08 Mai

Ist das Uni-Center Bochum noch zu retten?

Immer mehr Leerstände und fortschreitender Verfall bis zur Verwahrlosung prägen das Bild des Uni-Centers. Welche Möglichkeiten gibt es noch, das Uni-Center zu retten? Die STADTGESTALTER haben mögliche Optionen untersucht.

1973 wurde das Uni-Center eröffnet und galt damals als moderner Ort zum Wohnen, Einkaufen und Leben. Gebaut hat den Wohn- und Einkaufskomplex wie viele ähnliche Hochhaussiedlungen in Deutschland die Neue Heimat, der größte Baukonzern für Großprojekte jener Zeit. Ein Unternehmen der deutschen Gewerkschaften, das 1986 wegen Misswirtschaft, Korruption und persönlicher Bereicherung der Führungsriege abgewickelt werden musste.

Rund 10 Jahre nach der Eröffnung beginnen die Probleme

Die Zerschlagung der neuen Heimat führte 1986 auch zum Verkauf des Uni-Centers an einen privaten Investor. Schon zu diesem Zeitpunkt gab es massive Vermietungsprobleme. Im Abschlussbericht zum 3. Untersuchungsausschuss NEUE HEIMAT des Deutschen Bundestages  ist unter dem Punkt “unzulässige Geschäftsbetätigung in Form der Betreuung und Bewirtschaftung von Immobilienfonds” zu lesen “Hauptverlustträger waren die Fonds Bochum-Querenburg und Köln-Monheim mit Leerständen und Mietverzichten in den Wohnbereichen und einer starken Unrentierlichkeit der Gewerbebetriebe”. Der durch beide Fonds verursachte Schaden wurde auf 39.8 Mio. DM beziffert.

Kaum 10 Jahre nach der Eröffnung des Uni-Centers, gab es also bereits massive Probleme bei der Vermietung und Verpachtung der Wohn- und Gewerbeflächen. Die Versprechungen und Hoffnungen der Neuen Heimat wie der Stadt erfüllten sich leider nicht. Schnell zeigten sich viele Probleme; Das Center war total verbaut, grobe Baumängel machen die Unterhaltung und Instandhaltung bis heute schwierig und teuer, viele Plätze und Orte funktionierten nicht und werden als Angsträumen wahrgenommen, die Anbindungen zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV an Hustadt und die Wohnviertel jenseits des Laerholz waren und sind schlecht. Die brutalistische Architektur des Centers wurde zunehmend als hässlich empfunden.

In der Folge zogen die Menschen aus, die es sich leisten konnten. Zum Hauptgrund im Uni-Center zu wohnen wurden immer mehr die günstigen Mieten. Es kam zu einer sich immer weiter verschärfenden sozialen Schieflage. Die Bevölkerungsmischung aus Studierenden, Hochschulbeschäftigten und Opelmitarbeiter*innen gab es schon bald nicht mehr. Auch der Zusammenhalt zwischen den Wohnparteien in den Hochhäusern schwand. In den Hochhäusern wurde das Wohnen im Laufe der Zeit anonymer (Bochumschau: Leerstände und schleichender Verfall im Uni-Center Bochum).

Uni-Center Bochum – Leerstände, Mängel, schleichender Verfall

Die Renovierung 1995 unterbricht den Niedergang nur kurz

1995 wurden die Geschäftsbereiche des Uni-Centers grundlegend renoviert und umgestaltet. Die Geschäftslokale wurden erweitert, es wurde neu gepflastert, Fassaden wurden neugestaltet. Dadurch konnten neue Gewerbemieter gewonnen werden. Für ein paar Jahre verbesserte sich die Lage deutlich. Der neue Investor und das neue Projektmanagement konnten rund 10 Jahre das modernisierte Uni-Center erfolgreich bewirtschaften.

Nennenswert investiert wurde nach 1995 jedoch nicht mehr. Das Center wurde an ein Geflecht von Investmentunternehmen verkauft, die mit Wohn- und Gewerbeimmobilen Renditen für Finanzfonds erwirtschaften. Eigentümer und Betreiber sind heute die Unternehmen Dakota Investment S.A., Aroundtown S.A. sowie Grand City Property S.A.. Bereits 2008 wurde das Uni-Center als dringend sanierungsbedürftig eingestuft (Licht+Schatten – Wohnungsverkäufe in Bochum: Mieterprivatisierung, Mehrfachverkäufe und Finanzinvestoren, Michael Wenzel 2008).

Der Zustand aktuell: zunehmende Leerstände und fortschreitender Verfall

Bis 2022 verschärfte sich die Lage weiter. Trotz immer neuer Ankündigungen durch den aktuellen Eigentümer hinsichtlich weitreichender Pläne zur Neugestaltung und Sanierung des Centers, passierte bis heute nichts. Die Leerstände nahmen weiter zu, die Berichte über Missstände, kaputte öffentliche Toiletten, Wasserschäden, Aufzugsausfälle, Verfall und Verwahrlosung häuften sich. Von ursprünglich 72 Ladenlokalen und Büroräumlichkeiten (Uni-Center Broschüre 2007) sind heute noch 28 vermietet. In weiteren vier Ladenlokalen und Büros ist die Verwaltung des Centers und des Wohnungsbestands untergebracht. Das 2. Obergeschoss steht weitgehend leer. Im 3. Geschoss sind Bezirksverwaltungsstelle, Stadtbücherei, Musikschule und das Bürgerbüro der Stadt untergebracht.

Immerhin werden aktuell die Dächer saniert und der Netto Discountermarkt ist in ein größeres Ladenlokal umgezogen. Die Sanierung der bestehenden Dächer weist allerdings darauf hin, dass der Investor die Immobilie nicht grundlegend und zeitgemäß umbauen will. Offenbar sind, wenn überhaupt, kaum mehr als kosmetische Umgestaltungen geplant.

Wie grundlegend müsste eine Sanierung und Modernisierung sein?

Es stellt sich somit die Frage, reichen kosmetische Gestaltungsmaßnahmen aus, um für das Uni-Center neue Kunden und Bewohner*innen zu gewinnen? Zum einen sind rein optisch wirkende Maßnahmen nicht geeignet die weiterhin bestehende Sanierungsbedürftigkeit der baulichen Strukturen zu beheben. Zum anderen stellt sich die Frage, ob die bauliche Struktur des Centers noch zeitgemäß ist. So werden heute Geschäftslokale in anderen Etagen als dem Erdgeschoss kaum mehr nachgefragt. Flair, Ambiente und Aufenthaltsqualität spielen heute eine viel wichtigere Rolle als noch vor 30 Jahren. Eine Hochhaussiedlung mit integriertem Einkaufscenter schreckt heute eher Kunden ab, als sich damit Kunden gewinnen lassen. In ein Wohnviertel mit sozialer Schieflage, fahren Kunden ungern zum Einkaufen. Ebenso wird die Erreichbarkeit mit ÖPNV, Rad oder zu Fuß zu einem immer wichtigeren Faktor. Erfolgreich kann das Uni-Center nur wieder werden, wenn sich das Image grundlegend wandelt. Dafür wird mehr schöne Farbe und neues Pflaster jedoch nicht ausreichen.

Die Gebäude des Uni-Centers sind in die Jahre gekommen und schwer sanierungsbedürftig. Dazu kommt, dass ihre verbauten Grundrisse nicht mit den Anforderungen an zeitgemäße Einkaufszentren in Einklang zu bringen sind. Besonders augenfällig ist in dieser Hinsicht der dunkle Durchgang von der Dr.-Gerhard-Petschelt-Brücke, zur langen Ladenpassage, die das ganze Center von Ost nach West durchzieht. Die Vermietung wesentlicher Teile der bestehenden Bausubstanz scheint also auch nach einer bloßen optischen Aufhübschung des Centers nicht möglich.

