24 Mrz

Schulentwicklungspläne erweisen sich immer wieder als unbrauchbar

166 Schüler und Schülerinnen bekommen in Bochum keinen Platz an ihrer Wunschschule, da der Schulentwicklungsplan dort keine ausreichenden Kapazitäten vorsieht. Die Bezirksregierung untersagt zunächst an zwei Schulen die Bildung von Mehrklassen. Das Chaos ist perfekt. Stadt und Bezirksregierung blamieren sich.

Aller 5 Jahre stellt die Stadt einen Schulentwicklungsplan für die weiterführenden Schulen auf. Dieser schreibt fest, wie die Bedürfnisse nach Plätzen an Gymnasien, Gesamt-, Real-, Sekundar- und Hauptschulen befriedigt werden sollen. Konkret wird im Plan festgeschrieben wie viele Eingangsklassen jede weiterführende Schule in Bochum bilden darf.

Mehrklassen sind Folge von städtischen Fehlplanungen

Real ist es jedoch kaum möglich den Bedarf an Klassen für 5 Jahr in die Zukunft vorherzusehen und zu planen. In der Realität passen die Anmeldezahlen daher regelmäßig nicht zu den Zahlen, die im Plan an der jeweiligen Schule vorgesehen wurden. Die Planungen sind unbrauchbar. Um es den Schüler*innen trotz Fehlplanung zu ermöglichen doch noch auf ihre Wunschschule zu gehen, ermöglicht das Schulgesetz die Bildung von so genannten “Mehrklassen”, also von zusätzlichen Klassen, die über die im Schulentwicklungsplan vorgesehene Maximalzahl ausnahmsweise für ein Jahr gebildet werden können.

Die Stadt Bochum beantragte an fünf Schulen für das nächste Schuljahr die Bildung von je einer “Mehrklasse”. Für das Graf-Engelbert-Gymnasium und die Hans-Böckler-Realschule lehnte die Bezirksregierung die Bildung von zusätzlichen Klassen jedoch zunächst ab.

Hinsichtlich des Graf-Engelbert-Gymnasiums begründete die Bezirksregierung ihre Ablehnung damit, dass im Stadtgebiet unter Berücksichtigung der zusätzlichen Klassen an den anderen Gymnasien sowie weiterer freier Kapazitäten ausreichend Plätze zur Verfügung stünden (PM Stadt Bochum 20.03.2024).

Für die Realschule lautete die Begründung, dass, obwohl die Kapazitäten an den Realschulen insgesamt nicht ausreichen, noch freie Kapazitäten an Sekundar- und Gesamtschulen in Bochum bestünden. An diesen Schulformen könne ebenfalls, wie an den Realschulen, der Mittlere Schulabschluss erworben werden (PM Stadt Bochum 20.03.2024).

Für die betroffenen Schüler*innen würde der Besuch anderer Schulen jedoch regelmäßig längere bis sehr lange Schulwege bedeuten (WAZ vom 21.02.2014). Das ist auch deswegen so, weil der Nahverkehr in Bochum unterentwickelt ist und der Stadt ein flächendeckendes Netz sicherer Radwege fehlt.

Gleichwohl ist auch die Entscheidung der Bezirksregierung zu kritisieren, die den untauglichen Schulentwicklungsplan genehmigt hat und eigentlich ebenfalls daran interessiert sein sollte, dass die Schülerin, wenn die räumlichen und personellen Kapazitäten vorhanden sind, dort erfüllt werden, wo die Schüler*innen sich angemeldet haben. Darauf zu beharren, dass der Schulentwicklungsplan umgesetzt wird, ist sinnloser Bürokratismus, der die Bedürfnisse der Schulkinder außer Betracht lässt, die eigentlich bei allen Überlegungen im Vordergrund stehen sollten.

Nach langen Verhandlungen und Protesten der Eltern hat sich die Bezirksregierung zumindest erweichen lassen an der Hans-Böckler-Realschule eine zusätzliche Klasse einzurichten (WAZ vom 22.03.24).

Das teilweise Einlenken der Schulaufsicht (Bezirksregierung) kann allerdings nicht über das Versagen der Stadt bei der Schulentwicklungsplanung hinwegtäuschen, die konsequent am realen Bedarf an Schulplätzen in Bochum vorbei geht.

