06 Nov

Dickebankstraße – Runder Tisch abgelehnt

Immer noch schwelt der Konflikt am Sportplatz Dickebankstraße. Immer noch fordern die Anwohner die Wiederherstellung des wirksamen Lärmschutzes zum benachbarten Sportplatz und dem Gewerbegebiet, die Großbäckerei Bereket will weiterhin ihre Brot-Produktion erweitern und der Sportverein SW 08 möchte gerne in Zukunft auf einem Kunstrasenplatz spielen.

KunstrasenplatzMan sollte meinen, der gordische Konten lässt sich lösen, wenn alle Beteiligten an einem Tisch zusammen kommen, miteinander reden und gemeinsam nach Lösungen suchen, die allen Interessen gerecht werden (Beitrag vom 06.12.14).

Doch obwohl die Anwohner und Bereket genau das wollten und die Fraktion „FDP und Die STADTGESTALTER“ daraufhin dem Ausschuss für Strukturentwicklung einen runden Tisch aller Beteiligten vorgeschlagen hatte (Antrag), weigerten sich Politik und Verwaltung im Ausschuss auf diesen Vorschlag einzugehen.

Zwar räumte der neue Oberbürgermeister Eiskirch in der Ausschusssitzung am Mittwoch ein, dass die Verwaltung in der Angelegenheit in der Vergangenheit falsch gehandelt habe und die mangelnde Kommunikation zu allen Seiten eine zweckmäßige Lösung verhindert habe, jetzt einen Versuch für einen runden Tisch zu wagen, um das Problem endlich zu lösen, traute er sich dennoch nicht. Die Begründung: Aktuell sei am Sportplatz Dickebankstraße Ruhe eingekehrt. Keine der Parteien wäre aktuell an einer Veränderung des Status Quo interessiert. Ein neuerlicher Versuch eine Lösung zu finden, die allen Interessen gerecht wird, wäre mit der Gefahr verbunden, dass die Konflikte wieder aufflammen würden.

Dies jedoch ist eine Fehleinschätzung der Lage, die leider auch durch Fehlinformationen der Verwaltung verursacht wird.

So teilt die Verwaltung dem Ausschuss auf Nachfrage der SPD mit (Mitteilung), die Anwohner hätten mit allen Mitteln versucht die Erweiterung der Bäckerei Bereket zu verhindern. Das stimmt aber nicht: Die Anwohner bestanden lediglich darauf, dass der auch von der Stadt vertraglich zugesicherte Lärmschutz sowohl von den angrenzenden Gewerbeunternehmen wie dem Sportplatz jetzt und auch bei einer Erweiterung eingehalten wird. Nachdem alle Bitten um Gespräche darüber, wie dies von der Stadt sicher gestellt werden soll, abgelehnt wurden, wandten die Anwohner sich an das Umweltamt in Hagen, das dann ihre Rechte erfolgreich durchsetzte (Beitrag vom 27.06.15). Gegen eine Erweiterung von Bereket aber bestehen von Seiten der Anwohner keine Bedenken, sofern die Stadt den wirksamen Lärmschutz zum benachbarten Sportplatz und zum Gewerbegebiet wiederherstellt. Der bestehende Lärmschutzwall hat leider schon lange nicht mehr die Höhe und Länge, wie vereinbart. Er ist zusammengesackt.

Ebenfalls teilt die Verwaltung mit, dass die Firma Bereket nicht mehr an einer Erweiterung interessiert sei. Auch das ist so nicht richtig. Nur unter den aktuellen Bedingungen lehnt die Firma Berekt eine Erweiterung ab. Einer Erweiterung am Standort Wattenscheid im Einvernehmen mit den Einwohnern verschließt sich das Unternehmen dagegen nicht. Auch zieht das Unternehmen eine Erweiterung an einem anderen Produktionsstandort, außerhalb von Bochum und Wattenscheid, weiterhin in Betracht.

Frei erfunden ist die Behauptung der Verwaltung in dem Konflikt zwischen Anwohnern und der Firma Bereket habe sie einen Kompromiss erreicht. Tatsächlich haben die Anwohner und Bereket von sich aus ohne Verwaltungsbeteiligung gegenseitig das Gespräch gesucht und das Lärmproblem aus der Welt geschafft. Die Bochumer Verwaltung hat dazu leider nichts positiv beigetragen.