Was würde eine grundlegende Sanierung kosten?

Um zu einem zeitgemäßen, modernen Einkaufzentrum zu kommen, müssten somit große Gebäudeteile ganz oder teilweise abgerissen bzw. grundlegend umgebaut werden. So entschied man sich in Dorsten das alte Lippetor-Center komplett abzureißen und für 60 Mio. Euro an gleicher Stelle ein neues Center zu bauen (Merkaden). Ein substanzieller Umbau mit Teilabriss wäre zu teuer gewesen.

Um also das Uni-Center in einen Zustand zu versetzen, der für neue Geschäfte und Gastronomie wie deren Kunden attraktiv ist, müssten große Teile des Centers abgerissen, neu bebaut oder die bauliche Struktur grundlegend umgebaut werden. Gemessen an anderen Projekten dieser Größenordnung ist eine solche substanzielle Umgestaltung mit Kosten in Höhe von mindestens 50 Mio. Euro verbunden.

Kann und will der aktuelle Eigentümer das leisten und würde sich eine solche Investition auf Dauer überhaupt rentieren? Beide Fragen müssen wohl mit nein beantwortet werden. Eine grundlegende Sanierung und Modernisierung, wie sie für eine Wiederbelebung des Uni-Centers erforderlich wäre, lohnt sich für den Eigentümer nicht. Der Verfall ist schon zu weit fortgeschritten, der jetzige Zustand von einem zeitgemäßen viel zu weit entfernt. Den Betrag, den der Eigentümer investieren müsste, bekäme er nie wieder refinanziert, also ist nicht anzunehmen, dass er ihn ausgeben wird.

Darüber hinaus geht der Investor ein hohes Risiko ein, denn fraglich ist, ob der mit der Umgestaltung dauerhaft gewünschte Turnaround überhaupt gelingt, da sich selbst neu gebaute Einkaufzentren in Deutschland mittlerweile sehr schwertun. So ist auch das bereits erwähnte, in Dorsten neu gebaute Einkaufszentrum ein wirtschaftlicher Flop (Dorsten transparent vom 01.03.19).

Die Hoffnung des SPD-Bezirksbürgermeisters Helmut Breitkopf, dass die Dachsanierung ein Startschuss für die erforderliche umfassende substanzielle Neugestaltung sein könnte (WAZ vom 22.09.20), wird daher ziemlich sicher enttäuscht werden, sie scheitert an den ökonomischen Realitäten. Auch dass die Suche der SPD nach einem neuen Investor, der dann die erforderlichen Investitionen stemmen soll, erfolgreich sein wird, ist nicht anzunehmen (WAZ vom 15.06.20). Wird das Uni-Center nochmals verkauft, dann voraussichtlich an ein Unternehmen, das nur noch die Resteverwertung vornimmt, bis mangels Mietern keine nennenswerten Mieteinnahmen mehr vorhanden sind.

Wie kann das Uni-Center ohne private Investitionen gerettet werden?

Die Voraussetzungen für eine Rettung des Uni-Centers sind also denkbar schlecht. Realistisch ist davon auszugehen, dass die dringend notwendigen Investitionen nicht erfolgen werden und damit der Niedergang und Verfall weiter seinen Lauf nehmen wird. Privaten Investoren fehlt jedes wirtschaftliche Interesse an substanziellen Investitionen. Unvermeidlich wird also irgendwann die öffentliche Hand Geld in die Hand nehmen müssen, um den Niedergang zu stoppen. Die sich stellende Frage ist nicht mehr ob Millionen öffentliche Gelder in das Uni-Center fließen werden, die Frage ist nur noch, wann das Geld fließt. Spätestens wenn der Zustand eingetreten ist, dass sich eine Sanierung der Bausubstanz nicht mehr ökonomisch darstellen lässt und in der Folge das Center quasi leer gezogen ist, wird die Stadt es für einen Euro übernehmen und auf ihre Kosten abreißen lassen. Der bis zu diesem Zeitpunkt weiter andauernde Verfall und die zunehmende Verwahrlosung wird die Stadt allerdings teuer zu stehen kommen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ein sozialer Brennpunkt entsteht, mit allen negativen Konsequenzen, die das für eine Stadt hat. Es spricht somit alles dafür bereits jetzt vorausschauend zu handeln.

Welche Maßnahmen sind für eine Rettung notwendig?

Doch was müsste alles für eine Rettung getan werden? Zunächst mal ist der schon erwähnte Teilabriss und grundlegende Umbau der bestehenden Baustruktur erforderlich, damit ein Ort entstehen kann, an dem sich Studierende und Bewohner*innen wohl fühlen, gerne treffen und aufhalten.

Das Uni-Center wird in Zukunft auch nicht mehr als reines Einkaufszentrum funktionieren. Es sollte eine Nutzung als beliebter Aufenthalts- und Treffpunkt für den Stadtteil und die RUB angestrebt werden, mit viel Grün, einladenden Plätzen und einem entsprechenden gastronomischen Angebot. Ein erster Vorschlag in diese Richtung ist dem Rahmenplan Campus Bochum zu entnehmen.

Rahmenplan Campus Bochum 

Weiterhin ist eine Ausweitung der universitären Nutzung anzustreben. Die RUB hat bereits das ehemalige Kirchenzentrum im Uni-Center übernommen und zum Uni-Forum umgebaut, das als Gästehaus für internationale Forschende dient. Weitere universitäre Nutzungen im Uni-Center wären denkbar: Ein weiteres Studentenwohnheim, ggf. betrieben vom AKAFÖ, könnte im Uni-Center untergebracht werden. Die städtische VBW oder ein anderes Wohnungsunternehmen könnte neue Wohnungen auch für andere Bevölkerungsgruppen schaffen. Es könnten Räumlichkeiten, in denen an die Öffentlichkeit gerichtete Veranstaltungen der RUB stattfinden können, entstehen, z.B. des musischen Zentrums oder Vorlesungen, die sich auch an die Stadtbevölkerung richten. Denkbar wäre auch die Unterbringung einer Dependenz von Unifit, dem hochschuleigenen Fitnessstudio, in Verbindung mit dem bereits vorhandenen Unibad. Ebenso wäre das Uni-Center ein idealer Standort für universitäre Startups, Working Spaces und einen Makerhub (Ideenschmiede und Jobmaschine – Ein MakerHub für Bochum).

Für alle diese Nutzungen müsste die Stadt idealer Weise den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, das Immobilienunternehmen des Landes NRW, mit ins Boot holen, dem alle universitär genutzten Gebäude gehören und der sich auch im Uni-Center am Bau von Immobilien für universitäre Nutzungen beteiligen könnte.

An folgender Visualisierung kann abgelesen werden, welche Gebäude des Uni-Centers ganz oder teilweise abgerissen bzw. grundsätzlich umgebaut werden sollten (rot) und welche Baustrukturen im Großen und Ganzen bestehen bleiben könnten und bei denen nur weniger einschneidende Umgestaltung erforderlich sind (gelb). Grob lässt sich sagen, die Gebäude, über deren (Teil-)Abriss und Neubau nachzudenken ist, befinden sich alle südlich der bestehenden Ost-West-Ladenpassage.

