12 Nov

Weit über 10 Mio. Euro für fast 950 zusätzliche ungenutzte Parkplätze

Bisher standen in Bochum im Schnitt jede Woche 3.000 – 4.000 Stellplätze in den städtischen Parkhäusern in und um die Innenstadt leer, jetzt sind es noch fast 950 mehr. Denn für weit über 10 Mio. Euro hat die Stadt zwei neue Parkhäuser mit 942 zusätzlichen Plätzen in Betrieb genommen, die nicht benötigt werden. Der Bau der Parkhäuser war ein Akt sinnloser Geldverschwendung.

Bisher standen in der Innenstadt selbst sowie in der näheren Umgebung 5.585 Autoparkplätze zur Verfügung. Von denen im Wochenschnitt 3.000 bis 4.000 Stellplätze leer standen (55 – 70%), selbst in Spitzenzeiten waren rund 1.600 bis 2.000 ungenutzte Parkplätze zu verzeichnen (z.B. Parkplatzauslastung 07.05.2023 – 14.05.2023, Quelle: Verkehrswatch BO).

Parkhausnutzung in Bochum 07.05.2023 – 14.05.2023

942 zusätzliche Parkplätze in zwei neuen Parkhäusern

Obwohl also in der Innenstadt schon seit jeher Parkraum im Überfluss besteht, hat die Stadt in den letzten Monaten noch zwei weitere Parkhäuser mit 942 zusätzlichen Stellplätzen in Betrieb genommen. Erst Anfang November wurde das neu Parkhaus P7 eröffnet. Es bietet 430 Fahrzeugen Platz. Der Bau hat 10 Mio. Euro gekostet, hinzu kommen für den Abriss des alten P7 nochmals 450.000 Euro.

Einige Monate vorher wurde das neue Parkhaus unter dem Husemann Karree mit 510 Stellplätzen zum Parken frei gegeben. Hier wurde das eigentliche Parkhaus von der Gesellschaft gebaut, die das ganze Karree errichtet hat. Die Stadt allerdings hat das Parkhaus unter dem Husemannplatz saniert und den Zugang zum neuen Parkhaus ermöglicht. Das kostete 3 Mio. Euro. Ein wesentlicher Teil des Geldes floss in die Sanierung der Zufahrt Viktoriastraße, die auch für das neue Parkhaus genutzt wird und den Anschluss der neuen Parketagen an das bestehende Parkhaus unter dem Platz.

Jetzt verfügt die städtischen Parkhäuser in und um die Innenstadt also über 6.527 Autostellplätze, von denen in Spitzenzeiten 2.600 bis 3.000 nicht genutzt werden. Der Zahl der ungenutzten Autostellplätz nimmt um fast 1.000 zu.

Schaffung von 942 zusätzlichen Stellplätzen, für die der Bedarf fehlt

Trotzdem es überhaupt keinen Bedarf gab, noch mehr Autoabstellplätze und Parkhäuser zu bauen, gab die Stadt bzw. die von ihr finanzierte Gesellschaft, die die Parkhäuser betreibt, deutlich über 10 Mio. Euro aus, um fast 950 Autostellplätze zu bauen, die jetzt ungenutzt leer stehen.

Da angesichts des fortschreitenden Niedergangs der Innenstadt und bei ernsthafter Verfolgung der Mobilitätswende eher eine abnehmende Anzahl Kunden zu erwarten ist, erscheint die Annahmen, dass die zusätzlichen Stellplatzkapazitäten jemals ausgenutzt werden, abwegig. Die 950 zusätzlichen Stellplätze braucht jetzt und in Zukunft niemand. Sie wurden ohne Sinn und Verstand gebaut.

Aber wie konnte es dazu kommen, dass die Stadt fast 942 weitere Parkhausstellplätze baut, ohne dass dafür irgendein Bedarf besteht? Warum wurde vor dem Bau der neuen Parkhäuser nicht zunächst überprüft, ob überhaupt Bedarf für noch mehr Parkraum besteht?

Wie konnte es zu der Fehlplanung kommen?

Die Ursache liegt in einer beispiellos autofixierten Denkweise von Stadt, Politik und Einzelhandel. Man hängt immer noch dem Irrglauben an, mit mehr Parkplätzen könne man automatisch mehr Kunden für die Innenstadt gewinnen. Doch diese Rechnung geht schon seit Jahrzehnten nicht mehr auf. Trotz immer mehr Stellplätzen und immer luxuriöseren Parkhäusern kommen nicht mehr, sondern immer weniger Kunden in die Bochumer City. Die Annahme, Kunden würden Innenstädte wegen toller Parkplätze im Überfluss ansteuern, wird durch die in Bochum festzustellende Realität widerlegt.