Chaotische Schulentwicklungsplanung

Das setzt sich auch bei der neuen Schulentwicklungsplanung fort, die die Verwaltung für die nächsten 5 Jahre erarbeitet hat und über die aktuell in der Politik diskutiert wird (Beschlussvorlage 20240052).

So sollen gemäß den Vorstellungen der Verwaltung nicht etwa an der Hans-Böckler-Realschule neue Klassenzüge eingerichtet werden, die in diesem Jahr 95 Anmeldungen über Plan verzeichnete, sondern an der Realschule in Höntrop und der Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule.

Dabei wäre eine Erweiterung der Hans-Böckler-Schule durchaus möglich. Denn dafür käme das ehemalige Gebäude der Realschule in Frage. Das soll zwar endlich saniert werden, soll aber nicht für die Realschule, sondern für zusätzliche Klassen für drei Gymnasien genutzt werden (Graf-Engelbert-Schule, Schiller-Schule sowie Neues Gymnasiums). 2010 sahen die Planungen zum Schulentwicklungsplan sogar noch vor, die Realschule ganz zu schließen (WAZ vom 30.08.2012).

Die Schulentwicklungsplanung in Bochum folgt keinem echten langfristigen Ziel. Vor 10 Jahren wurde am Standort Feldsieper Straße die Realschule geschlossen, es folgte die Gemeinschaftsschule, die nach 5 Jahren in eine Gesamtschule umgewandelt wurde und die nach den neusten Planungen jetzt wieder ausgelagert und einem neu zu schaffenden Gymnasium weichen soll (Gesamtschulstandort ist ungeeignet).

Die neusten Planungen sehen also vor ein neues zusätzliches Gymnasium zu schaffen. Dabei hat die Stadt erst 2010 durch die Zusammenlegung der Albert-Einstein-Schule und des Gymnasiums am Ostring zum Neuen Gymnasium eines geschlossen. Fast keine Planung erreicht eine Halbwertzeit von mehr als 10 Jahren. Was vor 5 bis 10 Jahren geplant wurde, wird heute wieder eingestampft. Fehlplanungen statt Verlässlichkeit ist das kennzeichnende Merkmal der städtischen Schulentwicklungspläne.

2012 nahmen die beiden Sekundarschulen (Rupert-Neudeck und Nelson-Mandela) ihre Arbeit auf, nach der jetzt vorgelegten Planung sollen beide wieder aufgelöst werden. Die Rupert-Neudeck-Schule soll ganz schließen und die Nelson-Mandela-Schule zu einer Gesamtschule werden. Schulgemeinschaft und Schulleitung erfuhren von der beabsichtigten Schließung aus der Zeitung. Das sagt viel darüber aus, wie ernst die Verwaltung die Belange und Bedürfnisse der Schulen vor Ort nimmt.

Dafür will die Stadt beide Hauptschulen weiterführen. Obwohl alle wissen, dass es mit einem Hauptschulabschluss für die meisten Schulabgänger*innen im Berufsleben keine Zukunftsperspektive geben dürfte.

Auch die neue Schulentwicklungsplanung weist schwere Mängel auf

Die gesamte Schulentwicklungsplanung basiert auf vagen Prognosen über die Entwicklung der Schülerzahlen, die mit großen Unsicherheiten und vielen Fragezeichen einhergehen. Eine Konferenz der betroffenen Schulen zur Weiterentwicklung der Schullandschaft gab es nicht, die Schulkonferenzen wurden im Planungsverfahren nicht angehört. Die Gebäude der weiterführenden Schulen wurden von Mitarbeiter*innen des Schulverwaltungsamtes und den Zentralen Diensten gemeinsam begangen, zu mehr reichte es nicht (Beschlussvorlage 20240052).

Die Planungen erfolgten allein auf den Prognosen der Schülerzahlen, aus denen die zukünftigen Raumbedarfe abgeleitet wurden und denen die vorhandenen Räumlichkeiten gegenübergestellt wurden. Tatsächlich wurde ein Raumbedarfsplanung aufgestellt, Eine echte Planung der zukünftigen Entwicklung der Schullandschaft, bei der auch Konzepte, Bedürfnisse und Belange aller betroffenen Schulen außerhalb des Raumbedarfs hätten berücksichtigt werden müssen, fand nicht statt.

