Neustart ohne alte Schulden
Jedes Jahr steigen die Schulden der Stadt. Die städtischen Einnahmen liegen seit Jahrzehnten unter den Ausgaben. Die Ausgaben steigen rasant auch wachsende Einnahmen können die Steigerungen nicht ausgleichen.
Der Weg bis zum Kollaps – Weiter so
Es fehlt an einem Plan diese Entwicklung zu stoppen. Die bisherigen Bemühungen sind unzureichend. Die Sparanstrengungen reichen nicht aus. Bis 2022 will der Oberbürgermeister bis zu 20 Mio. im Haushalt sparen, nötig sind mindestens 50 Mio.. Um die finanziellen Schulden zu reduzieren, wird bei der Instandhaltung der städtischen Gebäude, Straßen, Kanäle und Brücken gespart und werden die städtischen Investitionen zusammen gestrichen. So wird das Problem nicht gelöst, es wird nur verlagert. Wenn die finanzielle Neuverschuldung sinkt, steigt entsprechend der Sanierungsstau bei der städtischen Infrastruktur.
Steigen die Zinssätze für die angehäuften Schulden, kommt es zwangsläufig zum Kollaps der Stadt. Steigen die Kreditzinsen um 3%, muss die Stadt auf einen Schlag jedes Jahr 54 Mio. Euro zusätzlich aufbringen. Das ginge nur, wenn die Stadt ihre freiwilligen Aufgaben auf ein Mindestmaß zurück fährt, z.B. Schauspielhaus oder BoSy auflöst, die Zuschüsse für die sozialen Träger auf ein Minimum kürzt. die Grundsteuern erheblich erhöht, eine massive Ausdünnung des öffentlichen Nahverkehrsnetzes vornimmt und VHS, Stadtbücherei oder Musikschule abschafft.
Damit es zu diesem Punkt nicht kommt, sind bereits jetzt vorausschauend Maßnahmen zu ergreifen.
Die Verschuldung ist zu einem ganz überwiegenden Teil das Ergebnis von Fehlentscheidungen der städtischen Politik. Hunderte Millionen wurden z.B. in völlig unnötigen Fehlinvestitionen im Energiebereich versenkt (u.a. RWE, STEAG, Kraftwerksprojekte Hamm-Uentrop, Lünen), aber auch das Land kommt seiner Aufgabe nicht ausreichend nach, die Städte besonders auch beim Strukturwandel ausreichend zu unterstützen. Ernsthafte Forderungen an das Land, die erforderlichen Mittel endlich in ausreichendem Maß verfügbar zu machen, stellt die Stadt allerdings auch nicht.
Allein bei den Schulen fehlen der Stadt über 300 Mio. Euro um den Sanierungs- und Austattungsstau einigermaßen in den Griff zu bekommen. Statt aber die notwendigen Beträge nachdrücklich bei der Ministerpräsidentin einzufordern, biedert sich der SPD-Oberbürgermeister bei ihr in geradezu unwürdiger Weise an, wenn diese sich herablässt im Wahlkampf einmalig 49 Mio. zu überwiesen. Das Verhalten des Oberbürgermeisters mag zwar der SPD im Landtagswahlkampf gefallen, im Sinne der Stadt ist es leider nicht.
Der Weg aus der Schuldenfalle – Entschuldungsfond oder -gesellschaft
Dabei hat Bochum zusammen mit den anderen Städten des Ruhrgebiets und des bergischen Landes 2009 im Rahmen der Aktion „Raus aus den Schulden“ einen guten Vorschlag gemacht (Raus aus den Schulden, Vorschlag 2009).
Da stand einer rot-grünen Stadt aber noch eine schwarz-gelbe Landesregierung gegenüber. Kaum wechselte die Landesregierung auf rot-grün, ließ man von den eigentlich sinnvollen Forderungen ab. Statt sich für die Stadt gegenüber den Parteifreunden für die dringend erforderliche Lösung stark zu machen, kratzt und buckelt man lieber.