Verfügen Innenstädte dagegen über viel Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und Attraktionen, sind die Kunden bereit hohe Parkhauspreise zu bezahlen und mangels günstiger Stellplätze im Zentrum der Innenstadt Park & Ride-Angebote in Verbindung mit außerhalb der Innenstadt liegenden Parkplätzen oder –häusern zu nutzen. Fehlt es dagegen – wie in Bochum – an Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und Attraktionen, kommen die Kunden auch dann nicht, wenn die Parkplätze noch so schick, zahlreich und günstig sind. Insbesondere bleiben die Kunden weg, die einen hohen Anspruch an Attraktivität und Stadtbild einer Innenstadt haben. Fataler Weise sind das besonders die Kunden mit hoher Kaufkraft.

Autofixierte Denkweise und Realitätsverlust

In Bochum ist diese Erkenntnis aber noch offenbar nicht angekommen. Man baut weiter sinnfrei Parkhäuser, ohne sich zu fragen, ob die benötigt werden. Jede Maßnahme, die den Autoverkehr fördert, ist aus Sicht von Stadt, Politik und Einzelhandel, eine gute Maßnahme, egal wie viel sie kostet. Es wird gar nicht hinterfragt, ob die Ausgaben überhaupt einen Effekt haben oder ob es vielleicht Maßnahmen gibt, wo die Stadt bei gleichem Geldeinsatz einen viel höheren Nutzen für die Innenstadt erzielen kann. Man ist so in der autofixierten Denkweise gefangen, die Autokunden müssten subventioniert werden, um die Innenstadt zu retten, dass man die Realitäten völlig aus dem Blick verloren hat.

In der Realität fehlt am Bochumer Hauptbahnhof ein Fahrradparkhaus, kein Autoparkhaus. Überall drängen sich Fahrräder, die Radstation ist überfüllt, der Ruf der Radfahrenden, nach mehr Abstellplätzen unüberhörbar. Doch dafür hat die Stadt kein Ohr. Die 170 mit dem Bau des Parkhauses P7 angekündigten Radstellplätze hat die Stadt bis heute nicht geschaffen, man will mit dem Bau erst beginnen, wenn der Citytower fertig ist (Vorlage 2022)2693), obwohl derzeit völlig unklar ist wann bzw. ob der überhaupt jemals errichtet wird. Statt dringend notwendigen Radparkplätzen hat die Stadt am Hauptbahnhof also lieber 430 überflüssige Autostellplätze bauen lassen.

24 Fahrräder können auf der Fläche eines Autostellplatzes in einem Fahrradparkhaus geparkt werden. Zum Abstellen von 170 Fahrrädern werden also nur 7 Autostellplätze benötigt. Der Flächenverbrauch und Investitionsaufwand ist Im Vergleich zu dem für 430 Autos somit lächerlich gering. Priorität hat das sichtbar Notwendige in Bochum aber trotzdem nicht. In der Denkweise von SPD und Oberbürgermeister ist die einseitige Bevorzugung des Autos bei der Stadtplanung seit Jahrzehnten gelebte Normalität.

Politik und Stadt nehmen nicht mehr wahr, wenn die Autofixierung absurd wird. Auch der grüne Koalitionspartner trägt diese Politik widerstandslos mit. Mobilitätswende, Umweltschutz und Klimaschutz sind für die Bochumer Grünen lästige Randthemen, die man willig der SPD überlässt. Eilfertig spricht man sich auf dem Papier und bei Wahlkampfveranstaltungen zu jeder Gelegenheit für mehr Stellplätze für Radfahrende aus. In der Realität allerdings nickt man die Schaffung von 942 zusätzlichen Auto- und nicht Radabstellplätzen ab.

Stadtgestaltung hat in Bochum keine Priorität

Die sinnfrei Schaffung von fast 950 überflüssigen Autostellplätzen zeigt leider auch, welchen Wert Stadtgestaltung bei Politik, Stadt und Einzelhandel in Bochum haben. Nämlich so gut wie keinen. Für Ortsfremde sind die Mängel von Stadtbild und Stadtgestaltung in der Innenstadt offensichtlich und entscheidend dafür, ob man nach Bochum fährt oder lieber nicht.

