08 Juni

Baustellenorganisation: Stadt verhält sich provokant wie respektlos

Vollsperrungen ohne Notwendigkeit, Baustellen, auf denen nicht gearbeitet wird und solche, die nicht fertig werden. Die Stadt lässt keine Bemühungen erkennen, die Zumutungen durch Baustellen so gering wie möglich zu halten. Man zeigt sich an den Bedürfnissen der Menschen desinteressiert. Das Verhalten ist provokant und respektlos.

Ursache der indiskutablen Baustellenorganisation ist letztlich eine unangemessene Haltung der Verantwortlichen gegenüber den Bedürfnissen von jenen, die von städtischen Baumaßnahmen tagtäglich betroffen sind. Hier drei Beispiele für das desaströse städtische Baustellenmanagement aus den letzten beiden Monaten:

Beispiel 1 – Baustelle Veloroute (Vierhausstraße): Am 04.05.2025 sperrt die Stadt den Abzweig von der Vierhausstraße zur Autobahnunterführung A40, und das, trotzdem sie die Sperrung in der Baustelleninformation für die Anwohner und Anwohnerinnen gar nicht angekündigt hat (Anliegerinformation). Zehn Tage danach passiert nichts, es erfolgen keinerlei Arbeiten. Die Betroffenen räumen die Barrieren jeden Morgen weg, bahnen sich einen Weg durch die nicht vorhandene Baustelle, die Stadt sperrt am Abend alles wieder ab. Obwohl die Stadt jeden Tag sieht, dass sie die Menschen mit ihrer Sperrung völlig sinnfrei behindert und zu Umwegen zwingt, zeigt sie sich in provokativer Weise nicht bereit, die Sperrung bis zum Beginn der Bauarbeiten aufzuheben.

Dass die Sperrung ohne Ankündigung in der Anliegerinformation durchgeführt wird, wirft ein Licht darauf, wie schlampig beim Baustellenmanagement gearbeitet wird. Dass man eine Sperrung, auch ohne dass Arbeiten erfolgen, eisern durchsetzen will, wiederum zeigt die Arroganz und Respektlosigkeit der Verantwortlichen. Es interessiert niemanden, ob man die Menschen zu Umwegen zwingt und ihnen damit die Zeit stiehlt. Man will sich keine Arbeit und Mühe machen, also sperrt man alles ab und die Menschen sollen sehen, wo sie bleiben.

Intelligent mitdenken, bei der Baustellenorganisation je nach Baustellensituation die Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen, dazu ist die Verwaltung nicht bereit. Und das bringt sie, wie in diesem Fall, auch gerne demonstrativ zum Ausdruck.

Beispiel 2 – Springorumtrasse (zw. Wasserstr. 223 und Springorumallee): Hier soll neben der Springorumtrasse eine Straßenbeleuchtung installiert werden.

Bereits die Sinnhaftigkeit der Maßnahme darf bezweifelt werden. Eigentlich müsste die Trasse deutlich verbreitert werden, denn sie ist viel zu schmal. Auf den aktuellen 2 bis 2,5 Meter Breite kommt es ständig zu Konflikten zwischen Menschen auf dem Rad und jenen, die die Trasse zu Fuß benutzen. Jetzt baut die Stadt auf die Fläche Straßenlaternen, die eigentlich zur Verbreiterung der Trasse genutzt werden sollte. Schlau und im Sinne von jenen, die die Trasse nutzen, ist das nicht. Die vordringlichen Belange interessieren aber offensichtlich nicht.

Eigentlich sollte die Baustelle von Anfang April bis Anfang Mai, also rund einen Monat dauern (WAZ 03.04.2025). Obwohl die Trasse selbst nicht von Bauarbeiten betroffen ist, wurde sie voll gesperrt. Neben der Trasse wird mit einem Kleinbagger ein Graben ausgehoben, darin auf rd. 1,2 Meter Tiefe ein Leerrohr verlegt, das später die Leitung zu den Laternen aufnehmen soll. Die Trasse selbst wird nur für den Transport des Baustellengeräts und den Hin- und Abtransport von Erdaushub benötigt. Die Vollsperrung könnte also eigentlich auf die Zeit der täglichen Arbeiten beschränkt werden. Während nicht gearbeitet wird (z.B. von 16 – 8 Uhr), könnte die Trasse freigegeben werden, nur offene Gräben neben der Trasse müssten dafür abgesperrt werden. Doch das erfordert Mitdenken und Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse von jenen, die die Trasse nutzen. Beides ist bei den Verantwortlichen der Verwaltung nicht zu beobachten.