Der Vorschlag sah vor, die kommunalen Altschulden in einen Entschuldungsfond zu überführen. Dort sollten die Schulden durch Beiträge von Land, Stadt und Bürgern sukzessive zurückgeführt werden. Das Land sollte eine jährliche Landeshilfe leisten, die Städte sollten Beiträge durch Haushaltseinsparungen leisten, die Bürger durch eine zeitlich befristete Sonderabgabe auf die Grundsteuer.
Der Vorschlag scheiterte bisher, da sich das Land weigert, die Städte mit einem Landesbeitrag zu unterstützen und die Politiker der Ruhrgebietsstädte auch nicht bereit waren diesen von ihren Parteifreunden mit der erforderlichen Nachdrücklichkeit einzufordern.
Aber auch ohne diesen Landesbeitrag macht der Vorschlag Sinn und sollte weiter verfolgt werden. Das Land ist nicht erforderlich, um die Voraussetzung für die Entschuldung zu schaffen. Dazu bringen die Städte des Ruhrgebietes ihre Altschulden in eine gemeinsame Entschuldungsgesellschaft ein. Diese organisiert den Abbau der eingebrachten Schulden und ein Zinsmanagement, das aufgrund der größeren zu verwaltenden Kreditbeträge eine niedrigere Zinslast zur Folge hat.
Für die Teilnahme von Städten an der Entschuldungsgesellschaft und der Übertragung der Altschulden muss es strenge Vorgaben geben, insbesondere: Die Städte dürfen keine neuen Schulden aufhäufen. Der Höchstbetrag für liquiditätssichernde Kassenkredite muss auf ein Mindestmaß gesenkt werden. Die Gemeinde muss jedes Jahr mindestens einen festgelegten Betrag zum Abbau der Altschulden an die Entschuldungsgesellschaft erbringen. Die Bürger müssen eine Sonderabgabe auf die Grundsteuer zur Entschuldung leisten. Darüber hinaus werden insbesondere Grund- und Gewerbesteuer eingefroren, um zu verhindern, dass die Stadt ihren Beitrag für die Entschuldungsgesellschaft durch Steuererhöhungen statt durch Sparbemühungen finanziert.
Der Wendepunkt – Die Befreiung von den Altlasten
So wird die Entschuldungsgesellschaft zu einem weithin sichtbaren Signal, dass es die beteiligten Städte ernst meinen mit einem Schuldenabbau und einer seriösen, nachhaltigen Haushaltspolitik. Die Teilnahme verpflichtet sie rechtlich verbindlich dazu.
Mit der Entschuldungsgesellschaft hätten die Ruhrgebietsstädte auch die Voraussetzung geschaffen für einen klar eingegrenzten, zielgerichteten Landesbeitrag bei der Tilgung der Altschulden. Die politische Forderung dazu ließe sich klar formulieren. Der Druck für das Land sich mit nennenswerten Beiträgen an der Entschuldungsgesellschaft zu beteiligen, wäre enorm hoch. Die zur Landtagswahl antretenden Parteien stünden vor der Frage, welchen Landesbeitrag diese im Falle eines Wahlsieges der Entschuldungsgesellschaft zukommen lassen würden. Wer einen Beitrag ablehnt, hätte es im Wahlkampf bei den Wählern entsprechend schwer.
Zur Landtagswahl 2017 wird es die Entschuldungsgesellschaft leider nicht mehr geben, spätestens zur Wahl 2022 müsste sie stehen.
Die Entschuldungsgesellschaft wäre auch ein wichtiges psychologisches Zeichen für Bürger und Investoren. Ihre Einrichtung markiert einen Punkt, an dem die Stadt sich zu einem Politkwechsel bekennt und die Altschulden von der zukünftigen Entwicklung abkoppelt. Der Zeitpunkt, in dem die Entschuldungsgesellschaft die Altschulden der Stadt übernimmt, ist gleichzeitig der Startpunkt für einen Aufbruch der Stadt in ein neues Zeitalter.
Zwar dauert es noch einige Jahrzehnte bis die Stadt keine Beiträge zur Tilgung der Altschulden mehr leisten muss, mit Gründung der Entschuldungsgesellschaft ist jedoch die klare Entscheidung gefallen sich in einem fest vorgegebenen Zeitraum von den Altlasten zu befreien.