11 Dez

Fragwürdige Methoden der Schulaufsicht um Eltern, Lehrkräfte und Schulen auf Linie zu bringen

Eine Schulkonferenz entscheidet nicht so, wie Schulträger und Schulaufsicht das gerne hätten, also wird der Schulleitung gedroht und sie eingeschüchtert. Eine inakzeptable und rechtsmissbräuchliche Vorgehensweise.

Das höchste Entscheidungsgremium jeder Schule ist die Schulkonferenz. Dieses Gremium trifft u.a. Beschlüsse über die Ziele der Schule, mit welchen Methoden unterrichtet wird, mit welchen Einrichtungen die Schule kooperiert, wer Träger des Offenen Ganztags wird oder wie die Schule zum Schulentwicklungsplan steht.

Eigenverantwortliche Schule und Rolle der Schulkonferenz

Das Gremium ist paritätisch mit Eltern und Lehrer*innen besetzt. An höheren Schulen kommen Vertreter*innen der Schüler*innen hinzu. In NRW gilt das Leitbild der Eigenverantwortlichen Schule. Diese soll selbst und eigenverantwortlich über ihre Belange entscheiden und sich eigenverantwortlich nach ihren Bedürfnissen und Belangen organisieren (Eigenverantwortliche Schule, Ministerium für Schule und Bildung NRW). Vorsitzendes Mitglied der Schulkonferenz ist der Schuleiter bzw. die Schulleiterin. Diese besitzen kein Stimmrecht, außer bei Stimmengleichheit.

Die Mitglieder der Schulkonferenz sind bei der Ausübung ihres Mandats an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, so steht es ausdrücklich im Schulgesetz (§ 62 (5) SchulG-NRW). Daraus folgt, Schulträger (Stadt Bochum) wie Schulaufsicht können und dürfen den Mitgliedern der Konferenz keinerlei Vorgaben machen. Die Schulkonferenz ist ein in jeder Hinsicht unabhängiges Gremium, das alle Entscheidungen selbständig und eigenverantwortlich trifft. Die Mitglieder entscheiden dabei allein aufgrund ihrer persönlichen Ansicht.

Schulträger und Schulaufsicht sind also nicht berechtigt die Schulkonferenz zu Beschlüssen in ihrem Sinne anzuweisen. Beide dürfen jedoch an Konferenzen teilnehmen und dort ihre Ansichten äußern. Der Schulträger darf zudem in der Konferenz Anträge stellen. An Abstimmungen dürfen beide hingegen nicht teilnehmen.

Gesetzliche Aufgabe und Leitbild der Schulaufsichtsbehörden

Das Schulgesetz verpflichtet die Schulaufsichtsbehörden, die Schulen in ihrer Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu beraten und zu unterstützen (§3 (1) SchulG-NRW). Ihre Aufgabe ist nicht, Entscheidungen für die Schule zu treffen. In diesem Sinne hat sich die Schulaufsicht in NRW auch ein entsprechendes Leitbild gegeben (Selbstverständnis, Rolle und Verantwortung der Schulaufsicht in Nordrhein-Westfalen).

Vermitteln Leitbild und die Regelungen des Schulgesetzes den Anschein die Schulaufsicht würde sich in der Rolle sehen, Schule und Schulleitung in ihren eigenverantwortlichen Entscheidungen zu unterstützen, sieht die Realität doch ganz anders aus:

Rechtsmissbräuchliches Verhalten der Schulaufsicht

Treffen Lehrer*innen, Eltern und ggf. Schüler*innen in der Schulkonferenz eine Entscheidung im Sinne der Schule, die der Schulverwaltung nicht passt, etwa, weil sie dem Schulentwicklungsplan oder dem Verfahren zur Auswahl eines OGS-Trägers nicht zustimmt, tritt die Schulaufsicht auf den Plan und versucht ohne Rechtsgrundlage die Entscheidung der Schulkonferenz auszuhebeln. Auf die Schulleitung wird Druck ausgeübt. Diese habe dafür zu sorgen, dass die Schulkonferenz im Sinne des Schulträgers entscheide. Die Eltern seien auf Linie zu bringen. Der Vorwurf lautet, die Schulleitung habe die Eltern nicht im Griff.

