11 Jun

Neue Bäder in Linden und Höntrop müssen klimaneutral sein

Die Bochumer Bäder werden neu gebaut bzw. grundlegend saniert und modernisiert. Geschieht dies nach bisher üblichem Standard, würden die Hallen-, Freibäder und Lehrschwimmbecken fast 40 Gigawattsunden Energie pro Jahr verbrauchen, das entspricht dem Energiebedarf von 3.130 Bochumer Haushalten

Angesichts dem 2019 vom Stadtrat ausgerufenen Klimanotstands und im Hinblick auf das Ziel der Stadt, bis 2035 klimaneutral zu sein, ist unumgänglich, dass die neuen Bäder in Linden und Höntrop klimaneutral gebaut und betrieben werden und alle weiteren Bäder und Lehrschwimmbecken bis 2035 so saniert und umgerüstet werden, dass mit ihrem Betrieb kein Ausstoß von Treibhausgasen mehr verbunden ist. Bei herkömmlicher Bauweise würden sonst allein durch die städtischen Bäder fast 14.000 t CO2 pro Jahr freigesetzt.

Städtische Bäder: 39.351 MWh Energiebedarf für Wärme und Strom

Nach dem Bäderkonzept der Bochumer WasserWelten soll die Wasserfläche in den Hallenbädern auf 3.434 qm ansteigen, 7.344 qm Wasserfläche in Freibädern soll erhalten bleiben. Dazu kommen 1.04.047 qm Wasserfläche für Lehrschwimmbecken. Bei Wassertemperaturen von 28°C und einer Raumlufttemperatur von 32°C ergibt sich für Hallenbäder ein Wärmebedarf von 6 kWh pro qm Wasserfläche, bei Freibädern von 0,7 kWh/qm sowie ein Strombedarf von 1,5 kWh/qm bzw. 0,175 kWh/qm (Wirtschaftliche Energieversorgung von Hallenbädern). Legt man diese Zahlen zugrunde, ergibt sich bei herkömmlicher Bauweise für alle Bochumer Hallen- und Freibäder bzw. Leerschwimmbecken insgesamt ein Energiebedarf für Wärme und Strom von 39.351 MWh.

Strom- und Wärmebedarf Bochumer Bäder

Lösung Teil1: Passivenergiehausstandard

Moderne Schwimmbäder können im Passivhaustandard gebaut werden. Dadurch kann der Wärmebedarf um 67% der Strombedarf 43% gesenkt werden (Hallenbad in Lünen zählt zu den energetisch sparsamsten in Europa). Übertragen auf Bochum verbliebe ein Gesamtenergiebedarf von 14.875 MWh (Wärme: 10.389 MWh, Strom: 4.486 MWh). Um alle Bäder klimaneutral zu betreiben, müsste diese verbleibende Energie zu 100% klimaneutral erzeugt werden.

“H2-ready“-Gasheizsysteme sind keine Lösung

Das sieht der Plan der Stadtwerke allerdings nicht vor, die WasserWelten schreiben zum Neubau des Schwimmbades Linden: “Teil der Modernisierung ist zudem ein innovatives Energiekonzept. Nach der Dämmung der Gebäudehülle sorgen künftig Wärmepumpen, die über eine PV-Anlage auf dem Dach des Hallenbades betrieben werden, sowie ein H2-ready Blockheizkraftwerk (BHKW) und eine Solarabsorber-Anlage für eine effiziente und klimafreundliche Energieversorgung.” (WasserWelten Bochum bauen nachhaltiges Hallen- und Naturfreibad in Linden). Im Wesentlichen basiert das Energiekonzept der Wasserwelten somit weiterhin auf der Verbrennung von Gas.

Das ist, anders als die Wasserwelten schreiben, aber weder innovativ noch nachhaltig. “H2-ready”-Gasheizsysteme sind bisher nichts weiter als ein Werbegag. Verbraucherschützer warnen vor solchen Angaben und entlarven sie als Verbrauchertäuschung (Spiegel vom 15.04.23): De facto könnten viele der “H2-ready”-Gasheizsysteme noch nicht einmal ausschließlich mit Wasserstoff befeuert werden, sondern lediglich mit einer Beimischung von maximal 20 bis 30 Prozent. Die Wissenschaft ist sich einig, “dass Wasserstoff für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors aufgrund der marginalen Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff auch in 2030, gegebenenfalls sogar auch noch in 2045 kaum eine Bedeutung haben wird”.