Jetzt stellt sich heraus, bei der Zeitdauer der Baustelle hat man sich eklatant verrechnet, sie wird statt 4 Wochen mindestens 15 Wochen dauern, statt bis Anfang Mai bis zum 21.07.25. Als Begründung wird angegeben, man sei “auf sehr starken Wurzelwuchs und alten Gleisschotter gestoßen” (WAZ vom 05.06.25). Die Springorumtrasse ist eine stark bewachsene, ehemalige Bahntrasse, Wurzeln und Schotter waren also zu erwarten. Warum die Stadt das offenbar übersehen hat, wirft kein gutes Licht auf die fachliche Kompetenz und Professionalität der Verantwortlichen. Die ist offensichtlich eher wenig vorhanden.

Aber anstatt sich für ihr Totalversagen bei den Betroffenen zu entschuldigen, beschwert sich die Stadt darüber, wie die Menschen auf die zumindest teilweise unnötige und überzogen lange Vollsperrung reagieren. Diese ignorieren die Sperrung und gehen bzw. fahren durch die Baustelle. Verständlich, man lässt sich die Provokation und Respektlosigkeit der Stadt nicht gefallen. Zumal die Umleitung mit der viel zu schmalen und steilen Abfahrt von der Trasse runter zur Königsallee brandgefährlich ist. Denn ist der Verwaltung angeblich die Sicherheit der Menschen auf der Trasse während der Baustelle wichtig, war sie das bei der Anlage, der viel zu steilen und kurvigen Abfahrt erkennbar nicht.

Durch die unnötige Vollsperrung mitten zur besten Radfahrzeit provoziert, eskalierte bereits in einem Fall die Lage völlig. Zwischen einem Radfahrer und Bauarbeitern kam es zu Handgreiflichkeiten. Solches Verhalten ist trotz der respektlosen wie provokativen Haltung der Stadt unter keinen Umständen zu rechtfertigen.

Die unterirdische Baustellenorganisation ist allerdings ebenso wenig hinzunehmen. Mindestens dann, wenn keine Bauarbeiten stattfinden, wäre die Vollsperrung aufzuheben. Dass die Baustelle 11 Wochen länger dauert als geplant, lässt sich gar nicht entschuldigen. Die Verzögerung ist die Folge von beispielloser Schlamperei und Unfähigkeit im städtischen Baustellenmanagement.

Erkennbar interessiert niemanden, was man den Menschen mit den Baustellen wie lange zumutet. Beim Baustellenmanagement dreht sich alles nur darum, dass es die Verantwortlichen in der Verwaltung und auf der Baustelle möglichst einfach haben. Man sperrt ab, stellt alles mit Baugeräten und Baumaterial zu und macht dann so lange, bis man fertig ist. Die Belange der von den Baustellen Betroffenen interessieren nicht. Die haben gefälligst klaglos hinzunehmen, was man ihnen vorsetzt. Damit sich die Verantwortlichen keine Mühe und Arbeit machen müssen, die Baustellen intelligent zu organisieren, müssen tausende Menschen sinnlos Umwege fahren.

Beispiel 3 – Umleitung Radverkehr über den Husemannplatz: Eigentlich sollte der Husemannplatz bereits Ende 2022 fertig sein, jetzt geht man nicht vor Ende 2025 aus. Kosten sollte das Ganze zunächst 4,1 Mio. Euro, aktuell liegt die Schätzung bei 15,1 Mio. Euro. Auch hier versagten die Verantwortlichen so offensichtlich wie kläglich.

