15 Mai

Fast die Hälfte der Menschen in Bochum ist gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt

Laut Lärmaktionsplan ist die Hauptquelle des Lärms in Bochum der Straßenverkehr. 172.000 Menschen sind einem 24-Stunden Lärmpegel von mehr als 53 db(A) ausgesetzt. Lärm über diesem Wert ist laut WHO gesundheitsschädlich. Die jetzt vorgelegte Fortschreibung des Lärmaktionsplans zeigt, die Stadt tut viel zu wenig um den Lärm wirksam zu reduzieren.

Gerade hat die Stadt Bochum die Fortschreibung des Lärmaktionsplans vorgelegt. Über diesen soll der Stadtrat am 21.06.22 abstimmen. Als Hauptverursacher für übermäßigen Lärm in Bochum wird im Plan der Straßenverkehr identifiziert.

In Bochum müssen 47% der Menschen gesundheitsschädlichen Lärm ertragen

Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Umgebungslärm für die Europäische Region empfehlen für die durchschnittliche Lärmbelastung mit Nachdruck, dass der durch Straßenverkehr bedingte Lärmpegel (Lden) auf weniger als 53 dB(A) verringert werden soll, weil Straßenverkehrslärm oberhalb dieses Wertes mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden ist. Aus gleichem Grund wird für die nächtliche Lärmbelastung stark empfohlen, den Lärmpegel (Lnight) auf weniger als 45 dB(A) zu verringern.

Empfehlungen der WHO für Straßenverkehrslärm

Gemäß dem jetzt von der Stadt vorgelegtem Lärmaktionsplan sind in Bochum rund 172.000 Menschen einem Lärmpegel von über 53 db(A) ausgesetzt. Das sind 47% aller Bewohner*innen. Wie viele Menschen einer nächtlichen Lärmbelastung über dem WHO-Grenzwert von 45 dB(A) ausgesetzt sind, kann nicht ermittelt werden, da im Lärmaktionsplan Zahlen fehlen, wie viele Menschen in der Nacht Lärm zwischen 45 und 50 db(A) ausgesetzt sind.

Lärmschutzmaßnahmen bisher wenig erfolgreich

In Bochum von Lärm betroffene Einwohner*innen

Im Lärmaktionsplan sollen die Maßnahmen festgeschrieben werden, mit denen der Lärm in der Stadt auf ein für die Bewohner und Bewohnerinnen gesundes Maß gesenkt werden soll. Leider muss die Verwaltung in der Fortschreibung einräumen, dass die bisherigen Maßnahmen, insbesondere jene zur Geschwindigkeitsreduzierung mangels ausreichender Überwachung der Tempolimits nicht wirklich erfolgreich waren. Laut Aktionsplan hat in den letzten Jahren zwar die Zahl der Menschen deutlich abgenommen, die nachts besonders hohe Lärmpegel über 55 d(B(A) ertragen müssen. Gleichzeitig kommt die im Zusammenhang mit dem Lärmaktionsplan durchgeführte Befragung zu dem Ergebnis, dass die Menschen in Bochum empfinden, dass der Lärm in der Stadt in den letzten Jahren nicht ab- sondern zugenommen hat (Anlage Lärmaktionsplan). Entsprechend ist die Zahl der Menschen, die einem 24-Stunden-Lärmpegel von 50-65 db (A) ausgesetzt sind, in den letzten 10 Jahren extrem angestiegen (+54.100).

Veränderung Lärmsituation im Wohnumfeld

Maßnahmen in der Fortschreibung des Lärmaktionsplans sind unzureichend

Trotzdem die Erfolge des bisherigen Lärmaktionsplans zu wenig Wirkung gezeigt haben. fallen, die in der Fortschreibung neu vorgeschlagenen Maßnahmen unambitioniert aus. Das Ziel, die Lärmwerte in den nächsten 5 Jahren im erforderlichen Maße zu senken, wird offensichtlich nicht verfolgt. In der Hauptsache sollen lediglich einige weitere Abschnitte von Hauptverkehrsstraße mit lärmminderndem Asphalt versehen werden. Geschwindigkeitsreduzierungen sollen keine zusätzlichen vorgenommen werden. Im Endeffekt werden diese Maßnahmen nicht im Ansatz ausreichen eine signifikante Lärmminderung zu erreichen.