Dazu ein Beispiel: So hat sich die Rupert-Neudeck-Schule in Dahlhausen mittlerweile etabliert, die Anmeldezahlen steigen. Seit 2020 gibt es die neuen, hochmodernen Naturwissenschaftsräume. Schüler*innen, die nach der 10. Klasse Abitur machen wollen, können auf dem gleichen Schulgelände zum Theodor-Körner-Gymnasium wechseln. Auch sonst funktioniert die Zusammenarbeit im Schulzentrum mit dem Gymnasium nach Aussage beider Schulen sehr gut. Beide Schulen ergänzen sich ideal (WAZ vom 11.02.2024). Jetzt soll die Schule nach nur 12 Jahren Bestehen geschlossen werden. Entfiele die Sekundarschule, müssten die Kinder aus Linden und Dahlhausen demnächst bis zur über 7 km entfernten Gesamtschule nach Wattenscheid-Westenfeld fahren. Im Sinne der Schüler*innen wäre das sicher nicht. Doch solche Aspekte, spielten bei der städtischen Schulentwicklungsplanung keine relevante Rolle.

Schulen müssen an Schulentwicklungsplanung intensiv mitwirken

Schon die Art und Weise wie Schulentwicklungsplanung in Bochum angegangen wird, ist also nicht geeignet, eine verlässliche, zukunftsweisende Entwicklung der Bochumer Schullandschaft zu bewirken. Entsprechend erweisen sich die Schulentwicklungsplanungen der letzten Jahrzehnte immer wieder als Fehlplanungen. Das Verfahren zur Entwicklung der Pläne muss grundlegend überdacht und neu organisiert werden. Die Schulleitungen und Schulkonferenzen der betroffenen Schulen sind dabei aus Sicht der STADTGESTALTER verstärkt einzubeziehen. Das ist bisher versäumt worden. Entsprechend lehnen die STADTGESTALTER die jetzt vorgelegten Planungen ab.

Von Plänen, die am realen Bedarf vorbei gehen, hat in der Stadt niemand etwas. Das zeigt sich auch bei den Schulentwicklungsplanungen für die Grundschulen, wo der erforderliche Bedarf an Schulen und Klassen ebenfalls völlig falsch eingeschätzt wurde und jetzt versucht wird, den Folgen der Jahrzehnte langen Fehlplanungen mit der massenweisen Aufstellung von Schulcontainern zu begegnen (48 Klassen in Containern – Bochumer Schulpolitik an neuem Tiefpunkt). Zudem sollte nach Ansicht der STADTGESTALTER bei den Schulentwicklungsplanungen ein zentrales Ziel sein, dass neue Schulen sich durch visionäre Schul- und Lernkonzepte auszeichnen (Neue Schulen in Bochum sollten sich durch visionäre Schul- und Lernkonzepte auszeichnen).

01 Okt

Neue Schulen in Bochum sollten sich durch visionäre Schul- und Lernkonzepte auszeichnen

In Bochum soll ein neues Gymnasium entstehen und für die Gesamtschule Bochum-Mitte ein neues Schulgebäude gebaut werden. Die STADTGESTALTER schlagen vor, für diese Schulen visionäre Schul- und Lernkonzepte zu erarbeiten, die sie zu Vorbildschulen für ganz Deutschland machen.

Bisher war die Schulentwicklungsplanung der Stadt Bochum in vielerlei Hinsicht nutzlos bis desaströs. Bei den Grundschulen schloss man seit dem Schuljahr 2005/06 jede fünfte Grundschule, jetzt fehlen mindestens vier Grundschulen (WAZ 10.08.2248 Klassen in Containern – Bochumer Schulpolitik an neuem Tiefpunkt).

Desaströse Schulentwicklungsplanung

2011/12 eröffnete die Stadt eine Gemeinschaftsgrundschule und zwei Sekundarschulen. Beide Schulformen sind mangels Nachfrage gescheitert Die Gemeinschaftsgrundschule schloss schon zum Schuljahr 2018/19, beide Sekundarschulen sollen jetzt folgen.