Eigentlich ist der Platz auch mehr Lagerfläche für Baumaterial und Baugerät denn wirklich eine Stelle, wo gebaut wird. Wo man hin sieht, stehen Container, liegen Haufen mit Material, oder parken Bagger wie andere Baumaschinen. Die Bereiche, wo wirklich gebaut wird, fallen dagegen eher klein aus. Aufgrund des übermäßigen Zeitverzugs wollte man jetzt zumindest einen Teil des Platzes frei geben. Also strich man die Fahrradumleitung über den Platz und sperrte diesen für den Radverkehr. Die Radumleitung wurde zur Lagerfläche (Radkreuz wird zur Lachnummer).

Material und Geräte erst dann zur Baustelle zu schaffen, wenn diese benötigt und verbaut werden, würde Mühe, Arbeit und Mitdenken für die Verantwortlichen bedeuten, dazu war man auch in diesem Fall nicht bereit. Wieder zeigte man sich von Seiten der Stadt gegenüber den Belangen der Betroffenen demonstrativ ignorant und damit respektlos.

Falsche Arbeitseinstellung

Alle drei Fälle zeigen, beim Baustellenmanagement dreht sich alles nur um die Verwaltung selbst. Die Menschen, die in der Stadt leben, werden als störende Masse empfunden, die es mit Vollsperrungen zu verdrängen gilt, damit man selbst freie Hand hat und auf nichts und niemanden mehr Rücksicht nehmen muss. Dieser Egoismus ist inakzeptabel. Die Verwaltung arbeitet nicht für sich, sie arbeitet für die Bürger und Bürgerinnen. Ziel des Baustellenmanagements ist nicht, dass die Verwaltung und die Baufirmen möglichst wenig Arbeit haben und nicht mitdenken müssen. Eine gute Baustellenorganisation verfolgt primär das Ziel, die Zumutungen für die Menschen, die in der Stadt leben, so gering wie möglich zu halten. Die dargestellten Beispiele zeigen, in der Verwaltung fehlt es an der richtigen Arbeitseinstellung.

Gefühlt nehmen die Vollsperrungen in der Stadt seit Jahren zu. Es scheint so, als sei eine Baustelle ohne Vollsperrung gar nichts mehr wert. Dabei müsste das Ziel die Vermeidung von Vollsperrungen sein. Straßen und Wege zu sperren, obwohl nicht gearbeitet wird oder es Möglichkeiten gäbe, Sperrungen ganz oder mindestens teil- bzw. zeitweise zu vermeiden, ist provokativ und respektlos. Sich nicht für unnötige Sperrungen oder für eine völlig misslungene Baustellenorganisation zu entschuldigen wird von den Menschen zudem als arrogant wahrgenommen.

Kein Wunder also, dass umgekehrt der Respekt für die Arbeit auf den Baustellen und die zuständige Verwaltung bei den Bochumer und Bochumerinnen kaum mehr vorhanden ist. Ärger und Wut sind mittlerweile am Siedepunkt. Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus. Wer den Menschen nicht mit Respekt begegnet, kann selbst nicht erwarten, respektvoll behandelt zu werden.

Die Mitschuld der Politik

Leider verhält sich die Politik auch beim inakzeptablem Baustellenmanagement passiv. Statt die Probleme anzugehen, versucht man sie auszusitzen. Klare Ansagen an den Stadtbaurat, dass das desaströse Baustellenmanagement, wie es überall in Bochum immer wieder zu beobachten ist, nicht länger toleriert wird, gibt es nicht.

Für Zuschauende ist die Anbiederung der roten und grünen Mitglieder und Mitgliederinnen in den entsprechenden Ausschüssen des Stadtrates an die Verwaltung schwer erträglich, teilweise peinlich bis beschämend. Statt endlich die inakzeptablen Zustände schonungslos anzusprechen und zu beenden, ist man sich nicht zu schade, das angebliche “Engagement” der Verwaltung noch zu loben, um sich persönlich beim Stadtbaurat und der Verwaltung beliebt zu machen. Wer so Politik macht, hat offensichtlich nur seine politische Karriere im Kopf, aber eben nicht die Belange von jenen, die einen gewählt haben.

So lange aber die Verantwortlichen in der Verwaltung von der Politik nicht kontrolliert und zu bügernahem Verhalten angehalten bis verpflichtet werden, ist es kein Wunder, dass das Baustellenmanagement in der Stadt derart verkommen konnte.

