24 Jun

Wo steht Bochum nach dem Ende des Lockdown?

Gerade in Zweigen wie Gastronomie und der Veranstaltung von Events, die sich in den letzten Jahren in Bochum überaus positiv entwickelt haben, ist ein deutlicher Einbruch zu befürchten. Nicht abzusehen ist, ob es bei einem wirtschaftlichen Rückgang bleibt, der in ein paar Jahren wieder aufgeholt werden kann oder die Strukturen zum Beispiel im 3Eck oder bei den Veranstalter so nachhaltig Schaden nehmen, dass sie sich nicht mehr erholen und sich im schlimmsten Fall der bisher positive Trend sogar umkehrt.

Folgen hinsichtlich Arbeitslosigkeit

Gerade sah es so aus, als wäre die schon über Jahre andauernde positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland auch in Bochum angekommen und würde sich die Arbeitslosenzahl in Bochum, wenn auch mit erheblicher Verzögerung, nachhaltig rückläufig entwickeln, da kam es zur Krise. In Folge der jede dritte Bochumer Firma Kurzarbeit angemeldet hat (WAZ vom 20.05.). Die Arbeitslosenquote erhöhte sich von immer noch hohen 8,3 % im März binnen nur 2 Monaten auf 9,8 % im Mai. Die Zahl der Arbeitslosen stieg um 3.100, die Zahl der Unterbeschäftigten ohne Kurzarbeit um 1.400 (Zahlen Arbeitsagentur Bochum).

Zu befürchten ist, dass gerade Menschen, die noch nicht lange in einem Unternehmen beschäftigt sind, als erste wieder arbeitslos werden, dazu werden insbesondere auch Menschen gehören, die nach vielen Qualifizierungsmaßnahmen, endlich wieder eine Arbeit gefunden haben. Die Jobperspektiven der 6.200 Langzeitarbeitslosen, dürfte sich wieder deutlich verschlechtert haben.

Der wirtschaftliche Einbruch wird die Rationalisierungsbemühungen beschleunigen. BP/Aral hat für Bochum bereits einen Abbau von 800 Stellen angekündigt (WAZ-Presseportal vom 24.04.20). Entfallen werden wiederum besonders Stellen, die sich durch Automatisierung oder Verlagerung ins Ausland abbauen lassen.

In Bochum sind von Arbeitslosigkeit besonders die betroffen, die Arbeit im Niedriglohnsektor suchen. In der Stadt liegt eine wesentliche Ursache von Arbeitslosigkeit weiterhin in fehlenden beruflichen Qualifikationen. Fast ein Viertel der Langzeitarbeitslosen hat keinen Schulabschluss und 37 % einen Hauptschulabschluss, fast 70% haben keinen Berufsabschluss (Langzeitarbeitslosigkeit in Bochum ).

Es ist zu erwarten, dass die seit Jahren mangelhaften Bemühungen diese strukturellen Defizite zu beseitigen, die Folgen der Krise im Bereich des Arbeitsmarktes in erheblichem Ausmaß negativ beeinflussen werden.

Hinzu kommt, Menschen ohne Arbeit und eigenes Einkommen oder in Kurzarbeit geben weniger Geld in der Stadt aus. das wiederum wirkt sich negativ auf die lokale Wirtschaft aus und hat wiederum Folgen auf dem Arbeitsmarkt.

In Folge von erhöhter Arbeitslosigkeit und zunehmender Unterbeschäftigung wird sich die soziale Schieflage verstärken, mehr Menschen werden Transferleistungen in Anspruch nehmen müssen, Armut wird zunehmen.

Zu befürchten ist also, dass die Krise in Bochum und dem Ruhrgebiet im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit stärker durchschlagen wird als sonst in Deutschland. Der Schwund von Jobs, die keine großen beruflichen Qualifikationen erfordern, wird sich deutlich beschleunigen, während in Bochum, die Zahl der Menschen ohne guten Schulabschluss bzw. eine qualifizierte Berufsausbildung, die solche Jobs suchen, mangels Bemühungen dieses Problem grundlegend zu beseitigen, sich kaum verändert.

Was bedeutet die Krise für den öffentlichen Nahverkehr und die Bogestra?

Seit der Beginn der Krise vermeiden viele Menschen die Benutzung von Bus und Bahn. Der im Ruhrgebiet ohnehin unattraktive Nahverkehr wird durch das potenziell erhöhte Ansteckungsrisiko und die Maskenpflicht noch unattraktiver. Mangels einem modernen Fahrscheinsystem mittels Smartcard, wird derzeit selbst der Fahrscheinkauf im VRR zu einem Kraftakt. Die Kundencenter waren geschlossen, beim Fahrer können bis heute noch keine Fahrkarten gekauft werden. Ab und zu Fahrer, haben auch diesem Grund Fahrten mit Bus und Bahn eher vermeiden.

