Wie werden sich SPD, Grüne und CDU zur Kommunalwahl 2020 aufstellen?
Bei der Europawahl am 26.05. wurden die Grünen stärkste politische Kraft in Bochum (Wahlergebnis für Bochum). Das verspricht Spannung für die Kommunalwahl im Herbst nächsten Jahres. Als Partei mit den meisten Stimmen wird von den Grünen erwartet, dass sie einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeister ins Rennen schicken.
Ohne Kandidaten für das Amtes des Oberbürgermeister, werden die Grünen deutlich Wähler verlieren
Das wird schon deshalb erforderlich sein, weil die Bochumer Grünen bisher bei vielen Wählern in dem Ruf stehen, dass sie in Bochum ihre politischen Ziele nicht mit der erforderlichen Konsequenz verfolgen, sondern vielmehr nur das zu tun, was die SPD vorgibt, siehe z.B, Verkehrsberuhigung Hans-Böckler-Straße.
Der WAZ-Journalist Michael Weeke bewertet die politische Arbeit der Grünen vor zwei Wochen so:: “Die anfängliche Dynamik der Grünen” in der Koalition mit der SPD hat “nach Meinung von vielen Beobachtern zuletzt deutlich nachgelassen und wurde zäher, ja bleiern.” (WAZ vom 27.05.19). Diese Einschätzung bestätigt sich, wenn man auf die Verkehrspolitik schaut, bei der von den Grünen in 20 Jahren Koalition mit der SPD kaum Nennenswertes durchgesetzt und erreicht wurde.
Nur wenn es die Bochumer Grünen bis zur Kommunalwahl 2020 schaffen, den Wählern glaubwürdig zu vermitteln, dass sie besonders in der Umwelt- und Verkehrspolitik ihre Politik auch konkret umsetzen wollen, können sie in der Stadt erneut die Wähler mobilisieren, die auch bei der Europawahl für sie abgestimmt haben. Dazu gehört zwingend ein eigener OB-Kandidat, dem die Wähler zutrauen, dass er als OB besonders die Themen, Verkehr, Umwelt- und Klimaschutz auch wirklich anpackt und die seit 20 Jahren beschworene Wende auch herbeiführen wird. Die Unterstützung des SPD-Oberbürgermeisters bei einer Wiederwahl wäre hingegen das Eingeständnis, dass man sich in Bochum auch nach 2020 dem SPD-Willen unterordnen will und so unambitioniert weiter machen will wie bisher. Dafür aber würden die Grünen nicht gewählt.
Zudem liegt die Gestaltungs- und Entscheidungsmacht in der Stadtpolitik zu ganz wesentlichen Teilen beim Oberbürgermeister. Der Stadtrat kann allenfalls über Grundsatzentscheidungen oder eher schwache Kontrollmöglichkeiten auf die Politik des Oberbürgermeisters, der die Geschicke der gesamte Verwaltung der Stadt und städtischen Unternehmen (Sparkasse, Stadtwerke, Bogestra, USB usw.) lenkt, Einfluss nehmen. Würden die Grünen auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichten, würde dies zum Ausdruck bringen, dass die Bochumer Grünen nicht bereit sind, die notwendige Verantwortung zu übernehmen, um die Stadtpolitik in ihrem Sinne in eine neue Richtung zu lenken.
Ein OB-Kandidat der Grünen, besonders dann, wenn er zwar den Grünen nahe steht, aber kein grünes Parteibuch besitzt, hätte zudem gute Chancen die Oberbürgermeisterwahl zu gewinnen. Besonders dann, wenn er in der Stadt als Persönlichkeit einigermaßen bekannt wäre. Würde der grüne OB-Kandidat dazu noch von anderen Parteien und politischen Gruppierungen unterstützt, hätte er oder sie alle Chancen die Wahl zu gewinnen.
SPD-OB Eiskirch wird alles tun, um seine Wiederwahl zu sichern
Aber auch der derzeitige SPD-OB Thomas Eiskirch, dem man ein gewisses Strategietalent nachsagt, wird für die von ihm angepeilte Wiederwahl kein Risiko eingehen wollen und daher um die Unterstützung der kleineren Parteien und politischen Gruppierungen werben. Denn anders als bei den bisherigen Oberbürgermeisterwahlen wird es 2020 nur einen Wahlgang und keine Stichwahl geben, Wer von den OB-Kandidaten im ersten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen erhält, wird neuer Oberbürgermeister.