Auch die Versorgung der Bäder mit Wasserstoff wäre eine Herausforderung. Ein Wasserstoffnetz, wie das bestehende Gasnetz wird es auch in absehbarer Zukunft nicht geben. Der Wasserstoff müsste also mit Tankwagen angeliefert und in Tanks bei 300 bis 700 bar Druck gelagert werden. Diese Versorgungseinrichtungen müssten später an den einzelnen Badstandorten mit entsprechendem Kostenaufwand nachgerüstet werden.

Und wenn Wasserstoff statt Gas zur Wärmegewinnung eingesetzt wird, dann wird es richtig teuer. Denn benötigt man bei der Wärmeerzeugung mit einer Wärmepumpe eine Kilowattstunde Strom um drei Kilowattstunden Wärme zu erzeugen., braucht man, um ein Kilogramm Wasserstoff zu erzeugen, 53 kWh Strom und entstehen bei der Verbrennung eines Kilogramms Wasserstoff 33 kWh Wärme. In der Gesamtbilanz ist der Strombedarf für die Erzeugung einer Kilowattstunde Wärme mittels Wasserstoffes (53 kWh Strom für 33 kWh Wärme) also fast fünfmal höher als bei der Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen (11 kWh Strom für 33 kWh Wärme).

Szenarien Kosten Energie 2035

Übertragen auf die zukünftige Bochumer Bäderlandschaft ist die Erzeugung der Wärme mittels Wasserstoffes und Gas 2,6- bis 2,8-mal teurer als die mit Wärmepumpen und Geothermie. Pro Jahr entspricht das höheren Energiekosten von 1,1 bis 1,3 Mio. Euro im Jahr. In 30 Jahren, der Lebensdauer eines Heizsystems, kommt für die Stadt auf diese Weise eine Mehrbelastung von 33 bis 39 Mio. Euro zusammen.

Eine Wärmeerzeugung mittels “H2-ready”-Gasheizsystemen ist also nicht nur im Hinblick auf die von der Stadt verfolgten Klimaneutralität, sondern auch in ökonomischer Hinsicht  keine sinnvolle Lösung für die Bochumer Bäder.

Lösung Teil 2: Geothermie

Die bessere Alternative ist auch für die Bochumer Bäder Geothermie (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft).

Aber welche Potenziale bestehen an den Badstandorten hinsichtlich der Erzeugung von Wärme mittels Geothermie? Zu betrachten wären dabei zunächst die beiden Schwimmbäder in Linden und Höntrop, die in den nächsten Jahren neu gebaut werden sollen sowie das Hallenbad in Langendreer, das parallel grundlegend saniert werden soll:

Hallenfreibad Linden – Nur 1.200 Meter vom Schwimmbad in Linden, betreibt die RAG auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Friedlicher Nachbar eine von sechs Grubenwasserentnahmen im Ruhrgebiet. 6,6 Mio. Kubikmeter 20-22°C warmes Wasser wird dort pro Jahr aus der Tiefe gepumpt. Dieses Wasser könnte mit relativem geringem Energieaufwand mit einer Wärmepumpenanlage auf die im Bad erforderlichen Temperaturen erhitzt werden. Mit Grubenwasser, das auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Robert Müser an die Oberfläche gepumpt wird, wird neben anderen Gebäuden bereits die Hauptfeuerwache in Werne geheizt.

