06 Juli

Bochum: Wie sicher ist die Stadt?

Foto Polizei Bochum, NRW

Wie gefährlich oder sicher eine Stadt ist, hängt davon ab, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, Opfer einer Straftat oder eines Verkehrsunfalls zu werden. Wie sieht das in Bochum aus? Wie steht es um die gefühlte Sicherheit der Menschen, die in der Stadt leben?

2024 wurden in Bochum 30.730 Straftaten verübt (Kriminalstatistik 2024), das sind 1.278 Fälle weniger als 2023 (-4%). Die Zahl der Verkehrsunfälle (Verkehrssicherheit 2024) hat sich kaum verändert (2024: 14.910, 2023: 14.989 +0,5%). Bei Personenschäden sieht es wie folgt aus: Die Zahl der Körperverletzungen ging von 3.345 auf 3.214 Fälle zurück (3,9%), bei den Verkehrsunfällen sank die Zahl von 1.136 auf 1.077 (-5,2%). Tödlich verunglückt sind im Verkehr 2023 zwei Menschen, 2024 sechs, Fälle von Mord, Totschlag bzw. Fahrlässiger Tötung gab es 2023 elf Fälle, 2024 zwölf.

Die langfristige Entwicklung

Kurzfristig gesehen haben sich die Zahlen also positiv bis kaum verändert. Langfristig gesehen ist die Entwicklung deutlicher: Vor 24 Jahren (2005) lag die Zahl der Straftaten noch bei über 50.000 (-39%), die Zahl der Körperverletzungen bei knapp 4.000 (Kriminalstatistik 2011), das Jahr davor sogar darüber (-20%). Diese Entwicklung bestätigt sich auch bei den Fällen der Gewaltkriminalität (2005: 1.529, 2010: 1.643, 2024: 1.147 Fälle) wie der Straßenkriminalität (2005: 11.683, 2010 8.861, 2024: 6.120 Fälle).

Entwicklung Kriminalität, Stadt Bochum

Bei den Verkehrsunfällen sieht es anders: 2010 lag die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle noch bei 13.078, die Zahl der Unfälle mit Personenschäden bei 858. Die Zahlen sind also in 14 Jahren um 14 % bzw. 25 % gestiegen (Verkehrssicherheit 2011).

Entwicklung Verkehrsunfälle, Stadt Bochum

Betrachtet man die Zahlen in Bochum langfristig, so ist die Stadt im Bereich Kriminalität also sicherer geworden, der städtische Verkehr dagegen gefährlich geworden.

Vergleich mit anderen Städten

Vergleicht man Bochum mit anderen deutschen Städten, zeigt sich, Bochum zählt zu den sichersten Städten Deutschlands: Bei der Kriminalität belegt Bochum Platz 8 der sichersten deutschen Großstädte (Gefährlichste und sicherste Städte Deutschlands), bei den Verkehrsunfällen gibt es in Bochum NRW-weit die wenigsten Verletzten im Straßenverkehr pro Einwohner. Bochum belegt im Vergleich zu den anderen 47 Kreispolizeibehörden in NRW Platz 1 (Schwere Unfälle in Bochum).

Subjektives Sicherheitsempfinden

Entgegen den objektiven Zahlen sind jedoch viele Menschen in Bochum subjektiv der Ansicht, dass die Kriminalität steigt. Aufgrund der Fehleinschätzung der Presseberichterstattung und der politischen Aufheizung des Themas entsteht der Eindruck, die Zahl der Straftaten nähme ständig zu. Hinzu kommt, dass es in Bochum einige Ort gibt, an denen sich Menschen aufgrund massiver Mängel in der Stadtgestaltung subjektiv nicht sicher fühlen, z.B. Buddenbergplatz oder August-Bebel-Platz). Die Stadt weist einige Angsträume auf, die als bedrohlich oder beängstigend empfunden werden.