Doch in Bochum stört man sich anscheinend eher wenig daran. Sonst hätte man die 13,5 Mio, für P7 und das neue Parkhaus man Husemann-Patz., nicht für Stellplätze im Überfluss, sondern in Stadtgestaltungsprojekte gesteckt (Innenstadt: Die Stadt gibt fast 10x mehr für Parkhäuser aus als für Stadtgestaltung https://die-stadtgestalter.de/2023/02/19/innenstadt-die-stadt-gibt-fast-10x-mehr-fuer-parkhaeuser-aus-als-fuer-stadtgestaltung/). Dr.-Ruer-Platz, Propstei-Platz, der obere Teil des Boulevard und viele andere Ecken der Innenstadt haben dringend eine städtebauliche Überarbeitung nötig. Doch in Bochum hält man die Schaffung von mehr Parkplätzen für wichtiger, selbst dann noch, wenn es dafür gar keinen Bedarf gibt.

Das ganz Gerede, man müsse die Innenstadt neu aufstellen, andere Wege gehen, mehr für die Stadtgestaltung tun, erweist sich als heiße Luft, wenn in der Realität dann doch das Geld wieder wie eh und je in Parkhäuser fließt.

Bochum lernt nicht aus Fehlern

Die Stadt lernt nicht. Leere Autostellplätze bringen keine Kunden in die Stadt. Ehe man etwas baut, muss nachweisbar sein, dass es dafür einen Bedarf gibt. Die eindimensionale Investition allein in Autokunden rechnet sich nicht. Wäre es anders, sähe die Innenstadt anders aus und würde von Kunden überlaufen.

Es wird Zeit sich einzugestehen, dass diese Politik gescheitert ist und das Gegenteil von dem erreicht wurde, was man bewirken wollte. Einfach stur immer weiter noch und noch mehr Parkplätze zu bauen, ist reine Geldverschwendung, es führt zu nichts. Der Kurswechsel muss real statt finden, nicht nur in Sonntagsreden. Vertreter*innen von Stadt, Politik und Einzelhandel, die immer wieder blumig erklären, man habe verstanden, dass Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und Attraktionen, die Menschen in die Innenstadt locken und nicht schicke Parkplätze im Überfluss, um danach doch wieder das Geld für zusätzliche Autostellplätze zu verschwenden, sind unglaubwürdig.

Quartiersparkhäuser in Wohngebieten zu errichten, ist sinnvoll, der Bau neuer Parkhäuser für Innenstadtbesucher*innen ist hingegen überflüssig und sinnlos.

23 Jul

Offener Brief – Was sagen Geschäftsleute und Immobilienbesitzer zum Zustand der Innenstadt?

Immer lauter beklagen sich die Menschen in Bochum über die Entwicklung der Innenstadt. Die STADTGESTALTER fragen bei den Geschäftsleuten und Immobilienbesitzern nach, wie sie die Lage einschätzen und was sie tun wollen, damit die City wieder in die Spur kommt

Liebe Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt,

die Klagen der Menschen über die Entwicklung der Innenstadt werden immer lauter. In der City fehle es an guten Geschäften. Euroshops, Billigketten und Discounter würden die Stadt überschwemmen. Wirklich gute Einkaufsmöglichkeiten gäbe es kaum noch. Das Stadtbild der Innenstadt wird bemängelt. Die Menschen vermissen schöne Plätze, einladende Grünflächen, Sauberkeit und  ansprechende Stadtgestaltung. Auch das Service-Angebot wird bemängelt. So suche man z.B. Spielplätze und Toiletten oft vergeblich.

Die in den letzten Jahren umgesetzten Projekte wie Stadtbadgalerie, Sparkassengalerie, Einkaufszentrum Gerberviertel, Boulevard sowie die Schaffung von massenhaft Parkplätzen in unterirdischen Parkhäusern, heben nicht den Erfolg und nicht die Impulse für die Innenstadt gebracht, die die Stadt dazu in Aussicht gestellt hatte. Die gesetzten Ziele wurden in allen Fällen deutlich verfehlt. Auch das Projekt Husemann Karree, vormals Viktoria Karree, droht zu scheitern. Wie die Reaktionen zeigen, kann nach Ansicht der meisten Bochumer und Bochumerinnen ein weiterer Woolworth, der sich selbst als “Home of Discount” bezeichnet, die Innenstadt nicht positiv beleben, sondern steht vielmehr für einen weiteren Abstieg der Innenstadt.

