Wie und wo sollen die Flüchtlinge in Bochum untergebracht werden?
Am letzten Mittwoch beschloss der Rat, dass bis zu 450 Flüchtlinge in Containergebäuden auf dem ehemaligen Gelände des Nordbades am Rosenberg untergebracht werden. Weitere bis zu 350 Flüchtlinge sollen an einem weiteren Standort in der Stadt ebenfalls in Containergebäuden untergebracht werden. Überlegungen dazu werden von der Verwaltung vor der Politik bisher geheim gehalten
Der ursprüngliche Plan der Verwaltung bis 800 Flüchtlinge an dem Standort Nordbad unterzubringen, fand im Rat zwar keine Mehrheit, denn auch Grüne und SPD wollten ihn so nicht mittragen, doch einen vorausschauenden Gesamtplan, wie die 150 Flüchtlinge untergebracht werden sollen, die Bochum und Wattenscheid jede Woche erreichen, gibt es auch weiterhin nicht.
Politik und Verwaltung vermitteln den Eindruck, als fehle es an jedem strategischen Herangehen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise
Auch bei der SPD werden die Stimmen lauter, die die bisherige Handlungsweise der Verwaltung kritisch sehen: „Wir haben den Eindruck vermittelt, als fehle es uns an jedem strategischen Herangehen bei der Bewältigung der Aufgabe, als würden wir bei jeder Einzelentscheidung Opfer der selbst geschaffenen Zwangslage.“, erklärte Susanne Mantesberg-Wieschemann, Ratsmitglied und integrationspolitische Sprecherin der SPD Fraktion in der letzten Ratssitzung (Rede vom 27.01.16). Sie forderte: Wir benötigen „ein strukturiertes Konzept der Integration vom ersten Tag der Ankunft in der Einrichtung“. Ein solches Konzept könne sie für die geplante Einrichtung am Rosenberg nicht erkennen.
Frau Mantesberg-Wieschemanns Rede nahm der Rat wohlwollend zur Kenntnis, genauso wie den in gleiche Richtung gehenden Antrag der Fraktion „FDP & und die STADTGESTALTER. Verwunderlich, trotz der zutreffenden Analyse von Mantesberg-Wieschemann legte die Rot-Grüne-Koalition dann doch keinen Antrag vor, der dem Stadtdirektor Townsend (SPD) und der Sozialdezernentin Anger (Grüne) aufträgt, endlich einen Gesamtplan zu entwickeln, der geeignet ist, dass die Verwaltung zukünftig vorausschauend und nachhaltig mit den Herausforderungen, die sich auch der Flüchtlingskrise ergeben, umgehen kann. Stattdessen stellte die Koalition lediglich einen nichtssagenden Alibiantrag. Auf mehr konnten sich SPD und Grüne offenbar nicht einigen. Die Forderung der STADTGESTALTER nach einem umfassenden und vorausschauenden Gesamtplan blieb damit unerfüllt.
Die Aufgabe, die bisherige, unkoordinierte Herangehensweise der Stadt zu beenden, besteht also weiter: In der letzten Sitzung beschloss Rot-Grün die Ausgabe von 12,6 Mio. für die Unterbringung von bis zu 800 Flüchtlingen. Der gesamte Betrag soll auf Pump finanziert werden. Wie die 12,6 Mio. zurückgezahlt werden sollen, dazu konnte die Verwaltung keine Pläne vorlegen.
Die Vorlage zur Unterbringung der Flüchtlinge wurde von der Verwaltung offensichtlich in überstürzter Hektik angefertigt, so lag sie dem Rat erst 48 Stunden vor der Sitzung vor. Der Vorlage fehlte die Anlage über die jährlichen Folgelasten der geplanten Unterbringung ebenso, wie die seit Wochen eingeforderten validen Zahlen zu den ankommenden und gehenden Flüchtlingen, auf denen die Planung beruhen soll. Auf einen Plan, wo die Flüchtlinge untergebracht werden sollen, wenn jetzt die Sport- und Turnhallen frei gezogen werden sollen, wartet der Rat ebenfalls seit Monaten vergeblich.
Die Politik muss Standards zur Flüchtlingsunterbringung vorgeben
Das Vorgehen zeigt, die Verwaltung ist mit den Aufgaben offensichtlich überfordert. Also wird es Zeit, dass die Politik tätig wird. Sie muss der Verwaltung die Eckpunkte für einen Gesamtplan vorgeben, den die Verwaltung künftig ohne Abstriche umzusetzen hat.
Hinsichtlich der Unterbringung der Flüchtlinge sollten dabei verbindliche Standards festgelegt werden:
– Unterbringung in Modulbauten, die eine Nachnutzung als Wohn- oder Gewerbegebäuden ermöglichen. Die bisherige Unterbringung, Leichtbauhallen oder Containermodulen, die nach 10 Jahren Nutzungsdauer keinen nennenswerten Wer mehr besitzen, ist nicht nachhaltig.
– Errichtung der Unterkünfte in Wohn- und Gewerbegebieten, die über eine relativ gute Anbindung an die städtischen Stadtviertel verfügen. Bestehende Ausnahmeregeln des Baurechts erlauben die Errichtung von Wohnunterkünften von Flüchtlingen auf Flächen in Wohn- und Gewerbegebieten, auch wenn dort bisher kein Baurecht besteht. Von diesen Ausnahmeregeln muss konsequent Gebrauch gemacht werden.
– Die Unterkünfte sollten nicht mehr als 100-250 Menschen an einem Standort aufnehmen, damit eine Integration der Flüchtlinge vor Ort möglich ist und die Flüchtlinge gleichmäßig auf die Stadtviertel verteilt werden können.
– Vorausschauende Planung und Errichtung von Unterkünften, so dass die Turn- und Sporthallen so schnell wie möglich frei gezogen werden können.
– Entwicklung eines strukturierten Konzeptes zur Betreuung und Integration, dass vom ersten Tag der Ankunft der Flüchtlinge in der Einrichtung greift.
Vorschlag für das künftige Vorgehen
Konkret wird Folgendes angeregt: Die Stadt schafft, wie von der VBW bereits vorgeschlagen, Modulbauten an (WAZ vom 23.08.15), die in nur 5 Monaten auf fertig erschlossenen Grundstücken errichtet werden können. Diese werden 2-stöckig errichtet, können maximal 120 Flüchtlinge beherbergen und können später zu Wohn- oder Gewerbegebäuden umgewandelt werden:
Nutzung als Flüchtlingsheim:
Nachnutzung für gewerbliche Zwecke, Büros:
Nachnutzung als dauerhafte Wohngebäude:
Zudem haben solche Modulbauten anders als die Containerunterkünfte eine Lebensdauer von mindestens 50 Jahren, wodurch sich die Kosten pro Jahr Nutzungsdauer für die Stadt langfristig auf ein Drittel senken lassen.
Zur Errichtung derartiger Unterkünfte schlägt die Verwaltung den politischen Gremien 20 Flächen vor, auf denen die Errichtung derartiger Gebäude innerhalb dieses Jahres möglich ist bzw. begonnen werden kann.
Weiterhin ermittelt die Verwaltung den Bedarf an Unterkünften, wenn die Stadt in diesem Jahr 150 Flüchtlinge jede Woche erreichen, 175 oder 200 und alle Sporthallen so schnell wie möglich frei gezogen werden.
Auf dieser Basis entscheidet der Rat noch vor Ostern, wie die Verwaltung weiter vorzugehen hat.