16 Okt

Städtischer Doppelhaushalt für 2023/24 ist ein Pulverfass

ie werden sich Energiekrise, Ukrainekrieg, Klimakrise, und Fluchtbewegungen in den nächsten beiden Jahren entwickeln? Was hat das für finanzielle Konsequenzen für den Stadthaushalt? Seriös abschätzen kann das heute niemand. Trotzdem stellt die Stadt aktuell einen Doppelhaushalt für 2023 und 2024 auf. Eine fragwürdige Vorgehensweise.

Seit dreißig Jahren war das Morgen nicht mehr so ungewiss wie heute. Ukraine Krise, Inflation und drohende Rezession. Im Bochumer Rathaus gibt es keine Planstellen für Wahrsager. Trotzdem windet sich aktuell ein Doppelhaushaltsentwurf für die kommenden zwei Jahre durch die Gremienmühle. Das bedeutet: Bereits jetzt will die Verwaltung festsetzen, welche Rechnungen sie im Dezember 2024 bezahlen möchte. Aber ist eine langfristige Planung nicht klug? Eine Planung schon, ein vorzeitiges Festlegen nicht. Eine Planung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung führt die Kommune immer durch. Ein einjähriger Haushalt führt also nicht zu Planlosigkeit. Im Gegenteil.

Aktuell einen Haushalt für 2024 aufstellen zu wollen ist nicht seriös

Während der prekären Situation in der Corona-Pandemie machte die Kämmerei noch lieber einen Zwischenschritt und setzte angesichts der ungewissen Entwicklung auf einen einjährigen Haushalt. Das war klug. Die Welt und die Entwicklung sind seitdem aber nicht sicherer geworden. Gerade die Inflation und ihre Konsequenzen wirft Stadt, Land und Familien hin und her. Im Doppelhaushalt der Stadt findet das alles keine hinreichende Berücksichtigung. Brav werden dort die Haushaltsentwürfe mit den heute gar nicht mehr gültigen Bedingungen fortgeschrieben.

Dass die Verwaltung allen Ernstes einen Haushalt vorlegt, der in den kommenden zwei Jahren von weiteren Steigerungen bei den Steuereinnahmen ausgeht, ist mehr als wunderlich. Schließlich geht das Wirtschaftsministerium in seiner Herbstprognose von einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr aus. Da der Doppelhaushalt kurz vor Weihnachten beschlossen werden soll, kann man vielleicht noch von einem frommen Wunsch sprechen. Alle, die nicht mehr an das Christkind glauben, sind sich wahrscheinlich sicher: Der geschnürte Haushalt platzt bald wieder auf.

Zwar kann man nun sagen: „Das war doch schlau! Wenn alles teurer wird, werden auch die Steuereinnahmen steigen.“ Der Gedanke ist nachvollziehbar. Aber dann hätte man diese Steigerung auf der Ausgabenseite auch berücksichtigen müssen. Ist das der Fall? Leider gar nicht. Sollten die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst nur annähernd die Inflation ausgleichen, dann wachsen die Aufwendungen von x auf y. Und die Gewerkschaften geben sich kurz vor Beginn der neuen Lohnverhandlungen bereits breitschultrig, die Forderungen von Verdi für die städtischen Beschäftigten in der laufenden Tarifrunde lautet 10,5% mehr Lohn und Gehalt.

Aktuelle Krisen, finanzielle Risiken und Unwägbarkeiten

Die finanziellen Risiken und Unwägbarkeiten für die Haushalte in den nächsten Jahrenstellen sich im Einzelnen wie folgt dar:

Risiken für den Haushalt der Stadt Bochum

Energiekosten – Wie sich die Kosten für Energie entwickeln werden, ist derzeit kaum absehbar. Die derzeitigen Steigerungen werden erst in den folgenden Jahren richtig durchschlagen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Preise noch deutlich höher steigen werden, als dies im Haushalt angenommen wurde.

