11 Aug

Sheffieldring – Grünzug, Straßenbahn, Rad- und Gehwege statt Schnellstraße

Durch Opelspange und 6-spurigen Ausbau der A43 verliert der parallele Sheffieldring seine Bedeutung. Die Fläche kann anders genutzt werden. Die STADTGESTALTER schlagen einen Rückbau vor, stattdessen eine Straßenbahnlinie, Rad- und Gehwege, einen Grünzug sowie zusätzliche Wohnbebauung.

Bereits 1961 wurde der Sheffieldring als Teil des Bochumer Rings (NS VII) zwischen dem ehemaligen “Opel-Ring” (heute Tsukuba-Ring) und dem Harpener Hellweg fertiggestellt („NS VII“ ist in Bochum immer noch ein Begriff).

Sheffieldring verliert verkehrliche Bedeutung

Weniger als 10 Jahre später wurde 1.500 Meter weiter östlich die Autobahn A43 – zunächst als EB 51 und A7 bekannt – gebaut (Bundesautobahn 43). Das in diesem Zug gebaute Autobahnkreuz Bochum verhinderte, dass das 30 Meter breite autobahnähnlich ausgebaute Asphaltband direkt an die A40 angeschlossen werden konnte. Die Schnellstraße endet bis heute an einer Ampel der Kreuzung zu Harpener und Castroper-Hellweg.

Sheffieldring – Autobahnring

Seit der Herstellung der Opelspange umschließt der Autobahnring aus A40, A43 und A448 die Stadt. Damit verlagert sich ein wesentlicher Teil des Autoverkehrs auf die A43. Der ursprüngliche “Boohumer-Ring” (NS VII) hat damit seine verkehrliche Bedeutung weitgehend verloren. Durch den 6-spurigen Ausbau der parallel verlaufenden A43 wird eine Verkehrsführung auf zwei direkt nebeneinander liegenden Autobahnabschnitten obsolet.

Rückbau Sheffieldring – Entstehung eines Grünzugs

Der Sheffieldring kann teilweise zurück gebaut und die Fläche besser genutzt werden. Dazu machen die STADTGESTALTER jetzt einen Vorschlag. Dieser sieht die Entstehung eines neuen Grünzugs vom Tsukuba-Ring bis zum Harpener Hellweg vor.

Gesamtplan

Nach den Vorstellungen der STADTGESTALTER soll die Schnellstraße auf dem Abschnitt Harpener Hellweg bis Grüner Weg zu einer 2-spurigen Stadtstraße zurückgebaut werden, ebenso zwischen A448 und Wittener Straße. Der Straßenteil zwischen Wittener Straße und Grüner Weg soll ganz entfallen.

Neue Straßenbahnlinie 311

Stattdessen wird vorgeschlagen eine Straßenbahnlinie (311) von Harpen im Norden über Kornharpen, Hauptfriedhof, Ostpark, Laer/ Mark 51°7, Auf der Heide/ Steinkuhl bis zur U35 zu schaffen. Auf diese Weise werden die Straßenbahntrassen (308/316/318) nach Gerthe und Langendreer (302/306/310) sowie die Stadtbahn-Trasse (U35) miteinander verbunden. Die neue Straßenbahnlinie 311 könnte wahlweise über die Castroper Straße zum Hauptbahnhof oder nach Gerthe weitergeführt werden. Darüber hinaus wäre eine Führung nach Merklinde bzw. Castroper-Rauxel denkbar (Straßenbahnlinie sollte von Gerthe bis Merklinde verlängert werden).

Ausschnitt Liniennetzplan

Der Vorschlag der STADTGESTALTER sieht wichtige Haltestellen am neuen Polizeipräsidium, am Hauptfriedhof und am neuen Wohngebiet Ostpark vor. Die Linie soll über das Innovationsquartier Mark 51°7 hinaus bis zur Stadtbahnlinie U35 führen. Sie endet dann direkt südlich der Unternehmenszentrale des Wohnungsunternehmens Vonovia. Von dort soll eine schnelle fußläufige Verbindung zur U35-Haltestelle Wasserstraße hergestellt werden. Dazu wird vorgeschlagen, diese Haltestelle nach Süden auf Höhe der Polizeiwache Südost zu verlegen.

Anschluss an die U35

Neue Perspektiven für Kornharpen

Der neue Grünzug eröffnet der Stadt viele neue Möglichkeiten. Der bisher von drei Autobahnen und der Bahnlinie im Süden eingekesselte Stadtteil Kornharpen (Bochumer Stadtteil ist trostlos für Junge: „Gibt ja nichts“) wird nach Westen geöffnet. Dort wird in nicht zu ferner Zukunft auf dem Gelände des Stahlwerks ein neues Wohn- und Gwerbequartier entstehen, das über den Grünzug mit Kornharpen verbunden werden kann.