Es wird mit dienstrechtlichen Konsequenzen gedroht, wenn die Schulleitung die Schulkonferenz nicht davon überzeugt im Sinne des Schulträgers abzustimmen. Schulleitungen werden mit permanenten Einbestellungen ins Amt und Telefonanrufen eingeschüchtert. Fordert die betroffene Schulleitung die Schulaufsicht auf, die mündlich gemachten Ausführungen schriftlich zu machen, geschieht in dieser Hinsicht allerdings nichts.

Der Missbrauch des Beanstandungsrechts

Schließlich gipfelt die Einflussnahme auf Beschlüsse der Schulkonferenz darin, dass die Schulaufsicht mit allen Mitteln versucht, die Schulleitung zu zwingen, unliebsame Beschlüsse der Konferenz zu beanstanden, auch wenn Rechtsgründe dafür nicht ersichtlich sind und Rechtsprechung einer solchen Beanstandung offensichtlich entgegensteht (§ 59 (10) SchulG-NRW). Mit dieser Vorgehensweise umgeht die Schulaufsicht die Gesetzeslage, denn sie selbst besitzt kein Recht Beschlüsse der Schulkonferenz zu beanstanden. Dieses Recht steht allein der Schulleitung für den Fall zu, dass Beschlüsse tatsächlich gegen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verstoßen. Also weist die Schulaufsicht die Schulleitung an, den unliebsamen Beschluss zu beanstanden, denn hält die Konferenz trotz Beanstandung an dem Beschluss fest, darf die Schulaufsicht selbst an Stelle der Konferenz entscheiden.

Bereits das Ansinnen der Schulaufsicht die Schulleitung anzuweisen zu können, einen Beschluss der Schulkonferenz zu beanstanden, obwohl auch die Schulleitung als Mitglied der Schulkonferenz an Aufträge und Weisungen nicht gebunden ist (§ 62 SchulG-NRW) erscheint rechtsmissbräuchlich. Wenn die Schulleitung keinen Grund zur Beanstandung sieht, diese trotzdem anweisen zu wollen, dass diese auch ohne Grund den Beschluss beanstanden soll, ist rechtsmissbräuchlich.

Auch das Mittel der Dienstanweisungen zu nutzen, um sich indirekt das nicht vorhandene Recht zu verschaffen, Beschlüsse der unabhängigen Schulkonferenz zu beanstanden und damit durch eigene Entscheidungen ersetzen zu können, zeugt von einem Selbstverständnis der Schulaufsicht, das in jeder Hinsicht der Gesetzeslage wie dem Leitbild des Schulministeriums widerspricht.

Falsches Selbstverständnis der Schulaufsicht

Die Schulaufsichtsbehörden sehen offensichtlich nicht in der Unterstützung und Beratung der Schulen ihre Aufgabe, sondern meinen, sie müssten die Schulkonferenzen bevormunden. Nach Ansicht der Schulaufsicht hat die Konferenz nur zu tun, was sie selbst oder der Schulträger vorgeben bzw. vorschreiben. Der Mitwirkung von Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen bei schulorganisatorischen Angelegenheiten wird allein symbolische Bedeutung zugebilligt. Die Schulkonferenz darf die Entscheidungen des Schulträgers huldvoll abnicken, Widerspruch ist nicht erwünscht und hat daher zu unterbleiben. Der Schulleitung wird vermittelt, es sei ihre Aufgabe, sicher zu stellen, dass sich die Schulkonferenz mit dieser rein symbolischen Rolle abfindet und bitte eigenständige Entscheidung unterlässt.

Damit hängt die Schulaufsicht einer Auffassung von Mitwirkung aus dem 19. Jahrhundert nach. So hält sie es sogar für gerechtfertigt, um die Schulkonferenz auf Linie zu bringen, der Schulleitung zu drohen und diese einzuschüchtern. Dabei sollte die Anwendung solcher Methoden nach Zusammenbruch der DDR in Deutschland eigentlich Geschichte sein.

Dem Schulträger steht der Rechtsweg offen

Sind Beschlüsse der Schulkonferenz tatsächlich rechtwidrig, steht dem Schulträger der Rechtsweg offen. Die Aufhebung eines Beschlusses kann vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt werden. Dann entscheidet das Gericht, ob der entsprechende Beschluss wirksam ist oder aufgehoben werden muss.

Statt den Rechtsweg zu bestreiten die Schulaufsicht zu bemühen, damit sie über Drohungen und Einschüchterung die Schulleitung zwingt, entgegen ihrer Ansicht, Beschlüsse zu beanstanden, um diese selbst treffen zu können, zeigt, dass man sich wenig Chancen ausrechnet, dass das Gericht entsprechende Beschlüsse der Schulkonferenz für rechtswidrig erklärt und aufhebt.

