11 Sep

NRW verweigert Bochum Millionen – Stadt bleibt trotzdem untätig

Eigentlich ganz einfach: Das Land verpflichtet die Stadt eine Aufgabe zu übernehmen, so hat es im Gegenzug die Pflicht der Gemeinde auch das Geld zu geben, mit dem diese die Aufgabe finanzieren kann. Oder noch einfacher anhand eines Beispiels: Sagt das Land der Stadt, bitte sorge für mehr Kita-Plätze, dann muss das Land für die Kosten aufkommen, die der Stadt entstehen, um die Kita-Plätze zu schaffen.

konnex

Das ganze hat allerdings einen sperrigen Namen: Konnexitäts-Prinzip. Es wurde 2004 in der Verfassung des Landes festgeschrieben (Art. 78 (3)) . Aber auch davor schon hat das Landesverfassungsgericht Gesetze des Landes für verfassungswidrig erklärt, die eine ausreichende Finanzierung von kommunalen Aufgaben nicht vorsahen. 2010 beispielsweise wurde die Kostenbeteiligung des Landes bei der Betreuung der unter 3-jährigen Kinder für nicht ausreichend erachtet. Die Städte sollten diese zusätzliche Aufgabe zwar übernehmen, wurden dafür vom Land aber nicht angemessen finanziell ausgestattet.

Aktuell wird das Konnexitäts-Prinzip insbesondere verletzt bei der Inklusion, die die Städte in den Schulen umsetzen sollen und bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Hier trägt das Land von bis zu 20 Mio. Kosten nur 6 Mio.. Auf dem Rest bleibt die Stadt bisher sitzen (WAZ vom 06.08.15). Bei einer Stadt, die finanziell ruiniert ist und deren Sozialausgaben jedes Jahr um 25(!) Mio. Euro steigen, ein völlig untragbarer Zustand.

Das Problem besteht besonders in NRW. Während Baden-Württemberg den Städten und Gemeinden 13.260 Euro pro Flüchtling im Jahr zuweist, sind es in NRW nur 4.144 Euro (Stuttgarter Zeitung vom 23.04.15). Die Rot-Grüne Landesregierung lässt die Städte im Stich. Das beklagen zwar auch die Lokalpolitiker immer wieder langatmig, aber ernsthaft einfordern wollen sie die fehlenden Gelder bei den Parteifreunden wohl nicht:

Die Fraktion FDP & Die STADTGESTALTER hatte in der letzten Ratssitzung beantragt (Antrag), dass Bochum sich der Klage von 52 Kommunen gegen das Land anschließt, die sich gegen die Verletzung des Konnexitäts-Prinzips bei der Inklusion wendet. Alle stimmten dem Antrag zu, nur SPD und Grüne nicht, gegen die Parteifreunde im Land klagen, das wollte man dann wohl doch nicht.

In ihrer Haushaltsrede hatte die Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) zuvor noch die Verletzung des Konnexitäts-Prinzips wortreich beklagt und auch der grüne Kämmerer führte die Verletzung als wesentlichen Grund für die finanzielle Schieflage der Stadt an. Aber klagen wolle man nicht, die Einhaltung des Konnexitäts-Prinzips müsse politisch erreicht werden.

Genau das versucht man schon seit über 10 Jahren, leider vergeblich. Auch bei der U3-Betreuung konnte die Herstellung der Konnexität schließlich nur gerichtlich erzwungen werden.

Nichtmal rechtlich prüfen lassen will Rot-Grün, welche Klagemöglichkeiten ggf. bestehen. Auch dieser Punkt des Antrags der Fraktion FDP & Die STADTGESTALTER wurde gegen die Stimmen der gesamten Opposition von SPD und Grünen abgelehnt. Das zeigt, wirklich ernsthaft sind die Bemühungen von SPD und Grünen z.B. die 14 Mio. bei der Unterbringung der Flüchtlinge beim Land einzufordern offenbar nicht. Sonst würde man das Druckmittel der Klage nicht schon vorher aus der Hand geben und wäre zumindest bereit die rechtlichen Möglichkeiten ernsthaft prüfen zu lassen. Dass bei diesem Vorgehen das Land tatsächlich irgendwann alle Kosten der Stadt freiwillig decken wird, dürfte ein frommer Wunsch bleiben.

Der Oberbürgermeister-Kandidat der SPD Thomas Eiskirch ist sogar der Ansicht, nur wenn das Land NRW (was er nicht glaube) wieder in ein Muster von vor 2010 bzgl. der Konnexität zurückfalle, gäbe es einen Grund sich die Konnexitätskosten auch auf dem Rechtswege zu sichern (Antwort per Mail auf eine Anfrage von E. Hoffmann). Selbst Bemühungen politisch die Konnexität einzufordern sind also von seiner Seite nicht festzustellen. So hatte er am 10.09.15 die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ans KAP zu einer Diskussion aufs Rote Sofa der Impulsbühne eingeladen. Doch diejenigen, die erwartet hatten, dass Eiskirch dort vehement einfordert, dass das Land endlich die Kosten für die öffentlichen Aufgaben deckt, zu deren Übernahme und Durchführung es die Stadt verpflichtet hat, sah sich enttäuscht.

Weder der OB-Kandidat der SPD noch die roten und grünen Ratsfraktionen sind aufrichtig bemüht, die fehlenden Millionen aus Düsseldorf auch wirklich einzufordern, weder rechtlich noch politisch. So entstehen der Stadt jedes Jahr weiterhin Millionen ungedeckte Kosten, die diese an anderer Stelle einsparen oder für die sie neue Schulden aufnehmen muss.

Dass ewige Beklagen der Rot-Grünen-Lokalpolitik der Verletzungen des Konnexitäts-Prinzips durch das Land, die angeblich die massive Schieflage des städtischen Haushaltes im Wesentlichen verursachen haben sollen, ist wenig glaubwürdig, solange man bewusst untätig bleibt und nicht bereit ist jede mögliche Maßnahme zu ergreifen, die fehlenden Beträge vom Land auch zu erlangen.

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