Kornharrpen

Hauptfriedhof

Der bisher durch den Sheffieldring zerschnittene Hauptfriedhof wird zu einer einzigen zusammenhängenden Begräbnisstätte. Der Grünzug verbindet beide Teile. Die Ruhe kehrt zurück. Die Erreichbarkeit des Friedhofs wird durch Straßenbahnhaltestelle sowie Geh- und Radweg wesentlich verbessert.

Hauptfriedhof

Geh- und Radverbindung

Über den Grünzug wird der Emscher Park Radweg auf direkten Weg mit dem zukünftigen Opel-Radweg verbunden. Die Überlegungen der STADTGESTALTER sehen vor, entlang des gesamten Grünzugs von Harpener Hellweg bis Universitätsstraße einen durchgehenden Zwei-Richtungsradwegs neben einem baulich getrennten Gehweg anzulegen. So kommen Radfahrende und zu Fuß Gehende mit nur wenigen Straßenquerungen, weitgehend ungestört vom Autoverkehr, über eine 4 bis 5 km lange Strecke von Harpen nach Wiemelhausen.

Tsukuba-Ring

Mehr Wohnen

Darüber hinaus sieht der Plan der STADTGESTALTER eine überschaubare Osterweiterung des Wohngebiets Ostpark vor. Auf der heutigen Schnellstraße sollen zukünftig Wohngebäude stehen. Zudem entfällt durch den Rückbau der Schnellstraße die Barriere zwischen Ostpark und Havkenscheider Feld. Das Erholungsgebiet ist über den vorgeschlagenen Grünzug direkt fußläufig zu erreichen. Auch der Lärm durch den Autoverkehr verschwindet. Das Wohngebiet gewinnt zusätzliche Attraktivität, die Lebensqualität steigt.

Ostpark

Die von den STADTGESTALTERn angeregten Umgestaltungen erhöhen die Wohnqualität in allen an den neuen Grünzug angrenzenden Stadtteilen. Die Erreichbarkeit mit ÖPNV, zu Fuß und mit dem Rad wird deutlich verbessert, neue Wegeverbindung entstehen. Die Stadtteile werden vom Verkehrslärm entlastet. Grün- und Naturflächen werden ausgedehnt, der städtische Naherholungswert steigt, das bedeutet weitere Aufwertungen. Die gesamte Stadt profitiert und wird lebenswerter.

Aus der Umgestaltung des Sheffieldrings ergeben sich für die Stadt einmalige Chancen, während die sich aus dem Rückbau ergebenden verkehrlichen Auswirkungen, aufgrund des ohnehin nur noch geringen Nutzens für den Autoverkehr, überschaubar sind.

09 Jul

Bochum benötigt Stromspeicher für günstigen Sonnenstrom und Netzstabilität

Im Bochumer Stadtbild sieht man immer mehr Photovoltaik-Anlagen. Wenn die Sonne scheint, gibt es Strom im Überfluss, der nachts und bei schlechtem Wetter fehlt. Mit gezielter Stromspeicherung ließe sich in der Stadt viel Geld sparen. Die STADTGESTALTER stellen dar, wie es gehen könnte.

Die Energiewende in Bochum ist in vollem Gange. Immer mehr Sonnenstrom wird besonders von Bochumer Dächern in das städtische Stromnetz eingespeist. Bei Sonnenschein steht Strom billig im Überfluss zur Verfügung, in der Nacht oder bei schlechtem Wetter ist dagegen der Strom im Tagesverlauf teuer.

Strompreis im Tagesverlauf, Foto: Solarautomomie GmbH

Hier kommt die Stadt ins Spiel, denn sie könnte ebenfalls Stromspeicher bereitstellen, die die Einwohner*innen nutzen können und die dazu einen wesentlichen Beitrag zur Netzstabilität leisten könnten.

Anwendungsbereiche von Stromspeichern

In dreifacher Hinsicht sind Stromspeicher für eine Stadt wie Bochum nützlich:

Netzstabilität – Das Stromnetz wird zukünftig anders ausgelastet, als es bisher ohne Einspeisung großer Mengen erneuerbarer Energie der Fall war. Zum einen führen Wind- und Sonnenstrom zu Lastspitzen, die abgefedert müssen, zum anderen führen besonders Wärmepumpen und das Laden von E-Autos zu Verbrauchsspitzen, die ebenfalls abgedeckt werden müssen. Das Netz muss insgesamt für höhere Stromlasten ausgelegt werden. Es muss die erhöhte Einspeisung von Sonnenstrom in einer Nebenstraße genauso leisten können wie das gleichzeitige Laden von zig E-Autos oder die parallele Stromabnahme von zahlreichen Wärmepumpen.

