15 Jul

Schwimmbäder – Unbezahlbare Versprechen ohne Konzept

Bei der Bäderpolitik der Stadt blickt keiner mehr durch. Da verkündet Serdar Yüksel (Landatgsabgeordneter, SPD) das Bad in Höntrop wird bis 2020 neu gebaut und lässt sich im Landtagswahlkampf für diese Heldentat seitenweise in der unbedarften und gutgläubigen Presse abfeiern.

Neubau des Hallenfreibades Höntrop nicht in Sicht

Dann passiert, wie schon nach der PR-Aktion „Yüksel für den Holland-Turm“, nichts. Kaum ist die Landtagswahl gelaufen, wird der Plan für Höntrop begraben. Jetzt soll das Bad in der Südfeldmark zum Hallenfreibad umgebaut wurden. Bisher hieß es, dort sei nicht genug Platz. Doch die SPD brauchte schnell eine alternative Lösung zum Südparkbad, nachdem die CDU sie auf den Neubau des Höntroper Bades mit einem gemeinsamen Ratsbeschuss festnageln wollte.

Während man in der Verwaltung noch überlegt wie man „Schwimmbad“ schreibt, überschlägt sich die Politik mit immer neuen Vorschlägen zum Neubau und Erhalt von Schwimmbädern. Dabei hat die Politik jeden Realitätssinn in den Wind geschossen und verspricht hemmungslos den Wähler im jeweiligen Stadtteil das, was die Menschen dort hören möchten.

Millionenversprechen für Sanierung und Badneubauten trotz leerer Stadtkasse

Die CDU will das Höntroper Bad für 15 Mio, samt neuer Verkehrsinfrastruktur neu bauen. Ist das alte Bad abgerissen, der Parkplatz samt Zufahrtsstraße und und Umkleide- wie Gastronomiebereich neu errichtet und die Badtechnik eingebaut, bleiben von den 15 Mio. wohl noch knapp 100.000 Euro für die Schwimmbecken. Das reicht dann allenfalls noch für ein Babybecken, weitere Schwimmbecken müssten sich die Besucher dazu denken.

Die Verwaltung setzt intern 26 Mio. für den Neubau an. Der Kämmerer rechnet nach: Für die Sanierung und Modernisierung der Bäder stehen im Haushalt genau 0,00 Euro bereit. Wer in der Politik besitzt den Goldesel, mit dem die Sanierung bezahlt werden soll? Da müsste Serdar Yüksel (SPD) für den Neubau des Höntroper Bades schon die Arbeiterwohlfahrt (AWO) aktivieren. Die soll auch schon für den fehlenden privaten Investor beim Hollandturm einspringen. Wenn die AWO ihren Investitionsschwerpunkt von Kindergärten und Kindertagesstätten auf den Erhalt von Schwimmbädern und Zechentürmen verlagert, könnte das klappen. Das sollte Yüksle deichseln können, Vorsitzender der AWO, die sich auch sonst fest in SPD Hand befindet, ist er ja.

Kommt nicht die AWO daher und auch sonst kein weißer Ritter und spendet auch der Fleisch- und Wurstfabrikant Thiers keine 26 Mio., so wird der Stadtkämmer schon den Sanierungsbetrag für das Südparkbad nicht aufbringen können, geschweige denn weitere 40-70 Mio. für die Sanierung oder den Neubau der verbleibenden drei Hallenfreibäder und der zwei Freibäder in Langendreer, Hofstede, Werne und Linden.

Aber was schert sich Rot-Grün schon um die finanziellen Realitäten. Beide beschlossen im Rat „Der Rat der Stadt Bochum strebt den Erhalt aller Bäderstandorte an.“ Anstreben kann man natürlich viel. Einhalten wird diese Versprechen im Hinblick auf die finanzielle Lage der Stadt und angesichts des jährlichen Zuschussbedarfs von aktuell 7,3 Mio. niemand. Nett gesprochen ist dieser Beschluss auffallend naiv, eigentlich dient er nur dazu, die Wähler bei der Stange zu halten, in dem man vortäuscht, die Zukunft der Bäder sei jetzt gesichert.

Wer verspricht als nächstes das Blaue vom Himmel?

Die spannende Frage ist, wird Axel Schäfer (SPD) im Bundestagswahlkampf dem Beispiel von Serdar Yüksel (SPD) folgen und für ein paar Wählerstimmen den Neubau des Hallenfreibades in Langendreer versprechen und sich dann dafür von den örtlichen Medien abfeiern lassen?