Die ganze Problematik der chaotischen Schulentwicklungsplanung zeigt sich am Schulstandort an der Feldsieper Straße. Dort wurde 2011/12 die Realschule geschlossen, es folgte für nur sechs Jahre die Gemeinschaftsschule, 2018/19 dann die Gesamtschule, die jetzt, nach weiteren fünf Jahren, in ein Gymnasium umgewandelt werden, soll. Kompetente und verlässliche Schulentwicklungsplanung sieht anders aus.

Vorhersehbar konnte die Gesamtschule Mitte, nur 800 Meter entfernt von einer weiteren Gesamtschule nicht funktionieren. Doch die Einwände, auch der STADTGESTLATER (Gesamtschulstandort ist ungeeignet), wollten die Politiker*innen von SPD, CDU und Grünen partout nicht hören, sie meinten es besser zu wissen und wurden eines Besseren belehrt. Nach nur 53 Anmeldungen zum letzten Schuljahr für vier Eingangsklassen (WAZ vom 23.02.23), erkannten auch Schulverwaltung und Politik, dass die Gesamtschule am Standort Feldsieper Straße keine Zukunft hat.

Also soll aus der Gesamtschule jetzt ein Gymnasium werden und die Gesamtschule an einen anderen, noch nicht bekannten Standort in ein neues Schulgebäude umziehen.

In 6 von 30 Stadtbezirken erreichen mehr als 50% der Kinder nur maximal eine eingeschränkte Realschulempfehlung

Während in Ländern mit erfolgreichem Schulsystem (z.B. Norwegen oder Finnland) in der Regel nur noch eine Schulform besteht, benötigt man in Deutschland weiterhin drei. Am Ende der Grundschule ist das Lernniveau der Schulkinder auch in Bochum bisher zu unterschiedlich. In Bochum erreichen in 6 von 30 statistischen Stadtbezirken (Westenfeld, Kruppwerke, Werne, Hamme, Wattenscheid-Mitte und Günnigfeld) mehr als 50% der Kinder nur maximal eine eingeschränkte Realschulempfehlung (Interaktiver Sozialbericht). Die Entwicklung ist zudem negativ, die Zahl der Bezirke mit entsprechenden Schulempfehlungen hat sich seit dem Schuljahr 2021/22 sogar um einen erhöht.

Besonders Kindern aus Ortsteilen mit großen Problemen, fehlt es also bereits nach ihrer Grundschulzeit an wesentlichen Voraussetzungen, um in der folgenden Schulzeit mindestens einen Realschulabschluss erwerben zu können. Grundschulen mit schwierigen sozialen Umfeldbedingungen haben große Probleme den Anforderungen individueller Förderung und Inklusion gerecht zu werden und diese zu leben. Um dieses Problem zu lösen hatten die STADTGESTALTER bereits 2019 einen Vorschlag für ein Modellprojekt an fünf Grundschulen gemacht (Modellprojekt für bessere GrundschulenAntrag 20222948). Grüne, SPD und CDU zeigten sich aber an einer Lösung des Problems desinteressiert und lehnten den Vorschlag ab.

Somit wird es in Bochum neben Gesamtschulen zukünftig weiterhin Hauptschulen und Gymnasien geben. Von dem Ziel der STADTGESTALTER, dass alle Schulkinder mit wenigen Ausnahmen die Grundschule mindestens mit einer Realschulempfehlung verlassen, ist die Stadt weit entfernt. Von Grünen, SPD und CDU wird dieses Ziel auch gar nicht verfolgt.

Eine einmalige Chance – Bochumer Schulen mit visionären Lern- und Schulkonzepten

Der Lern- und Schulerfolg hängt nicht nur in den Grundschulen im Wesentlichen von den verfolgten Schul- und Lernkonzepten ab. Einige Schulen in Deutschland zeigen schon heute, wie das gelingt und modernes Lernen in Zukunft funktionieren wird (Schulen der Zukunft – Gelebte Utopien). Was für Bochum vielleicht noch nach Utopie klingt, ist in diesen Schulen längst gelebte Realität. In einigen der 15 für den Schulpreis nominierten Schulen kann man erleben, was heute schon an Schulen möglich ist und damit auch in Bochum möglich wäre (Deutscher Schulpreis – Das sind die 15 nominierten Schulen).