So rechnet die Bogestra mit einem Umsatzeinbruch von 40 Mio. Euro (WAZ vom 13.05.).

Dass man im VRR wie bei der Bogestra u.a. in Sachen modernes Ticket- und Fshrscheinsystem nicht den üblichen Standard bieten kann und will, erhöht den wirtschaftlichen Schaden. Menschen steigen wieder vermehrt auf das Auto um. Fraglich ist, ob und wie der ÖPNV langfristig diese Kunden zurück holen kann. An diesem Umstand wiederum hängen die Investitionen in den Ausbau der Nahverkehrsnetze. Sinken nachhaltig die Fahrgastzahlen, werden sich auch die Faktoren bei den Kosten-Nutzen-Rechnung von geplanten Nahverkehrslinien verändern, die darüber entscheiden, ob sich der Bau einer neuen Linie rechnet.

Wurde in Bochum schon bisher kaum in den Ausbau des Nahverkehrsnetzes investiert, ist jetzt noch weniger zu erwarten, dass sich an diesem Umstand in den nächsten Jahren entscheidendes ändern wird. Zudem werden den Städten aufgrund der Krise Investitionsmittel für Zukunftsinvestitionen fehlen. Die Verkehrswende, hin zu einer vermehrten Nutzung von Bus und Bahn, wird sich wohl deutlich verzögern. In Sachen Nahverkehr wird das Ruhrgebiet noch über weitere Jahre hinterherhinken und nicht mit anderen Metropolen mithalten können. Die Folgen der Versäumnisse der Vergangenheit werden die Menschen im Ruhrgebiet über zusätzliche Jahre hinnehmen müssen.

Wie wird sich die finanzielle Lage der Stadt verändern?

Die Corona-Krise wird die Haushalte der Städte, auch die von Bochum, nachhaltig belasten. Einnahmen, insbesondere aus der Gewerbesteuer werden fehlen, die Ausgaben steigen, nicht nur für die kurzfristigen Maßnahmen, um Menschen und Unternehmen über die Krisenmonate zu helfen und die Wirtschaft wieder anzukurbeln, langfristig werden besonders auch die Sozialausgaben aufgrund der Zunahme der Arbeitslosigkeit steigen.

Erste Berechnungen kommen auf einen Verlust von 180 Mio. Euro für die Stadt (WAZ vom 06.04.). Auch bei viele städtischen Unternehmen und Einrrichtungen ist mit Millionen-Verlusten zu rechnen, neben der schon genannten Bogestra u.a. bei den Wasserwelten, der Bochumer Veranstaltungs GmbH, dem Schauspielhaus, den Bochumer Symphonikern und der Parkhausbetriebsgesellschaft. Konjunkturprogramme von Bund und Land können da nur teilweise für Entlastung sorgen.

Im Bochumer Haushalt besteht keine Luft, um die zu erwartenden Verluste kurzfristig ausgleichen zu können. Gerade erst konnte der Haushalt allein aufgrund externer Effekte, insbesondere gute Konjunktur und niedrige Zinsen ohne Neuverschuldung ausgeglichen werden. Strukturell sind die Ausgaben immer noch hoch, nehmen im Bereich der Verwaltung und dem Sozialbereich stark zu und lassen sich kurzfristig kaum senken. Fast zwangsläufig wird die Stadt die Investitionsausgaben senken bzw. sich wieder zusätzlich verschulden müssen, um die laufenden Ausgaben zu decken. Das geht in jedem Fall zu Lasten nachfolgender Generationen. Kinder und Enkel werden noch einen Teil der Folgen der derzeitigen Krise abtragen müssen.

Die labile Haushaltslage und die fehlende durchgreifende Verwaltungsreform werden die Folgen der Krise in Bochum verschärfen. Städte mit gesundem Haushalt, kaum Schulden und einer effizient organisierten Verwaltung, werden es deutlich leichter haben durch die Krise zu kommen, die Folgen werden weniger heftig durchschlagen.

Fazit: Die Versäumnisse der Vergangenheit wirken somit in allen Bereichen nach und werden es für Bochum schwerer machen als für Städte außerhalb des Ruhrgebietes die Folgen der Krise zu bewältigen. Die Krise zeigt, Bochum muss das Tempo beim Strukturwandel und der Entwicklung zu einer maßgebenden Universitätsstadt erhöhen, die Stadt muss schneller wieder auf soliden Füßen stehen, dann wird sie in zukünftigen Krisen besser dastehen. Ein wirtschaftlicher Abschwung trifft immer die besonders hart, die ohnehin wirtschaftlich nicht gut dastehen.

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