10 Jun

Akteneinsicht Musikforum zeigt, zentrale Dienste können kein Projektmanagement

Statt ursprünglich geplanten 2,4 Mio. betragen die Baukosten für das Musikforum für die Stadt am Ende voraussichtlich rund 10 Mio. (städtische Gesamtkosten bisher: 16,9 Mio.). Statt Ende Juni 2015 erfolgte die Eröffnung erst Ende September 2015, 16 Monate später als geplant. Grund genug die Ursachen zu erforschen. Entsprechend hatte dieFraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ Akteneinsicht in die Bauakten des Bauprojektes beantragt. Das Ergebnis ist verheerend.

Kein Projektmanagement und keine politische Kontrolle

Die Akteneinsicht zeigte, bei dem Bau des Prestigeprojektes gab es nicht ansatzweise ein funktionierendes Projektmanagement. Verwaltung, Bauleitung und Baufirmen führten lediglich immer wiederkehrende Bau- bzw. Bauleitergespräche, bei denen der aktuelle Stand besprochen wurde und freihändig Maßnahmen zur Fortführung der laufenden Gewerke vereinbart wurden.

Gegenüber dem Stadtrat erklärte die Verwaltung über den Projektfortschritt des Musikforums würde der Projektsteurer, das Ingenieurbüro Convis, regelmäßig Berichte erstellen (Mitteilung 20161117). Dies ist tatsächlich nie der Fall gewesen. Die im Rahmen der Akteneinsicht ausdrücklich angeforderten Berichte konnten zur Akteneinsicht nicht vorgelegt werden. Es gibt sie nicht.

Politischer Lenkungskreis und Beirat, die das Bauprojekt begleiten und die Projektsteuerung kontrollieren sollten, tagten nur bis Ende April 2015. Als das Projekt endgültig aus dem Ruder lief, stahl sich die Politik aus der Verantwortung, in dem sie keine weitere Kontrolle der Projektsteuerung mehr wahrnahm. An der Vergabe der teuren Beschleunigungsmaßnahmen für das Projekt, waren die beiden Gremien entsprechend nicht mehr beteiligt. Offenbar in gegenseitigem Einvernehmen trafen die zentralen Dienste alle Entscheidungen in eigener Verantwortung. Damit die Politik, ihre Hände in Unschuld waschen und über die Kostenexplosionen überrascht tun konnte, gab sie die politische Kontrolle der Projektsteuerung auf.

Bei der Akteneinsicht konnten die zentralen Dienste keine Unterlagen vorlegen, die eine geordnete und geplante Vergabe von Nachträgen und Beschleunigungsmaßnahmen erkennen ließen. Baumaßnahmen für am Ende in Summe mehrere Millionen Euro wurden offenbar ad hoc und spontan genehmigt bzw. vergeben.

Darüber hinaus hatte der für die Fraktion Einsichtnehmende an die mit der Akteneinsicht betraute Mitarbeiterin der zentralen Dienste, die mit dem Bauprojekt in keinster Weise vertraut war, eine Reihe von Fragen zu Protokoll hinsicht fehlender Unterlagen gegeben. Diese wurden bis heute nicht beantwortet. Die angefragten Unterlagen gibt es offenbar ebenfalls nicht.

Im Ergebnis ließen die im Rahmen der Akteneinsicht vorgelegten Unterlagen erkennen, dass es beim Bauvorhaben Musikforum kein Projektmanagement gab, das diesen Namen verdient hätte. Eine funktionierende politische Kontrolle der Projektsteuerung fehlte ebenfalls bzw. war unmöglich.

Fehlende Voraussetungen für ein funktionierendes Projektmanagement

Weder gab es ein geordnetes Berichtwesen noch wurde ein Projekthandbuch geführt, um eine ausreichende Information der politischen Lenkungsgremien zu ermöglichen. Es wurden keine modernen Projektmanagementmethoden (Analyse- und Darstellungstechniken u.a.) angewandt. Es fehlte bereits an einem Kernteam, dessen Aufgabe das Projektmanagement hätte sein sollen.

