Bochumer Markthalle
Die Idee in der Bochumer Innenstadt eine Markthalle zu bauen, gibt es schon länger. Sie steht auch in den Wahlprogrammen von SPD, CDU und STADTGESTALTERN. Erstmals in die Diskussion gebracht wurde die Idee mit einigen anderen im Rahmen eines Beitrags zur zukünftigen Entwicklung des Telekom- und Justizgeländes (lokalkompass vom 26.08.12).
Der in dem Beitrag vorgeschlagene Standort ist auch heute noch ideal. Wenige Schritte vom Rathausvorplatz, auf dem auch heute schon der Wochenmarkt stattfindet, da wo sich heute der Innenhof des Telekomblocks befindet.
Markthallen werden als Motor der Stadtentwicklung angesehen. In Rotterdam und Kopenhagen wurden gerade neue Hallen errichtet, in Pau wir die Markthalle vollständig neu gestaltet. In Südeuropa, aber auch in Frankreich und Ungarn, sind Markthallen selbst in kleineren Städten häufig eine Selbstverständlichkeit. In Großstädten wie Rom oder Barcelona haben auch viele Stadtviertel ihre eigene Halle.
In Bochum hat man nach dem Krieg den städtischen Markt hinter den Bahnhof verbannt, den alten Marktplatz eingeebnet (heutiger Kuhirtenplatz) und damit die Markttradition der Stadt fast ausgelöscht. Enstprechend ist der Wochenmarkt in Bochum heute so groß wie der einer 10-20.000 Einwohnerstadt. In größenmäßig mit Bochum vergleichbaren Städten sind Wochenmärkte regelmäßig um ein Vielfaches größer. Die Einrichtung des Marktes auf dem Rathausvorplatz hat zumindest dort wieder zu einem langsam Aufschwung geführt. Der Platz wird zunehmend zu klein für den Markt. Allerdings sind die Straßen um den Platz für die Besucher eine Zumutung und schmälern das Potenzial des Marktes deutlich.
Eine weitere Erfolgsgeschichte ist der Moltkemarkt, der Freitag Nachmittag und Abend die Menschen zum Springerplatz lockt. Auch in Bochum sind Märkte also durchaus beliebt. Städte mit hoher Lebens- und Aufenthaltsqualität zeichnen sich durch funktionierende Märkte in den Stadtvierteln und den Innenstädten aus. Diese locken insbesondere diejenigen Menschen in die Stadtteilzentren und Stadtzentren, die fußläufig entfernt wohnen und zu Fuß oder mit dem Rad ihre Einkäufe erledigen. Das Schlendern über den Markt, bedeutet für viele Menschen eine besondere Lebensqualität. Auf dem Markt oder in der Markthalle trifft man Nachbarn, trifft sich auf einen Kaffee oder Tee oder freut sich an den vielen farbenfrohen Auslagen. Eingefleischte Marktbesucher haben einen besonderen Bezug zu ihren Markthändlern, die sie immer wieder aufsuchen. Ein lebendiger Markt oder eine Markthalle bindet die Stadtbewohner an die Innenstadt bzw. ihr Stadtviertel.
Ein Einkaufszentrum wie das für Telekom- und Justizgelände vorgeschlagene hat jede Stadt im Ruhrgebiet, eine moderne Markthalle keine einzige. Die Markthalle tritt so gut wie gar nicht in Konkurrenz zu bestehenden Geschäften in der Innenstadt. Sie bringt neue, zusätzliche Angebote und Einzelhändler in die Stadt, die es dort bisher noch nicht gibt. In einer funktionierenden Markthalle werden sehr gute Umsätze erzielt, in der Markthalle von Kopenhagen 30.000 Euro/qm pro Jahr (Lebensmittelzeitung 04.09.14). Im Umfeld der Halle können sich zudem Gastronomie und weitere passende Geschäfte ansiedeln.
Städte konkurrieren heutzutage nicht mehr mit den breitesten Straßen, der größeren Zahl an Parkplätzen oder dem billigeren Land um Kapital und Köpfe, “sondern mit Lebensqualität. Investoren, Unternehmen, Großereignisse und Menschen im Allgemeinen zieht es in unserer globalisierten, transparenten Welt tendenziell in die lebenswerteren Städte.“, so Jan Gehl, der als einer einflussreichsten Stadtplaner der Welt bezeichnet wird (brand eins 12/2014). Mit einer Markthalle setzen wir ein sichtbares Zeichen für mehr Lebensqualität in Bochum.
Menschen kommen nicht in die Innenstädte um günstige Schnäppchen zu machen. In dieser Hinsicht können sie mit dem Online-Handel und den Einkaufszentren auf der grünen Wiese nicht konkurrieren. In Städten jedoch, die ein besonderes Flair haben, ist der Einkauf ein besonderes Erlebnis. Zum Erlebnis werden Innenstädte durch besondere Angebote wie einer Markthalle oder der aktuell diskutierten Seilbahn.
Der hier dargestellte Vorschlag sieht ein Zeltdach nach dem Vorbild der Münchner Olympia-Schwimmhalle vor. Das macht die Markthalle auch zu einem städtebaulichen Anziehungspunkt. Die Bebauung öffnet sich zum Rathausplatz, der nur noch von Bussen und Radfahrern überfahren werden sollte. Dort kann zwischen Halle und Rathaus weiterhin der Wochenmarkt stattfinden, dann aber auf deutlich mehr Platz.
Die an die Markthalle angrenzende Bebauung könnte auch Volkshochschule (VHS) und Stadtbücherei aufnehmen, wenn diese aus dem schwer sanierungsbedürftigen BVZ-Gebäude hinter dem Rathaus weichen müssen.
Der Schlegelturm bleibt als Landmarke erhalten und steht zukünftig frei auf dem Platz. Rund um den Turm bieten sich ideale Flächen für Außengastronomien an.
Von der Markthalle kommt man nach Süden zu der sich anschließenden Neubebauung des Justizgeländes, nach Osten über einen großzügigen Durchgang auf die Viktoriastraße.
Die vorgeschlagene Planung der STADTGESTALTER ist als Anregung zu verstehen. Sie soll beispielhaft zeigen, was möglich ist. Wenn die Bürger und eine Mehrheit in der Politik, sich eine Markthalle in der Innenstadt vorstellen können, dann ist es Zeit, das Vorhaben anzugehen. Insbesondere ist zu überlegen, ob man dafür den Platz des jetzigen Telekom-Blocks nutzen will, ehe er mit einem gesichtslosen Einkaufszentrum zugebaut wird. Auch müsste ein Investor gefunden werden, der bereit ist, das Vorhaben umzusetzen.
Eine Überlegung wert wäre auch, ob es z.B. in Wattenscheid ein Potenzial für eine dann kleinere Markthalle geben könnte.
Bildnachweis: Daria Scagliola und Stijn Brakkee
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