06 Dez.

Baustellen besser organisieren, Vorbild Japan

Die Menschen in Bochum sind von Baustellen zunehmend genervt. Oft sind sie nicht gut organisiert und die Stadt achtet zu wenig darauf, dass die Stadtbewohner*innen möglichst wenig behindert werden. Das geht viel besser. In Japan kann man erleben, was möglich ist.

Viele Baustellen in einer Stadt sind eigentlich ein gutes Zeichen. Sie zeigen, dass Städte sich verändern und modernisiert werden, also Unternehmen wie Menschen, in die Stadt investieren. Städte, die sich bereit machen für die Zukunft, erkennt man an vielen Baustellen (Mehr Baustellen für Bochum).

Schlecht organisierte Baustellen sind ein Ärgernis

Gefühlt gibt es in Bochum endlos viele Baustellen, die ewig dauern, für Sperrungen von Straßen sorgen oder über Monate bis Jahre den Verkehr behindern. Auffällig lang dauern solche Einschränkungen besonders auf Geh- und Radwegen. Dabei gibt es m Vergleich zu anderen Städten es in Bochum gar nicht mehr Baustellen, aufgrund von Dauer und Grad der Verkehrsbehinderung, fallen sie allerdings besonders auf.

Schaut man nach Japan, wo Platz aufgrund der erheblich höheren Bevölkerungsdichte viel knapper ist, als etwa im Ruhrgebiet, wundert es, dass Baustellen dort kaum aufallen. Das liegt besonders daran, dass japanische Baustellen fast immer am Gehweg enden, sie behindern den Fußverkehr nicht, und es undenkbar ist, dass Baustellenfahrzeuge im Umkreis der Baustelle am Straßenrand abgestellt werden.

Besonderheiten japanischer Baustellen

Eine japanische Baustelle beschränkt sich auf den Raum, den der Bauplatz bietet.

Baustellen in Japan

In Bochum erlaubt die Stadt den Bauunternehmen sogar wie beispielsweise an der Baustelle Wielandstraße, die Baucontainer in die angrenzende öffentliche
Grünanlage, die Schmechtingwiese, zu stellen und dort Baumaterial zu lagern. Auch die Baustelle des Husemann Karrees erstreckte sich selbstverständlich auch auf die Viktoriastraße. Selbst für den Bau eines Wohnhauses durfte der Baustellenbetreibende an der Agnesstraße über Jahre den Gehweg sperren, während die Schulkinder der Gesamtschule auf die Straße verwiesen wurden.

In Japan endet jede private Baustelle an der Gehwegekante. Die Aus- und Einfahrt auf die Baustelle wird von speziellen Aufsichtskräften gemanagt. Die Anlieferung der Baustellen erfolgt just–in-time. Material wird erst angefahren, wenn es benötigt wird. Kommt der LKW, werden vom Baustellenpersonal die Tore der Einfahrt zur Baustelle geöffnet, kurz der Fußverkehr auf dem Gehweg gestoppt. Das Fahrzeug fährt hinter die hohen hellgrauen Wände, die jede Baustelle umschließen, auf die Baustelle und wird dort entladen. Die Belästigung für Menschen auf Geh- Radweg und Straße beträgt nur Sekunden. Die gesamte Abladung findet auf dem Bauplatz statt. Dort wird immer nur so viel Gerät und Material gelagert wie gebraucht wird. Beim Ausfahren des LKW das gleiche Spiel: die Bauplatztore werden geöffnet, Fuß- und Straßenverkehr werden für einen kurzen Moment angehalten, damit der LKW bequem ausfahren kann.

Baustellenpersonal Japan

An lärmintensiven Baustellen wird in Japan der Lärm gemessen. Die Lärmmessgeräte hängen für alle sichtbar neben der Baustelleneinfahrt. So sehen alle Passanten, ob die Lärmgrenzwerte eingehalten werden.

