“Radkreuz” wird zur Lachnummer

Das “Radkreuz”, von der Stadt vollmundig als innerstädtischer Verteiler für den gesamtstädtischen Radverkehr angekündigt, erweist sich als Rohrkrepierer. Statt den versprochenen, schnellen, direkten Wegen durch die Innenstadt müssen Radfahrerinnen und Radfahrer jetzt sogar absteigen.
Nach Aussagen der Stadt Bochum war die Idee des Radkreuzes (Vorlage 20231682), für den Radverkehr direkte, schnelle Radverbindungen durch die Innenstadt zu schaffen und so die Cityradialen auf dem kürzesten Weg zu verbinden (Herner, Dorstener, Castroper, Wittener, und Hattinger Straße sowie Königsallee). Doch das funktioniert nur in der Theorie und der Fantasie der Stadt.

Statt durchgehenden klar markierter, ausreichend breiter Radwege, wie z.B. in Tübingen (Blaues Band, Universitätsstadt Tübingen), ist man in Bochum der Meinung, mit ein paar halbgaren Baumaßnahmen, weißen Strichen und Radkreuzemblemen auf dem Straßenasphalt könne man das Ziel billig und ohne großen Einsatz erreichen.

Die Maßnahmen zur Schaffung des Radkreuzes sind weitgehend undurchdacht, erweisen sich als untauglich, unausgegoren und mangelhaft. Doch schauen wir uns das im Einzelnen an:
“Radkreuz” ist teilweise Fußgängerzone
Hört man den Begriff “Radkreuz”, erwartet man, in der Innenstadt würden sich mehrere sichere, gut ausgebaute und markierte Radwege kreuzen. Doch die sind nirgendwo Teil des Kreuzes und auch nicht Teil noch geplanter Baumaßnahmen. Die Stadt hat einfach auf bestehende Straßen und zu schmale Radstreifen das Radkreuzemblem geklebt und fertig war der Marketing-Coup “Radkreuz”.
Zudem sind wichtige Abschnitte des Radkreuzes weder Radwege noch Straßen, sondern Fußgängerzonen mit Zusatzschild “Radfahrer frei”, so der Teil vor dem Husemann Karree und die Große Beckstraße zwischen Boulevard und Rietkötter. Dort haben die zu Fuß Gehenden Vorfahrt, und Menschen auf dem Rad dürfen maximal Schrittgeschwindigkeit fahren. Für ein “Radkreuz”, das einen zügigen, sicheren und konfliktfreien Radverkehr ermöglichen sollte, ein Unding.

Doch es kommt noch schlimmer. Bei den 70 Metern Fußgängerzone vor dem Husemann Karree, die gerade erst eingerichtet wurden, gibt es bisher nicht mal das Schild “Radfahrer frei” (WAZ vom 04.04.2025). Für mindestens 9 Monate sollen die Radfahrenden hier absteigen und ihr Rad schieben.
Die Stadt gibt als Begründung an, es fehle dort der Platz für den Radverkehr. Die Baustelle auf dem Husemannplatz müsse weiter ausgedehnt werden. Im Klartext: Damit auf dem Platz während der Baustelle noch mehr Container und Baugerätschaften abgestellt werden können (siehe Bild), entfällt der Platz für das “Radkreuz”.
Das Vorgehen zeigt, auch für eine kluge, den Radverkehr berücksichtigende Baustellenplanung fehlt es im Rathaus sowohl am Willen wie der nötigen Fachkompetenz. Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der am Verkehr Teilnehmenden kommt in der Denkweise der Bochumer Verkehrsplaner und -planerinnen nicht vor. Es wird zugelassen, dass zu Lasten des Verkehrs die Baustellen massenweise als Abstellfläche für Containern, Baumaschinen und Lagerflächen dienen (siehe Bild), während Bauarbeiten, wenn überhaupt, nur an wenigen Stellen auf der Baustellenfläche stattfinden. Von einer intelligenten Baustellenlogistik, bei der nur das an Material auf der Baustelle steht, was auch verbaut wird und nur die Baugeräte, die auch benötigt werden, scheint man noch nie etwas gehört zu haben.
Sinnloser Umbau der Großen Beckstraße
Was sich die Planer dabei gedacht haben, Teile des “Radkreuzes” als Fußgängerzone auszuschildern, weiß außer ihnen niemand. An der Großen Beckstraße wird die Sache endgültig absurd. Damit Radler und Radlerinnen in diesem Bereich bequemer durch die Fußgängerzone fahren können, hat die Stadt das Kleinpflaster dort entfernt und durch Asphalt ersetzt. Doch mehr als Schrittgeschwindigkeit fahren, dürfen die Pedalisten deswegen nicht. Somit ist der Nutzen dieser Maßnahme höchst fragwürdig. Allerdings hat die Entfernung des Pflasters dem Straßenbild erkennbar nicht gut getan.

