Seilbahnidee
November 2018 – Neuste Attraktion des Ruhrgebietes ist die Bochumer Seilbahn. Die Menschen aus Essen, Mülheim, Herne oder Dortmund überlegen sich, mal wieder nach Bochum zu fahren, um dort Innenstadt und Ruhrpark neu zu erleben: Erst fährt die Familie zum Ruhrpark. Der Tag beginnt mit einen Rundgang über den „Fashionloop“, dann geht es mit der Seilbahn in die Innenstadt. Die Kinder drängen schon, sie wollen endlich über die Stadt schweben. Dann stehen sie an den Scheiben der Kabine und löchern die Eltern mit Fragen, was sie alles aus der Luft sehen können. Danach ist es Zeit, in der Innenstadt entspannt einen Kaffee zu trinken. Es folgt ein Einkaufsbummel über den Boulevard, die Kortumstraße und durch das neue Einkaufsviertel, wo früher Justiz- und Telekom ihren Sitz hatten. Dann noch zum Musiksommer, die Stimmung genießen und schließlich zurück mit der Seibahn. Mittlerweile ist es dunkel in der Stadt, die Seilbahn schwebt lautlos über das endlose Lichtermeer, am Horizont scheint einzig der blasse Mond. Es ist still in der Gondel. Alle sind fasziniert von diesen überwältigenden Blicken über unsere Stadt. Als die Familie aus der Gondel steigt, ist eines klar, sie kommen wieder nach Bochum, denn dieses Erlebnis gibt es nur in dieser Stadt.
Eine Erhöhung der Anziehungskraft der Innenstadt, eine damit verbundene steigende Zahl der Innenstadtbesucher und daraus folgend eine höhere Attraktivität für Geschäftsansiedlungen, ist aber nur ein Argument für das von den Stadtgestaltern vorgeschlagene Seilbahnnetz.
Seilbahnen sind in der Investition und im Unterhalt deutlich günstiger als Straßen- oder U-Bahnen. Sie sind besonders geeignet, um Orte mit einer hohen Besucherfrequenz direkt zu verbinden. Sie fahren nicht verkehrsabhängig, sondern schweben über Straßen, Autobahnen und andere Hindernisse hinweg. Auf direkten Verbindungen sind sie daher, trotz Geschwindigkeiten von nur bis zu 30 km/h, sehr schnell. Nur 9,5 Minuten soll es von der Innenstadt zum Ruhrpark dauern. Und Seilbahnen sind schnell aufgebaut, 8-12 Monate nach der Baugenehmigung kann die erste Fahrt durchgeführt werden. Der Platzbedarf für Stationen und Pfeiler ist gering. Der Aufbau behindert nicht die anderen Verkehrsmittel, wie etwa der Bau einer Straßenbahn auf einer belebten Straße. Und die Kapazität ist trotzdem sehr beachtlich. Große Bahnen befördern 3.000 – 8.000 Fahrgäste/h je Richtung.
Solch große Kapazitäten werden auch gebraucht bei der Seilbahnlinie zur RUB. Diese Verbindung führt direkt vom Forum vor dem Audimax der RUB zur Hochschule, dann über das Opelgelände, den Ostpark mit evangelischer Hochschule und 1.000 geplanten neuen Wohneinheiten bis zur Innenstadt. Lange Wege zur Station an der Uni und der Hochschule, wie bei der U35, entfallen. Seilbahnstationen sind barrierefrei, die Mitnahme von Kinderwagen, Fahrrädern, Rollatoren oder Rollstühlen kein Problem.
Mit der Uni-Seilbahn, die die RUB mit dem Hauptbahnhof verbindet, kann schnell und kostengünstig die dringend erforderliche Entlastung der U35 erreicht werden. 67-155 Mio. soll die Ostanbindung der RUB mit der Straßenbahn oder eine Erhöhung der Kapazität der U35 kosten (Integriertes Mobilitätskonzept für den Campus Bochum, 2014), die Seilbahn sollte im Bau wie auch im späteren Betrieb deutlich weniger kosten.
Die Überfüllung der U-Bahnzüge und das Warten auf nicht überfüllte Wagen am Hauptbahhof und der RUB hätte ein Ende. Alle 30 Sekunden, wenn erforderlich sogar noch schneller, fährt eine Kabine in die Station und kann 30 bis 45 Personen an ihr Ziel befördern. Je nach Andrang werden mehr oder weniger Kabinen eingesetzt und kann die Bahn schneller oder langsamer fahren.
Die Seilbahn verbindet auch RUB, Hochschule und das Opelgelände. Damit schafft sie beste Voraussetzungen dafür, dass sich dort die gewünschten wissensbasierten Unternehmen ansiedeln. Für die Worldfactory 4.0, die Vision des Uni-Rektors Elmar Weiler, wäre die Seilbahn eine ideale Ergänzung.
Das Seilbahnnetz schließt aber auch Langendreer an die Hochschulen an. Ein Stadtteil, der eigentlich nah an der Uni liegt, in dem aber kaum Studenten wohnen. Ein Stadteil, der überaltert ist, wo die Geschäfte ums Überleben kämpfen und kaum privat investiert wird. Studenten wollen an Orten wohnen, von denen sie schnell zur Uni kommen (IHK-Sudie „Studentisches Wohnen“, 2011). Genau das ermöglicht die Seilbahn. Langendreer wird als Wohnort für Studenten attraktiv und erhält als Studentenstadtteil eine neue Perspektive.