Baukosten für städtische Projekte – Schon jetzt muss die Stadt, die geplanten Kosten für Bauprojekte besonders wegen steigender Baupreise beständig nach oben korrigieren (Städtische Bauprojekte im Schnitt 0,8 Mio. teurer sowie 1 Jahr und 3 Monate später fertig als geplant) und für die Kostensteigerungen Verpflichtungsermächtigungen zur Umschichtung von Finanzmitteln beantragen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass diese Entwicklung anhält. Das Szenario, dass die Baukonjunktur zusammenbricht, ist zwar nicht unwahrscheinlich, doch wird das den Preisanstieg zunächst nur bremsen, dass die Preise signifikant sinken, ist auch in diesem Fall eher nicht zu erwarten.

Personalkosten für städtische Beschäftigte – Dass die Personalausgaben der Stadt deutlich stärker steigen als in den Haushaltsplanungen angenommen, kann als sehr wahrscheinlich angenommen werden. Schon das Ausmaß der Erhöhung der letzten Tarifrunde 2020 hatte die Stadt unterschätzt. Verdi fordert in der aktuellen Tarifrunde 10,5% mehr Lohn und Gehalt. Entsprechend deutlich wird die Erhöhung nach dem Abschluss der Tarifverhandlungen ausfallen. Die Aufwendungen für das Personal einschließlich der Versorgungsleistungen an Pensionäre und Rentner machten 2021 einen Anteil von 22,7% der Gesamtausgaben aus.

Fachkräftemangel – Offen ist auch wie sich der Mangel an Fachkräften auf den städtischen Haushalt auswirken wird. Können Stellen nicht besetzt werden, sind Leistungen für teures Geld an externe Unternehmen zu vergeben, z.B. Ingenieursbüros. Auch die erhöhen ihre Preise, wenn ihre Leistungen auf dem Markt knapp sind. Um Stellen besetzen zu können sollte man sie finanziell attraktiver machen und müsste sie dazu höher eingruppieren. Auch das kostet zusätzliches Geld.

Transferleistungen für Bedürftige (Sozialleistungen) – Abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Armutszuwanderung, werden die Ausgaben der Stadt für Transferleistungen zunehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Zahl der Transferleistungsempfänger*innen zunehmen wird. Mit steigender Inflation werden auch die Leistungssätze steigen. Die Transferaufwendungen, machten 2021 45% der Gesamtausgaben der Stadt aus.

Aufnahme von Flüchtlingen – Aktuell steigt die Zahl der aufzunehmenden minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge, die die Stadt unterbringen muss, stark an. Die Stadt hat bereits jetzt große Probleme alle Ankommenden adäquat unterzubringen und zu betreuen. Wie sich die Aufnahmezahlen in den nächsten Jahren entwickeln, ist nicht absehbar, ebenso wenig wie viel der Kosten, die der Stadt entstehen, von Land und Bund übernommen werden. Aufgrund der aktuellen politischen Krisenereignisse sowie der Klimakrise ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in den nächsten Jahren zu weiteren massiven Flüchtlingsbewegungen kommen wird.

Zinsen für städtische Schulden – Um der Inflation entgegen zu wirken wird die europäische Zentralbank in der nahen Zukunft den Leitzins weiter erhöhen. Mit dieser Entwicklung rechnet auch die Stadt. Das bedeutet, die Zahlung der Stadt für die Zinsen für die fast 1,8 Mrd. städtische Schulden werden erheblich steigen. Wurden 2021 noch 18, Mio. für Zinsen aufgewendet, plant die Stadt für 2024 schon 31,5 Mio. Euro Zinsen ein. Steigen die Zinsen schneller und deutlicher als erwartet, sind auch Zinsaufwendungen jenseits der 40 Mio. für 2024 nicht unrealistisch.

Zunahme städtische Verschuldung – Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Stadt bei anhaltender Krisenlage das Ziel 2023 und 2024 keine weiteren Schulden aufzunehmen, nicht einhalten kann. Wenn die Einnahmen entgegen der Kalkulationen der Stadt weniger hoch ausfahlen und die Ausgaben wider Erwarten höher, ist ein Ausgleich des Haushaltes mittels Verschuldung kaum zu vermeiden. Eine Zunahme der Verschuldung wiederum würde eine Zunahme der Zinsaufwendungen nach sich ziehen.

Altschuldenfond – Seit Jahren hofft die Stadt darauf, dass – wie es diverse Landesregierungen versprochen haben – das Land einen wesentlichen Teil der fast 1,8 Mrd. städtischer Altschulden übernimmt. Doch mit zunehmender Verschlechterung auch der finanziellen Lage des Landes, wird es immer unwahrscheinlicher, dass es zu einem solchen Altschuldenfond kommt.