Die Schulaufsicht zu missbrauchen, um unliebsame Beschlüsse der Schulkonferenz auf die beschriebene Weise aus der Welt zu schaffen, ist nicht nur der falsche Weg, sondern auch erkennbar rechtswidrig. Die Schulkonferenz ist ein unabhängiges Gremium, dass an Anweisungen nicht gebunden ist. Das gilt für alle Mitglieder, auch für den vorsitzenden Schulleiter bzw. die vorsitzende Schulleiterin. Die Unabhängigkeit der Schulkonferenz ist von Schulaufsicht und Schulträger zu respektieren.

Die STADTGESTALTER haben die Methoden der Schulaufsicht mit großem Erstaunen und Bestürzung zur Kenntnis genommen. Bei der obersten Schulaufsichtsbehörde, dem Ministerium für Schule und Bildung NRW, wurde angefragt, ob dieses Vorgehensweise toleriert wird und gebeten die Schulaufsicht auf die bestehende Rechtslage und das bestehende Leitbild hinzuweisen.

Die STADTGESTALTER gehen davon aus, dass die Schulaufsicht zukünftig jeden Versuch Schulleitungen zu drohen oder diese einzuschüchtern unterlässt, um unliebsame Beschlüsse der Schulkonferenz aufheben zu lassen. Sollte ein Beschluss tatsächlich rechtswidrig sein, kann dieser über den Rechtsweg angefochten werden. Ein anderer Weg ist nicht zulässig.

31 Jan

Wie geht es mit der Besetzung der Ausschüsse weiter?

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat angeordnet, die am 17.12 gewählten Ausschüsse des Rates sind aufzulösen und neu zu bilden. Doch kommt es dazu schon in der Ratssitzung am 04.02. oder wird eine Sondersitzung des Stadtrates Ende Februar erforderlich?

Aufgrund der bisherigen, sehr umfangreichen wie eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen wenig überraschend, hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dem Antrag der Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” Recht gegeben und festgestellt, dass die Bildung der Ausschüsse in der Dezemberratssitzung dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes widersprach, da die Ausschüsse nicht spiegelbildlich zum Rat gebildet wurden. Entsprechend verfügte das Gericht, dass die Ausschüsse aufzulösen und neu zu bilden seien.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Die Ausschüsse des Rates sind aufzulösen und neu zu bilden

Auszug aus dem Beschluss des VG Gelsenkirchen

In der Ratssitzung am 17.12. hatten Grüne und CDU den Fraktionen von FDP bzw. “UWG: Freie Bürger” je zwei Stimmen geliehen, so dass diese einen stimmberechtigten Ausschusssitz auf Kosten der Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” erlangen konnten (Grüne und CDU maßen sich an zu bestimmen, wer in den Ausschüssen des Stadtrats abstimmen darf, Beitrag vom 27.12.20). Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes sieht hingegen vor, dass die durch die Wähler bei der Kommunalwahl bestimmten Kräfteverhältnisse der Fraktionen im Rat sich auch in allen Ausschüssen wieder spiegeln müssen. Folgerichtig kam das Verwaltungsgericht zu dem Schluss, dass der größeren Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn ein stimmberechtigter Sitz eher zusteht als den kleineren Fraktionen von FDP und “UWG: Freie Bürgern”.

Wie geht es mit der Neubesetzung der Ausschüsse weiter?

Gemäß der vorliegenden Anordnung des Verwaltungsgerichts müssten die Ausschüsse des Rates also in der Ratssitzung am 04.02. neu gewählt werden. Dabei würde die Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn einen stimmberechtigten Sitz erlangen, die Fraktionen von FDP und “UWG: Freien Bürgern” würden den verbleibenden Sitz bei einer Ausschussgröße von 15 Sitzen jeweils unter sich auslosen.

Diese Vorgehensweise widerspräche allerdings den bisherigen Absprachen der großen Fraktionen mit FDP und “UWG: Freien Bürgern”, bei denen SPD, Grüne und CDU den kleinen Fraktionen einen Sitz in den Ausschüssen zugesichert haben, wenn diese sie im Gegenzug bei der Besetzung der Aufsichtsgremien der städtischen Unternehmen und Einrichtungen unterstützen. Um beiden Fraktionen bei einer Ausschussgröße von 15 Mitgliedern je einen stimmberechtigten Sitz zu verschaffen, müsste eine der Fraktionen von SPD, Grünen und CDU auf einen Sitz zu Gunsten der beiden kleinsten Ratsfraktionen verzichten. Das ist nicht unbedingt zu erwarten.