Wenn sich Bochum als Vorreiter in Sachen Schulen und Bildung versteht, dann, so der Vorschlag der STADTGESTALTER, sollte sowohl im neu zu gründenden Gymnasium wie in der neu zu bauenden Gesamtschule ein vorbildliches, visionäres Schul- und Lernsystem umgesetzt werden. Dabei sollte zum Beispiel auf dem Gymnasium, das bisher für diese Schulform typische “Abschulen” in Zukunft abgestellt werden. Sitzenbleiben oder Verweis auf eine untergeordnete Schulform, sollten durch entsprechende frühzeitige und individuelle Förderung vermieden werden.

Lernen sollte einen anderen Fokus erhalten. Es geht nicht mehr darum bestimmte Abschlüsse zu erreichen, sondern den Schülern und Schülerinnen eine bestmögliche Entfaltung ihrer persönlichen Potentiale zu ermöglichen und sie in die Lage zu versetzen sich auch nach der Schule jedes erforderliche Wissen selbst drauf zu schaffen.

So sehen visionäre Schulkonzepte beispielsweise vor, dass die Schülerschaft weitestgehend selbst entscheidet, wie, wo und womit sie lernt. Die Lehrekräfte haben eine andere Rolle. Sie sind Lernbegleiter und Coaches, die die Schüler, die Lernpartner, beim eigenständigen Lernen ?anleiten und unterstützen (Schulen der Zukunft – Gelebte Utopien).

Wie lassen sich visionäre Schulkonzepte erarbeiten?

Idealerweise beschäftigt sich die Ruhr-Universität bereits seit langem mit visionären Lern- und Schulkonzepten von morgen (Re-thinking Education- Unterwegs zur Schule von morgen). Zusammen mit Lehrern und Lehrerinnen sowie anderen Pädagogen, die an Bochumer Schulen unterrichten und sich für neue, visionäre Konzepte interessieren, könnte eine Expertenrunde gebildet werden, in der die entsprechenden Konzepte für beide Schulen entwickelt und erarbeitet werden.

Da die Gesamtschule neu errichtet werden soll, bietet es sich an, die Planung und Gestaltung der erforderlichen Schulräumlichkeiten in die Entwicklung des neuen visionäre Schulkonzepts mit einzubeziehen. Denn Schulen sehen in Zukunft auch ganz anders aus, als wir es bisher von klassischen Schulen kennen. Statt Klassenzimmern gibt es Inputräume oder Lernateliers, die eher ausgestattet sind wie Wohnzimmer, weil das Lernen auch Spaß machen soll und die Schulräumlichkeiten selbst eine Wohlfühlatmosphäre ausstrahlen sollen.

Auf diese Weise könnte Bochum zu zwei weiterführenden Schulen kommen, die Vorbild für weitere Schulen in Bochum aber auch für Schulen weit über die Stadtgrenzen hinweg sein können. Darüber hinaus könnte die Stadt mit diesem Vorgehen ihren Ruf als Wissens- und Bildungsstadt stärken. Neben dem Haus des Wissens könnte die Entwicklung der Vorbildschulen ein weiterer überregional beachteter Baustein der Bochum Strategie sein, mit der die Stadt ihren Ruf als “Talentschmiede im Ruhrgebiet” untermauert. (Die Kompetenzen der Bochum Strategie – Talentschmiede im Ruhrgebiet).

Durch den Aufbau zweier neuer weiterführender Schulen mit vorbildlichen Schul- und Lernkonzepten ergibt sich für die Stadt die einmalige Chance, sich als Vorreiter in Sachen moderner Schulentwicklung für die Bildung von morgen zu profilieren. Sie kann Vorbildschulen für ganz Deutschland schaffen und die Schullandschaft in Bochum einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft voranbringen. Nach Ansicht der STADTGESTALTER dürfen Politik und Verwaltung diese Chance unter keinen Umständen verspielen.

05 Okt

Ein städtisches IT-Kompetenzzentrum für die Schulen

Bisher hängt Bochum in Sachen Digitalisierung der Schulen in der analogen Steinzeit fest. Die Stadt hat es bis heute nicht geschafft die Schulen an schnelles Internet anzubinden. Während die Stadt sich als schnellste Stadt Deutschlands “Gigabit-City” abfeiert, können die Bochumer Schüler das Internet mangels Glasfaseranschlüssen an den Schulen wenn überhaupt, nur im Schneckentempo nutzen.