Steuereinnahmen – Trotz der sich am Horizont ankündigenden Rezession geht die Stadt auch für 2023 und 2024 von weiter zunehmenden Steuereinnahmen aus. Nicht absehbar ist, wie tiefgreifend der wirtschaftliche Abschwung sein und wie lange er anhalten wird. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die geplanten Steuereinnahmen sich nicht wie geplant realisieren lassen bzw. die Zunahme der Einnahmen deutlich geringer ausfallen wird als die Inflation, so dass es real zu einem Rückgang des Wertes der eingenommenen Steuern kommt.

Zuwendungen und Fördermittel von Land und Bund – Anzunehmen ist, dass sich bei einem starken Konjunktureinbruch auch die Einnahmen- und Ausgabenlage bei Land und Bund deutlich verschlechtern wird. Das hätte zur Folge, dass auch Zuwendungen und Fördermittel an die Städte und Gemeinden nicht mehr wachsen, sondern ggf sogar niedriger ausfallen, als dies bisher im Haushalt angenommen wird. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es zu einer erheblichen Verschlechterung, kommen wird, wahrscheinlicher ist, dass die Zuweisungen von Land und Bund stagnieren. Was bei einer sich verschlechternden finanziellen Lage und sich deutliche erhöhenden Ausgaben bei der Stadt, ebenfalls fatale Folgen hätte.

Gewinnabführung von Stadtwerken, Sparkasse & Co – Die Stadtwerke haben bereits angekündigt, dass sie die jährliche Gewinnabführung in Höhe von 57.5 Mio. Euro an die Stadt mittelfristig nicht mehr stemmen können (WAZ 20.06.22). Energiekrise und die wirtschaftlichen Folgen der Fehlinvestitionen bei der STEAG, den Kohlekraftwerken in Hamm und Lünen sowie dem Windparks vor Borkum (Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind), belasten die Ergebnisse der Stadtwerke. Die Weitergabe der steigenden Energiekosten an die Kunden ist nur begrenzt möglich. Wie das Finanzabenteuer STEAG endet ist weiter offen.

Auch bei den anderen städtischen Unternehmen, insbesondere der Sparkasse lässt sich nicht absehen, wie sich der Konjunktureinbruch auf das Jahresergebnis auswirken wird. Werden bei steigenden Zinsen und einbrechender Baukonjunktur weniger Darlehen vergeben und platzen mehr Finanzierungen, wird sich das Ergebnis und die jährliche Gewinnabführung in Höhe von derzeit 16,5 Mio. Euro ebenfalls halten lassen.

Weiterhin ist damit zu rechnen, dass sich die Betriebsergebnisse von BOGESTRA und Wasserwelten deutlich verschlechtern wird. Die Verluste beider Unternehmen werden ebenfalls durch Gewinne der Stadtwerke abgedeckt. Beide Unternehmen hängen stark von Energiepreisen ab. Bei der BOGESTRA spielen dazu Personalkosten eine große Rolle. Steigen hier die Preise schlägt das sofort negativ auf das Jahresergebnis durch. Die BOGESTRA hat dazu einen zunehmenden Kundenschwund zu beklagen, da das Angebot mangels Investitionen in die Erweiterung des Netzes sehr zu wünschen übriglässt.

Klimawandelfolgen – Der Sommer 2022 hat nochmals deutlich gezeigt, dass auf die Stadt in den nächsten Jahren massive Folgen des Klimawandels zukommen. Die Umsetzung der erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen hat die Stadt über die letzten Jahrzehnte immer wieder verschleppt, so dass die auch die finanziellen Anstrengungen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in den verbleibenden Jahren bis 2035 entsprechend höher ausfallen müssen.

Die Ansätze für Maßnahmen zur Energie- wie Mobilitätswende im Haushalt 2023 und 2024 sind deutlich zu niedrig. Mit diesen wenig ambitionierten Anstrengungen kann das Ziel der Stadt Klimaneutralität bis 2035 nicht erreicht werden. Ob die Stadt das Ziel überhaupt noch ernsthaft verfolgt, ist angesichts der zu geringen Haushaltsansätze, der fehlenden Bereitschaft in der Politik, die erforderlichen Maßnahmen auf den Weg zu bringen und des noch immer fehlenden Klimaschutzkonzeptes darüber hinaus mehr als fraglich. Nähme man die Ziele zum Klimaschutz endlich ernst, dann müssten die finanziellen Anstrengungen vervielfacht werden.