Mögliche Maßnahmen um Straßenverkehrslärm aktiv zu reduzieren

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, um den Verkehrslärm aktiv zu reduzieren:

Bewertungsmatrix zu Maßnahmen zur Lärmminderung im Straßenverkehr

Lärmoptimierter Asphalt – Mit einem entsprechenden Straßenbelag kann, der Lärm der beim Abrollen der Fahrzeugreifen entsteht um 3 bis 6 db(A) reduziert werden. Allerdings sind die Abrollgeräusch bei PKW erst ab 30 km/h bei LKW erst ab 60 km/h lauter als die Motorengeräusche, so dass bei LKWs die lärmreduzierende Wirkung sehr viel geringer ausfällt als bei PKW. Ein Lastwagen produziert allerdings ca. 10-mal so viel Lärm wie ein Personenwagen. Der Anteil des von LKW produzierten Straßenlärms liegt bei ca. 20%. Dazu nimmt die lärmmindernde Wirkung des Flüsterasphalts nach 7-10 Jahren stark ab. Der Straßenbelag muss erneuert werden, was die Maßnahme auf Dauer teuer macht.

Im Zuge der Straßenbelagsanierung kann zusätzlich die Breite der Fahrspuren reduziert werden, was eine zusätzliche lärmmindernde Geschwindigkeitsreduzierung zur Folge hat.

Tempo 30 – kann den Lärm um 2 bis 4,5 db(A) verringern. Die Maßnahme ist kostengünstig, muss aber effektiv überwacht werden, um sicher zu stellen, dass die Tempolimits auch eingehalten werden. Eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 hat zudem noch weitere positive Effekt für die Stadt (Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30). Tempo 30 bewirkt insbesondere eine Verringerung der Zahl und Schwere der Unfälle sowie eine höhere Attraktivität des Straßenraums für den Langsamverkehr (Rad- und Fußverkehr). Dem stehen zumutbare Fahrtzeitverlängerungen für Autofahrende entgegen.

Autoverkehrsreduzierung – Wird ein Weg in der Stadt statt mit dem Auto zu Fuß, mit dem Rad erledigt sinkt dadurch der erzeugte Lärm auf fast null. Wird alternativ der ÖPNV zurückgelegt, sinkt der erzeugte Lärm ebenfalls drastisch. Das Gleiche gilt, wenn zum Transport von Gütern, wo es möglich ist, Lastenräder oder die Bahn eingesetzt werden. Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs und eine Verlagerung auf andere Verkehrsmittel sind also besonders effektiv.

Darüber hinaus kann Stadtverkehr vermieden werden, in dem die Wege in der Stadt möglichst kurz gehalten werden. Eine kompakte Stadt mit starken Stadtteilzentren im Sinne einer !5-Minuten-Stadt, lässt Verkehr erst gar nicht entstehen (Sollte Bochum zur 15-Minuten-Stadt werden?).

Ergänzend können drei weitere Maßnahmen genannt werden, die zu einer Reduzierung des Lärms führen: Die Verbesserung des Verkehrsflusses, die Verlagerung des Verkehrs auf Straßen, an denen nicht bzw. wenig gewohnt wird, sowie nächtliche LKW-Fahrverbote mit denen solche Verlagerungen erreicht werden können.

Was müsste getan werden, um den Lärm in der Stadt wirksam zu reduzieren?

Die bisherige Erfahrung mit den genannten Maßnahmen in Bochum zeigt, um eine effektive Minderung des Lärms zu erreichen, reicht der Einsatz einzelner Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip, wie ihn der Lärmaktionsplan für die Stadt vorsieht, nicht aus. Es muss von allen Mitteln umfassend Gebrauch gemacht werden.

Um die erforderliche Lärmreduzierung zu erreichen müsste die Stadt die Rad- und ÖPNV-Verkehrsnetze so ausbauen, dass sich der Autoverkehr in der Stadt halbiert. Auch der LKW-Verkehr in der Stadt müsste erheblich gesenkt werden, dies gelänge insbesondere durch Verlagerung des Güterverkehrs auf andere Verkehrsmittel wie Verkehrswege, an denen die Stadtbewohner*innen weniger belastet werden. Dafür fehlt der Stadt jedoch ein städtisches Güterverkehrskonzept, wie die STADTGESTALTER es bereits für Teile der Stadt vorgeschlagen haben (Paketzustellung mit Seilbahn und Lastenrad).