Sanierungsbedarf Uni-Center

Aufgrund dieser Teilung wäre also ein denkbares Szenario zur Rettung des Uni-Centers, dass die Stadt vom jetzigen Eigentümer diese Immobilien übernimmt und sie mindestens bis auf die Parkhausebene abreißen lässt, um sie im nächsten Schritt an neue Investoren, darunter den BLB NRW für eine Neubebauung zu veräußern. Im Rahmen dieses Vorgehens könnte die Stadt selbst einen Gebäudeteil für die städtischen Nutzungen (Bürgerbüro, Bezirksverwaltungsstelle, Stadtbücherei, Musikschule) neu errichten und von diesem dann Eigentümer bleiben.

Weiterhin wichtig für eine positive Entwicklung des Uni-Centers ist eine bessere Anbindung an die Stadt, besonders an die RUB und die Hustadt. Dazu werden im Rahmenplan Campus Bochum bereits einige Vorschläge gemacht, u.a. die Einrichtung einer neuen attraktiven Mittelachse von Uni-Center bis zum Audimax, sowie die Anlage einer Promenade für zu Fuß Gehende und Radfahrende vom Uni-Center in die Hustadt. Ergänzt werden sollte dieser Vorschlag durch eine autonome Buslinie mit Mini-Shuttles vom Audimax über das Uni-Center bis zum Brunnenplatz, dem Zentrum der Hustadt, wie sie bereits von den STADTGESTALTERn vorgeschlagen wurde (Mini-Shuttle-Linie von der Hustadt über das UniCenter bis zur RUB).

RUB-Shuttle-Linie (grün)

Die Rettung des Uni-Center ist nur mit einem Rettungsplan der Stadt möglich

Realistisch betrachtet wird also eine Rettung des Uni-Centers nur mit dem massiven Einsatz von öffentlichem Geld möglich sein. Die fortschreitende und sich beschleunigende negative Entwicklung des Uni-Centers bedeutet, dass dringend gehandelt werden sollte. Sonst werden die mit einem weiteren Verfall des Centers verbundenen negativen Folgen immer massiver werden. Es ist also höchste Zeit, dass sich die Stadt ein Konzept überlegt, wie sie das Center retten und eine Wiederbelebung in Gang setzen kann. Im ersten Schritt wäre zu klären, wie man den derzeitigen Eigentümer überzeugt, das Uni-Center zu einem angemessenen Preis ganz oder teilweise an die Stadt zu übertragen.

27 Feb

Zehn Beispiele für die verfehlte Bochumer Schulpolitik

Die folgenden zehn Beispiele für die verfehlte Bochumer Schulpolitik zeigen, dass Stadt und Politik bisher nicht bereit sind im nötigen Umfang in Schulen und Bildung zu investieren. In der Folge weist Bochum eine weit über dem deutschen Durchschnitt liegende Zahl an Menschen ohne Arbeit bzw. mit nicht ausreichender Beschäftigung auf.

Die Arbeitslosenquote in Bochum liegt 65% über der in Gesamtdeutschland (8,5% zu 5,1%), die Unterbeschäftigtenquote sogar 82% über der in ganz Deutschland. Sie trifft vorwiegend Menschen ohne ausreichende Schul- und Berufsausbildung. Die Arbeitslosenquote bei Menschen ohne Schulabschluss fällt in etwa sechsmal so hoch aus wie bei Menschen mit abgeschlossener betrieblicher, schulischer oder akademischer Bildung (O-Ton Arbeitsmarkt). 61,3 Prozent der Arbeitslosen sind Frauen und Männer ohne abgeschlossene Berufsausbildung. (WAZ 13.12.21). Bei den Langzeitarbeitslosen hat fast ein Viertel keinen Schulabschluss, 37 % einen Hauptschulabschluss, fast 70% haben keinen Berufsabschluss.

Diese desaströsen Zahlen sind letztlich die Folge eines eklatanten Versagens der Stadt in der Schul- und Bildungspolitik und das Ergebnis einer Reihe von Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte. Hier zehn Beispiele für die verfehlte Bochumer Schulpolitik:

1. Schließung der Grundschulen 2012 – Von 58 städtischen Grundschulen 2012 sind heute nur noch 42 übrig. Den Rest schloss die Stadt oder wandelte sie in Teilstandorte anderer Grundschulen um. Das Ziel: Kosten sparen. Dabei ignorierte die Stadt, dass das Land für die Grundschulen eine deutliche Verkleinerung der Klassengrößen vorgeschrieben hatte. Darüber hinaus wurden der Entscheidung falsche Annahmen zur Entwicklung der Demografie zu Grunde gelegt. Wie von den Kritikern vorgerechnet (Das Märchen von Schulschließungen aufgrund abnehmender Schülerzahlen), erwies sich die Entscheidung als falsch. Jetzt fehlt laut Stadt in jedem der sechs Bochumer Stadtbezirke je eine Grundschule.

Der Neubau von neuen Grundschulen wird für die Stadt sehr teuer werden. Die neue Feldsieper Grundschule alleine wird voraussichtlich 23 Mio. Euro kosten (Falsche Grundschulschließungen kosten die Stadt 50 Mio.).

2. Systematische Vernachlässigung des baulichen Zustands und der Ausstattung der Schulen – Weiterhin sind viele Bochumer Schulen schwer sanierungsbedürftig, bei der Ausstattung, fehlt es an allen Ecken. Teile von Schulen sind nicht benutzbar, für Fachunterricht wie beispielsweise Physik. Chemie oder Biologie fehlt es an entsprechend gut ausgestatteten Fachräumen. Nach Jahrzehnten systematischer Vernachlässigung versucht die Stadt zwar seit einigen Jahren den gigantischen Sanierungsstau aufzuholen, doch die eingesetzten finanziellen Mittel werden dafür nicht reichen. 

3. Fehlende Gesamtschule – Seit Jahren melden sich mehr Kinder an Gesamtschulen an, als Plätze an Gesamtschulen verfügbar sind. 2022 fanden 43 Kinder nicht an der Gesamtschule einen Platz, zu der sie gehen wollten, weitere 73 Kinder, mussten eine andere Schulform wählen (WAZ vom 17.02.22). Statt eine Gesamtschule dort zu schaffen, wo sie in Wattenscheid fehlt, wandelte die Stadt nach gescheitertem Schulversuch die Gemeinschaftsschule in eine Gesamtschule (Bochum-Mitte) um, die nur 700 Meter entfernt von einer weiteren Gesamtschule liegt (Gesamtschulstandort ist ungeeignet).

Wie von den Kritikern vorhergesagt, besteht für diese Gesamtschule Bochum-Mitte genau so wenig Bedarf wie bereits für die vormalige Gemeinschaftsschule an gleicher Stelle, während in Wattenscheid weiterhin eine Gesamtschule fehlt (Gesamtschulstandort ist ungeeignet). Auch 2022 meldeten sich auf die 98 Plätze der Gesamtschule nur 55 Schüler*innen an. Eine auch aus anderem Grund verständliche Entscheidung, denn wer schickt sein Kind an eine Schule mit zwei Standorten, die fast 20 Minuten Fußweg auseinander liegen?

4. Fehlende Turnhallen und Lehrschwimmbecken – Sport und Schwimmunterricht findet an Bochumer Schulen nur mit teilweise erheblichen Einschränkungen statt. Es fehlt an Turnhallen und Lehrschwimmbecken. So verfügt die vierzügige Gesamtschule Bochum-Mitte zusammen mit der dreizügige Grundschule Feldsieper Straße nur über zwei Turnhallen. Fünf von 15 Lehrschwimmbecken in Bochum können derzeit nicht genutzt werden., da sie über Jahrzehnte nicht Instand gehalten wurden (WAZ vom 28.12.21). Dazu fehlt es an Schwimmmöglichkeiten in den öffentlichen Bäder der Stadt. In der Folge sind die Schwimmfähigkeiten vieler Bochumer Schüler*innen sehr begrenzt.