Bei den Verkehrsunfällen sieht es anders aus. Traditionell werden Unfälle als Preis für die automobile Mobilität hingenommen. Es wird ein Unterschied gemacht, ob jemand bei einer Straftat verletzt wird oder bei einem Unfall. Wird jemand Opfer einer Straftat, kommt es zu massiven Forderungen an die Politik, sofort zu handeln und weitere Opfer zu vermeiden. Erwiesenermaßen wirksame Maßnahmen – wie stadtweit Tempo 30 (Tempo 30 in Städten: Warum die Gewerkschaft der Polizei das fordert) – zur Reduzierung von Verkehrsunfällen und Verkehrsunfallopfern, werden dagegen von einer Vielzahl Menschen explizit abgelehnt.

Auf der anderen Seite vermeiden Menschen in Bochum Radfahren, weil sie aufgrund der mangelhaften und fehlenden Radinfrastruktur Angst haben, Opfer eines Unfalls zu werden. Oder sie fahren die Kinder mit dem Auto zur Schule, weil sie den Schulweg für zu gefährlich halten. Ihnen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder mit dem Rad oder zu Fuß verunglücken zu groß ist. Offensichtlich ist die Ansicht verbreitet, dass die Bochumer Verkehrsinfrastruktur den Bedürfnissen der Kinder nach sicheren (Schul-)Wegen nicht gerecht wird.

Bestehender Handlungsbedarf

Hinsichtlich Kriminalität besteht in Bochum der Handlungsbedarf also nicht bei den Ordnungskräften und der Polizei, sondern bei der Verbesserung der subjektiven Sicherheit. Dazu ist zum einen die Form der Berichterstattung durch die Medien zu überdenken, ebenso wie die Art und Weise wie Politik mit dem Thema umgeht. Zum anderen sollte die Stadt mehr Wert legen auf eine gute Stadtgestaltung, die die Beseitigung von Angsträumen besonders im Fokus hat.

Grundsätzlich ist zur Vorbeugung von Kriminalität zudem besonderer Wert auf Bildung zu legen. Straffällig werden insbesondere Menschen mit geringem Bildungsgrad und kaum vorhandenen Zukunftsperspektiven, die oft aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen (Unzureichende Bildung: Folgekosten durch Kriminalität). Auch hier kann die Stadt mehr tun.

Im Verkehrsbereich lassen sich die Unfallzahlen durch strukturelle Maßnahmen erheblich senken. Die stadtweite Einführung von Tempo 30 wurde bereits erwähnt, ein flächendeckendes Netz sicherer Radwege sollte ein weiteres Ziel sein. Auch hier können Ordnungsamt und Polizei wenig tun, intelligente Stadtgestaltung und Verkehrsorganisation ist Sache der Stadt. Hier liegt der Schlüssel zu einer deutlichen Reduzierung der Verkehrsunfallzahlen. Erforderlich ist auch ein Paradigmenwechsel, primäres Ziel der Stadt darf nicht mehr die Leistungsfähigkeit der Straßen für den Autoverkehr sein, stattdessen muss die Vermeidung von Unfällen (Vision Zero) das vorrangige Ziel sein. Zudem sollte die Verkehrsinfrastruktur aus Sicht der Kinder gedacht werden. Diese müssen sich sicher selbstständig und allein durch die ganze Stadt bewegen können.

Erfreulicherweise zählt Bochum also zu den sichersten Städten Deutschlands, es gibt aber immer noch beachtliches Verbesserungspotential, das insbesondere in der Stadtgestaltung liegt.

Foto Titelbild: Polizei Bochum, NRW

29 Mai

Amtsblatt für Bochum – Immer die neuesten Stadtinfos frisch auf den Tisch

In Bochum wissen die Menschen oft viel zu wenig darüber, was in der Stadt und der Stadtpolitik passiert. Nur noch die WAZ berichtet umfänglich und täglich. Andere Städte informieren die Bürger*innen mit ihrem Amtsblatt über das Stadtgeschehen aller zwei Wochen. Diesem Beispiel könnte die Stadt Bochum folgen.

Anders als dem Dänen Marcellus schwant den Bochumern nichts Übles. Dabei ist auch in ihrer Stadt „etwas faul“. Erfreulicherweise ist die kommunale Bühne für verschwörende Theoretiker, die theoretische Verschwörer sehen, zu volkstümlich, in Bochum zu klein. Am Ende bietet die ordentlich gelegte Frisur von Thomas Eiskirch im Vergleich zu Trumps Tolle und Putins Pläte zu wenig Projektionsfläche. Glück gehabt.