Ukrainekrieg – Wie dieser Krieg sich entwickelt, ist ebenfalls völlig offen. Von einer atomaren Eskalation bis zu einer Befriedung ist alles möglich. Aktuell ist wohl am meisten wahrscheinlich, dass sich an der aktuellen Situation mittelfristig wenig ändert. Trotzdem ist auch eine Verschlechterung der Lage möglich und hätte sofort massive Auswirkungen auf die Stadt. Es könnte erneut zu massiven Fluchtbewegungen kommen oder bei einer Ausweitung des Krieges auf neue Gebiete und Länder zu weiteren wirtschaftlich negativen Folgen.

Corona – Einzig bei der Corona-Pandemie scheint es so, als wäre das Schlimmste überwunden. Sofern das Auftreten einer neuen impfresistenten Virusvariante mit hoher Ansteckungsgefahr und schweren Krankheitsfolgen ausbleibt, ist mit einer Verbesserung der Lage zu rechnen. Aktuell scheint eine erneute Verschlechterung der Situation eher unwahrscheinlich.

Insgesamt sind die Risiken und Unwägbarkeiten die die Haushaltspläne für die Jahre 2023 und 2024 bergen, also hoch. Ein Haushalt soll Transparenz für die Öffentlichkeit schaffen. Er soll Steuerungs- und Kontrollinstrument für den Rat sein. Um diese Aufgaben zu erfüllen, muss er nah an der Realität geführt werden. Es wird nicht überraschen, dass an den Doppelhaushalt bald einige Zettel Verpflichtungsermächtigungen zur Bereitstellung überplanmäßiger Mittel getackert werden und diesen zu einem unübersichtlichen Flickenwerk machen.

Doppelt hält in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht besser. Der Haushaltsplan 2024 ist ein Pulverfass, der der Stadt im ungünstigen, aber nicht unwahrscheinlichen Fall, um die Ohren fliegt. Angesichts der beschriebenen Unwägbarkeiten und Risiken ist unverständlich, warum die Stadt einen Doppelhaushalt aufstellt.

Seriös und der aktuellen Lage gerecht wäre, in diesem Jahr nur einen Haushalt für das Jahr 2023 zu beschließen und im nächsten Jahr, wenn über die Entwicklung der aktuellen Krisen ein deutlich besseres Bild herrschen sollte, den Haushalt für 2024 zu beschließen. Das im Rechnungswesen geltende Vorsichtsprinzip, wonach bei der Bilanzierung alle Risiken und Verluste angemessen zu berücksichtigen sind, wird mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes missachtet. Die STADTGESTALTER können schon aus diesem Grund einem Doppelhaushalt in der aktuellen Situation nicht zustimmen.

08 Apr

Betrieb Seilbahn vom Ruhr Park zur Bochumer City mit Gewinn möglich

Eine aktuelle Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine Seilbahnlinie zwischen  Ruhr Park und Innenstadt bereits nach 5 bis 12 Jahren refinanziert und mit Gewinn betreiben lässt. Die STADTGESTALTER haben anhand der Nutzen-Kosten-Analyse zu der in Bonn geplanten Seilbahn Fahrgastnachfrage, Fahrpreiserlöse und Kosten auf die Bochumer Strecke hochgerechnet.

Eine Seilbahnverbindung vom Ruhr Park zur Innenstadt wäre ein Gewinn für beide Einkaufszentren (Seilbahnlinie City – Ruhr Park: Die Rettung der Innenstadt ist der Ruhr Park). Neue Attraktionen wie die Seilbahn brächten neue Kunden in die City. Der Besuch von Ruhr Park und City, verbunden mit einer Seilbahnfahrt über die Dächer der Stadt, würde viele Menschen nach Bochum locken.

