Bochum: Wie sicher ist die Stadt?

Wie gefährlich oder sicher eine Stadt ist, hängt davon ab, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, Opfer einer Straftat oder eines Verkehrsunfalls zu werden. Wie sieht das in Bochum aus? Wie steht es um die gefühlte Sicherheit der Menschen, die in der Stadt leben?
2024 wurden in Bochum 30.730 Straftaten verübt (Kriminalstatistik 2024), das sind 1.278 Fälle weniger als 2023 (-4%). Die Zahl der Verkehrsunfälle (Verkehrssicherheit 2024) hat sich kaum verändert (2024: 14.910, 2023: 14.989 +0,5%). Bei Personenschäden sieht es wie folgt aus: Die Zahl der Körperverletzungen ging von 3.345 auf 3.214 Fälle zurück (3,9%), bei den Verkehrsunfällen sank die Zahl von 1.136 auf 1.077 (-5,2%). Tödlich verunglückt sind im Verkehr 2023 zwei Menschen, 2024 sechs, Fälle von Mord, Totschlag bzw. Fahrlässiger Tötung gab es 2023 elf Fälle, 2024 zwölf.
Die langfristige Entwicklung
Kurzfristig gesehen haben sich die Zahlen also positiv bis kaum verändert. Langfristig gesehen ist die Entwicklung deutlicher: Vor 24 Jahren (2005) lag die Zahl der Straftaten noch bei über 50.000 (-39%), die Zahl der Körperverletzungen bei knapp 4.000 (Kriminalstatistik 2011), das Jahr davor sogar darüber (-20%). Diese Entwicklung bestätigt sich auch bei den Fällen der Gewaltkriminalität (2005: 1.529, 2010: 1.643, 2024: 1.147 Fälle) wie der Straßenkriminalität (2005: 11.683, 2010 8.861, 2024: 6.120 Fälle).

Bei den Verkehrsunfällen sieht es anders: 2010 lag die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle noch bei 13.078, die Zahl der Unfälle mit Personenschäden bei 858. Die Zahlen sind also in 14 Jahren um 14 % bzw. 25 % gestiegen (Verkehrssicherheit 2011).

Betrachtet man die Zahlen in Bochum langfristig, so ist die Stadt im Bereich Kriminalität also sicherer geworden, der städtische Verkehr dagegen gefährlich geworden.
Vergleich mit anderen Städten
Vergleicht man Bochum mit anderen deutschen Städten, zeigt sich, Bochum zählt zu den sichersten Städten Deutschlands: Bei der Kriminalität belegt Bochum Platz 8 der sichersten deutschen Großstädte (Gefährlichste und sicherste Städte Deutschlands), bei den Verkehrsunfällen gibt es in Bochum NRW-weit die wenigsten Verletzten im Straßenverkehr pro Einwohner. Bochum belegt im Vergleich zu den anderen 47 Kreispolizeibehörden in NRW Platz 1 (Schwere Unfälle in Bochum).
Subjektives Sicherheitsempfinden
Entgegen den objektiven Zahlen sind jedoch viele Menschen in Bochum subjektiv der Ansicht, dass die Kriminalität steigt. Aufgrund der Fehleinschätzung der Presseberichterstattung und der politischen Aufheizung des Themas entsteht der Eindruck, die Zahl der Straftaten nähme ständig zu. Hinzu kommt, dass es in Bochum einige Ort gibt, an denen sich Menschen aufgrund massiver Mängel in der Stadtgestaltung subjektiv nicht sicher fühlen, z.B. Buddenbergplatz oder August-Bebel-Platz). Die Stadt weist einige Angsträume auf, die als bedrohlich oder beängstigend empfunden werden.
Bei den Verkehrsunfällen sieht es anders aus. Traditionell werden Unfälle als Preis für die automobile Mobilität hingenommen. Es wird ein Unterschied gemacht, ob jemand bei einer Straftat verletzt wird oder bei einem Unfall. Wird jemand Opfer einer Straftat, kommt es zu massiven Forderungen an die Politik, sofort zu handeln und weitere Opfer zu vermeiden. Erwiesenermaßen wirksame Maßnahmen – wie stadtweit Tempo 30 (Tempo 30 in Städten: Warum die Gewerkschaft der Polizei das fordert) – zur Reduzierung von Verkehrsunfällen und Verkehrsunfallopfern, werden dagegen von einer Vielzahl Menschen explizit abgelehnt.
Auf der anderen Seite vermeiden Menschen in Bochum Radfahren, weil sie aufgrund der mangelhaften und fehlenden Radinfrastruktur Angst haben, Opfer eines Unfalls zu werden. Oder sie fahren die Kinder mit dem Auto zur Schule, weil sie den Schulweg für zu gefährlich halten. Ihnen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder mit dem Rad oder zu Fuß verunglücken zu groß ist. Offensichtlich ist die Ansicht verbreitet, dass die Bochumer Verkehrsinfrastruktur den Bedürfnissen der Kinder nach sicheren (Schul-)Wegen nicht gerecht wird.
Bestehender Handlungsbedarf
Hinsichtlich Kriminalität besteht in Bochum der Handlungsbedarf also nicht bei den Ordnungskräften und der Polizei, sondern bei der Verbesserung der subjektiven Sicherheit. Dazu ist zum einen die Form der Berichterstattung durch die Medien zu überdenken, ebenso wie die Art und Weise wie Politik mit dem Thema umgeht. Zum anderen sollte die Stadt mehr Wert legen auf eine gute Stadtgestaltung, die die Beseitigung von Angsträumen besonders im Fokus hat.
Grundsätzlich ist zur Vorbeugung von Kriminalität zudem besonderer Wert auf Bildung zu legen. Straffällig werden insbesondere Menschen mit geringem Bildungsgrad und kaum vorhandenen Zukunftsperspektiven, die oft aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen (Unzureichende Bildung: Folgekosten durch Kriminalität). Auch hier kann die Stadt mehr tun.
Im Verkehrsbereich lassen sich die Unfallzahlen durch strukturelle Maßnahmen erheblich senken. Die stadtweite Einführung von Tempo 30 wurde bereits erwähnt, ein flächendeckendes Netz sicherer Radwege sollte ein weiteres Ziel sein. Auch hier können Ordnungsamt und Polizei wenig tun, intelligente Stadtgestaltung und Verkehrsorganisation ist Sache der Stadt. Hier liegt der Schlüssel zu einer deutlichen Reduzierung der Verkehrsunfallzahlen. Erforderlich ist auch ein Paradigmenwechsel, primäres Ziel der Stadt darf nicht mehr die Leistungsfähigkeit der Straßen für den Autoverkehr sein, stattdessen muss die Vermeidung von Unfällen (Vision Zero) das vorrangige Ziel sein. Zudem sollte die Verkehrsinfrastruktur aus Sicht der Kinder gedacht werden. Diese müssen sich sicher selbstständig und allein durch die ganze Stadt bewegen können.
Erfreulicherweise zählt Bochum also zu den sichersten Städten Deutschlands, es gibt aber immer noch beachtliches Verbesserungspotential, das insbesondere in der Stadtgestaltung liegt.
Foto Titelbild: Polizei Bochum, NRW