Aber trotz dieser fehlenden Nebelkerzen, die jede sachliche bundespolitische Diskussion freudlos ersticken, führt die Bochumer Stadtgesellschaft kaum klare Debatten über die Entscheidungen, die ihre Repräsentanten im Rat zu treffen haben. Einige Fraktionsvorsitzende sind den Bochumer Bürgern wahrscheinlich so bekannt wie Dubravka Šuica. Wer das ist? Die europäische Kommissarin für „neuen Schwung für die Europäische Demokratie“. Ich musste auch googeln.

Unserem Bochum, ein Dorf, das an der Hand der klobigen industriellen Konzerne zur Stadt gewachsen ist, fehlt eine fein geölte Bürgergesellschaft, der seit hunderten Jahren gewiss ist, dass sie ihre Geschicke selbst steuern muss. Diese Bürgergesellschaft kann sich nur vor dem Hintergrund einer dauerhaften informationellen Kulisse empor entwickeln. Da die einzig verbliebene Tageszeitung, die von der Mehrheit der Bochumer gar nicht abonniert ist und gelesen wird, dafür nicht ausreicht, ist die Politik gefordert.

In Zeiten der Mosaike aus Blogs, Tweets und Insta-Posts lohnt auch mal ein Blick aufs Analoge: Gerade das staubige Amtsblatt, das in Bochum bislang nur der kaum gehörten Verkündung von Satzungen und Ausschreibungen dient, könnte dem Bürgergedanken neues Leben einhauchen. Entblättern sich monatlich frei Haus redaktionell und interessant aufbereitet die Vorhaben der Verwaltung, die Debatten des Rates und Informationen der Fraktionen über ihre politische Arbeit, wird eine Grundlage für Beteiligung und Teilhabe geschaffen. In anderen Städte, z.B. Freiburg gibt es ein solches Amtsblatt schon seit Jahrzehnten (Amtsblatt Freiburg https://www.freiburg.de/pb/281247.html). In den meisten Haushalten freuen sich die Menschen seit über 30 Jahren und 816 Ausgaben, aller zwei Wochen kostenfrei mit den neuesten Stadtnachrichten und -veranstaltungen auf 10 Zeitungsseiten versorgt zu werden. Der Druck finanziert sich über einen kleinen Teil Werbung auf der letzten Seite des Blattes.

Praktischerweise hegen bestehende Gesetze und Rechtsprechung ein redaktionelles Amtsblatt in Neutralität und Inhalt ein, ohne dass die Lokalpolitik hier kompliziert eigenes Recht schaffen muss. So darf das Amtsblatt nur über Veranstaltungen, Vorhaben und Debatten aus den Sphären des Rates und der Verwaltung informieren. Allgemeine journalistische Berichterstattung über Neuigkeiten in der Stadt, z.B. über die Spieltage des VfL Bochums oder den Handtaschendiebstahl am Bahnhof, obliegen den journalistischen Medien – Also de facto der WAZ, da Radio Bochum sich in den „Hits der 80er und 90er“ erschöpft. Ebenso bleiben die spitzen Kommentare den Bochumer Redakteuren vorbehalten. Auch die Recherche und Unterfütterung politischer Debatten mit z.B. Zitaten von Seiten der IHK bleiben Metier der Tageszeitung. WAZ, Social Media und Amtsblatt würden sich mit ihrer unterschiedlichen Ausrichtungen ergänzen.

Natürlich müsste das Amtsblatt aus 100% recycelten Altpapier bestehen und zertifiziert klimaneutral hergestellt werden. Ebenso sollte eine barrierefreie digitale Version verfügbar sein. Wer möchte sollte zudem die Papierversion abbestellen und dafür die digitale Version abonnieren können. Und ja, es werden sich dagegen Bedenken, Widerstände und Zaudern formieren… Dornige Chancen nannte dies mal jemand.