Auch die Sanierung von Leitungen, Straßen und Plätzen organisiert man in Japan anders. Es wird nicht wie an Hattinger-, Alleestraße oder Husemannplatz die gesamte öffentliche Fläche in eine Bauwüste verwandelt, sondern in Sektionen nur immer so viel Fläche als Baustelle ausgewiesen, wie Tag für Tag bearbeitet werden kann.

Wird auf dem Gehweg oder einer Fußgängerzone z.B. eine Wasserleitung neu verlegt, wird zu Tagesbeginn ein 20-30 Meter langer Graben ausgehoben, Die dabei anfallende Erde wird auf Klein-LKW geladen, die sie zunächst abtransportieren, anschließend wird die Leitung neu gelegt. Die LKW mit dem Aushub kommen zurück, der Graben wird wieder verfüllt und die Fläche danach asphaltiert. Am Abend ist von der Baustelle nichts mehr zu sehen. So werden jeden Tag 20-30 Meter Leitung getauscht.

Nachdem die Leitungsverlegungsarbeiten abgeschlossen sind, wird der Asphalt wieder aufgenommen und durch neues Pflaster ersetzt. Auch hier wird jeden Tag nur so viel Asphaltfläche aufgenommen wie neu gepflastert werden kann. Am Ende des Arbeitstages ist keine Baustelle mehr zu sehen. So lange die Baustelle läuft, leitet das Baustellenpersonal den Verkehr an der Baustelle vorbei. Das geschieht mit japanischer Höflichkeit, man bedankt sich für die Geduld, weil man für den anfahrenden LKW warten musste, man entschuldigt sich pflichtschuldigst für die Unannehmlichkeiten, die eine Baustelle verursacht.

Japanisches Baustellenorganisation

In Japan ist man sich mehr als bei uns bewusst, dass jede Baustelle für die Stadtbewohner*innen ein Ärgernis darstellt, also ist das oberste Ziel des japanischen Baustellenmanagements, die verursachten Störungen möglichst gering zu halten. Die Baustelle hat sich nach den Bedürfnissen der Menschen zu richten, die sie belästigen, nicht die Menschen nach der Baustelle, weil dort keine Bereitschaft besteht, diese platzsparend und möglichst wenig belästigend zu organisieren.

Aus dieser Zielvorstellung ergeben sich verschiedenste Maßnahmen, die für die Baustellenorganisation in Japan typisch sind:

  • Jede Baustelle wird nach dem Just-in-time-Prinzip organisiert. Auf der Baustelle ist nur das Material, die Fahrzeuge und Werkzeuge vorhanden, die gerade benötigt werden. Alles kommt, wenn es gebraucht wird, und verlässt die Baustelle sofort wieder, wenn das nicht mehr der Fall ist. Gelagert wird auf Baustellen nur das unbedingt Nötige.
  • Läuft die Baustelle, steht vor der Baustelle freundliches zuvorkommendes und entsprechend ausgebildetes Aufsichts- und Sicherheitspersonal, das den Ein- und Ausfahrtsverkehr organisiert, mit den Passanten kommuniziert, und Baustellenseiten überwacht, die dem öffentlichen Raum zugewandt sind.
  • Baufahrzeuge, Material oder Baucontainer dürfen nicht im öffentlichen Raum auf der Straße oder auf Gehwegen abgestellt werden. Dafür gibt es nur in absoluten Sonderfällen Ausnahmegenehmigungen. Es gilt das Grundprinzip, wer baut, organisiert seine Baustelle auf dem vorhandenen Bauplatz.
  • Baustellen auf nicht öffentlich zugänglichen Grundstücken werden zum öffentlichen Rauzaun mit meterhohen geschlossenen Bauzäunen abgesperrt, um zu verhindern, dass Baumaterial auf die öffentlichen Wege gelangt. Im Extremfall wird sogar das ganze Gebäude eingehaust.
  • Zu jedem Arbeitsbeginn wird ein aktualisierter Tagesplan mit den an der Baustellenorganisation beteiligten Personen besprochen, der darlegt, welche Arbeiten, Ein.- und Ausfahrten, wann am Tag geplant sind, worauf besonders zu achten ist und wer für was zuständig sein wird.
  • Straßenbaustellen wandern. Jeden Tag wird nur so viel Fläche als Baustelle eingezäunt, wie auch bis zum Abend fertiggestellt werden kann. Es wird nicht, wie in Bochum immer wieder zu beobachten, eine Straße aufgerissen und erst Wochen später kommt das Unternehmen, das die Leitungen verlegt und wieder Wochen später das Unternehmen, das die Straße wiederherstellt.
  • Baustellen auf öffentlichen Straßen, Geh- und Radwegen werden, sofern irgend möglch, morgens begonnen und abends wieder geschlossen. Durchgehend wird das Ziel verfolgt, Sperrungen von Straßen, Wegen und Plätzen unbedingt zu vermieden.
  • Um Behinderungen für den Fuß-, Rad- und Autoverkehr auf wichtigen Straßen möglichst gering zu halten und Straßensperrungen zu verhindern, werden Baustellen häufig über Nacht eingerichtet und notwendige Bauarbeiten nachts durchgeführt.
  • Baufahrzeuge werden, sofern sie Erde, Schutt oder anderen Bauschmutz von der Baustelle in den öffentlichen Raum transportieren könnten, noch auf der Baustelle abgespritzt. Die Bauaufsicht sorgt dafür, dass Wege und Straßen vor dem Bauplatz sich jederzeit in einem Zustand befinden, als gäbe es die Baustelle gar nicht. Eine Beschädigung der Straße durch Baufahrzeuge, wie sie etwa an der Wielandstraße durch die Stadt Bochum hingenommen wird, wäre in Japan nicht vorstellbar.
  • Baustellen werden eng aufeinander abgestimmt und zeitlich miteinander vertaktet. Dass wie in der Bochumer Innenstadt mit den Arbeiten am Husemannplatz erst begonnen wird, wenn die Gebäude des Husemannkarrees dahinter fast fertig sind, würde in Japan den zuständigen städtischen Planungsverantwortllichen voraussichtlich den Job kosten.

