28 Feb

Eine Hand wäscht die andere

Um einer strafrechtlichen Verurteilung zu entgehen, zahlt der ehemalige Geschäftsführer des städtischen Abfallentsorgers USB 5.000 Euro an den Kinderschutzbund (WAZ vom 20.02.15). Das Strafverfahren bringt ein brisantes System von Filz und Klüngel zwischen der Geschäftsführung eines städtischen Betriebes und der Geschäftsführung ans Licht:

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Da verdient ein Kehrmaschinenfahrer beim USB sagenhafte 5.500 Euro pro Monat. Üblich wäre nach TVöD (Entgeltstufe 5 oder 6) maximal die Hälfte. Warum aber verdient er so viel? Weil er im Betriebs- und Aufsichtsrat ist?

Nein. Denn wird ein Mitarbeiter in den Betriebsrat gewählt oder den Aufsichtsrat berufen, wird er von seinem Job frei gestellt. Er verdient dann weiterhin so viel wie andere Arbeitnehmer mit gleicher beruflicher Qualifikation und Karriere bei dem Unternehmen ebenfalls verdienen. Im konkreten Fall also so viel wie ein Kehrmaschinenfahrer beim USB üblicherweise verdient. Die Gewährung höherer Bezüge durch den Arbeitgeber ist gem. § 119 BetrVG (1) sogar strafbar.

Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass Arbeitgeber Betriebsräte mit höheren Gehältern für ihre Entscheidungen gefügig machen. Denn es besteht natürlich bei der Geschäftsführung oder dem Vorstand das Interesse die Betriebsräte für ihre Entscheidungen zu gewinnen, unter anderem auch für die Erhöhung der eigenen Bezüge. So kommt das Eine-Hand-wäscht-die-andere-Prinzip zur Anwendung. Du stimmst meinen Vorschlägen zu, dafür erhöhe ich deine Bezüge.

Neben dem Einkommen aus seinem Job bezieht der Aufsichtsrat für seine Arbeit eine Aufwandsentschädigung. Im konkreten Fall liegt sie bei über 3.200 Euro pro Jahr.

Offen ist weiterhin wie ein Kehrmaschinenfahrer zu einem Gehalt von 5.500 Euro kommt. Üblicher Weise geht man wie folgt vor: „Ein freigestellter Betriebsrat sucht einen früheren Kollegen, der auf einer ähnlichen Position arbeitet. Als Betriebsrat setzt er sich regelmäßig für dessen Beförderung ein, um dann selbst auch ein entsprechend höheres Gehalt zu fordern“ (Der Tagesspiegel 28.10.13).

Damit also der Bertriebsratsvorsitzende des USB als Kehrmaschinenfahrer 5.500 Euro beziehen kann, müsste es mindestens einen Kehrmaschinenfahrer beim USB geben, der aufgrund einer abwegigen Karriere ebenfalls 5.500 Euro verdient.

Den gab es bei dem USB dann aber wohl doch nicht. Mehr als 4.800 Euro/ Monat ließen sich als „übliches“ Gehalt für einen Kehrmaschinenfahrer beim USB nicht rechtfertigen.

Also suchte man eine anderen Weg, um das Gehalt des Betriebsrates um weitere 700 Euro/ Monat aufzustocken: Der Geschäftsführer des USB bot dem Betriebsrat die Leitung einer neu einzurichtenden Abteilung Kundenservice mit 5.500 Euro Gehalt an. Diese Stelle hätte er aufgrund seiner Freistellung als Betriebsrat allerdings nie angetreten. Ökonomisch sinnvoll kann es somit nicht gewesen sein, die neue Stelle zu schaffen.

So wurde die Stelle denn am Ende auch weder ausgeschrieben noch eingerichtet. Der Staatsanwalt bezeichnet die Stelle entsprechend als „fiktiv“. Aber darauf kam es ja nicht an. Allein schon durch das Angebot der Stelle hatte, so der Ex-Geschäftsführer des USB, der Betriebsrat bereits einen rechtlichen Anspruch auf die 5.500 Euro Monatsgehalt erworben.

Obwohl sich der ehemalige Geschäftsführer der USB hinsichtlich dieses Vorgehens auch im Strafverfahren angeblich keiner Schuld bewusst war, machte der USB dann doch die auf diese Weise bewirkte Gehaltserhöhung rückgängig, der Betriebsrat zahlte 8.400 Euro für das zu Unrecht erhaltene Jahresgehalt zurück und der Ex-USB-Chef erklärte sich bereit 5.000 Euro an den Kinderschutzbund zu zahlen, um einer Verurteilung zu entgehen.

Was bleibt, ist ein ungutes Gefühl. Ist dieser Betriebsrat ein Einzelfall? Wohl kaum, das Vorgehen hat leider System, ist auch bei privaten Unternehmen, wie Thyssen-Krupp, VW oder Siemens schon aufgefallen und bei städtischen wie privaten Unternehmen offenbar gang und gäbe (Die Welt vom 30.06.14). Volker Rieble, Professor für Arbeitsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München kommt zu dem Schluss „Die heutige Form der Mitbestimmung neigt zu Verfilzung und Bestechlichkeit“ (Der Tagesspiegel vom 28.10.13).

Bezogen auf Bochum und Wattenscheid gilt es nun herauszufinden, ob es bei den städtischen Töchtern weitere Aufsichtsräte gibt, die derart überhöhte Gehälter beziehen. Das ist jedoch schwierig. Denn die Gehälter der Aufsichtsräte unterliegen dem Datenschutz. Nur wenn die betroffenen Personen zustimmen, können diese von den städtischen Unternehmen offen gelegt werden. Trotzdem werden die STADTGESTALTER die entsprechenden Daten anfordern, damit diese zumindest im nicht-öffentlichen Teil einer Ratssitzung von den Ratsmitgliedern eingesehen werden können.

Damit die Aufsichtsräte der Stadtunternehmen zukünftig kontrollieren können, ob bei den Vergütungen der Betriebsräte im Aufsichtsrat die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes eingehalten werden, regen die STADTGESTALTER an, jedes städtische Unternehmen zu verpflichten, eine Richtlinie einzuführen, in der entsprechend der gesetzlichen Vorgaben festgelegt wird, dass die Vergütung für Betriebsräte an denen vergleichbarer Arbeitnehmern auszurichten ist und dort, wo das gegenwärtig nicht der Fall ist, die Bezüge entsprechend anzupassen. Darüber hinaus muss die Richtlinie eine regelmäßige Dokumentationspflicht und Informationspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat vorsehen. Nur so kann der Aufsichtsrat seine Kontrollaufgaben wirksam wahrnehmen.

Die Angelegenheit zeigt weiterhin, dass eine funktionierende Kontrolle durch die Aufsichtsräte bitter nötig ist. Die unbekümmerten, überschwänglichen Lobeshymnen einiger Rot-/Grüner-Aufsichtsräte auf die Arbeit in den städtischen Unternehmen wirken angesichts nicht nur dieses Vorfalls befremdlich. Man wünscht sich bei den Mitgliedern so wichtiger Kontrollgremien deutlich mehr kritische Distanz.

Wenn beim USB so mit der Vergabe von Vergütungen und die Schaffung von Stellen umgegangen wurde, nährt das zudem den Verdacht, dass das Unternehmen nicht unbedingt effizient im Sinne der Kunden, d.h. der Bürger, arbeitet und die hohen Abfallgebühren genau hier ihre Hauptursache haben.

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