Zusätzlich wäre die Einführung von stadtweit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit erforderlich. Nur dort, wo keine Menschen an Straßen wohnen, sollten höhere Geschwindigkeiten ausgeschildert werden (Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30). Mit flächendeckend Tempo 30 in der ganzen Stadt sinken Lärm und Geschwindigkeit im gesamten Stadtgebiet. Auch wird ein einfach nachvollziehbares, stadtweites Tempolimit besser eingehalten, als Geschwindigkeitsbegrenzungen für Teilabschnitte von Straßen.

Schließlich sollten besonders laute Straßenabschnitte mit lärmminderndem Asphalt versehen werden, um dort zusätzliche Lärmminderungen zu erreichen.

Nur wenn alle diese Maßnahmen konsequent und gleichzeitig verfolgt werden, ist die erforderliche Lärmreduzierung zu schaffen. Die vorgelegte Fortschreibung des Lärmaktionsplans erweckt den Anschein, die Stadt verfolge das Ziel, den Lärm zu reduzieren nicht ernsthaft. An Maßnahmen, die Autofahrende auch nur leicht einschränken könnten, trauen sich die Verantwortlichen nicht ran. In der Verwaltung scheint man der Ansicht zu sein, die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner der Hauptverkehrsstraßen sei nicht so hoch zu bewerten wie die Interessen der Autofahrenden.

Lärm kostet die Stadt jedes Jahr Millionen

Auch scheint der Stadt nicht bewusst zu sein, dass der Lärm die Stadt jedes Jahr erhebliche Summen kostet. Lärm ist besonders mit zwei externen Kostenfaktoren verbunden, bei denen die Kosten nicht von den denjenigen beglichen werden, die sie verursachen

Gesundheitskosten: – monetärer Schaden, der durch lärmbedingte Krankheitsbilder verursacht wird. (Medizinische Behandlungskosten, Nettoproduktionsausfall, Wiederbesetzungskosten, immaterielle Kosten infolge Verkürzung der Lebenserwartung und Krankheitsfälle).

Belästigungskosten – Mietzinsausfälle an lärmbelasteten Lagen in Relation zu Vergleichsobjekten an ruhigen Lagen.

Während die Gesundheitskosten zu Lasten der Gesellschaft insgesamt gehen, entstehen die Mietzinsausfälle in der Stadt und sind dort als Schaden zu verorten. Auf jeden Personenkilometer der mit dem PKW zurückgelegt wird, entfallen 0,007 Euro externe Kosten für Gesundheitsschäden und Mietausfälle (Lärm kostet). Bei 2.400 Mio. Personenkilometer, die in Bochum von den Einwohnern und Einwohnerinnen in jedem Jahr mit dem PKW zurückgelegt werden, ergeben sich so Lärmkosten in Höhe von fast 17 Mio. Euro. Davon entfallen jährlich 8 Mio. auf Gesundheitskosten und fast 9 Mio. auf städtische Mietzinsausfälle. Das sind enorme Kostenbeträge, die nur die externen Kosten des PKW-Verkehrs wiedergeben. Die nicht internalisierten Lärmkosten, die durch den LKW-Verkehr verursacht werden, kommen noch hinzu.

Lärm ist also nicht nur belästigend und gesundheitsschädlich für die städtischen Einwohner und Einwohnerinnen, er belastet auch erheblich die Stadtkasse.

Dem Lärmaktionsplan kann nicht zugestimmt werden

Der vorgelegte Lärmaktionsplan also nicht geeignet die dargestellten Lärmprobleme in der notwendigen Konsequenz anzugehen. Es soll der Anschein erweckt werden, die Stadt tue in Sachen Lärm etwas, doch tatsächlich stellen die wenigen im Plan ausgewiesenen Maßnahmen kaum mehr als Aktionismus dar. Entsprechend werden die STADTGESTALTER dem Plan nicht zustimmen. Will die Stadt den Lärm in Bochum wirklich auf das von der WHO geforderte Maß vermindern, dann muss sie auch bereit sein, das zu tun, was dazu erforderlich ist.