Die Seilbahn verbindet auch den Kemnader See mit Innenstadt, RUB und Langendreer. Damit gelingt endlich, was schon seit Jahrzehnten geplant ist: den See mit einer leistungsfähigen Nahverkehrsstrecke an die Stadt anzubinden.
Durch das Seilbahnnetz wird das Nahverkehrsnetz der Bogestra deutlich dichter und attraktiver. Das veranlasst mehr Kunden auf Bus, Bahn und Seilbahn umzusteigen. Die Linie Ruhrpark-Innenstadt kann ab etwa 2 Mio. Fahrgästen hinsichtlich der Betriebs- und Wartungskosten kostendeckend betrieben werden. Das schafft die Bogestra bisher auf keiner Linie. Gleichzeitig könnte der 368er Bus von Hauptbahnhof bis Ruhrpark eingespart werden, stattdessen würde der 336er diese Fahrstrecke bedienen, so dass für die Seilbahn keine Bushaltestelle entfallen muss. Das wiederum würde für die Bogestra eine Kosteneinsparung von bis zu 2,5 Mio. Euro pro Jahr bedeuten.
Für die Bogestra hat die Seilbahn damit eine finanzielle Entlastung zur Folge und zeigt neue Perspektiven auf. Ein Betrieb von Seilbahnen durch andere Unternehmen ist zwar ebenfalls möglich, aber Ziel der Stadtgestalter ist es, die Seilbahnstrecken im VRR zu den entsprechenden Tarifen zu betreiben. Fördermittel (bis zu 90% der Investitionskosten) gibt es vom Land nur, wenn das Seilbahnnetz Teil des öffentlichen Nahverkehrs ist.
Bochum wird zur Seilbahnstadt. Das Image der Stadt wandelt sich. Die Stadt hat eine neue Attraktion und beheimatet ein neues stadtbildendes, urbanes und innovatives Verkehrsmittel. Umweltfreundlicher und sicherer als mit einer Seilbahn kann man sich im Verkehr nicht bewegen, außer man geht zu Fuß oder fährt mit dem Rad. Eine Seilbahn verbraucht kaum Energie und ist sehr wartungsarm, pro Linie gibt es nur ein Antriebsaggregat. Die Menschen sind durch die Seilbahn mit dem öffentlichen Nahverkehr schneller unterwegs und erreichen mehr interessante Punkte, auch das macht die Stadt attraktiver für die Menschen, die hier leben wollen.
Nach Gesprächen mit den unterschiedlichsten Akteuren der Stadt – den Werbegemeinschaften der Innenstadt, IHK, Einzelhandelsverband, Bochum-Marketing, Ruhrpark, RUB, EGR, MIT – die alle die Idee überaus positiv aufgenommen haben, finden jetzt Gespräche im politischen Raum statt, um eine Machbarkeitsstudie auf den Weg zu bringen. Erst wenn diese vorliegt, lässt sich entscheiden, ob das Seilbahnnetz tatsächlich das Potenzial hat, was viele sich davon versprechen. Genau zu ermitteln ist, welche Bedarfe es gibt, welche Kapazitäten bereit gestellt werden müssen, was das Ganze kosten soll und ob die Stadt die Möglichkeiten hat, die erforderlichen Fördergelder zu erhalten und wie sie die verbleibenden Mittel aufbringen kann. Die Reaktionen aus den Ratsfraktionen für eine Machbarkeitsstudie sind bisher ebenfalls durchweg positiv. Bochum ist offensichtlich offen für neue Ideen. Bereits das ist eine gute Nachricht.
Die Seilbahn ist ein ideales Verkehrsmittel für das ganze Ruhrgebiet. Hier gibt es die erforderlichen Grünzüge und Industrieflächen, über die die Kabinen mit nur wenigen Verschwenkungen schweben können, ohne Wohngebiete zu überfahren. So könnte zum Beispiel auch Hattingen recht einfach an die RUB angebunden werden. Doch bleiben wir zunächst in Bochum, wenn eine Seilbahn dort ein Erfolg wird, dann wird sich Idee schnell verbreiten, da sind sich die Stadtgestalter sicher.
(Dier Beitrag ist auch erschienen bei den Ruhrbaronen)
Weiterführende Links
Präsentation zum Bochumer Seilbahnnetz
https://prezi.com/oepjieuabxnk/seilbahn-bochum
Seilbahn Koblenz mit dem auch für Bochum möglichen 3S-Seilbahnsystem
http://de.wikipedia.org/wiki/Seilbahn_Koblenz
Urbane Seilbahn in Ankara eröffnet 2014
http://www.leitner-ropeways.com/Home/Größte-urbane-Seilbahn-Eurasiens-ab-2014-in-Ankara
Verkehr in Großstädten: Die Welt ist im Seilbahnfieber
http://green.wiwo.de/verkehr-in-grossstaedten-welt-im-seilbahn-fieber/
Seilbahn – ÖPNV-Alternative über den Stau
http://www.damit-deutschland-vorne-bleibt.de/Blickpunkt/Im-Fokus/Infrastruktur-des-Monats/04493/Artikel/Seilbahnen–OePNV-Alternativen-ueber-dem-Stau/03986
Per Seilbahn dem New Yorker Verkehrsinfarkt entfliehen
http://www.ingenieur.de/Themen/Verkehr/Per-Seilbahn-New-Yorker-Verkehrsinfarkt-entfliehenlter?ref=hl
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