Hallenbad Höntrop – In direkter Nähe zu diesem Bad bestehen gleich mehrere aufgegebene Bergwerkstandorte. Im Bereich des Bades vorhandene oberflächennahe Schächte könnten genutzt werden, um in diese mittels Solarthermie im Sommer aufgeheiztes Wasser zu pumpen, das im Winter genutzt werden kann den Wärmebedarf zu decken. Eine weitere Möglichkeit besteht darin. in der Tiefe bereits vorhandenes warmes Grubenwasser zur geothermischen Nutzung an die Oberfläche zu pumpen, so wie das auf Mark 51.°7 derzeit umgesetzt wird. Eine dritte Möglichkeit wäre die Nutzung von Agrothermie. Dabei wird Wasser über Erdwärmekollektoren unter den umliegenden Felder vorgewärmt.

Hallenbad Langendreer – Am Rande des Geländes enden die Schächte der ehemaligen Zeche Urbanus. Auch hier käme also eine geothermische Nutzung in Betracht.

In allen Fällen könnte mit Hilfe von Erdwärmesonden oder Erdwärmekollektoren vorgewärmtes Wasser genutzt werden, dass dann mittels Wärmepumpen weiter erhitzt wird.

Die klimaneutrale energetische Versorgung der Freibäder ist deutlich einfacher, da diese nur wenige Monate im Sommer geöffnet sind, in denen sich relativ leicht Energie mit Hilfe der Sonne erzeugen lässt (Beispiel Warmfreibad Körperich).

Klimaneutrale Bäder sind ein wichtiger Schritt zur Klimaneutralität der Stadt bis 2035

Insgesamt ergibt sich damit: Die neu zu bauenden Bäder in Linden und Höntrop sollten nach Passivenergiehausstandard geplant und errichtet werden. Der verbleibende deutlich geringere Strom- und Wärmebedarf sollte ausschließlich aus erneuerbaren Quellen (Solartherme, Geothermie, 100% Biogas, Photovoltaik) gedeckt werden. Bei allen weiteren Bädern wäre im Zuge der fortlaufenden energetischer Modernisierung bis 2035 Klimaneutralität herzustellen.

Angesichts des vom Stadtrat 2019 ausgerufenen Klimanotstands und um das Ziel der Stadt, bis 2035 klimaneutral zu sein, zu erreichen, erscheint keine andere Vorgehensweise möglich.

Damit wäre Bochum 2035 die erste deutsche Großstadt, in der alle städtischen Bäder klimaneutral betrieben würden. „Die Schaffung der ersten klimaneutralen städtischen Bäderlandschaft Deutschlands“, könnte daher Kernaktivität der Bochum-Strategie werden.

23 Mai

Klimaneutralität bis 2045 – Ohne drastische und unbequeme Maßnahmen kaum zu schaffen

Verfassungsgericht und Bundesregierung haben eine unverrückbare Vorgabe gemacht: Klimaneutralität ist bis 2045 zu erreichen. Das gilt auch für Bochum. Damit ist der Plan von Rot-Grün gescheitert, die wesentlichen Klimaschutzmaßnahmen nachfolgenden Generationen aufzubürden. Doch wie will Bochum in nur 24 Jahren Klimaneutralität erreichen, wo bisher in Sachen Klimaschutz kaum Nennenswertes unternommen wurde?

Eigentlich war der Plan von SPD und Grünen in Sachen Klimaschutz die Füße still zu halten und zu hoffen, das Problem würde sich von allein erledigen. Entsprechend hatte die Stadt sich im Energie- und Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2015 das unambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 solle der CO2-Ausstoß der Stadt auf 80% (ggü. 1990) reduziert werden.

Rot-Grün wollte das Problem aussitzen statt zu handeln

Das Kalkül und die Hoffnung waren: Angesichts dessen, dass bis 2014 die CO2-Emissionen in der Stadt aufgrund der Abwanderung von energieintensiven Industriebetrieben wie Outokumpu und Opel ohnehin schon auf 50% gesunken war, würde sich eine Senkung um weitere 30%P voraussichtlich aufgrund der fortschreitenden Deindustrialisierung und des zu erwartenden technischen Fortschritts bis 2050, also in weiteren 36 Jahren, ohne größere städtische Maßnahmen schon von selbst ergeben. Die letzte und schwierigste Senkung von 80 auf 100% Senkung könnte man dann Kindern und Enkeln überlassen und wäre so das Problem für diese Generation los.