20 Jun

Mehr Stadtstraßen mit Tempo 30

In Bochum gilt bisher in Wohngebieten Tempo 30, sonst auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes 50 km/h. Mit einer neuen Kategorisierung der innerstädtischen Straßen könnte der Verkehrsfluss erhöht, der Verkehrslärm gemindert und könnten mehr Fußgängerüberwege eingerichtet werden. Im Ergebnis ließe sich die Zahl der Unfälle reduzieren und die Wohnqualität deutlich erhöhen.

Bisher sind nur die Wohngebiete der Stadt als Tempo-30-Zonen ausgeschildert und auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes darf 50 km/h gefahren werden, außer in Bereichen von Schulen, Kindergärten, Senioreneinrichtungen u.ä., an Gefahrenstellen wie zum Schutz von Anwohnern vor Lärm oder Luftverschmutzung.

Die bisherige Einordnung der Straßen hat sich nicht bewährt

Das führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Auf Straßen, die eigentlich Wohnstraßen sind, wie der Friederikastraße darf zum Leidwesen der Anwohner teilweise 50 km/h gefahren werden, weil diese zum Vorbehaltsstraßennetz gezählt wird. Auf dem Dahlacker bzw. An der Riemkerstraße wechseln aufgrund von verschiedenen sozialen Einrichtungen ständig kurze Abschnitte mit Tempo 30 mit solchen mit einer Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h ab. Die Straße kann jedoch nicht durchgängig mit Tempo 30 ausgeschildert werden, da auch sie zum Vorbehaltsnetz zählt.

Um solche Ungereimtheiten im Vorbehaltsnetz auszuräumen, soll dieses schon seit Jahren überarbeitet werden. Die letzte grundlegende Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes datiert aus 2011 (Straßen in Bochum). Im Zuge der Überarbeitung stellt sich die Frage, ob eine Unterteilung aller Straßen in nur zwei Kategorien (Wohnstraßen und Vorbehaltsstraßen) noch zeitgemäß ist.

Eine gute Wohnsituation sollte Vorrang vor den Bedürfnissen des Verkehrs haben

In den Niederlanden hat sich eine Unterteilung der Stadtstraßen in drei Kategorien bewährt. Diese differenziertere Einteilung wird den Anforderungen, die an Straßen gestellt werden, deutlich gerechter. Ausgangspunkt für die Kategorisierung ist im Nachbarland zudem nicht allein die Verkehrsfunktion, sondern primär die Bedeutung der Straße für die Anwohner (The Ugly, Dangerous, and Inefficient Stroads found all over the US & Canada).

Auch in Bochum zeigt sich an vielen Hauptverkehrsstraßen, wie sich die negativen Folgen des übermäßigen Verkehrs sehr negativ auf die angrenzende Wohnbebauung auswirken. Schwer sanierungsbedürftige bis verwahrloste Gebäude sind besonders an Straßen mit hoher Verkehrsbelastung, viel Lärm, Luftverschmutzung und einem trostlosen Straßenbild zu beobachten. An diesen Straßen nimmt die Zahl solcher Missstände zudem in der Regel seit Jahren zu (Trading-Down-Effekt). Die niedrigen Mieten, die aufgrund der schlechten Wohnbedingungen an diesen Straßen erzielt werden, reichen regelmäßig nicht mehr aus, um die Gebäude ordnungsgemäß Instand zu halten und Modernisierungen zu finanzieren, um den üblichen Wohn- und Energiestandard zu halten.

Insbesondere bei diesen Straßen sollte der Wohnsituation gegenüber den Bedürfnissen des Verkehrs Vorrang eingeräumt werden, um den beschriebenen Trading-Down-Effekt zu stoppen und umzukehren.

Drei Kategorien von innerstädtischen Straßen

Es bietet sich daher für die Zukunft eine Kategorisierung der innerstädtischen Straßen in drei statt zwei Kategorien an:

Man unterscheidet in Schnellstraßen, mit denen man in kurzer Zeit von einem Ort zum anderen kommen soll. An diesen Straßen wohnt niemand, es gibt keine Zu- und Abfahrten zu Wohnhäusern und Gewerbebetrieben. Ebenso darf an den Straßen nicht geparkt werden. Sie dienen allen dem schnellen Fahren von einem Ort zum anderen. Schnellstraßen können auch mehrspurig ausgebaut sein und bedürfen immer baulich abgetrennter Radwege (Protected Bikelanes). Entsprechend können sie mit Tempo 50 oder sogar höher ausgeschildert werden.