Jedoch stellt sich die Frage, wie viel kostet eine solche Seilbahnlinie, wie kann diese finanziert werden und kann sie dauerhaft mit wirtschaftlichem Erfolg betrieben werden? Genau diese Frage haben die STADTGESTALTER jetzt näher untersucht und dabei wichtige Daten der Nutzen-Kosten-Analyse für die in Bonn geplante Seilbahn (Seilbahn Bonn – Bericht zur Standardisierten Bewertung) zugrunde gelegt. Die Analyse für die Seilbahnlinie auf den Venusberg wurde im Januar 2022 veröffentlicht.

Welches Seilbahnsystem sollte in Bochum eingesetzt werden?

Grundsätzlich stehen aus technischer Sicht drei verschiedene Seilbahnsystem zur Verfügung, mit denen auch die Strecke Ruhr Park – Innenstadt/Hbf realisiert werden könnte. Die Systeme unterscheiden sich in der Zahl der eingesetzten Seile: Bei Einseilsystemen (1S) hängen die Kabinen an einem einzigen Trag- und Zugseil, das auch die Kabinen von Station zu Station zieht. Bei Zweiseilsystemen (2S) dient ein Tragseil quasi als Gleis auf dem die Kabinen rollen, das zweite Seil ist das Antriebs- und Zugseil. Dreiseilsysteme (3S) bestehen aus zwei Tragseilen, hinzu kommt wiederum das Zugseil.

Dreiseilumlaufbahnen sind schneller, energetisch effizienter und die Kabinen größer. Allerdings sind die Baukosten sind aufgrund der technischen Komplexität höher als bei den anderen Systemen. Einseilumlaufbahnen sind wiederum teurer im Betrieb, dafür bei den Investitionskosten deutlich günstigster, können jedoch nicht so viele Personen befördern wie die beiden anderen Systeme. Mit Einseilsystemen werden in der Regel 10 Personen pro Kabine befördert, mit Dreiseilsystem 35 Personen. Zweiseilumlaufbahnen liegen bei allen Kriterien zwischen den beiden anderen Systemen.

Vergleich Seilbahnsysteme Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

Streckenführung vom Ruhr Park über Altenbochum in die Innenstadt

Für die Seilbahnlinie zwischen Innenstadt/Hbf und Ruhr Park schlagen die STADTGESTALTER eine Streckenführung vom Beginn des Bongard-Boulevards am Hauptbahnhof über einen Halt in Altenbochum am Haupteingang des Hauptfriedhofs bis zum Ruhr Park vor. Diese Linienführung hat den großen Vorteil, dass keine Wohngebiete überfahren werden müssen. Bei entsprechender Streckenführung werden lediglich zwei Wohnhäuser überquert.

Systemdaten Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

Nach Vorstellung der STADTGESTALTER sollte die Linie ebenso wie die in Bonn geplante aus zwei technischen Anlagen mit zwei eigenen Antriebsaggregaten bestehen, so dass beide Teile auch getrennt betrieben werden können. Die erste Seilbahnsektion Innenstadt/Hbf bis Altenbochum wäre dann knapp zwei Kilometer lang, die zweite Sektion zum Ruhr Park rund drei Kilometer. Somit würde die Gesamtlänge würde fünf Kilometer betragen. Mit einer Dreiseilumlaufbahn könnten die Fahrgäste die Strecke vom Ruhr-Park in 9 bis 12 Minuten zurücklegen, mit einer Einseilumlaufbahn würde die Fahrt um die 15 Minuten dauern, mit einer Zweiseilumlaufbahn um die 13 Minuten.

Seilbahnfahrt Ruh Park – Innenstadt

Zwischenhalt Altenbochum

Als Zwischenhalt für die Seilbahnlinie bietet sich Altenbochum an. Im Bereich vor dem Haupteingang des Hauptfriedhofs entlang der Immanuel-Kant-Straße gibt es einige Möglichkeiten und ausreichend Fläche die Seilbahnstation so zu platzieren, dass das Bild des Bauensembles am Hauptfriedhofs nicht beeinträchtigt wird.