5. Gescheiterte Mensaneubauprojekte – Bereits 2014 beschloss der Stadtrat, dass an Goethe-Schule, Hildegardis-Schule und Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule aufgrund des Ganztagsbetriebs Mensen gebaut werden sollten. Die Verwaltung hat es bis heute nicht hin bekommen diese Neubauten zu errichten.

Bei der Gothe-Schule gab es bis 2016 schon 3 vergebliche Anläufe (Unfähigkeit? – Bau der Goethe-Mensa scheitert auch im dritten Versuch), bis 2021 folgten einige weitere.

Ständige neue Planungen, verschiedenste Standortuntersuchungen und Kostenüberschreitungen aufgrund von Fehleinschätzungen führten letztlich dazu, dass die Verwaltung in 8 Jahren dem Stadtrat nie einen realisierbaren Planungsentwurf vorlegen konnte. Nach Aussage der Verwaltung soll der Neubau der Mensa jetzt bis zum Beginn des Schuljahrs 2026 abgeschlossen sein. Den letzten Erklärungen der Verwaltung ist zu allerdings entnehmen, dass alle bisherigen Planungen eingestampft wurden und derzeit keine neuen Planungen laufen (Stadtverwaltung – viel zu oft viel zu langsam).

Ähnlich verliefen die Neubauprojekte an Hildegardis- und Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule bis heute im Sande. Dass die Schüler*innen mittags gut versorgt werden, scheint weder Stadt noch Politik ernsthaft zu interessieren. Ein möglichst optimales Lernklima zu schaffen ist offensichtlich nicht das Ziel.

6. Unzureichende digitale Ausstattung – Wie die Coronakrise gezeigt hat, fehlt es in allen Bochumer Schulen an digitaler Ausstattung wie Konzepten für digitalen Unterricht. Erst 2025 sollen alle Bochumer Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen sein. Bis heute gibt es keinen Plan, wie alle Schüler und Schülerinnen an ein digitales Endgerät kommen sollen. Gutes WLAN ist in Bochumer Schulen immer noch eine Seltenheit (Digitaloffensive: Tempo bei der Schul-Digitalisierung deutlich erhöhen). Wenn Schulen digital besser ausgestattet sind, wie die Schillerschule, ist das allein der Verdienst einer engagierten Schulleiter*in sowie Lehrkräften und eines finanzkräftigen Fördervereins. Die Stadt hat daran leider keinen Anteil (WAZ vom 26.02.2022).

Während der Coronakrise rächte sich die bisherige provokative Langsamkeit der Bochumer Schulverwaltung in allen Bereichen, die mit Digitalisierung zu tun haben. Jetzt will man die technischen Defizite an den Schulen zwar schneller beseitigen. Doch was die Verwaltung für schnell hält, ist nach allgemeinem Sprachverständnis immer noch zu langsam. Es werden noch Jahre vergehen, bis die Versäumnisse aufgeholt wurden.

Zu befürchten ist, dass dann, wenn das nötige digitale Equipment endlich an den Schulen vorhanden ist, der Unterricht und die Unterrichtsinhalte immer noch nicht an die digitalen Möglichkeiten und Erfordernisse angepasst wurden, denn in diesem Bereich passiert an den Bochumer Schulen bisher kaum etwas. Mache sind wohl noch der Meinung, man könne Schulstoff in gleicher Weise analog wie digital vermitteln, obwohl die Coronakrise längst gezeigt hat, dass das nicht funktioniert.

7. Sparen bei Ausgaben für Schulen – 2018 gab die Stadt noch knapp über 1.600 Euro pro Schüler*in aus, 2019 waren es nur noch 1.260 Euro (-340 Euro), 2020 noch mal 100 Euro weniger, nämlich 1.160 Euro. Die Ausgaben pro Kopf sanken also im Zeitraum 2018 bis 2020 um 28%. Besonders fatal der Rückgang der Ausgaben bei den Grundschulen, hier sanken die Ausgaben pro Kopf sogar um knapp über 30% (Jahr für Jahr weniger städtisches Geld für Schülerinnen und Schüler).

Die Stadt beschränkt sich bei der Schulpolitik im Wesentlichen darauf die Fördermittel von Land und Bund abzugreifen. Es fehlt die Bereitschaft selbst nennenswert städtisches Geld in die Schulen und Schüler*innen zu investieren oder gar eigenes Geld für zusätzliche Lehrkräfte bereit zu stellen.

8. Kostenexplosionen bei Schulneubauten und -sanierungen – Bei fast allen derartigen Bauprojekten kommt es zu massiven Kostenüberschreitungen, hier einige Beispiele (Bauprojektcontrolling 3. Quartal 2021):

50 Mio. sollte der Neubau des Schulzentrums noch 2018 kosten, innerhalb von nur 15 Monaten explodierten die Kosten auf zunächst auf knapp 90 Mio. und dann auf 150 Mio. Euro. Die Bauprojekte Neues Gymnasium und Hans-Böckler-Realschule wurden schon 2014 8,8 Mio. teurer (Stadt verliert Kontrolle über Bauprojekte).

Das Schulgebäude an der Feldsieper Straße, damals Heimat der Feldsieper Grundschule wie der Gemeinschaftsschule Bochum-Mitte, wurde bereits 2011 und 2015 saniert. Das kostete 13 Mio. Euro. Geplant waren nur 9,5 Mio.. Weitere Millionen wurden in die ehemalige Hermann-Gmeiner-Schule, dem zweiten Standort der ehemaligen Gemeinschafts- und heutigen Gesamtschule investiert. Dann beschloss der Stadtrat nur 2 Jahre nach dem letzten Umbau, es sollten weitere 21 Mio. für einen erneuten Umbau beider Standorte zur Gesamtschule und dem Neubau der Grundschule investiert werden. Davon allein 12,3 Mio. in das neue Grundschulgebäude. Das soll jetzt 23 Mio. kosten und damit fast doppelt so teuer werden. Bei dem Gesamtschulumbau ist mit ähnlich krassen Kostensteigerungen zu rechnen.

Die Sanierung der Willy-Brandt-Gesamtschule wird voraussichtlich statt 9,5 Mio. 13,2 Mio. Euro kosten. Bei der Schillerschule haben sich die Kosten verdoppelt (8,2 statt 4,1 Mio.). Die Sanierung der Goethe-Schule sollte mal 7 Mio. Kosten, jetzt werden 24,8 Mio. veranschlagt, also gleich 3,5-mal mehr. Dabei wurde mit dem Umbau nicht mal begonnen und die seit Jahren geplante Mensa ist nicht Gegenstand der Sanierung.

Kostenschätzungen der Verwaltung zu Baumaßnahmen bei Schulen, kann man in Bochum nicht ernst nehmen. Die Bauverwaltung schafft es nicht die Kosten- und Zeitplanungen für diese Maßnahmen mittels eines seriösen Projektmanagements unter Kontrolle zu halten. Die Stadtpolitik zeigt sich an dem Einhalten von Kostenvorgaben seit Jahren desinteressiert und ignoriert das Problem.