Daher hatte die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” bereits im Klageverfahren angeregt, dass der Rat der Stadt die Zahl der Ausschusssitze auf 17 erhöht, damit einer der beiden zusätzlichen Sitze FDP und “UWG: Freien Bürgern” zufallen und damit auf das Losverfahren verzichtet werden könnte. Diesen Vorschlag hat die Fraktion von PARTEI und STADTGESTALTERn nun erneut den anderen Fraktionen unterbreitet.

Bei der Erhöhung der Sitzzahl der Ausschüsse um zwei Sitze müssten sich allerdings die Fraktionen von SPD, Grünen und CDU einig werden, wer von ihnen den zweiten zusätzlichen Sitz in den verschiedenen Ausschüssen erhalten soll.

Denkbar ist, dass die großen Fraktionen in dieser Frage nicht einig werden oder sie nicht mehr gewillt sind, die Zahl der Ausschusssitze zu erhöhen um FDP und “UWG: Freien Bürgern” je einen stimmberechtigten Sitz in den Ausschüssen zuzusichern.

Eher unwahrscheinlich ist, dass die großen Fraktionen sich darüber einig werden, doch noch gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts beim Oberverwaltungsgericht vorzugehen. Aufgrund der bisherigen, sehr umfangreichen wie eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) sind die Erfolgsaussichten einer Beschwerde gegen den Beschluss als gering einzuschätzen. Darüber hinaus bestätigt das OVG NRW in deutlich über 90% der Fälle die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte.

Wann erfolgt die Neubesetzung?

Würden die großen Fraktionen in der Ratssitzung am 04.02, dennoch entscheiden den Rechtsstreit weiter zu führen, würden die Ausschüsse zunächst nicht am 04.02. aufgelöst und neu gebildet. Bis voraussichtlich Mitte Februar würde dann das OVG NRW eine Entscheidung fällen, die mit großer Wahrscheinlichkeit die Anordnung der Auflösung und Neubildung der Ausschüsse des Verwaltungsgerichts bestätigen würde. In diesem Fall müsste der Rat dann, bevor die Ausschüsse im März wieder tagen noch im Februar zu einer Sondersitzung zusammenkommen um der gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten und die Ausschüsse neu zu wählen. Auch angesichts der Pandemiesituation fragt sich, ob ein solches Vorgehen sinnvoll ist, statt die Neubesetzung gleich in der regulären Ratssitzung am 04.02. vorzunehmen.

Insgesamt ist also sehr wahrscheinlich, dass der Rat schon am 04.02. die Ausschüsse auflösen und neu bilden wird.

Ausschuss für “Kinder, Jugend und Familie”

Auch wird die Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” bei der Ratssitzung am 04.02. einen beratenden Sitz im Ausschuss für “Kinder, Jugend und Familie” erhalten. Wurde noch in der Ratssitzung im Dezember vom Oberbürgermeister die Ansicht vertreten, dies sei rechtlich nicht möglich, wird auch hier nunmehr die rechtliche Einschätzung der Fraktion “Die PARTEI und STADTGESTALTER” von der Verwaltung anerkannt.

Besetzung der Beiräte des Rates

In der gleichen Ratssitzung wird darüber hinaus noch die Besetzung zweier weiterer beratender Ausschüsse des Stadtrates vorgenommen, über die in der neuen Wahlperiode bisher noch nicht abgestimmt wurde. Auch in den Beiräten für „Frauen, Geschlechtergerechtigkeit und Emanzipation“ sowie für “Leben im Alter”, die mit jeweils 13 sachkundigen Bürgern besetzt werden sollen, steht der Fraktion PARTEI und STADTGESTALTERn aufgrund der Spiegelbildlichkeit wie in allen vom Rat abgeleiteten Gremien je ein Sitz zu. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zur Besetzung von Ausschüssen ist nicht zu erwarten, dass sich hier eine rechtswidrige Besetzung wiederholen wird.

Insgesamt ist also zu hoffen, dass mit der Ratssitzung am 04.02. die Besetzung der Gremien des Stadtrats abgeschlossen werden kann und der Rat damit in den nächsten Monaten wieder Zeit findet sich vermehrt den wichtigen inhaltlichen Fragen und Aufgaben der Stadtpolitik zuzuwenden.