Um ein Projekt in der Größenordnung wie des Musikforums steuern zu können hätte es zunächst einer systematischen Erfassung der umfassenden Controllingdaten bedurft. Schon die geordnete Erfassung der entsprechenden Daten unterblieb in wesentlichen Teilen, stattdessen wurden lediglich umfangreiche Gesprächsprotokolle verfasst. Aus den gewonnenen Controllingdaten hätte die Projektleitung sogenannte Soll/Ist-Vergleiche (insbesondere hinsichtlich Terminen und Kosten), durchführen sollen, um auf deren Basis die notwendigen Steuerungsmaßnahmen zu ergeifen. Auch dies geschah allenfalls ansatzweise und ungeplant.

Aufgrund der unsystematischen Vorgehensweise war darüber hinaus keine Abnahme von Projektteilergebnissen möglich. Die Erreichung von bestimmten Teilergebnissen zu bestimmten Zeitpunkten wurde weder vereinbart, noch wurde geprüft, ob diese erfüllt wurden. Dementsprechend konnten diese nicht als Basis für nachfolgende Prozesse verwendet werden.

Weiterhin wurde keine fortschreitende Risikoanalyse durchgeführt, um den Projekterfolg gefährdende Faktoren (hinsichtlich Leistung, Kosten und Termine) zu erkennen und deren Entwicklung während des Bauablaufs verfolgen zu können, um bei ungewünschten Planabweichungen gegebenenfalls erforderliche Gegenmaßnahmen frühzeitig einleiten zu können.

Zwei von drei Zielen verfehlt: Zu spät, zu teuer, aber fertig

Aufgrund des fehlenden Projektmanagements, verfehlten die zentralen Dienste zwei von drei Zielen klar. Lediglich das Projektziel konnte eingehalten werden. Am Ende des Projekts stand 16 Monate später als geplant das fertige Musikforum. Jedoch wurde weder der Eröffnungstermin annähernd eingehalten noch das Kostenziel. Ohne ein funktionierendes Projektmanagement war das bei einem komplexen Bauprojekt wie dem Musikforum unmöglich.

Es ist verwunderlich, warum die Bochumer Verwaltung, insbesondere die Zentralen Dienste, bisher nicht Willens bzw. in der Lage sind Projekte mittels eines systematischen Projektmanagements zu steuern, obwohl es hierzu klare Vorgaben gibt, wie sie zum Beispiel in der DIN 69901 (Grundlagen, Prozesse, Prozessmodell, Methoden, Daten, Datenmodell und Begriffe im Projektmanagement) oder im Praxisleitfaden Projektmanagement für die öffentliche Verwaltung, der Bundesregierung detailliert nieder gelegt sind.

Neuorganisation der Projektsteuerung und des Controllings bei städtischen Investitionsvorhaben dringend erforderlich

Die fehlende Effizienz bei der Projektsteuerung kostet die Stadt jedes Jahr zwischen 10 und 20 Mio. Euro. In der letzten Ratssitzung hat die Fraktion FDP & Die STADTGESTALTER“ daher weitreichende Vorschläge zur Neuorganisation der Projektsteuerung und des Controllings städtischer Investitionsvorhaben gemacht (Antrag 20171152). Grundsätzlich sahen alle Fraktionen hier Handlungsbedarf, so dass verabredet wurde über die erforderliche Neuorganisation im Ausschuss für Beteiligung und Controlling die erforderlichen Maßnahmen weiter zu diskutieren.

Die Fraktion FDP & Die STADTGESTALTER“ wird weiter darauf drängen, dass die Stadt schnellst möglich ein Projektmanagement einführt, dass sicherstellt, dass zukünftige städtische Bauprojekte, die gesteckten Zeit- und Kostenrahmen zumindest annähernd einhalten.

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