Stadtstraßen sind Durchgangstraßen, die für den innerstädtischen Verkehr erforderlich sind, der von einem Stadtteil zum anderen fließt. Diese Straßen werden von Wohngebäuden gesäumt, am Straßenrand wird auf Parkstreifen geparkt, von den Straßen gehen zahlreiche Grundstücksein- und -ausfahrten ab.

Auch an diesen Straßen sollte ein komfortables Wohnen möglich sein. Durch negative Folgen des Verkehrs verursachte Trading-Down-Prozesse sollten vermieden werden. Gleichzeitig müssen diese Straßen ihre Verkehrsfunktion als Verbindungsstraßen zwischen den Stadtteilen weiterhin erfüllen und Staus vermieden werden. Entsprechend ist es erforderlich, Stadtstraßen so zu gestalten, dass der Verkehrsfluss hoch, Verkehrslärm und Luftverschmutzung möglichst niedrig und eine Querung der Straßen für zu Fuß Gehende leicht und an vielen Stellen problemlos möglich ist.

Um eine hohe Wohnqualität zu gewährleisten, ist es sinnvoll, dass solche Straßen über nicht mehr als zwei Fahrspuren für den motorisierten privaten Verkehr verfügen und konsequent mit Tempo 30 beschildert werden. Diese Bauweise ermöglicht in kurzen Abständen die Einrichtung von Zebrastreifen für die bessere Querung durch den Fußverkehr.

Zur Erhöhung des Verkehrsflusses sollten an diesen Straßen Kreuzungen bevorzugt als Kreisverkehre und nicht als Ampelkreuzungen gebaut werden. Von diesen Straßen abgehende Wohnstraßen in Wohngebiete sollten über durchgehende Gehwege geführt, auf denen nicht das Auto, sondern die zu Fuß Gehenden Vorrang haben (The Dutch Solution for Safer Sidewalks – Continuous Sidewalks).

Radwege sind an solchen Tempo-30-Straßen nur bei hohen Verkehrsbelastungen erforderlich, wenn der Radverkehr sonst den Fluss des motorisierten Verkehrs erheblich behindern würde.

Wohnstraßen sind Straßen, die nicht dem Durchgangsverkehr, sondern ausschließlich der Erschließung von Wohngebieten dienen. Es ist also jeder private Durchgangsverkehr durch eine entsprechende Verkehrsführung zu vermeiden, nur Anwohner und Anlieger sollen Wohnstraßen zum Erreichen der Wohngebiete nutzen.

In Wohnstraßen ist die Anlage eigener Radwege nicht erforderlich, die von den Anwohner*innen nutzbaren Stellplätze sollten ausnahmslos vormarkiert sein. Außerhalb abmarkierter Stellplätze ist Parken nicht gestattet. Ein Parken auf dem Gehweg sollte nicht erlaubt und konsequent unterbunden werden.

Die Geschwindigkeit sollte auf maximal 30 km/h begrenzt werden. Wohnstraßen können sowohl als Tempo-20/30-Zonen, aber auch als Fahrradstraßen oder Spielstraßen ausgeführt werden. Um die Wohn- und Lebensqualität in den Wohnstraßen zu erhöhen, sollten diese sukzessive überplant werden und eine Gestaltung mit viel Grün erhalten, bei der eine Nutzung der Straßenflächen durch Menschen gegenüber der durch Autos favorisiert wird (Alle Wohnstraßen bis 2040 überplanen).

Wer übernimmt Sanierungs- und Modernisierungskosten von Stadtstraßen?

Die dargestellte Kategorisierung hat zur Folge, dass alle Straßen, die als Wohn- oder Stadtstraßen einkategorisiert werden, aus dem städtischen Vorbehaltsnetz genommen werden müssten, weil die Wohnqualität an diesen Straßen letztlich höher zu bewerten ist, als ihre Verkehrsfunktion.

Das wäre allerdings mit einem Kostennachteil für die Anwohner*innen verbunden. Denn bei Straßen des Vorbehaltsnetzes beteiligt sich das Land an den Sanierungs- und Modernisierungskosten der Straßen, bei Wohn- und Stadtstraßen hingegen nicht.

Also müsste im Falle von Stadtstraßen die Stadt einspringen, denn diese Straßen erfüllen eine wichtige Verkehrsfunktion für alle Einwohner*innen. Damit für die Anwohner*innen keine Kostennachteile entstehen, wäre es konsequent, dass die Stadt einen Teil der entsprechenden Kosten übernimmt, wie es bisher das Land tut.