Dieses Problem kann durch einen Ausbau des Stromnetzes gelöst werden, insbesondere indem die Kapazitäten der Leitungen und Umspannwerke erhöht werden. Ein anderer Weg ist eine vermehrte Stromspeicherung, mit der Verbrauch und Erzeugung in Einklang gebracht und so Netzüberlastungen vermieden werden.

Aus den genannten Gründen wollen die Stadtwerke in den nächsten Jahren die gewaltige Summe von 500 Mio. Euro in den Ausbau des städtischen Stromnetzes investieren (WAZ vom 21.06.23).

Alternativ könnte auch ein großer Teil dieses Geldes in Stromspeicher investiert werden. Denn mit den Speichern kann ein lokales Lastmanagement betreiben und können Angebot- und Nachfrageschwankungen auffangen werden. so dass der kostspielige und langwierige Ausbau des Netzes reduziert, beziehungsweise in Teilbereichen sogar ganz drauf verzichtet werden könnte (Netzintegration von Speichern: Eckstein für Erneuerbare Energien ).

Kosteneffizienter Stromeinkauf – In wirtschaftlicher Hinsicht können die Stadtwerke Speicher zur Kostenoptimierung nutzen. Wenn im Tagesverlauf günstig Strom angeboten wird, könnte dieser bezogen und gespeichert werden und dann zu Zeiten an die Verbraucher abgegeben werden, wenn der Strom vergleichsweise teuer ist. Auf den Bezug von Strom, könnte verzichtet werden, wenn dieser besonders kostspielig ist. Auf diese Weise ließen sich die Strompreise für die Verbraucher*innen senken und die Erlöse für die Stadtwerke erhöhen. So könnte in einem günstigen Fall, statt für 70 Euro pro MWh Strom einzukaufen, Strom aus dem Speicher entnommen werden, der bei Ladung der Batterie für nur 20 Euro/ MWh bezogen wurde.

Quartiersspeicher – Großbatterien können auch zur Speicherung von Strom dienen, den die Einwohner*innen eines Stadtquartier z.B. auf ihren Dächern erzeugen und den sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnehmen und verbrauchen. Zu diesem Zweck mieten die Quartiersbewohner*innen einen Teil des Quartiersspeichers für ihren Strombedarf (Funktionsweise Quartiersspeicher). Strom, der nicht selbst verbraucht wird, wird über den Quartiersspeicher anderen Bewohner*innen zum Verbrauch zur Verfügung gestellt.

Die Anmietung von Stromspeicher wäre nach heutigen Kostenmaßstäben nur halb so teuer wie die Anschaffung einer eigenen privaten Batterie (Technisch-ökonomische Bewertung von Quartierspeichern).

Das Konzept von Quartiersspeichern dient der Optimierung des Strommanagements in Stadtquartieren, die jeweils über einen eignen Stromspeicher verfügen und über diesen einen Ausgleich von Stromerzeugung und –verbrauch des Quartiers steuern. Dabei hilft den Quartiersbewohner*innen eine App. Erweiternd könnten in das System auch E-Autos als Speicher wie Verbraucher eingebunden werden (Funktionsweise Quartiersspeicher).

Dezentrale Quartiersspeicher oder zentrale Großspeicheranlagen

Stromspeicher lassen sich also dezentral als Quartiersspeicher oder zentral in einer größeren Menge an Einheiten z.B. an ehemaligen Kraftwerksstandorten aufstellen. Üblicherweise ist eine Speichereinheit ähnlich groß wie ein Seecontainer. So ist ein Tesla Megapack 9,20 m lang, 1,65 m breit und 2,80 m hoch. In einem Megapack können 3,9 MWh maximal gespeichert werden. Die Kosten pro Pack liegen aktuell bei 1,75 Mio. Euro. Für eine zentrale Stromspeicherung können mehrere Einheiten miteinanderverbunden werden. Auf diese Weise werden beispielsweise  in Belgien, beim größten Speicherprojekt Kontinentaleuropas 40 Megapacks aufgebaut und zusammengeschaltet (Tesla-Megapack in Belgien ist das größte in Europa).

Megapack, Tesla Foto: Tesla

Der Aufbau einer solchen Großspeicheranlage wäre in Bochum zum Beispiel an der ehemaligen Zentraldeponie in Kornharpen möglich. An den Hängen der Deponie ist bereits seit 2009 eine PV-Anlage in Betrieb, die 125 MWh Strom pro Jahr erzeugt (Sonnenkraft hilft USB Energie zu sparen). Mit einem Ausbau könnte der Ertrag dieser Anlage mindestens verdreifacht werden.