23 März

Corona-Krise legt digitale Defizite der Stadt offen

Die Corona-Krise hat das Leben in der Stadt zum Stillstand gebracht. Die städtischen Dienstleistungen wurden eingeschränkt, die Kinder können nicht mehr zur Schule gehen. Für vieles, was jetzt nicht mehr auf gewohntem Weg funktioniert, gibt es schon lange gute digitale Alternativen, doch in Bochum zeigt sich jetzt, dass wir die in der Stadt bisher nicht haben, weil die Stadt in Sachen Digitalisierung in den letzten Jahren viel zu wenig getan hat.

Digitaler Unterricht ist an Bochumer Schulen nicht möglich

Die Schulen sind seit Montag, den 16.03. in Bochum geschlossen. In den Schulen kann kein Unterricht mehr stattfinden. Insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen bieten viele Schulen jetzt digitalen Unterricht an. Die Lehrer können per Videokonferenz zu den Schülern nach Hause kommen. Das ist in Bochum und NRW nicht möglich. Kaum eine Bochumer Schule hat einen schnellen Internet-Zugang, weder Schulen, Lehrer, noch Schüler verfügen über die notwendigen Geräte um an einem digitalen Unterricht teilzunehmen oder diesen anzubieten.

Also geht der Unterricht in Bochum irgendwie weiter. Man behilft sich mit Notlösungen. Aufgaben werden per Mail hin und her geschickt, per Whatsapp kommunizieren die Lehrer mit den Schülern. Im Wesentlichen ist der Unterricht zum Erliegen gekommen. Wirkliches E-Learning findet nicht statt. Auch besitzen die allermeisten Lehrer weder die erforderlichen Kenntnisse um den Unterricht online anzubieten noch die technischen Fähigkeiten und Erfahrungen, um den klassischen Unterricht in der Schule durch E-Learning zu ersetzen.

Weiterlesen

23 Feb.

Konzept für Markthalle, VHS, Bücherei und mehr

Dort, wo heute das Telekom-Gebäude am Rathausplatz steht, soll in Bochum bis spätestens 2023 eine Markthalle und das sogenannten “Haus des Wissens” entstehen. Denn Stadtbücherei und Volkshochschule sollen bis dahin vom Bildungs- und Verwaltungszentrum (BVZ) hinter dem Rathaus in das ehemalige Telekom-Gebäude umziehen.

Mit diesem Umzug setzt die Stadt einen Vorschlag der STADTGESTALTER um, den diese bereit 2015 vorgeschlagen haben (Bochumer Markthalle, 03.06.2015). Weiterhin hatten die STADTGESTALTER im gleichen Jahr eine Neuausrichtung der Stadtbücherei vorgeschlagen, die nun mit dem Bezug neuer Räumlichkeiten ebenfalls realisiert werden soll (Zukunftsweisende Neuausrichtung der Stadtbücherei, 17.01.2015).

Menschen suchen Orte, an dem sie nicht nur Wissen finden, sondern auch Unterhaltung, Orientierung, Austausch. Sie wollen kostenlos im Internet surfen, sich verabreden, vielleicht eine Lesung besuchen, Diskussionsrunden verfolgen oder einfach nur Zeit totschlagen. Freiberufler kommen um die Bibliothek als Arbeitsort zu nutzen (Süddeutsche vom 08.03.2018).

Menschen treffen, Wissen erleben, Zukunft gestalten

Das Telekom-Gebäude soll in Zukunft, der Ort sein, an dem sich Menschen in Bochum treffen, Wissen erleben und Zukunft gestalten. Eine klassische Volkshochschule und Stadtbücherei wird es dort nicht mehr geben. Vorbild für die Neuausrichtung wird, wie von STADTGESTALTERn angeregt, die futuristischen Stadtbücherei in Aarhus sein. Bücher spielen im Dokk1, so der Name der Bibliothek, nur eine untergeordnete Rolle, andere Medien werden mindestens gleichrangig angeboten. Es dreht sich alles um Kommunikation, Dienstleistung und ein zeitgemäßes Veranstaltungsprogramm. Weiterlesen