9. Extremer Lehrermangel an Grundschulen – Die WAZ berichtet, die aktuelle Lage an den Bochumer Grundschulen ist, noch verschärft durch die Coronakrise, katastrophal (WAZ vom 02.02.2022). Der Lehrermangel ist extrem (WAZ vom 25.02.2022), fast jede zehnte Stelle ist nicht besetzt, bei manchen Grundschulen sogar jede vierte. Hinzu kommen viele Krankheitsfälle. Die Stadt hat es versäumt selbst Grundschullehrkräfte einzustellen, wie es die Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn zuletzt 2021 beantragt hat (Antrag 20211586). Weiterhin wird in der Bochumer Stadtpolitik nicht das Ziel verfolgt, allen Schüler*innen mindestens zu einer Empfehlung zur Realschule zu verhelfen. Noch immer scheint man der Ansicht zu sein, es wäre hilfreich, wenn in der Schule eine gewisse Zahl Kinder scheitert, damit eine ausreichend Zahl Menschen vorhanden ist, die mangels ausreichendem Schulabschluss auf schlechte und schlecht bezahlte Jobs angewiesen sind.

10. Demoralisierung der Lehrkräfte – Die schlechte Lage an den Bochumer Schulen, die Vernachlässigung der Schulen wie Schüler*innen sowie die desaströse Schulpolitik führt letztlich zur Demoralisierung der an den Schulen Beschäftigten (WAZ vom 16.02.2022). Die Folgen sind hohe Krankenstände, schlechte Chancen Lehrkräfte für Bochumer Schulen zu gewinnen und die fehlende Bereitschaft der Lehrer*innen als Schulleiter*in tätig zu werden. Sicher hat auch die Schulpolitik des Landes einen wesentlichen Anteil an diesem Zustand, doch auch die Stadt dokumentiert durch ihr mangelndes Interesse an Schulen und Bildung eine mangelnde Wertschätzung gegenüber den Lehrkräften. Denn die Stadt ist maßgebliche verantwortlich für die ungenügende Ausstattung der Arbeitsplätze und der teilweise desaströsen Arbeitsbedingungen an den Schulen.

Fazit: Die angeführten Fehlentscheidungen der letzten Jahre und Jahrzehnte in der Bochumer Schul- und Bildungspolitik zeigen, Schulen und Bildung haben in Bochum keine Lobby.

Selbst tut die Stadt kaum mehr, als sie aufgrund geltenden Rechts als Schulträger tun muss oder wofür sie Fördermittel abgreifen kann. Darüber hinaus tut sich viel zu wenig. Der Politik fehlt der Anspruch, Schulen und Bildung in der Stadtpolitik Priorität einzuräumen. Zwar ist Bochum Universitätsstadt, doch bei der Schulbildung tut die Stadt noch immer so, als suchten die Unternehmen primär günstige Malocher, deren Schul- und Berufsabschluss bei der Arbeitssuche keine Rolle spiele. Die Folge ist die hohe Zahl arbeitsloser und unterbeschäftigter Menschen, die eine Bevölkerungsschicht ohne Perspektiven in prekärer sozialer Lage nach sich zieht und deren finanzielle Unterstützung die Stadt jedes Jahr hohe Millionenbeträge kostet.

Die bisherige und aktuelle Schul- und Bildungspolitik ist einer Universitätsstadt unwürdig. Sie ist unsozial, da sie die Schwächsten, besonders Kinder aus unterprivilegierten Haushalten, zusätzlich benachteiligt. Es ist höchste Zeit, dass die Stadt hier endlich umdenkt und der Schul- und Bildungspolitik absolute Priorität einräumt und dafür bereit ist die erforderlichen finanziellen Mittel bereit zu stellen.

24 Jan

Klimaschutz muss Grundlage eines neuen Handlungskonzept Wohnen 2.0 werden

Die Stadt will jedes Jahr 800 neue Wohnungen schaffen und erschließt deshalb immer neue Wohngebiete auf Grün- und Naturflächen, auf der anderen Seite hat die Stadt den Klimanotstand ausgerufen. Das passt nicht zusammen. Im Handlungskonzept Wohnen müssen die Ziele des Klimaschutzes berücksichtigt werden.

Zwangsläufig werden mit Neubaugebieten auf Grün- und Naturflächen für den Klimaschutz wertvolle Flächen zugebaut und versiegelt.

Beispiel Bebauung “Am Ruhrort”

Die geplante Bebauung “Am Ruhrort” in Dahlhausen zeigt das Dilemma. Auf einer 2,7 ha großen Fläche, die heute noch Grabeland ist, sollen 26 Doppel- und 38 Reihenhäusern entstehen. Gemäß den Vorgaben des Klimaschutzanpassungskonzeptes verbietet sich eigentlich eine Bebauung. Geht man nach den Zielsetzungen Wohnbauflächenprogramm und Handlungskonzepts Wohnen soll das Gebiet bebaut werden um neuen Wohnraum zu schaffen. Die Verwaltung schreibt entsprechend im Umweltbericht zum Bebauungsplan (Anlage 5, S. 34 ff.), dass das Klimaschutzkonzept sich in einem “unmittelbaren inhaltlichen Dissens” zum Handlungskonzept Wohnen befindet. Die mit dem Bebauungsplan “Am Ruhrort” geplante Siedlungsflächenentwicklung stehe im Widerspruch mit der Handlungskarte Klimaanpassung und somit potenziell auch im Widerspruch mit den Klimaschutzbelangen (Umweltbericht, Anlage 5).

Um das Dilemma im konkreten Fall aufzulösen, kommt die Verwaltung zu der fragwürdigen Abwägung, das Klimaschutzanpassungskonzept sei nur im Fachausschuss des Rates beschlossen worden, das Handlungskonzept Wohnen jedoch im Rat selbst, daher sei letztgenanntes höher zu bewerten. Der vom Rat ausgerufene Klimanotstand habe nur symbolischen Wert und sei bei der Abwägung nicht einzubeziehen.

Handlungskonzept Wohnen kennt bisher keinen Klimaschutz

Im Handlungskonzept Wohnen kommen die Worte “Klimaschutz” und “Umweltschutz” gar nicht vor. Das Konzept nennt lediglich das Ziel “Nachhaltigkeit ermöglichen”. Aber selbst diese Zielsetzung bleibt vage. “Die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ansprüche an den Raum sollen miteinander in Einklang” gebracht werden, heißt es im Handlungskonzept. Was darunter konkret zu verstehen ist, bleibt offen.

Die bisherige Zielformulierung im Handlungskonzept Wohnen führt im Ergebnis dazu, dass die Verwaltung immer wieder die Belange des Klima- und Umweltschutzes beiseite schiebt und diese dem Ziel mehr Wohnraum zu schaffen unterordnet. Angesichts dessen, dass die Stadt den Klimanotstand verkündet hat, ist dieses Vorgehen nicht nachvollziehbar. Wenn sich die Stadt in der festgestellten Notlage befindet, dann ist in jeder Hinsicht unmittelbares Handeln zugunsten des Klimaschutzes erforderlich und Handeln, das den Notstand verschärfen kann, unter allen Umständen zu unterlassen

Handlungskonzept Wohnen 2.0

Also ist dringend eine Überarbeitung des “Handlungskonzeptes Wohnen” erforderlich, die den Anforderungen des verkündeten Klimanotstand gerecht wird. In das neue Handlungskonzept 2.0 wäre aufzunehmen, dass alle aus dem Konzept abgeleiteten Handlungen um mehr Wohnraum zu schaffen mit den Klimaschutzzielen vereinbar seien müssen.

Konkret bedeutet das, die Schaffung von Wohnraum im Bestand ist dem Neubau von Wohnraum auf Grün- oder Naturflächen vorzuziehen. Neubau sollte sich zukünftig also im Wesentlichen auf den Ersatz von nicht sanierbarem Altbestand, zur Arrondierung bestehender Wohnbebauungen (u.a Schließen von Baulücken) oder auf eine ökologisch verträgliche Verdichtung bestehender Bebauung, beschränken.