Die Partei, die den OB stellt, hat überdies auch eine Stimme mehr im Rat, das kann bei den sich abzeichnenden knappen Mehrheiten wichtig werden. Denn überträgt man die Ergebnisse der Europawahl auf die Kommunalwahl und rechnet dabei ein, dass die Wählergemeinschaften den Parteien bei der Kommunalwahl einige Stimmen abnehmen und dass es bei der Kommunalwahl einen Oberbürgermeister-Bonus für den jetzigen OB geben wird, dann ist es nach der aktuellen politischen Lage eher unwahrscheinlich, dass zwei Parteien alleine eine Mehrheit im Stadtrat erlangen können (Grafik: möglicher Ausgang der Kommunalwahl 2020 auf Basis der Ergebnisse der Europawahl 2109). Rot-Grün, wie Rot-Schwarz fehlten für eine Mehrheit im Stadtrat um die 4 Sitze (Grafik: Mögliche Mehrheiten im Stadtrat 2020), bei Grün-Schwarz würden es sogar deutlich mehr sein (um die 8). Zur Mehrheitsbildung im Rat wird also nach derzeitigem Stand eine dritte.Fraktion benötigt.
CDU hat selbst ihre Chancen verspielt
Ziemlich sicher wird die CDU auch für die OB-Wahl 2020 nicht in der Lage sein einen OB-Kandidaten mit Siegchancen aufzustellen. Die Partei hat es in der laufenden Wahlperiode nicht geschafft eine sichtbare und konsequent an den jeweils aktuellen Themen ausgerichtete Oppositionsstrategie zu verfolgen. Statt mit den anderen oppositionellen Fraktionen eine schlagkräftige “bürgerliche” Opposition zu organisieren, hat sie sich vornehmlich mit sich selbst beschäftigt. Sie dürfte es daher bereits schwer haben, andere Parteien und Gruppierungen zu gewinnen, die ihren Kandidaten unterstützen. Unter diesen Umständen wird es für die CDU schwer werden überhaupt einen Kandidaten mit dem erforderlichen Format zu finden, der bereit ist viel Zeit in einen fast aussichtslosen Wahlkampf zu investieren. Ohne OB-Kandidaten mit Siegchancen wird es für die CDU wiederum nicht einfach sein, das Ergebnis der Europawahl auch bei der Kommunalwahl 2020 zu halten.
Somit sieht es auch für die Kommunalwahl 2020 für die CDU augenblicklich schlecht aus. Die CDU wird es voraussichtlich wieder nicht schaffen Teil der bestimmenden Mehrheitskoalition im Rat zu werden, Die Gräben zu den Grünen sind zu tief, die bisher erhoffte große Rot-Schwarze-Koalition erscheint aufgrund der Schwäche der SPD unrealistisch. Derzeit würde auch für eine Koalition mit der SPD noch mindestens ein Dritter Partner benötigt, der aufgrund der bisher mangelnden Bereitschaft der CDU zur Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen ebenfalls nicht in Sicht ist.
Eine Koalition aus Grün-Rot plus X hat nach derzeitigem Stand die besten Chancen
Realistisch ist also derzeit eine Koalition Grün-Rot plus X. Wobei der Dritte im Bunde auch eine Minderheiten-Koalition tolerieren oder sich auf eine Haushalts-Koalition beschränken könnte. Möglich wäre auch ein Stadtrat, in dem es gar keine Mehrheitskoalition gibt und sich die Mehrheiten durch themenbezogene Zusammenschlüsse jeweils unterschiedlicher Fraktionen bilden.
Dahingehend, wie sich die Parteien für die Kommunalwahl 2020 aufstellen und positionieren werden, zeichnet sich also bereits heute einiges ab. Wie die Wahl dann aber im Herbst 2020 ausgeht, ist noch völlig offen, denn vieles hängt davon ab wie sich die politische Lage ganz allgemein in Deutschland aber auch in der Stadt in den nächsten 15 Monaten entwickelt. Welche politischen Themen werden z.B, im Herbst 2020 die politischen Diskussionen und damit auch die Wahl bestimmen? Das weiß heute noch niemand.
Aller Voraussicht nach dürfen sich die Bürger auf eine spannende Wahl freuen, Damit stehen die Chancen gut, dass es auch bei der Kommunalwahl zu einer ähnlich hohen Wahlbeteiligung kommt wie bei der Europawahl, denn jede Stimme zählt.