Der Stadtteil Altenbochum (18.536 Einwohner*innen) verfügt mit 3.865 Menschen pro Quadratkilometer über eine für Bochum vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte. Im Einzugsbereich des Seilbahnhalts würden entsprechend viele Menschen wohnen. Der Halt läge am Hauptfriedhof (64.000 Grabstellen), in direkter Nähe zur Evangelischen Hochschule (rd. 3000 Studierende und Beschäftigte), der Unternehmenszentral der städtischen Wohnungsbaugesellschaft VBW sowie zum neuen Wohnviertel Ostpark, dem bisher eine leistungsfähiger Nahverkehrsanbindung fehlt, obwohl hier in den nächsten Jahren 1.000 neue Wohnungen entstehen sollen ()

Seilbahnhalt Altenbochum

Auch für eine spätere Fortführung der Seilbahn Richtung Mark 51°7 und Ruhr-Universität wäre die Seilbahnstation in Altenbochum optimal gelegen (Seilbahn – Rückgrat der Bochumer Universitäts- und Hochschullandschaft).

Kalkulation der Fahrgastnachfrage

Die Teilung der Linie in zwei technisch eigenständige Seilbahnanlagen macht es möglich, beide Sektionen unabhängig voneinander laufen zu lassen. Da der Ruhr-Park Montag bis Samstag von 10 Uhr bis 20 Uhr geöffnet ist, lohnt es sich nicht, das Einkaufszentrum vor 9 Uhr anzufahren. Für den morgendlichen Pendelverkehr wäre es allerdings sinnvoll zwischen 6 und 9 Uhr die Sektion Innenstadt/Hbf – Altenbochum im Nebenverkehrstakt zu betreiben. In den Nebenverkehrszeiten werktags von 21 bis 0 Uhr und sonntags von 9 bis 24 Uhr sollte dagegen die ganze Seilbahn über beide Sektionen betrieben werden. Zu den Nebenverkehrszeiten wäre in den Stationen die Einfahrt einer Kabine aller 2 Minuten sinnvoll, in den Hauptverkehrszeiten ein Takt von 20 bis 24 Sekunden.

Fahrgastnachfrage und Betriebszeiten

Auf Basis dieser Betriebszeiten ergibt sich für die Seilbahnlinie ein Fahrgastpotential von 16.400 Menschen pro Tag. Dabei kann von folgender Beförderungsnachfrage ausgegangen werden: Konservativ kalkuliert kann angenommen werden, dass 15% der jährlich 12 Millionen Ruhr-Park-Besucher*innen und 20% der rund 2.800 dort Beschäftigten zukünftig die Seilbahn zur Anreise nutzen. Weiterhin ist mit 500.000 Menschen im Jahr zu rechnen, die nach Bochum kommen, um in ihrer Freizeit eine Seilbahnfahrt zu erleben. Schließlich können 1.500 Menschen pro Tag einkalkuliert werden, die die Seilbahn als Teil einer Fahrt mit dem ÖPNV durch das VRR-Gebiet nutzen sowie mit täglich 3.000 Menschen, die von oder ab Altenbochum die Seilbahn nutzen.

Die STADTGESTALTER schlagen vor, dem Ruhr Park ein Fahrkartenkontingent von im Jahr 250.000 bis 375.000 Hin- und Rückfahrtickets zu überlassen. Diese Fahrkarten können die Geschäfte des Ruhr-Parks dann kostenfrei an ihre Kunden weitergeben, unter anderem als Werbegeschenke oder Treuebonus für Einkäufe. Im Gegenzug beteiligt sich der Ruhr Park mit einem pauschalen jährlichen Zuschuss am Betrieb der Seilbahn. Dieser Vorschlag ist mit zwei Vorteilen verbunden, er beteiligt zum einen den Ruhr Park an den Betriebskosten der Seilbahn und trägt zur Kostendeckung bei. Zum anderen regt er die Kunden des Ruhr Parks an, mit der Seilbahn in die Innenstadt zu fahren und diese zu beleben.

Kosten und Fahrpreiserlöse

Legt man die Kostenkalkulation zu den Baukosten der Seilbahn in Bonn zugrunde, lassen sich für die Seilbahnlinie Ruhr Park – Innenstadt/Hbf bei Verwendung einer Einseilumlaufbahn Baukosten von rund 60 Mio. Euro berechnen (Preisbasis 2019). Für die Strecke auf den Venusberg in Bonn werden 66 Mio. Euro veranschlagt (Seilbahn Bonn – Bericht zur Standardisierten Bewertung). Da die in Bonn geplante Seilbahn rund 700 Meter kürzer ist als die in Bochum, sie dafür aber zwei kostenintensive Zwischenstationen mehr aufweist, ergibt sich für die Seilbahn in Bochum ein um 6 Mio. verminderter Kostenansatz.