Eine Bebauung bisher nicht bebauter Flächen sollte nur noch dann möglich sein, wenn sich durch eine entsprechend umweltfreundliche Bebauung der ökologische Wert der Fläche insgesamt erhöht.

Generell sollten mit dem neuen Handlungskonzept Wohnen 2.0 neben der Dachbegrünung weitere Vorgaben für Neubauten eingeführt werden, die der Erreichung der Klimaschutzziele dienen. Neue Wohngebiete sollten zum Beispiel grundsätzlich autoreduziert bis autofrei geplant werden. Zudem sollte mit jeder Schaffung von neuen Wohngebieten verpflichtend eine Verbesserung des Angebotes im öffentlichen Nahverkehr und ein Anschluss an das Radverkehrsnetz verbunden sein.

Fokus auf die Sanierung und Modernisierung bzw. die Schaffung von neuem Wohnraum im Bestand

Im neuen “Handlungskonzept Wohnen 2.0” sollte zudem ein klarer Fokus auf die Sanierung und Modernisierung sowie die Schaffung von Wohnraum im Bestand gelegt werden. Dabei kann das bereits beschlossene Kommunale Modernisierungsprogramm für Wohnraum entlang der Cityradialen nur ein erster Anfang sein. Eine nachhaltige Modernisierung und Schaffung von Wohnraum lohnt sich regelmäßig nur dann, wenn der neue bzw. modernisierte Wohnraum an Straßen liegt, an der Menschen gerne wohnen.

Straßenumgestaltung mit Modernisierungsförderung verknüpfen

Das Modernisierungsprogramm sollte daher mit einer entsprechenden Umgestaltung der Straßen verknüpft werden. In Schweden soll bis 2030 jede(!) Straße des Landes gesund, nachhaltig und lebendig umgestaltet werden (Make Way for the ‘One-Minute City’, vom 05.01.21). Vergleichbares wäre in Bochum anzustreben. In den nächsten 20 Jahren sollte jedes Viertel der Stadt, jede Straße im Hinblick auf eine grünere Gestaltung mit weniger Verkehr und mehr Aufenthalts- und Wohnqualität überplant werden. Erst im Rahmen der Überplanung sollte den Gebäudeeigentümer dann angeboten werden eigene Maßnahmen mit kommunalen Finanzmitteln zu unterstützen. Durch die Verknüpfung beider Maßnahmen erhöhen sich für die Immobilieneigentümer die Anreize, bestehenden Wohnraum nachhaltig zu sanieren und zu modernisieren sowie neuen Wohnraum im Bestand zu schaffen, deutlich. Bei den Überplanungen sollten sowohl hinsichtlich der Straßengestaltung wie der Wohnraummodernisierung und -schaffung Maßnahmen, die der Erreichung der Klimaschutzziele dienen, bevorzugt umgesetzt und gefördert werden.

Ausdrücklicher Leitgedanke des “Handlungskonzeptes Wohnen 2.0” sollte die Schaffung und Modernisierung von Wohnraum unter Beachtung und Verfolgung der Klimaschutzziele sein. In letzter Konsequenz sollte das geänderte Konzept letztlich ein Teilkonzept des ebenfalls neu zu erarbeitenden Klimaschutzkonzepts der Stadt Bochum sein (Was muss Bochum tun, damit die Stadt bis 2040 klimaneutral ist, vom 28.06.20).

Zwar haben SPD und Grüne im Koalitionsvertrag (Vertrag, Seite18) die Evaluierung des Handlungskonzepts bis spätestens 2022 vereinbart, dabei ist allerdings nur “die Berücksichtigung von aktuellen Studien zur Bevölkerungsentwicklung und zum Wohnungsbau” vorgesehen. Eine Überarbeitung des Konzeptes hinsichtlich der Anforderungen des Klimaschutzes wurde dagegen nicht vereinbart. Das ist erkennbar zu wenig. Es werden ein weiteres Mal die Handlunsgsnotwendigkeiten, die sich aus der Ausrufung des Klimanotstandes ergeben, ignoriert.

17 Jan

Uhlandstraße wird wieder nicht “Übelste Schlaglochpiste Deutschlands

Die Gesichter in der Bochumer Stadtverwaltung sind lang. Erneut scheiterte man mit der Bewerbung der Uhlandstraße für die “Übelste Schlaglochpiste Deutschlands”. Seit über 30 Jahren meldet das Fachamt für fachgerechte Pflege von Schlaglöchern und Flickschusterei die Uhlandstraße zu dem Wettbewerb an, der jeweils zum Tag des Schlaglochs am 15. Januar von der Gesellschaft für deutsche Schlaglochforschung ausgelobt wird.

Aber auch diesmal hatte die Bewerbung keinen Erfolg. Der Sieg ging, wie schon im Vorjahr, erneut nach Gelsenkirchen.

Die Schaffung eines Schlaglochmeisterwerks

Dabei hat die Stadt mit der Uhlandstraße in den 80er Jahren ein besonderes Schlaglochmeisterwerk geschaffen. Ursprünglich handelte es sich um eine Feldsteinstraße mit entsprechend großem Kopfsteinpflaster, bis irgendwann um 1985 ein Abwasserkanal entlang der Straße neu verlegt werden musste und in der Mitte der Straße ein rund zwei Meter breiter Graben ausgehoben wurde. Nachdem dieser wieder verfüllt wurde, fiel den Mitarbeitern der beauftragten Baufirma auf, dass die zur Abdeckung des Grabens erforderlichen Pflastersteine unplanmäßig abhandengekommen waren, also asphaltierte Dampfwalzenfahrer Jakob Beuys kurzentschlossen freihändig den gesamten Grabenbereich. Das fiel zunächst auch gar nicht auf, weil zur damaligen Zeit traditionell vor Ort keine Abnahme der Arbeiten nach Beendigung der Baustelle stattfanden und der zuständige städtische Mitarbeiter zeitgleich auf einer feuchtfröhlichen Feier des beauftragten Bauunternehmers eingeladen war.

Denkmalschutz schlägt Alarm

Doch bald kamen den Anwohnern der Straße Zweifel, ob die Asphaltbahn auf der Mitte der Pflasterstraße, eine von der Stadt beabsichtigte Verschönerung ihres Wohnumfeldes darstellen sollte und fragten bei der Unteren Denkmalbehörde nach. Diese schlug Alarm, durch die Zerstörung des Pflasterbelags sei die historische Ansicht des Stadtparkviertels schwer beschädigt und damit das denkmalgeschützte Bild des Viertels verhunzt worden.

Meisterwerk von Beuys, aber doch nicht von dem Beuys

Zunächst redete sich das zuständige Amt darauf heraus, es hätte sich bei dem Akt der Asphaltierung um eine Kunstaktion des bekannten Künstlers J. Beuys gehandelt. Der hier die Traditionen des Großbürgertums, die sich in der Optik des Stadtparkviertels manifestiert hätten, brutal mit den Mitteln modernen Straßenbaus im Chick der 80er-Jahre aufgebrochen habe. Bei der Verleihung des Bochumer Stadtbild-Kunstpreises an den vermeintlichen Künstler und Dampfwalzenfahrer Jakob Beuys, erklärt dieser jedoch, er sei nur über sechs Ecken mit dem Künstler Joseph Beuys verwandt und hätte diesen auch nur einmal im Leben getroffen als er seine frisch geteerte Garagenausfahrt gewalzt habe. Auch würde er auf seinem Pausenbrot seit 30 Jahren Käseecken Fettecken vorziehen.

