Wann kommt die Große Koalition?
Zu Beginn der Wahlperiode 2014 fragten sich manche, wie lange die Koalition zwischen SPD und Grünen im Rat halten würde. Ob das nochmal 6 Jahre gut gehen würde? Noch raufen sich Grüne und SPD zusammen. Doch die SPD hat längst als inoffiziellen Koalitionspartner auch noch die CDU mit ins Boot geholt. Und die tut mittlerweile fast alles, was die SPD-geführte Verwaltung ihr vorschlägt. Die CDU gibt sich gerne stadttragend. Nach Jahrzehnten der Opposition will man offenbar jetzt endlich auch mitbestimmen.
CDU gibt Oppositionsrolle auf
– Da wird die Gründung der Gesamtschule mitgetragen, obwohl man sich 2011 noch gegen die Einrichtung der Gemeinschaftsschule am gleichen Standort ausgesprochen hatte. Jetzt aber folgt man dem Vorschlag der SPD eine Gesamtschule für 21 Mio. mit zwei 20 Minuten auseinander liegenden Gebäudenkomplexen nur 700 m neben einer bestehenden Gesamtschule zu errichten, ohne dass überhaupt andere Standorte ernsthaft geprüft wurden.
– War man bisher sehr auf die Qualifikation und Erfahrung der städtischen Dezernenten bedacht, trägt die CDU jetzt auf einmal ein Alibi-Bewerbungsverfahren mit, in dem nicht einer der wenigen Bewerber zuvor die Stelle eines Stadtkämmerers bekleidet hatte und indem, schon vor der Einleitung des Bewerbungsverfahren fest stand, wer am Ende die neue Leiterin der städtischen Kämmerei werden sollte.
– Auch die U35-Verlängerung hätte die CDU mitgetragen. Obwohl allen, die sich etwas eingehender mit dem Projekt beschäftigt hatten, klar war, dass Kosten und Nutzen dieses Projektes nicht ansatzweise in einem vernünftigen Verhältnis zueinander standen. Gleichwohl enthielt man sich jeder Kritik, um den Vorschlag des SPD-Oberbürgermeisters mittragen zu können, den dieser mit der Bogestra ausgekungelt hatte.
– Bei der Errichtung des Einkaufszentrums auf dem Justizgelände ist die CDU mittlerweile ebenfalls auf SPD-Linie umgeschwenkt. Sie will zusammen mit der SPD für ein geschlossenes 08/15-Einkaufszentrum mit nur 15.000 qm Verkaufsfläche stimmen, obwohl sich bereits jetzt abzeichnet, dass das Center die Entwicklung der Bochumer Innenstadt nicht positiv beleben wird. Die Flächen im SinnLeffers-Gebäude finden keinen neuen Mieter, weil die lieber in das neue Center gehen. Die Mieter, die das in das neue Center gehen, werden in der restlichen Innenstadt fehlen.
– Bei den städtischen Bädern hatte die CDU sich bisher für ein gesamtstädtisches Bäderkonzept eingesetzt, was alle bestehenden Bäder und die Bedürfnisse der Bewohner aller Stadtteile berücksichtigt. Jetzt will die CDU dem SPD-Vorschlag folgen, einem solchen Konzept vorzugreifen und vorab das Bad im Südpark Höntrop samt neuer Verkehrsanbindungen für 15-30 Mio. neu zu bauen. Damit legt sie ebenfalls fest, dass zwei der Bäder in Linden, Hofstede und Langendreer geschlossen werden müssen.
Nur noch auf Nebenschauplätzen, wie bei der Diskussion um die Dachterrasse des Eisenbahnmuseums in Dahlhausens, versucht die CDU halbherzig den Eindruck aufrechtzuerhalten, sie befinde sich noch in Opposition zur SPD. In allen wichtigen Fragen aber unterstützt die CDU seit Monaten die Anliegen der SPD. De facto wurde die Opposition zur SPD aufgegeben.
Die Möglichkeiten einer starken Opposition wurden leichtfertig vertan
Den Gesprächskreis zwischen den Oppositionsparteien gibt es schon seit Monaten nicht mehr. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, musste die Termine regelmäßig absagen oder hatte nur Zeit mitzuteilen, wie die CDU im Rat abstimmen würde. Eine starke Opposition mit allen oppositionellen Fraktionen im Rat zu organisieren und anzuführen, wollte die CDU nie.
So verpasste die CDU ebenfalls die historische Gelegenheit zusammen mit den Oppositionsfraktionen einen gemeinsamen unabhängigen Oberbürgermeisterkandidaten aufzustellen, der die Wahl gegen die SPD hätte gewinnen können. Stattdessen bestimmte man ohne irgendeine Absprache einen CDU-Kandidaten, in der irrigen Annahme, alle anderen in der Ratsopposition würden diesen mittragen.
Von eigenen Initiativen und Vorschläge der eigentlich größten Oppositionspartei im Bochumer Rat hört man kaum noch was. Das liegt aber nicht daran, dass die Bochumer CDU im Internet kaum präsent ist, sondern dass es die tatsächlich nur sehr vereinzelt gibt (Internet-Seite CDU).
Es ist offenbar nur noch eine Frage der Zeit, bis es im Rat auch offiziell zur großen Koalition kommt. Bequemer als Oppositionsarbeit ist es dem zuzustimmen, was SPD und Verwaltung vorschlagen.
Die Grünen können in der Koalition nicht mehr gewinnen
Bei vielen Fragen kommen die Grünen in der aktuellen Situation unter die Räder. Nicht nur bei den Bädern, dem Einkaufszentrum, auf dem Glände des Justizzentrum oder der U35-Verlängerung befinden die Grünen sich eigentlich nicht auf der Linie von SPD und CDU. Folgen sie in der Koalition allerdings nicht den Vorstellungen der SPD, dann spielt die SPD geschickt die Karte, dass die CDU aber stattdessen den Vorschlag unterstützen könnte.
In der bestehenden Konstellation können die Grünen auf Dauer kein Profil gewinnen. Sie werden negativ als Steigbügelhalter der Großen wahrgenommen. Wollen sie bei der Kommunalwahl 2020 erfolgreich sein, müssen sie bis dahin insbesondere in den Bereichen Stadtverkehr und Stadtökologie mit einer starken eigenen Position wahrgenommen werden. Das lässt die SPD bisher nicht zu. In Sachen Radverkehrsnetz, Nahverkehr oder umwelfreundlichem Wohnen kommt die Stadt nicht entscheidend voran. Stattdessen werden die Grünen gezwungen Dinge mitzutragen wie den Kauf des Kohleverstromers STEAG, den Bau von Prestigeprojekten wie dem Musikforum oder den Zubau von Grünzügen mit Wohn- und Gewerbeflächen.
Eine Große Koalition der SPD mit der CDU käme den Grünen daher vielleicht gar nicht ungelegen. In der Opposition könnten sie sich mit eigenen Ideen und Vorschlägen überzeugend als glaubwürdige Alternative zur „Weiter so“-Politik von SPD und CDU präsentieren.
Die in der Stadt ohnehin mit 25-30% vergleichsweise schwache CDU wird mit ihrer Politik nichts gewinnen. So lange sich die CDU bei den Wählern nicht als authentische Opposition gegenüber der SPD profilieren kann und will, werden die Wähler weiterhin keinen Anlass sehen statt SPD zukünftig CDU zu wählen.
Zwar kommt der aktuelle Kurs der Rats-CDU bei vielen jüngeren CDU-Mitgliedern, die in der Stadt etwas verändern wollen, nicht gut an. Aber sind diese Willens und in der Lage die CDU in Bochum neu zu beleben?