“Radkreuz” von wichtigen Straßen nicht erreichbar
Leider sind das aber nicht die einzigen Fehlplanungen, die sich die Stadt beim Projekt “Radkreuz” geleistet hat. Der gravierendste Missstand besteht darin, dass wichtige Straßen wie Universitätsstraße, Uhlandstraße, Bergstraße, Rottstraße, Brüderstraße sowie Schillerstraße vom “Radkreuz” gar nicht zu erreichen sind. Und auch zum Justizzentrum kommt man nicht über das „Kreuz”.
Hans-Böckler-Straße – Ansammlung von Fehlplanungen
Doch die Liste der Mängel ist noch länger: Von der Brückstraße vom Nordring kommend, nach rechts auf die Hans-Böckler-Straße abbiegend, fehlt ein Radweg, die folgende Aufleitung ist ebenfalls eine Fehlplanung. Anders als geplant (Abb. 6, Vorlage 20231681), ist es nicht möglich geradeaus auf die Radspur zu fahren, sondern nur mit einem unnötigen und sinnfreien Rechts-Links-Schlenker.

Auch die neue Radführung vor dem Straßenbahntunnel, um ein Einfädeln in die Straßenbahnschienen zu verhindern, vermag die schwerwiegenden Mängel der Verkehrsplanung an dieser Stelle nicht nachhaltig beseitigen. Statt die gesamte Hans-Böckler-Straße vollständig radgerecht umzubauen, wurde mehr schlecht als recht versucht mit unausgegorenen Verlegenheitslösungen die schwerwiegenden Planungsdefizite der Vergangenheit zu entschärfen. Gelungen und vorzeigbar ist das alles jedoch nicht.
Fuß-, Rad- und Busverkehr auf dem Boulevard, das funktioniert nicht
Den Radverkehr mit den Bussen über den Boulevard zu führen, funktioniert ebenso wenig. Da es keine farbig klar markierte Radspur gibt, laufen ständig Menschen zu Fuß auf die Fahrbahn, die nicht auf den Radverkehr achten. Auf diese Weise kam es 2023 sogar zu einem Unfall mit Todesfolge (Der Westen 15.05.2023).
Finden auf dem Boulevard städtische Feste, wie “Bochum kulinarisch” statt, ist das „Radkreuz“ nur bedingt, teilweise gar nicht benutzbar, dann wird z.B. die Große Beckstraße für den Radverkehr gesperrt und auf dem Boulevard ist aufgrund des erheblichen Fußverkehrs kein Radfahren mehr möglich.
Rad- und Fußverkehr-Chaos auf Viktoriastraße vorprogrammiert
Und die nächste Fehlplanung bahnt sich bereits an. Auf der Viktoriastraße zwischen Rathaus und Husemann Karree soll ein weiteres Mal der Radverkehr mit dem Fußverkehr auf einer gemeinsamen Fläche geführt werden (Vorgang 20242490), bei einer maximalen Geschwindigkeit von 20 km/h. Ein klar farbig aufmarkierter Radstreifen und damit eine getrennte Führung vom Fußverkehr ist auch hier den vorliegenden Planungen nicht zu entnehmen. Chaos und Konflikte zwischen Rad- und Fußverkehr sind damit bereits vorprogrammiert.
Radkreuz ist blamabel für das Tiefbauamt
Insgesamt ist das “Radkreuz” eine Aneinanderreihung von Fehlplanung und damit eine einzige Peinlichkeit für die Verantwortlichen. Das “Kreuz” ist ein Kreuz. Es taugt allein als Negativbeispiel, wie man nicht für den Radverkehr planen und bauen sollte. Daher muss die peinliche und hilflose Rumwurschtelei am “Radkreuz” ein Ende haben.
Die Stadt braucht für die Innenstadt ein durchdachtes Radverkehrskonzept. Dabei darf der Radverkehr nicht den Fußverkehr behindern und umgekehrt.
Der Durchgangsradverkehr muss über den Ring
Radverkehr, der durch die Innenstadt geht, also nicht dort beginnt oder endet, muss über den Innenstadtring geführt werden. Dazu benötigt der Ring Radwege. Die von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Einbahnstraßenlösung (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße) würde diese ermöglichen.
Der Kernbereich der Innenstadt bleibt dem Fußverkehr vorbehalten
Radverkehr mit dem Ziel Innenstadt, kann dann an der Fußgängerzone enden. In der Innenstadt müssten die Radwege nur bis zu Radabstellanlagen führen. Der Kernbereich der Innenstadt bliebe dem Fußverkehr vorbehalten.
Auf diese Weise ließen sich die Konflikte zwischen Fuß-, Rad- und Busverkehr minimieren.
Radschnellweg über eine Brückentrasse entlang des Boulevards oder über Rottstraße und Südring
Will man den Radschnellweg (RS1) durch die Innenstadt führen, dann sollte das über eine Brückentrasse entlang des Boulevards (Den Radschnellweg (RS1) über eine Hochtrasse mitten durch die Innenstadt führen) oder über Rottstraße und Südring (Radschnellweg über Rottstraße und Südring) geschehen. Auch diese Varianten, die beide von den STADTGESTALTERn entwickelt wurden, verhindern Konfliktpunkte zwischen Rad- und Fußverkehr.