Über die Jahre wurde die Bochumer Innenstadt einseitig auf Autokunden ausgerichtet, die in die Innenstadt kommen, dort einkaufen und schnell wieder wegfahren, deren Anspruch an Stadtgestaltung gering ist, die möglichst billig shoppen und wenn möglich umsonst parken möchten. Kunden, die mit anderen Verkehrsmitteln die Innenstadt erreichen wollen, einen hohen Anspruch an Stadtbild,, Stadtgestaltung, Verweilqualität und die Qualität der Geschäfte haben, meiden dagegen immer häufiger die Innenstadt,

Dabei zeigen alle Studien, dass die Kunden, die zu Fuß, mit dem ÖPNV oder dem Rad in die Innenstadt kommen, deutlich mehr in den Innenstädten ausgeben als die Kunden, die mit dem Auto kommen. Sollte nach 60 Jahren erfolgloser Fokussierung auf Autokunden, die Innenstadt jetzt nicht den roten Teppich für die Menschen ausrollen, die das meiste Geld in die Innenstädte bringen? Die Innenstadt ist zu Fuß und mit dem Rad schlecht, mit dem ÖPNV nur mäßig gut zu erreichen. Welche Initiativen wollen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer ergreifen, um diesen Zustand möglichst schnell abzustellen? Sollte eine Innenstadt nicht mit allen Verkehrsmittel komfortabel, sicher und schnell erreichbar sein?

Die Innenstadt weist unübersehbare Mängel im Stadtbild auf, das zeigt sich besonders auf den Plätzen. Statt ansehnlich gestalteter Orte, an denen sich Menschen gerne aufhalten und wohl fühlen, bietet die Innenstadt oft nur Ödnis und Trostlosigkeit (u.a. Rathausplatz, Dr.-Ruer-Platz, Propstei-Platz, Zugang Boulevard vom Hauptbahnhof, Buddenbergplatz). Den Husemannplatz bis 2025 umzugestalten ist viel zu wenig. Die Schaffung des 2019 vom Rat beschlossenen Spielplatzes am Kuhhirten wurde von der Stadt zunächst vergessen, die Gestaltungssatzung vor die Wand gefahren und vom Verwaltungsgericht gestoppt.

Punkten erfolgreiche Städte in ganz Europa gerade mit Flair, Ambiente und hoher Verweilqualität, tut sich nach wie vor in Bochum in diesem Bereich kaum Nennenswertes. Was sollte nach Ansicht der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer geschehen, damit sich Stadtbild und Gestaltung der City endlich grundlegend ändern? Welche Initiativen planen Sie? Was ist hinsichtlich Stadtbilds und Stadtgestaltung ihr Anspruch? Wird dieser durch den neuen City-Tower oder das neue Sparkassen-Gebäude am Dr-Ruer-Platz erfüllt? Welche Orte müssen nach Ihrer Meinung dringend neugestaltet werden? Wie viel Zeit bleibt der Innenstadt dafür?

Der Bochumer Innenstadt fehlt es an Attraktionen, die Menschen in die Innenstadt locken. Markthalle und Haus des Wissens werden frühestens 2026 fertig. Doch ein einziges neues Highlight reicht nicht. Erfolgreiche Städte erfinden ständig neue Attraktionen, Rotterdam z.B. schuf den neuen Cool-Single und inszenierte 2022 einen spektakulären Rooftop-Walk. Auch wir hatten einen Dachpark für die Innenstadt vorgeschlagen, die Seilbahn, die Viktoria Promenade oder eine Virtual-Reality-Box. Solche dauerhaften Highlights würden sicher viele Menschen in die Innenstadt locken. Was sind ihre Ideen, Vorschläge und Initiativen zur Schaffung solcher Attraktionen und Kundenmagnete?

2014/15 hat der Ruhr Park über 150 Mio. in Flair, Ambiente, Aufenthaltsqualität und moderne Gestaltung gesteckt. Seitdem boomt er wieder. Könnte der Ruhr Park in dieser Hinsicht Vorbild für die Innenstadt sein? Ist der Ruhr Park immer noch Konkurrent der Innenstadt oder wären Innenstadt und Ruhr Park gemeinsam nicht viel stärker und würden sich ideal ergänzen?