Für die Stadt ergibt sich durch die neue Kategorisierung im Gegenzug auch ein finanzieller Gewinn. Trading-Down-Effekte an Stadtstraßen könnten gestoppt werden, das Leben an Stadtstraßen würde wieder attraktiver, teure städtische Maßnahmenpakete, um den heute an Stadtstraßen zu beobachtenden Sanierungsstau an vielen Gebäuden mit finanziellen Anreizen aus der Stadtkasse beheben, wären nicht mehr erforderlich.

Ziele der neuen Straßenkategorisierung

Hauptziel der neuen Straßenkategorisierung ist die Lebens- und Wohnqualität in der Stadt zu erhöhen. Dazu werden insbesondere folgende Unterziele verfolgt:

Der Durchgangsverkehr durch Wohngebiete wird beendet. Die Straßen der Wohngebiete sollen nur noch von Anwohner- oder Anliegern befahren und vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Nur Straßen, über die Durchgangsverkehr durch Wohngebiete fließen muss, da Alternativen fehlen, werden als solche einkategorisiert.

Die Geschwindigkeit im Stadtverkehr wird gesenkt und der Verkehrsfluss erhöht. Durch die Angleichung der Geschwindigkeiten von Auto-, Rad und Fußverkehr kommt es zu weniger Konflikten zwischen den Verkehrsmitteln und damit zu niedrigeren Unfallzahlen. Das Ziel sollte die Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten pro Jahr auf null sein (Vision Zero).

Je nach Kategorie, der eine Straße zugeordnet ist, gibt es klare bauliche Vorgaben. Je nach Kategorie, der eine Straße zugewiesen wird, bestimmt sich, wie Radwege, Fußgängerüberwege und Kreuzungen anzulegen sind. Bereits durch die bauliche Gestaltung ist wiederum für die Verkehrsteilnehmer*innen erkennbar, welche Geschwindigkeitsbegrenzung auf der jeweiligen Straße gilt.

Dem Fußverkehr wird mehr Raum zugestanden. Durchgangsstraßen erhalten mehr Querungen und werden durch Zebrastreifen und durchgehende Gehwege an Straßen zu Wohngebieten bevorrechtigt. Parken auf Gehwegen wird konsequent unterbunden.

Ziel ist ein nachvollziehbares und geordnetes Straßen- und Stadtbild. Die negativen Auswirkungen von unkontrolliertem fließendem wie ruhender Verkehr werden beseitigt. Die zu beachtenden Verkehrsregeln auf den Straßen der entsprechenden Kategorie sind überall gleich, schnell verständlich und leicht einzuhalten.

Im Ergebnis steht eine deutliche Erhöhung der Wohn- und Lebensqualität teilweise geringfügig längeren Fahrtzeiten von Autofahrenden im innerstädtischen Stadtverkehr entgegen. Die neue Kategorisierung erfüllt die Forderung der WHO, da wo Menschen an Straßen wohnen, die Geschwindigkeiten auf maximal 30 km/h zu senken (Menschenleben retten: WHO verlangt Tempo 30 in Städten).

Zudem wird der Stadtverkehr durch die veränderten Regelungen und Gestaltungen aufgrund der neuen Kategorisierung insgesamt stressfreier abgewickelt und hat weniger Unfälle zur Folge. Unterm Strich gewinnt die Stadt an Attraktivität. Somit erscheint es sinnvoll der von der Stadt Bochum angedachten Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes eine neue Kategorisierung der Stadtstraßen zugrunde zu legen.

Wie könnten die Straßen zukünftig einkategorisiert werden?

Folgende Abbildung zeigt, wie die Straßen der Stadt zukünftig nach der beschriebenen Systematik einkategorisiert werden könnten (rot: Schnellstraßen, gelb: Stadtstraßen und Wohnstraßen).

Beispiel für Vorbehaltsnetz, aufgrund neuer Kategorisierung der innerstädtischen Straßen

Welcher Straße welche Kategorie zugewiesen wird, entscheidet am Ende nach einer ausführlichen politischen Diskussion der Stadtrat. Zunächst wichtig, dass die grundlegende Überarbeitung des Vorbehaltsnetzes zügig angegangen wird.