Energiezentrale Kornharpen

Auf dem Deponiegelände wird in einem Blockheizkraftwerk derzeit bereits Wärme und Strom aus Deponiegas erzeugt. Die STADTGESTALTER regen an, diese Anlage, um eine Biogasanlage zu ergänzen (Strom und Wärme aus Biomüll für 4.800 Haushalte). Darüber hinaus könnten die Äcker rund um die Deponie für die Gewinnung von Wärme mittels Agrothermie genutzt werden (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft), mit Hilfe des Wassers aus den Erdwärmekollektoren unter den Ackerböden könnte mit einer Großwärmepumpe Fern- oder Nahwärme erzeugt werden. Für die günstige Bereitstellung des zum Betrieb der Wärmepumpe erforderlichen Stroms, könnte wiederum ein Batteriegroßspeicher auf dem Gelände dienen.

Auch für die Zwischenspeicherung von Strom aus den schon von den STADTGESTALTERn vorgeschlagenen PV-Anlagen auf Bochumer Seen (Schwimmende Solaranlagen auf Bochumer Seen) und Parkplätzen von Einkaufszentren (Ruhr Park und Hannibal Center könnten viel Sonnenstrom erzeugen), könnte eine Großbatterieanlage genutzt werden. Ein solcher Speicher ermöglicht auch hier, den in Sonnenstunden erzeugten und gespeicherten Strom, zu einem späteren Zeitpunkt, nachts oder bei Regenwetter zu verbrauchen.

Speicher für bis zu 555 MWh Strom

Geht man davon aus, dass durch die Speicherung von Strom die Hälfte die Kosten für den Stadtwerken bisher geplanten Netzausbaus gespart würden, könnten diese 250 Mio. Euro in Speicher investiert werden. Legt man die aktuellen Speicherkosten zugrunde ließen sich von diesem Geld 142 Tesla Megapacks anschaffen, um 555 MWh Strom zu speichern.

Arten von Batteriespeichern

Doch Tesla Megapacks sind nicht die einzige Möglichkeit Strom in großen Mengen zu speichern. Absehbar kommen immer mehr alternative Batteriesysteme auf den Markt. Vielversprechend erscheint z.B. aktuell Strom zukünftig in so genannten “Organic-Solid-Flow-Batterien“ zu speichern. Diese Batterietechnik hätte einige Vorteile. Für den Bau dieser Batterien werden keine seltenen Erden benötigt, ihre Energiedichte ist ähnlich zu der von Lithium-Ionen Akkus und sie erlauben mehr Ladezyklen. Dazu ist das Brandrisiko geringer. Ein erster Großstromspeicher mit Solid-Flow-Batterien wird gerade in Hessen aufgebaut (Uniper und CMBlu testen Großstromspeicher am Standort Staudinger).

Bürokratische Hindernisse

Lange stellte auch übermäßige Bürokratie ein großes Hemmnis dar, Großstromspeicher aufzubauen und wirtschaftlich zu betreiben (Batteriespeicher in Netzen). Seit kurzer Zeit werden aber die Hürden (Hindernisse und Herausforderungen für Energiespeicher unter den derzeitigen politischen, marktregulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) geschliffen, die auf Drängen der fossilen Stromwirtschaft mit freundlicher Mithilfe einer selbstverliebten und fortschrittsunwilligen Bürokratie aufgebaut wurden, um die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu boykottieren.

Ausbau von Photovoltaik, Stromnetz und -speichern muss zusammen gedacht werden

Für eine erfolgreiche Energiewende im Strombereich ist ein Gleichschritt zwischen Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, Anpassung der Netzinfrastruktur und Stromspeicherung erforderlich (Stromspeicher – Stiefkinder der Energiewende). Das gilt gleichermaßen für den Stromsektors in Bochum.

Bochum benötigt also dringend eine Stromspeicherstrategie. Zu entscheiden ist, wo im Stadtgebiet soll Strom gespeichert werden, setzt man auf wenige zentrale Großspeicher oder dezentral über das Stadtgebiet verheilte Quartiersspeicher und wie viel Stromspeicherkapazität, wird überhaupt  benötigt? Zwar kann der Aufbau und Anschluss von Containerspeichern in wenigen Monaten bewerkstelligt werden, jedoch sind aktuell überlange Planungs- und Lieferzeiten limitierende Faktoren. Hinzu kommt in Bochum ein Personalproblem. Die Stabsstelle Klimaschutz, die von städtischer Seite neben den Stadtwerken entsprechende Planungen vorantreiben müsste, ist hoffnungslos unterbesetzt, aktuell sind nur drei von fünf Stellen besetzt. Die Rot-Grüne Rathaus-Koalition lehnt bisher allerdings die dringend erforderliche Personalaufstockung ab und boykottiert damit eine zügige Energiewende (Antrag 20231406, Mehr Personal für den Klimaschutz).