Benötigt die Innenstadt nicht auch einen klaren Plan wie sie in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet wird, damit neue Investoren sehen, wie die City in 5 Jahren aussehen wird? Muss die Stadt nicht mit einer überzeugenden Vision für die Innenstadt begeistern, die Geschäftsleute anregt in die Bochumer Innenstadt zu investieren?

Die Umsetzung des ISEK-Innenstadt wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Aktuell ist auch nicht nennenswert Geld für die Umsetzung der ISEK-Projekte vorhanden, da die Stadtumbaumittel des Landes für Bochum fast gänzlich in den Umbau des Lorheidestadions fließen. Kann sich die Innenstadt mit der nötigen Umgestaltung noch Jahrzehnte Zeit lassen, wie das die Pläne der Stadt vorsehen? Halten die Geschäfte der Innenstadt noch so lange durch? Oder braucht die Innenstadt schnell einen Masterplan, der dann auch zeitnah und konsequent umgesetzt wird?

Nach unserer Ansicht ist schnelles Handeln ein wesentlicher Faktor, um die bestehenden Strukturen der Innenstadt zu sichern und darauf aufbauen zu können. Jedes Jahr, das ungenutzt verstreicht, verschwinden Geschäfte und Strukturen der Innenstadt, die sich kaum zurück holen lassen

Leerstände prägen das Bild der Innenstadt. Zwar kann durch den Tapetenwechsel das Überangebot an Ladenlokalen gegenüber der Nachfrage kurzfristig gut überspielt werden, doch ändert das an dem eigentlichen Problem nichts. Was soll mit den Ladenlokalen geschehen, die keine Mieter mehr finden? Welche Möglichkeiten der Umnutzung sehen die Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt? Welche Ziele und Initiativen verfolgen Sie in diesem Bereich?

Nachdem die bisherige Ausrichtung der Innenstadt leider wenig erfolgreich war, sollte nach unserer Meinung eine konsequente Orientierung an Städten mit erfolgreichen Innenstädten erfolgen. Welche Innenstädte könnten nach Ihrer Ansicht für Bochum Vorbild sein? Was macht andere Innenstädte erfolgreich und gelingt in Bochum nicht? Inwieweit beschäftigen Sie sich bereits mit möglichen Vorbildern, haben entsprechende Innenstädte aufgesucht und findet ein Austausch mit Akteuren aus entsprechenden Städten statt?

Unsere große Befürchtung ist, dass in Bochum alles zu langsam und zu spät passiert. Die Zeit läuft ab. Teilen Sie diese Ansicht? Was könnten wir tun, um die Dinge deutlich zu beschleunigen? Sind Sie als Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt für einen grundlegenden Wandel bereit und würden diesen aktiv unterstützen? Die Stimme der Geschäftsleute und Immobilienbesitzer der Innenstadt hat großes Gewicht. Bisher hört man Sie jedoch kaum. Soll sich wirklich substanziell etwas verändern, dann sollten Sie sich nach unserer Ansicht lautstark dafür einsetzen. Ihre Vorschläge, Ideen, ihr Anspruch an die Stadtgestaltung und ihr Engagement sind ausschlaggebend für die Zukunft der Innenstadt.

Sie sehen, für uns stellen sich viele Fragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie einige beantworten oder dazu Stellung nehmen. Uns liegt die Innenstadt sehr am Herzen. Wir wollen die Innenstadt gemeinsam mit Ihnen und den Bürgern und Bürgerinnen wieder in die Spur bringen. Und stehen für einen Austausch gerne zur Verfügung.

Viele Grüße
Ihre STADTGESTALTER

PS: Wir veröffentlichen keine Antworten oder Auszüge daraus ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung.

Einige Beiträge und Vorschläge der STADTGESTALTER zur Innenstadt:

05 Mai

Neugestaltung des Hans-Ehrenberg-Platzes

Geschäftsleute und Bewohner des Ehrenfeldes fragen schon seit einiger Zeit immer wieder bei Politik und Verwaltung nach, ob der Hans-Ehrenfeld-Platz nicht vom Parkplatz zu einem zeitgemäßen Stadtteilplatz umgestalten werden könnte. Die Grünen haben daraufhin bei der Verwaltung angefragt (Anfrage 20181079), ob eine Entsiegelung und ökologische Neugestaltung möglich sei. Die STADTGESTALTER legen jetzt einen ersten konkreten Planungsentwurf zur Diskussion vor.