Aufgrund des bisher unkommunikativen Verhaltens der Verwaltung ist sowohl das Verhältnis der Stadt zu den Anwohnern wie zu Bereket angespannt und die Vertrauensbasis in die Behörden der Stadt schwer beschädigt. Trotzdem waren sowohl die Anwohner wie die Firma Bereket auf Anregung der Fraktion „FDP und Die STADTGESTALTER“ gewillt sich an einem runden Tisch zu beteiligen. Dieser scheitert leider erneut an der Unwilligkeit von Politik und Verwaltung Probleme aktiv und vorausschauend zu lösen. Stattdessen will man auch diesmal erst tätig werden, sollte die Lage erneut eskalieren.

Einen Plan, wie die akuten Probleme der Beteiligten aus der Welt geschafft werden sollen, gibt es nicht.

Indes fordern die Anwohner weiterhin die Wiederherstellung des wirksamen Lärmschutzes zum benachbarten Sportplatz und dem Gewerbegebiet. Zudem sind sie, wie das Umweltamt Hagen fest stellte, insbesondere aufgrund des abgesackten Lärmschutzwalls, weiterhin unzumutbarem Lärm ausgesetzt, der allerdings nicht mehr von der Großbäckerei ausgeht, sondern von einem benachbarten Gewerbebetrieb.

Sicher wird die Großbäckerei Bereket aus der offensichtlichen Unwilligkeit der Handelnden aus Politik und Verwaltung ebenfalls ihre Konsequenzen ziehen. Bereits 2011 ist sie mit dem neuen Werk für tiefgekühlte Brotprodukte nicht nach Bochum gegangen, sondern nach Herne.

Zum Ende der Sitzung des Ausschusses für Strukturentwicklung fragt die CDU nach den Gründen, warum die Kunstpark GmbH ihren Sitz von Bochum nach Herne verlegt hat (Anfrage CDU) und was die Wirtschaftsförderung unternommen hat, um das Unternehmen in Bochum zu halten. Zu befürchten ist, dass die CDU in einer der nächsten Sitzung anfragen wird, warum das gleiche die Firma Bereket, immerhin der zweitgrößte Arbeitgeber in Wattenscheid, tun will.

Der Fall zeigt, Wirtschaftsförderung gelingt nicht bei fehlender Kommunikationsbereitschaft. Diese aber ist offensichtlich in Bochum nicht ausreichend vorhanden. Erfolgreiche Wirtschaftsförderung und Strukturwandel erfordern aktives, vorausschauendes Handeln. Dazu fehlt in Politik und Verwaltung nach wie vor die notwendige Bereitschaft.

Nicht nur dieses Beispiel aus dem Strukturentwicklungsausschuss zeigt, die Bochumer Politik ist für den Strukturwandel weiterhin schlecht aufgestellt. Trotz der vielfältigen Aufgaben, die der Strukturwandel hinsichtlich der Stadtentwicklung stellt, tagte der zuständige Ausschuss im Jahr 2015 nur ganze dreimal* mit eher dürftiger Tagesordnung (Sitzungstermine). Neue Ideen und Konzepte finden in den Sitzungen kaum Raum. Der Ausschuss beschäftigt sich überwiegend mit den Opelflächen und sogenannten integrierten Entwicklungskonzepten von Stadtteilen, mit denen aber kaum mehr als über Jahrzehnte versäumte Instandhaltungsmaßnahmen nachgeholt werden. Eine klare Zielvorstellung, wohin mit welchen konkreten Maßnahmen sich die Stadt in den nächsten 40 Jahren entwickeln soll, ist nicht erkennbar.

Eigentlich gibt es den Ausschuss, damit er die Stadtentwicklung aktiv mitgestaltet und voran treibt. Das wird nicht gelingen, solange der Ausschuss passiv nur die von der Verwaltung vorgelegten Vorlagen abarbeitet und zur Kenntnis nimmt, aber nicht bereit ist wie im Fall Dickebankstraße eigene Lösungswege anzustoßen und lieber bei derartigen Fällen Augen und Ohren verschließt, statt zu handeln.

Dass der Ausschuss in der letzten Sitzung auch die Befassung mit dem Thema Wochenmärkte mit der realitätsfernen Begründung abgelehnt hat, die Entscheidung, ob die Märkte zukünftig durch die Stadt oder einen privaten Unternehmer betrieben würden, werde keine Auswirkungen auf die Stadtentwicklung haben, unterstreicht leider, dass der für die Aufgabe des Strukturwandels erforderliche Gestaltungswille bisher bei einigen Ausschussmitgliedern nicht wirklich ausgeprägt ist.

* Von vier geplanten Sitzungen fanden nur drei statt. Die Sitzung am 09.09. musste abgesagt werden, da die Sitzungsunterlagen von der Verwaltung den Ausschussmitgliedern nicht rechtzeitig zugesandt wurden.

Bild: Kunstrasenplatz (Foto: Mr.Clever)

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