Für den Bau einer Zwei- bzw. Dreiseilumlaufbahn wäre aufgrund der höheren technischen Komplexität mit Baukosten von rund 80 Mio. bzw.100 Mio. Euro zu rechnen. Auf Basis der aktuell geltenden Förderrichtlinien ist davon auszugehen, dass wie in Bonn auch in Bochum 95% der Infrastrukturkosten für den Fahrweg und 10% der Planungskosten von Bund und Land übernommen werden. Für die Stadt oder ein privates Verkehrsunternehmen, das die Linie baut, ergäbe sich damit ein selbst zu finanzierender Eigenanteil an den Baukosten von 9,75 bis 16,25 Mio., je nachdem welches Seilbahnsystem eingesetzt wird.

Finanzierungsmodell Seilbahn Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

Für Kapitaldienst (Abschreibung und Zinsen), Unterhaltung (Wartung, Reparaturen, Prüfungen, Unterhaltung Fahrweg) sowie den Seilbahnbetrieb (Personal und Energie) ist pro Jahr abhängig vom eingesetzten Seilbahnsystem mit 4,2 bis 5 Mio. Euro Kosten zu rechnen. Diesen Kosten stehen Erlöse aus Fahrkartenverkäufen, dem Zuschuss des Ruhr Parks, sowie Einnahmen aus Werbung und Sonderfahrten von 6 bis 6,4 Mio. Euro gegenüber, so dass mit der Seilbahn ein Einnahmenüberschuss von 1,9 bis 1,4 Mio. Euro im Jahr erwirtschaftet werden kann. Rechnet man diesen Überschuss den für den Seilbahnbau zu investierenden Eigenanteil entgegen, lässt sich der Eigenanteil in 5 bis 12 Jahren refinanzieren.

Anzumerken ist, dass bei der Kalkulation der Fahrtkostenerlöse ein erhöhter Kostensatz von 1,25 Euro pro Fahrt zugrunde gelegt wurde, da anzunehmen ist, dass auf der Seilbahnstrecke überdurchschnittlich häufig Tickets für Gelegenheitsfahrer*innen benutzt werden und erheblich seltener Abo-Tickets, Semester- oder Schokotickets als im VRR-Gebiet sonst. Entsprechend höher werden die durchschnittlichen Erlöse pro Fahrt für das Unternehmen, sein, das die Seilbahn betreibt.

Bei den Betriebskosten ist eine weitere Senkung möglich, sofern ein Großteil des zum Betrieb der Seilbahnanlagen benötigten Stroms mit einer Solaranlage gewonnen wird. Eine direkte Erzeugung des für die Seilbahn benötigten Stroms wäre über ein Solarfeld auf der ehemaligen Müllhalde Kornharpen möglich, die von der Seilbahn überfahren wird und die nur 1.500 Meter von der Zwischenstation Altenbochum entfernt liegt, die voraussichtlich die Antriebsaggregate für beide Seilbahnsektionen aufnehmen würde.

Betriebskosten Seilbahn Ruhr Park – Innenstadt/Hbf

10 gute Gründe für die Seilbahn zwischen Ruhr Park und Innenstadt

Die Untersuchung der STADTGESTALTER zeigt, die Seilbahn bedeutet nicht nur einen Gewinn für die Innenstadt, den Ruhr Park, den städtischen Nahverkehr und das Image der Stadt und würde einen Beitrag zu weniger Verkehr auf den Straßen sowie für mehr Umwelt- und Klimaschutz leisten, sie könnte darüber hinaus auch mit Gewinn betreiben werden. Nach den vorliegenden Berechnungen ist davon auszugehen, dass sie in jedem Jahr 1,4 bis 1,9 Mio. Euro in die Kassen des Verkehrsunternehmens spült, das die Seilbahn betreibt.