Die Neugestaltung des Hans-Ehrenberg-Platzes – Signal für eine Trendwende bei der Stadtplanung

Das Ehrenfeld wird bei den Menschen immer beliebter. Die Nähe zur Innenstadt, die Szene und die lebenswerten Wohnviertel sind wesentliche Punkte, warum Studenten, Künstler, Mitarbeiter von Bundesknappschaft wie der Universitätsklinik Bergmannsheil und viele andere hier so gerne leben (WAZ vom 24.04.18).

Hans-Ehrenberg-Platz (Quelle: Google Earth)

Das Stadtquartier ist beliebt und es entwickelt sich weiter. Eine Neugestaltung des Hans-Ehrenfeld-Platzes ist der logische nächste Schritt. Bisher ist ein Großteil des Platzes mehr Parkplatz als Ort zum Verweilen, Treffen und Leben. Der Platz in seiner heutigen Form ist das Produkt einer lange überholten Stadtplanung, bei der das Auto im Mittelpunkt stand, nicht der Mensch. In Städten, die als besonders attraktiv gelten (Kopenhagen, Freiburg, Groningen, Manhatten u.v.a.) werden ähnliche Plätze nach und nach umgestaltet, vom Verkehr befreit und den Menschen zurückgegeben. Der wohl bedeutendste Städteplaner unserer Zeit, Jan Gehl, beschreibt die Trendwende in der Stadtplanung so: „Weniger Straßen und weniger Parkplätze hingegen schaffen Platz für Radfahrer, Fußgänger, Cafés und Plätze, kurz: das Leben“ (Menschen in Bewegung setzen, brandeins).

Während sich besonders lebenswerte Städte durch lebendige Stadtteile mit urbanen Plätzen auszeichnen, die im Sommer voll mit Menschen sind, die sich begegnen, miteinander reden, die Ihre Kinder beim Spielen beobachten, wo man sich sieht und gesehen wird, gibt es in Bochum und Wattenscheid bisher nur tote Abstellplätze für Autos. Weiterlesen

08 Jan

Einkaufszentrum, Telekom-Block und BVZ

Im Jahr 2017 wird die Stadt voraussichtlich über wesentliche Umgestaltungen der Innenstadt entscheiden, die das Gesicht der City für die nächsten 30 Jahre prägen werden. Die Stadtpolitik stellt die Weichen dafür, in welcher Weise das neue Einkaufszentrum auf dem ehemaligen Justizgelände gebaut wird, was aus dem Telekom-Block wird und wie mit dem BVZ (Bildungs- und Verwaltungszentrum), insbesondere Stadtbücherei und VHS, weiter verfahren werden soll.

Einkaufszentrum – moderne, offene Bauweise vs. übliche, geschlossene Bauweise

Stefan Postert, Leiter des Geschäftsbereich Stadtentwicklung der IHK hat bereits 2013 zutreffend festgestellt, dass die Entwicklung der genannten Gebäude und Areale darüber entscheidet, ob die Innenstadt in den nächsten 30 Jahren floriert oder sich der schleichende Niedergang fortsetzt. Gelingt eine attraktive Bebauung und Nutzung der zu entwickelnden Areale, kann so die Zukunft der Innenstadt als lebendiges Zentrum der Stadt gesichert werden. Entstehen neue Bausünden oder Leerstände, wird sich die Innenstadt davon jahrzehntelang nicht erholen.

Um jeden Preis müssen weitere Fehlplanungen in der Innenstadt vermieden werden, wie sie leider bei innerstädtischen Großprojekten der Vergangenheit regelmäßig vorkamen. Die Ansiedlung von Einkaufszentren ging bisher eigentlich fast immer schief: Man denke an Gerberviertel, Stadtbadgalerie, Drehscheibe, Kortumhaus und Sparkassengalerie. Auch der „Bongard-Boulevard“, unter dem jetzt die Straßenbahnen in einem teuren Tunnel fahren, während die Busse ihn weiter oberirdisch durchfahren, war nicht der große Wurf. Eine drei Etagen tiefe und überdimensionierte Stadt- und Straßenbahn-Station von der man in drei verschiedenen Tunneln zum Hauptbahnhof fahren kann und die chaotische Hans-Böckler-Straße, sind weitere Zeugen vergangener Planlosigkeit bei der Innenstadtentwicklung. Weiterlesen