Verfassungsgericht und Regierung geben vor: Klimaneutralität bis 2045

Doch das Verfassungsgericht hat jetzt einen Strich durch dieses Ansinnen gemacht. Das Gericht urteilte, es gehe nicht an, dass die nach dem Pariser Klimaschutzabkommen notwendigen CO2-Reduktionen weitgehend in die Zukunft verlagert werden, um die Gegenwart mit politisch mutmaßlich unbequemen, drastischen Maßnahmen zu verschonen. Konkret erklärten die Richter, es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden, „unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde“ (1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20 vom 24. März 2021).

Klimaschutzpolitik in Bochum ist gescheitert. Viel Zeit vertan. Neuanfang bei Null.

Eine schallende Ohrfeige auch für die städtische Klimapolitik von SPD und Grünen, die sich bisher darauf beschränkt hatte, symbolisch und öffentlichkeitswirksam 2019 den Klimanotstand auszurufen, ohne irgendwelche Taten folgen zu lassen.

Zwar hatte man in Bochum bis 2015 viel Papier für Klimaschutzkonzepte vollgeschrieben und dort eine schier endlose Zahl an Maßnahmen werbewirksam angekündigt, doch umgesetzt wurden davon bisher nur die wenigsten (Klimaschutz, viel Papier, wenig Greifbares). Welche Maßnahmen wie mit welcher Wirkung umgesetzt wurden und werden, weiß die Stadt zudem selbst nicht, denn eine geordnete Abarbeitung der Maßnahmen gab es nie. Ein Controlling, mit dem gesteuert und kontrolliert wird, welche Maßnahme sich in welchem Umsetzungsstadium befindet, wurde mangels Interesses an solchen Informationen nie eingerichtet. Klimaschutzpolitik wurde in Bochum immer nur für die Galerie betrieben, ernsthaft etwas für den Klimaschutz zu tun, war nie das Ziel.

Auf diese Weise wurde viel Zeit vertan. Spätestens seit den 90er Jahren war das Klimaerwärmungsproblem und der dringende Handlungsbedarf bekannt. Erst 2009 reagierte die Stadt mit einem wenig ambitionierten Klimaschutzkonzept, dass dann 2015 fortgeschrieben wurde. Das 2-Grad-Ziel wurde bereits Ende der 90er-Jahre formuliert. Ab 2000 hätte eine konsequente städtische Klimapolitik mit dem Ziel Klimaneutralität bis spätestens Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, verfolgt werden müssen. Bis heute, 2021 passierte nichts Nennenswertes (Bochum muss deutlich mehr tun fürs KlimaWas muss Bochum tun, damit die Stadt bis 2040 klimaneutral ist). Über zwei Jahrzehnte wurden vergeudet. Jetzt verbleiben nur noch 24 Jahre um das Ziel zu erreichen, für dessen Erreichung man eigentlich mindestens 45 Jahre Zeit gehabt hätte.

Andere Städte zeigen, dass es auch anders gegangen wäre, hätte die Stadt frühzeitig und ernsthaft das Ziel verfolgt, alles dafür zu tun, kein CO2 mehr zu emittieren. So wird Kopenhagen bereits 2025 klimaneutral sein (Klimaneutral bis 2025 – was die Welt von Kopenhagen lernen kann).

Die unnötige Zeitvergeudung in Bochum hat zur Folge, dass es in der noch verbleibenden stark verkürzten Zeit zu unbequemen, drastischen Maßnahmen kommen muss, um das Ziel zu erreichen. Die Maßnahmen, die SPD und Grüne den nachfolgenden Generationen aufbürden wollten, müssen jetzt noch in unserer Generation umgesetzt werden. Die fehlende Bereitschaft von Rot-Grün rechtzeitig zu handeln hat die Stadt in eine Notlage gebracht. Jetzt muss überstürzt mit riesigem Finanzaufwand in kaum mehr als zwei Jahrzehnten umgesetzt werden, was eigentlich mindestens das doppelte an Zeit benötigen würde. Ein Kraftakt ohne gleichen ist erforderlich, um das vorgegebene Ziel, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.