Umdenken bei Bauunternehmen und Stadt nötig

Um eine Baustelle nach japanischem Vorbild zu organisieren, erfordert ein hohes Maß an Organisationsaufwand und Planungskompetenz sowie den unbedingten Willen, mit seiner Baustelle andere so wenig wie möglich zu belästigen. Natürlich ist es organisatorisch einfacher ganze Straßen zu sperren, vollflächig aufzureißen, alles auf der Baustelle oder in deren Umgebung zu lagern und dann immer dort weiter zu bauen, wo gerade die entsprechende Fachfirma verfügbar ist, doch smart ist eine solche weitgehend ungeplante Vorgehensweise nicht. Dazu missachtet sie die Bedürfnisse der Stadtbewohner*innen, die so wenig wie möglich von Baustellen belästigt werden möchten.

Für eine entsprechende Umstellung der Baustellenorganisation ist gleichermaßen ein Umdenken der Bauunternehmen wie der Stadt erforderlich. Die Unternehmen müssten ihre Bauorganisation neu ausrichten, die Stadt muss eine entsprechende Organisation von den Unternehmen einfordern und die Zielsetzung verfolgen, dass für private Baustellen nur in absoluten Ausnahmefällen öffentlicher Raum dauerhaft genutzt werden kann. Zudem wäre streng darauf zu achten, dass die Belastungen, die von Baustellen ausgehen, minimiert werden.

Bei Ausschreibungen für städtische Baustellen sollte berücksichtigt werden, dass ein wesentliches Vergabekriterium ist, dass Baustellen im öffentlichen Raum möglichst sparsam mit städtischen Flächen umgehen und den Menschen Straßensperrungen wie Baustellenwüsten, auf denen über Wochen nichts passiert, erspart bleiben.

Smarte Baustellen bedeuten mehr Lebensqualität

Das japanische Modell wird sich nicht von jetzt auf gleich umsetzen lassen. Zu einer lebenswerten Stadt gehört aber auch, dass man die Störungen und Belastungen von Baustellen minimiert. Es sollte sich also lohnen, in dieser Richtung tätig zu werden und sich am Vorbild japanischer Baustellen zu orientieren. Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass um Bochum zukunftsfähig zu gestalten in der Stadt noch viel zu modernisieren, sanieren und neu zu bauen ist.