, in dem sie, wie der Oberbürgermeister zuletzt in der Ratssitzung vom 01.04.22, darauf verweist, dass der Rat Teil der Verwaltung sei. Entgegen der Auffassung des Oberbürgermeisters ist der Stadtrat zwar Teil der Exekutive der Gemeinde, aber nicht Teil der Verwaltung. Wie schon ausgeführt, ist es gemäß §55 GO-NRW (Kontrolle der Verwaltung) seine Aufgabe die Verwaltung zu kontrollieren und die Durchführung seiner Beschlüsse zu überwachen.

Es mag wünschenswert sein, dass der Rat Kritik an der Verwaltung zunächst intern äußert und darauf verzichtet rechtlich gegen die Verwaltung vorzugehen. Das ist aber nur möglich, wenn die Verwaltung vom Rat beschlossenen Maßnahmen auch konsequent und zeitnah umsetzt und dem Rat Beschlüsse unvoreingenommen zur Entscheidung überlässt, ohne diese bereits in eine der Verwaltung genehme Richtung zu lenken. Sofern das regelhaft nicht passiert, ist öffentliche, scharfe Kritik ebenso gerechtfertigt wie der Gang vor Gericht, um eine rechtlich einwandfreie Behandlung von Angelegenheiten durchzusetzen. Der Verwaltung wie dem Oberbürgermeister sollte klar sein, dass die fortlaufende Negierung von Ratsbeschlüssen wie die unangemessene politische Einflussnahme der Verwaltung auf die zur Abstimmung gestellten Entscheidungsoptionen von all jenen Ratsmitgliedern als respektlos empfunden wird, die ihre Aufgaben im Rat ernst nehmen. Diese reagieren auf solches Verhalten somit auch entsprechend unmissverständlich.