25 Dez

9 Vorschläge für Höntrop

Wie so manchen Stadtteilen in Wattenscheid und Bochum fehlt auch Höntrop fehlt ein echtes Stadtteilzentrum. Ein Teil der Geschäfte befindet sich entlang der Höntroper Straße vom S-Bahn-Halt bis zur Kreuzung mit dem Wattenscheider Hellweg, ein anderer am Hellweg, Sparkasse, Bäcker und ein Café liegen wiederum im an der Westenfelder Straße westlich des Germanenviertels. Der größte Supermarkt liegt am Rand des vermeintlichen Zentrums ohne Anbindung an andere Geschäfte.

Einige attraktive Wohnviertel, aber kein zusammenhängendes Stadtteilzentrum und eine zu hohe Verkehrsbelastung

Es gibt einige ansprechende Geschäfte und Gastronomiebetriebe, Einen netten Platz, wo man sich gerne aufhält oder eine ansprechende Einkaufsstraße sucht man jedoch vergebens. Die frühere Einkaufsstraße Wattenscheider Hellweg wird durch die übergroße Breite mit 4 Fahrbahnen plus Parkstreifen und Straßenbahntrasse entwertet. Das Zentrum von Höntrop bildet eine überdimensionierte, öde und trostlose Kreuzung. In Höntrop ein lebendiges, ansehnliches Stadtteilzentrum zu schaffen war bisher leider nie Ziel der Bochum Stadtplaner, bis in die 80er-Jahre wurde der Maxime alles autogerecht umzubauen alles andere untergeordnet. Nicht der Mensch war Maßstab der Planungen, sondern das Auto.

Entsprechend hoch ist die Verkehrsbelastung an den Hauptstraßen in Höntrop. Und weiterer Verkehr ist zu erwarten, wenn in Kürze die Regionalbahnlinien vom Bahnhof Wattenscheid zum S-Bahn-Halt Höntrop verlegt werden.

Andererseits zeichnet sich Höntrop durch viele attraktive und durchaus begehrte Wohnviertel aus, in denen die Menschen gerne leben. Allerdings zeigt der Sozialbericht der Stadt, dass das in den 70er Jahren errichtete Hochhausquartier, das so genannte Germanenviertel, wie viele Hochhaussiedlungen zu einem Problemviertel zu werden droht. Die zunehmende soziale Schieflage ist diesem Viertel anzusehen. Hier besteht besonderer Handlungsbedarf. Weiterlesen

01 Nov

Anwohner der Herner Straße dürfen nicht für Fehlplanungen der Stadt zahlen müssen

Dieser Beitrag erzählt die Geschichte einer Bochumer Straße, deren Neubau sich durch diverse Fehlplanungen zu einem beispiellosen Skandal entwickelte.

1989 – Es begann mit einer überdimensionierten U-Bahn

Alles begann in den 80er-Jahren als die alte Straßenbahnlinie 5 im Rahmen der allgemeinen U-Bahn-Euphorie im Ruhrgebiet als U35 unter die Straße gebracht werden sollte. Während das Land mit dieser Maßnahme mehr Verkehr auf Bus- und Bahn verlagern wollte, erhoffte sich die Stadt durch den Wegfall der Bahn auf der Straße mehr Platz für den Straßenverkehr.

1989 konnte der Streckenabschnitt Bochum Hauptbahnhof bis Herne Strünkede eingeweiht werden. Doch die U-Bahn blieb ein Torso. Fuhr die Straßenbahn zuvor noch bis Recklinghausen, geht es ab Schloss Strünkede seit 1989 nur per Bus weiter. Die erhofften Fahrgastzahlen wurden auf dem Streckenabschnitt bis heute nicht erreicht. Die sogenannte Stadtbahn fährt mit maximal 2 Wagen und befördert nicht mehr Fahrgäste als eine Straßenbahnen mit gleicher Traktion. Die unterirdischen Bahnhöfe sind überdimensioniert, sie könnten mit 3-4 Wagen langen Bahnen befahren werden. Statt einer U-Bahn, entstand eine unterirdische Straßenbahn, bei der Nutzen und Kosten in keinem angemessenen Verhältnis stehen und deren Folgekosten, die Bogestra kaum bewältigen kann. Entsprechend scheiterten Verlängerungen der U35 Richtung Langendreer und Recklinghausen an dem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Weiterlesen