Was muss jetzt in Bochum in Sachen Klimaschutz dringend geschehen?

In Bochum entfallen 39% des CO2-Ausstoßes auf den Verkehr. 31% auf die Wirtschaft, 28% auf die Haushalte, 2% auf städtische Gebäude. Auf den Anteil, den die Wirtschaft erzeugt, hat die Stadt so gut wie keinen Einfluss, dieser sinkt aber kontinuierlich aufgrund der fortschreitenden Deindustrialisierung und steigendem technologischem Fortschritt.

CO2-Emissionen nach Sektoren, Stadt Bochum

Bei den Haushalten ist der Einfluss der Stadt größer, aber auch begrenzt. Bei der Stromerzeugung kann die Stadt darauf hinwirken, dass die Stadtwerke nur noch klimaneutral erzeugten Strom verkaufen. Bei der Wärmeerzeugung für das Heizen wird es schon schwieriger. Eine Umstellung aller Heizungsanlagen, die heute noch mittels Verbrennung fossiler Brennstoffe funktionieren, insbesondere auf Erdwärmepumpen, Solarthermie und regenerativ erzeugte Fernwärme, kann die Stadt nicht erzwingen. Sie kann die Umstellung nur fördern und beste Voraussetzungen schaffen, dass möglichst viele private Eigentümer*innen sich dafür entscheiden eine solche Umstellung vornehmen.

Im Bereich der Abfallwirtschaft wiederum hat die Stadt die Fäden selbst in der Hand. Es ist nur eine Frage der Zeit bis der bisher von SPD und Grünen abgelehnte von STADTGESTALTERn und FDP vorgeschlagene Plan, Bochum zur “Zero-Waste-City“ zu machen, vom Stadtrat beschlossen wird (Bochum soll “Zero-Waste-City” werden).

Auch bei den städtischen Gebäuden kann die Stadt alle erforderlichen Maßnahmen selbst beschließen, damit auf auf diesem Gebiet bis 2045 Klimaneutralität erreicht wird. Das wird allerdings teuer. Städtische Neubauten können noch recht einfach gleich klimaneutral gebaut werden. Die städtischen Altbauten alle umzurüsten um den Ausstoß von CO2 zu minimieren, wird allerdings ein gigantisches Sanierungsprogramm erfordern. Hier rächt sich, dass man nicht schon seit Jahren möglichst klimaneutral baut. Denn jetzt müssen selbst städtische Gebäude mit hohem Finanzaufwand saniert und umgerüstet werden, die vor nicht mal 10 Jahren gebaut wurden.

Der größte Knackpunkt bei den CO2-Einsparungen stellt der Verkehr dar. Bis 2045 muss der Anteil am Modalsplit bei Radverkehr und ÖPNV erheblich gesteigert werden. Anzustreben wäre, den Anteil beim Rad von 7 auf 25% zu steigern und den des ÖPNV von knapp über 15% auf 30% zu verdoppeln. Damit würde sich der Anteil des Autoverkehrs auf 24% reduzieren. Diesen Anteil ab 2045 mit E-Fahrzeugen zurück zu legen, für die der Strom CO2-neutral erzeugt wird, erscheint realistisch.

Auch sollte es möglich sein in 5-10 Jahren ein komfortables Radwegenetz aus dem Boden zu stampfen, mit dem der Radverkehrsanteil auf 25% gesteigert werden kann. Der Finanzaufwand ist überschaubar. Mit 100 Mio. Euro in 10 Jahren, sollte sich dieses Ziel erreichen lassen.