Die Suche nach den Pflastersteinen

Die Denkmalbehörde beharrte auf Wiederherstellung des historischen Kopfsteinpflasterbelages. Doch die fehlenden Pflastersteine waren nicht aufzufinden. Leitende Mitarbeiter der Baufirma hatten die Steine vermutlich an mafiös organisierte Pflastersteinschmugglerbanden vertickt, die diese an Häuslebauer zum Pflastern ihrer Gartenwege weiterverkauft hatten. Die Ermittlungen der von OBin Scholz persönlich eingesetzten 6-köpfigen Pflasterstein-Suchkommission verloren sich immer wieder im Baltikum. Die Steine blieben bis auf drei, die Bauarbeiter sich als Andenken für die Kanalbauarbeiten mitgenommen hatten, unauffindbar.

Es wurde eine neue Sachabteilung zur Rekonstruktion des Pflasterbelages gebildet. Im Straßenbau um die Jahrhundertwende kundige Historiker wurden zu Rate gezogen, um das aufwendige Projekt “Rekonstruktion historisches Pflaster Uhlandstraße” aufzunehmen. In einem 3D-Modell sowie anhand historischer Straßenansichten wurden zunächst alle fehlenden Pflastersteine ermittelt, die Lage kartografiert sowie Form, Farbe, Geschmack und Textur jedes einzelnen der 321.456 fehlenden Steine in einem individuellen Steckbrief erfasst. Die Historiker fanden heraus, dass die fehlenden Steine aus einem Steinbruch nahe dem Ort Chostka in Ostpreußen stammen. Kurzzeitig wurde angedacht den Steinbruch zwecks Herstellung neuer Steine wieder in Betrieb zu nehmen. Dieser Plan wurde jedoch von den polnischen Naturschutzbehörden letztlich abgelehnt.

Also begab sich die neu gegründete Fachabteilung “Wiederherstellung historisches Pflaster Uhlandstraße” weltweit auf die Suche nach einem Steinbruch, in dem die Steine in Originalqualität nachproduziert werden könnten. Man wurde schließlich in einem unzugänglichen Tal in Nordwest-Armenien fündig. Nach umfangreicher Prüfung der eingesetzten Historikerkommission kam endlich das OK, dass die Steine hier neu produziert werden könnten.

Vorbereitungen und Planungen gehen in das vierte Jahrzehnt

Jetzt bleibt nur noch zu klären, in welcher Bauweise die zu rekonstruierende Straße neu aufgebaut werden soll. Gemäß Ausführungen der zuständigen Behörde muss die Wohnstraße heute ganz anderen Belastungen, standhalten (Mitteilung 20162898), denn statt Pferdefuhrwerken, wird die Straße seit den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts vermehrt von Automobilen befahren. Auch für Radfahrer sei die Pflasterung in der historischen Form ungünstig. Entsprechend wurde eine 100 Meter lange Teststrecke eingerichtet, auf der seit 2010 drei unterschiedliche Straßenaufbauten einem 5-jährigen Belastungstest unterzogen werden.

Überlegt werden soll auch, ob die Straße auf einer Länge von 10 Meter im jetzigen Zustand mit einem markanten Schlagloch als Mahnmal erhalten werden soll. Damit soll auch an die lange Zeit erinnert werden, in der die Straße von namhaften Automobil- und Fahrradbauern als Teststrecke für ihre Geländefahrzeuge genutzt wurde. Das Prüfsiegel “Uhlandstraßen prooved” steht seit Jahrzehnten weltweit für die besondere Geländegängigkeit von Stadt-SUVs.

Doch noch Siegchancen im Rennen um die “Übelste Schlaglochpiste Deutschlands”

Nach diesen umfangreichen Vor- und Planungsarbeiten, kann, wenn alles gut läuft und keiner der schon seit 40 Jahren mit dem Projekt befassten Mitarbeiter pensioniert wird, mit der Wiederherstellung der Uhlandstraße schon gegen Ende der 2020er-Jahre gerechnet werden. Es ist also noch etwas Zeit den begehrten Preis der “Übelste Schlaglochpiste Deutschlands” dem übermächtig erscheinenden Konkurrenten aus Gelsenkirchen zu entreißen. Schon 2022 könnt es so weit sein. Nach den Vorschlägen des Fachamtes für fachgerechte Pflege von Schlaglöchern und Flickschusterei soll zu Beginn der nächsten Frostperiode ein Team russischer Schlagloch-Profis aus der sibirischen Taiga nach Bochum kommen, das die Straße bei einer Temperatur von unter -5°C mit Wasser fluten und dann mit einem sowjetischen T-35-Panzer befahren will. Das zuständige Amt ist überzeugt, auf diese Weise lassen sich Schlaglöcher erzeugen, in denen ohne Probleme ein Kleinkind samt Puckroller verschwinden kann. In der Stadt gibt man sich siegesgewiss, dem wird selbst Gelsenkirchen nichts entgegensetzen können.

Abstimmungen der Abstimmungen wegen

Es könnte also “plausible” Gründe geben, warum die Straße seit den 80er Jahren nicht wieder hergestellt wurde oder es liegt einfach an der Untätigkeit, Unwilligkeit oder fehlender Kompetenz der zuständigen Ämter. 2016 erklärte das Tiefbauamt, die Abstimmungsgespräche innerhalb der Verwaltung, insbesondere mit der Unteren Denkmalbehörde, seien noch nicht abgeschlossen (Mitteilung 20162898). Das scheint 2021 immer noch nicht der Fall zu sein. Die Bürger*innen fragen sich, wie es möglich sein kann, dass solche Gespräche auch nach Jahren immer noch zu keinerlei Ergebnissen geführt haben.

28 Jul

Vier Optionen wie es mit Freibad Werne weiter geht

Das Werner Freibad ist geschlossen. Seit Jahren war es baufällig und marode, jetzt wurden die Zustände so schlimm, den Verantwortlichen blieb keine Wahl, sie mussten das Bad schließen. Nach Stadtbad und Südbad (Hallenbadbereich) war das Werner Freibad das dritte Bad, dessen Betrieb eingestellt werden musste, weil Reparaturen nicht mehr möglich bzw. wirtschaftlich untragbar waren.

Politik handelt ohne Schwimmbäderkonzept kopf- und planlos

Die Politik hat versagt. Der Stadt fehlt ein Schwimmbäderkonzept. SPD, CDU und Grüne verhindern seit Jahren die zügige Erstellung. Stattdessen werden unrealistische Planungen (Beschlussvorlage 20191817), in die Welt gesetzt, in Höntrop ein Badneubau für utopisch günstige 16,5 Mio. in Werne eine Badmodernisierung mit 4.000 qm Luxus-Eingangsgebäude und 30 qm Alibi-Quartiersraum für 4,5 Mio., ein Fitnesstudio für 2,75 Mio, und eine Tiefgarage mit 50 Stellplätzen für bis zu 1.000 Besucher pro Tag für 1,5 Mio. Nur die 3,3 Mio für die Sanierung der Schwimmbecken und Badtechnik wären gut angelegt gewesen.

Die aberwirtzigen Pläne für das Freibad Werner waren weder das Ergebnis einer geordneten Planung noch einer Bürgerbeteiligung. Beides gab es im Vorfeld nicht. 2015 stellte man 3,54 Mio. zur funktionalen Aufwertung und energetischen Sanierung des Freibades in das Stadtentwicklungskonzept Werne/ Langendreer ein, 3 Mio. davon erhoffte man aus Fördermitteln des Landes zu erhalten. (ISEK Werner( Langendreer Alter Bahnhof).

