Grüne bleiben in Bochum Autopartei
Bei der Überplanung der Königsallee sollen sich die Fußgänger*innen auf einem wesentlichen Teilstück den Gehweg weiter mit den Radfahrer*innen teilen. Anders als in anderen Städten, stimmen die Grünen in Bochum solchen Planungen zu. Denn für einen sicheren Radweg hätten 24 Parkplätze entfallen müssen.
Wenn es in Bochum bei Radverkehrsprojekten darum geht, soll der Autoverkehr zugunsten des Rad- oder Fußgänger*innenverkehrs auch nur ein bisschen Federn lassen, entscheiden die Grünen in Bochum für den Autoverkehr. Selbst der Erhalt von Parkplätzen hat seit jeher immer wieder Vorrang vor der Anlage sicherer Rad- und Gehwege. Aus diesen Gründen hatten sich die Grünen zuletzt auch vehement gegen die Verkehrsberuhigung des August-Bebel-Platzes ausgesprochen.
Ernsthaft haben sich die Grünen in Bochum noch nie für den Radverkehr interessiert. Seit über 20 Jahren bilden sie zusammen mit der SPD die Mehrheit im Stadtrat. Doch von dem bereits in den 90er Jahren vom Stadtrat verabschiedeten Radverkehrskonzept wurden in über 20 Jahren nicht mal alle damals als dringlich eingestuften Maßnahmen umgesetzt (20 Jahre Radverkehrskonzept, kaum Zählbares passiert).
Grüne werfen Grundsatz zur baulichen Trennung von Geh- und Radwegen über Bord
Dass sich ihre Einstellung zum Thema Radverkehr geändert habe, geben die Grünen aller 5 Jahre zum Besten, immer in Wahlkampfzeiten und anschießend im Koalitionsvertrag. Kaum ist die Wahl gelaufen, interessieren die guten Vorsätze allerdings nicht mehr, so auch diesmal:
Bei den Positionen zur Wahl 2020 hieß es im Wahlprogramm der Bochumer Grünen unter Punkt 1. noch klipp und klar: „Abschaffung gemeinsamer Fuß- und Radwege.„
Dazu hatte Rot-Grün noch im November im Koalitionsvertrag festgelegt:
„Grundsätzlich ist eine klare Trennung von Geh- und Radwegen bei Neuanlagen und auch in Grünanlagen (Grummer Teiche, Hofsteder Bach etc.) vorzusehen. Die besonderen Anforderungen an die Sicherheit von Zufußgehenden und Radfahrer*innen sind grundsätzlich besonders zu beachten.“ Auszug Koalitionsvertrag Rot-Grün November 2020
Kaum geht es um das erste größere Radverkehrsprojekt in der neuen Wahlperiode, schon werfen die Grünen ihre Positionen und „Grundsätze“ über Bord. Auf 400 Meter stadtauswärts sollen sich die Zufußgehenden wieder einmal den Gehweg mit den Radfahrenden teilen, denn die Grünen sind nicht bereit, die Fahrspuren für das Auto zu verschmälern und auf 24 Parkplätze zu verzichten.
Dabei wissen auch die Grünen, ein kombinierter Radweg widerspricht den Empfehlungen für den Bau von Radverkehrsanlagen (ERA), denn er ist weder für Radfahrer*innen noch für Fußgänger*innen sicher, schon gar nicht komfortabel. Fußgänger*innen müssen ständig auf Radfahrer*innen in ihrem Rücken achten. Die Radfahrenden wiederum müssen die Fußgänger*innen “wegklingeln”, um sich einen Weg zu bahnen. Radfahrende können kaum mehr als Schritttempo fahren. Eine der wichtigsten Achsen des zukünftigen Radverkehrsnetzes wird mit Zustimmung der Grünen über 400 Meter zu einer Langsamfahrstrecke umgebaut. Ein attraktives Radverkehrsnetz schaffen geht anders.
Selbst alternative Vorschläge prüfen zu lassen lehnten die Grünen kategorisch ab (Gemeinsamer Geh- und Radweg an der Königsallee muss nicht sein). Radverkehr wird von den Bochumer Grünen nur da unterstützt, wo er keine spürbare Einschränkung für den Autoverkehr bedeutet.
Neue Radwege an der Königsallee bleiben Stückwerk
Daher wird der jetzt beschlossene Bauabschnitt über Jahre Stückwerk bleiben. Denn nur zwischen Arnika- und Wohlfahrstraße soll es an der Königsallee neue Radwege geben bzw. sollen die Radfahrer neu über den Gehweg geführt werden. Danach und davor ist auch für die nächsten Jahre keine Überplanung der aktuell für Radfahrer*innen unzumutbaren Verkehrsführung geplant. „Erst soll der neu gebaute Abschnitt validiert werden.“, so lautet die Ausrede für die weitere Untätigkeit. Der wahre Grund, wollte man auf weiteren Abschnitten der Königsallee Radverkehrsanlagen anlegen, die den Empfehlungen für die Anlage von Radverkehrsanlagen (ERA) entsprächen, müsste man dafür Flächen nutzen, die heute vom Autoverkehr beansprucht werden, u.a. müssten Stellplätze entfallen. Für die Bochumer Grünen undenkbar.
Wieder zeigt sich, Mobilitätswende und Klimaschutz sind für die Bochumer Grünen nicht mehr als leere Worthülsen, ernsthaft verfolgt werden beide Ziele in Bochum nicht. Wie das Beispiel Königsallee bestätigt, hat sich daran auch nach der Wahl 2020 nichts geändert. Wenn es um wirklich substanzielle Maßnahmen für den Radverkehr geht, dann ist mit den Bochumer Grünen nicht zu rechnen,
Auch bei der Führung des Radschnellwegs durch die Innenstadt, werden die Grünen vorrangig die Interessen des Autoverkehrs verteidigen
Das nächste große Thema beim Bochumer Radverkehr ist die Führung des Radschnellwegs (RS1) durch die Innenstadt. Auch da wäre es sehr verwunderlich, wenn sich die Bochumer Grünen für eine Trassenführung direkt durch die Innenstadt aussprechen würden. Es wird wohl auf eine Trasse hinauslaufen, bei der der Radverkehr, um den Autoverkehr nicht zu behindern, weiträumig um die Innenstadt herumgeführt wird. Denn eine Lösung, die zur Folge hätte, dass der Autoverkehr in der Innenstadt zugunsten des Radverkehrs auch nur minimal eingeschränkt werden müsste, ist für die Bochumer Grünen keine Option.
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