Nur unverbesserliche Optimisten glauben das neuen Versprechen der Verwaltung, das Zukunftskonzept für alle Bochumer Bäder werde bis Ende des Jahres 2020 vorliegen. Dass die Verwaltung bzw. die neue Bädergesellschaft jetzt in 3,5 Jahren schafft, was sie in den letzten 5 nicht geschafft hat, wäre eine faustdicke Überraschung. Was so schwierig daran ist, den Sanierungs- und Modernisierungsbedarf für die einzelnen bestehenden Bädern im Einzelnen zu berechen und die Kosten für mögliche Neubauten und alternative Standorte zu ermitteln, lässt sich nicht nachvollziehen. Vielleicht fehlt es in der Verwaltung an angespitzten Bleistiften oder in der zuständigen Abteilung liegt der Krankenstand bei 100%.

Interessant auch die Frage, welche Bäder müssen schon in den Jahren, bis das Konzept vorliegt, wegen technischen Defekts, Wasserschadens oder eines Brandes endgültig geschlossen werden und folgen damit den Vorbildern Stadtbad und Südparkbad?

Welches Bad muss als nächstes schließen?

Die Wettscheine sind gedruckt, die Wettquoten stehen derzeit bei 3:1 für das Bad in Langendreer. Und wann und mit welcher fadenscheinigen Begründung wird die Politik den Menschen in den betroffenen Stadtteilen beichten, dass die geschlossenen Bäder nie wieder aufmachen werden? Die Pressemitteilung der Stadt liegt im Muster schon vor: „Trotz aller Bemühungen, ist es nicht möglich das Hallenfreibad [Name bitte hier einsetzen] wieder zu eröffnen. Nachdem sich 1,1 Mio. Liter Beckenwasser aufgrund eines Lecks in der 50-Jahren alten abgerosteten Wasserableitung in die Badtechnik ergossen hat, ist diese unbrauchbar geworden. Eine Wiederinbetriebnahme ist aus Kostengründen leider unmöglich.“

Die Zukunft der Bäder ohne Wasser

Denkbar auch, dass der rührige Dr. Hans H. Hanke (SPD) erreicht, dass mindestens ein Bad unter Denkmalschutz gestellt wird. Bäder im 70er-Jahre Stil und entsprechender Badtechnik werden in Deutschland immer mehr zu einer erhaltenswerten Rarität. Auch auf diese Wiese ließe sich das Versprechen erfüllen, alle Bäderstandorte zu erhalten. Im denkmalgeschützten Bad könnte man zwar nicht mehr schwimmen, dafür aber die historische Badtechnik beim Museumsrundgang bewundern.

Heinz-Dieter Fleskes (SPD) stellte im Rat richtig fest, eigentlich geht es bei dem Erhalt der Bäder darum, dass diese als identitätsstiftende Einrichtungen erhalten bleiben. Ein Großteil derjenigen, die sich für den Erhalt der Bäder in den Stadtteilen aussprechen, waren das letzte Mal vor Jahrzehnten dort Schwimmen. Sie wollen nicht, dass die Erinnerungsorte ihrer Jugend geschlossen werden. Doch selbst blieben die Bäder erhalten, würden sie diese nicht oder nur selten aufsuchen.

Vorstellbar also, dass die Verwaltung zukünftig den Betrieb der Stadtteilbäder an das Schauspielhaus vergibt. Die Schauspieler des geschätzten Hauses spielen dann in regelmäßigen Vorstellungen den Stadtteilbewohnern ein belebtes Bad vor, wenn aufgrund ausgefallener Technik oder leeren Becken kein reales Schwimmen mehr möglich ist. Die Menschen, die wirklich in echtem Wasser schwimmen wollen, fahren ohnehin schon lange in die Bäder der Städte der Umgebung.

Das letzte Kapitel in der Politposse „Bochum und seine maroden Bäder“ ist noch lange nicht geschrieben. Wir dürfen gespannt sein, welche Bäder demnächst bei welchen Wahlkämpfen von welchen Politikern gerettet werden, auf welch spektakuläre Weise sie ihren Betrieb einstellen und ob die Verwaltung doch noch aus aus ihrem Tiefschlaf erwacht und es schafft einen tragbaren Plan für das Schwimmen in Bochum und Wattenscheid zu erstellen, welche neuen Rekorde bis dahin bei den städtischen Zuschüssen erreicht werden, welche Minusrekorde bei den Besucherzahlen durchbrochen werden und an welchen heißen Sommertagen mal wieder keines der Bäder geöffnet ist.

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