Beim ÖPNV sieht es anders aus. Planung und Bau von schnellen und leistungsfähigen neuen ÖPNV-Linien ist erheblich teurer und dauert 7-15 Jahre. Damit der Anteil des ÖPNV am Modalsplit bis 2045 verdoppelt werden kann, müssen schon heute die Planungen für ein stark erweitertes ÖPNV-Netz auf den Weg gebracht werden. In diesem Bereich herrscht in Bochum allerdings seit Jahrzehnten Stillstand. Die Bogestra ist bisher an einer Ausweitung des Netzes desinteressiert. Das ÖPNV-Netz der Bogestra basiert bis heute im Kern auf Buslinien, also einem Verkehrsmittel, dass bei den Nutzern, wegen seiner Unzuverlässigkeit, mangelndem Fahrtkomfort und seiner Langsamkeit unbeliebt ist und mit dem man keine neuen Fahrgäste für den ÖPNV gewinnen kann. Die Schaffung eines leistungsfähigen Schnellverkehrsnetzes auf Basis von Straßen-, Stadt- und Seilbahnen wie es in Großstädten sonst üblich ist, ist aufgrund der baulich engen Gegebenheiten in der Stadt jedoch langwierig und mit besonderen Herausforderungen verbunden.

Die Stadt muss den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt quasi neu erfinden und das wird 3-stellige Millionenbeträge kosten. Da in den letzten Jahrzehnten versäumt wurde erste neue Linien zu planen und zu bauen und die dafür verfügbaren Fördermittel (in der Regel 90% der Baukosten) beim Land abzugreifen, müssen jetzt aufgrund des Zeitdrucks viele Neubauprojekt parallel in Angriff genommen werden. Es ist nicht anzunehmen, dass die Stadt für alle Projekte Fördergelder erhält. Weil der Ausbau des ÖPNV-Netzes Jahrzehnte zu spät beginnt, wird die Stadt erhebliche Beträge selbst aufbringen müssen.

PARTEI und STADTGESTALTER wollen in der nächsten Ratssitzung Weichen für Klimaneutralität bis spätestens 2040 stellen

2021 steht die Stadt also an einem Wendepunkt, die Rot-Grüne Politik, die wesentlichen Klimaschutzmaßnahmen auf die nachfolgenden Generationen zu verschieben ist gescheitert. Die Stadt steht wieder am Anfang. Da der Stadt nur 24 Jahre Zeit verbleiben, um die Stadt klimaneutral zu gestalten, muss sofort gehandelt, weitere Monate und Jahre mit Däumchen drehen vergehen zu lassen wie nach Ausrufung des Klimanotstandes, kann sich die Stadt nicht mehr leisten.

Die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” hat für die Ratssitzung im Mai einen Antrag auf den Weg gebracht, mit dem die Stadt verbindlich verpflichtet wird alle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zur Erreichung des Ziels einer klimaneutralen Stadt bis spätestens 2040 erforderlich sind (Antrag 20211586). Zusätzlich wird die Fraktion einen Haushaltsantrag einbringen, mit ab 2022 die insbesondere zur Umsetzung der Verkehrswende erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Das sollen zunächst 20 Mio. Euro pro Jahr sein. In der Ratssitzung am 27.05 werden die Bürger*innen sehen, ob die Bochumer Stadtpolitik in Sachen Klimaschutz endlich bereit ist zu handeln.

17 Nov

Leben in einer klimaneutralen Stadt

Wie lebte es sich in einer klimaneutralen Stadt? Viele Menschen befürchten, dass sie dafür ihre gewohnte Lebensweise radikal umstellen müssen. doch ist das wirklich so? Wie verändert sich unsere Lebensweise im Vergleich zu heute in einem klimaneutralen Bochum im Jahr 2040?

Kopenhagen will als erste Stadt der Welt bereits 2025 klimaneutral sein. Dann werden die Stadt und die Einwohner nur so viel Treibhausgase ausstoßen, wie die Natur in der Stadt absorbieren kann. Bochum will das bis 2050 schaffen. Um das 1,5°-Ziel (Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung) zu erreichen, wäre es besser, das Ziel mindestens 10 Jahre früher zu erreichen.

Wohnen

Wie lebt es sich in einem klimaneutralen Bochum und Wattenscheid? Wagen wir einen Blick in die Zukunft. 2040 – die 4-köpfige Familie Nowak lebt im Erdgeschoss eines 6-Parteien Wohnhauses in Bochum-Laer. Vermieter ist die VBW. Das Haus wurde energetisch saniert. Seitdem benötigt es 20 % weniger Energie. Weiterlesen