Bochumer Schulen sollen endlich digital werden

Jetzt endlich will die Stadt diesen eklatanten Missstand beseitigen. Insgesamt will die Stadt Bochum in die Digitalisierung der 70 städtischen Schulen (42 Grundschulen an 49 Standorten, zehn Gymnasien, ein Weiterbildungskolleg, fünf Gesamtschulen, zwei Sekundarschulen, zwei Hauptschulen, fünf Realschulen, sieben Förderschulen an acht Standorten, einer Schule für Kranke, fünf Berufskollegs an acht Standorten) 27 Millionen investieren. 18,9 Millionen erhält die Stadt Bochum zu diesem Zweck aus dem Digitalpakt von Bund und Land, weitere 6 Mio. aus dem Förderprogramm Gute Schule NRW.

Um das Geld sinnvoll auszugeben hat der Stadtrat ein Digitalprojekt für die Schulen auf den Weg gebracht (Beschluss 20193159), das aus zwei Teilprojekten besteht, der Herstellung von Breitbandanbindungen der Schulen (Glasfaserausbau) und dem Medienentwicklungsplan.

Der Medienentwicklungsplan besteht aus drei Säulen: 1 Schulische Medienkonzepte, Unterrichtsentwicklung, Fortbildung, 2 Hardwareausstattung, Netzinfrastruktur, 3 Wartung, Support. Die Angaben zur Organisation der Umsetzung und der auf Dauer erforderlichen Wartung der aufgebauten IT-System und des zu erbringenden Supports ist im städtischen Medienentwicklungsplan jedoch stark nachbesserungsbedürftig.

Die Unterstützung der Schulen bei der Umsetzung des Medienentwicklungsplans ist unzureichend

Die Aufgaben des Schulträgers im Rahmen des Medienentwicklungsplans sind überaus umfangreich und vielfältig (Aktivitäten des Schulträgers im Rahmen der Medienentwicklungsplanung). Wie die Schulverwaltung und die Schulen diese Leistungen erbringen wollen, ist dem Medienentswicklungsplan nur ansatzweise zu entnehmen. Dass eine Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben bei 70 Schulen durch nur 6-7 Vollzeitbeschäftigte möglich sein soll, erscheint, selbst wenn viele Aufgaben an externe Dienstleister abgegeben werden sollen, mehr als fraglich. Offenbar soll ein wesentlicher Teil der Aufgaben auf die Schulen verlagert werden.

Die Schulen sollen mindestens zwei 1st-Level-Beauftragte benennen, die dann zuständig dafür sein sollen, dass die IT-System der Schule ständig aktualisiert und um neue Angebote erweitert werden. Die Beauftragten sollen als Multiplikatoren alle Lehrenden auf die neu installierten IT-Systeme und das Serveradministrationssystem vor Ort einweisen.

Im Rahmen des Medienentwicklungsplans sollen die Schulen dafür Sorge tragen, dass die verfügbaren digitalen Möglichkeiten in die schulische Programmarbeit inklusive der Qualitätssicherung integriert werden. Dazu verpflichten sich die Grundschulen die Medienkompetenz auf der Basis des Medienpass NRW zu vermitteln, die weiterführenden Schulen entlang des Medienkonzepts zu unterrichten und das alles anhand der üblichen Unterrichtsdokumentationen festzuhalten. Dass das in der beabsichtigten Weise geschieht, wird ebenfalls Aufgabe des 1st-Level-Beauftragten sein. Dazu müssen noch die erforderlichen Fortbildungen im Bereich der Digitalen Medien organisiert werden.

Es stellt sich die Frage, gibt es an allen Schulen überhaupt genug Lehrende, die die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzen diese Aufgaben zu übernehmen? Gibt es an den Schulen Lehrkräfte, die diese umfangreichen Tätigkeiten, neben ihrer tagtäglichen Arbeit, quasi noch nebenbei noch erledigen können? Dass kann bezweifelt werden. Die Schulen sind sich vermutlich noch gar nicht bewusst, welche Arbeit da auf sie zurollt.

