Innenstädte sollen neue Spielplätze erhalten
Bekommt Bochum eine dicke Schlagzeile, dann leider häufig nicht, weil sich die Stadt als besonders attraktiv, lebenswert und familienfreundlich auszeichnet. So berichtete das Boulevardblatt Bild zuletzt über die Absicht der Stadt bis zu 80 Spielplätze aufzugeben (BILD vom 09. und 14.02.16). Und schon sahen viele Leser ihre negativen Vorurteile über eine nachlassende Lebensqualität in Bochum, Wattenscheid und dem Ruhrgebiet bestätigt.
Die BILD-Schlagzeile vermittelt den Eindruck, als überaltere die Stadt so schnell, dass es bald nur noch alte Menschen und kaum mehr Kinder gäbe. Eine Stadt ohne Kinder und Zukunft, die sich darauf einrichtet, dass sie ausstirbt.
Gibt es in der Stadt tatsächlich so wenige Kinder und Jugendliche, dass Bochum mangels Bedarf von 219 Spielplätzen bis zu 80 abbauen sollte?
2012 bereits verpflichtete sich die Stadt um dem Nothaushalt zu entkommen gegenüber der Bezirksregierung, ein Rückbaukonzept für Spielflächen zu erarbeiten. Auf diese Weise sollten bei den Pflegekosten pro komplett abgebautem Spielplatz durchschnittlich ca. 1.700 Euro pro Jahr eingespart werden (Mitteilung vom 19.04.12). 19 Plätze wurden auf dieser Grundlage bereits bis 2015 aufgegeben, jetzt sollten bis zu 80 weitere folgen. Bei der Aufgabe von 80 Plätzen ließen sich so bis zu 136.000 pro Jahr sparen. Dazu fallen keine Kosten mehr für die Instandhaltung und den Ersatz von maroden Spielgeräten an.
Der Vorschlag für das Rückbaukonzept war somit Folge der akuten finanziellen Notlage, in die Rot-Grün die Stadt 2012 manövriert hatte.
Es gibt in Bochum und Wattenscheid natürlich auch Spielflächen, die aufgegeben werden können, weil sie kaum mehr genutzt werden und zunehmend verwahrlosen. Auf der anderen Seite jedoch steht die Entwicklung, dass der Stadt immer mehr Familien fehlen, weil viele Wohnviertel wenig familienfreundlich und attraktiv sind. Zu laut, zu viel Verkehr auf den Straßen, keine sicheren Schulwege, sanierungsbedürftige, schlecht ausgestattete Schulen, sterbende Stadtteilzentren und kaum anziehende Kinderspielflächen, entsprechend wollen Familien dort nicht wohnen.
Hier besteht somit dringender Handlungsbedarf. Es reicht nicht sich als familienfreundliche Kommune zertifizieren zu lassen und gleichzeitig kein schlüssiges Konzept zu verfolgen, wie die Stadt familienfreundlich werden soll.
Zu einem solchen Konzept würde ein Spielflächenentwicklungskonzept gehören, das für jedes Wohnviertel mindestens einen gut erreichbaren und hochwertig ausgestatteten Kinderspiel- und Bolzplatz vorsieht. Einige Spielplätze müssen aufgewertet und attraktiver gemacht werden, in benachteiligten Vierteln sollten zusätzliche Spielflächen eingerichtet werden, um sie für Familien interessanter zu machen. Dann überflüssige Spielfächen können aufgegeben werden. Auf diese Weise werden sich allerdings nicht 136.000 Euro pro Jahr sparen lassen. Wenn aber mehr Familien in Bochum und Wattenscheid bleiben oder herziehen, steigen die Steuereinnahmen und die Zuweisungen des Landes, so dass sich die Investition in gut ausgestattete Spielflächen langfristig rechnen sollte.
Damit mehr Familien in Bochum und Wattenscheid bleiben oder herziehen, reicht es jedoch nicht nur die Spielflächen aufzuwerten. Dies kann nur eine von vielen Maßnahmen sein um die Stadt familienfreundlicher zu machen. Allein ein Rückbaukonzept für Spielflächen zu verfolgen war aber in jedem Fall kurzsichtig und unüberlegt. Das hat auch der OB Eiskirch (SPD) mittlerweile eingesehen. Nach der Berichterstattung hat er umgehend das Konzept persönlich auf Eis gelegt. Der Druck wurde zu groß. Jetzt muss die Verwaltung das Rückbaukonzept aufgeben und durch ein Spielflächenentwicklungskonzept ersetzen.
Spielflächen fehlen auch in den Innenstädten von Bochum und Wattenscheid. Im Rahmen des Sanierungsprogrammes in Wattenscheid, könnte man z.B. den August-Bebelplatz mit einem innenstadtnahen Spiel- und Bolzplatz aufwerten (siehe Idee der STADGESTALTER 04.06.15).
Die Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ schlägt für die Ratssitzung am 18.02. vor, dass die Verwaltung ein Konzept für eine familienfreundlichere Gestaltung der Haupteinkaufsbereiche in Bochum und Wattenscheid entwickelt (BOJournal vom 11.02.16). Die Innenstädte sollen insbesondere durch zeitgemäße und interaktive Spielplätze in den Fußgängerzonen sowie ausreichende Stadtmöbel als Sitzplatzangebot für Familien und Senioren bereichert werden.
Der Ruhrpark zeigt, dass solche Bereiche in modernen Einkaufszentren längst zum Standard gehören. Selbstverständlich umfasst der 150 Mio.-Umbau des Ruhrparks auch die Einrichtung einer „Activity-Area“ für Kinder und Jugendliche direkt am Haupteingang sowie die Einrichtung von zwei Kinderbereichen in den Fußgängerzonen. Dagegen erscheinen die wenigen in der Bochumer Innenstadt aufgestellten Spielgeräte völlig unzulänglich.
Dabei bietet die Bochumer Innenstadt z.B. neben dem neu zu gestaltenden Husemannplatz am Kuhirtenplatz einen idealen Platz, um dort einen Spielbereich zu schaffen, der nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für jung gebliebene Erwachsene zum Anziehungspunkt werden könnte.
So könnte der Kuhirtenplatz zum Beispiel wie folgt aufgewertet werden (siehe Plan):
- Eine Rutsche vom Boulevard die Treppen hinunter auf den Kuhirtenplatz.
- Ein Spieltrampolin neben dem schon Platz vorhandenen Fluss, der sich schon heute bei Kindern großer Beliebtheit erfreut.
- Eine mit Mosaikfliesen belegte Spielfigur, wie der bei den Kindern sehr beliebte Spieldrache auf dem Apollonia-Pfau-Park (Bericht der Bochumschau).
- Stadtschaukeln auf dem Boulevard, wie jene in Montreal, die dort nicht nur Kinder begeistern (Die 21 Schaukeln von Montreal).
Zur Finanzierung eines solchen Spielbereiches ist zu prüfen, ob eine Beteiligung aus dem ortsnahen Parkgebührenaufkommen und eine freiwillige finanzielle Beteiligung durch die Kaufleute sowie Werbegemeinschaften zur Realisierung möglich sind. Die Stadtschaukeln könnten auch über Werbeflächen von Sponsoren finanziert werden.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Einzelhändler zeigen, dass sie sich aktiv für eine familienfreundlichere Gestaltung der Innenstadt einsetzen wollen. Bisher passiert da zu viel wenig, man ordnet sich den Vorstellungen der Stadt unter, statt selbst eigene Vorschläge einzubringen.
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