Ein absurder Plan

Da die 3 Mio. Fördermittel aber nicht für die Sanierung der Technik wie der Schwimmbecken bereitgestellt werden, sondern nur für Sozialräume, erdachte man einen Luxuseingangs- und Umkleidebereich mit einem 30 qm Alibi-Quartiersraum, um damit die Fördermittelgeber zu überzeugen. Weiterlesen

29 Jun

Stadt verliert Kontrolle über Bauprojekte

Die Bürger haben das Gefühl die Stadt lernt nicht dazu. Nach den Kostenexplosionen bei Bauprojekten wie
– Haltestelle Gesundheitscampus (3,6 auf 17 Mio.),
– Parkhaus Jahrhunderthalle (4,3 auf 6,4 Mio.),
– Platz des europäischen Versprechens (von 0,46 Mio. auf 3,4 Mio.),
– Neues Gymnasium (von 31 Mio. auf 36 Mio.) und
– Hans-Böckler-Realschule (von 9,8 Mio. auf 13,8 Mio),
– Sanierung Unibad (von 4,5 Mio. auf 7,6 Mio.),
– Sanierung Sprungturm Hallenfreibad Höntrop (von 85.000 auf 260.000)
– Sanierung Feldsieper Schule (von 2,5 Mio. auf 5 Mio.),
– Musikforum (von 32,9 auf 39 Mio.),

kommen jetzt auf einen Schlag vier neue Projekte hinzu, bei denen die Kosten sich massiv erhöht bis vervielfacht haben::
– Schulzentrum Gerthe (von 50 Mio. auf 150 Mio.)
– KiTa Hofstede (von 1,82 Mio. auf 2,53 Mio.)
– Dreifachturnhalle inklusive integrierter Mensa, Märkisches Gymnasium (von 8,8 Mio. auf 14,8 Mio.)
– Sanierung des Ostflügels des Historischen Rathauses (von 5,7 Mio. auf 14,56 Mio.)

Wie kann es fortlaufend zu derartigen Fehlplanungen und Kalkulationen kommen? Warum ist die Politik nicht bereit, die Verwaltung so zu organisieren, dass diese die Kosten zumindest einigermaßen im Griff halten kann? Weiterlesen

22 Sep

Wohnraum im Bestand schaffen

800 neue Wohnungen sollen jedes Jahr in Bochum entstehen (Handlungskonzept Wohnen). Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, schlägt die Stadt dem Stadtrat jetzt 34 Flächen zur Bebauung mit neuen Wohngebieten vor (Steckbriefe mittel- und langfristige Wohnbauflächen). Als mögliches Bauland nennt die Stadt Bochum neun vorgenutzte Flächen mit insgesamt 22,6 ha und und 18 Grün- und Freiflächen, das sind insgesamt über 49 ha Landschaft, die in Wohngebiete umgewandelt werden sollen. Weiter werden sechs Flächen vorgeschlagen die teils Freiflächen und teils vorgenutzt sind. Gegen dieses Vorhaben regt sich In vielen Stadtteilen Widerstand. Zu den geplanten Bebauungen Im Haarmannsbusch, Reimerts Feld (Schadowstraße), Schulte-Hiltrop-Straße, Baumhofstraße, Werner Feld und Wilhelm-Leithe-Weg haben sich Anwohner bereits in Bürgerinitiativen organisiert, um eine Bebauung der Grünflächen in der Nachbarschaft zu verhindern.

Wohnraum schaffen oder aktivieren in bestehenden Stadtgebieten

Die Bebauung von Grünflächen ist nicht alternativlos. Auch in den bestehenden Stadtgebieten ist es möglich neuen Wohnraum zu schaffen. Folgende Möglichkeiten bestehen dabei: Weiterlesen

30 Sep

Kein Geld der Stadt für die Sanierung der STEAG

Dass der von SPD und Grünen in Bochum forcierte Kauf der STEAG durch die Ruhrgebietsstädte eine fatale Fehlentscheidung war, räumen mittlerweile auch die verantwortlichen Kommunalpolitiker ein. Der Totalverlust der von Bochum investierten 200 Mio droht. Wie von den Kritikern vorausgesagt, befindet sich die STEAG in einer massiven wirtschaftlichen Schieflage (LK vom 02.07.14). Das Kerngeschäft der STEAG, die Verstromung von Kohle ist in Zeiten der Energiewende kein lukratives Geschäft mehr.

Die schwierige Lage bei der STEAG

Längst wäre die Stadt Bochum froh, wenn die beim STEAG-Kauf von den Stadtwerken als Worst-Case-Szenario dargestellte Geschäftslage erreicht würde. Mittlerweile wird deutlich Schlimmeres befürchtet. Auch die Zerschlagung der STEAG und die vollständige Abschreibung der von der Stadt Bochum über die Stadtwerke in die STEAG investierten über 200 Mio. sind mittlerweile real mögliche Szenarien.

Die STEAG braucht dringend liquide Mittel. Das Unternehmen braucht mindestens 100 Millionen Euro frisches Investitionskapital. Beim Kauf der ersten Hälfte der STEAG durch die Ruhrgebietsstädte war der Plan, für den Kauf der zweite Hälfte einen privaten Investor zu gewinnen, der den Ausstieg aus der Kohleverstromung und die Investments in zukunftsfähige Geschäftsfelder bezahlt. Aber STEAG war nie eine Zukunftsinvestition, also fand sich der notwendige Investor nicht. Die Städte, inklusive Bochum, mussten 2014 auch den zweiten Teil der STEAG übernehmen.

Die erste Hälfte der STEAG kostete Bochum über 100 Mio. die zweite nochmal 100 Mio., jetzt müssen die Städte, die Eigentümer der STEAG sind, auch noch das Geld für die erforderlichen Investitionen bereit stellen. Die an der STEAG beteiligten Ruhrgebietsstädte sind aber ausnahmslos pleite, wie Bochum auch, sie haben das erforderliche Geld nicht.

STEAG sucht mindestens 100 Mio. für Sanierung und Zukunftsinvestitionen

Um frisches Geld in die Kasse zu bekommen, werden bei der STEAG 1.000 Mitarbeiterstellen abgebaut und werthaltige Geschäftsanteile abgestoßen, darunter 49% des Fernwärmegeschäfts (Wirtschaftswoche vom 06.06.17). Seit März sucht die STEAG dafür einen privaten Investor, doch der findet sich auch hier bisher nicht. Weiterlesen

06 Mai

Stadtteilranking – Wo ist Hilfe nötig?

Wer mit offenen Augen durch Bochum und Wattenscheid geht, findet auch immer wieder Ecken mit herunter gekommenen Straßenzügen, verwahrlosten Häusern, Leerständen und anderen Hinweisen, dass die Stadt sich hier negativ entwickelt. Die soziale Schieflage ist an solchen Orten sichtbar.

Menschen, die es sich leisten können, ziehen weg, es bleiben, die, denen Wohnungen zugewiesen werden oder die sich nur geringste Mieten leisten können. Eine Abwärtsspirale kommt in Gang, Stadtteile bekommen den Makel, sie seien abgewirtschaftet, sozial gekippt und unsicher. In der Folge will niemand in den Neubau und die Modernisierung des Viertels wie des Wohnraums investieren. Die Bausubstanz verkommt weiter, der Abwärtstrend setzt sich fort.

Wenn solche Viertel nicht mehr von sich aus der Abwärtsspirale herausfinden, muss die Stadt eingreifen, insbesondere das Stadtumfeld sanieren und die Hauseigentümer unterstützen ihre Immobilien zu sanieren und zu modernisieren. Weiterlesen