Zwar ist es sinnvoll, dass an den Schulen umfangreiche Kompetenzen im Umgang mit den neuen digitalen Geräten und Medien bestehen, damit diese viele IT-Angelegenheiten auch ohne die Hinzuziehung Dritter eigenständig erledigen und lösen können, doch dürfen die Schulen auch nicht überfordert werden. Sonst bleiben Geräte und Medien ungenutzt stehen, weil den Lehrenden die Kompetenzen im Umgang damit fehlen, bzw. sie davor zurückschrecken im Hilfefall auf Unterstützung zurück zu greifen, wenn der entsprechende Support nicht so organisiert ist, dass er zuverlässig, schnell und kompetent die verschiedensten Problemstellungen lösen kann.

Die Schulen benötigen Unterstützung von einem städtischen IT-Kompetenzzentrum

Die Schulen brauchen also eine starke zentrale IT-Unterstützung. Das bietet in vielen Städten ein kommunales Medien- oder IT-Kompetenzzentrum . Ein IT-Kompetenzzentrum übernimmt die Verwaltung Strategie und Steuerung der Medienentwicklung, sowie Finanzmanagement, es betreut die gesamte IT-Technik der Schulen und übernimmt dabei das IT-Operationsmanagement Konfigurationsmanagement Sicherheitsmanagement Lizenzmanagement Verfügbarkeitsmanagement. Es ist ebenfalls zuständig für die IT-Verwaltung, die Beschaffung, das Änderungs- und Release-Management, sowie Wartung und Support und die Störungsbearbeitung wie das Service-Level-Management. Ein IT-Kompetenzzentrum ist darüber hinaus der ideale Partner, wenn es um die Förderung der Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler geht. Durch die Bereitstellung aktueller audiovisueller Bildungsmedien, durch Beratungs- und Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer und durch aktive Medienarbeit für Schülerinnen und Schüler unterstützen sie das Lernen mit und über Medien.

Für diese umfangreichen Aufgaben werden 6-7 Mitarbeiter nicht ausreichen. Insgesamt sollen an den Bochumer Schulen fast 12.500 Endgeräte angeschafft werden, dazu entsprechend viele Beamer, Drucker, Vernetzungsequipment, Kameras und viele weitere fachspezifisch einsetzbare IT-Geräte, z.B. für den Physikunterricht. Bisher haben alle in diesem Bereich beim Schulverwaltungsamt tätigen Mitarbeiter eine Verwaltungsausbildung, viel wichtiger ist aber, dass die Mitarbeiter hohe Qualifikationen im IT-Bereich besitzen.

Wie sollte ein IT-Kompetenzzentrum organisiert sein?

Ein städtisches IT-Kompetenzzentrum ist ein Dienstleister, auf den die Schulen für jedweden Support und erforderliche Fortbildungen schnell und zuverlässig zurückgreifen können. Der reibungslose und zeitnahe Erledigung von IT-Problemen ist für einen modernen digitalen Schulunterricht unabdingbar. Dass Schulen, wie heute, teilweise wochenlang auf die Behebung von Fehlern bei IT-Geräten warten müssen, ist nicht hinnehmbar. Kann der Fehler nicht binnen Tagesfrist behoben werden, muss ein Ersatzgerät verfügbar sein oder bereitgestellt werden.

Das städtische IT-Kompetenzzentrum sollte weitgehend selbständig und unabhängig vom Schulverwaltungsamt arbeiten. Die Schulen, für die das Zentrum tätig ist, sollten bei der Organisation der Aufgaben und Tätigkeiten des Zentrums eng eingebunden werden. Zu überlegen wäre, ob das Zentrum nicht besser bei der Wirtschaftsentwicklung, die auch beim Breitbandanschluss der Schulen federführend ist, als beim Schulverwaltungsamt angegliedert werden sollte. Die Strukturen bei der WEG sind deutlich flexibler, mehr IT- und serviceorientiert aufgebaut als die, die bei städtischen Ämtern der Verwaltung vorzufinden sind. Auch ist zu überlegen, ob ein städtisches IT-Kompetenzzentrum nicht gemeinsam mit benachbarten Städten betrieben werden kann. Um so größer das IT-Kompetenzzentrum und um so mehr Schulen betreut werden, desto mehr kompetente Mitarbeiter können umso flexibler eingesetzt werden. Der Service wird besser, während die Kosten sinken.

Der Medienentwicklungsplan sollte also zügig durch ein städtisches IT-Kompetenzzentrum erweitert werden.