Zu dem dargestellten ökonomischen Erfolg der Seilbahnlinie kommen weitere betriebs- und volkswirtschaftliche Nutzeneffekte, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht berechnet wurden. Dazu zählen insbesondere:

  • Positive Kosteneffekte im ÖPNV-Netz durch Einsparung von redundanten (Bus-)Linien
  • Positive Erlöseffekte bezogen auf das gesamte ÖPNV-Netz
  • Positive Umwelteffekte aufgrund eingesparter Autokilometer
  • Eingesparte Unfallfolgekosten aufgrund eingesparter Autokilometer
  • Positive ökonomische Effekte durch die Verminderung von Reisezeiten

Im Grunde spricht somit alles dafür, das Bochum sich für den Bau einer Seilbahn zwischen Ruhr Park und Innenstadt entscheiden sollte. Eigentlich müsste die BOGESTRA ebenso wie die Stadt, an der Ausweitung des städtischen Nahverkehrsnetzes, zusätzlichen Kunden und Erlösen sowie an einer zusätzlichen Attraktion für die Innenstadt interessiert sein. Sofern das nicht der Fall ist, besteht die Option, dass sich Kaufleute und Gastronomen der Innenstadt, der Ruhr Park und ein Seilbahnhersteller mit dem Ziel zusammentun, ein privates Verkehrsunternehmen zu gründen, das die Seilbahn baut und betreibt. Dann allerdings würde der Gewinn aus dem Seilbahnbetrieb nicht dem städtischen Nahverkehr zu Gute kommen, sondern in die Kassen von privatem Unternehmen fließen. Für BOGESTRA und Stadt wäre das nur die zweitbeste Lösung.

01 Mai

Stadtarchiv – 22,4 Mio. zu teuer

Seit 2006 befindet sich das Stadtarchiv – Zentrum für Stadtgeschichte im BP/Aral-Haus. Leider besuchen die sehenswerten Ausstellungen viel zu wenig Menschen, da den Weg zur Wittener Straße kaum jemand auf sich nimmt. Zudem sind die Kosten für die Anmietung der Stadtarchivflächen und die Energiekosten völlig aus dem Ruder gelaufen.

Mietlösung wird 15,5 Mio. Euro teurer als Bau in Eigenregie

2002 ermittelte das Stadtarchiv selbst einen Platzbedarf von 6.600 qm für seine Tätigkeiten (Nutzfläche ohne Verkehrs- und Funktionsflächen): 2.000 qm für das Archiv, 1.600 qm für die Verwaltung, Bibliothek, Benutzung und Werkstätten, 3.000 qm für stadthistorischen Ausstellung. Die Stadt stand vor der Entscheidung selbst die erforderlichen Räumlichkeiten zu bauen oder die notwendigen Flächen anzumieten.

Politik und Verwaltung entschieden sich für das Anmieten von 12.000 qm im BP/Aral-Haus. eine teure Fehlentscheidung. Die Räumlichkeiten dort ermöglichten aus statischen Gründen keine platzsparende Lagerung des Archivmaterials in einer Kompaktusanlage. Darüber hinaus, sind die Räumlichkeiten so verbaut, dass 30% der angemieteten Fläche ungenutzt als Verkehrs- und verloren gehen.

Kostenkalkulation über 20 Jahre, Anmietung vs. Bau durch die Stadt und Mehrkosten Energie

Nach Kalkulation der Verwaltung sollte ein Neubau inklusive Grundstückserwerb und Kompaktusregalanlage rund 9,5 Mio. Euro kosten. Finanzierung und weitere Baunebenkosten wurden mit rund 1,8 Mio. veranschlagt. Summiert man den Wertverlust des Gebäudes, Finanzierungskosten, Abschreibungen und Instandhaltungskosten, hätte diese Lösung für die Stadt in 20 Jahren Kosten in Höhe von 8,5 Mio. bedeutet.

Die Mietlösung war bedeutend teurer. Nach verifizierten Informationen aus dem Umfeld des Vermieters zahlt die Stadt derzeit jedes Jahr über 1,2 Mio. Euro Miete an den Vermieter. In 20 Jahren ergeben sich damit städtische Mietzahlungen in Höhe von 24 Mio. Euro.

Die Mietlösung hat die Stadt im Ergebnis nach 20 Jahren somit 15,5 Mio. mehr gekostet als ein Bau des Stadtarchivs in Eigenregie (Kostenkalkulation). Weiterlesen